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josef winkler: „der landeshauptmann von kärnten als bischöflicher ...

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Sperrfrist: 25.10.2012, 20 Uhr <br />

Rede, Donnerstag, 25.10.2012, 19.30 Uhr, Salzburg/Uni-­‐Park Nonntal (Fachbibliothek) <br />

Veranstalter: Literaturhaus Salzburg im Rahmen des Projekts mitSprache: Reden zur <br />

Situation der Literaturhäuser und Literaturzentren Österreichs <strong>von</strong> 22. bis 26.10.2012 <br />

JOSEF WINKLER: <br />

„DER LANDESHAUPTMANN VON KÄRNTEN ALS BISCHÖFLICHER <br />

HAUBENTAUCHER AUF DER BIERKISTE“ <br />

Sehr geehrter Herr Dörfler! <br />

Verehrter Oberster Bieranstecher <strong>von</strong> Kärnten! <br />

Unmittelbar nach unserer Ankunft in Indien, Mitte August des <br />

vergangenen Jahres, in Pune, im indischen Bundesstaat Maharashtra, <br />

wo ich am Germanistikinstitut der Universität und im Goethe-­‐Institut <br />

Vorträge hatte, gab es über mehrere Wochen lang Demonstrationen <br />

gegen Korruption, gegen größenwahnsinnige, kostspielige politische <br />

Projekte, gegen Geldverschwendung, Geldvernichtung und gegen <br />

Schmiergeldzahlungen, die der Lokalpolitiker und Bürgerrechtler <br />

Anna Hazare in Delhi mit einem Hungerstreik angezettelt hatte, der <br />

auf diese Art und Weise ein neues Gesetz gegen Korruption <br />

erzwingen wollte und auch tatsächlich das Parlament der größten <br />

Demokratie der Welt in die Knie gezwungen hat, denn Abermillionen <br />

Menschen sind in Indien für diese Idee auf die Straße gegangen. Den <br />

StudentInnen an der Universität in Pune wurde unterrichtsfrei <br />

gegeben, damit sie an den Demonstrationen teilnehmen konnten. <br />

Mit der indischen Fahne in der Hand, einem weißen Nehru-­‐Käppchen <br />

auf dem Kopf, auf dem „I am Anna“ stand, an den Wangen <br />

patriotisch aufgemalte indische Fahnen, demonstrierten junge und <br />

1


alte Menschen gegen die das Land und die Menschen mehr und mehr <br />

lähmende und vernichtende Korruption. Selbst die Hörner der <br />

heiligen, durch die Straßen wandelnden Kühe waren mit den Farben <br />

der indischen Fahne bemalt. Als ich dann zwei Tage wegen einer <br />

kleinen Tropenkrankheit im Hotelbett verbringen mußte, mich aber <br />

luxuriöserweise <strong>von</strong> Honig aus Kaschmir, frischgepreßtem Saft <strong>von</strong> <br />

den indischen Ananas und <strong>von</strong> frischer Kokosnußmilch – meine kleine <br />

Tochter brachte mir die aufgeschlagenen grünen, großen Kokosnüsse <br />

<strong>von</strong> der Straße – ernähren und bis ins Hotelzimmer die <br />

Demonstrationen hören konnte, habe ich auch an das Land gedacht, <br />

in dem ich aufgewachsen bin und habe an Sie diesen offenen Brief <br />

entworfen. Vom Hotelzimmer aus hörte ich kurioserweise auch öfter <br />

das Warnsignal rückwärts fahrender Autos mit der verzerrten <br />

Melodie <strong>von</strong> „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ Also war die Heimat nah. <br />

Wenige Tage vor unserer Abreise nach Indien fuhren wir nach Maria <br />

Rain und kamen an Jörg Haiders Unfallstelle vorbei. Vor uns fuhr ein <br />

Auto mit Wiener Kennzeichen, das auf der Höhe der Unfallstelle <br />

unvorhersehbar und abrupt die Geschwindigkeit reduzierte, damit <br />

die fünf Autoinsassen in aller Ruhe aus dem Fenster auf den Jörg-­‐<br />

Haider-­‐Friedhof am schmalen Straßenrand schauen konnten. <br />

Obwohl wir in einem maßvollen Abstand fuhren, mußte meine Frau – <br />

auch die Kinder waren im Auto – ordentlich auf die Bremse steigen, <br />

damit wir nicht mit dem vor uns fahrenden Auto zusammenkrachten. <br />

Jeden Morgen gegen sechs Uhr werden an dieser Stelle <strong>von</strong> einem <br />

Lastwagenfahrer ungefähr fünfzig niedergebrannte Kerzen <br />

weggeräumt und ebenso viele neu aufgestellt und angezündet. Gibt <br />

es Tag für Tag einen edlen Kerzenspender? Wer zahlt diese tägliche <br />

Friedhofspflege, diesen Todespomp? Sind Steuergelder im Spiel? Ist <br />

diese Gedenkstätte am engen Straßenrand, die inzwischen zu einem <br />

2


Friedhof für eine Person ausgewachsen ist, auch behördlich <br />

genehmigt? Wer ist verantwortlich, wenn auf diese Art und Weise, <br />

wie es uns kurz vor unserer Abreise nach Indien hätte passieren <br />

können, an dieser inzwischen gefährlich gewordenen Stelle <br />

tatsächlich ein Unfall mit schweren Folgen passiert? Auch <strong>als</strong> <br />

Landeshauptmann sind Sie nach wie vor Verkehrsreferent des <br />

Landes Kärnten. Gibt es für Sie neben einer politischen <br />

Verantwortung, die eine jahrzehntealte, immer nur stumm <br />

schillernde orange-­‐blaue Seifenblase ist, auch eine menschliche <br />

Verantwortung? <br />

Mit Steuergeldern haben Sie das Autowrack des verstorbenen Jörg <br />

Haider um 40.000 Euro gekauft und halten es immer noch an einem <br />

geheimen Ort versteckt. Jeder Bürger dieses Landes muß für die <br />

Entsorgung eines kaputten Autos bezahlen, aber Sie greifen <br />

persönlich und legal – wie immer – in die Steuergeldkasse und <br />

schmeißen für einen Schrotthaufen 560.000 Schilling hin. Koste es <br />

dem Steuerzahler, was es Ihnen wolle! Sie haben mit Steuergeldern <br />

das Grundstück an der Todesstelle gekauft, damit man dort ein <br />

christliches und auch noch röm.-­‐kath. Marterl aufstellen konnte, das <br />

aber inzwischen zu einer gefährlichen Passage am engen Straßenrand <br />

geworden ist. „Man könnte viele Beispiele für unsinnige Ausgaben <br />

nennen“, sagt Mark Twain, „aber keines ist treffender <strong>als</strong> die <br />

Errichtung einer Friedhofsmauer. Die, die drinnen sind, können <br />

sowieso nicht hinaus, und die, die draußen sind, wollen nicht hinein.“ <br />

Inzwischen haben Sie neuerdings und ganz persönlich auf <br />

Steuergeldkosten, aus dem sogenannten „Kultur-­‐im-­‐Straßenbau“-­‐<br />

Budget in der Höhe <strong>von</strong> 7000 Euro ein Haider-­‐Denkmal, das aus acht <br />

Paar sich schüttelnder Händen zwischen zwei hochgestellten Steinen <br />

besteht, in der Nähe des Gurker Doms einbetonieren lassen, auf dem <br />

eigentlich stehen müßte: „Die eine Hand beschmutzt die andere!“, <br />

3


eine Kitsch-­‐Skulptur, die nichts anderes <strong>als</strong> ein Symbol für das <br />

„handshake“ der Schmiergeldschmutzfinke ist. <br />

Im Botanischen Garten in Klagenfurt, im Bergbaumuseum, einem <br />

ehemaligen Nazistollen, wurde <strong>von</strong> den Totenkultpolitikern Ihrer <br />

Partei ein Haider-­‐Museum errichtet, das ebenfalls aus Steuergeldern <br />

finanziert wurde. 80.000 oder 40.000 Euro soll es gekostet haben, <br />

keiner weiß es genau, warum soll man sich auch in den Sack blicken <br />

lassen, der sowieso lügt. In diesem Museum konnte man auf einem <br />

ausgestellten Foto das Autowrack <strong>von</strong> Jörg Haider mit seiner höchst <br />

persönlichen Blutlache sehen unter den trauerfolkloristisch <br />

berieselnden Klängen Kärntner Heimatlieder: „Valosn, valosn, wie a <br />

Stan auf da Stroßn, so valosn bin i!“ So eine gedanken-­‐ und pietätlose <br />

Unverschämtheit einem tödlich Verunglückten gegenüber habe ich <br />

noch nie erlebt. Das haben seine sterblichen Überreste nicht <br />

verdient, liebe, böse Totenkultpolitiker <strong>von</strong> Kärnten. Ich reibe Ihnen <br />

diese bodenlose Schamlosigkeit noch einmal unter die Nase und <br />

beginne <strong>von</strong> vorne. Jörg Haiders Blutlache singt: „Valosn, valosn, wie <br />

a Stan auf da Stroßn, so valosn bin i!“ Zwischen unzähligen <br />

brennenden Kerzen lag am Unfallort ein großes Blumenbukett mit zu <br />

Hunderten aufgestecktem Edelweiß und Enzian. Auf der einen <br />

weißen Schleife des Blumenbukett stand: „In Liebe“ und auf der <br />

anderen Schleife stand knallhart: „Mutter“. <br />

Frage nicht, was passiert wäre, wenn in dem Augenblick, <strong>als</strong> sich kurz <br />

nach Mitternacht der betrunkene und mit mindestens doppelt <br />

überhöhter Geschwindigkeit auf einer Landstraße rasende <br />

Landeshauptmann Jörg Haider, der aus seinem sich überschlagenden <br />

Auto ein tonnenschweres Geschoß gemacht hat, ein anderes Auto, <br />

eine Familie mit Kindern, entgegengekommen wäre, dann wären die <br />

5000 Kerzen, die unmittelbar nach seinem Tod vor dem Amt der <br />

4


Kärntner Landesregierung in Klagenfurt gebrannt haben, kein <br />

einziges Sirius-­‐Zündholz wert gewesen. Eigentlich gehört die Urne des <br />

verstorbenen Landeshauptmannes in eine bewachte Gefängniszelle, <br />

es kann ja sein, daß er wie ein Phönix aus seiner Asche steigt, denn <br />

schon zu Lebzeiten hat er, der immer wieder damit kokettiert hat, <br />

sich politisch zurückzuziehen, öfter gesagt: „Ich bin weg! Ich bin <br />

wieder da! Ich bin wieder weg! Und gleich wieder da!“ <br />

Einb<strong>als</strong>amieren! Ausb<strong>als</strong>amieren! Einb<strong>als</strong>amieren! Ausb<strong>als</strong>amieren! <br />

Wenn sich Jörg Haider am Vorabend seines Todes in eine andere <br />

Gesellschaft begeben hätte, würde er heute noch leben. Er hat nicht <br />

ahnen können, daß sein Sargnagel <strong>als</strong> Steirischer Spazierstock, mit <br />

einem solargebräunten, abgegriffenen, reinrassigen Bull-­‐Terrier-­‐<br />

Hundekopf am Knauf, neben ihm allzu lange <strong>als</strong> Speichellecker und <br />

Todesmensch daher stolziert ist, ihn schließlich in einer Schwulenbar <br />

auf die Palme, zum Saufen und Rasen gebracht hat, bis das ganze Blut <br />

abgespritzt ist vom Körper im Blechhaufen des VW Phaeton. <br />

„Die Sonne ist vom Himmel gefallen!“ sagten Sie, <strong>als</strong> Sie <strong>von</strong> Jörg <br />

Haiders tragischen Tod erfuhren. Oder sagen wir lieber, daß ein <br />

schwarzer Regenbogen das Land eingeschnürt und verpackt hat. <br />

Dann aber ward der Sonnenkönig auf der Bierkiste geboren. Sein <br />

Name: Gerhard Dörfler. / Größe: ca. 1,74. / Gewicht: ca. 87 kg, wenn <br />

nicht mehr. / Religiöses Bekenntnis: ca. röm.-­‐kath. / <br />

Lieblingsmahlzeit: hausgemachte Brennesselsuppe <strong>von</strong> Ehegattinnen-­‐<br />

Hand. / Bevorzugte Mahlzeit-­‐Zeit: 22.00 Uhr. / Lieblingsarbeit: <br />

Holzfällen im Hochwald. / Lieblingsklingelton auf dem Handy: <br />

Motorsägengeräusch. / Ehemaliger Beruf vor Eintritt in die Politik: <br />

Direktor einer Bierbrauerei. / Lieblingsunterhaltung in-­‐ und <br />

außerhalb der Dienstzeit: Bieranstechen. „Politiker im hellen <br />

Sonnenlicht – das erinnert immer an das, was unter einem Stein <br />

kriecht, den man plötzlich hochhebt…“, sagt Kurt Tucholsky. <br />

5


Der vierte Todestag <strong>von</strong> Jörg Haider ist gerade vorbei, aber der <br />

nächste kommt ganz bestimmt, der fünfte, ein Jubiläum, eine runde <br />

Zahl! Halleluja! Wieviel wird der nächste Totenkult – Sie müssen <br />

schließlich Ihre Parteikulis bei Laune halten – dem Steuerzahler <br />

wieder kosten? Marie <strong>von</strong> Ebner-­‐Eschenbach sagt: „Geistlose kann <br />

man nicht begeistern, aber fanatisieren kann man sie.“ Herr Dörfler! <br />

Greifen Sie endlich in die eigene Tasche und lassen Sie für politische <br />

Leichenfledderei gefälligst das Steuergeld in Frieden in der <br />

Landeskassa ruhn, denn es sind inzwischen um die 2 Millionen <br />

Schilling, die Sie und Ihre Partei für diesen Totenkult ausgegeben <br />

haben. Tun Sie sich mit der ehrwürdigen Witwe zusammen, sie kann <br />

ja, sofern sie es überhaupt möchte und braucht, diesen Totenkult aus <br />

dem Fruchtgenuß des Bärentales finanzieren. Oder schicken Sie die <br />

Geschwister Scheuch – den einen mit H<strong>als</strong>tuch, den anderen ohne <br />

H<strong>als</strong>tuch – mit einer Bettlerschale durchs Mölltal und durch andere <br />

Kärntner Täler, um private Gelder für Totenkult, für eine ganz <br />

bestimmte hervorragende und außerordentliche Handvoll Asche zu <br />

sammeln, das kann nicht einmal den Rechnungshof stören, <br />

niemanden regt das auf, es kann jeder mit seinem privaten Geld <br />

machen, was er will und auch, was er nicht will. Was bilden Sie sich <br />

denn eigentlich ein? Sie haben nach meinem Dafürhalten nicht das <br />

moralische Recht für Totenkult 2 Millionen Schilling auszugeben. <br />

Dieses Steuergeld gehört den Lebenden und nicht den (einen) Toten, <br />

dieses Geld gehört den Kindern und Jugendlichen dieses Landes für <br />

Ihre Weiter-­‐ und Ausbildung. Das Begräbnis <strong>von</strong> Jörg Haider war <br />

vornehm und eines Staatsmannes würdig. Die Mitarbeiterinnen des <br />

Amtes der Kärntner Landesregierung durften sogar in schwarzen <br />

Kleidern und mit einer roten Rose in der Hand am Straßenrand <br />

stehen und Abschied nehmen <strong>von</strong> ihrem Chef. James Joyce sagt: „Ein <br />

Leichnam ist schlecht gewordenes Fleisch. Na schön, und was ist <br />

Käse? Leiche der Milch. Ich habe doch in den ‚Reisen durch China‘ <br />

6


gelesen, daß die Chinesen sagen, ein Weißer, der riecht nach Leiche. <br />

Verbrennung ist besser. Aber da sind die Priester auf den Tod <br />

dagegen. Zubringer für die andere Firma.“ Haben Sie <strong>als</strong> <br />

Landeshauptmann <strong>von</strong> Kärnten keine Gewissensbisse, wenn Sie für <br />

Totenkult soviel Steuergeld ausgeben? Ihr gesunder Hausverstand <br />

verlangt wahrscheinlich keine Gewissensbisse, denn <strong>„der</strong> <br />

Gewissensbiß ist“, sagt Friedrich Nietzsche, „wie der Biß eines <br />

Hundes gegen einen Stein, eine Dummheit!“ Aber die Gesundheit <br />

Ihres Hausverstandes ist uns inzwischen bekannt. <br />

Das Kärntner Staatsbegräbnis für Jörg Haider hat mit allem Drum und <br />

Dran um die 150.000 Euro gekostet. Der luxuriöse Leichenschmaus <br />

im Klagenfurter Konzerthaus hatte das Niveau eines Staatsbanketts. <br />

Allein für Partezettel und Blumenkränze hat man 18.774,79 Euro <br />

ausgegeben. Als Jörg Haider in Kärnten noch Landesrat war, sah ich in <br />

meinem Heimatdorf Kamering, im Kärntner Drautal, ein <br />

Wahlkampfplakat, auf dem stand: „Der Jörg, der traut sich was!“ Ja, <br />

der Jörg, der sich selber einmal <strong>als</strong> Robin Hood stilisiert hat, um den <br />

Mächtigen und Korrupten das Fürchten zu lehren, hat sich wirklich <br />

was getraut. Nicht nur, daß man die infantilen Bilder, auf denen er <br />

sich <strong>als</strong> Robin Hood stilisiert hat, in der Regenbogenpresse bestaunen <br />

konnte, er hat auch angekündigt, daß er sich wirklich was traut. <br />

Heute wissen wir, daß Jörg Haider der größte politische Bankräuber <br />

der Zweiten Republik war. Ihre Ehrfurcht und Unterwerferung, Ihr <br />

Kadavergehorsam vor diesem uns allen verbliebenen Aschehäufchen <br />

ist immer noch so groß, so daß Sie erst kürzlich der Öffentlichkeit <br />

mitgeteilt haben, daß Sie heute Jörg Haider, um Ihre Wort zu <br />

gebrauchen, „schon ein paar Fragen stellen“ würden. Würden Sie uns <br />

verraten, welche Fragen Sie ihm stellen würden? Vielleicht diese: <br />

„Bua! Wieviel Schnops hostn gestern getrunken, ha, und warum bistn <br />

so spät hamkummen, ha, oder bist überhaupt neama hamkummen, <br />

7


ha?“ Nein, er ist nicht mehr nach Hause gekommen, jedenfalls lebend <br />

nicht. <br />

Vor ungefähr einem Jahr haben Sie, Herr Dörfler, der Öffentlichkeit <br />

mitgeteilt, daß Sie immer wieder Verkaufsangebote für den <br />

Unfallwagen <strong>von</strong> Jörg Haider bekommen, den Sie <strong>als</strong> Gr<strong>als</strong>-­‐Hüter <br />

eines berühmten Autowracks nach wie vor an einem geheimen Ort in <br />

Kärnten unter Verschluß halten und daß jemand für diesen <br />

Schrotthaufen 100.000 Euro bezahlen würde. Sie haben dam<strong>als</strong> die <br />

Konservierung dieses Wagens mit dem Hinweis begründet, daß er <br />

noch für Untersuchungen zum damaligen Unfallhergang gebraucht <br />

werden könnte. Inzwischen sagten Sie auch: „Ich glaube nicht, daß <br />

weitere Überprüfungen nötig sein werden. Vielleicht verkaufen wir <br />

den VW Phaeton einmal für einen sozialen Zweck. Das wäre im Sinne <br />

Jörg Haiders sicher nicht f<strong>als</strong>ch!“ Woher wissen Sie, daß Jörg Haider <br />

daran interessiert gewesen wäre, ein Dienstauto, in dem er selber auf <br />

eigenes Verschulden tödlich verunglückt ist, einen Totenwagen, <br />

einen Leichenwagen <strong>als</strong>o, zu verkaufen, <strong>als</strong>o ein Geschäft mit seinem <br />

Unglückswagen zu machen und den Erlös daraus einem „sozialen <br />

Zweck“ zuzuführen? So ein primitiver Mensch war Jörg Haider nicht! <br />

Wenn Sie und Ihre FPK-­‐Partei imstande wären eine menschliche und <br />

menschenwürdige Sozialpolitik zu gestalten, bräuchten Sie nicht <br />

damit zu spekulieren das Wrack eines Totenwagens zu verscherbeln. <br />

Herr Dörfler, ich gebe Ihnen den Rat, hören Sie endlich auf mit <br />

diesem Totenkult auf, mit diesem unwürdigen, makabren <br />

Kaspertheater, das auch einen geschmacklosen Symbolcharakter hat. <br />

Lassen Sie dieses Autowrack nun nach vier Trauerjahren endgültig auf <br />

einem Schrottplatz verschwinden und haben Sie den Anstand und <br />

greifen Sie in ihre eigene Tasche, die auch eine persönliche ist und zu <br />

sein hat, und zahlen Sie die 40.000 Euro an die Landeskasse zurück. <br />

8


Aber worum geht es denn bei dieser Art <strong>von</strong> Totenkult? Wie wir <br />

wissen, ist für totalitäre Staaten das Begräbniszeremoniell <br />

überlebenswichtig nach dem Tod ihrer Herrscher, denn es gibt keine <br />

bessere Gelegenheit, die Masse unter Kontrolle zu halten. Jörg Haider <br />

ist im Herbst 2008 gestorben, im darauffolgenden Frühjahr 2009 <br />

waren Landtagswahlen. Bald nach seinem Tod sah man die <br />

Wahlplakate Ihrer Partei ausgerechnet mit religiösen Sprüchen auf <br />

der Straße und in den Augen der abgebildeten Politikerköpfe waren <br />

die Tränen vom schweren Verlust noch nicht ganz ausgetrocknet, <br />

geschweigedenn <strong>als</strong> trockengelegte Sümpfe erkennbar. Auf diese Art <br />

und Weise hat man die Einäscherung Ihres verehrten Herrn und <br />

politischen Meisters bis zum Wahltag am Köcheln gehalten, und auch <br />

tatsächlich ordentlich an Stimmen dazu gewonnen. Diktatur haben <br />

wir keine, aber es wir Ihnen auch nicht gelingen mit ihrem <br />

zweispännigen Mölltaler Corps – der eine mit H<strong>als</strong>tuch, der andere <br />

ohne H<strong>als</strong>tuch – aus Kärnten ein autokratisches Land, <strong>als</strong>o <br />

„Unterösterreich“ zu machen. <br />

Im Mai 2009 haben sich die vier Kärntner Landtagsparteien in einer <br />

Nacht-­‐ und Nebelaktion, <strong>als</strong> die Journalisten und der <br />

Rechnungshofpräsident bereits außer Haus waren, für diese <br />

Legislaturperiode bis 2014 Parteienförderung in der Höhe <strong>von</strong> 60 <br />

Millionen Euro genehmigt, gleichzeitig haben die beiden Kärntner <br />

Regierungsparteien, Ihre wendeh<strong>als</strong>tapfer vom Orange ins Blau <br />

übergewechselte FPK und die christliche und auch noch soziale <br />

Kärntner ÖVP beschlossen, den Heizkostenzuschuß zu kürzen. Auf der <br />

einen Seite holen sie sich die Millionen-­‐Kohle aus dem Steuertopf <br />

und auf der anderen Seite werden den Ärmsten der Armen die Kohle-­‐<br />

Briketts weggenommen. Kaum war Jörg Haider unter der Erde, haben <br />

Sie es <strong>als</strong> Landeshauptmann <strong>von</strong> Kärnten zugelassen, daß die <br />

9


Heizkostenzuschüsse für die Armen gekürzt werden. Da fällt mir ein <br />

Wort <strong>von</strong> Shakespeare aus dem König Lear ein: „Warum bist du so <br />

tief gesunken?“ – „Weil ich nicht tiefer konnte!“ Immerhin hat Ihr <br />

verstorbener Herr und politischer Meister in seiner Großzügigkeit <br />

gemeinsam mit dem damaligen Vorsitzenden der christlichen <br />

Kärntner ÖVP, Josef Martinz, dem Villacher Steuerberater Dietrich <br />

Birnbacher für ein Sechs-­‐Seiten-­‐Papier zum Verkauf der Kärntner <br />

Hypo an die Bayern ein Honorar <strong>von</strong> 6 Millionen Euro aus <br />

Landesvermögen zugeschanzt, das sind 88 Millionen Schilling. Dieser <br />

selbstverständlich über jeden nicht rechtskräftigen <br />

Korruptionsverdacht erhabene Deal – wieviel Glauben muß man <br />

denn eigentlich haben, um selig zu werden? -­‐ für eine „persönliche <br />

Information an Jörg Haider“, wie Josef Martinz gestanden hat, ist <br />

auch insofern pikant, <strong>als</strong> Dietrich Birnbacher ein jahrzehntelanger <br />

Freund der Familie Martinz ist. Und der so begünstigte Steuerberater <br />

wußte auch noch den Steuerzahler zu verhöhnen mit den Worten: <br />

„Es waren zwei arbeitsintensive Monate!“ (Aber inzwischen, wie wir <br />

wissen, sind die beiden Herrn vor Gericht gelandet, und die <br />

Gefängnistore sind offen. Wer weiß, vielleicht wird die Schwelle des <br />

Gefängnistores vom einen oder anderen auch tatsächlich <br />

überschritten werden müssen.) Mein elterliches Bauernhaus trägt <br />

den Vulgonamen „Enz“, in Kamering bei Paternion, im schönen <br />

Kärntner Drautal. „Enz! Beim Arsch brennts!“, haben uns dam<strong>als</strong> die <br />

anderen Bauernkinder im Dorf nachgespottet. Josef Martinz! Beim <br />

Arsch brennts! Dietrich Birnbacher! Beim Arsch brennts! Wolfgang <br />

Kulterer! Beim Arsch brennts. Tilo Berlin! Beim Arsch brennts! Jörg <br />

Haider! Da sag ich lieber nichts mehr und schwiege in Gottes Namen <br />

und im Namen der Lourdes-­‐Mitzi! <br />

10


Als Jörg Haider nach einem Nazi-­‐Sager im Jahre 1991 das erstemal <strong>als</strong> <br />

Landeshauptmann <strong>von</strong> Kärnten zurücktreten mußte, sagte er mit <br />

Tränen in den Augen: „Paßt mir auf mein Kärnten auf!“ Mit dieser <br />

Ausdrucksweise hat er sich ordentlich verraten. Einige Jahre später, <br />

<strong>als</strong> er wieder gewählt wurde, hat er das Land tatsächlich in seine <br />

blaue Hosentasche hineingesteckt. Jetzt rutscht das Land, nicht nur <br />

wegen der ungeheuerlichen Budgetlöcher, seinen Nachfolgern aus <br />

den Hosenröhren. Die nackten Zahlen sind nun tatsächlich nackt und <br />

nicht mehr versteckbar in orangen und in blauen Kleidern, die <br />

übrigens hübsche Namensabkürzungen tragen, nämlich: <br />

FPÖ/BZÖ/FPK, in blauen Kleidern mit orangen Streifen <strong>als</strong>o, die <strong>von</strong> <br />

Politikern gemacht, <strong>als</strong>o zurechtgeschneidert wurden. Der Hopfen ist <br />

schon verloren, das Malz noch nicht, aber Sie, Herr Dörfler, <strong>als</strong> <br />

ehemaliger Brauereidirektor sehen das natürlich umgekehrt. Später, <br />

<strong>als</strong> der Verkauf der Kärntner Hypo an die Bayern über die Runden <br />

gegangen war, rief Jörg Haider das südlichste Bundesland <strong>als</strong> <br />

Schatzkammer aus: „Kärnten ist reich!“ Kurze Zeit später mußten Sie <br />

in Ihrer inzwischen sattsam bekannten unappetitlichen rustikalen <br />

Ausdrucksweise diese schillernde Seifenblase mit den Worten <br />

korrigieren: „Kärnten ist nicht nega!“ Die Kluft zwischen diesen <br />

beiden Sätze ist eine leergeräumte Großbank, die beinahe einmal in <br />

den frühen Morgenstunden den europäischen Euro ins Schwanken <br />

gebracht und die dem Steuerzahler bis jetzt – das dicke Ende kommt <br />

möglicherweise erst – über 1 Milliarde Euro, mehr <strong>als</strong> 14 Milliarden <br />

Schilling gekostet hat. „Alle verschwiegenen Wahrheiten werden <br />

giftig!“ heißt es bei Friedrich Nietzsche. <br />

Der ehemalige Klagenfurter Bürgermeister <strong>von</strong> Klagenfurt, der <br />

selbstherrliche Harald Scheucher, hat der Öffentlichkeit vor einiger <br />

Zeit mitgeteilt, daß er stolz ist, wenn er durch die Landeshauptstadt <br />

11


geht. Der Realitätsverlust <strong>von</strong> Leuten, die jahrzehntelang die Macht <br />

gehebelt haben, scheint enorm zu sein. 12 Jahre lang ist ihm <strong>als</strong> <br />

Bürgermeister nicht aufgefallen, daß Klagenfurt seit dem Zweiten <br />

Weltkrieg keine eigene, vom Magistrat geführte Stadtbibliothek hat. <br />

Graz hat sieben Stadtbibliotheken. Auf das leere Fußballstadion mit <br />

den 30.000 Sitzplätzen in der nicht einmal 100.000 Einwohner-­‐Stadt <br />

Klagenfurt, ist er offenbar besonders stolz. Das wäre genauso, <strong>als</strong> <br />

wenn man in der 2-­‐Millionen-­‐Stadt Wien ein Stadion mit 700.000 <br />

Sitzplätzen gebaut hätte oder zehn Fußballstadien mit jeweils 70.000 <br />

Sitzplätzen. Ich habe geglaubt, dieser Mensch fährt vor lauter Freude <br />

aus der Haut, <strong>als</strong> bekannt wurde, daß die Stadt Klagenfurt den <br />

Zuschlag für die Fußballeuropameisterschaft 2008 bekommt. Wenn <br />

er nur aus seine Haut gefahren wäre, hätten wir uns das Stadion in <br />

dieser Größendimension vielleicht erspart, das inzwischen auch Udo <br />

Jürgens <strong>als</strong> „Klotz am Bein der Stadt Klagenfurt“ bezeichnet hat. Ich <br />

kenne viele Leute, die wollen, daß diese Fußballarena „Harald-­‐<br />

Scheucher-­‐Stadion“ getauft wird, damit seiner Eitelkeit und seinem <br />

Größenwahn ein Denkmal gesetzt wird. <br />

Obwohl wegen der Kärntner Ortstafellösung politisch längst alles <br />

geregelt und sozusagen auf Schiene war, haben Sie, Herr Dörfler, <br />

nachträglich eine völlig sinnlose Volksbefragung durchführen lassen, <br />

die natürlich wieder eine Stange Steuergeld gekostet hat. <br />

Selbstverständlich haben Sie wieder vor den zähneknirschenden <br />

Geschwistern Scheuch gekuscht. Der Sonnenkönig auf der Bierkiste, <br />

der sich <strong>von</strong> zwei Herrnbauern aus dem Mölltal – der eine mit <br />

H<strong>als</strong>tuch, der andere ohne H<strong>als</strong>tuch – politisch knechten läßt! Warum <br />

haben Sie dam<strong>als</strong> <strong>als</strong> Landeshauptmannstellvertreter nicht angeregt <br />

und versucht politisch durchzusetzen, daß für den Bau dieses <br />

Fußballstadions eine Volksbefragung durchgeführt wird? Wenn Sie <br />

12


nicht vor Ihrem inzwischen verstorbenen Herrn und politischen <br />

Meister – zugegeben, er war übermächtig – gekuscht hätten, wären <br />

Sie heute noch Bierkistenverscherbler. Sie hätten dam<strong>als</strong> die <br />

Bevölkerung des Landes Kärnten fragen müssen, ob sie für die 3 <br />

Fußballspiele der Europameisterschaft 2008 – für 4 ½ Stunden <br />

Fußball – ein Stadion um 70 Millionen Euro haben will mit allen <br />

Nachfolgekosten. Das leerstehende Stadion kostet dem Steuerzahler <br />

heute täglich 13.000 Euro, in einem Jahr sind es <strong>als</strong>o fast 5 Millionen <br />

Euro und in den inzwischen vergangenen mehr <strong>als</strong> vier Jahren sind es <br />

20 Millionen Euro, <strong>als</strong>o 280 Millionen Schilling. Dazurechnen darf <br />

und muß natürlich man auch die Baukosten des Stadions in der Höhe <br />

70 Millionen Euro, dann wären wir bei ungefähr 1,3 Milliarden <br />

Schilling angelangt. Für Nichts und wieder Nichts oder sagen wir, für <br />

4 1/2 Stunden Fußball. Allein schon beim Aufzählen dieser <br />

Geldschandtat wird einem schwindelig. Ist das nicht skrupelloser <br />

Größenwahn, Geldverschwendung und Geldvernichtung auf Kosten <br />

der nächsten Generationen? <br />

Erinnern wir uns, obwohl das Gras ständig weiterwächst! Um die <br />

Mittagszeit des 15. Oktober 2007, wenige Tage bevor ich mit meiner <br />

Familie nach Mexiko reiste zum Diá de los muertos, wo die Kinder zu <br />

Allerheiligen und Allerseelen Zuckertotenköpfe und <br />

Schokoladetotenköpfe schmausten, wurde in Klagenfurt an einer <br />

Kreuzung, die seit einem Dreivierteljahr eine Baustelle und nur ein <br />

paar hundert Quadratmeter groß war, ein bei Grün über den <br />

Zebrastreifen gehender neunjähriger Bub, der gerade <strong>von</strong> der Schule <br />

kam, <strong>von</strong> einem Lastwagen überfahren und getötet. Um das neue <br />

Fußballstadion schneller fertigstellen zu können, in dem im Juni 2008 <br />

in Klagenfurt drei Europameisterschaftsspiele stattfinden, <strong>als</strong>o <br />

viereinhalb Stunden internationaler Fußball gespielt werden sollte, <br />

wurde <strong>von</strong> dieser Kreuzung, an der sich der tödliche Unfall ereignete, <br />

immer wieder Personal zu Arbeiten ins Fußballstadion abgezogen. Oft <br />

13


sah man gar keine Arbeiter auf dieser Baustelle, unzählige Anrainer <br />

und besonders die Geschäftsleute haben sich weit über ein halbes <br />

Jahr darüber beklagt. Die Baustelle wurde <strong>von</strong> der Firma „Zwick“ <br />

eingezäunt. Der Herr Zwick war dam<strong>als</strong> Vizebürgermeister <strong>von</strong> <br />

Klagenfurt und Finanzreferent der Stadt Klagenfurt. (Das hat der <br />

Firma Zwick sicherlich nicht geschadet, weil der vermaledeite Zaun so <br />

lange hat Wache stehen dürfen bei der Baustelle.) Weinend hat der <br />

Vater vor seinem auf der Straße liegenden toten Kind gekniet, hat <br />

seine schneeweiße Hand gestreichelt und geschrien: „Sie haben <br />

meinen einzigen Sohn überfahren!“ Vom Omnibus aus, der im <br />

Verkehr ins Stocken geraten war, sahen Schulkinder den sterbenden, <br />

noch zappelnden Jungen auf dem Asphalt liegen. Ein Arzt, der schnell <br />

zur Stelle war, konnte nur mehr den Tod des Buben feststellen, <br />

dessen Kopf sich vergrößert haben und dessen Haut schneeweiß <br />

geworden sein soll. Der Leichenwagen blieb im Stau stecken. <br />

In dem für die Bevölkerung <strong>von</strong> Klagenfurt völlig überaschenden <br />

Aufgrabungs-­‐, Bau und Asphaltierungswahn für die <br />

Fußballeuropameisterschaft gab es auf den Straßen unzählige <br />

Hindernisse und Verkehrstafeln, die einem auf Schritt und Tritt <br />

begegneten, und so haben die verantwortlichen Straßenbauer, die <br />

Sensenmänner <strong>von</strong> Klagenfurt, schließlich den Tod buchstäblich aus <br />

dem Asphalt gestampft, er mußte kommen, und ein Kind mußte dran <br />

glauben. Über eine Stunde lang soll der tote Bub auf dem Asphalt <br />

gelegen haben, bis er in einen provisorischen grauen Zinnsarg <br />

gebettet wurde. „Nach diesem Unglück“, sagte meine Frau zu mir, die <br />

neben meiner vierjährigen Tochter im Flugzeug <strong>von</strong> Atlanta nach <br />

Mexiko City saß, „warst du eine Woche lang unansprechbar!“. Erst zu <br />

Allerheiligen in Oaxaca, beim Diá de los muertos, habe ich wohl <br />

wieder zu sprechen begonnen, um es metaphorisch zu sagen, <strong>als</strong> ich <br />

an den Mundwinkeln der eigenen Kinder die Schokoladereste des <br />

Schokoladentotenkopfes sah. Das Unglück ist schon ein paar Jahre <br />

14


her, aber noch heute wache ich manchmal schweißgebadet und mit <br />

heftig schlagendem Herzen in der Nacht auf und sehe dieses mich zu <br />

tiefst erschütternde Zappeln des Buben vor mir, seine letzten <br />

Todeszuckungen auf dem Asphalt. <br />

Alle maßgeblichen Politiker hatten nur die rechtzeitige Fertigstellung <br />

des Stadions im Kopf, das jetzt leer steht. Sie, Herr Dörfler, waren <br />

dam<strong>als</strong> Landeshauptmannstellvertreter und Verkehrsreferent. Sie <br />

hätten politisch dafür sorgen können, daß diese verhältnismäßig <br />

kleine Baustelle so schnell wie möglich abgeschlossen wird. Ich <br />

mache Sie nicht für den Tod dieses Kindes mitverantwortlich. Ich bin <br />

nur nach wie vor der Auffassung, daß den Lenker dieses Lastwagens <br />

der Schilderwald irritiert haben könnte, denn wo, außer auf dem <br />

Zebrastreifen und bei Grün, sollen denn unsere Kinder sicher über die <br />

Straßen gehen? Aber Sie sorgen schon für die Sicherheit unserer <br />

Kinder, da haben wir keine Zweifel, denn neuerdings sehe ich Sie auf <br />

einem Plakat abgebildet mit dem Sprüchlein: „Sichtbar sicher. <br />

Sicherheit hat Vorrang.“ Wie sagte der große ungarische Dichter <br />

Peter Ésterházy: „Weißt du, mein lieber Freund, Sätze sagen, das <br />

kann ich auch.“ Zum jetzigen Schulbeginn 2012 haben Sie <strong>als</strong> <br />

Verkehrsreferent für ein Foto, das ich in der Zeitung gesehen habe, <br />

ganz tapfer ein Kind, Hand in Hand, über die Straße begleitet. Da ich <br />

selber zwei Kinder habe, muß ich Ihnen sagen, daß mich dieses <br />

Schutzengelbild tief berührt hat, und ich sofort in den Jargon meiner <br />

Kindheit zurückgefallen bin: Heiliger Landeshauptmann dein, laß dich <br />

dir empfohlen sein, steh in jeder Not dir bei, halte dich <strong>von</strong> Sünden <br />

frei, führe dich an deiner Hand ins himmlische Haiderland. (Im <br />

Übrigen bin ich der Meinung, daß man uns außerhalb des <br />

Wahlkampfes die Politikergesichter unter denen es auch genug <br />

Politikergfrieser gibt, auf vom Steuerzahler finanzierten Plakaten <br />

ersparen sollte.) <br />

15


Als Sie dam<strong>als</strong> auf den Tod dieses Kindes angesprochen wurden, <br />

sagte Sie in Ihrer weithin bekannten, land-­‐läufigen und bescheidenen <br />

Ausdrucksweise ganz lapidar: „Das kann überall passieren!“ Der <br />

Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt war nicht imstande der <br />

Familie des überfahrenen Kindes einen zinsenlosen Kredit für die <br />

Begräbniskosten zu gewähren. Nun wissen wir aber, daß das <br />

Staatsbegräbnis für Jörg Haider ungefähr 150.000 Euro gekostet hat <br />

und man für Totenkult ebensoviel ausgegeben hat, <strong>als</strong>o im Ganzen <br />

um die vier Millionen Schilling aus Steuergeldern. Und heute denken <br />

Sie hoffentlich <strong>als</strong> lernfähiger Mensch nicht mehr daran, Jörg Haiders <br />

Totenwagen um 100.000 Euro zu verkaufen? Was sollte das denn <br />

heißen, wenn Sie es doch täten? Wäre es vielleicht eine menschlich-­moralisch-­‐pietätvolle<br />

Wiedergutmachung beim Steuerzahler mit dem <br />

Vorwand sozialer Zwecklosigkeit? <br />

Ich weiß nicht, ob dieser Lastwagen, unter dem der Neunjährige – ich <br />

weiß es: „lebensfrohe“ – Bub gestorben ist, noch existiert oder ob er <br />

schon auf einem Autofriedhof gelandet ist, und ich weiß nicht, wie <br />

viel denn nun im Vergleich zum prominenten Totenwagen dieser <br />

ebenfalls tödliche Lastwagen wert ist. Auch 100.000 Euro? Oder <br />

mehr? Oder weniger? Oder gar nichts? Also Schrottwert! Immerhin <br />

haben Sie es zustande gebracht, nachdem der Schriftsteller Egyd <br />

Gstättner und ich ein paar Zeichen gegeben haben, an der <br />

Unglückstelle einen kleinen Gedenkstein aufzustellen, der aber das <br />

Kind auch nicht mehr <strong>von</strong> den Toten erwecken konnte. Über ein totes <br />

Kind wächst kein Gras drüber. Und wie sagte Billie Holiday: „Es <br />

braucht Jahre, bis Gras über eine Sache gewachsen ist, und da kommt <br />

dann ein blöder Esel und frißt das Gras wieder ab!“ <br />

Spöttisch lachend haben Sie im Jahre 2006 <strong>als</strong> <br />

Landeshauptmannstellvertreter und Verkehrsreferent gemeinsam <br />

16


mit Jörg Haider Ortstafeln in Bleiburg und Eberndorf verrückt, anstatt <br />

zweisprachige Schilder aufzustellen. Damit wollten Sie die Erkenntnis <br />

des Verfassungsgerichtshofes umgehen. Die daraufhin folgenden <br />

Vorerhebungen gegen Sie wegen Amtsmißbrauches wurden <br />

eingestellt. Der Richter befand, daß Gerhard Dörfler „über keine <br />

juristische Ausbildung verfügt und daher die Tragweite seines <br />

Handelns nicht richtig einschätzen konnte“. Wenn Sie einen Anstand <br />

und eine Würde gehabt hätten, dann hätten Sie dam<strong>als</strong> dem lieben <br />

und herzensguten Richter mitteilen müssen, daß für Sie <strong>als</strong> <br />

Landeshauptmannstellvertreter, der auch eine gewisse <br />

Vorbildwirkung haben sollte, dieselben Gesetze zu gelten haben und <br />

auch zur Anwendung gebracht werden sollen, wie bei jedem anderen <br />

Bürger dieses Landes. Oder reißt vielleicht ein Schokoladefladerer vor <br />

Gericht seine Hände in die Höhe und versucht den Richter mit den <br />

Worten zu beeindrucken: „Aber ich habe keine juristische <br />

Ausbildung!?“ Geschweige denn die Kapitalverbrecher und die <br />

schwerkriminellen Lobbyisten, die immer noch frei herumlaufen. <br />

Sie waren zutiefst empört und haben über ein unakzeptables, <br />

politisch motiviertes Urteil gewettert, <strong>als</strong> Ihr <br />

Landeshauptmannstellvertreter, Uwe Scheuch, dam<strong>als</strong> in der ersten <br />

Instanz zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Ihr <br />

Landeshauptmannstellvertreter hat nun einmal in einer prekären <br />

Angelegenheit sein Maul zerrissen, jetzt hängen ihm halt die Lefzen <br />

herunter. „Kamele sind schön“, sagt Mark Twain, „und ihre lange <br />

Unterlippe verleiht ihnen einen überaus doofen Ausdruck. Sie haben <br />

riesengroße, platte, gegabelte, kissenartige Füße, die im Staub eine <br />

Spur hinterlassen wie eine Torte, aus der ein Stück herausgeschnitten <br />

ist. Sie sind nicht wählerisch in ihrer Kost. Sie würden einen Grabstein <br />

fressen, wenn sie ihn zerbeißen könnten.“ Nach diesem ersten Urteil <br />

17


hat der windelweich-­‐sensible Uwe Scheuch an alle Kärntner <br />

Haushalte einen wehleidigen und weinerlichen, aus Steuergeldern <br />

finanzierten Brief geschrieben, mit dem staatstragenden Emblem der <br />

Kärntner Fahne und hat der auf diese Art und Weise zum <br />

Briefmarkenhandkuß gekommenen Öffentlichkeit mitgeteilt, daß er <br />

das Mölltaler Unschuldslamm vom Lande ist. (Der neueste Stand ist <br />

Folgender: Inzwischen ist Uwe Scheuch <strong>als</strong> <br />

Landeshauptmannstellvertreter zurückgetreten, denn er und seine <br />

Familie wollte und konnte den Druck, den vor allem auch die <br />

Tagespresse ausgeübt hat, nicht mehr standhalten. Sein Bruder Kurti <br />

Scheuch ist jetzt Landeshauptmannstellvertreter in Kärnten. Wegen <br />

der „Part oft the Game-­‐Affäre“ stand Uwe Scheuch inzwischen <br />

bereits zum zweiten Mal vor dem Richter. Das erste Urteil wurde <br />

aufgehoben, das zweite Urteil – sieben Monate bedingt und 150.000 <br />

Euro Strafe – ist nicht rechtskräftig. Gegen Uwe Scheuch wird aber <br />

auch wegen einer „Broschüren-­‐Affäre“, einem vom Steuerzahler <br />

finanzierten Jubelblatt für die eigene Partei, ermittelt. Scheuch <br />

beteuert in beiden Fällen seine Unschuld.) <br />

Der damalige Schulrefernt Uwe Scheuch ließ vor ein paar Jahren an <br />

alle Volksschüler Kärntens einen Stundenplan verteilen, auf dem sein <br />

lachendes Gesicht aufgedruckt ist, damit sich die Schüler, die jeden <br />

Tag den Stundenplan in die Hand nehmen und die eines Tages zu <br />

Wählern werden, auch tatsächlich das Gesicht einprägen und dann <br />

wissen, wen sie zu wählen haben. Das sind Methoden wie sie in <br />

Diktaturen üblich sind! Und selbst <strong>als</strong> der damalige <br />

Landeshauptmannstellvertreter und Schulreferent Uwe Scheuch <br />

einmal gemeint hat, daß besonders aufmüpfigen Schülern eine <br />

„gesunde Watschen“ gut tun würde, haben Sie, Herr Dörfler, <strong>als</strong> <br />

Landeshauptmann <strong>von</strong> Kärnten der Öffentlichkeit mitgeteilt, daß <br />

auch Ihnen dam<strong>als</strong> die gesunde Watschen gutgetan hat. (Was draus <br />

geworden ist, wissen wir heute.) Auf der Liegewiese am Klagenfurter <br />

18


Strandband ist an einem schönen Hochsommertag einmal ein großer <br />

Discowagen vorgefahren und hat ordentliche Flurschäden <br />

angerichtet. Mit Disco-­‐Hammer und Uwe-­‐Uwe-­‐Lächeln hat Uwe <br />

Scheuch eine Stunde lang an Kinder und Jugendliche Eis verteilt, dann <br />

ist der Discowagen wieder losgezogen, um beim Umdrehen und <br />

Weiterfahren noch einmal auf der Liegewiese die Erde aufzumöbeln <br />

und in einem Aufwaschen zum nächsten Strandbad gefahren. Auf <br />

dem Rückflug <strong>von</strong> Mumbai nach Wien, las ich in einer <br />

österreichischen Zeitung, daß Sie außerdem gerne die Schüler in <br />

Uniformen stecken möchten, womöglich in haselnußbraune Anzüge <br />

mit den grünen Aufschlägen und der geblümten Samtweste, denn die <br />

Farbe „Braun“ soll doch die Heimatverbundenheit und auch noch die <br />

Erdverbundenheit symbolisieren. <br />

Ebenso den Glauben an den Rechtsstaat hat beim Ersturteil <br />

naturgemäß Uwes Bruder, der grobschlächtige H<strong>als</strong>tuchträger Kurti <br />

Scheuch verloren und den Richter <strong>als</strong> eine „Kröte“ bezeichnet. Kurti <br />

Scheuch, der <strong>als</strong> „Reiß-­‐Wolf“ <strong>von</strong> „Knittel-­‐Feld“ bekannt geworden <br />

ist und auch so bezeichnet wird, ein reißender Wolf <strong>als</strong>o auf einem <br />

Feld, auf dem es dam<strong>als</strong> politisch geknittelt hat und wo es auch <br />

einem Jörg Haider bei dieser Parteiabspaltung <strong>von</strong> FPÖ ins BZÖ <br />

gelungen ist, <strong>von</strong> den dam<strong>als</strong> prognostizierten 28% Wähleranteil bei <br />

der darauffolgenden Wahl auf 13% der Wählerstimmen <br />

herunterzurasseln. Manchmal frage ich mich, warum der Kurti <br />

Scheuch ständig ein H<strong>als</strong>tuch trägt? Verbirgt er eine Pigmentstörung <br />

am H<strong>als</strong> oder leidet er an der inzwischen klinisch bekannten Mölltaler <br />

Bergangina, die ihn im Kärntner Provinzparlament immer wieder zu <br />

cholerischen Wortanfällen reizt? <br />

19


Sie wollten mit der Kärntner Ortstafellösung, die vor allem dem <br />

diplomatischen und politischen Geschick <strong>von</strong> Staatssekretär Josef <br />

Ostermeier zu verdanken ist, ein Staatsmann werden. Herr Dörfler, <br />

Sie sind ein kleiner Blechtrommler geblieben! Sie haben es nicht über <br />

ihr kleines und rostiges Herz gebracht, daß noch weitere 11 <br />

zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden, dann wären alle <br />

zufrieden gewesen, aber Sie haben wieder vor den <br />

zähneknirschenden Geschwistern Scheuch gekuscht, H<strong>als</strong>tuch hin <br />

und H<strong>als</strong>tuch her, Augenwinkel rechts und Augenwinkel links. Als <br />

dann Valentin Inzko unter anderem auch noch diese 11 Tafeln <br />

eingefordert und der Öffentlichkeit mitgeteilt hat, daß er mit der <br />

Kärntner Ortsttafellösung nicht ganz zufrieden ist, haben Sie der <br />

Öffentlichkeit mitgeteilt, daß „‘Inzko‘ das Unwort des Jahres“ ist. Es <br />

geht dabei nicht nur um einen x-­‐beliebigen Namen aus einem <br />

Telefonbuch, denn vor und hinter und über und in diesen Namen <br />

steckt eine bestimmte Person, nämlich ein Mensch, nämlich der <br />

Diplomat und EU-­‐Sonderbeauftragte für Bosnien, Valentin Inzko, <br />

deshalb kann man Ihren neuerlichen Maul-­‐Wurf leicht so <br />

interpretieren, daß Valentin Inzko auch der „Un-­‐Mensch“ des Jahres <br />

ist. Nach Ihren aus der Vergangenheit sattsam bekannten <br />

frauenfeindlichen und rassistischen Äußerungen spielen Sie dann und <br />

wann den Diplomaten, Sie reißen sich zusammen, wie man so sagt, <br />

Sie hüten sich auch eine Zeitlang vor besonders auffälligen rustikalen <br />

und bierigen Formulierungen, aber dann kommt wieder aus Ihnen <br />

heraus, was nun einmal in einem Dörfler steckt: „‘Inzko‘ ist das <br />

Unwort des Jahres!“ Herr Dörfler, haben Sie keinen Ghostwriter oder <br />

einen Moralapostel <strong>als</strong> politischen Berater? „Rhetorik ist deshalb ein <br />

Problem“, sagt Mark Twain, „weil es schwierig ist, gleichzeitig zu <br />

reden und zu denken. Politiker entscheiden sich meistens für eines <br />

<strong>von</strong> beiden.“ Und Ihre politische Naivität und Ihr politisches Wissen <br />

außerhalb <strong>von</strong> Kärntens Grenzen ist himmelsschreiend und <br />

20


höllenverschwiegen: Als in diesem Jahr einmal der Dalai Lama in <br />

Kärnten weilte, haben Sie bei der Begrüßungsrede den Kärntner <br />

Ortstafelkonflikt mit dem politischen Konflikt <strong>von</strong> China und Tibet <br />

verglichen. <br />

Sie haben außerdem der Öffentlichkeit mitgeteilt, daß Sie <strong>als</strong> <br />

Landeshauptmann <strong>von</strong> Kärnten mit einem Monatsgehalt <strong>von</strong> 14.000 <br />

Euro nicht mehr verdienen <strong>als</strong> ein Fliesenleger. Das ist zwar eine <br />

unverschämte Demütigung für die Facharbeiter, die um die 2.000 <br />

Euro monatlich verdienen, die auch noch eine Familie zu ernähren, <br />

vielleicht auch ein Haus abzuzahlen haben, aber ich habe Sie schon <br />

verstanden. Wenn Sie natürlich bei jeder 5. Bieranstecherei in <br />

Kärnten dabei sein müssen, dann machen Sie doch Ihre Überstunden <br />

bis zum Gehtnichtmehr, dann laufen sie doch Tag und Nacht kreuz <br />

und quers durchs Land mit einem Hamsterkäfig unter dem Arm, in <br />

dem vom einem kastrierten Meerschweinchen ein Drehrad bis zum <br />

Gehtwohlnoch im Kreis gedreht wird. Oder wollen Sie vielleicht fürs <br />

Bieranstechen noch eine Landeshauptmann-­‐Geldzulage, damit Sie <br />

dann unverschämterweise auch tatsächlich mehr verdienen <strong>als</strong> ein <br />

Fliesenleger? <br />

Da ich nun einmal in Indien bin, fällt mir wieder ein, daß der ebenfalls <br />

aus der FPÖ stammende Maul-­‐Held, Burschenschaftler und <br />

Schmißbruder Martin Graf – mit sehr schön verheilter Narbe im <br />

Gesicht! -­‐, der auch Dritter Nationalratspräsident ist und der bei einer <br />

vom österreichischen Steuerzahler finanzierten Reise <strong>von</strong> <br />

Parlamentariern nach Indien bei einem noblen Abendessen gesagt <br />

hat, daß Indien nicht sein Land ist, weil es dort so dreckig sei und daß <br />

es in Indien anders ausschauen würde, wenn dort eine Milliarde <br />

21


Menschen Besen und Schaufel in die Hand nehmen würden. Vor ein <br />

paar Jahren schon habe ich in einem offenen Brief an unseren <br />

geliebten Onkel Erwin Pröll, der im „Standard“ veröffentlicht wurde, <br />

über diesen FPÖ-­‐Herrn, der immer noch Dritter Nationalratspräsident <br />

ist, meinen literarisch-­‐, satirischen Kommentar anhand eines Zitats <br />

des großen französischen Dichters René Char abgegeben: „Es gibt <br />

eine Art Menschen, die stets den eigenen Exkrementen voraus sind“. <br />

Von einem anderen Beispiel <strong>von</strong> Großspurigkeit kann ich Ihnen auch <br />

berichten. Als ich vor einem Jahr über München nach Dresden reiste, <br />

stieg der aus Kärnten stammende EU-­‐Mandatar Andy Mölzer, <br />

ebenfalls ein FPÖ-­‐Burschi und Schmißbrüderchen – mit ausnehmend <br />

schöner Narbe im Gesicht, schöner und persönlicher geht’s gar nicht! <br />

–, stieg <strong>als</strong>o Andy Mölzer in Klagenfurt ins Flugzeug. Auf der freien <br />

Landebahn in München stiegen wir aus dem kleinen Flugzeug in den <br />

bereitstehenden Omnibus, gleichzeitig rollte ein schwarzer Porsche <br />

heran. Der österreichische Volksvertreter im EU-­‐Parlament, Andy <br />

Mölzer, stieg in den glitzernden eleganten Sportwagen, der <br />

schließlich mit breiten, geschmeidigen Reifen langsam hinter dem <br />

Omnibus her rollte. Wir im einfachen Flughafen-­‐Omnibus, wir hatten <br />

alle die Pest, und der eine und andere Fluggast hatte vielleicht gerade <br />

erst die Pest mit der Cholera ausgetrieben.. <br />

Kollegen <strong>von</strong> mir verbreiten, daß ich ein feiger Hund bin, weil ich erst <br />

seit dem Tod <strong>von</strong> Jörg Haider Artikel dieser Art schreibe. Vielleicht, <br />

Herr Dörfler, hätte mich Ihr Herr und politischer Meister vernichtet, <br />

aber ich glaube eher, daß er mich zu einem Abendessen eingeladen <br />

und wir in aller Ruhe und Unruhe diverse Dinge besprochen hätten. <br />

Als ich mich im indischen Pune, am Ufer des Flußes, der den Namen <br />

„Mutha“ trägt, mit meinen Kindern in der Dämmerung in einem Park <br />

aufhielt und wir die vielen großen über uns schwebenden Flughunde <br />

22


mit ihren schönen Gesichtern sahen, fragte ich mich, wie es wohl <br />

seiner Seele geht, was sie denn wohl schon alles durchgemacht hat? <br />

Und <strong>als</strong> dann ein ganz bestimmter großer fliegender Hund immer <br />

wieder über meinem Kopf auftauchte, wußte ich, daß sich Ihr Herr <br />

und politischer Meister <strong>von</strong> Ihnen und <strong>von</strong> Ihrer inzwischen wieder <br />

blau eingefärbelten politischen Kärntner Trauerkultbande <br />

abgewendet hat und seine Seele, verkörpert in einem fliegenden <br />

Hund, <strong>als</strong> hinduistische Inkarnation, mir nach Indien nachgefolgt ist, <br />

nachdem man seine sterblichen Überreste so schäbig behandelt hat, <br />

in dem man nämlich im Bergbaumuseum seine rote Blutlache gezeigt <br />

hat und man beim Betrachten dieses Fotos gleichzeitig das Kärntner <br />

Heimatlied hören konnte: „Valosn, valosn, wia a Stan auf da Stroßn <br />

so valosn bin i!“ Der Feige Hund hat dem Fliegenden Hund die Stirn <br />

geboten und der Fliegende Hund hat dem Feigen Hund die Stirn <br />

geboten. Es war ein ergreifender und schöner Augenblick am Ufer <br />

der Mutha, in Indien! <br />

Daß mich das Wiederansehen des Films „E´ntract“ des großes <br />

französischen Filmemachers René Clair, in dem man einen holprig <br />

und lustig durch die Straßen fahrenden ehrwürdigen alten <br />

Leichenwagen sieht, der mit Zucker-­‐ und Schokoladebrezeln behängt <br />

ist, zu grotesken und surrealen Fantasien reizt, mag in diesem <br />

Zusammenhang nicht verwunderlich sein. Als oberster Bieranstecher <br />

und Totenkultpolitiker <strong>von</strong> Kärnten könnten Sie doch gemeinsam mit <br />

Ihren engsten politischen Vertrauten mit einem historischen <br />

Leichenwagen, der mit Schokoladebrezln und Lebkuchenherzen <br />

behängt ist und auf denen mit färbigem Zuckerguß steht: „Paßt mir <br />

auf mein Kärnten auf!“ vorbeigondeln und an der Stelle das Bierfaß <br />

aufstellen, das Sie so gerne anschlagen, wo das sich mit dreifach <br />

überhöhter Geschwindigkeit überschlagende Auto zum Stillstand <br />

gekommen ist. (Übrigens habe ich erst vor ein paar Tagen geträumt, <br />

daß die Witwe mit einem Trauerschleier auf ihrem Haupt an der <br />

23


Unfallstelle mehrere Kübel voll heißen, flüssigen Asphalts über der <br />

andachtsvollen Kerzenpracht ausgießt.) Oder wie wärs mit einem <br />

Landeshauptmann-­‐Preisauschreiben? Wer an Jörg Haiders <br />

Unfallstelle am glücklichsten „verunfallt“, wie die Schweizer zu sagen <br />

pflegen, bekommt einen Sarg aus dem besten Buchenholzbestand <br />

des Bärentales, <strong>als</strong>o aus dem Besitztum Ihres verblichenen Herrn und <br />

Meisters. Oder Sie könnten <strong>als</strong> Straßenbaurefernt an der <br />

Unglückstelle eine Stolperschwelle einbauen lassen, damit so <br />

mancher Vorbeifahrende wenigstens in aller Ruhe und vor allem <br />

gefahrlos, ein Kreuzzeichen machen kann, ohne den Verkehr zu <br />

behindern. Oder Sie lassen das Autowrack, das Ihnen aus der <br />

Steuergeldkasse 40.000 Euro wert war, vom Verpackungskünstler <br />

Christo einsackeln und endgültig zu einem Kunstwerk hochstilisieren. <br />

Unter dieser kostbaren Zeltplane könnten Sie dann Ihr Büro <br />

aufschlagen, eine Bierkiste -­‐ Marke: „Schleppe Brauerei“ -­‐ kann man <br />

Ihnen immer noch fußfrei hineinschieben. <br />

„Der Schmerz der Armen“, sagt Kurt Tucholsky „ist ein Pfeffer für die <br />

Reichen. Ein Weinen klingt unter der Erde, aber sie tanzen.“ Ihre <br />

Familie wird sich mit Ihrem monatlichen Gehalt <strong>von</strong> 14.000 Euro im <br />

kommenden Winter in der Kachelofenwärme des Buchenholzes <br />

sonnen können, aber die Ärmsten der Armen werden Wintermäntel <br />

tragen müssen, wenn Sie zu vor dem Christbaum stehen und „Stille <br />

Nacht! Heilige Nacht!“ singen. Haben Sie Ihre <strong>von</strong> Entbehrungen <br />

gezeichnete Kindheit und Jugend schon ganz und gar vergessen, die <br />

auch kein Kärntner Honiglecken war? Wenn es Ihnen politisch nicht <br />

gelingen sollte, die Kürzung des Heizkostenzuschusses für die <br />

Mittellosen rückgängig machen zu können, dann treten Sie einfach <br />

<strong>als</strong> Landeshauptmann <strong>von</strong> Kärnten zurück. Ihre Optionen sind gut! <br />

Ihre Lieblingsbeschäftigung ist doch das Holzfällen im Kärntner <br />

Hochwald, und wegen der vielen Bieranstecherei hat man Ihnen doch <br />

sicherlich einen Brauereidirektorposten warmgehalten. Zum <br />

24


„Silbernen Ehrenzeichen am Bande für die Verdienste um die <br />

Republik Österreich“ gratuliere ich Ihnen übrigens <strong>von</strong> ganzem <br />

Herzen, <strong>von</strong> ganzer Seele, <strong>von</strong> ganzer Lunge, <strong>von</strong> ganzer Milz, <strong>von</strong> <br />

den ganzen Nieren und hoffentlich auch noch <strong>von</strong> ganzer Leber. Sie <br />

haben es wahrlich verdient und trotzdem genommen. Genießen Sie <br />

das Silberne Ehrenzeichen und lassen Sie auch Ihre Parteifreunde, <br />

den einen Mölltaler Bauer (mit linksangina H<strong>als</strong>tuch) und den <br />

anderen Mölltaler Bauer (ohne rechtskräftiges H<strong>als</strong>tuch) <br />

herunterbeißen vom ehrwürdigen Keks. Viel Freude und Erfolg <br />

wünsche ich Ihnen weiterhin beim Bieranstechen. Bevor sie groß in <br />

die Politik eingestiegen sind, waren Sie Direktor bei der Kärntner <br />

„Schleppe Brauerei“. Auf der unappetitlichen, nach muffeligem <br />

Jagdeifer riechenden braunen Hirschlederschürze, die Sie beim <br />

Bieranstechen um Ihren wohlleibigen Bauch schnallen, sah man <br />

immer wieder die Aufschrift „Schleppe Bier“. Schleichwerbung! nennt <br />

man so etwas, Herr Dörfler. Als Landeshauptmann und Sportreferent <br />

sind Sie ein wunderbares Vorbild für die Jugend. So einer sind Sie <br />

<strong>als</strong>o! Sie machen auf dieses Art und Weise Schleichwerbung für eine <br />

Brauerei, in der Sie einst gearbeitet und Ihr Geld verdient haben. Das <br />

ist nicht korrupt, das hat nichts mit Korruption zutun, wirklich nicht. <br />

Der Gerhard Dörfler ist ein anständiger Mensch. <br />

25

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