Der Dokumentationsband als PDF - Kirche im Aufbruch ...
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werden – und zugleich lässt der Satz ahnen,<br />
wie bedrohlich diese Modernität eben auch<br />
ist, wie sehr der Zahn der Zeit alle individuelle<br />
Gewissheit annagt – und wie gut es darum<br />
ist, dass die <strong>Kirche</strong> distanziert bleibt, weltfremd<br />
– und gerade so <strong>im</strong> Wandel der Zeit<br />
„behe<strong>im</strong>atet“. Diese Spannung – die <strong>Kirche</strong><br />
soll mich <strong>im</strong> Alltag ansprechen und zugleich<br />
auf Abstand bringen, sie soll Gewissheit<br />
vermitteln und zugleich den Zweifel nähren<br />
– diese Ambivalenz gehört zur kirchlichen<br />
Bindung offenbar wesentlich hinzu. – Ich<br />
folgere: Eine <strong>Kirche</strong>nreform wird nur gelingen,<br />
wenn sie die wesentliche Spannung hält, die<br />
das Verhältnis zu dieser Institution – und zwar<br />
theologisch begründet – prägt: Die <strong>Kirche</strong><br />
muss behe<strong>im</strong>aten, in dieser Zeit und über die<br />
Gegenwart hinaus – und sie muss eben darum<br />
auch befremden; sie lädt in eine Gemeinschaft<br />
des Glaubens ein – und sie wird <strong>im</strong>mer<br />
wieder zum <strong>Aufbruch</strong> ermutigen. Eine <strong>Kirche</strong>,<br />
die auf diese Weise Bindung und Freiheit<br />
des Glaubens darstellt, die wird sich um das<br />
Interesse der Menschen nicht sorgen müssen.<br />
Karen Hinrichs<br />
Oberkirchenrätin, Karlsruhe<br />
Wir brauchen eine theologische Diskussion der<br />
Kernfragen!<br />
„Das <strong>als</strong>o ist des Pudels Kern!“, ruft Faust, <strong>als</strong> er<br />
den Grund einer seltsamen Unruhe erkennt. An<br />
Kernigem entzündet sich auch meine theologische<br />
Kritik am Impulspapier. Ich mache meine<br />
Anfragen fest an der Art und Weise, wie hier von<br />
den Kernaufgaben, den Kernangeboten, den Kernkompetenzen<br />
der evangelischen <strong>Kirche</strong> gesprochen<br />
wird. Ein Beispiel vorneweg: Da werden in<br />
der Gliederung des zweiten Teils die sogenannten<br />
„kirchlichen Kernangebote“ – Gottesdienste und<br />
Kasualien – in den Leuchtfeuern 1 – 3 unterschieden<br />
von dem „Kirchlichen Handeln in der Welt“<br />
in den Leuchtfeuern 6 – 8. Damit zählen dann Aufgabenbereiche,<br />
die der <strong>Kirche</strong> aus ihrer Verantwortung<br />
für die Welt erwachsen, nicht mehr zu<br />
den Kernangeboten. Die Diakonie und das sozialpolitische<br />
Engagement, die Bildungsarbeit und<br />
in gewisser Weise sogar die Seelsorge sind verwiesen<br />
auf hintere Plätze. Nur am Rand erwähnt<br />
werden die Ökumene und die Arbeit für Frieden,<br />
Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.<br />
Meine These ist: Dies hat zu tun mit der Unbest<strong>im</strong>mtheit<br />
des <strong>Kirche</strong>nbegriffs <strong>im</strong> Impulspapier.<br />
Darum sind auch das hier beschriebene <strong>Kirche</strong>nbild,<br />
das Gemeindebild und das Pfarrerbild an<br />
vielen Stellen ergänzungsbedürftig. Wir brauchen,<br />
so meine ich, dringend eine theologische<br />
Diskussion, die sich dieser Kernfragen ann<strong>im</strong>mt.<br />
Das Impulspapier atme „badischen Geist“ ist<br />
<strong>im</strong> Materialheft zu lesen. Nun, es darf gern ein<br />
bisschen mehr sein! In der Grundordnung meiner<br />
Landeskirche heißt es nämlich:<br />
„Die evangelische Landeskirche in Baden bekennt<br />
sich mit allen ihren Gliedern und Gemeinden<br />
<strong>als</strong> <strong>Kirche</strong> Jesu Christi. In der Gemeinschaft<br />
der gesamten Christenheit bezeugt sie das Evangelium<br />
allen Menschen dadurch, dass sie das<br />
Wort Gottes verkündigt, die Sakramente verwaltet<br />
und mit der Tat der Liebe dient.“<br />
Wo bleibt <strong>im</strong> Impulspapier die Einsicht, dass<br />
die „diakonia“ ein Kennzeichen von <strong>Kirche</strong> und die<br />
Tat der Liebe eine der Wortverkündigung gleichwertige<br />
Form der Verkündigung des Evangeliums<br />
ist? Wo bleibt – neben der nahezu erdrückenden<br />
Aufmerksamkeit für den Dienst der Pfarrerinnen<br />
und Pfarrer – die Wertschätzung der vielen ehrenamtlichen<br />
und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter in den gemeindlichen, regionalen<br />
oder landeskirchlichen diakonischen Einrichtungen<br />
und in den evangelischen und ökumenischen<br />
Initiativen? Wie arm wären wir – wäre<br />
unsere Gesellschaft! – ohne kirchliche Altenhe<strong>im</strong>e,<br />
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