josef winkler: „der landeshauptmann von kärnten als bischöflicher ...
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sah man gar keine Arbeiter auf dieser Baustelle, unzählige Anrainer <br />
und besonders die Geschäftsleute haben sich weit über ein halbes <br />
Jahr darüber beklagt. Die Baustelle wurde <strong>von</strong> der Firma „Zwick“ <br />
eingezäunt. Der Herr Zwick war dam<strong>als</strong> Vizebürgermeister <strong>von</strong> <br />
Klagenfurt und Finanzreferent der Stadt Klagenfurt. (Das hat der <br />
Firma Zwick sicherlich nicht geschadet, weil der vermaledeite Zaun so <br />
lange hat Wache stehen dürfen bei der Baustelle.) Weinend hat der <br />
Vater vor seinem auf der Straße liegenden toten Kind gekniet, hat <br />
seine schneeweiße Hand gestreichelt und geschrien: „Sie haben <br />
meinen einzigen Sohn überfahren!“ Vom Omnibus aus, der im <br />
Verkehr ins Stocken geraten war, sahen Schulkinder den sterbenden, <br />
noch zappelnden Jungen auf dem Asphalt liegen. Ein Arzt, der schnell <br />
zur Stelle war, konnte nur mehr den Tod des Buben feststellen, <br />
dessen Kopf sich vergrößert haben und dessen Haut schneeweiß <br />
geworden sein soll. Der Leichenwagen blieb im Stau stecken. <br />
In dem für die Bevölkerung <strong>von</strong> Klagenfurt völlig überaschenden <br />
Aufgrabungs-‐, Bau und Asphaltierungswahn für die <br />
Fußballeuropameisterschaft gab es auf den Straßen unzählige <br />
Hindernisse und Verkehrstafeln, die einem auf Schritt und Tritt <br />
begegneten, und so haben die verantwortlichen Straßenbauer, die <br />
Sensenmänner <strong>von</strong> Klagenfurt, schließlich den Tod buchstäblich aus <br />
dem Asphalt gestampft, er mußte kommen, und ein Kind mußte dran <br />
glauben. Über eine Stunde lang soll der tote Bub auf dem Asphalt <br />
gelegen haben, bis er in einen provisorischen grauen Zinnsarg <br />
gebettet wurde. „Nach diesem Unglück“, sagte meine Frau zu mir, die <br />
neben meiner vierjährigen Tochter im Flugzeug <strong>von</strong> Atlanta nach <br />
Mexiko City saß, „warst du eine Woche lang unansprechbar!“. Erst zu <br />
Allerheiligen in Oaxaca, beim Diá de los muertos, habe ich wohl <br />
wieder zu sprechen begonnen, um es metaphorisch zu sagen, <strong>als</strong> ich <br />
an den Mundwinkeln der eigenen Kinder die Schokoladereste des <br />
Schokoladentotenkopfes sah. Das Unglück ist schon ein paar Jahre <br />
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