Der Dokumentationsband als PDF - Kirche im Aufbruch ...
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2.<br />
Wir sind kritisch miteinander umgegangen –.<br />
und das ist auch dringend nötig. Wir müssen<br />
uns insbesondere wechselseitig davor bewahren,<br />
dass unsere Problembeschreibung zu harmlos<br />
wird. Denn wir neigen <strong>im</strong>mer wieder zu einem<br />
binnenkirchlichen Blick. Dann stehen uns zuerst<br />
die Menschen vor Augen, die uns ohnehin in<br />
unseren Gemeinden begegnen. Aber sie sind<br />
nur ein Teil derjenigen, die zu unserer <strong>Kirche</strong><br />
gehören. Aus dem Blick geraten aber rasch auch<br />
diejenigen, die außerhalb der <strong>Kirche</strong> stehen.<br />
Das aber genügt nicht. Auch wenn wir sagen,<br />
dass die <strong>Kirche</strong> <strong>im</strong> Dorf bleibt, muss sie <strong>Kirche</strong><br />
für das ganze Dorf sein. Das gilt auch dort, wo<br />
derzeit nur zwanzig Prozent der Dorfbewohner<br />
zur <strong>Kirche</strong> gehören. Und die <strong>Kirche</strong> in der Stadt<br />
muss „der Stadt Bestes suchen“ – und darf erst<br />
recht den biblischen Zusatz nicht vergessen:<br />
„und betet für sie zum Herrn“. Auch wegen<br />
dieses Auftrags ist die Zusammengehörigkeit<br />
von <strong>Kirche</strong> und Diakonie so wichtig und so zentral,<br />
wie dieser Kongress zu Recht gesagt hat.<br />
3.<br />
Unsere Aufgabe ist es, auf die Menschen zuzugehen,<br />
die Halt und Orientierung suchen. Mit einer<br />
großen Einhelligkeit haben wir das festgestellt.<br />
Die Bedeutung von Religion und Glaube verändert<br />
sich. Auf eine Phase der Privatisierung von<br />
religiösen Einstellungen und der Abwendung von<br />
Glaubensfragen folgt eine Zeit, in der die Suche<br />
nach der eigenen religiösen Bindung, die Suche<br />
nach spirituellen Erfahrungen, die Ausschau<br />
nach einer Kraftquelle für das eigene Leben viele<br />
Menschen best<strong>im</strong>mt. Zugleich wächst der gesellschaftliche<br />
Klärungsbedarf. Auskunftsfähigkeit ist<br />
gefragt. Darin haben wir <strong>im</strong>mer eine evangelische<br />
Stärke gesehen. Sie müssen wir erneuern. Die veränderte<br />
Bedeutung von Religion und Glaube ist<br />
keine Eintagsfliege, keine modische Erscheinung;<br />
sondern in ihren guten wie in ihren problematischen<br />
Seiten entwickelt sie sich nachhaltig.<br />
Darauf zu antworten, ist für uns <strong>als</strong> <strong>Kirche</strong> eine<br />
elementare Pflicht. Wenn wir unsere Fähigkeit<br />
dazu stärken, beschäftigen wir uns nicht einfach<br />
mit uns selbst. Wenn eine Religionsgemeinschaft<br />
sich kompetent mit Religion befasst, wenn die<br />
<strong>Kirche</strong> Jesu Christi den Menschen den Glauben .<br />
an Jesus Christus nahebringt, dann ist sie bei<br />
ihrer Sache; aber sie beschäftigt sich nicht einfach.<br />
mit sich selbst. Demografische und finanzielle.<br />
Veränderungen haben wir dabei zu berücksichtigen.<br />
Sie sind Rahmenbedingungen, aber<br />
nicht der entscheidende Bezugspunkt unseres<br />
Reformprozesses. Manche können es schier nicht<br />
glauben, aber es ist so: Unsere <strong>Kirche</strong> starrt<br />
nicht auf Zahlen, sondern es geht ihr um ihre<br />
großartige Aufgabe: die Botschaft von Gottes<br />
Liebe zu den Menschen zu bringen, ihnen Jesus<br />
Christus vor Augen zu stellen, Gottvertrauen,<br />
Daseinsgewissheit und Nächstenliebe in ihnen<br />
zu wecken. Wo <strong>im</strong>mer das geschieht, ereignet<br />
sich <strong>Kirche</strong>. Dafür, dass es – soweit es an uns<br />
liegt – besser geschieht, wollen wir arbeiten.<br />
4.<br />
In Wittenberg, der Stadt der Reformation, haben<br />
wir uns miteinander auf den Weg gemacht.<br />
Unterschiedliche Auffassungen hatten Raum oder<br />
sind auch einmal aufeinandergeprallt. Wir waren<br />
zusammen, Kardinal Lehmann hat daran erinnert,<br />
am Tag des Apostels Paulus. Papst Benedikt XVI.<br />
hat aus diesem Anlass daran erinnert, wie beherzt<br />
Paulus dem Petrus entgegentrat, den er auf<br />
einem f<strong>als</strong>chen Weg sah. Mit dieser Kontroverse<br />
begann die missionarische Bewegung, der wir<br />
es zu verdanken haben, dass wir Christen sind.<br />
Als evangelische <strong>Kirche</strong> schätzen wir deshalb<br />
den konstruktiven Sinn von Kontroversen. Wir<br />
beenden diesen Kongress an dem Tag des Gedenkens<br />
an den Holocaust. Schon das wird uns daran<br />
hindern, die Verantwortung für unsere Geschichte<br />
hintanzustellen und unsere Pflicht gering zu<br />
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