Der Dokumentationsband als PDF - Kirche im Aufbruch ...
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In den Niederlanden ist dieser eschatologischheilshistorische<br />
Ansatz vor allem durch Hendrikus<br />
Berkhof ausgearbeitet. Das Königreich Gottes<br />
wird auf dynamische und teleologische Weise<br />
verwirklicht in der Geschichte. In diesem Zusammenhang<br />
gebraucht Berkhof bemerkenswerterweise<br />
das Wort „Fortschritt“.<br />
In der ökumenischen Bewegung wird der neue<br />
Begriff der Ökumene, der – wie oben erklärt –<br />
nicht vor allem die Zusammenarbeit zwischen<br />
den <strong>Kirche</strong>n, sondern die ganze bewohnte Welt, ja<br />
sogar den Kosmos meint, verbunden mit dem<br />
Christozentrismus der dialektischen Theologie.<br />
Jesus Christus ist Herr, nicht nur der Welt, sondern<br />
des ganzen Kosmos. Seine Königsherrschaft ist<br />
jetzt schon anwesend in den Zeichen des Königreiches.<br />
Die Verkündigung der <strong>Kirche</strong> ist allumfassend:<br />
Sie richtet sich auf diese Welt und kommt<br />
zum Ausdruck in u. a. dem Streit für Gerechtigkeit<br />
und Barmherzigkeit. Außerdem wird nicht selten<br />
das christozentrische Prinzip (Jesus Pantokrator)<br />
verbunden mit einer Weltanschauung, in der die<br />
westliche Modernisierung und die damit verbundene<br />
Säkularisierung <strong>als</strong> mondiale Zivilisation<br />
gesehen wird. 2<br />
Dietrich Werner schreibt in seiner Forschungsarbeit<br />
über die missionarischen Perspektiven bei<br />
dem Weltkirchenrat: „Die quasi naturhaft gedachte,<br />
christologische Gesamtqualifikation der<br />
westlichen Fortschrittsgeschichte führt damit (…)<br />
zu der Tendenz, dass das Credo des Glaubens und<br />
das Credo des westlichen Fortschritts eigentümlich<br />
miteinander verschmelzen oder jedenfalls<br />
bisweilen ununterscheidbar aneinanderzurücken<br />
scheinen.“ 3<br />
Diese sehr kurze – und dadurch wahrscheinlich<br />
einseitige – Übersicht kann helfen, um ein<br />
schärferes Bild von der Krise des westeuropäischen<br />
Christentums zu bekommen.<br />
1. <strong>Der</strong> Nachdruck auf das Element des Königreiches<br />
Gottes <strong>als</strong> Kern und Stern der Verkündigung<br />
– wobei es da vor allem um die <strong>im</strong>manenten<br />
und gegenwärtigen Aspekte des Reiches<br />
in Zeichen geht – hat zu einer Betonung des<br />
Handelns der <strong>Kirche</strong> geführt (u. a. <strong>im</strong> Diakonat).<br />
2. Das <strong>als</strong> progressiv und dynamisch gedachte<br />
Kommen des Reiches Gottes, das ein Bündnis<br />
einging mit dem westlichen Fortschritt,<br />
konnte der Säkularisierung keinen Widerstand<br />
leisten. Im Gegenteil – die Säkularisierung<br />
wurde in diesem Denken gerade <strong>als</strong> eine<br />
Frucht der kirchlichen Verkündigung gesehen.<br />
3. Die christologische Konzentration, die einen<br />
solch wichtigen kritischen Impuls an die<br />
Erneuerung der <strong>Kirche</strong> gegeben hatte, wurde<br />
<strong>im</strong> Grunde kaltgestellt. In seiner Analyse der<br />
theologischen Entwicklung in ökumenischer<br />
Perspektive macht Konrad Raiser folgende<br />
scharfe Bemerkung: „Je universaler die<br />
geschichtstheologischen Entwürfe wurden,<br />
desto blasser und formaler wurde zugleich die<br />
Berufung auf das christologische Zentrum.“ 4<br />
Es ist auffällig, dass sowohl die EKD <strong>als</strong> auch<br />
die Protestantische <strong>Kirche</strong> in den Niederlanden in<br />
ungefähr derselben Zeit mit einer Studie über die<br />
Positionierung der <strong>Kirche</strong> kommen. Auffallend ist<br />
auch, dass manche Sätze in den beiden Papieren<br />
einander beinahe wortwörtlich gleich sind (man<br />
könnte ein nettes Quiz mit Zitaten organisieren).<br />
Doch ist es vielleicht auch nicht so auffallend,<br />
dass beide Positionen einander so ähneln; wir<br />
teilen schließlich dasselbe theologische Erbe und<br />
wir sind mehr und mehr Teil unserer Kultur geworden.<br />
Wir erleben beide die Krise unserer Kultur<br />
und der <strong>Kirche</strong>. Wir müssen uns beide mit den<br />
Folgen der gerade genannten Entwicklungen, mit<br />
den Folgen der Säkularisierung, des Modernismus<br />
und des Postmodernismus auseinandersetzen.<br />
In beiden Schriften wird gesprochen über<br />
Wachstum gegen den Trend. Ich kenne natürlich<br />
nicht so viele Reaktionen auf „<strong>Kirche</strong> der Freiheit“.<br />
Aber gerade die Bemerkungen in unserem Papier<br />
über Wachstum gegen den Trend haben uns <strong>als</strong><br />
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