Rechtsgrundlagen des Landschaftsschutzes - Provincia Autonoma ...

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2 b) Ein weiteres Urteil des Verwaltungsgerichts Bozen aus dem Jahr 1996 klärte, dass auch die urbanistische Qualifizierung einer Zone als Zubehörfläche zu einem Gasthaus im Sinne des Raumordnungsgesetzes der gegenläufigen landschaftlichen Bewertung und Schutzmaßnahme weiche. Grundlage der Anfechtung bildete die Ablehnung des Projekts eines Tennisplatzes durch die II. Landschaftsschutzkommission und dann im Rekurswege des Kollegiums für Landschaftsschutz. Die Gemeindebaukommission der zuständigen Gemeinde hatte das Projekt positiv begutachtet und auch die Landesraumordnungskommission hatte das Vorhaben der Errichtung des Tennisplatzes auf der Zubehörfläche des Gasthauses im Rahmen ihrer Begutachtung befürwortet und als mit den urbanistischen Vorgaben übereinstimmend bewertet. Das Richterkollegium teilte in der zu entscheidenden Sache grundsätzlich jene Ausrichtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach der Landschaftsschutz ein gegenüber jedem anderen öffentlichen oder privaten überwiegendes Interesse darstellt, das keinerlei Abwägung mit dem Interesse des Einzelnen erfordert, der in einem Gebiet bereits einen Bau begonnen hat, das die Verwaltung beabsichtigt unter Schutz zu stellen. Der Rekurssteller behauptete, die Landschaftsschutzbehörde habe sich mit ihrem Ablehnungsbescheid angemaßt, der Zubehörfläche des Gasthofs eine andere urbanistische Zweckwidmung aufzuerlegen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts habe die beklagte Landschaftsschutzbehörde jedoch begründet dargelegt, mit ihrer Ablehnungsentscheidung keine urbanistische Zweckwidmung auferlegt zu haben: Die Handhabung der landschaftlichen Bindungen erfolge in Südtirol nämlich nicht allein durch die Landschaftsplanung, sondern äußere sich auch durch die Ausübung der hoheitlichen Befugnis über Änderungen, welche die unter Schutz gestellten Liegenschaften beeinträchtigen könnten. Laut Verwaltungsgericht sei die Bewertung der Verträglichkeit eines Eingriffs der II. Landschaftsschutzkommission übertragen, die im Bereich landschaftlicher Ermächtigungen als technisches Organ par excellence anzusehen sei. Aus der Zusammensetzung dieses Organs sei die technische Zuständigkeit zur Bewertung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen ableitbar. Die Ablehnung einer Landschaftsschutzermächtigung hat natürlich auch Auswirkungen auf die urbanistische Zweckwidmung. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte vertrete die Ansicht, dass der Bereich Landschaftsschutz nicht auf jenen der Urbanistik zurückgeführt und diese nicht als von jener absorbiert oder jener untergeordnet betrachtet werden könne. Weiters erhebe der Artikel 9 der Verfassung den Landschaftsschutz zu einem vorrangigen Wert der Rechtsordnung, womit sämtliche öffentlichen Einrichtungen aufgefordert seien, zum Schutz und zur Vermittlung der ästhetisch-landschaftlichen Werte beizutragen. Daraus ergebe sich, dass kein grundsätzliches Überwiegen des Bauleitplans gegenüber dem landschaftlichen Unterschutzstellungsdekret gegeben sei. Vielmehr habe der Landschaftsschutz unter Berücksichtigung, dass die betroffene Fläche wie im betroffenen Falle im Landschaftsplan als Landwirtschaftsgebiet mit besonderem landschaftlichen Wert ausgewiesen sei, gegenüber der urbanistischen Zweckbindung Vorrang. Aufgrund des Überwiegens des Landschaftsschutzes schließen die urbanistischen Bestimmungen demnach die landschaftliche Unterschutzstellung von Zubehörflächen nicht aus. 211 c) Mit einem Urteil aus dem Jahr 2005 legte das Verwaltungsgericht Bozen implizit fest, dass die Bestimmungen des landschaftlichen Unterschutzstellungsdekrets, aber auch die Durchführungsbestimmungen zum Bauleitplan als verbindlicher Maßstab für die Wertung der im Art. 107 des Landesraumordnungsgesetzes Nr. 13/1997 vorgesehenen Baumöglichkeiten im Rahmen der rationellen Bewirtschaftung der land­ und forstwirtschaftlichen Flächen anzusehen seien: So ließen im konkreten Fall die Bestimmungen des Art. 4 des Unterschutzstellungsdekrets „Naturpark Rieserferner-Ahrn“ und die Bestimmungen des Bauleitplans im Bereich des Naturparks und in der vom Bauleitplan betroffenen Zone die Errichtung von Wohnraummöglichkeiten, wie sie sich der Rekurssteller vorstellte, nicht zu. Die im Art. 4 des Unterschutzstellungsdekrets festgelegten Ausnahmen seien laut Verwaltungsgericht als taxativ anzusehen. 211 Verwaltungsgericht Bozen, Urteil vom 6.05.1996, Nr. 115/1996. 100 Rechtsgrundlagen Landschaftsschutz.indd 100 20.11.2007 16:37:15 Uhr

Eine extensive Interpretation derselben erschien dem Richtersenat in keinem Falle möglich, da es sich um spezifische Ausnahmen zu einer generellen Bestimmung handelte, die demzufolge nicht der Annahme des „minus dixit quam voluit“ folgen könne. Zur vom Rekurssteller vorgebrachten Rüge der Verletzung des Art. 107, Absatz 21 des Landesraumordnungsgesetzes, der vorsehe, dass im alpinen Grün und Waldgebiet die Errichtung von Bauten zulässig sei, die für eine rationelle Bewirtschaftung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen unerlässlich seien, wies der Richtersenat darauf hin, dass die Errichtung laut Art. 4 des Naturparkdekrets nur dann gestattet sei, wenn sie im Zusammenhang mit der Errichtung eines Almstalles für mindestens 15 an der eigenen Hofstelle gehaltene GVE, die auf die Alm getrieben werden, erfolge; sei kein Almstall für die Unterbringung und Pflege der Almtiere erforderlich, so sei auch die Schaffung von Wohnräumen für das Almpersonal ausgeschlossen. Es treffe zu, dass der Art. 35 der Durchführungsbestimmungen zum Bauleitplan der Gemeinde Rasen-Antholz von 10 GVE spreche, doch lasse auch die Bauleitplanbestimmung die Errichtung von Wohnräumlichkeiten für das Almpersonal nur dann zu, wenn diese im Zusammenhang mit der Errichtung eines für die Haltung der Tiere notwendigen Almstalles erfolgt. Der Rekurs wurde daher abgewiesen. 212 Diese notwendige Übereinstimmung von Bauvorhaben sei es mit den urbanistischen im engen Sinne, sei es mit den landschaftlichen Schutzvorschriften hatte der Verwaltungsgerichtshof Bozen bereits in einem Urteil zehn Jahre vorher bestätigt. 213 Im eben behandelten Kontext erscheint auch der Art. 111 des geltenden Landesraumordnungsgesetzes Nr. 13/1997 erwähnenswert. Dieser sieht vor wie folgt: „Wenn in landwirtschaftlichen Nutzungsgebieten die urbanistischen Leitpläne oder die Landschaftsschutzbehörde von Fall zu Fall, um die traditionelle Agrarlandschaft zu erhalten, die Nutzung der im Artikel 107 vorgesehenen Baumassendichte nicht gestatten und ausschließlich Restaurierungsarbeiten an den bestehenden Gebäuden erlauben, kann die Verwaltung Jahresbeiträge genehmigen.“ Diese Formulierung im Raumordnungsgesetz bestätigt, dass die Landschaftsschutzbehörde im genannten Fall restriktivere Entscheidungen treffen kann, als die urbanistische Regelung zulassen würde. 212 Verwaltungsgericht Bozen, Urteil vom 13.02.2005, Nr. 62/2006. Eine diese Sichtweise bestätigende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bozen erging mit Urteil vom 22.12.2006, Nr. 466/2006. 213 „È evidente che, sopravvenuto nel 1980 il vincolo paesistico, i lavori eseguiti sui resti della baita andata bruciata dovevano uniformarsi non solo alla normativa urbanistica ma anche a quella sulla tutela del paesaggio.“ Siehe: Verwaltungsgericht Bozen, Urteil vom 19.10.1995, Nr. 215/95. Derzeit jedoch angefochten vor dem Staatsrat. Berührungspunkte Raumordnung/Landschaftsschutz 101 Rechtsgrundlagen Landschaftsschutz.indd 101 20.11.2007 16:37:15 Uhr

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b) Ein weiteres Urteil <strong>des</strong> Verwaltungsgerichts Bozen aus dem Jahr 1996 klärte, dass auch<br />

die urbanistische Qualifizierung einer Zone als Zubehörfläche zu einem Gasthaus im Sinne<br />

<strong>des</strong> Raumordnungsgesetzes der gegenläufigen landschaftlichen Bewertung und Schutzmaßnahme<br />

weiche. Grundlage der Anfechtung bildete die Ablehnung <strong>des</strong> Projekts eines Tennisplatzes<br />

durch die II. Landschaftsschutzkommission und dann im Rekurswege <strong>des</strong> Kollegiums für<br />

Landschaftsschutz. Die Gemeindebaukommission der zuständigen Gemeinde hatte das Projekt<br />

positiv begutachtet und auch die Lan<strong>des</strong>raumordnungskommission hatte das Vorhaben der Errichtung<br />

<strong>des</strong> Tennisplatzes auf der Zubehörfläche <strong>des</strong> Gasthauses im Rahmen ihrer Begutachtung<br />

befürwortet und als mit den urbanistischen Vorgaben übereinstimmend bewertet. Das<br />

Richterkollegium teilte in der zu entscheidenden Sache grundsätzlich jene Ausrichtung der<br />

höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach der Landschaftsschutz ein gegenüber jedem anderen<br />

öffentlichen oder privaten überwiegen<strong>des</strong> Interesse darstellt, das keinerlei Abwägung mit<br />

dem Interesse <strong>des</strong> Einzelnen erfordert, der in einem Gebiet bereits einen Bau begonnen hat,<br />

das die Verwaltung beabsichtigt unter Schutz zu stellen. Der Rekurssteller behauptete, die<br />

Landschaftsschutzbehörde habe sich mit ihrem Ablehnungsbescheid angemaßt, der Zubehörfläche<br />

<strong>des</strong> Gasthofs eine andere urbanistische Zweckwidmung aufzuerlegen. Nach Ansicht <strong>des</strong><br />

Verwaltungsgerichts habe die beklagte Landschaftsschutzbehörde jedoch begründet dargelegt,<br />

mit ihrer Ablehnungsentscheidung keine urbanistische Zweckwidmung auferlegt zu haben: Die<br />

Handhabung der landschaftlichen Bindungen erfolge in Südtirol nämlich nicht allein durch die<br />

Landschaftsplanung, sondern äußere sich auch durch die Ausübung der hoheitlichen Befugnis<br />

über Änderungen, welche die unter Schutz gestellten Liegenschaften beeinträchtigen<br />

könnten. Laut Verwaltungsgericht sei die Bewertung der Verträglichkeit eines Eingriffs der II.<br />

Landschaftsschutzkommission übertragen, die im Bereich landschaftlicher Ermächtigungen als<br />

technisches Organ par excellence anzusehen sei. Aus der Zusammensetzung dieses Organs sei<br />

die technische Zuständigkeit zur Bewertung der verschiedenen betroffenen öffentlichen Interessen<br />

ableitbar. Die Ablehnung einer Landschaftsschutzermächtigung hat natürlich auch Auswirkungen<br />

auf die urbanistische Zweckwidmung. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte vertrete<br />

die Ansicht, dass der Bereich Landschaftsschutz nicht auf jenen der Urbanistik<br />

zurückgeführt und diese nicht als von jener absorbiert oder jener untergeordnet betrachtet werden<br />

könne. Weiters erhebe der Artikel 9 der Verfassung den Landschaftsschutz zu einem vorrangigen<br />

Wert der Rechtsordnung, womit sämtliche öffentlichen Einrichtungen aufgefordert seien,<br />

zum Schutz und zur Vermittlung der ästhetisch-landschaftlichen Werte beizutragen. Daraus<br />

ergebe sich, dass kein grundsätzliches Überwiegen <strong>des</strong> Bauleitplans gegenüber dem landschaftlichen<br />

Unterschutzstellungsdekret gegeben sei. Vielmehr habe der Landschaftsschutz<br />

unter Berücksichtigung, dass die betroffene Fläche wie im betroffenen Falle im Landschaftsplan<br />

als Landwirtschaftsgebiet mit besonderem landschaftlichen Wert ausgewiesen sei, gegenüber<br />

der urbanistischen Zweckbindung Vorrang. Aufgrund <strong>des</strong> Überwiegens <strong>des</strong> <strong>Landschaftsschutzes</strong><br />

schließen die urbanistischen Bestimmungen demnach die landschaftliche Unterschutzstellung<br />

von Zubehörflächen nicht aus. 211<br />

c) Mit einem Urteil aus dem Jahr 2005 legte das Verwaltungsgericht Bozen implizit fest, dass<br />

die Bestimmungen <strong>des</strong> landschaftlichen Unterschutzstellungsdekrets, aber auch die Durchführungsbestimmungen<br />

zum Bauleitplan als verbindlicher Maßstab für die Wertung der im<br />

Art. 107 <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>raumordnungsgesetzes Nr. 13/1997 vorgesehenen Baumöglichkeiten im<br />

Rahmen der rationellen Bewirtschaftung der land­ und forstwirtschaftlichen Flächen anzusehen<br />

seien: So ließen im konkreten Fall die Bestimmungen <strong>des</strong> Art. 4 <strong>des</strong> Unterschutzstellungsdekrets<br />

„Naturpark Rieserferner-Ahrn“ und die Bestimmungen <strong>des</strong> Bauleitplans im Bereich <strong>des</strong><br />

Naturparks und in der vom Bauleitplan betroffenen Zone die Errichtung von Wohnraummöglichkeiten,<br />

wie sie sich der Rekurssteller vorstellte, nicht zu. Die im Art. 4 <strong>des</strong> Unterschutzstellungsdekrets<br />

festgelegten Ausnahmen seien laut Verwaltungsgericht als taxativ anzusehen.<br />

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Verwaltungsgericht Bozen, Urteil vom 6.05.1996, Nr. 115/1996.<br />

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