Der Dokumentationsband als PDF - Kirche im Aufbruch ...
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st<strong>im</strong>men zum reformprozess<br />
70 redebeiträge zum eröffnungsplenum<br />
52<br />
Ziel! Das darf umfassender und weiter sein! So<br />
verliert der Mentalitätswandel seinen Charakter<br />
<strong>als</strong> bloße Forderung und wird zu einer spannenden<br />
Angelegenheit. „Ecclesia semper reformanda“<br />
– dazu ist die evangelische <strong>Kirche</strong> tatsächlich<br />
in der Lage!<br />
Dr. Jan Hermelink,<br />
Professor für Praktische Theologie, Göttingen<br />
„<strong>Kirche</strong> in der Vielfalt der Lebensbezüge“<br />
Zu den Impulsen, die den Rat der EKD vor gut<br />
zwei Jahren veranlassten, das Impulspapier in<br />
Auftrag zu geben, zu jenen Texten gehörten<br />
die ersten Ergebnisse der IV. <strong>Kirche</strong>nmitgliedschaftsuntersuchung.<br />
Das freut mich – habe ich<br />
doch <strong>als</strong> Vorsitzender des wissenschaftlichen<br />
Beirates jene Mitgliederbefragung zu fördern<br />
versucht. Inzwischen liegen unsere Ergebnisse<br />
in zwei umfänglichen Bänden vor: „<strong>Kirche</strong> in der<br />
Vielfalt der Lebensbezüge“. Ich will die Gelegenheit<br />
nutzen, aus dieser Untersuchung drei<br />
Einsichten zur Diskussion zu stellen – <strong>als</strong> Impulse<br />
für die Weiterarbeit und <strong>als</strong> Werbung dafür,<br />
sich mit diesen Bänden weiter zu beschäftigen.<br />
1. Das Verhältnis der Einzelnen zur kirchlichen<br />
Institution wandelt sich nur langsam. Umfragen<br />
wie Gespräche, auch Gruppeninterviews<br />
zeigen: Es sind nicht so sehr persönliche<br />
Erfahrungen, die von der <strong>Kirche</strong> distanzieren;<br />
eigene negative Eindrücke von der Pfarrerin<br />
werden selten <strong>als</strong> Austrittsgrund genannt.<br />
Prägend ist vielmehr das Bild, das Eltern oder<br />
Großeltern von der <strong>Kirche</strong> vermittelt haben;<br />
die eigenen – oft positiven – Begegnungen mit<br />
der Institution kommen gegen familiäre Überzeugung<br />
nur allmählich zur Wirkung. – Ich folgere:<br />
Wir sollten die Reformanstrengung nicht<br />
verringern – ihre erhoffte Wirkung jedoch: ein<br />
klares, ein einladendes Bild von der Freiheit<br />
des Glaubens, für das die <strong>Kirche</strong> steht – dieses<br />
Bild wird die Menschen erst ganz allmählich<br />
prägen und faszinieren. Die <strong>Kirche</strong>, die wir<br />
jetzt reformieren, wird bei vielen Menschen<br />
– gerade den sogenannten Distanzierten – erst<br />
in der nächsten Generation ankommen: eher<br />
2030 <strong>als</strong> 2010. Dasmag uns gelassener machen,<br />
wenn die raschen Missionserfolge ausbleiben.<br />
2. In den Gruppengesprächen, die wir in vielen<br />
Regionen, mit unterschiedlichen Gruppen und<br />
Milieus geführt haben, wird <strong>im</strong>mer wieder<br />
deutlich: Es sind gerade die kirchlich hoch<br />
Engagierten, die den aktuellen Umbrüchen<br />
mit viel Ambivalenz gegenüberstehen. Dass<br />
die <strong>Kirche</strong> auf den wirtschaftlichen Druck<br />
reagieren, mit knappen Ressourcen rationaler<br />
umgehen muss: das wird weithin akzeptiert<br />
– zugleich erscheint die Art und Weise, wie<br />
die Großorganisation jetzt agiert (vielleicht<br />
agieren muss), so unendlich weit weg von<br />
den eigenen Lebensbezügen, dass gerade<br />
kirchlich Hochverbundene sich <strong>als</strong> passive,<br />
ohnmächtige Randsiedler der neuen <strong>Kirche</strong><br />
erleben. Es fällt ihnen erkennbar schwer, ihr<br />
Engagement positiv, gar mit Blick auf die<br />
Gesamtkirche zu begründen. – Ich folgere:<br />
Hier stehen <strong>Kirche</strong>nleitungen vor der großen<br />
Aufgabe, gerade intern, in den Gremien und<br />
lebendigen Gruppen vor Ort davon zu überzeugen,<br />
dass der gegenwärtige Wandel das<br />
Leben in und mit der <strong>Kirche</strong> befördern soll.<br />
3. „Die <strong>Kirche</strong> hat den Zahn der Zeit verschlafen“<br />
– so formulierte es ein Jugendlicher in einer<br />
Gruppendiskussion. Dieser Satz, gerade in<br />
seiner unfreiwilligen Spannung, markiert eine<br />
Grundtendenz vieler Auskünfte, die wir – von<br />
Nahen wie Fernen, auch von Ausgetretenen<br />
– zu ihrem <strong>Kirche</strong>nbild bekommen haben.<br />
„Die <strong>Kirche</strong> hat den Zahn der Zeit verschlafen“<br />
– das markiert den Wunsch, die Institution<br />
möge moderner, weltoffener, gegenwärtiger