Der Dokumentationsband als PDF - Kirche im Aufbruch ...
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lischer Freiheit wird hier gelehrt und geübt:<br />
Gebet, Betrachtung des Wortes Gottes, Lebensgestaltung<br />
aus dem Glauben, Umgang<br />
mit Zweifel und Anfechtung, Begleitung und<br />
Anleitung von anderen in diesen Bereichen. Die<br />
<strong>Kirche</strong> sollte für ein verlässliches Qualitätsmanagement<br />
diesen Fortbildungsbereich stärken.<br />
Ich schließe mit einem Zitat Bonhoeffers: „Aber<br />
nicht wir sollen bauen, sondern er alleine will<br />
bauen. Kein Mensch baut die <strong>Kirche</strong>, sondern<br />
Christus allein. Wir sollen bekennen – er baut. Wir<br />
sollen verkündigen – er baut. Wir sollen zu ihm<br />
beten – er baut. Wir kennen seinen Plan nicht. Wir<br />
sehen nicht, ob er baut oder einreißt. Es mag sein,<br />
dass die Zeiten, die nach menschlichem Ermessen<br />
Zeiten des Einsturzes sind, für ihn die großen<br />
Zeiten des Bauens sind. Es mag sein, dass die,<br />
menschlich gesehen, großen Zeiten der <strong>Kirche</strong><br />
Zeiten des Einreißens sind. Es ist ein großer Trost,<br />
den Christus seiner <strong>Kirche</strong> gibt: Du bekenne, verkündige,<br />
zeuge von mir, ich allein aber will bauen,<br />
wo es mir gefällt.“ (Dietrich Bonhoeffer, Predigt<br />
am Kirchwahlsonntag, in ders., Gesammelte<br />
Schriften, Band IV, S. 134 f.)<br />
PD Dr. Dieter Beese<br />
Superintendent, Münster<br />
Versöhnung mit der praktischen Vernunft<br />
Zehn Jahre haben wir noch Zeit, dann sind die<br />
ersten fünfhundert Jahre der Reformation<br />
vorbei. Wie stehen wir Protestanten dann da?<br />
Angefangen haben wir <strong>als</strong> die größte <strong>Kirche</strong>naustrittsbewegung<br />
der frühen Neuzeit. Frei aus<br />
Glauben – das war der Ertrag der Reformation.<br />
Leider sind wir über die Freiheit später allzu<br />
häufig gestolpert. Vor allem demokratisch, emanzipiert<br />
und international durfte sie uns nicht<br />
kommen: Zum vierten Jahrhundertjubiläum<br />
.waren wir bewusst national, autoritär und antisemitisch,<br />
mit dem Brückenbau zur nation<strong>als</strong>ozialistischen<br />
Diktatur beschäftigt.<br />
Das soll in zehn Jahren anders sein: Wir erinnern<br />
uns wieder an die Freiheit. Gut so! „<strong>Kirche</strong><br />
der Freiheit“ greift offensiv und ambitioniert das<br />
zentrale Thema des Protestantismus auf. Während<br />
aber bei Luther und Barmen die Freiheit von<br />
.Sünde, Tod und Teufel oder von den gottlosen<br />
Bindungen dieser Welt in eine Haltung der Dankbarkeit<br />
und Zuversicht führt, kommt uns aus dem<br />
Impulspapier eine gewisse Angestrengtheit, eben<br />
eine regelrechte „Bündelung“ von Anstrengungen<br />
entgegen.<br />
Woran liegt das?<br />
Das Impulspapier atmet etwas von der Angst<br />
<strong>im</strong> Sinne Sören Kierkegaards: Die evangelische<br />
<strong>Kirche</strong> des Impulspapiers will verzweifelt nicht sie<br />
selbst sein. Alles, was sie ist und hat und kann,<br />
dient nur dem einen Zweck: Anders und besser zu<br />
werden. Zugleich will sie verzweifelt sie selbst<br />
sein. Alle vierfach gebündelten Anstrengungen<br />
müssen zu einem Paradigmen- und Mentalitätswechsel<br />
führen. Und was, wenn das nicht gelingt?<br />
Die evangelische <strong>Kirche</strong> sagt von sich selbst,<br />
sie sei unten. Sie will nach oben. Deshalb braucht<br />
sie eine Aufwärtsagenda. Dabei ist doch evangelische<br />
<strong>Kirche</strong> nicht unten, jedenfalls nicht in dem<br />
Sinne, dass sie sich wieder nach oben arbeiten<br />
müsste.<br />
Weil Christus in ihrer Mitte lebt, ist sie schon<br />
jetzt, in ihrer irdischen Gestalt oben, <strong>im</strong> H<strong>im</strong>mel,<br />
nämlich bei Gott. (<strong>Der</strong> Glaube weiß das, nur die<br />
Augen sehen es noch nicht.) Aber auch empirisch<br />
ist sie nicht allein deshalb unten, weil sie sich seit<br />
vierzig Jahren ständig selbst öffentlich <strong>als</strong> eine Kir-.<br />
che in der Krise beschreibt. Die vielen positiven As-.<br />
pekte, die das Papier nennt, machen es ja deutlich.<br />
Es ist gerade ein Ausdruck der Freiheit der<br />
<strong>Kirche</strong>, dass sie bereit und in der Lage ist, sich dem<br />
Lauf der Welt entsprechend in Freiheit aus Glauben<br />
eine stets wechselnde soziale Gestalt zu ge-<br />
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