(RWK) Luckenwalde (PDF) - LASA Brandenburg GmbH
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Fachkräfteanalyse und Fachkräftesicherung als wirkungsvolles Instrument der<br />
Wirtschaftsförderung im Regionalen Wachstumskern (<strong>RWK</strong>) <strong>Luckenwalde</strong><br />
Jutta Stohwasser, Ltg. Stabsstelle Wirtschaftsförderung <strong>Luckenwalde</strong><br />
Die Stadt <strong>Luckenwalde</strong>, mit 21.000 Einwohnern Kreisstadt des südlich von Berlin<br />
gelegenen Landkreises Teltow-Fläming, hat im Jahr 2007 erstmalig eine<br />
Fachkräfteanalyse durchgeführt.<br />
Auslöser für dieses umfangreiche Projekt war der immer wieder von<br />
Unternehmensvertretern in persönlichen Gesprächen beklagte Fachkräftemangel<br />
sowie die unzureichende Berufsorientierung und Ausbildungsreife der<br />
Schulabgänger. Dem gegenüber stand in 2006 eine Arbeitslosenquote von knapp<br />
20% im Geschäftsbezirk <strong>Luckenwalde</strong>.<br />
Die Wahrnehmung der Wirtschaftsvertreter wurde im Standortentwicklungskonzept<br />
des <strong>RWK</strong> festgehalten, ohne dass zu diesem Zeitpunkt bereits konkrete<br />
Handlungsfelder benannt werden konnten. Zunächst galt es, die sehr allgemeinen<br />
Aussagen so zu verifizieren und zu konkretisieren, dass Rückschlüsse über die zu<br />
erwartenden Unternehmensentwicklungen, Personalbedarfe, Anforderungen an<br />
Qualifizierungs- und Ausbildungsmaßnahmen, über die Ausbildungsaktivitäten und<br />
-bereitschaft der Betriebe sowie die Anforderungen an Schulabgänger ermöglicht<br />
wurden. Da bei einem nur beschränkt möglichen Einsatz personeller Ressourcen ein<br />
größtmögliches Maß an Effektivität erzielt werden sollte, war es nicht möglich, alle<br />
1.600 in <strong>Luckenwalde</strong> ansässigen Unternehmen in die Recherche einzubeziehen.<br />
Deshalb wurde auf der Grundlage einer in <strong>Luckenwalde</strong> seit 1990 fortgeschriebenen<br />
Betriebsstättendatenbank zunächst untersucht, in welchen Branchen in den letzten<br />
Jahren tatsächlich ein kontinuierlicher Personalzuwachs stattgefunden hat. Weitere<br />
Kriterien waren die Wachstumspotentiale, die jüngsten Ansiedlungsaktivitäten in<br />
einzelnen Branchen sowie der Status eines Branchenkompetenzfeldes. Im Ergebnis<br />
kristallisierten sich nachfolgend aufgeführte, für die Untersuchung in Frage<br />
kommende Bereiche heraus:<br />
- Metallbe- und -verarbeitung<br />
- Automotive<br />
- Biotechnologie<br />
- Ernährungswirtschaft<br />
- Tourismus<br />
- Medizintechnik<br />
- Call Center<br />
- Regenerative Energien<br />
Da es sich bei der Medizintechnik, Call Center und den Regenerativen Energien<br />
um in <strong>Luckenwalde</strong> noch „sehr junge“ Branchen handelte, deren Betriebe sich<br />
Anfang 2007 noch in der Startphase befanden, beschloss die Stadt, sich zunächst<br />
auf die fünf erstgenannten Bereiche, die auch zu den Branchenkompetenzfeldern<br />
zählen, zu konzentrieren.<br />
In einem zweiten Schritt entwickelt die Stadt <strong>Luckenwalde</strong> einen Fragebogen, der die<br />
Grobthemen
- Allgemeine Angaben (zur Fortführung der Betriebsstättendatenbank und<br />
Nachweis der Entwicklung des <strong>RWK</strong>)<br />
- Mitarbeiterstruktur<br />
- Kurz-, mittel- und längerfristiger Personalbedarf<br />
- Anforderungen an Qualifizierungs- und Ausbildungsmaßnahmen<br />
- Qualifizierungsbedarfe im Betrieb Beschäftigter<br />
- Erstausbildung<br />
- Sonstiges (z. B. Finanzierungsinstrumente Aus- und Weiterbildung, Quellen<br />
der Personalakquisition)<br />
enthielt. Die Entscheidung, die Befragung in persönlichen Gesprächen<br />
durchzuführen, kam aufgrund des umfangreichen Fragebogens zustande. Eine<br />
schriftliche Befragung hätte voraussichtlich zu einem minimalen Rücklauf geführt.<br />
In einem nächsten Schritt lud die Stadt <strong>Luckenwalde</strong> alle für dieses Thema<br />
relevanten Partner wie die Agentur für Arbeit, die <strong>LASA</strong>, die Kammern etc. zu einem<br />
Workshop ein. Ziel dieses Workshops waren die grundsätzliche Verständigung zur<br />
geplanten Vorgehensweise, die Abstimmung über die Details des<br />
Gesprächsleitfadens sowie die Diskussion über Unterstützungsbedarfe der Stadt bei<br />
diesem Projekt.<br />
Telefonisch wurden die Geschäftsführer von 87 für die Untersuchung in Frage<br />
kommenden Unternehmen über das Vorhaben informiert und um einen<br />
Gesprächstermin gebeten. Insgesamt 41 Unternehmensvertreter sagten zu.<br />
Gemessen an der Gesamtbeschäftigung der 87 Betriebe halten sie einen Anteil von<br />
79%. Die Interviews erfolgten über den Zeitraum Juli bis September 2007<br />
grundsätzlich zu zweit, wobei einer der Partner die Rolle des Interviewers, der<br />
andere die des Protokollanten übernahm. Im Anschluss an jedes Gespräch<br />
übertrugen die Partner der <strong>LASA</strong> die handschriftlich notierten Ergebnisse in eine für<br />
die Fachkräfteanalyse entwickelte Datenbank. Auf aktuellen Handlungsbedarf, der<br />
sich in den Gesprächen ergab, wurde sofort reagiert. Bei Qualifizierungsbedarf im<br />
Betrieb Beschäftigter erfolgte umgehend eine gesonderte Terminvereinbarung durch<br />
die <strong>LASA</strong>. Darüber hinaus erfolgten regelmäßige Zusammenkünfte mit Vertretern<br />
der Agentur für Arbeit, die bei kurzfristigem Personalbedarf sofort reagierten.<br />
Die Auswertung der Fachkräfteanalyse erfolgte durch die <strong>LASA</strong>. Neben den<br />
einzelbetrieblichen Anforderungen wurden auch Entwicklungsperspektiven und<br />
Handlungsbedarfe definiert, die sich für die einzelnen Branchen ergaben. Die<br />
öffentliche Darstellung der anonymisierten Ergebnisse erfolgte im<br />
Wirtschaftsausschuss der Stadtverordnetenversammlung der Stadt <strong>Luckenwalde</strong><br />
sowie im Netzwerk Mittelstand des Landkreises Teltow-Fläming. Außerdem erhielten<br />
alle 87 Betriebe unabhängig von ihrer Beteiligung die anonymisierte Auswertung der<br />
Ergebnisse sowie den Umsetzungsstand der erforderlichen Maßnahmen.<br />
Die aktive Befragung der Unternehmen, die sofort erforderlichen Gespräche bei<br />
kurzfristigem Personal-/Qualifizierungsbedarf und die Auswertung nahmen einen<br />
Zeitraum von ca. drei Monaten in Anspruch.<br />
Zusammenfassend ergaben sich nach Abschluss der Befragung folgende<br />
Handlungsbereiche:
1. Fortführung der Fachkräfteanalyse<br />
Verankerung in Stellenbeschreibungen und Zielvereinbarungen<br />
Mit Hilfe der Fachkräfteanalyse war es möglich, die aktuellen und zu erwartenden<br />
Personalbedarfe ausgewählter Branchen zu definieren. Als besonders effektives<br />
Instrument der Wirtschaftsförderung hat sie sich erwiesen, weil auf der Grundlage<br />
der gewonnenen Erkenntnisse auf die konkreten Bedürfnisse nicht nur reagiert,<br />
sondern eine aktivere regionale Arbeitsmarktpolitik gestaltet werden kann. 100%<br />
der befragten Unternehmensvertreter begrüßten darüber hinaus diese Form der<br />
gezielten, kundenorientierten Bestandspflege. Um die Fachkräfteanalyse zu einer<br />
Maßnahme mit standortorientiertem Erfolgspotential zu entwickeln und um ihre<br />
Wirksamkeit systematisch erfassen zu können, hat sich die Stadt <strong>Luckenwalde</strong><br />
entschieden, sie als dauerhaftes Instrument in den Stellenbeschreibungen der<br />
Wirtschaftsförderung zu verankern. Inhaltlich umfasst die Aufgabe die Erfassung,<br />
Aufbereitung und Auswertung der Arbeitsmarktdaten, die regelmäßige Ermittlung<br />
der Beschäftigtenstruktur und Ausbildungsplatzsituation in Betrieben der BKF und<br />
weiteren Branchen, die jährliche detaillierte Erhebung des einzelbetrieblichen<br />
Fachkräftebedarfs, ihre Auswertung, die Entwicklung hieraus resultierender<br />
Handlungsstrategien sowie die Definition und Mitwirkung bei der Umsetzung von<br />
Maßnahmen zur Fachkräftesicherung.<br />
Die Bewertung der in diesem Bereich erbrachten Leistungen erfolgt über jährlich<br />
neu zu vereinbarende, prämienrelevante Zielvereinbarungen. Diese<br />
Zielvereinbarungen orientieren sich an den in der Verwaltung festgelegten<br />
Oberzielen und sind outputorientiert.<br />
2. Erstausbildung<br />
70% der befragten Geschäftsführer äußerten, dass die Besetzung freier<br />
Ausbildungsplätze schwierig sei. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von<br />
mangelnder Motivation, Unkenntnis der Schüler über vorhandene<br />
Ausbildungsbetriebe bis hin zu unzureichenden Schulnoten.<br />
Ausbildungsbroschüre<br />
In einem ersten Schritt hat die Stadt <strong>Luckenwalde</strong> eine Ausbildungsbroschüre<br />
realisiert. Diese stellt sehr übersichtlich die einzelnen Ausbildungsbetriebe, ihr<br />
jeweiliges Tätigkeitsprofil, die Ausbildungsberufe, Kontaktdaten und<br />
Ansprechpartner der Betriebe sowie weitere Informationen für die Suche nach<br />
geeigneten Ausbildungsmöglichkeiten vor. Die Stadt <strong>Luckenwalde</strong> hat diese<br />
Broschüre persönlich in den Schulen einzelnen Jahrgangsstufen, Lehrern und<br />
Klassensprechern vorgestellt. Innerhalb von drei Wochen war die Broschüre<br />
vergriffen.
Zusammenarbeit Schule – Wirtschaft<br />
Gemeinsam mit der in <strong>Luckenwalde</strong> ansässigen Interessengemeinschaft der<br />
Metallindustriellen/Automobilzulieferer und Lehrern verschiedener Schulen wurde<br />
diskutiert, welche Anforderungen die Wirtschaft an Ausbildungsplatzbewerber und<br />
an Lehrer, die eine wichtige Funktion bei der beruflichen Orientierung der Schüler<br />
einnehmen, hat. Dieses Gespräch ergab, dass viele Schüler gar nicht wissen,<br />
welche Betriebe einen Standort in <strong>Luckenwalde</strong> haben. Es wurde vereinbart, dass<br />
die Lehrer zunächst die beruflichen Neigungen ihrer Schüler eruieren. In einem<br />
zweiten Schritt koordinierten die Lehrer ein Gespräch mit Vertretern geeigneter<br />
Ausbildungsbetriebe. So wurde gewährleistet, dass Unternehmensvertreter nur<br />
mit Schülern zusammentreffen, die sich für die in diesem Betrieb möglichen<br />
Ausbildungsberufe interessieren. Das Projekt, das von der Struktur- und<br />
Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Teltow-Fläming koordiniert<br />
wird, umfasst mittlerweile die Module Praxislernen, Vermittlung von Praktika<br />
sowie die Beteiligung an weiteren, für die Zusammenarbeit zwischen Schule und<br />
Wirtschaft wichtigen Projekten. Aus dem <strong>RWK</strong> <strong>Luckenwalde</strong> sind 35<br />
Unternehmen beteiligt.<br />
Fachzentrum für Berufsorientierung<br />
Das Fachzentrum ist eine weitere, Schüler bei der beruflichen Orientierung und<br />
Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz unterstützende Maßnahme. Es<br />
ist als Schlüsselprojekt im Standortentwicklungskonzept verankert. Das Konzept<br />
inklusive eines möglichen Betreibermodells wurde in 2006 in Abstimmung mit den<br />
ansässigen Betrieben der IMAG Aufbau Ost vorgestellt. Inhaltlich wird das Projekt<br />
von der Landesregierung begrüßt. Da aber keine Fördermöglichkeiten für<br />
investive Maßnahmen (Herrichtung einer geeigneten Immobilie) existieren, wird<br />
das Projekt von der Stadt <strong>Luckenwalde</strong> unter Berücksichtigung bereits<br />
vorhandener Aktivitäten im Jahr 2008 konzeptionell modifiziert.<br />
3. Fachkräftequalifizierung<br />
Die Durchführung der Fachkräfteanalyse hat gezeigt, dass schon heute ein Defizit<br />
qualifizierter Bewerber auf dem Arbeitsmarkt existiert. Vor dem Hintergrund des<br />
demografischen Wandels wird sich dieses Defizit weiter verstärken. Umso<br />
wichtiger ist es, durch individuelle und gezielte Weiterbildung gerade für gering<br />
Qualifizierte neue Beschäftigungsmöglichkeiten im ersten Arbeitsmarkt zu<br />
erschließen und damit auch für die Wirtschaft wichtige Potentiale zu aktivieren.<br />
Bei konkreten Qualifizierungsbedarfen in den Unternehmen wurde der Kontakt<br />
sowohl zur Arbeitsagentur als auch zum <strong>LASA</strong> Regionalbüro für<br />
Fachkräftesicherung hergestellt, um die Möglichkeiten einer Unterstützung<br />
auszuloten.<br />
Fachkräftebedarf/Imagekampagne „Engagierte Fachkräfte für <strong>Luckenwalde</strong>“<br />
Der von den Unternehmensvertretern konkret formulierte Bedarf an Fachkräften<br />
veranlasste die Agentur für Arbeit, entsprechend gezielt die Arbeitslosenstruktur<br />
zu analysieren. Diese Analyse ergab für den Personalbedarf der Betriebe
Metall/Automotive, dass kaum Potential an Bewerbern zur Verfügung steht, das<br />
über Basiskenntnisse verfügt, auf die in Form kurzfristiger<br />
Qualifizierungsmaßnahmen aufgesattelt werden kann. In Folge dieser Situation<br />
bot die Agentur zunächst drei kompakte Umschulungsmaßnahmen an. Die<br />
Resonanz war unbefriedigend. Viele, gerade ältere Menschen, trauen sich nicht<br />
zu, noch einmal berufliches Neuland zu betreten. Das veranlasste die Agentur für<br />
Arbeit und die Stadt <strong>Luckenwalde</strong> zu einer Kampagne mit dem Titel „Engagierte<br />
Fachkräfte für <strong>Luckenwalde</strong>“. Authentisch wurde die Kampagne durch Models, die<br />
zum einen selbst Teilnehmer an Umschulungsmaßnahmen sind und darüber<br />
hinaus ihren Lebensmittelpunkt in <strong>Luckenwalde</strong> haben. Der damit verbundene<br />
Wiedererkennungswert führte zu einem gesteigerten Interesse an einer<br />
beruflichen Neuorientierung.<br />
Abschlussorientierte modulare Nachqualifizierung<br />
Die Stadt <strong>Luckenwalde</strong> plant eine Projektbeteiligung im Rahmen des<br />
Ideenwettbewerbs Regionale Qualifizierungsinitiative in Ostdeutschland. Ziel ist<br />
es, Menschen, die bisher keinen Berufsabschluss nachweisen können und damit<br />
für den Arbeitsmarkt i. d. R. nicht zur Verfügung stehen, über eine<br />
Nachqualifizierung eine berufliche Perspektive zu ermöglichen. Eine modular<br />
aufgebaute Ausbildung gewährleistet „Erfolgserlebnisse in kleinen Schritten“. Die<br />
Komplexität des Projekts liegt in seinem Erfordernis, jeweils individuelle<br />
Lösungskonzepte zu entwickeln, die neben der Vermittlung praktischer und<br />
theoretischer Ausbildungsinhalte auch die soziale Situation der Teilnehmer<br />
berücksichtigt. Aufgrund dieser Komplexität soll für den Fall eines positiven<br />
Förderbescheids durch das BMVBS das Projekt bis zum Jahr 2009 zunächst bis<br />
zur Durchführungsreife vorbereitet werden.<br />
4. Innovationsrelevante Beschäftigung<br />
Innovationspotentialanalyse<br />
Die Innovationsfähigkeit von Betrieben ist entscheidend von der Verfügbarkeit<br />
hochqualifizierter Mitarbeiter abhängig. Im Ergebnis der Fachkräfteanalyse<br />
zeichnen sich auch in diesem Bereich Handlungsbedarfe ab. Insbesondere<br />
Unternehmen, die stark im Bereich technologischer Entwicklungen oder in der<br />
Forschung engagiert sind, meldeten Bedarfe an Fachhochschul- oder<br />
Hochschulabsolventen an. Die Stadt <strong>Luckenwalde</strong> wird dieses Handlungsfeld im<br />
Rahmen einer Innovationspotentialanalyse, deren wesentlichen Inhalte die<br />
Analyse und Bewertung der Innovationsaktivitäten und –potentiale, die Bewertung<br />
der vorhandenen Branchenkompetenzen, die Definition von Handlungsbedarfen<br />
und die Erarbeitung von Modellprojekten sind, konkretisieren.