Der Dokumentationsband als PDF - Kirche im Aufbruch ...
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2. „Von anderen lernen“<br />
st<strong>im</strong>men zum reformprozess<br />
„von anderen lernen“<br />
102<br />
Soziale Rahmen des Reformprozesses<br />
Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, wissenschaftlicher<br />
Leiter des BAT Freizeit-Forschungsinstituts,<br />
26. Januar 2007<br />
Gesellschaft und Politik werden sich in den<br />
nächsten Jahren auf sozioökonomische Probleme<br />
wie seit über dreißig Jahren nicht mehr einstellen<br />
müssen. Die Massenarbeitslosigkeit über Jahrzehnte<br />
hinweg hat tiefe Spuren hinterlassen und<br />
zwingt zu einer Neudefinition von sozialer<br />
Daseinsvorsorge. <strong>Der</strong> politische Handlungsbedarf<br />
wird sich in Zukunft neben der Sicherung der<br />
Renten und der Gesundheitsvorsorge auf die<br />
Lösung wachsender sozialer Konflikte konzentrieren<br />
müssen. Gewalt in jeder Form muss dann<br />
verhindert werden. Hinzu kommen Existenzängste<br />
der Bevölkerung, die um ihren Lebensstandard<br />
bangt und das Gefühl hat, sich den<br />
heutigen Wohlstand bald nicht mehr leisten zu<br />
können.<br />
In vielen westlichen Ländern stellt sich .<br />
derzeit die Lebensqualitätsfrage neu: Eine<br />
Verschiebung vom Nur-haben-Wollen zum .<br />
Nicht-verlieren-Wollen zeichnet sich ab. Nie-.<br />
mand will zu spät kommen oder vom Leben<br />
.bestraft werden, <strong>als</strong>o am Ende zu den Verlierern<br />
gehören. <strong>Der</strong> zwischenmenschliche Umgang .<br />
wird rauer.<br />
Politik und Wirtschaft in Deutschland stehen<br />
vor neuen Herausforderungen. Sie werden mit<br />
einem wachsenden Unzufriedenheitsdilemma der<br />
Bundesbürger konfrontiert. Objektiv geht es den<br />
Deutschen besser: Die Wirtschaft wächst, die Kon-.<br />
junkturst<strong>im</strong>mung steigt, die Arbeitslosenzahlen<br />
sinken. Subjektiv aber fühlen sich die Bundesbürger<br />
<strong>im</strong>mer schlechter. <strong>Der</strong> Anteil der Deutschen,<br />
die glauben, die Lebensqualität in Deutschland<br />
sei geringer geworden, n<strong>im</strong>mt kontinuierlich .<br />
zu (1992: 31 Prozent – 2002: 33 Prozent – 2006: .<br />
36 Prozent). Das Lager der „gefühlten“ Wohlstandsverlierer<br />
wird stetig größer.<br />
Was folgt daraus für die Entwicklung der<br />
nächsten Jahre? Wie sieht der soziale Rahmen des<br />
notwendigen Reformprozesses aus? Und welche<br />
Zukunftstrends zeichnen sich bereits heute ab?<br />
Zukunftstrend 1: Die Globalisierung der .<br />
Arbeitswelt<br />
Zukunftstrend 2: Die Dominanz der Dienst-.<br />
leistung<br />
Zukunftstrend 3: Die Lust an der Leistung<br />
Zukunftstrend 4: Die Mediatisierung des Lebens<br />
Zukunftstrend 5: Die Kinderlosigkeit<br />
Zukunftstrend 6: Die Zuwanderung<br />
Zukunftstrend 7: Die Überalterung<br />
Zukunftstrend 8: Die Gesundheitsorientierung<br />
Zukunftstrend 9: Die Rückkehr der Verantwortung<br />
Zukunftstrend 10: Die Sinnsuche<br />
Die demografische Entwicklung wirkt sich nach-.<br />
haltig auf die Einstellung zur Lebensqualität aus.<br />
Während Arbeit und Konsum <strong>im</strong> Laufe des Lebens<br />
an Prestigewert einbüßen, gewinnt insbesondere<br />
die Religion mit zunehmendem Alter an Bedeutung.<br />
Für die Generation „65 plus“ ist Religion<br />
(56 Prozent) fast so wichtig wie das Geld (58 Prozent)<br />
und lässt verständlicherweise auch Arbeit<br />
und Beruf (52 Prozent) in den Hintergrund treten.<br />
Die Institution <strong>Kirche</strong> mag in Deutschland Nachwuchsprobleme<br />
haben, die Religion <strong>als</strong> Lebensgefühl<br />
wird <strong>im</strong>mer wichtiger.<br />
Dabei ist die Frage eher zweitrangig, ob es<br />
gelingt, die derzeit vier Prozent sonntäglichen<br />
Gottesdienstbesucher auf zehn oder mehr Prozent<br />
zu steigern. Die Quote kann die Qualität<br />
ohnehin nicht ersetzen. Vielleicht sind ja auch die<br />
Weichen f<strong>als</strong>ch gestellt, weil der sonntägliche<br />
Vormittagsgottesdienst mit der Sonntagsplanung<br />
und -gestaltung der Menschen <strong>im</strong>mer weniger<br />
vereinbar ist.<br />
Nachweislich gibt es den größten Bedarf für<br />
Meditation und Andacht, für innere Sammlung