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Reality - 45 Jahre RGB.indd - Kindergarten und Schule in Südtirol

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1REALITY


REALITY.2010.01


6<br />

IMPRESSUM<br />

CHEFREDAKTION: Maximilian Mair<br />

KOORDINATION: Hans Peter Lercher<br />

REDAKTIONSGRUPPE: Maximilian Mair, Hans Peter Lercher, Lukas Purer,<br />

Marc Per<strong>in</strong>, Sandra Plaikner, Dom<strong>in</strong>ik Ra<strong>in</strong>er, Arsalan Saidi, Christof Wiedemair<br />

<strong>und</strong> Brenda Zoderer.<br />

REALITY Die Schülerzeitung des Realgymnasiums Bruneck ist e<strong>in</strong> Sonderheft<br />

der PZ - Pustertalerzeitung, e<strong>in</strong>getragen Trib. Bz. Nr. 23/89 vom 02.10.1989 -<br />

Verantwortlicher Direktor: Willy Pöder<br />

DRUCK: Tezzele Pr<strong>in</strong>t, Lavis - Trient<br />

LAYOUT: Thomas Christoph Mediendesign • www.tc-md.com<br />

AUFLAGE: 500 Stück


INHALT<br />

ZUM GELEIT - Direktor<strong>in</strong> Mart<strong>in</strong>a Adami ... Seite 8<br />

INTRO - Chefredakteur Maximilian Mair ... Seite 9<br />

NACHGEFRAGT:<br />

STEFAN GALLER ... Seite 10<br />

CHRISTIAN FERDIGG ... Seite 11<br />

ANNIE BRUNNER ... Seite 12<br />

CATERINE LEITNER ... Seite 13<br />

INGRID ROFNER ... Seite 13<br />

STEFAN HITTHALER ... Seite 14<br />

WOLFGANG NIEDERHOFER ... Seite 15<br />

ANTON HUBER ... Seite 16<br />

ALEX MITTERHOFER ... Seite 18<br />

RAINER OBERHOLLENZER ... Seite 19<br />

CHRISTIANE GASPERI ... Seite 20<br />

MEINHARD FEICHTER ... Seite 21<br />

SYLVIA FORER ... Seite 21<br />

STEFANO RECCHIA ... Seite 22<br />

ERNST STIFTER ... Seite 24<br />

VALENTIN PIFFRADER ... Seite 24<br />

MICHAEL OBERHUBER ... Seite 25<br />

IM INTERVIEW:<br />

ANDREAS ROGGER ... Seite 26<br />

7<br />

GABI BACHMANN ... Seite 28<br />

GERT CREPAZ ... Seite 29<br />

LENI DORNER ... Seite 30<br />

SONJA HARTNER ... Seite 31<br />

SUSANNE HUBER ... Seite 32<br />

ANITA LADSTÄTTER ... Seite 32<br />

ALBERT KOFLER ... Seite 33<br />

ZILLI MOSER ... Seite 34<br />

ALFRED NIEDERHOFER ... Seite 35<br />

SCHEIN UND WIRKLICHKEIT ... Seite 36<br />

DIE ARBEIT HINTER DEN KULISSEN ... Seite 38<br />

NICHT NUR EXPERIMENTE MIT AHA!-EFFEKT ... Seite 39<br />

WENN SCHULE MAL SO RICHTIG SPASS MACHT ... Seite 40<br />

DER LICHTGESCHWINDIGKEIT AUF DER SPUR ... Seite 42<br />

TOP DOGS ... Seite <strong>45</strong>


Direktor<strong>in</strong><br />

MARTINA ADAMI<br />

ZUM GELEIT<br />

8<br />

Als Direktor<strong>in</strong>, die das Realgymnasium<br />

Bruneck erst vor wenigen<br />

Monaten übernommen hat, b<strong>in</strong> ich<br />

<strong>in</strong> dieses Feierjahr „geschlittert“.<br />

40 <strong>Jahre</strong> alt – e<strong>in</strong> halbes Menschenleben<br />

– ist das Realgymnasium<br />

Bruneck geworden. Es war<br />

für mich als neu H<strong>in</strong>zugekommene<br />

überaus spannend, <strong>in</strong> den Archiven<br />

der <strong>Schule</strong> Vergangenes zu<br />

entdecken, Spannendes auszuwählen,<br />

Personen wieder zu erkennen,<br />

die ich aus ganz anderen Zusammenhängen<br />

kannte. Außerdem<br />

wurde ich auf die zahlreichen Initiativen<br />

<strong>und</strong> Projekte aufmerksam,<br />

die das Realgymnasium Bruneck<br />

<strong>in</strong> den vierzig <strong>Jahre</strong>n se<strong>in</strong>er Lebenszeit<br />

geplant <strong>und</strong> umgesetzt<br />

hat, meist etwas stiller <strong>und</strong> weniger<br />

spektakulär <strong>in</strong> der Öffentlichkeitsarbeit<br />

als so manch andere<br />

<strong>Schule</strong>, aber darum nicht weniger<br />

wichtig <strong>und</strong> entwicklungsträchtig.<br />

Ich erlebe tagtäglich unsere Schüler<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Schüler, die h<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

wieder zu Streichen aufgelegt s<strong>in</strong>d,<br />

welche uns Erwachsenen nicht so<br />

ganz gefallen, Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

Schüler, von denen E<strong>in</strong>zelne die<br />

<strong>Schule</strong> auch nicht immer so ernst<br />

nehmen, wie die Lehrpersonen<br />

es gerne hätten, denen ich aber<br />

e<strong>in</strong>es immer wieder mit großem<br />

Lob attestieren muss: Sie zeigen<br />

bedeutende soziale Kompetenzen<br />

im Umgang mite<strong>in</strong>ander <strong>und</strong> im<br />

Umgang mit den Erwachsenen,<br />

man kann mit ihnen w<strong>und</strong>erbare<br />

Gespräche führen, unsere SchülerInnen<br />

wissen, was sie wollen, sie<br />

zeigen sich <strong>in</strong>teressiert, kritisch<br />

<strong>und</strong> nicht nur e<strong>in</strong>dimensional denkend,<br />

sie s<strong>in</strong>d imstande, die D<strong>in</strong>ge<br />

von verschiedenen Seiten zu<br />

betrachten <strong>und</strong> können ihre Vorstellungen<br />

auch sprachlich so vorbr<strong>in</strong>gen<br />

<strong>und</strong> so argumentieren, wie<br />

man es sich als Schulführungskraft<br />

nur wünschen kann. Ich me<strong>in</strong>e, damit<br />

hat das Realgymnasium <strong>in</strong> den<br />

letzten <strong>Jahre</strong>n ganz wichtige Arbeit<br />

geleistet, die auch im Leitbild<br />

der <strong>Schule</strong> verankert ist <strong>und</strong> die<br />

wir gern weiterführen werden.<br />

Auch die SchülerInnen, die an RE-<br />

ALity mitarbeiten, waren sofort bereit<br />

mitzumachen, als wir darüber<br />

sprachen, dass wir die 40-Jahr-<br />

Festschrift nicht <strong>in</strong> der üblichen<br />

Standardform wollten. Auch war<br />

der <strong>Schule</strong> die tatsächliche Mitarbeit<br />

der SchülerInnen ganz, ganz<br />

wichtig. Ich danke den SchülerInnen<br />

für die guten Ideen <strong>und</strong> die<br />

großartige Arbeit, die sie geleistet<br />

haben. Wir wollten ke<strong>in</strong>e Festschrift,<br />

<strong>in</strong> der die 40 <strong>Jahre</strong> m<strong>in</strong>utiös<br />

dokumentiert s<strong>in</strong>d, wir wollten<br />

e<strong>in</strong>e Festschrift, die e<strong>in</strong> möglichst<br />

buntes Bild unserer <strong>Schule</strong> entwirft,<br />

wohl wissend, dass wir damit<br />

nicht alles erfassen können,<br />

was <strong>in</strong> diesen 40 <strong>Jahre</strong>n war. Die<br />

MitarbeiterInnen von REALity haben<br />

versucht, mit möglichst vielen<br />

Personen Kontakt aufzunehmen<br />

(die meisten s<strong>in</strong>d per Zufallspr<strong>in</strong>zip<br />

ausgewählt worden), die als<br />

SchülerInnen, Lehrpersonen oder<br />

nicht unterrichtendes Personal irgendwann<br />

zum Realgymnasium<br />

gehörten. Herausgekommen ist<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl von E<strong>in</strong>drücken <strong>und</strong><br />

Me<strong>in</strong>ungen, die möglicherweise <strong>in</strong><br />

ihrer Gesamtheit e<strong>in</strong> „Bild“ unserer<br />

<strong>Schule</strong> entwerfen.<br />

Am Schluss dieses Vorworts erlaube<br />

ich mir, me<strong>in</strong>er „neuen“ alten<br />

<strong>Schule</strong> zum Vierzigsten ganz,<br />

ganz herzlich zu gratulieren. Wir<br />

wollen den Vierzigsten zum Anlass<br />

nehmen, mit Dankbarkeit zurückzuschauen<br />

- aber nicht nur: Das<br />

Innehalten sollte auch die Zeit <strong>und</strong><br />

Ruhe gewähren, die Geschicke des<br />

Realgymnasiums Bruneck weiterzuplanen,<br />

dort, wo es notwendig<br />

ist, umzustrukturieren (e<strong>in</strong>ige Ideen<br />

s<strong>in</strong>d bereits da) <strong>und</strong> unsere<br />

<strong>Schule</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e erfolgreiche <strong>und</strong> für<br />

alle Beteiligten anerkennenswerte<br />

Zukunft zu führen.<br />

Alles, alles Gute!<br />

Direktor<strong>in</strong> Mart<strong>in</strong>a Adami


Chefredakteur<br />

MAXIMILIAN MAIR<br />

INTRO<br />

Was Ihr hier vor Euch liegen habt,<br />

ist zweifellos etwas Besonderes:<br />

Die Sonderausgabe unserer Schülerzeitung<br />

zum 40jährigen Jubiläum<br />

unserer <strong>Schule</strong> als „lebendigere“<br />

Alternative zu Festschrift & Co.<br />

soll den Blick weglenken von diversen<br />

Episoden aus der Vergangenheit,<br />

verstaubten Dokumenten<br />

über Schulprojekte <strong>und</strong> Unmengen<br />

an statistischen Daten <strong>und</strong> Zahlen<br />

– schließlich hat jede <strong>Schule</strong><br />

solche Publikationen (auch wir vor<br />

fünf <strong>Jahre</strong>n). Denn was e<strong>in</strong> Gymnasium<br />

letztlich ausmacht, s<strong>in</strong>d<br />

die Menschen – ob Lernende, Lehrende<br />

oder auch das nicht unterrichtende<br />

Personal, mit denen wir<br />

über ihre Schul- <strong>und</strong> Arbeitszeit<br />

am „Real“ gesprochen haben. Das<br />

Ergebnis ist e<strong>in</strong> facettenreiches<br />

Bild der <strong>Schule</strong> aus verschiedenen<br />

Perspektiven.<br />

REALity besteht als Schülerzeitung<br />

seit nunmehr sechs <strong>Jahre</strong>n<br />

– die ersten Exemplare wurden im<br />

Schuljahr 2004 verteilt <strong>und</strong> wie jedes<br />

Schuljahr konnten auch heuer<br />

alle <strong>in</strong>teressierten Schüler Beiträge<br />

– ob Kommentare, Essays, Reportagen<br />

<strong>und</strong> vieles mehr – verfassen<br />

<strong>und</strong> als Me<strong>in</strong>ungsforum nutzen.<br />

Leider hat <strong>in</strong>zwischen auch<br />

unsere Schülerzeitung die Phase<br />

der anfänglichen Schreib-Euphorie<br />

bereits h<strong>in</strong>ter sich <strong>und</strong> ist mehr<br />

<strong>und</strong> mehr von der Schreib-Faulheit<br />

betroffen, bleibt aber trotzdem e<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>zigartiges Projekt: Unterstützt<br />

von verschiedenen Sponsoren –<br />

allen voran die „Pustertaler Zeitung“<br />

–, haben die Mitglieder der<br />

Redaktion die Möglichkeit, an ihren<br />

journalistischen, sprachlichen<br />

<strong>und</strong> kommunikativen Fähigkeiten<br />

zu arbeiten - <strong>und</strong> sich nicht zuletzt<br />

über das gedruckte Ergebnis<br />

zu freuen!<br />

Wer sich für die journalistische<br />

Arbeit am Realgymnasium <strong>in</strong>teressiert<br />

<strong>und</strong> gern <strong>in</strong> den Ausgaben<br />

der letzten <strong>Jahre</strong> schmökert, der<br />

sei auf unsere Schulhomepage<br />

verwiesen: http://www.realgymnasium-bruneck.eu/html/reality.php<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne wünschen wir<br />

dem Realgymnasium alles Gute für<br />

die Zukunft – <strong>und</strong> den Lesern viel<br />

Spaß <strong>und</strong> Unterhaltung bei der<br />

Lektüre!<br />

Chefredakteur Maximilian Mair<br />

9


STEFAN GALLER<br />

Foto: Luigi Caputo<br />

10<br />

NACHGEFRAGT<br />

STEFAN GALLER<br />

maturiert 1981, Studium der Biologie<br />

<strong>und</strong> Erdwissenschaften an der<br />

Universität Innsbruck, 1989 Dissertation<br />

an der Universität Konstanz<br />

im Fach Biologie, 1996 Habilitation,<br />

seit 1997 außerordentlicher<br />

Universitätsprofessor am Institut<br />

für Zoologie (nach der Neuorganisation<br />

im Fachbereich Zellbiologie)<br />

der Universität Salzburg.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

SG: Die Ausbildung ist „gut“ zu<br />

nennen. Es kommt nicht nur darauf<br />

an, dass man bestimmte Inhalte<br />

lernt, die man dann später „im<br />

Leben“ braucht; solche Inhalte lassen<br />

sich relativ leicht nachlernen.<br />

Wichtig ist, dass e<strong>in</strong>em auch Freude,<br />

Begeisterung, Eifer, Pflichtbewusstse<strong>in</strong>,<br />

Arbeitsmoral <strong>und</strong> Diszipl<strong>in</strong><br />

vermittelt werden; hier ist die<br />

Phase zwischen 14 <strong>und</strong> 19 <strong>Jahre</strong>n<br />

sehr wichtig. Auch <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht<br />

hat mich das Realgymnasium<br />

geprägt. Das Jubiläum soll natürlich<br />

Anlass se<strong>in</strong>, den Lehrer<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Lehrern für das alles zu danken.<br />

Schließlich verlangt ihr Beruf<br />

viel Mühe <strong>und</strong> Geduld.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

SG: Me<strong>in</strong> obiger Kommentar sagt<br />

da schon e<strong>in</strong>iges aus. Vielleicht<br />

w<strong>und</strong>ert man sich, wenn ich als<br />

Naturwissenschaftler noch h<strong>in</strong>zufüge,<br />

dass mir das „Soziale“ <strong>und</strong><br />

„Weltanschauliche“ <strong>in</strong> der besten<br />

Er<strong>in</strong>nerung ist. Es wurde ke<strong>in</strong>erlei<br />

Überheblichkeitsgefühl vermittelt,<br />

sondern e<strong>in</strong> Gefühl der Selbstverständlichkeit,<br />

dass jede <strong>und</strong> jeder<br />

mit se<strong>in</strong>en jeweiligen Talenten zu<br />

achten <strong>und</strong> zu fördern ist. Diese<br />

wertvolle Anschauung entwickelte<br />

sich naturgemäß <strong>in</strong>sbesondere aus<br />

dem ausgiebigen Studium der humanistischen<br />

Fächer, die auch <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Realgymnasium ihren wichtigen<br />

Platz haben müssen. Das<br />

steht aber wahrsche<strong>in</strong>lich ohneh<strong>in</strong><br />

außer Frage.


NACHGEFRAGT<br />

CHRISTIAN FERDIGG<br />

Matura im Jahr 1996, studiert an<br />

den Universität Verona Lettere Moderne,<br />

lebt <strong>in</strong> St. Vigil <strong>in</strong> Enneberg<br />

<strong>und</strong> hat sich e<strong>in</strong>en Namen als<br />

Buchautor <strong>und</strong> Leserbriefschreiber<br />

gemacht.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

CF: Es war e<strong>in</strong>e sehr schöne, lehrreiche<br />

& lustige Zeit.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

CF: Die Geme<strong>in</strong>schaft, die Fre<strong>und</strong>e<br />

& Professoren!<br />

CHRISTIAN FERDIGG<br />

11


ANNIE BRUNNER<br />

12<br />

NACHGEFRAGT<br />

ANNIE BRUNNER<br />

Studiert nach der Matura im Jahr<br />

1988 Germanistik, Theaterwissenschaft<br />

<strong>und</strong> italienische Philologie<br />

<strong>in</strong> München, arbeitet <strong>in</strong> der Folge<br />

als Bühnenbild-Assistent<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

Dramaturgie-Hospitant<strong>in</strong> an diversen<br />

Off-Theatern <strong>in</strong> München,<br />

war Szenenbildner<strong>in</strong> für Film <strong>und</strong><br />

Fernsehen, Lektor<strong>in</strong> <strong>und</strong> Dramaturg<strong>in</strong><br />

bei KirchMedia für Film<br />

<strong>und</strong> Fernsehen <strong>in</strong> München <strong>und</strong><br />

ist seit 2000 Filmproduzent<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

Geschäftsführer<strong>in</strong> der Roxyfilm –<br />

ebenfalls <strong>in</strong> München.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

AB: Me<strong>in</strong>e Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck war durch<br />

die Komb<strong>in</strong>ation von geisteswissenschaftlichen<br />

<strong>und</strong> naturwissenschaftlichen<br />

Fächern <strong>in</strong>sofern<br />

ideal, als sie mir die Möglichkeit<br />

gab, e<strong>in</strong> geisteswissenschaftliches<br />

Studium zu beg<strong>in</strong>nen, das mich<br />

letztendlich zum Bereich Stoffentwicklung<br />

geführt hat. Die naturwissenschaftlich-mathematische<br />

Seite<br />

bildet heute e<strong>in</strong>e weitere wichtige<br />

Säule me<strong>in</strong>es Berufs als Filmproduzent<strong>in</strong>.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

AB: In positiver Er<strong>in</strong>nerung ist mir<br />

bis heute das Schulgebäude, das<br />

sich damals noch <strong>in</strong> der Stadtgasse<br />

befand, der Deutschunterricht<br />

<strong>und</strong> die Klassengeme<strong>in</strong>schaft.<br />

Als kritischen Punkt sehe ich,<br />

dass <strong>in</strong> den letzten drei <strong>Jahre</strong>n<br />

me<strong>in</strong>er Ausbildung am Realgymnasium<br />

durch das H<strong>in</strong>zukommen<br />

des Fachs Chemie die naturwissenschaftliche<br />

Seite zu viel Gewicht<br />

bekommen hat. Hier hätte<br />

ich mir mehr Beschäftigung mit<br />

den Fächern Kunst oder Medien<br />

gewünscht; zudem bemängle ich,<br />

dass es zu unserer Zeit ke<strong>in</strong>erlei<br />

berufsvorbereitende Orientierung<br />

<strong>in</strong>nerhalb der <strong>Schule</strong> gegeben hat.


Maturiert im Jahr 1999, dann Studium<br />

der Musiktherapie (Musikwissenschaft,<br />

Theaterwissenschaft,<br />

Komparatistik, Kulturmanagement)<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Wien; psychotherapeutisches<br />

Propädeutikum; von<br />

2006 bis 2008 Mitarbeiter<strong>in</strong> im<br />

Pressebüro Theater an der Wien,<br />

seit Herbst 2008 Leiter<strong>in</strong> des Projekts<br />

„Jugend an der Wien“ am<br />

Theater an der Wien.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

CL: Me<strong>in</strong>e Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck beurteile ich rückblickend<br />

als sehr gut. Individuelle<br />

Betreuung (kle<strong>in</strong>e Klassengröße, <strong>in</strong><br />

unserem Fall nur 15 SchülerInnen),<br />

zum Großteil gutes Lehrpersonal<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong> breit gefächerter St<strong>und</strong>enplan<br />

bildeten die Gr<strong>und</strong>lage für<br />

e<strong>in</strong>e gute Allgeme<strong>in</strong>bildung, von<br />

der ich heute noch sehr profitiere.<br />

Insbesondere der Geschichte-,<br />

Philosophie-, Deutsch- <strong>und</strong> Mathematikunterricht<br />

s<strong>in</strong>d mir <strong>in</strong> positiver<br />

Er<strong>in</strong>nerung geblieben. Der<br />

Leistungsdruck <strong>in</strong> unserer Klasse<br />

war relativ hoch, was ich nicht als<br />

Nachteil empf<strong>und</strong>en habe.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

CL: Positiv: Bildung auf hohem<br />

Niveau <strong>und</strong> angenehme Schulatmosphäre.<br />

Zu kurz kamen me<strong>in</strong>er<br />

Me<strong>in</strong>ung nach kreative <strong>und</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre<br />

Ansätze.<br />

NACHGEFRAGT<br />

CATERINE LEITNER<br />

NACHGEFRAGT<br />

INGRID ROFNER<br />

Matura im Jahr 1990, Biologie-<br />

Studium an der Universität Padua,<br />

leitete danach mehrere <strong>Jahre</strong> lang<br />

das Labor der Fleischfabrik Senfter<br />

<strong>in</strong> Innichen; heute Laborleiter<strong>in</strong><br />

der Senni <strong>in</strong> Bruneck, die zur<br />

Milkon gehört.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

IR: Ich habe am Realgymnasium<br />

Bruneck e<strong>in</strong>e sehr gute Ausbildung<br />

genossen. Das wurde mir besonders<br />

im ersten Jahr an der Universität<br />

klar, wo ich mit e<strong>in</strong>er sehr<br />

guten Basis das Studium beg<strong>in</strong>nen<br />

konnte.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

IR: Rückblickend sehe ich den<br />

Platzmangel kritisch. Das erste<br />

Jahr waren wir im Michael-Pacher-<br />

Haus untergebracht, der Raum war<br />

aber zu kle<strong>in</strong> für die große Anzahl<br />

an Schülern. Das zweite Jahr waren<br />

wir auf Schloss Bruneck untergebracht.<br />

Die Räume dort waren<br />

sehr groß. die Umgebung sehr<br />

schön, der Schulweg aber etwas<br />

mühsam. Ab der dritten Klasse<br />

durften wir dann <strong>in</strong> das Hauptgebäude<br />

<strong>in</strong> der Stadtgasse.<br />

Positiv habe ich das gute Verhältnis<br />

zu me<strong>in</strong>en Mitschülern <strong>in</strong><br />

Er<strong>in</strong>nerung, das Verständnis der<br />

Professoren für me<strong>in</strong>e sportlichen<br />

Tätigkeiten (<strong>und</strong> manchmal eben<br />

auch Abwesenheiten) <strong>und</strong> die gute<br />

Ausbildung, die ich genossen habe.<br />

13


STEFAN HITTALER<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

SH: Wir mussten als Studienanfänger<br />

<strong>in</strong> Innsbruck e<strong>in</strong>e Art Nachhilfekurs<br />

für <strong>Südtirol</strong>er belegen<br />

<strong>und</strong> zwar viermal <strong>in</strong> der Woche<br />

e<strong>in</strong> Semester lang. Der Schwerpunkt<br />

war Darstellende Geometrie<br />

<strong>und</strong> Technisch Zeichnen. Ich kann<br />

sagen, dass ich wesentlich besser<br />

vorbereitet war als viele me<strong>in</strong>er<br />

Kollegen. Die Ausbildungsrichtung<br />

des Realgymnasiums war e<strong>in</strong>e<br />

ganz gute Vorbereitung für e<strong>in</strong> Architekturstudium,<br />

auch wenn e<strong>in</strong>ige<br />

Fächer, wie zum Beispiel Late<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> Deutsch, nahezu spurlos an<br />

mir vorübergegangen s<strong>in</strong>d.<br />

14<br />

NACHGEFRAGT<br />

STEFAN HITTALER<br />

Legt die Matura im Jahr 1985 ab,<br />

studiert an der Universität Innsbruck<br />

Architektur, eröffnet 1992<br />

<strong>in</strong> Bruneck das Architekturbüro<br />

Hitthaler, erhält 2002 den <strong>Südtirol</strong>er<br />

Architekturpreis <strong>und</strong> ist seit<br />

2006 Vertragsprofessor für Architektur<br />

an der Universität Ferrara.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

SH: Ich f<strong>in</strong>de, dass das Fächerbündel<br />

für mich ganz gut gepasst<br />

hat. Soweit ich mich er<strong>in</strong>nern<br />

kann, war me<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schulung zugleich<br />

der Start e<strong>in</strong>es Pilotprojekts<br />

mit mehreren neuen Fächern. Für<br />

mich e<strong>in</strong> <strong>in</strong>haltlicher Höhepunkt<br />

war Technisch Zeichen <strong>und</strong> Kunstgeschichte<br />

(was, vermute ich, eher<br />

selten vorkommt). Mathematik <strong>und</strong><br />

Physik waren ganz okay. Wenn<br />

ich me<strong>in</strong>en heutigen Literaturverschleiß<br />

betrachte, so w<strong>und</strong>ere ich<br />

mich, wie es möglich war, dass ich<br />

dafür <strong>in</strong> der <strong>Schule</strong> absolut nicht<br />

zu begeistern war. Aus heutiger<br />

Sicht hat mir die Förderung der<br />

Motivation zum selbstständigen<br />

Lernen <strong>und</strong> Arbeiten gefehlt. E<strong>in</strong>blicke<br />

<strong>in</strong> Lehr- <strong>und</strong> Lernmethoden<br />

heute stimmen mich etwas traurig<br />

<strong>und</strong> wehmütig. Gerne hätte ich Inputs<br />

zur Selbstständigkeit mitbekommen<br />

<strong>und</strong> gerne würde ich die<br />

daraus resultierenden Fähigkeiten<br />

heute <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Büro öfters f<strong>in</strong>den.


NACHGEFRAGT<br />

WOLFGANG NIEDERHOFER<br />

Matura im Jahr 1987, Studium<br />

der Betriebswirtschaft an der Universität<br />

Trient, Diplomarbeit über<br />

e<strong>in</strong> Entwicklungsmodell zum öffentlichen<br />

Personennahverkehr <strong>in</strong><br />

<strong>Südtirol</strong>, 1994/1995 Logistikleiter<br />

der Firma Stuffer <strong>in</strong> Bozen, 1995<br />

bis 2001 Oberschullehrer für Wirtschafts-<br />

<strong>und</strong> Rechtsk<strong>und</strong>e, 1996<br />

bis 2000 Berater im Bereich des<br />

öffentlichen Personennahverkehrs,<br />

seit 2001 Inhaber <strong>und</strong> Geschäftsführer<br />

des Reisebüros „Vai e Via<br />

AktivReisen“ <strong>in</strong> Bozen.<br />

losophie, Deutsch) mit e<strong>in</strong>er f<strong>und</strong>ierten<br />

naturwissenschaftlichen<br />

Ausbildung ist für mich die beste<br />

Gr<strong>und</strong>lage, den Herausforderungen<br />

der heutigen Berufswelt gerecht<br />

zu werden. Die für <strong>Südtirol</strong><br />

wichtigsten Sprachen Deutsch, Italienisch<br />

<strong>und</strong> Englisch werden von<br />

Absolventen des Realgymnasiums<br />

ebenfalls beherrscht.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

WN: Das Realgymnasium Bruneck<br />

hat kurz vor Beg<strong>in</strong>n me<strong>in</strong>er Oberschulzeit<br />

e<strong>in</strong>e Serie höchst positiver<br />

Schulversuche umgesetzt. So<br />

war das Realgymnasium Bruneck<br />

das erste Realgymnasium <strong>Südtirol</strong>s,<br />

das Englisch e<strong>in</strong>führte <strong>und</strong><br />

auch sonst wurden e<strong>in</strong>ige zukunfts-<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

WN: Ich würde das Realgymnasium<br />

Bruneck sofort wieder besuchen.<br />

Die Verb<strong>in</strong>dung von allgeme<strong>in</strong>bildenden<br />

Fächern (Geschichte, Phiweisende<br />

Akzente gesetzt. Me<strong>in</strong><br />

Niveau <strong>in</strong> den Fächern Italienisch<br />

<strong>und</strong> Englisch war nach der Matura<br />

allerd<strong>in</strong>gs nicht zufriedenstellend.<br />

Ich empfand die didaktische Ausrichtung<br />

als nicht zeitgemäß.<br />

Das alte Schulgebäude <strong>in</strong> der<br />

Stadtgasse war traumhaft. Zwar<br />

waren die Räumlichkeiten weniger<br />

luxuriös als heute, aber die Atmosphäre<br />

war unübertroffen. Sehr<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich hatten wir mit der<br />

Stadtgasse den schönsten Pausenhof<br />

<strong>Südtirol</strong>s.<br />

In der öffentlichen Diskussion wird<br />

e<strong>in</strong>e gediegene naturwissenschaftliche<br />

Ausbildung häufig zugunsten<br />

anderer Schwerpunkte vernachlässigt.<br />

Letztlich s<strong>in</strong>d die Naturwissenschaften,<br />

e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

humanistisches Weltbild, die beste<br />

(aber nicht immer ausreichende)<br />

Gr<strong>und</strong>lage für mündige BürgerInnen<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>en menschen- <strong>und</strong><br />

umweltverträglichen Fortschritt.<br />

15<br />

WOLFGANG NIEDERHOFER


16<br />

NACHGEFRAGT<br />

ANTON HUBER


Matura im Jahr 1986, 20 Monate<br />

Zivildienst, Besuch der theologischen<br />

Kurse <strong>in</strong> Brixen, Studium<br />

der Psychologie an der Universität<br />

Innsbruck, Ausbildung zum systemischen<br />

Familientherapeuten <strong>und</strong><br />

Notfallpsychologen, seit 1999 im<br />

Sanitätsbezirk Bruneck als Psychologe<br />

tätig, seit 2000 Koord<strong>in</strong>ator<br />

des Psychologisches Dienstes am<br />

Krankenhaus Bruneck.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

AH: Rückblickend würde ich sagen,<br />

dass mir die Basis für e<strong>in</strong>e sehr<br />

gute Allgeme<strong>in</strong>bildung gegeben<br />

wurde. Besonders wichtig f<strong>in</strong>de<br />

ich dabei die Inhalte <strong>in</strong> Deutsch<br />

(Literatur), Geschichte, Philosophie<br />

<strong>und</strong> Biologie <strong>und</strong> mancher Impuls<br />

<strong>in</strong> der Religionsst<strong>und</strong>e. Wir waren<br />

damals die erste Klasse mit Englischunterricht,<br />

heute e<strong>in</strong> absolutes<br />

Muss zum Beispiel auf <strong>in</strong>ternationalen<br />

Kongressen oder bei Literaturrecherchen.<br />

Generell wichtiger<br />

als die Ansammlung von Faktenwissen<br />

schätze ich die Fähigkeit,<br />

<strong>in</strong> Zusammenhängen zu denken; <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>igen Fächern hatte man wirklich<br />

die Möglichkeit, dies zu lernen.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

AH: In positiver Er<strong>in</strong>nerung geblieben<br />

s<strong>in</strong>d mir ganz konkret e<strong>in</strong>ige<br />

Lehrpersonen, welche es verstanden,<br />

<strong>in</strong> ihrer orig<strong>in</strong>ellen, manchmal<br />

auch etwas kauzigen Art wertvolle<br />

Impulse zu geben: der mittlerweile<br />

verstorbene Hubert Hopfgartner<br />

hat mir die Tür zur klassischen<br />

Musik geöffnet, <strong>in</strong>dem er<br />

e<strong>in</strong>e Oper besprochen hat oder<br />

uns vorab se<strong>in</strong>e Radiokommentare<br />

zu den verschiedensten Bachkantaten<br />

vorlas. Raim<strong>und</strong> Grießmairs<br />

Stimme beim Vorlesen der „Feuerzangenbowle“<br />

höre ich heute<br />

noch <strong>in</strong> mir, so po<strong>in</strong>tiert trug er<br />

vor. Leni Dorner hat sich mit Herz<br />

für uns Schüler e<strong>in</strong>gesetzt <strong>und</strong><br />

auch e<strong>in</strong>mal nachgefragt, wie es<br />

uns geht; dasselbe gilt für Gert<br />

Crepaz. Pepi Demetz hat über<br />

manche Kunstwerke so po<strong>in</strong>tierte<br />

Sprüche geklopft, dass sie noch<br />

heute me<strong>in</strong>en Zugang zur Kunst<br />

prägen. Josef Holzer hat uns ganz<br />

schön „gezwiefelt“, aber durch ihn<br />

habe ich verstanden, wie wichtig<br />

<strong>und</strong> hilfreich die Philosophie als<br />

Dachwissenschaft für viele andere<br />

Diszipl<strong>in</strong>en ist. Das hätte er aber<br />

auch mit etwas weniger Prüfungsterror<br />

erreicht. Die Religionsst<strong>und</strong>e<br />

bei Otto Ellecosta war immer<br />

für e<strong>in</strong>e heiße Diskussion gut. Die<br />

Schuldiener waren meistens recht<br />

nett <strong>und</strong> ihnen konnte man auch<br />

e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Leid klagen (wenn man<br />

vor die Tür geschickt wurde).<br />

Kritisch sehe ich im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>,<br />

dass viel zu wenig „pädagogisch“<br />

gearbeitet wurde. Oft war es re<strong>in</strong>e<br />

Lernstoff-Sammlerei, ohne dass e<strong>in</strong>em<br />

vermittelt wurde, warum <strong>und</strong><br />

wozu die Themen im Leben wichtig<br />

s<strong>in</strong>d. Dem Umstand, dass Schüler<br />

<strong>in</strong> diesem Alter viele Themen ihrer<br />

Persönlichkeit <strong>und</strong> <strong>in</strong> ihrer Lebenswelt<br />

zu entwickeln haben <strong>und</strong><br />

dazu viel Energie <strong>und</strong> oft auch Hilfe<br />

brauchen, um ihre Selbst- <strong>und</strong><br />

Sozialkompetenz zu stärken, wurde<br />

so gut wie gar nicht Rechnung getragen.<br />

So gab es so gut wie ke<strong>in</strong>e<br />

Reaktionen auf den Suizid e<strong>in</strong>es<br />

Mitschülers oder e<strong>in</strong>es Schulwarts.<br />

Von e<strong>in</strong>er Lehrperson wurden wir<br />

wortgewaltig beschimpft (assass<strong>in</strong>i,<br />

stupidi, maleducati... aber auch<br />

so lernt man Italienisch). Musische<br />

<strong>und</strong> kreative Elemente kamen so<br />

gut wie gar nicht vor. Die Pausenkultur<br />

im Wechsel mit Lernzeiten<br />

war katastrophal (<strong>und</strong> ist<br />

sie wohl auch heute noch) <strong>und</strong><br />

entspricht nicht dem Biorhythmus<br />

junger Menschen. Weiter wurden<br />

wir nicht dar<strong>in</strong> unterstützt, unsere<br />

Lerntechniken zu h<strong>in</strong>terfragen <strong>und</strong><br />

effizienter zu gestalten; da hätte<br />

man sich manchen Fünfer <strong>und</strong> viel<br />

vergebene Mühe erspart. Unser<br />

Maturaball war damals schon so<br />

schlimm wie die Bälle heute.<br />

17


ALEX MITTERHOFER<br />

NACHGEFRAGT<br />

ALEX MITTERHOFER<br />

18<br />

Matura im Jahr 1984, Mediz<strong>in</strong>studium<br />

<strong>in</strong> Innsbruck, Facharztausbildung<br />

im Sonderfach Physikalische<br />

Mediz<strong>in</strong> <strong>und</strong> Rehabilitation <strong>in</strong> Wien<br />

<strong>und</strong> im Sonderfach Sportmediz<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> Verona; seit 2002 Leiter der<br />

Abteilung Sportmediz<strong>in</strong> am Krankenhaus<br />

Bruneck.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

AM: Trotz der - gemessen an<br />

heutigen Verhältnissen - ger<strong>in</strong>gen<br />

Anzahl an Unterrichtsst<strong>und</strong>en<br />

glaube ich doch, e<strong>in</strong>e umfangreiche<br />

Allgeme<strong>in</strong>bildung genossen<br />

zu haben. Die wissenschaftliche<br />

Basis war für me<strong>in</strong>en wissenschaftlich<br />

orientierten Werdegang<br />

völlig ausreichend <strong>und</strong> jetzt erst<br />

erkenne ich auch den Wert der<br />

humanistischen Bildung, die man<br />

während der Schulzeit oft nicht<br />

geschätzt hat. Ich glaube, dass<br />

die Entwicklung zu zunehmend<br />

fachspezifischen Oberschulen<br />

nicht gut ist, weil die Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit Kultur <strong>und</strong> Wertesystemen<br />

vor allem <strong>in</strong> jungen<br />

<strong>Jahre</strong>n persönlichkeitsprägend<br />

wirkt. Fachwissen kann jedoch zu<br />

jeder Zeit erlernt werden. Ich sehe<br />

da zum Beispiel oft große Lücken<br />

bei Bekannten, die zu me<strong>in</strong>er Zeit<br />

die Handelsschule besucht haben,<br />

e<strong>in</strong>e der <strong>Schule</strong>n, <strong>in</strong> denen bereits<br />

damals die berufsbezogene<br />

Ausbildung im Vordergr<strong>und</strong> stand.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

AM: An positiven Er<strong>in</strong>nerungen<br />

gehen mir folgende Bilder durch<br />

den Kopf: Die amüsanten Lesest<strong>und</strong>en<br />

mit Prof. Raim<strong>und</strong> Grießmair<br />

(Memoiren e<strong>in</strong>es mittelmäßigen<br />

Schülers...); die ketzerischen<br />

Betrachtungen zu Geschichte <strong>und</strong><br />

Philosophie von Prof. Josef Holzer,<br />

die militärisch organisierten<br />

Turnst<strong>und</strong>en bei Prof. Gert Crepaz,<br />

die oft ziemlich unkonventionell<br />

gestalteten Kunstgeschichtest<strong>und</strong>en<br />

bei Prof. Pepi Demetz<br />

<strong>und</strong> die väterliche Art von Direktor<br />

Josef Eppacher...<br />

Positiv war me<strong>in</strong>es Erachtens<br />

auch die im Vergleich mit anderen<br />

<strong>Schule</strong>n großzügig bemessene<br />

Freizeit, die es erlaubte, neben<br />

dem Unterricht noch vielen<br />

privaten Interessen nachzugehen<br />

(Sport, Angeln, Jagd...). Das hatte<br />

rückblickend äußerst positive<br />

Effekte auf die Entwicklung der<br />

Persönlichkeit e<strong>in</strong>es jungen Menschen.<br />

Heute erlebe ich, dass<br />

Oberschüler den ganzen Tag<br />

schulisch e<strong>in</strong>gespannt s<strong>in</strong>d <strong>und</strong><br />

ke<strong>in</strong>e Zeit für nichts mehr haben.<br />

Kritisch sehe ich die Tatsache,<br />

dass der Englischunterricht erst<br />

e<strong>in</strong> Jahr nach me<strong>in</strong>er Matura e<strong>in</strong>geführt<br />

wurde. Ich habe mir die<br />

Sprache zwar autodidaktisch angeeignet,<br />

aber mir fehlt immer<br />

noch die grammatikalische Basis.<br />

Zum Glück ist Englisch im heutigen<br />

Unterricht Standard.<br />

Kritisch sehe ich weiter den Umstand,<br />

dass der Italienischunterricht<br />

nicht ausgereicht hat, auf<br />

Anhieb die Zweisprachigkeitsprüfung<br />

zu bestehen. Damals wurde<br />

leider auch der Kontakt zur<br />

Berufswelt etwas wenig gepflegt<br />

- externe Referenten waren e<strong>in</strong>e<br />

Seltenheit; Betriebsbesichtigungen<br />

gab es überhaupt nicht. Ich b<strong>in</strong><br />

jetzt häufig <strong>in</strong> <strong>Schule</strong>n zu Gast,<br />

um aus me<strong>in</strong>em Berufsleben zu<br />

erzählen, <strong>und</strong> ich stoße dabei<br />

immer auf e<strong>in</strong> sehr <strong>in</strong>teressiertes<br />

Publikum. Die heutigen Schüler<br />

verstehen sehr wohl, wofür der<br />

oft trockene Unterrichtsstoff im<br />

Leben gut se<strong>in</strong> kann.


RAINER OBERHOLLENZER MIT FAMILIE<br />

NACHGEFRAGT<br />

RAINER OBERHOLLENZER<br />

Matura 1983, 1983 bis 1989 Mediz<strong>in</strong>studium<br />

an der Universität<br />

Innsbruck, 1989 bis 1993 Facharztausbildung<br />

<strong>in</strong> Kardiologie an<br />

der Universitätskl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> Padua,<br />

seit 1993 im Krankenhaus Bozen,<br />

Abteilung Kardiologie, als Facharzt<br />

tätig mit dem Schwerpunkt <strong>in</strong>terventionelle<br />

Kardiologie, seit 2003<br />

Vize-Primar der Abteilung Kardiologie.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

RO: Die Ausbildung am Realgymnasium<br />

beurteile ich im Rückblick<br />

positiv, im dem S<strong>in</strong>ne, dass ich<br />

auf me<strong>in</strong>em weiteren Ausbildungsweg<br />

niemals den E<strong>in</strong>druck hatte,<br />

gegenüber Abgängern anderer<br />

Oberschulen im In-<strong>und</strong> Ausland irgendwie<br />

im Nachteil zu se<strong>in</strong>.<br />

19<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

RO: In guter Er<strong>in</strong>nerung habe ich<br />

das für me<strong>in</strong> Empf<strong>in</strong>den richtige<br />

Verhältnis zwischen Diszipl<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

Freiräumen im Schulalltag sowie<br />

die Möglichkeit der Nutzung der<br />

Stadtgasse als Pausenhof. Andererseits<br />

erschienen mir die Räumlichkeiten<br />

im Schulgebäude teilweise<br />

etwas beengt.


CHRISTIANE GASPERI<br />

20<br />

NACHGEFRAGT<br />

CHRISTIANE GASPERI<br />

Maturiert im Jahr 2007 – <strong>und</strong> zwar<br />

mit 100 von 100 Punkten <strong>und</strong><br />

„cum laude“; studiert seitdem Mediz<strong>in</strong><br />

an der Ludwig-Maximilians-<br />

Universität München.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

CG: Ich habe im Laufe me<strong>in</strong>es<br />

bisherigen Studiums den E<strong>in</strong>druck<br />

gewonnen, im Realgymnasium<br />

e<strong>in</strong>e gute Ausbildung genossen<br />

zu haben. Vor allem <strong>in</strong> den<br />

wissenschaftlich-mathematischen<br />

Fächern ist der Stoffumfang, der<br />

im Realgymnasium behandelt wird,<br />

bemerkenswert. Dies ist mir vor allem<br />

im Vergleich mit den Vorkenntnissen<br />

e<strong>in</strong>iger me<strong>in</strong>er Mitstudenten<br />

bewusst geworden. Im Realgymnasium<br />

wird aber auch großer Wert<br />

auf Fremdsprachen <strong>und</strong> geisteswissenschaftliche<br />

Bildung gelegt.<br />

Projekte wie die Schülerzeitung<br />

REALity oder e<strong>in</strong>e klassenübergreifende<br />

Schreibwerkstatt haben me<strong>in</strong>e<br />

Kreativität <strong>und</strong> me<strong>in</strong> Interesse<br />

an den Sprachen gefördert. Was<br />

ich allerd<strong>in</strong>gs etwas schade f<strong>in</strong>de,<br />

ist, dass das Fach Wirtschaft <strong>und</strong><br />

Recht nur <strong>in</strong> den ersten beiden<br />

Schuljahren unterrichtet wird. In<br />

diesem Fach böte sich nämlich die<br />

Möglichkeit, sich mit den aktuellen<br />

wirtschaftlich-rechtlichen sowie politischen<br />

Geschehnissen zu befassen<br />

- Themen, die im Unterricht<br />

leider zu kurz gekommen s<strong>in</strong>d. Ich<br />

habe mich nach dem Abschluss<br />

der Mittelschule dazu entschlossen,<br />

das Realgymnasium zu besuchen,<br />

weil ich mir erhofft habe,<br />

dort e<strong>in</strong>e gute Allgeme<strong>in</strong>bildung zu<br />

erhalten. Ich würde dieselbe Entscheidung<br />

wieder treffen.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

CG: An die fünf <strong>Jahre</strong>, die ich<br />

im Realgymnasium verbracht habe,<br />

habe ich be<strong>in</strong>ahe nur positive Er<strong>in</strong>nerungen.<br />

Abgesehen von den<br />

Fre<strong>und</strong>schaften, die ich geknüpft<br />

habe, ist mir vor allem die gute<br />

Schulgeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben. Durch klassenübergreifende<br />

Projekte wie die sogenannten<br />

Projekttage, die geme<strong>in</strong>samen<br />

Ausflüge mit anderen Klassen <strong>und</strong><br />

die von Professor Wiedemair organisierte<br />

Projektreise <strong>in</strong> die Türkei<br />

hatte ich viele Gelegenheiten, mich<br />

mit Schülern aus anderen Jahrgängen<br />

anzufre<strong>und</strong>en. Ebenfalls<br />

erwähnen möchte ich das umfangreiche<br />

Sportangebot, das den<br />

Schülern des Realgymnasiums vor<br />

allem von Professor Gert Crepaz<br />

angeboten wird. Die Möglichkeit,<br />

jeden Nachmittag kostenlos an<br />

verschiedenen Sportkursen teilnehmen<br />

zu können, wird nicht vielerorts<br />

geboten.


Maturiert im Sommer 1976, studiert<br />

<strong>in</strong> der Folge Musik am Konservatorium<br />

<strong>in</strong> Bozen (Violoncello)<br />

<strong>und</strong> besucht die Fachschule des<br />

Deutschen Buchhandels <strong>in</strong> Frankfurt;<br />

heute ist er Geschäftsführer<br />

der Athesia-Buchhandlung <strong>in</strong> Bruneck.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

MF: Die damaligen Möglichkeiten<br />

der <strong>Schule</strong> im Aufbau waren nach<br />

heutigen Maßstäben sicher ger<strong>in</strong>g;<br />

mitbekommen <strong>und</strong> mitgenommen<br />

habe ich aber e<strong>in</strong> solides allgeme<strong>in</strong>bildendes<br />

Wissen, das mir<br />

zum Teil hervorragende Lehrkräfte<br />

nachhaltig vermitteln konnten.<br />

Dazu zählt ganz besonders die<br />

weite <strong>und</strong> tiefe Welt der Literatur.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

MF: Siehe oben.<br />

NACHGEFRAGT<br />

MEINHARD FEICHTER<br />

NACHGEFRAGT<br />

SYLVIA FORER<br />

Maturiert im Juli 1998, studiert<br />

Zahnmediz<strong>in</strong> an der Universität<br />

Wien, 2007 Staatsprüfung für<br />

Zahnheilk<strong>und</strong>e, Diplomarbeit zum<br />

Thema: „Zahnbehandlungsangst<br />

<strong>und</strong> Zahnbehandlungsphobie - e<strong>in</strong><br />

literarischer Überblick“. Von 2004<br />

bis 2007 Praktikum an der Bernhard-Gottlieb-Universitätszahnkl<strong>in</strong>ik<br />

<strong>in</strong> Wien, danach Zahnärzt<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

Osttirol, im Februar 2010 Eröffnung<br />

der eigenen Zahnarztpraxis<br />

<strong>in</strong> Sand <strong>in</strong> Taufers.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

MF: Für das Mediz<strong>in</strong>studium war<br />

das Realgymnasium mit se<strong>in</strong>er<br />

vielseitig naturwissenschaftlichen<br />

Ausbildung die beste Wahl <strong>und</strong><br />

hat mir den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> das Universitätsleben<br />

um e<strong>in</strong>iges leichter<br />

gemacht.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

MF: Es waren fünf lange, aber<br />

schöne <strong>Jahre</strong>. Zu me<strong>in</strong>er Zeit waren<br />

die Lehrer noch von der älteren<br />

Generation, die zwar streng<br />

waren, uns aber vielleicht gerade<br />

deswegen viel beigebracht haben.<br />

21


22<br />

NACHGEFRAGT<br />

STEFANO RECCHIA


STEFANO RECCHIA<br />

Matura im Jahr 1997, 1997 bis<br />

2002 Studium der Politikwissenschaften<br />

an der Luiss-Universität<br />

<strong>in</strong> Rom, 2002/2003 Masters-Aufbaustudium<br />

im Bereich Internationale<br />

Beziehungen an der London<br />

School of Economics and Political<br />

Science, Herbst 2003 bis Sommer<br />

2004: Arbeit am Entwicklungsprogramm<br />

der Vere<strong>in</strong>ten Nationen<br />

(UNDP) <strong>in</strong> Beirut; seit Herbst 2005<br />

Doktorand im Bereich Internationale<br />

Beziehungen <strong>und</strong> US-Außenpolitik<br />

an der Columbia University<br />

<strong>in</strong> New York.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

SR: Me<strong>in</strong>e Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck beurteile ich<br />

im Rückblick als sehr positiv. Ich<br />

b<strong>in</strong> zwar Sozialwissenschaftler <strong>und</strong><br />

nicht Naturwissenschaftler geworden,<br />

dennoch hat mir das logische,<br />

analytische Denken, das mir<br />

am „Wisslyz“ beigebracht wurde,<br />

sehr weitergeholfen.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

SR: Gerne er<strong>in</strong>nere ich mich an<br />

den Enthusiasmus e<strong>in</strong>zelner Lehrpersonen<br />

am Realgymnasium, die<br />

ihre Arbeit tatsächlich als „Beruf“<br />

empfanden <strong>und</strong> von denen ich<br />

sehr viel gelernt habe. Auch er<strong>in</strong>nere<br />

ich mich gerne an die vielen<br />

wertvollen Fre<strong>und</strong>schaften, die ich<br />

im Laufe me<strong>in</strong>er „Wisslyz“-Zeit geknüpft<br />

habe. Allerd<strong>in</strong>gs habe ich<br />

heute leider nur mehr zu wenigen<br />

alten Klassenfre<strong>und</strong>en Kontakt.<br />

Nicht so gerne er<strong>in</strong>nere ich mich<br />

an Lehrpersonen, die entweder<br />

im Klassenzimmer gerne Politik<br />

betrieben oder aber ihrer Arbeit<br />

gelangweilt <strong>und</strong> ohne Enthusiasmus<br />

nachg<strong>in</strong>gen (glücklicherweise<br />

betraf das stets nur e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />

M<strong>in</strong>derheit me<strong>in</strong>er Lehrer). Im<br />

Rückblick bewerte ich auch die allgeme<strong>in</strong><br />

ziemlich sozial-konservative<br />

Atmosphäre an der <strong>Schule</strong> als<br />

nicht allzu positiv. Unterm Strich<br />

würde ich jedoch das Realgymnasium<br />

wieder besuchen; ich habe<br />

dort summa summarum durchwegs<br />

gute Erfahrungen gemacht.<br />

23


24<br />

Maturiert 1984, 1984 bis 1990 Studium<br />

der Veter<strong>in</strong>ärmediz<strong>in</strong> an der<br />

Universität Wien, 1991 Doktorat an<br />

der Universität Bologna, 1992 bis<br />

1996 Sprengeltierarzt im Gadertal,<br />

1996 bis 1998 Spezialisierung zum<br />

Fachtierarzt für R<strong>in</strong>derkrankheiten,<br />

1996 bis 2000 Amtstierarzt beim<br />

Landestierärztlichen Dienst der<br />

Autonomen Prov<strong>in</strong>z Bozen, 2000<br />

bis 2002 Nationalexperte bei der<br />

EU-Kommission <strong>in</strong> Brüssel, verantwortlich<br />

für die Überwachung der<br />

Tierkrankheitsprogramme <strong>in</strong> den<br />

EU-Staaten; seit 2002 stellvertretender<br />

Landestierarzt der Autonomen<br />

Prov<strong>in</strong>z Bozen.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

ES: Die Ausbildung war streng, ist<br />

nach den klassischen Regeln abgelaufen<br />

<strong>und</strong> war e<strong>in</strong>e hervorragende<br />

Gr<strong>und</strong>lage für das anschließende<br />

Studium.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

ES: Das tägliche Zusammentreffen<br />

mit Schülern aus den verschiedenen<br />

Tälern hat mich schon damals<br />

fasz<strong>in</strong>iert. Den Schülern hätte<br />

man bestimmte Unterrichtsst<strong>und</strong>en<br />

für e<strong>in</strong>en Unterricht außerhalb des<br />

normalen Schemas <strong>und</strong> mehr Freiraum<br />

für neue Ideen geben sollen.<br />

NACHGEFRAGT<br />

ERNST STIFTER<br />

NACHGEFRAGT<br />

VALENTIN PIFFRADER<br />

Matura 1991, Geschichte- <strong>und</strong> Pädagogikstudium<br />

an der Universität<br />

Innsbruck; Zusatzausbildungen<br />

<strong>in</strong> Erlebnispädagogik, Supervision,<br />

Coach<strong>in</strong>g, Organisationsentwicklung,<br />

Sportpsychologie <strong>und</strong> Mentalcoach<strong>in</strong>g<br />

im Leistungssport;<br />

arbeitet als Outdoor- <strong>und</strong> Mentaltra<strong>in</strong>er<br />

<strong>und</strong> Führungskräfte-Coach.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

VP: Gute Allgeme<strong>in</strong>bildung! Ich<br />

war e<strong>in</strong>er der Glücklichen, welcher<br />

sechs <strong>Jahre</strong> das „Wisslyz“ besuchen<br />

durfte...


REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

VP: Ich hätte mir immer mehr<br />

Sportst<strong>und</strong>en gewünscht, dafür<br />

ke<strong>in</strong>e Chemiest<strong>und</strong>en (war für mich<br />

<strong>und</strong> wird für mich immer e<strong>in</strong> Buch<br />

mit sieben Siegeln bleiben). Late<strong>in</strong><br />

waren sechs <strong>Jahre</strong> „qualvolles<br />

Auswendiglernen“, auch wenn Prof.<br />

Christian Christandl sich sehr um<br />

mich bemüht hat.<br />

Sehr gut <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung geblieben<br />

s<strong>in</strong>d mir auch die vielen „Spaziergänge“<br />

von den Außenstellen<br />

(Turnhalle, Schloss, Michael- Pacher-Haus)<br />

zum Hauptgebäude <strong>in</strong><br />

der Stadtgasse. Dort konnten wir<br />

ungeme<strong>in</strong> viel trödeln, fachsimpeln<br />

(über Fußball, Mädchen…), um<br />

dann 15 M<strong>in</strong>uten zu spät zur ungeliebten<br />

Chemiest<strong>und</strong>e zu kommen.<br />

Highlight me<strong>in</strong>er sechsjährigen<br />

Wisslyz-Karriere war sicherlich der<br />

Gastauftritt (Schwangerschaftsvertretung)<br />

von Prof. Ferdl Dorfmann<br />

<strong>in</strong> Englisch. Durch se<strong>in</strong>e Art <strong>und</strong><br />

Weise, se<strong>in</strong>e Natürlichkeit <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Respekt vor den Schülern war<br />

er <strong>und</strong> ist er für mich immer noch<br />

e<strong>in</strong> Vorbild.<br />

NACHGEFRAGT<br />

MICHAEL OBERHUBER<br />

Maturiert 1993, 1998 Abschluss<br />

des Chemiestudiums an der Universität<br />

Innsbruck, 2001 Forschungsdoktorat<br />

<strong>in</strong> Bioorganischer<br />

Chemie an der Universität Innsbruck,<br />

bis 2005 wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Skaggs Institute<br />

for Chemical Biology am Scripps<br />

Research Institute <strong>in</strong> La Jolla<br />

(Kalifornien), Laborleiter am Sandoz<br />

Development Center (Novartis<br />

AG) <strong>in</strong> K<strong>und</strong>l/Schaftenau, seit<br />

2009 Direktor des Versuchs- <strong>und</strong><br />

Forschungszentrums Laimburg <strong>in</strong><br />

Pfatten.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />

Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />

Bruneck?<br />

MO: Ich beurteile die Ausbildung<br />

<strong>in</strong>sgesamt positiv, sehr gut <strong>in</strong> den<br />

Gr<strong>und</strong>fächern Mathematik, Deutsch<br />

<strong>und</strong> andere Sprachen; gut <strong>in</strong> den<br />

Fächern Naturwissenschaften, Physik<br />

<strong>und</strong> Chemie.<br />

REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />

<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben, was sehen sie kritisch?<br />

MO: Positiv: fast familiäre Atmosphäre<br />

auf Schloss Bruneck, engagierte<br />

<strong>und</strong> orig<strong>in</strong>elle Lehrer, sehr<br />

gute Allgeme<strong>in</strong>bildung. Verbessert<br />

werden könnte (oder hat sich vielleicht<br />

schon) der Anteil an praktischen<br />

Versuchen, Experimenten<br />

<strong>und</strong> Demonstrationen <strong>in</strong> den naturwissenschaftlichen<br />

Fächern.<br />

25


IM INTERVIEW<br />

ANDREAS ROGGER<br />

26<br />

Andreas Rogger hat 1992 maturiert,<br />

an der „Cà Foscari“ <strong>in</strong><br />

Venedig Wirtschaft studiert,<br />

war dann Personalreferent <strong>und</strong><br />

Personalentwickler bei der GKN<br />

Birfield (heute GKN Drivel<strong>in</strong>e)<br />

<strong>in</strong> Bruneck, 2003 war er <strong>in</strong> Melbourne<br />

(Australien) tätig, von<br />

2006 bis 2008 war er Personalleiter<br />

bei der Speditionsfirma<br />

Fercam <strong>in</strong> Bozen, heute arbeitet<br />

er als Personalleiter bei der<br />

GKN Drivel<strong>in</strong>e AG <strong>in</strong> Bruneck<br />

<strong>und</strong> hat seit kurzem die Personalverantwortung<br />

für mehrere<br />

GKN-Standorte weltweit.<br />

REALITY: Herr Rogger, Sie haben<br />

das Realgymnasium von 1987 bis<br />

1992 besucht. Wie viel ist Ihnen<br />

von Ihrer Oberschulzeit <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung<br />

geblieben?<br />

AR: Es ist nun schon e<strong>in</strong>e Weile<br />

her; <strong>in</strong>teressant ist aber, dass<br />

trotz dieser zeitlichen Distanz viele<br />

Er<strong>in</strong>nerungen an me<strong>in</strong>e <strong>Jahre</strong> am<br />

Realgymnasium, an die Kollegen<br />

<strong>und</strong> Lehrpersonen, stark präsent<br />

s<strong>in</strong>d. Das zeigt, dass die Oberschulzeit<br />

e<strong>in</strong>e sehr wichtige <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong>tensive Zeit war, auf jeden Fall<br />

prägend für me<strong>in</strong> weiteres Leben.<br />

Glücklicherweise stellte die <strong>Schule</strong><br />

für mich nie e<strong>in</strong>e Belastung dar,<br />

ganz im Gegenteil.<br />

REALITY: Also haben Sie <strong>in</strong>sgesamt<br />

e<strong>in</strong> positives Bild von Ihren<br />

Schuljahren am Realgymnasium?<br />

AR: Auf alle Fälle! Wobei man<br />

neben „brav die Schulbank drücken“<br />

<strong>in</strong> diesem Alter noch jede<br />

Menge andere Gedanken im Kopf<br />

hat, vor allem jede Menge überschüssiger<br />

Energien, die sich oft<br />

unkontrolliert äußern. Ich denke,<br />

dass ich für me<strong>in</strong>e Lehrpersonen<br />

nicht immer e<strong>in</strong> angenehmer<br />

Schüler war, me<strong>in</strong>e Sichtweisen<br />

<strong>und</strong> Ideen konnten recht anstrengend<br />

se<strong>in</strong>. Doch hat es mich<br />

schon damals gereizt, Grenzen<br />

auszuloten <strong>und</strong> mich mit anderen<br />

Me<strong>in</strong>ungen <strong>und</strong> Sichtweisen<br />

zu konfrontieren. Alles <strong>in</strong> allem<br />

habe ich me<strong>in</strong>e Oberschulzeit genossen:<br />

Wir hatten Spaß, ich war<br />

wissbegierig – allerd<strong>in</strong>gs ohne zu<br />

wissen, wofür ich eigentlich lerne.<br />

REALITY: War für Sie nach der<br />

Mittelschule von Anfang an klar,<br />

dass Sie das Realgymnasium besuchen<br />

werden?<br />

AR: Ne<strong>in</strong>, absolut nicht – ich wollte<br />

sofort <strong>in</strong> die Arbeitswelt e<strong>in</strong>steigen.<br />

Zum Glück haben mich me<strong>in</strong>e<br />

Eltern dazu bewogen, e<strong>in</strong>e weiterführende<br />

<strong>Schule</strong> zu besuchen,<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong> mit vielseitigen Möglichkeiten.<br />

Das Realgymnasium war<br />

also ihre Wahl – ich hätte beim<br />

besten Willen nicht gewusst, für<br />

welche <strong>Schule</strong> ich mich entscheiden<br />

sollte. Es war aber absolut die<br />

richtige Entscheidung für mich!<br />

REALITY: Inwiefern?<br />

AR: In erster L<strong>in</strong>ie durch die umfassende<br />

Allgeme<strong>in</strong>bildung, weil<br />

ich vielseitig <strong>in</strong>teressiert war. Ich<br />

glaube zudem, dass das Realgymnasium<br />

als Schultyp e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Offenheit vermittelt. Durch die<br />

Vielseitigkeit werden viele Möglichkeiten<br />

aufgezeigt, was wiederum<br />

zu e<strong>in</strong>er offenen Sichtweise<br />

der Welt beiträgt. Und was e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Schule</strong> letztendlich ausmacht, s<strong>in</strong>d<br />

die Menschen, die nicht nur Stoff,<br />

sondern auch Werte vermitteln –<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht habe ich<br />

e<strong>in</strong>ige sehr gut <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung. Das<br />

Wichtigste jedoch ist, dass ich<br />

<strong>in</strong> dieser Zeit gelernt habe, mir<br />

Wissen anzueignen, e<strong>in</strong>e Kompe-


tenz, die für mich heute, <strong>in</strong> dieser<br />

schnelllebigen Zeit mit dieser<br />

Unmenge an Informationen, Informationskanälen<br />

<strong>und</strong> Medien, nicht<br />

mehr wegzudenken ist.<br />

REALITY: Was war Ihr Liebl<strong>in</strong>gsfach?<br />

AR: Richtiges Liebl<strong>in</strong>gsfach hatte<br />

ich ke<strong>in</strong>es. Interessiert haben mich<br />

vor allem die Naturwissenschaften,<br />

also das Verstehen <strong>und</strong> Beschreiben,<br />

was unsere Welt zusammenhält<br />

<strong>und</strong> wie sie aufgebaut ist.<br />

Nicht weniger <strong>in</strong>teressant waren<br />

aber die Geisteswissenschaften,<br />

wo wir uns mit den großen Gedanken<br />

<strong>und</strong> Denkern ause<strong>in</strong>andersetzten<br />

– wobei ich sagen muss, dass<br />

ich damals bei Weitem noch nicht<br />

über die notwendige geistige Reife<br />

für die Inhalte verfügte. Trotzdem<br />

war es e<strong>in</strong> spannendes Gefühl,<br />

auch nur zu erahnen, was es alles<br />

an großartigen Gedanken gibt. Es<br />

war also die Komb<strong>in</strong>ation von Naturwissenschaften<br />

<strong>und</strong> Geisteswissenschaften,<br />

von Berechenbarem<br />

<strong>und</strong> Nicht-Berechenbarem, die das<br />

Realgymnasium für mich äußerst<br />

<strong>in</strong>teressant machten. Letztendlich<br />

gehört <strong>in</strong> jedem Bereich auch der<br />

irrationale, menschliche Faktor<br />

dazu: Gefühle, Emotionen, Hoffnungen,<br />

Wünsche, die für jeden<br />

– ob Techniker, Physiker oder wen<br />

auch immer – e<strong>in</strong>e wichtige Rolle<br />

spielen.<br />

REALITY: Das Realgymnasium als<br />

allgeme<strong>in</strong>bildende <strong>Schule</strong> sollte<br />

e<strong>in</strong>e breite Bildung <strong>in</strong> vielen Bereichen<br />

vermitteln – gibt es trotzdem<br />

Fächer, die <strong>in</strong> Ihren Augen zu kurz<br />

gekommen s<strong>in</strong>d?<br />

AR: Sicherlich der sprachliche Teil;<br />

das habe ich selbst miterlebt <strong>und</strong><br />

fällt mir auch heute immer wieder<br />

bei Bewerbern auf, schließlich<br />

ist e<strong>in</strong> korrekter Umgang mit<br />

Deutsch, Italienisch <strong>und</strong> Englisch<br />

heute e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>voraussetzung.<br />

Vielleicht auch Late<strong>in</strong>! (lacht) Doch<br />

Spaß beiseite: Mir reichte Late<strong>in</strong><br />

absolut aus, aber gerade die Fähigkeiten,<br />

die durch das Erlernen<br />

dieser Sprache vermittelt werden,<br />

s<strong>in</strong>d enorm hilfreich, wenn es darum<br />

geht, sich neues Wissen anzueignen.<br />

REALITY: Was sehen Sie kritisch,<br />

wenn Sie an Ihre Schulzeit am Realgymnasium<br />

denken?<br />

AR: Was ich mir im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

gewünscht hätte, wären zum Teil<br />

höhere Leistungsanforderungen!<br />

Freilich ist es nicht unbed<strong>in</strong>gt das,<br />

was man als Schüler will - das<br />

konnte ich damals auch noch<br />

nicht erkennen: Mehr lernen <strong>und</strong><br />

mehr leisten (lacht). Aber letztendlich<br />

bedeutet es doch, an sich<br />

<strong>und</strong> den eigenen Fähigkeiten zu<br />

arbeiten, um die Möglichkeiten<br />

auszuschöpfen <strong>und</strong> die eigenen<br />

Chancen zu steigern.<br />

REALITY: Also hat <strong>in</strong> gewisser H<strong>in</strong>sicht<br />

das Leistungspr<strong>in</strong>zip gefehlt?<br />

AR: Ganz gefehlt hat es natürlich<br />

nicht – aber wie erwähnt, hätte ich<br />

mir gerade <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er weiterführenden<br />

<strong>Schule</strong> höhere Leistungsanforderungen<br />

gewünscht. Das Risiko ist<br />

natürlich, dass nicht mehr jeder <strong>in</strong><br />

der Klasse den Abschluss schafft.<br />

Aber es bleibt die stereotype<br />

Frage: „Soll man sich nach dem<br />

schwächsten oder dem stärksten<br />

Glied <strong>in</strong> der Gruppe richten?“<br />

REALITY: Was letztendlich e<strong>in</strong>e<br />

Gr<strong>und</strong>satzfrage darstellt...<br />

AR: Hier den richtigen Weg zu f<strong>in</strong>den<br />

ist nicht immer leicht für e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Schule</strong>, da sie mit vielen Erwartungen<br />

konfrontiert ist. Dazu ist<br />

auch zu sagen, dass e<strong>in</strong>ige Lehrpersonen<br />

dies sicherlich auch gut<br />

gemacht haben, uns zu fordern<br />

<strong>und</strong> zu fördern. Leider ist Leistung<br />

heute - außer vielleicht im<br />

Sport - oft negativ behaftet. Dieser<br />

Begriff kann im Verhaltensbereich<br />

nicht mit der re<strong>in</strong> physikalischen<br />

Def<strong>in</strong>ition, nämlich „Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

bestimmten Zeit“, gleichgesetzt<br />

werden, denn <strong>in</strong> diesem Fall hätte<br />

„leisten“ wirklich mehr mit „auspressen“<br />

zu tun. Leistung bedeutet<br />

vielmehr: Möglichkeiten ausschöpfen,<br />

E<strong>in</strong>satz zeigen, Verbesserungen<br />

suchen. Leistung steht auch <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em engen Zusammenhang mit<br />

Zufriedenheit. Leistung ist heute<br />

weder überlebensnotwendig noch<br />

erforderlich, um sich e<strong>in</strong> „gutes“<br />

Leben zu leisten. Es gibt genug Situationen,<br />

<strong>in</strong> denen jemand ohne<br />

viel Leistung nicht schlechter lebt<br />

als jemand , der versucht, etwas<br />

zu bewegen. Letztendlich kommen<br />

wir jedoch um das Leistungspr<strong>in</strong>zip<br />

nicht herum, wenn wir etwas<br />

verändern wollen.<br />

REALITY: Abschließend kann also<br />

gesagt werden, dass die Ausbildung<br />

am Realgymnasium e<strong>in</strong>e<br />

gute Basis für das Leben war?<br />

AR: Ja, auf alle Fälle. Doch wenn<br />

ich heute mit der Frage konfrontiert<br />

werde, welche <strong>Schule</strong> nun<br />

die richtige sei, möchte ich dies<br />

doch e<strong>in</strong> wenig differenziert sehen.<br />

Jeder Schüler soll das tun,<br />

was ihm gefällt. Was ich jedem<br />

raten möchte: Chancen sehen –<br />

nicht warten, bis der gewünschte<br />

Arbeitsplatz ausgeschrieben wird.<br />

Deshalb: Selbst aktiv werden – mit<br />

dem Risiko, auch e<strong>in</strong>mal Fehler zu<br />

machen. Denn gerade Fehler br<strong>in</strong>gen<br />

uns weiter!<br />

REALITY: Vielen Dank für das aufschlussreiche<br />

Gespräch!<br />

27


Gabi Bachmann hat das Realgymnasium<br />

Bruneck als Schüler<strong>in</strong><br />

besucht, 1985 maturiert <strong>und</strong><br />

unterrichtet heute dort Biologie<br />

<strong>und</strong> Chemie.<br />

28<br />

REALITY: Frau Bachmann, Sie s<strong>in</strong>d<br />

heute Lehrperson <strong>und</strong> haben das<br />

Realgymnasium selbst besucht.<br />

Was ist Ihnen von Ihrer Oberschulzeit<br />

<strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung geblieben?<br />

GB: Was mir als erstes e<strong>in</strong>fällt,<br />

ist das Gebäude: Wir waren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Gebäude <strong>in</strong> der Stadtgasse<br />

untergebracht, wo sich jetzt die<br />

Uni bef<strong>in</strong>det – e<strong>in</strong> sehr schönes<br />

Stadthaus! Als zweites fällt mir<br />

der Duft e<strong>in</strong>: Der damalige Direktor<br />

hat Pfeife geraucht, dieser Geruch<br />

ist <strong>in</strong> den Gängen hängen<br />

geblieben. Natürlich er<strong>in</strong>nere ich<br />

mich auch an me<strong>in</strong>e Klasse, die<br />

Klassenkameraden <strong>und</strong> den Klassenraum:<br />

Er war sehr kle<strong>in</strong>, mit<br />

gelblichen Mauern <strong>und</strong> eher trist;<br />

trotzdem war alles sehr gemütlich<br />

<strong>und</strong> überschaubar.<br />

REALITY: Und der Unterricht?<br />

GB: Als ich die erste Klasse besucht<br />

habe – 1980 war das –, hatte<br />

ich das große Glück, als erster<br />

Jahrgang Englischunterricht genießen<br />

zu dürfen. Auch Biologie im<br />

Biennium war damals e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Neuerung, also bereits <strong>in</strong> der<br />

ersten Klasse mikroskopieren zu<br />

können. Sonst ist der Unterricht<br />

an sich mit dem von heute vergleichbar<br />

– es gab <strong>in</strong> den naturwissenschaftlichen<br />

Fächern leider<br />

nicht so viele Möglichkeiten, Schülerversuche<br />

durchzuführen <strong>und</strong> generell<br />

praktische Arbeiten zu machen.<br />

Trotzdem – wir konnten auch<br />

Lehrfahrten <strong>und</strong> Ausflüge machen<br />

<strong>und</strong> hie <strong>und</strong> da an e<strong>in</strong>em Projekt<br />

teilnehmen. Bei der Bewertung<br />

gab es ke<strong>in</strong>e Transparenz – wir<br />

wussten am Ende des Schuljahrs<br />

nicht, welche Note wir bekommen<br />

werden (lacht). Bei e<strong>in</strong>igen Lehrern<br />

kann ich mich gar nicht er<strong>in</strong>nern,<br />

„SEHR GEMÜTLICH UND<br />

ÜBERSCHAUBAR“<br />

ob wir wirklich Tests oder Prüfungen<br />

gemacht haben oder ob wir<br />

uns die Note nur sonst irgendwie<br />

erwirtschaftet haben. Also total<br />

anders als heute – nun muss jeder<br />

Schritt genauestens dokumentiert<br />

<strong>und</strong> begründet werden.<br />

REALITY: Also hat sich die <strong>Schule</strong><br />

doch weiterentwickelt?<br />

GB: Ja, <strong>in</strong> jeder H<strong>in</strong>sicht! Heute<br />

s<strong>in</strong>d die Schüler allgeme<strong>in</strong> strebsamer<br />

als früher, die meisten<br />

wollen nämlich gute Noten – was<br />

damals eher verpönt war. Freilich<br />

fanden gute Schüler auch früher<br />

Anerkennung, etwa wenn sie sich<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bereich besonders gut<br />

auskannten. Ob diese Anstrengung<br />

mit 9 oder 7 oder gar nur mit 6<br />

bewertet wurde, machte für uns<br />

ke<strong>in</strong>en großen Unterschied. Heute<br />

achtet jeder darauf, dass er ja<br />

nicht zu tief bewertet wird.<br />

REALITY: Was war Ihr Liebl<strong>in</strong>gsfach?<br />

GB: Am liebsten hatte ich den<br />

Deutschunterricht, auch weil ich<br />

gern gelesen habe – auch den Late<strong>in</strong>unterricht<br />

habe ich nicht als<br />

Übel empf<strong>und</strong>en. Insgesamt bevorzugte<br />

ich die schriftlichen Fächer,<br />

im mündlichen Bereich war e<strong>in</strong>fach<br />

mehr zu lernen...<br />

REALITY: S<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Ihrer ehemaligen<br />

Lehrer heute Kollegen?<br />

GB: E<strong>in</strong>ige schon, beispielsweise<br />

Prof. Peter Knapp, der allerd<strong>in</strong>gs<br />

bereits seit längerer Zeit nicht<br />

mehr an unserer <strong>Schule</strong> ist. Auch<br />

Prof. Josef Holzer <strong>und</strong> Prof. Pepi<br />

Demetz <strong>und</strong> natürlich auch e<strong>in</strong>ige<br />

andere, die aber nicht me<strong>in</strong>e<br />

Lehrer waren, sondern <strong>in</strong> anderen<br />

Zügen unterrichtet haben.<br />

REALITY: War das e<strong>in</strong> seltsames<br />

Gefühl?<br />

GB: Daran gewöhnt man sich<br />

schnell. Es war auf alle Fälle <strong>in</strong>teressant,<br />

auch e<strong>in</strong>mal menschliche<br />

Seiten zu sehen, die man als<br />

Schüler im Unterricht nicht sehen<br />

kann.<br />

REALITY: Frau Bachmann, vielen<br />

Dank für das Interview!


„JEDEN TAG EINE<br />

STUNDE SPORT!“<br />

die das Realgymnasium besucht<br />

haben. Sie s<strong>in</strong>d alle erfolgreiche<br />

Akademiker geworden.<br />

REALITY: Welche Entwicklungen<br />

sehen Sie für die Zukunft des Realgymnasiums?<br />

GC: Die <strong>Schule</strong> entwickelt sich<br />

sehr gut; ich wünsche mir aber,<br />

dass die St<strong>und</strong>enanzahl am Vormittag<br />

von sechs auf fünf reduziert<br />

wird, weil sechs St<strong>und</strong>en e<strong>in</strong>fach<br />

zu viel s<strong>in</strong>d.<br />

REALITY: Gab es auch negative<br />

Aspekte <strong>in</strong> der Geschichte des Realgymnasiums?<br />

GC: Nicht wirklich; vielleicht ist<br />

manchmal die Pädagogik überbewertet<br />

worden.<br />

Gert Crepaz ist am Realgymnasium<br />

Bruneck e<strong>in</strong>e Institution:<br />

Seit dem 1. Oktober 1970, also<br />

seit 40 <strong>Jahre</strong>n, unterrichtet er<br />

als Turnlehrer.<br />

REALITY: Herr Crepaz, was ist <strong>in</strong><br />

der Geschichte des Realgymnasiums<br />

gleich geblieben <strong>und</strong> was<br />

hat sich verändert?<br />

GC: Gleich geblieben s<strong>in</strong>d die tollen<br />

Jugendlichen; gleich geblieben<br />

ist, dass wir <strong>in</strong> Bruneck e<strong>in</strong><br />

schönes Umfeld haben. Geändert<br />

haben sich die Infrastrukturen,<br />

sprich Klassenräume, Spezialräume<br />

<strong>und</strong> die Sportanlagen; jedes<br />

Jahr gab es irgende<strong>in</strong>e Verbesserung.<br />

REALITY: Und was hat sich <strong>in</strong><br />

sportlicher H<strong>in</strong>sicht geändert?<br />

GC: Da ist mehr oder weniger<br />

alles gleich geblieben, weil die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler, die<br />

das Realgymnasium besuchen,<br />

von Haus aus sportlich talentiert<br />

s<strong>in</strong>d - der Rest ist Organisationssache<br />

<strong>und</strong> Überzeugungsarbeit.<br />

So gesehen haben wir seit<br />

40 <strong>Jahre</strong>n immer große Erfolge<br />

gehabt.<br />

REALITY: An welche Ereignisse <strong>in</strong><br />

Ihrer langen Tätigkeit er<strong>in</strong>nern sie<br />

sich gern zurück?<br />

GC: Alle Direktoren – <strong>und</strong> jetzt<br />

auch die Frau Direktor – s<strong>in</strong>d<br />

Persönlichkeiten; ich habe eigentlich<br />

nur gute Erfahrungen mit dieser<br />

<strong>Schule</strong> gemacht.<br />

REALITY: Was heißt für Sie moderner<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong>novativer Sportunterricht?<br />

GC: Im Sportunterricht gibt es eigentlich<br />

nicht viel Modernes <strong>und</strong><br />

auch nicht viel Innovatives…<br />

(Professor Crepaz öffnet das<br />

Fenster <strong>und</strong> weist e<strong>in</strong>ige Schüler<br />

zurecht, die draußen herumalbern)<br />

…weil der Sportunterricht immer<br />

derselbe ist. Dazu gehören das<br />

Laufen, Spr<strong>in</strong>ten, Werfen, Stoßen,<br />

Spr<strong>in</strong>gen – ohne diese Fähigkeiten<br />

gibt es ke<strong>in</strong>en Sportunterricht.<br />

REALITY: Wie ist Ihre Me<strong>in</strong>ung zu<br />

den Bildungs- <strong>und</strong> Berufsmöglichkeiten<br />

nach dem Abschluss des<br />

Realgymnasiums, auch im Vergleich<br />

zu anderen <strong>Schule</strong>n?<br />

GC: Die Möglichkeiten s<strong>in</strong>d sicher<br />

besser. Ich habe selbst drei Söhne,<br />

REALITY: Wie lange werden Sie<br />

am Realgymnasium noch unterrichten?<br />

GC: Solange mir der Himmel die<br />

Ges<strong>und</strong>heit schenkt. Aber wenn<br />

das Pensionsalter erreicht ist,<br />

muss ich eben gehen. Aber ich<br />

werde nicht gehen, sondern laufen!<br />

(lacht)<br />

REALITY: Zum Schluss: E<strong>in</strong>en Rat<br />

vom wohl erfahrensten Sportlehrer<br />

des Pustertals an alle Sportlehrer<br />

<strong>und</strong> Sportler...<br />

GC: Jeden Tag e<strong>in</strong>e St<strong>und</strong>e Sport<br />

treiben! Die Vielseitigkeit fördern<br />

<strong>und</strong> alle Fächer lernen, denn alle<br />

Fächer s<strong>in</strong>d von großer Bedeutung!<br />

REALITY: Herr Crepaz, danke für<br />

das Interview!<br />

29


30<br />

„KEIN MENSCH LERNT IN<br />

50-MINUTEN-EINHEITEN!“<br />

Leni Dorner war von 1978 bis<br />

2007 Lehrer<strong>in</strong> für Deutsch <strong>und</strong><br />

Late<strong>in</strong> am Realgymnasium Bruneck;<br />

seitdem arbeitet sie am<br />

Pädagogischen Beratungszentrum<br />

<strong>in</strong> Bruneck.<br />

REALITY: Frau Dorner, wenn Sie<br />

an das Realgymnasium Bruneck<br />

zurückdenken – woran er<strong>in</strong>nern Sie<br />

sich?<br />

LD: Ich verb<strong>in</strong>de mit dem Realgymnasium<br />

vor allem gute Er<strong>in</strong>nerungen.<br />

Anfangs war die <strong>Schule</strong><br />

kle<strong>in</strong>, sie hatte nur zwei Züge, ehe<br />

sie auf drei <strong>und</strong> vier angewachsen<br />

ist. Wir waren damals nur 20 Lehrer,<br />

heute s<strong>in</strong>d es doppelt so viele.<br />

Alles war gemütlicher <strong>und</strong> nachmittags<br />

gab es kaum Sitzungen.<br />

REALITY: Die pädagogischen Tagungen,<br />

die ab 1993 jährlich stattfanden,<br />

gehen auf e<strong>in</strong>e Idee von<br />

Ihnen zurück...<br />

LD: Ja, aber nicht nur. Wir waren<br />

e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Gruppe von Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Kollegen, die sich die<br />

Frage stellten: Warum sollte sich<br />

das gesamte Lehrerkollegium im<br />

Herbst vor Schulbeg<strong>in</strong>n nicht irgendwo<br />

außerhalb der <strong>Schule</strong> zu<br />

e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Tag treffen,<br />

der Themen gewidmet werden<br />

sollte, die für alle wichtig s<strong>in</strong>d? E<strong>in</strong><br />

kle<strong>in</strong>er Personenkreis ließ sich dafür<br />

sofort begeistern, aber es gab<br />

auch e<strong>in</strong>ige Bedenken. Die erste<br />

Tagung fand <strong>in</strong> Mühlbach oberhalb<br />

von Gais statt, es g<strong>in</strong>g um das<br />

Thema „Die <strong>Schule</strong> als Lebens<strong>und</strong><br />

Erfahrungsraum“. Weitere<br />

Themen waren etwa „Angstfreies<br />

Lernen“, „Der autonome Schüler“<br />

<strong>und</strong> „Offene Lernformen“. Zum<br />

Großteil waren es sehr fruchtbare<br />

Gespräche, die die Unterrichtspraxis<br />

stark bee<strong>in</strong>flusst haben.<br />

REALITY: Sie arbeiten seit drei<br />

<strong>Jahre</strong>n am Pädagogischen Beratungszentrum<br />

<strong>in</strong> Bruneck im Bereich<br />

<strong>Schule</strong>ntwicklung; was ließe<br />

sich an den Oberschulen generell<br />

verbessern?<br />

LD: E<strong>in</strong> erster wichtiger Schritt<br />

wäre sicher die Reduzierung der<br />

Wochenst<strong>und</strong>enzahl, denn e<strong>in</strong><br />

normales Schülerhirn kann so viel<br />

Stoff, wie derzeit vermittelt wird,<br />

nicht s<strong>in</strong>nvoll verarbeiten. Dann<br />

müssten die Fächer durchforstet<br />

werden: Welcher Lehrstoff ist<br />

überlebt, was ließe sich getrost<br />

<strong>und</strong> ruhigen Gewissens weglassen?<br />

Diese Entrümpelung würde dafür<br />

sorgen, dass für die Schüler mehr<br />

Zeit für Sport <strong>und</strong> Musik <strong>und</strong> andere<br />

wichtige D<strong>in</strong>ge bleibt.<br />

REALITY: Welcher dieser Pläne ließen<br />

sich im Rahmen der geltenden<br />

Autonomie der <strong>Schule</strong>n schon jetzt<br />

umsetzen?<br />

LD: Da wäre e<strong>in</strong>iges machbar. Alle<br />

Lerntheorien besagen, dass ke<strong>in</strong><br />

Mensch <strong>in</strong> 50-M<strong>in</strong>uten-E<strong>in</strong>heiten<br />

lernt. Als Hausfrau weiß ich: Ob<br />

ich gut oder schlecht gekocht<br />

habe, hängt nicht davon ab, wie<br />

lange ich gekocht habe. Ähnlich<br />

ist es mit dem Lernen: Alle<strong>in</strong> das<br />

Ergebnis zählt. Ideal wäre das College-System,<br />

bei dem die Schüler<br />

sich ihre Schwerpunkte <strong>und</strong> Fächer<br />

zum Teil selbst auswählen<br />

<strong>und</strong> ihre Ziele selbst setzen. Bis<br />

es bei uns so weit ist, wird es<br />

aber noch e<strong>in</strong>ige Zeit dauern. Aber<br />

das hat auch Vorteile: Wenn die<br />

<strong>Schule</strong> sich immer sofort den neuesten<br />

pädagogischen Trends anschließen<br />

würde, wäre das totale<br />

Chaos vorprogrammiert.<br />

REALITY: Frau Dorner, vielen Dank<br />

für das Gespräch!


Sonja Hartner war am Realgymnasium<br />

Bruneck von 1988<br />

bis 2006 tätig als Lehrer<strong>in</strong> für<br />

Deutsch <strong>und</strong> Late<strong>in</strong> tätig, danach<br />

arbeitete sie am Pädagogischen<br />

Institut. Seit zwei<br />

<strong>Jahre</strong>n leitet sie die Stadtbibliothek<br />

Bruneck.<br />

REALITY: Frau Hartner, Sie kennen<br />

das Realgymnasium Bruneck<br />

als Schüler<strong>in</strong> <strong>und</strong> als Lehrer<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

s<strong>in</strong>d jetzt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Bereich<br />

tätig; wie denken Sie aus der Distanz<br />

über unsere <strong>Schule</strong>?<br />

SH: Ja, ich habe das Realgymnasium<br />

selbst besucht, habe dort<br />

lange gearbeitet <strong>und</strong> kenne auch<br />

die anderen Brunecker Oberschulen<br />

recht gut – <strong>und</strong> ich kann sagen,<br />

dass das Realgymnasium<br />

e<strong>in</strong>e gute <strong>Schule</strong> ist. Zum e<strong>in</strong>en<br />

bietet es e<strong>in</strong>e gute Allgeme<strong>in</strong>bildung,<br />

zum anderen hat es e<strong>in</strong>en<br />

klaren <strong>in</strong>haltlichen Schwerpunkt<br />

auf den Naturwissenschaften - wobei<br />

mir die die Richtung mit Late<strong>in</strong><br />

immer sympathischer war als die<br />

technische Richtung. Was fehlt, ist<br />

der musische Bereich - aber man<br />

kann schließlich nicht alles haben.<br />

REALITY: Welche Er<strong>in</strong>nerungen<br />

verb<strong>in</strong>den Sie mit dem Realgymnasium?<br />

SH: Da fällt mir vor allem der Umbruch<br />

um das Jahr 2000 herum<br />

auf: Die <strong>Schule</strong> wurde der Autonomen<br />

Prov<strong>in</strong>z übertragen, die Anforderungen<br />

von Seiten des Schulamts<br />

wuchsen beständig an, es<br />

gab e<strong>in</strong>en neuen Arbeitsvertrag mit<br />

mehr Lohn, aber auch die Zahl der<br />

Arbeitsst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> der Sitzungen<br />

nahm zu. Ich me<strong>in</strong>e, diese Änderung<br />

hat viele Lehrer ziemlich unvorbereitet<br />

getroffen. Der klassische Lehrer<br />

war bisher e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelkämpfer, nun<br />

g<strong>in</strong>g es darum, vieles im Team zu<br />

erledigen. Viele Lehrer s<strong>in</strong>d damit<br />

schlicht überfordert <strong>und</strong> machen als<br />

Folge nur noch Dienst nach Vorschrift.<br />

Das ist sehr schade.<br />

„GEHOBEN UND<br />

GESCHOBEN“<br />

REALITY: Wie könnte besser werden<br />

an der <strong>Schule</strong> <strong>in</strong>sgesamt?<br />

SH: Das selbstständige Arbeiten<br />

der Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler sollte<br />

durch Projektunterricht stärker<br />

gefördert werden; die Lehrer sollten<br />

mehr auf die Eigen<strong>in</strong>itiative<br />

der Schüler setzen.<br />

REALITY: Und was sollte sich am<br />

Realgymnasium ändern?<br />

SH: Was mich <strong>in</strong> den letzten <strong>Jahre</strong>n<br />

me<strong>in</strong>er Unterrichtstätigkeit<br />

am Realgymnasium gestört hat,<br />

war e<strong>in</strong>e gewisse Beliebigkeit: Das<br />

Lehrerkollegium hat geme<strong>in</strong>sam<br />

Regeln festgelegt <strong>und</strong> durch Beschlüsse<br />

für alle verb<strong>in</strong>dlich gemacht<br />

– aber kaum jemand hat<br />

sich daran gehalten. Gefährlich<br />

halte ich auch die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Entwicklung h<strong>in</strong> zu immer mehr<br />

Stützkursen. Das fördert die Trägheit<br />

der Schüler, die denken: „Ich<br />

muss mich nicht mehr anstrengen,<br />

ich bekomme sowieso alles <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en<br />

Portionen geliefert <strong>und</strong> werde<br />

am Ende <strong>in</strong> die nächste Klasse<br />

gehoben <strong>und</strong> geschoben.“ Das ist<br />

me<strong>in</strong>es Erachtens e<strong>in</strong> Versagen<br />

der <strong>Schule</strong> <strong>in</strong>sgesamt.<br />

REALITY: Frau Hartner, vielen<br />

Dank für das Gespräch!<br />

31


„ALTE<br />

UND NEUE<br />

MEDIEN“<br />

Konkurrenz der Bücher s<strong>in</strong>d, denn<br />

es geht immer ums Lesen.<br />

REALITY: Die Schulbibliothek wird<br />

von zwei <strong>Schule</strong>n zugleich genutzt...<br />

SH: Ja, aber das ist ke<strong>in</strong> Problem,<br />

im Gegenteil: Unsere Bibliothek<br />

ist so groß, dass Schüler beider<br />

<strong>Schule</strong>n genug Platz haben.<br />

REALITY: Vielen Dank für das Interview!<br />

„VOM PAUS-<br />

PAPIER ZU IT“<br />

REALITY: Wie gefällt Ihnen Ihre<br />

Arbeit?<br />

AL: Mir gefällt me<strong>in</strong>e Arbeit gut,<br />

vor allem das breite <strong>und</strong> abwechslungsreiche<br />

Tätigkeitsfeld <strong>und</strong> die<br />

Arbeit mit Menschen.<br />

32<br />

Susanne Huber leitet die Schulbibliothek,<br />

die vom Realgymnasium<br />

<strong>und</strong> vom Humanistischen<br />

Gymnasium geme<strong>in</strong>sam genutzt<br />

wird.<br />

REALITY: Seit wann leiten Sie die<br />

Schulbibliothek?<br />

SH: Seit drei <strong>Jahre</strong>n.<br />

REALITY: Kennen Sie alle Bücher<br />

der Bibliothek?<br />

SH: Ne<strong>in</strong>, leider nicht! Ich hatte<br />

sie bisher nicht e<strong>in</strong>mal alle <strong>in</strong> der<br />

Hand! Denn es gibt Bücher, die<br />

absolut nicht entlehnt werden <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>fach nur Platz wegnehmen. Was<br />

den Kauf neuer Bücher angeht,<br />

muss ich zusammen mit den Mitgliedern<br />

des Bibliotheksrats genau<br />

überlegen, was wir kaufen, damit<br />

unser Budget nicht überlastet wird.<br />

REALITY: Sehen Sie im Internet<br />

e<strong>in</strong>e Konkurrenz zu den Büchern?<br />

SH: Ich denke nicht, dass die<br />

Neuen Medien e<strong>in</strong>e gefährliche<br />

Anita Ladstätter ist die Schulsekretär<strong>in</strong><br />

des Realgymnasiums<br />

Bruneck.<br />

REALITY: Frau Ladstätter, wie lange<br />

arbeiten Sie schon am Realgymnasium?<br />

AL: Seit 17 <strong>Jahre</strong>n; damals befand<br />

sich das Schulgebäude noch<br />

<strong>in</strong> der Stadtgasse.<br />

REALITY: Wofür s<strong>in</strong>d Sie als Chefsekretär<strong>in</strong><br />

zuständig?<br />

AL: Für die Buchhaltung <strong>und</strong> die<br />

steuerrechtlichen Verwaltungsarbeiten,<br />

die Koord<strong>in</strong>ierung des Personals,<br />

die Ankäufe, die Arbeitsverträge<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>iges andere mehr.<br />

REALITY: Was könnte man Ihrer<br />

Me<strong>in</strong>ung nach noch verbessern?<br />

AL: Man könnte die Arbeiten noch<br />

besser koord<strong>in</strong>ieren, damit es weniger<br />

Term<strong>in</strong>schwierigkeiten gibt.<br />

REALITY: Was hat sich <strong>in</strong> der Zeit,<br />

<strong>in</strong> der Sie hier tätig s<strong>in</strong>d, verändert?<br />

AL: Trotz der fast h<strong>und</strong>ertprozentigen<br />

Anwendung der modernen<br />

Informationstechnologien hat sich<br />

der bürokratische Verwaltungsapparat<br />

immer weiter aufgebläht <strong>und</strong><br />

der Papierausstoß ist auch nicht<br />

gesunken. Ich habe nämlich noch<br />

das Zeitalter der Schreibmasch<strong>in</strong>e<br />

<strong>und</strong> des Pauspapiers erlebt! (lacht)<br />

REALITY: Frau Ladstätter, vielen<br />

Dank für das Gespräch!


Albert Kofler war 33 <strong>Jahre</strong> lang<br />

Schullaborant am Realgymnasium<br />

Bruneck, ehe er sich Ende<br />

2009 <strong>in</strong> den Ruhestand verabschiedete.<br />

REALITY: Wie viele Experimente<br />

haben Sie <strong>in</strong> 33 <strong>Jahre</strong>n gemacht?<br />

AK: Das kann ich beim besten<br />

Willen nicht mehr sagen, weil ich<br />

nicht Buch geführt habe. Aber da<br />

s<strong>in</strong>d schon e<strong>in</strong>ige zusammengekommen:<br />

Alle <strong>Jahre</strong> wieder die<br />

vielen Standardversuche, dazu viele<br />

selbst entwickelte. Die Anleitungen<br />

habe ich <strong>in</strong> den vergangenen<br />

<strong>Jahre</strong>n immer öfter aus dem Internet<br />

besorgt, denn „Tante Google“<br />

br<strong>in</strong>gt viele Informationen.<br />

REALITY: Haben die Versuche immer<br />

wie am Schnürchen geklappt<br />

oder ist auch gelegentlich e<strong>in</strong>iges<br />

danebengegangen?<br />

AK: Das immer alles klappt, ist<br />

unmöglich - <strong>und</strong> das soll es auch<br />

gar nicht. Allerd<strong>in</strong>gs hätte es viele<br />

Möglichkeiten gegeben, die Versuche<br />

zu manipulieren, um sie doch<br />

gel<strong>in</strong>gen zu lassen. Aber das habe<br />

ich nicht gemacht. Wenn e<strong>in</strong> Versuch<br />

e<strong>in</strong>mal nicht funktioniert hat,<br />

dann eben nicht – übrigens sehr<br />

zur Freude der Schüler. Wenn ich<br />

manchmal Schüler von früher treffe,<br />

er<strong>in</strong>nern sie sich vor allem an<br />

die misslungenen Versuche.<br />

REALITY: Hat es Sie nie gereizt,<br />

selbst e<strong>in</strong>mal zu unterrichten?<br />

AK: Ne<strong>in</strong>, mit den Lehrern wollte<br />

ich nie tauschen. Ich war glücklich<br />

damit, die Versuche <strong>und</strong> das ganze<br />

Drumherum aufzubauen; mich<br />

hat die technische Seite immer<br />

mehr <strong>in</strong>teressiert als die pädagogische,<br />

weil die viel komplizierter<br />

ist.<br />

REALITY: Wie hat sich das chemische<br />

Labor am Realgymnasium<br />

im Lauf der vergangenen 33 <strong>Jahre</strong><br />

entwickelt?<br />

AK: Zu Beg<strong>in</strong>n me<strong>in</strong>er Arbeit besaßen<br />

wir gerade e<strong>in</strong>mal zwei kle<strong>in</strong>e<br />

Kästen mit e<strong>in</strong>igen Reagenzgläsern,<br />

heute verfügen wir über e<strong>in</strong><br />

Labor, das kaum Wünsche offen<br />

lässt.<br />

REALITY: Haben die Naturwissenschaften<br />

für Sie immer noch ihren<br />

Reiz?<br />

AK: Durchaus, denn es gibt noch<br />

jede Menge zu klären. Das fängt<br />

mit e<strong>in</strong>fachen Fragen an - Was<br />

ist Wasser wirklich, wie verhält es<br />

sich im Detail? - <strong>und</strong> endet mit<br />

dem Rätsel Mensch.<br />

REALITY: Wie beurteilen Sie Ihre<br />

Zeit am Realgymnasium Bruneck?<br />

AK: Es war e<strong>in</strong>e schöne Zeit, sehr<br />

lehrreich <strong>und</strong> sehr spannend. Auch<br />

im Ruhestand werde ich nicht e<strong>in</strong>fach<br />

ruhen, sondern wie bisher<br />

mit viel Passion fotografieren <strong>und</strong><br />

me<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Imkerei betreiben.<br />

REALITY: Herr Kofler, vielen Dank<br />

für das Interview!<br />

„SICH MERKEN WAS MISSLINGT“<br />

33


„KEIN<br />

KONKURRENZDENKEN“<br />

34<br />

Zilli Moser ist Vizedirektor<strong>in</strong><br />

des Humanistischen Gymnasiums<br />

„Nikolaus Cusanus“, also<br />

gewissermaßen der Schwesterschule<br />

des Realgymnasiums,<br />

denn beide <strong>Schule</strong>n s<strong>in</strong>d im<br />

selben Gebäude <strong>in</strong> der Schulzone<br />

untergebracht.<br />

REALITY: Frau Direktor<strong>in</strong>, seit<br />

wann leiten Sie das Humanistische<br />

Gymnasium?<br />

ZM: Ich b<strong>in</strong> seit 1988 am Humanistischen<br />

Gymnasium tätig, <strong>und</strong><br />

zwar als Lehrer<strong>in</strong> für Deutsch<br />

<strong>und</strong> Late<strong>in</strong>. Vor e<strong>in</strong>em Jahr habe<br />

ich die Schulleitung übernommen,<br />

aber unser eigentlicher Direktor ist<br />

Werner Sporer, der Direktor der<br />

Gewerbeoberschule; ich b<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e<br />

Stellvertreter<strong>in</strong>.<br />

REALITY: Wie entwickelt sich Ihre<br />

<strong>Schule</strong>?<br />

ZM: Derzeit haben wir 286 Schüler<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Schüler. Seit fünf<br />

<strong>Jahre</strong>n haben wir ke<strong>in</strong>e klassische<br />

Richtung mit Griechisch mehr, weil<br />

sich ke<strong>in</strong>e Schüler mehr angemeldet<br />

haben. Also besteht das klassische<br />

Lyzeum nur noch auf dem<br />

Papier; dafür s<strong>in</strong>d unsere beiden<br />

anderen Richtungen, nämlich das<br />

Sprachen- <strong>und</strong> das Kunstlyzeum,<br />

sehr gefragt.<br />

REALITY: Was halten Sie davon,<br />

dass das Humanistische <strong>und</strong> das<br />

Realgymnasium im selben Gebäude<br />

untergebracht s<strong>in</strong>d?<br />

ZM: Ich f<strong>in</strong>de es gut, dass sich die<br />

beiden <strong>Schule</strong>n das Gebäude teilen,<br />

weil dadurch viele Räume besser<br />

genutzt werden können, etwa<br />

die Bibliothek, aber auch die Aula<br />

<strong>und</strong> der E<strong>in</strong>gangsbereich. Man<br />

könnte es so sehen: Zusammen<br />

s<strong>in</strong>d wir e<strong>in</strong> großes Gymnasium<br />

mit verschiedenen Fachrichtungen.<br />

REALITY: S<strong>in</strong>d die beiden <strong>Schule</strong>n<br />

auch Konkurrenten?<br />

ZM: Ich glaube nicht, dass es e<strong>in</strong><br />

Konkurrenzdenken gibt, denn beide<br />

<strong>Schule</strong>n s<strong>in</strong>d gewachsene <strong>Schule</strong>n,<br />

das heißt <strong>Schule</strong>n, die sich <strong>in</strong><br />

Jahrzehnten entwickelt haben <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>e eigene Identität besitzen. Daher<br />

gibt es auch ke<strong>in</strong>e besseren<br />

oder schlechteren Fächer, sondern<br />

es gibt nur Fächer, die e<strong>in</strong>er besonderen<br />

Begabung mehr oder<br />

weniger liegen.<br />

REALITY: Und was halten Sie von<br />

den Feiern zu unserem 40. Gründungsjubiläum?<br />

ZM: E<strong>in</strong> großes Kompliment für<br />

eure Ausstellung im Innenhof; ich<br />

fand es sehr <strong>in</strong>teressant, wie ehemalige<br />

Schüler bei der Ausstellungseröffnung<br />

von ihrem Werdegang<br />

erzählt haben.<br />

REALITY: Frau Moser, vielen Dank<br />

für das Interview!


Im Realgymnasium Bruneck war<br />

er e<strong>in</strong> Mann der ersten St<strong>und</strong>e:<br />

Alfred Niederhofer war zunächst<br />

Lehrer für Mathematik<br />

<strong>und</strong> Physik, ehe er die <strong>Schule</strong><br />

von 1985 bis 2008 als Direktor<br />

leitete. Seit zwei <strong>Jahre</strong>n ist er<br />

<strong>in</strong> Ruhestand.<br />

REALITY: Herr Niederhofer: Wenn<br />

Sie auf „Ihre“ <strong>Schule</strong> zurückblicken<br />

– s<strong>in</strong>d Sie zufrieden mit der<br />

Entwicklung?<br />

AN: Durchaus, denn es g<strong>in</strong>g bei<br />

der Gründung darum, e<strong>in</strong>e Oberschule<br />

mit naturwissenschaftlichtechnischem<br />

Schwerpunkt aufzubauen.<br />

Dass wir im Laufe der<br />

<strong>Jahre</strong> auch e<strong>in</strong>ige pädagogischdidaktische<br />

Schwerpunkte gesetzt<br />

haben, freut mich besonders. Da<br />

s<strong>in</strong>d vor allem unsere pädagogischen<br />

Tagungen zu nennen, an<br />

denen immer das ganze Kollegium<br />

teilgenommen hat. Dabei g<strong>in</strong>g<br />

es vor allem darum, das Klima<br />

zwischen den Schülern <strong>und</strong> Lehrern<br />

zu verbessern. Und das ist<br />

uns me<strong>in</strong>es Erachtens recht gut<br />

gelungen.<br />

REALITY: Sie waren zunächst Lehrer,<br />

dann Direktor. Haben Sie als<br />

Direktor den direkten Kontakt zu<br />

den Schülern vermisst?<br />

AN: Ja, denn ich habe me<strong>in</strong>e<br />

Berufung immer <strong>in</strong> der Rolle des<br />

Lehrers gesehen. Direktor b<strong>in</strong> ich<br />

eher aus Zufall geworden. In me<strong>in</strong>en<br />

ersten <strong>Jahre</strong>n als Direktor<br />

habe ich viele Supplenzst<strong>und</strong>en<br />

gemacht; später habe ich noch e<strong>in</strong>ige<br />

Male e<strong>in</strong>e Stelle als Mathematik-<br />

<strong>und</strong> Physiklehrer übernommen,<br />

weil ich ke<strong>in</strong>e geeigneten Lehrer<br />

gef<strong>und</strong>en habe. Allerd<strong>in</strong>gs war ich<br />

mit me<strong>in</strong>em Unterricht nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

zufrieden, weil ich mir stets<br />

zu viel vorgenommen habe. Später<br />

ist es aus gesetzlichen Gründen<br />

nicht mehr möglich gewesen,<br />

EIN LEBEN FÜR DIE SCHULE<br />

dass e<strong>in</strong> Direktor selbst unterrichtet.<br />

Dabei wäre diese Doppelrolle<br />

nicht schlecht gewesen, weil ich<br />

besser <strong>in</strong> das Schulgeschehen<br />

e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en gewesen wäre. Nach<br />

dem Übergang der <strong>Schule</strong> an die<br />

Autonome Prov<strong>in</strong>z Bozen wurden<br />

die Direktoren immer mehr zu Managern,<br />

die nur noch wenig mit<br />

der Basis zu tun haben.<br />

REALITY: Wie hat sich die <strong>Schule</strong><br />

im Lauf der <strong>Jahre</strong> geändert?<br />

AN: E<strong>in</strong>erseits hat sich wenig geändert,<br />

denn es gibt ja den bösen<br />

Spruch: Langsamer als die <strong>Schule</strong><br />

ändert sich nur die Kirche. Andererseits<br />

hat sich e<strong>in</strong>e ganze Menge<br />

getan: Das Wissen, das vermittelt<br />

wird, hat sich potenziert, es kommen<br />

ständig neue Bereiche dazu,<br />

denken wir nur an die Informationstechnologien.<br />

Auch im Bereich<br />

Didaktik hat sich e<strong>in</strong>iges getan,<br />

der Frontalunterricht wird durch<br />

viele andere Unterrichtsformen ergänzt.<br />

Dabei gibt es ke<strong>in</strong>e Patentrezepte:<br />

Jeder Lehrer muss sich<br />

fragen, was eignet sich <strong>in</strong> welcher<br />

Klasse gut, was nicht? Und selbstverständlich<br />

haben sich auch die<br />

Schüler verändert. Ich glaube aber,<br />

dass unsere <strong>Schule</strong> <strong>in</strong>sgesamt gut<br />

dasteht.<br />

REALITY: Der Neubau des Realgymnasiums<br />

geht auf Ihre Initiative<br />

zurück...<br />

AN: Ja, das war e<strong>in</strong>e lange Geschichte:<br />

Bereits 1984 hat die Landesregierung<br />

den Neubau genehmigt;<br />

dann hat sie uns aber lange<br />

hängen lassen. Erst 1999 wurde<br />

das Gebäude endlich fertig gestellt.<br />

Am 9.9.1999 wurde es offiziell<br />

se<strong>in</strong>er Bestimmung übergeben.<br />

Die Eile <strong>in</strong> der Schlussphase hat<br />

dazu geführt, dass arg geschludert<br />

wurde, weshalb nun – nach zehn<br />

<strong>Jahre</strong>n – bereits zur Generalsanierung<br />

geschritten werden muss.<br />

Außerdem ist das Gebäude für unsere<br />

<strong>Schule</strong> zu kle<strong>in</strong>, vor allem die<br />

Aula: Sie hat 269 Sitzplätze, nötig<br />

wären aber m<strong>in</strong>destens 400, um<br />

etwa e<strong>in</strong> Schulfest zu feiern.<br />

REALITY: Was wünschen Sie sich<br />

für das Realgymnasium? Woh<strong>in</strong><br />

sollte es sich entwickeln?<br />

AN: Wenn wir die Schulreform e<strong>in</strong>mal<br />

beiseite lassen, weil man eh<br />

nicht weiß, was sich dadurch alles<br />

ändert, wünsche ich mir, dass die<br />

Lehrer <strong>und</strong> das Schulpersonal die<br />

Arbeit <strong>in</strong> der <strong>Schule</strong> nicht nur als<br />

beliebigen Job verstehen, sondern<br />

die <strong>Schule</strong> als e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft,<br />

<strong>in</strong> der auch Kollegialität <strong>und</strong> Solidarität<br />

zählen. Denn nur so kann<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong> wirklich funktionieren.<br />

REALITY: Herr Niederhofer, vielen<br />

Dank für das Gespräch!<br />

35


SCHEIN UND<br />

WIRKLICHKEIT<br />

36<br />

Das Gebäude des Realgymnasiums<br />

erweckt nach außen h<strong>in</strong><br />

den Ansche<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e wichtige Regierungsbehörde<br />

(F<strong>in</strong>anz- oder<br />

Verteidigungsm<strong>in</strong>isterium) zu<br />

beherbergen – so prächtig-protzig<br />

steht die Fassade mit den<br />

glänzenden Marmorplatten da.<br />

Aber die Realität hält nicht unbed<strong>in</strong>gt,<br />

was die polierte Fassade<br />

verspricht. Kurzzeit-Direktor Gregor<br />

Beikircher hat im Frühjahr 2009<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Interview mit der „Pustertaler<br />

Zeitung“ e<strong>in</strong>e Reihe von<br />

Mängeln aufgelistet: „Die Gebäude<br />

des Realgymnasiums <strong>und</strong> der<br />

Gewerbeoberschule wurden beide<br />

1999 bezogen; während die Gewerbeoberschule<br />

sehr e<strong>in</strong>fach <strong>und</strong><br />

funktional errichtet wurde, ist das<br />

Realgymnasium sehr unpraktisch<br />

gebaut <strong>und</strong> mit allerlei Schnörkeln<br />

versehen worden. Dabei kostete bei<br />

der Gewerbeoberschule der Kubikmeter<br />

200 Euro, beim Realgymnasium<br />

das Doppelte. Zudem wurde<br />

beim Bau des Realgymnasiums so<br />

sehr geschludert, dass von Beg<strong>in</strong>n<br />

Wasser durch das Dach sickerte.<br />

Für die schnelle Sanierung war<br />

ke<strong>in</strong> Geld da, bei den zuständigen<br />

Ämtern hat es stets geheißen: È<strong>in</strong><br />

neues Gebäude sanieren wir nicht.`<br />

Jetzt besteht endlich die Aussicht,<br />

dass es während der Sommermonate<br />

umfassend saniert wird.“<br />

Dazu ist es nicht gekommen; die<br />

Sanierungsarbeiten s<strong>in</strong>d erst vor<br />

kurzem angelaufen.<br />

NICHT BLOSS KOSMETIK<br />

Florian Nöss<strong>in</strong>g, Geometer im<br />

Amt für Bauerhaltung der Prov<strong>in</strong>z<br />

Bozen, ist für die Erhaltung der<br />

Oberschulen des Pustertals zuständig.<br />

Ist das Realgymnasium<br />

Bruneck e<strong>in</strong>e <strong>Schule</strong>, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

besonders schlimmen Zustand ist?<br />

Nöss<strong>in</strong>g: „Nicht unbed<strong>in</strong>gt. Wir haben<br />

zwar gerade mit der Sanierung<br />

des Daches begonnen, weil<br />

bei längeren Regenfällen Wasser<br />

<strong>in</strong>s Gebäude sickert. Aber solche<br />

Sanierungen s<strong>in</strong>d auch bei anderen<br />

Schulgebäuden nötig.“ Fakt ist,<br />

dass die Abdeckungen auf dem<br />

Dach zum Großteil durchgerostet<br />

s<strong>in</strong>d, dass da bereits vom Architekten<br />

Albert Colz e<strong>in</strong>iges falsch<br />

geplant worden ist <strong>und</strong> dass die<br />

Ausschreibungssumme für die Sanierung<br />

nicht weniger als 250.000<br />

Euro beträgt. E<strong>in</strong> privater Bauherr<br />

könnte sich e<strong>in</strong>e so umfassende<br />

Sanierung nach bereits zehn <strong>Jahre</strong>n<br />

kaum leisten... Zudem musste<br />

bereits e<strong>in</strong>e Reihe von Türen<br />

ausgetauscht werden, weil sie so<br />

groß <strong>und</strong> schwer waren, dass sie<br />

ihre Verankerungen aus den Mauern<br />

gerissen haben. An sich hätte<br />

das Gebäude e<strong>in</strong> gut gedämmtes<br />

Klimahaus werden sollen, aber die<br />

Dichtungen der Fenster entsprechen<br />

diesem Standard <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er<br />

Weise. Nöss<strong>in</strong>g bestreitet das alles<br />

auch gar nicht; er hat sich dafür<br />

stark gemacht, die jetzige Sanierung<br />

umfassend zu gestalten <strong>und</strong><br />

„nicht nur Kosmetik zu betreiben<br />

<strong>und</strong> kle<strong>in</strong>e Schäden zu beheben“.<br />

Wird <strong>in</strong> <strong>Südtirol</strong> bei öffentlichen<br />

Bauten besonders viel gepfuscht?


Nöss<strong>in</strong>g verne<strong>in</strong>t das: „Insgesamt<br />

s<strong>in</strong>d unsere Schulbauten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

gutem Zustand.“ E<strong>in</strong> Geometer im<br />

Amt für Bauerhaltung muss das<br />

wohl kraft se<strong>in</strong>es Amtes behaupten...<br />

AUF DER HABENSEITE<br />

Der Ausgewogenheit halber soll<br />

aber auch angemerkt werden, dass<br />

das Realgymnasium Bruneck über<br />

die vermutlich schönsten naturwissenschaftlichen<br />

Labors des ganzen<br />

Landes verfügt, dass es e<strong>in</strong> eigenes<br />

Fotolabor hat, e<strong>in</strong>e gut ausgestattete<br />

Schulbibliothek, zwei EDV-Säle,<br />

e<strong>in</strong>en geräumigen <strong>und</strong> mit Glasdach<br />

versehenen Innenhof, e<strong>in</strong>e (etwas zu<br />

kle<strong>in</strong> ausgefallene) Aula Magna... <strong>und</strong><br />

zusammen mit den anderen <strong>Schule</strong>n<br />

des Brunecker Schulzentrums über<br />

Sportanlagen verfügt, um die uns<br />

viele andere <strong>Schule</strong>n beneiden.<br />

VOM CHAOS ZUR<br />

ORDNUNG ODER<br />

UMGEKEHRT<br />

An der Vorder- <strong>und</strong> an der Rückseite<br />

des Realgymnasiums Bruneck<br />

stehen zwei Bronzeskulpturen.<br />

Über ihre mögliche Bedeutung<br />

haben sich die SchülerInnen e<strong>in</strong>e<br />

orig<strong>in</strong>elle Sichtweise zurechtgelegt:<br />

Die Skulpturen stehen für den Werdegang<br />

der SchülerInnen. Wenn<br />

diese ihre Oberschulzeit beg<strong>in</strong>nen,<br />

s<strong>in</strong>d sie noch wild <strong>und</strong> ungeordnet<br />

wie Nudeln – genauer: „Fusilli“;<br />

wenn sie nach fünf <strong>Jahre</strong>n<br />

am anderen Ende der <strong>Schule</strong> als<br />

geformte <strong>und</strong> gebildete Persönlichkeiten<br />

wieder herauskommen,<br />

ähneln sie „Oscar“, der vergoldeten<br />

Nickel-Kupfer-Figur, die <strong>in</strong><br />

Hollywood alljährlich als Filmpreis<br />

vergeben wird. Selbstverständlich<br />

kann man diesen Bildungsweg<br />

auch <strong>in</strong> der umgekehrten Richtung<br />

beschreiten....<br />

37


DIE ARBEIT HINTER<br />

DEN KULISSEN<br />

38<br />

Siegl<strong>in</strong>de Treyer ist Schulwart<strong>in</strong><br />

am Realgymnasium <strong>und</strong> zugleich<br />

„Mädchen für alles“. Aus dem<br />

Schulalltag ist sie längst nicht<br />

mehr wegzudenken.<br />

Stets fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> hilfsbereit<br />

schlendert sie mit e<strong>in</strong>em Lächeln<br />

durch die <strong>Schule</strong>. Für Probleme<br />

jeglicher Art, sei es von Seiten<br />

der Lehrer oder sei es von Seiten<br />

der Schüler, hat sie immer e<strong>in</strong><br />

offenes Ohr <strong>und</strong> hilft mit Rat <strong>und</strong><br />

Tat. Nunmehr s<strong>in</strong>d es 14 <strong>Jahre</strong>,<br />

dass Siegl<strong>in</strong>de am Realgymnasium<br />

arbeitet. „Me<strong>in</strong>e Arbeit gefällt mir<br />

immer noch sehr gut, sie bereitet<br />

mir viel Spaß!“ Frau Treyer hat<br />

e<strong>in</strong>e der wichtigsten Rollen der<br />

<strong>Schule</strong> <strong>in</strong>ne, sie kümmert sich um<br />

alles, was irgendwie hakt; ohne<br />

ihren E<strong>in</strong>satz würde so manches<br />

nicht r<strong>und</strong> oder gar aus dem Ruder<br />

laufen. Zu ihren Aufgaben gehören<br />

das Kopieren, das Betreuen<br />

der technischen Geräte <strong>und</strong> das<br />

Weitergeben von Informationen,<br />

um nur e<strong>in</strong>ige zu nennen. Wegen<br />

ihres weit gefächerten Tätigkeitsbereichs<br />

wird Siegl<strong>in</strong>de auch häufig<br />

<strong>in</strong> Klassen <strong>und</strong> Spezialräume<br />

beordert. „Es kann schon ziemlich<br />

stressig se<strong>in</strong>, immer wieder wegen<br />

irgendwelcher Kle<strong>in</strong>igkeiten <strong>in</strong> diverse<br />

Räume geholt zu werden,<br />

aber das gehört bei mir e<strong>in</strong>fach<br />

dazu, es macht mir Freude zu helfen,<br />

wo ich kann. Solange noch<br />

Zeit für e<strong>in</strong> Schwätzchen zwischendurch<br />

bleibt, ist das ke<strong>in</strong> Problem“,<br />

me<strong>in</strong>t die Schulwart<strong>in</strong> lachend.<br />

Ihre Arbeit “h<strong>in</strong>ter den Kulissen“<br />

als „Mädchen für alles“ <strong>und</strong> ihr<br />

ausgeglichenes Gemüt verdienen<br />

e<strong>in</strong> hohes Maß an Anerkennung.<br />

„So wie es aussieht, werde ich<br />

wohl noch e<strong>in</strong> paar <strong>Jahre</strong> am Realgymnasium<br />

bleiben“, schmunzelt<br />

sie abschließend.


NICHT NUR EXPERIMENTE<br />

MIT AHA!-EFFEKT<br />

Mittlerweile gilt die Teilnahme<br />

an der <strong>Südtirol</strong>er Chemieolympiade<br />

als Fixpunkt im Schuljahr<br />

des Realgymnasiums.<br />

Bereits seit mehreren <strong>Jahre</strong>n können<br />

begabte <strong>und</strong> an der Chemie<br />

<strong>in</strong>teressierte SchülerInnen an den<br />

Vorbereitungskursen (von November<br />

bis Februar) teilnehmen <strong>und</strong><br />

sich dann dem schul<strong>in</strong>ternen Kurswettbewerb<br />

stellen (normalerweise<br />

im März). Dabei qualifizieren sich<br />

die besten zwei ChemikerInnen für<br />

den <strong>Südtirol</strong>er Landeswettbewerb –<br />

heuer waren dies Kuno Schwärzer<br />

(4A) <strong>und</strong> Maximilian Mair (3E), die<br />

ihr chemisches Wissen bereits im<br />

vorigen Schuljahr gegen die <strong>Südtirol</strong>er<br />

Konkurrenz zu beweisen<br />

versuchten. Und zwar mit Erfolg:<br />

Kuno Schwärzer schaffte 2009<br />

den Sprung <strong>in</strong> die Österreichische<br />

Chemieolympiade, bei dem sich<br />

JungchemikerInnen aller B<strong>und</strong>esländer<br />

messen – <strong>und</strong> wir <strong>Südtirol</strong>erInnen<br />

s<strong>in</strong>d mit dabei! 2006<br />

qualifizierte sich Jonas Rivetti<br />

sogar für die IChO (International<br />

Chemistry Olympiad) <strong>in</strong> Südkorea,<br />

bei der er mit e<strong>in</strong>er Bronzemedaille<br />

ausgezeichnet wurde – e<strong>in</strong><br />

schöner Erfolg für unsere <strong>Schule</strong>!<br />

Trotzdem: Der Weg ist das Ziel<br />

– dieser Gr<strong>und</strong>satz gilt trotz allen<br />

Wettbewerbseifers. Bei den<br />

Vorbereitungskursen zählte deshalb<br />

nicht nur die „olympische“<br />

Chemie, sondern es war auch die<br />

Möglichkeit gegeben, diverse Versuche<br />

durchzuführen <strong>und</strong> zu experimentieren.<br />

Zudem führen e<strong>in</strong>ige<br />

dieser an Chemie <strong>in</strong>teressierten<br />

SchülerInnen bei den Schulbesuchen<br />

der MittelschülerInnen <strong>und</strong><br />

ihrer Eltern regelmäßig Experimente<br />

mit Aha!-Effekt vor. Wie gesagt:<br />

Im Mittelpunkt steht die Beschäftigung<br />

mit der Chemie als spannende<br />

Naturwissenschaft; gute Erfolge<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> schöner Nebeneffekt...<br />

39


40<br />

Ende April f<strong>in</strong>den am Realgymnasium<br />

Bruneck wieder die Projekttage<br />

statt – heuer bereits<br />

zum siebten Mal. Die SchülerInnen<br />

der ersten, zweiten <strong>und</strong><br />

dritten Klassen werden dabei<br />

drei Tage lang an e<strong>in</strong>em selbst<br />

gewählten Themenbereich arbeiten,<br />

während die SchülerInnen<br />

der vierten <strong>und</strong> fünften<br />

Klassen ihre Lehrfahrten machen.<br />

Für drei Tage wird dabei der übliche<br />

Schulbetrieb aufgelöst, die<br />

SchülerInnen befassen sich <strong>in</strong> 24<br />

klassenübergreifenden Projektgruppen<br />

mit überaus verschiedenen<br />

Themen, die nicht unbed<strong>in</strong>gt mit<br />

dem Realgymnasium <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

gebracht werden. Der Bogen<br />

spannt sich von Modellieren mit<br />

Ton, Licht- <strong>und</strong> Schattenmalerei<br />

<strong>und</strong> Schwarz-Weiß-Fotografie über<br />

sportliche Aktivitäten, Theaterspielen<br />

<strong>und</strong> Tanz bis h<strong>in</strong> zum Sezieren,<br />

zum Illustrieren e<strong>in</strong>es Astrobüchle<strong>in</strong>s,<br />

zu chemischen Versuchen<br />

<strong>und</strong> zum Programmieren mit C#.<br />

Auch die Angebote der Hauswirtschaftsschule<br />

<strong>in</strong> Dietenheim zur<br />

Lebensmittelherstellung <strong>und</strong> Textilverarbeitung<br />

werden gerne angenommen.<br />

Die Gruppen organisieren<br />

sich selbst, verteilen die Aufagaben,<br />

planen <strong>und</strong> reflektieren ihre Zusammenarbeit,<br />

während e<strong>in</strong>e Lehrperson<br />

als AnsprechpartnerIn stets<br />

<strong>in</strong> greifbarer Nähe ist, Anstöße gibt,<br />

berät <strong>und</strong> für e<strong>in</strong> geregeltes Arbeiten<br />

sorgt. Die Projekttage sollen<br />

das eigenständige Arbeiten <strong>und</strong> die<br />

Eigenverantwortlichkeit der SchülerInnen<br />

fördern, ihre Teamfähigkeit<br />

schulen, Kreativität zulassen <strong>und</strong><br />

natürlich auch Freude <strong>und</strong> Spaß<br />

<strong>in</strong> <strong>und</strong> an der <strong>Schule</strong> ermöglichen.<br />

Die Erfahrungen der letzten <strong>Jahre</strong><br />

haben gezeigt, dass SchülerI<strong>in</strong>nen<br />

trotz vieler ungewohnter Freiheiten<br />

ernsthaft <strong>und</strong> zielbewusst zu arbeiten<br />

imstande s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> immer wieder<br />

zu erstaunlichen Ergebnissen<br />

kommen.<br />

IMPROVISIEREN<br />

Während zu Beg<strong>in</strong>n der Projekttage<br />

im Schuljahr 2002/2003 die<br />

gesamte Schulgeme<strong>in</strong>schaft e<strong>in</strong>bezogen<br />

war, beteiligen sich seit


e<strong>in</strong>igen <strong>Jahre</strong>n die beiden oberen<br />

Züge nicht mehr daran. Auch ist<br />

die Dauer von fünf Tagen auf drei<br />

Tage gestutzt worden. Das Themenangebot<br />

hat sich ebenfalls<br />

gewandelt, da das Arbeiten an<br />

abstrakten <strong>und</strong> theoretischen Themen<br />

bei den jüngeren SchülerInnen<br />

nicht so gut ankommt. Sie arbeiten<br />

viel lieber praktisch, wollen kreativ<br />

gestalten, wollen mit ihren Händen<br />

etwas schaffen, wollen sich ausgiebig<br />

bewegen <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

etwas ganz anderes machen als im<br />

normalen Unterricht. Und das wird<br />

ihnen <strong>in</strong> diesen drei Tagen e<strong>in</strong>fach<br />

zugestanden. Natürlich müssen<br />

auch hier Schwierigkeiten vielerlei<br />

Art bewältigt werden, Improvisationsfähigkeit,<br />

E<strong>in</strong>fallsreichtum <strong>und</strong><br />

viel Mühe s<strong>in</strong>d oft notwendig, um<br />

die angestrebten Projekte fertig zu<br />

stellen <strong>und</strong> die gesteckten Ziele zu<br />

erreichen. Die Mehrheit der „Wisslitzer“<br />

zeigt sich jedenfalls begeistert<br />

von den Projekttagen, zumal<br />

nebenbei neue Bekanntschaften<br />

zwischen den SchülerInnen der<br />

verschiedenen Klassen geschlossen<br />

werden.<br />

Der Höhepunkt der Projekttage<br />

wird auch heuer wieder die Vorstellung<br />

der e<strong>in</strong>zelnen Gruppen<br />

<strong>und</strong> ihrer Arbeiten am Ende der<br />

drei Tage <strong>und</strong> zum Teil beim<br />

Schulfest Ende Mai se<strong>in</strong>.<br />

41


42<br />

DER LICHTGESCHWINDIGKEIT AUF DER SPUR<br />

DAS ASTRO PROJEKT<br />

Im Herbst 2008 startete am Realgymnasium<br />

Bruneck e<strong>in</strong> aufwändiges<br />

Astrophysik-Projekt: E<strong>in</strong>e<br />

Gruppe von SchülerInnen wagte<br />

sich an die Bestimmung e<strong>in</strong>er der<br />

f<strong>und</strong>amentalsten Naturkonstanten<br />

– der Lichtgeschw<strong>in</strong>digkeit. Nach<br />

mehr als e<strong>in</strong>em halben Jahr Arbeit<br />

lag im Frühjahr 2009 e<strong>in</strong> Ergebnis<br />

vor, das sich sehen lassen konnte.<br />

Mehr noch: Es war überhaupt das<br />

erste Mal, dass dieses Unterfangen<br />

an e<strong>in</strong>er <strong>Schule</strong> gelang.<br />

Brenda Zoderer <strong>und</strong> Christof<br />

Wiedemair<br />

Der 2001 verstorbene Astronom<br />

Alfred Jensch wies im <strong>Jahre</strong> 1936<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Publikation darauf h<strong>in</strong>,<br />

dass sich der Stern „CY Aquarii“<br />

im Sternbild Wassermann für<br />

die direkte Bestimmung der Lichtgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

gut eignen sollte.<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieser Anregung schlossen<br />

sich im Herbst 2008 die fünf<br />

SchülerInnen David Cont, Maria<br />

Lena Campei, Elisabeth Moritz,<br />

Florian Pe<strong>in</strong>tner <strong>und</strong> Brenda Zoderer<br />

mit dem Physiklehrer Christof<br />

Wiedemair zu e<strong>in</strong>er Astrogruppe<br />

zusammen, um die Messung zu<br />

DIE ASTROGRUPPE DES<br />

REALGYMNASIUMS BRUNECK<br />

von rechts: Florian Pe<strong>in</strong>tner, David Cont, Maria<br />

Lena Campei, Elisabeth Moritz, Brenda Zoderer<br />

<strong>und</strong> Fachlehrer Christof Wiedemair.<br />

Der schwarze Zyl<strong>in</strong>der an der Rückseite des<br />

Teleskops ist die Astro-Kamera.<br />

versuchen. Angespornt wurden die<br />

Sechs vom Umstand, dass die direkte<br />

Messung der Lichtgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

normalerweise weit jenseits<br />

der Möglichkeiten des Physiklabors<br />

e<strong>in</strong>er <strong>Schule</strong> liegt <strong>und</strong> dass eigenen<br />

Recherchen zufolge der Vorschlag<br />

von Jensch noch nie von<br />

e<strong>in</strong>er <strong>Schule</strong> aufgegriffen wurde.<br />

Das Thema hat auch e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>teressanten<br />

wissenschaftsgeschichtlichen<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>, da bis <strong>in</strong> das<br />

17. Jahrh<strong>und</strong>ert nicht klar war,<br />

ob die Geschw<strong>in</strong>digkeit des Lichts<br />

nicht doch unendlich wäre.<br />

Periodischer Stern<br />

„CY Aquarii“ ist ke<strong>in</strong> gewöhnlicher<br />

Stern, sondern ändert se<strong>in</strong>e Helligkeit<br />

periodisch zwischen e<strong>in</strong>em<br />

Maximal- <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>imalwert.<br />

Dies macht er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ausgesprochen<br />

regelmäßigen Art <strong>und</strong> Weise.<br />

Kennt man den genauen Zeitabstand<br />

zwischen zwei Helligkeitsmaxima<br />

- die Periodendauer -, so<br />

kann man auch alle zukünftigen<br />

Helligkeitsmaxima vorhersagen.<br />

Weil sich die Erde aber um die<br />

Sonne dreht, ändert sich laufend<br />

ihr Abstand zum beobachteten


Stern. Bei e<strong>in</strong>er Beobachtungen<br />

des Sterns im September ist die<br />

Erde näher an „CY Aquarii“ als bei<br />

e<strong>in</strong>er Beobachtung im Dezember.<br />

Wegen der größeren Laufstrecke<br />

braucht das Licht im Dezember<br />

länger, um die Erde zu erreichen,<br />

was sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Verspätung<br />

der Helligkeitsmaxima gegenüber<br />

der Vorhersage bemerkbar macht.<br />

Aus dieser „Lichtverspätung“, die<br />

<strong>in</strong> etwa 12 M<strong>in</strong>uten beträgt, lässt<br />

sich die Lichtgeschw<strong>in</strong>digkeit ermitteln.<br />

Von September bis Dezember<br />

2008 beobachteten wir den Stern<br />

<strong>in</strong> 14 Nächten vom Dach des Realgymnasiums<br />

aus. Da der Stern<br />

mit dem Auge selbst im Teleskop<br />

kaum sichtbar ist, wurde e<strong>in</strong>e<br />

hochempf<strong>in</strong>dliche digitale Kamera<br />

an das computergesteuerte Schulteleskop<br />

angeschlossen. Insgesamt<br />

wurden so 6.000 Aufnahmen<br />

des Sterns zu je 20 Sek<strong>und</strong>en<br />

gewonnen, was e<strong>in</strong>er Gesamtbelichtungszeit<br />

von über 33 St<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Datenmenge von<br />

4,5 Gigabyte entspricht. Bei den<br />

Beobachtungen machten uns die<br />

herbstlichen <strong>und</strong> w<strong>in</strong>terlichen Wetterverhältnisse<br />

schwer zu schaffen:<br />

Selten war der Himmel gänzlich<br />

wolkenlos, frisch gefallener Schnee<br />

musste vom Schuldach geschaufelt<br />

werden, plötzlich e<strong>in</strong>setzender<br />

Regen zwang die Gruppe, die Beobachtung<br />

abzubrechen <strong>und</strong> das<br />

empf<strong>in</strong>dliche Teleskop samt Elektronik<br />

eiligst abzubauen. Manche<br />

Widrigkeiten führten zu kreativen<br />

Gegenmaßnahmen: E<strong>in</strong>e eigens<br />

entworfene <strong>und</strong> selbst konstruierte<br />

Teleskopheizung verh<strong>in</strong>derte das<br />

Beschlagen der Optik durch die<br />

feuchte Novemberluft. Manches<br />

ließ sich aber nicht ändern, wie<br />

etwa die Aufhellung des Nachthimmels<br />

durch die künstliche Stadtbeleuchtung.<br />

Helligkeitsschwankungen<br />

Bei der Auswertung der gesammelten<br />

Daten stießen wir schnell<br />

an die Grenzen unserer Hard- <strong>und</strong><br />

Software. Schließlich musste auf<br />

jeder gewonnen Aufnahme die<br />

Menge des gesammelten Lichts<br />

vermessen <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Helligkeitswert<br />

umgewandelt werden.<br />

Trägt man diese Werte gegen die<br />

Zeit auf, so werden die Helligkeitsschwankungen<br />

des Sterns erkennbar<br />

(Abbildung 1). Aus e<strong>in</strong>er Vielzahl<br />

solcher „Lichtkurven“ konnten<br />

wir die Periodendauer von „CY<br />

Aquarii“ ermitteln. Der von uns gef<strong>und</strong>ene<br />

Wert beträgt 87 M<strong>in</strong>uten,<br />

53,63 Sek<strong>und</strong>en <strong>und</strong> liegt nur e<strong>in</strong><br />

Zwölftel Sek<strong>und</strong>e unter dem Wert,<br />

der im Jahr 2003 von e<strong>in</strong>em Forscherteam<br />

der Universität Brüssel<br />

ermittelt wurde. In der Zwischenzeit<br />

hat sich ebendieses Forscherteam<br />

bei uns gemeldet <strong>und</strong> um die Zusendung<br />

unserer Beobachtungsdaten<br />

gebeten, um diese geme<strong>in</strong>sam<br />

mit ihren Ergebnissen publizieren<br />

zu können – e<strong>in</strong>e besondere Genugtuung<br />

für die Astrogruppe.<br />

Die hohe Genauigkeit <strong>in</strong> der Periodenbestimmung<br />

war notwendig,<br />

schließlich liegen im Beobachtungszeitraum<br />

von September bis Dezember<br />

mehr als 1.600 Helligkeitsmaxima.<br />

Selbst e<strong>in</strong> anfangs kle<strong>in</strong>er<br />

Fehler wird durch diesen Faktor<br />

stark aufgebläht. Angesichts dieser<br />

Herausforderung waren die geometrischen<br />

Überlegungen zur relativen<br />

Lage von Erde, Sonne <strong>und</strong> Stern<br />

im <strong>Jahre</strong>slauf noch e<strong>in</strong>fach.<br />

43


44<br />

257.000 Kilometer pro Sek<strong>und</strong>e<br />

Schließlich kristallisierte sich Ende<br />

April 2009 e<strong>in</strong> vorläufiges Endergebnis<br />

heraus: Das Licht bewegt<br />

sich im Weltraum mit 257.000<br />

Kilometer pro Sek<strong>und</strong>e fort. Der<br />

tatsächliche Wert beträgt fast<br />

300.000 Kilometer pro Sek<strong>und</strong>e.<br />

Mit dieser Geschw<strong>in</strong>digkeit könnte<br />

man die Erde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sek<strong>und</strong>e<br />

siebenmal umr<strong>und</strong>en, zum Mond<br />

bräuchte man e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Sek<strong>und</strong>en.<br />

Wenn man sich vor Augen<br />

hält, dass das Licht trotz dieser<br />

hohen Geschw<strong>in</strong>digkeit 1.300 <strong>Jahre</strong><br />

lang von „CY Aquarii“ zu uns<br />

unterwegs war, wird e<strong>in</strong>em die<br />

Größe des Kosmos bewusst.<br />

über unser Projekt <strong>in</strong>formieren will,<br />

kann dies im Internet unter der<br />

Adresse http://astro.realgymnasium-bruneck.eu<br />

tun. E<strong>in</strong> Dank für<br />

die Unterstützung des Projekts gilt<br />

den Direktoren Alfred Niederhofer<br />

<strong>und</strong> Gregor Beikircher <strong>und</strong> dem<br />

technischen Assistenten Albert<br />

Kofler.<br />

Die Abweichung zwischen unserem<br />

Wert <strong>und</strong> der tatsächlichen<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeit des Lichts beträgt<br />

14 Prozent <strong>und</strong> ist fast vollständig<br />

auf die außerordentliche Schwierigkeit<br />

der Periodenbestimmung<br />

zurückzuführen. Wer sich genauer


Die Klasse 4 B des Realgymnasiums<br />

Bruneck hat im Mai 2009<br />

das überaus aktuelle Theaterstück<br />

„Top Dogs“ des Schweizer Dramatikers<br />

Urs Widmer mit großem Erfolg<br />

aufgeführt. Dar<strong>in</strong> geht es um<br />

die Wiedere<strong>in</strong>gliederung arbeitslos<br />

gewordener Top-Manager.<br />

Urs Widmers Drama ist e<strong>in</strong>e Sozialsatire,<br />

die er mit dem Regisseur<br />

Volker Hesse erstmals beim<br />

Berl<strong>in</strong>er Theatertreffen 1997 vorgestellt<br />

hat. Dar<strong>in</strong> geht es es um<br />

Topmanager, die ihre Seele gegen<br />

Geld, Macht <strong>und</strong> Anerkennung<br />

verkauft haben. Sie richteten ihr<br />

Leben völlig nach den Firmen aus,<br />

für die sie arbeiteten. Doch was<br />

geschieht, wenn diese Leute irgendwann<br />

ihren Job, ihr E<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

Alles, verlieren? Denn im ziemlich<br />

wölfischen Kapitalismus, der sich<br />

mittlerweile weltweit se<strong>in</strong>en Weg<br />

bahnt, müssen Manager nicht nur<br />

reihenweise ihre Untergebenen,<br />

sondern gelegentlich auch sich<br />

selbst entlassen. Die Arbeitslosigkeit<br />

trifft also nicht nur die e<strong>in</strong>fachen<br />

Arbeiter <strong>und</strong> Angestellten,<br />

die „Underdogs“, sondern auch<br />

die „Top Dogs“ - die Globalisierung<br />

frisst ihre liebsten K<strong>in</strong>der.<br />

Das ist die groteske Logik der<br />

Ökonomie. Um den Absturz dieser<br />

„Top Dogs“ etwas abzufedern, um<br />

ihnen zu helfen, den Schock <strong>und</strong><br />

die Enttäuschung ihrer plötzlichen<br />

Arbeitslosigkeit zu verarbeiten <strong>und</strong><br />

sie fit zu machen für die berufliche<br />

Wiedere<strong>in</strong>gliederung, gibt es<br />

mittlerweile weltweit operierende<br />

„Outplacement-Agenturen“. Die<br />

Tragikomödie von Urs Widmer erzählt<br />

vom Alltag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen<br />

Agentur. Die Klasse 4 B des Realgymnasiums<br />

Bruneck hat das sozialkritische<br />

Stück unter der Regie<br />

ihres Deutschlehrers Hans Peter<br />

Lercher auf e<strong>in</strong>e St<strong>und</strong>e gekürzt<br />

<strong>und</strong> mit multimedialen Mitteln zu<br />

e<strong>in</strong>em leicht verständlichen <strong>und</strong><br />

überaus aktuellen Drama über die<br />

menschlichen Abgründe der heutigen<br />

Wirtschaftswelt ausgebaut.<br />

<strong>45</strong>


DIE KLASSE 4B SPIELTE IM MAI 2009 DAS<br />

DRAMA „TOP DOGS“ VON URS WIDMER<br />

(vorne von l<strong>in</strong>ks): Maria Hellweger, Debora Agreiter, Mar<strong>in</strong>a Sula,<br />

Nathalie Burger, Eugen Happacher, Manurishi Nanda, Valent<strong>in</strong> Hellweger;<br />

(h<strong>in</strong>ten von l<strong>in</strong>ks): Mart<strong>in</strong> Leitgeb, Lukas Kerschbaumer, Pia<br />

Rolandelli, Patrick Maurer, Sophia Kofler, Petra Ha<strong>in</strong>z, Elisabeth<br />

Pörnbacher, Judith Volgger <strong>und</strong> Nora Oberarzbacher.<br />

46<br />

Die Utopie vom Menschen<br />

Auszug aus dem Drama „Top<br />

Dogs“ von Urs Widmer<br />

Es wird, es muss die Zeit kommen,<br />

da wir Menschen uns achten<br />

<strong>und</strong> mit Würde begegnen. Ja. Da<br />

wir unsre Bedürfnisse stillen, ohne<br />

uns niederzutreten im Kampf um<br />

immer mehr. Ohne die Tiere zu<br />

morden, die Bäume zu fällen, die<br />

Wässer zu trüben. Da e<strong>in</strong> jeder<br />

Mensch dem andern gleich se<strong>in</strong>en<br />

Teil leistet. Da die Frauen nicht<br />

den Männern untertan s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong><br />

die Männer nicht den Frauen. Da<br />

die Menschen das tun, was zu tun<br />

ihnen ihre Begabung erlaubt, an<br />

ihrem Ort, mit ihrer Kraft, <strong>in</strong> Freiheit.<br />

Mit dem Feuer ihrer Herzen.<br />

Und zu ihrer Zeit.<br />

Jeder wird se<strong>in</strong>e eigene Zeit haben.<br />

Das Schlagen unserer Herzen wird<br />

unser Maß werden, das Atmen der<br />

Lungen.<br />

Oh, natürlich werden wir arbeiten.<br />

Wir werden D<strong>in</strong>ge herstellen,<br />

notwendige <strong>und</strong> auch e<strong>in</strong> paar<br />

überflüssige, wir werden mit ihnen<br />

handeln. Oh ja. Wir werden sie<br />

verkaufen <strong>und</strong> kaufen. Oh gewiss.<br />

Aber nach den Bedürfnissen aller,<br />

<strong>in</strong> denen die unsern enthalten se<strong>in</strong><br />

werden.<br />

Unsre Grenzen werden wir als<br />

Glück <strong>und</strong> nicht als Mangel erleben.<br />

Wir werden nicht alles haben<br />

wollen <strong>und</strong> werden nicht alles haben.<br />

Aber ke<strong>in</strong>er wird nichts haben.<br />

Die Flüsse s<strong>in</strong>d voller Fische. Die<br />

Luft ist e<strong>in</strong> Getränk. Die Wiesen<br />

leuchten. Die Städte s<strong>in</strong>d schön.<br />

Wir s<strong>in</strong>d wir <strong>und</strong> fühlen uns als<br />

uns. Es gibt ke<strong>in</strong> Ich, das nur „lch“<br />

se<strong>in</strong> kann, wenn es e<strong>in</strong> Du tötet. Es<br />

wird den Tod geben, den Schmerz,<br />

das Leid. Die Trauer, wenn sich e<strong>in</strong><br />

Schicksal erfüllt zu se<strong>in</strong>er Zeit oder<br />

vor se<strong>in</strong>er Zeit gar. Aber ke<strong>in</strong>er wird<br />

dann alle<strong>in</strong> se<strong>in</strong> mit se<strong>in</strong>en Tränen.<br />

Die Menschen werden trösten <strong>und</strong><br />

helfen. So wird es werden; wenn<br />

nicht <strong>in</strong> diesem, dann im nächsten<br />

Jahrtausend.


EALITY<br />

2010.01

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