Der Dokumentationsband als PDF - Kirche im Aufbruch ...
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st<strong>im</strong>men zum reformprozess<br />
70 redebeiträge zum eröffnungsplenum<br />
36<br />
ben, die ihrer Botschaft dient. Zurzeit hat das neu<br />
zu schneidernde Gewand eine niedrigere Konfektionsgröße<br />
<strong>als</strong> das bisherige, aber die Hauptsache<br />
ist doch, dass es passt. Wen das Zu- oder Abnehmen<br />
ängstigt, ist nicht frei, das wissen wir aus der<br />
Beratung von Essgestörten.<br />
Frei ist, wer aus Glauben auf Gottes Wort hin<br />
verantwortlich handelt, weil er sich geliebt und<br />
gehalten weiß.<br />
Soweit die <strong>Kirche</strong> in der Freiheit des Glaubens<br />
und nicht aus Furcht (zum Beispiel vor dem Kleinerwerden)<br />
handelt, ist sie gut beraten, wenn sie sich<br />
die Erkenntnisse zunutze macht, über die .<br />
wir heute durch die Human- und Sozialwissenschaften<br />
verfügen. Da sollten uns auch betriebswirtschaftlich<br />
entwickelte Argumentationsreihen<br />
und Handlungsformen nicht schrecken.<br />
Vor der historisch-kritischen Schriftauslegung<br />
fürchtet sich heute niemand mehr. Psychologische<br />
Theorieansätze können heute angstfrei in die<br />
Seelsorge integriert werden. Einen ähnlich kritisch<br />
entspannten Umgang mit organisationssoziologischen<br />
und ökonomischen Methoden und<br />
Verfahren sollten wir uns, in aller Freiheit eben,<br />
nicht versagen. <strong>Der</strong> unternehmensberaterische<br />
Jargon wird sich schon auswachsen.<br />
Zielprojektionen bis 2030? Solange sie nicht<br />
die Funktion von Heilsmitteln bekommen, die<br />
allein vor dem drohenden Untergang zu bewahren<br />
in der Lage sind, dienen sie einem guten Zweck:<br />
Sie helfen uns zu erklären, was wir vorhaben,<br />
worauf wir uns ansprechen lassen und wozu wir<br />
auch die uns anvertrauten Gaben einsetzen wollen.<br />
Weil wir gegenüber den Menschen rechenschaftspflichtig<br />
sind, sollten wir auch auskunftsfähig<br />
in Bezug auf unsere Mittel und Wege sein.<br />
Auskunftsfähigkeit allein tut es natürlich<br />
nicht. Das tatsächliche Handeln, individuell und<br />
institutionell-organisatorisch folgt der Planung<br />
wie die Werke dem Glauben.<br />
Deshalb bedarf es in der Tat „zur Gestaltung<br />
des Weges in die Zukunft eine[r] neuen Bereitschaft,<br />
aus Freiheit Verbindlichkeiten wachsen zu<br />
lassen.“ Wenn allerdings die Verbindlichkeiten<br />
aus der Freiheit herauswachsen, ist darauf zu<br />
achten, dass die Verbindlichkeiten die Freiheit,<br />
nachdem sie aus ihr herausgewachsen sind, nicht<br />
zurücklassen. Dann würde die <strong>Kirche</strong> der Zukunft<br />
nicht eine <strong>Kirche</strong> der Freiheit, sondern eine <strong>Kirche</strong><br />
der Verbindlichkeit sein. Dies könnte alle Christen,<br />
die auf Gottes Wort hören, veranlassen, sich an<br />
die Anfänge des Protestantismus <strong>als</strong> einer großen<br />
<strong>Kirche</strong>naustrittsbewegung zu erinnern, um aus<br />
einer <strong>Kirche</strong> der Verbindlichkeiten wieder zu einer<br />
<strong>Kirche</strong> der Freiheit zu gelangen.<br />
Sehr zu Recht sagt das Impulspapier, dass die<br />
Kraft, die in den Schwachen mächtig ist (2. Kor<br />
12,9), etwas über Gottes Freiheit aussagt, und uns<br />
nicht davon entbindet, <strong>Kirche</strong> nach bestem Wissen<br />
und Gewissen einladend zu gestalten.<br />
Gottes Kraft, die in den Schwachen mächtig<br />
ist, wirkt, wo niemand mit ihr rechnet. Wir vertrauen<br />
darauf, dass Gott wirklich dort ist, wo das<br />
Evangelium verkündigt und die Sakramente verwaltet<br />
werden. Dies legt ihn nicht fest, gibt uns allerdings<br />
die Gewissheit seiner Gegenwart. Dem<br />
EKD-Impuls dürfte etwas mehr von dieser Gewissheit<br />
gut tun.<br />
Was uns diese Gewissheit nicht gibt, ist die<br />
Reklamation besonderer „geistlicher“ Eigenschaften,<br />
Zustände, Ämter, Praktiken oder Tätigkeiten.<br />
<strong>Der</strong> seltsam diffuse Gebrauch des Wortes<br />
„geistlich“ <strong>im</strong> Impulspapier lässt aufmerken. Die<br />
bisweilen beteuernde und beschwörende Verwendung<br />
dieses Begriffs lässt fragen: Ist dieses<br />
verbale Absichern und Verankern des „Geistlichen“<br />
womöglich ein Symptom dafür, dass die<br />
Furcht (anstelle der Freiheit) nach zusätzlichen,<br />
nicht verheißenen anthropologischen Haftpunkten<br />
des Göttlichen in der empirischen <strong>Kirche</strong> verlangt?<br />
Warum etwa genügt es nicht, wenn wir aus<br />
Glauben frei und verantwortlich die <strong>Kirche</strong> leiten?<br />
Was haben wir unter „geistlicher“ Leitung zu