Der Dokumentationsband als PDF - Kirche im Aufbruch ...
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1. Die zwölf Leuchtfeuer wollen in den vier<br />
wichtigsten Handlungsfeldern zu einem<br />
missionarischen <strong>Aufbruch</strong> ermutigen. Doch<br />
bei näherem Hinsehen, entdecke ich an<br />
vielen Stellen Altbekanntes, wie die Konzentration<br />
auf die Kernaufgaben, deren Kanon<br />
meist nur traditionelle Handlungsfelder und<br />
Kasualien umfasst (Leuchtfeuer 1). Hier vermisse<br />
ich den Mut und das Bekenntnis zu<br />
unkonventionellen und kreativen Formen<br />
bei der Verkündigung, <strong>im</strong> Gemeindeaufbau<br />
oder bei der kirchlichen Finanzierung.<br />
2. Das Zukunftspapier ist ein sehr deutscher<br />
Text. An keiner Stelle der Reformvorschläge<br />
wird auf Erfahrungen oder Modelle anderer<br />
reformatorischer <strong>Kirche</strong>n in Europa oder auf<br />
anderen Kontinenten Bezug genommen. Das<br />
wäre vor allem <strong>im</strong> Blick auf die Zielsetzungen<br />
<strong>im</strong> zweiten Handlungsfeld „<strong>Aufbruch</strong> bei allen<br />
kirchlichen Mitarbeitenden“ wünschenswert.<br />
Schon längst werden in der anglikanischen<br />
oder methodistischen <strong>Kirche</strong> des Vereinigten<br />
Königreichs Verwaltungsaufgaben, kirchenmusikalische<br />
Aktivitäten, Öffentlichkeitsarbeit<br />
und gottesdienstliche Verkündigung ehrenamtlich<br />
durch professionell ausgebildete<br />
Gemeindemitglieder gestaltet. Dabei werden<br />
sowohl das berufliche Können der Ehrenamtlichen<br />
<strong>als</strong> auch deren gezielte Aus-, Fort- und<br />
Weiterbildung (einschließlich der Fragen<br />
der Finanzierung dafür) stärker mit einbezogen.<br />
Im Sinne der „best practice“ könnte<br />
dazu eine Studie durchgeführt werden.<br />
3. Das 7. Leuchtfeuer bekennt sich zu einem<br />
Bildungsverständnis, das auf die Befähigung<br />
von Menschen zielt, „Subjekt der eigenen<br />
Lebensgeschichte zu werden“ (S. 78). Dieser<br />
ganzheitliche Bildungsbegriff findet sich<br />
auch in zahlreichen Veröffentlichungen der<br />
EKD wieder, z. B. in der Bildungsdenkschrift<br />
„Maße des Menschlichen“. In den Zielformulierungen<br />
des Impulspapiers wird der evangelische<br />
Bildungsauftrag vor allem auf die<br />
religiöse Vermittlung von zentralen biblischen<br />
Texten, Liedern und Gebeten konkretisiert.<br />
„Religiöse Alphabetisierung“ in Kindergärten<br />
und Schulen ist unverzichtbar, sollte aber<br />
nicht dazu verleiten, allein in diesen Formen<br />
eines „Kanons“ an Behe<strong>im</strong>atungswissen das<br />
Profil evangelischer Bildung zu sehen. <strong>Der</strong><br />
kritische Aneignungsprozess von Wissen und<br />
Werten darf dabei nicht zu kurz kommen.<br />
4. Im dritten Aktionsfeld „<strong>Aufbruch</strong> be<strong>im</strong> kirchlichen<br />
Handeln in der Welt“ kommt meines<br />
Erachtens der gegenwartskritische politische<br />
Auftrag der <strong>Kirche</strong> zu wenig zur Geltung.<br />
Zwar wird <strong>im</strong> Leuchtfeuer 7 betont, evangelische<br />
Christen sollen in Bildung und Kultur,<br />
in Politik und Wirtschaft, in Redaktionen und<br />
Wissenschaft von der evangelischen <strong>Kirche</strong><br />
bewusst gefördert werden. Es fehlt aber in<br />
diesem Zusammenhang eine inhaltliche<br />
Positionierung, nicht nur Licht, sondern auch<br />
„Salz der Erde“ zu sein, d. h. auf Seite derer zu<br />
stehen, die an der neuen politischen Freiheit<br />
scheitern und keine Lebenschancen für<br />
sich sehen, wie Hauptschulabgänger, alleinstehende<br />
Mütter oder Hartz-IV-Empfänger.<br />
Das Fehlen einer solchen Parteilichkeit lässt<br />
den Begriff Freiheit an einigen Stellen daher<br />
<strong>als</strong> eine riskante und zugemutete Freiheit<br />
erscheinen, denn <strong>als</strong> ein Geschenk Gottes.<br />
Dr. Bernd Kuschnerus<br />
Pastor, Bremen<br />
<strong>Kirche</strong> zwischen geistlicher Freiheit und den<br />
ökonomischen Imperativen – was ist uns<br />
gegeben und was ist uns aufgegeben?<br />
Mit diesem Thema, liebe Schwestern und<br />
.Brüder, bin ich nach Wittenberg gekommen.<br />
<strong>Kirche</strong> der Freiheit: „Wo der Geist des Herrn ist,<br />
da ist Freiheit“, schreibt Paulus (2. Korinther 3,17).<br />
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