ENCOA 2007 Ausgabe 11
ENCOA 2007 Ausgabe 11
ENCOA 2007 Ausgabe 11
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Schriftenreihe der Heeresunteroffiziersakademie<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>11</strong><br />
<strong>ENCOA</strong> <strong>2007</strong><br />
Dieser Band enthält die besten Arbeiten aus dem Weiterbildungslehrgang für<br />
Stabsunteroffiziere 2006, die über das Projekt <strong>ENCOA</strong> („European Non<br />
Commissioned Officer Academy“) von deutschen und österreichischen<br />
Unteroffizieren erstellt wurden sowie aktuelle Informationen zu <strong>ENCOA</strong>.<br />
Besonderer Dank ergeht an Mag. Petra BOHNSTEIGER und<br />
Frau Susan GEIBLINGER für die umfangreichen Unterstützungen bei der<br />
redaktionellen Bearbeitung dieser Publikation!<br />
Oktober <strong>2007</strong><br />
3
Schriftenreihe der Heeresunteroffiziersakademie<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>11</strong><br />
Impressum:<br />
Schriftenreihe der Heeresunteroffiziersakademie<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>11</strong><br />
Erscheinungsdatum: Oktober <strong>2007</strong><br />
Medieninhaber/Herausgeber:<br />
Bundesministerium für Landesverteidigung<br />
Roßauer Lände 1<br />
1090 Wien<br />
Redaktion:<br />
Oberstleutnant dhmfD Mag. Andreas KASTBERGER<br />
(Chefredakteur)<br />
huak.labt3.glabt@bmlv.gv.at<br />
Layout Titelseite:<br />
Vizeleutnant Gernot HALLA<br />
Administration:<br />
Heeresunteroffiziersakademie<br />
Lehrabteilung 3<br />
Tel. (0043)-(0)50201-41 28312<br />
Druck: Heeresdruckerei WIEN<br />
Die in den Artikeln zum Ausdruck gebrachten<br />
Aussagen oder Meinungen müssen nicht mit jener der<br />
Redaktion oder des Herausgebers übereinstimmen.<br />
4
Inhaltsverzeichnis<br />
Oberst Johann HEHENBERGER<br />
Vorwort des stellvertretenden Akademiekommandanten ................. 7<br />
Oberst Rolf KIRLEIS<br />
Grußworte des Kommandeurs der<br />
Unteroffizierschule der Luftwaffe .................................................... 9<br />
Oberstleutnant Gerhard KRENN<br />
Gedanken des österreichischen Projektleiters für <strong>ENCOA</strong> ....... ... <strong>11</strong><br />
Autorenübersicht ...........................................................................................13<br />
Oberstabsfeldwebel Ralph BETZGEN<br />
„Military Ethics and Ethical Dilemmas”:<br />
More than Dealing with Value Conflicts........................................ 15<br />
Hauptfeldwebel Holger FELS<br />
Der Wandel des Berufsbildes der Unteroffiziere –<br />
ein Vergleich zwischen der United States Air Force<br />
und der Deutschen Luftwaffe.......................................................... 33<br />
Vizeleutnant Kurt GROBNER<br />
Grundlagen zur Dienstaufsicht in der Deutschen<br />
Luftwaffe und im Österreichischen Bundesheer<br />
im Vergleich................................................................................... 47<br />
Oberfeldwebel Torsten PREIN<br />
Berufsethische Bildung für Unteroffiziere im angehenden<br />
21. Jahrhundert: Kritische Betrachtungen des Ansatzes<br />
im Österreichischen Bundesheer .................................................... 59<br />
5
Offiziersstellvertreter Martin WEBER<br />
Internationale Kooperation in der einsatzorientierten<br />
Ausbildung – Erfahrungen eines langjährigen<br />
Hauptlehrunteroffiziers im Bereich Fliegerabwehr .......................... 71<br />
6
HEHENBERGER: Vorwort des stellvertretenden Akademiekommandanten<br />
Heeresunteroffiziersakademie<br />
Der stellvertretende Kommandant<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser!<br />
Das mittlerweile zu Ende gehende Jahr <strong>2007</strong> war für die Heeresunteroffiziersakademie<br />
wieder ein sehr produktives und spannendes zugleich. Mit dem<br />
Start des ersten Vorbereitungslehrganges für angehende Berufsunteroffiziere,<br />
der als Novum konkrete Fördermaßnahmen zur Vorbereitung auf die Zulassungsprüfung<br />
zum Unteroffizierslehrgang (künftig „Militärische Führung 2“)<br />
und zusätzlich ein Förderassessment beinhaltet, wurde im ersten Quartal <strong>2007</strong><br />
die neue Unteroffiziersausbildung nach Vorgaben der Reformideen gemäß<br />
„Management ÖBH 2010“ de facto eingeläutet. Bis zu deren endgültiger Implementierung<br />
werden nun vermehrt notwendige Abstimmungen der Aus-,<br />
Fort- und Weiterbildung für Unteroffiziere mit Ausbildungsgängen für Offiziere<br />
erfolgen. Diese verbleibende Zeitspanne gibt uns die Möglichkeit eines<br />
soliden Übergangs in das neue Ausbildungssystem.<br />
Auch unsere internationalen Kontakte konnten im heurigen Jahr wieder<br />
vertieft und verdichtet werden. Das Projekt <strong>ENCOA</strong> („European Non<br />
Commissioned Officer Academy“) gilt dabei nach wie vor als unser<br />
„Flaggschiff“, wenn es darum geht, sowohl die Internationalisierung als auch<br />
die Nutzung moderner Medien für die Weiterbildung der österreichischen<br />
Unteroffiziere zu erschließen. Die Qualität der Arbeiten, die während des<br />
Weiterbildungslehrganges für Stabsunteroffiziere im Jahr 2006 auf der Basis<br />
des Teletutorings über <strong>ENCOA</strong> geleistet wurden, spricht für sich und<br />
natürlich insgesamt für das Potential, das in diesem Projekt steckt. Aber<br />
überzeugen Sie sich bitte selbst, indem Sie sich die nun folgenden<br />
Ausarbeitungen etwas näher ansehen.<br />
Die Heeresunteroffiziersakademie bemüht sich trotz knapper Ressourcen ein<br />
möglichst umfassendes und zukunftsorientiertes Bildungsangebot zu bieten.<br />
Ich appelliere daher an all jene, die mit Fragen der Weiterbildung von Unteroffizieren<br />
des Bundesheeres zu tun haben, sei es etwa als direkt betroffener<br />
Angehöriger des Unteroffizierskorps oder als Kommandant bzw. Leiter einer<br />
Dienststelle. Eine Initiative wie <strong>ENCOA</strong> darf und wird kein Selbstzweck<br />
7
HEHENBERGER: Vorwort des stellvertretenden Akademiekommandanten<br />
sein! Der Erfolg von Einrichtungen dieser Art hängt ganz wesentlich davon<br />
ab, wer sich in welcher Form dafür einsetzt oder als direkter Nutznießer sich<br />
einer konkreten Weiterbildung unterzieht. Dies gilt auch dann, wenn wie im<br />
vorliegenden Fall, der offensichtliche Bedarf, die Zweckmäßigkeit und die<br />
Wirtschaftlichkeit in einem bestechend günstigen Verhältnis zueinander stehen.<br />
Ich lade daher ein, von diesem Bildungsangebot Gebrauch zu machen<br />
und bedanke mich ausdrücklich bei den vorgesetzten Stellen für ihre Unterstützung.<br />
Für die wirkungsvolle Zusammenarbeit im gesamten Projekt gilt<br />
den deutschen Kameraden von der Unteroffiziersschule der Luftwaffe besonderer<br />
Dank und Anerkennung.<br />
Johann HEHENBERGER<br />
Oberst<br />
8
Kirleis: Grußworte des Kommandeurs der USLw (Deutsche Bundeswehr)<br />
Unteroffizierschule der<br />
Luftwaffe<br />
Der Kommandeur<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser!<br />
Als Kommandeur der Unteroffizierschule der Luftwaffe ist es mir eine Ehre,<br />
nun schon zum zweiten Mal ein paar persönliche Worte in der hier vorliegenden<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>11</strong> der Schriftenreihe der Heeresunteroffiziersakademie an Sie<br />
zu richten. Es zeigt mir deutlich die gute und partnerschaftliche Zusammenarbeit<br />
zwischen der Heeresunteroffiziersakademie des Österreichischen Bundesheeres<br />
und der Unteroffizierschule der Luftwaffe, die sich seit dem Bestehen<br />
des gemeinsamen Projektes <strong>ENCOA</strong> gebildet hat. Mit den in dieser<br />
Schriftenreihe veröffentlichten Arbeiten können Sie sich von unserer Zusammenarbeit<br />
selbst überzeugen.<br />
<strong>ENCOA</strong> ist inzwischen ein fester Bestandteil der Ausbildung an der Unteroffizierschule<br />
der Luftwaffe und erfährt einen stetig wachsenden Bekanntheitsgrad.<br />
Unser gemeinsames Ziel, österreichischen und deutschen Berufsunteroffizieren<br />
ein qualitativ hochwertiges Weiterbildungsangebot unter Nutzung der<br />
modernen Medien zu bieten, ist uns mit <strong>ENCOA</strong> gelungen und setzt ein Zeichen<br />
für die zeitgemäße und moderne Form der Erwachsenenbildung in unseren<br />
Streitkräften.<br />
Von den Möglichkeiten des Projektes und dem Potential <strong>ENCOA</strong> konnten<br />
auch die schweizerischen Streitkräfte in den letzten Monaten überzeugt werden.<br />
Gespräche zwischen Vertretern aller drei Nationen haben ergeben, dass<br />
wir in Zukunft auch mit schweizerischen Lehrgangsteilnehmern und Tutoren<br />
bei den bestehenden und geplanten <strong>ENCOA</strong> Vorhaben rechnen können.<br />
In dieser <strong>Ausgabe</strong> der Schriftenreihe werden die besten Lehrgangsarbeiten<br />
aus dem <strong>ENCOA</strong> Lehrgang I/2006 veröffentlicht. Für die erbrachten Leistungen<br />
möchte ich den Verfassern der Arbeiten sowie den beteiligten Teletutoren<br />
gratulieren und auch danken.<br />
9
Kirleis: Grußworte des Kommandeurs der USLw (Deutsche Bundeswehr)<br />
Dem Leser wünsche ich viel Vergnügen!<br />
Rolf Kirleis<br />
Oberst<br />
10
KRENN: Gedanken des österreichischen Projektleiters für <strong>ENCOA</strong><br />
Heeresunteroffiziersakademie<br />
Der Projektleiter für <strong>ENCOA</strong><br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser!<br />
Ich möchte mich als neuer Projektleiter für <strong>ENCOA</strong> an der HUAk vorstellen.<br />
Als Offizier der mechanisierten Truppe durfte ich in meiner Waffengattung<br />
verschiedenste Funktionen bis hin zur vertretungsweisen Einteilung als Bataillonskommandant<br />
wahrnehmen. Nach einer zuletzt zweijährigen Verwendung<br />
als Leiter des Prüfzentrums beim Heerespersonalamt wechselte ich im<br />
September 2006 an meinen derzeitigen Arbeitsplatz. Durch eine Vielzahl an<br />
Übungen und zwei Einsätze im Ausland konnte ich schon bisher die nunmehr<br />
stark zunehmende Internationalisierung des Bundesheeres ein wenig mitgestalten.<br />
<strong>ENCOA</strong> ist in dieser Hinsicht eine logische, weitere Station in meinem<br />
Berufsleben.<br />
Zu meiner großen Freude konnte ich von Beginn weg auf Bestehendem aufbauen.<br />
Bis zum Herbst 2006 waren immerhin schon ein Testlehrgang durchgeführt<br />
und ein Durchgang des Weiterbildungslehrganges vorbereitet worden.<br />
Einige weitere, in die Zukunft weisende Ideen lagen zusätzlich auf meinem<br />
Schreibtisch. Ich danke all jenen, die mir den Einstieg derart erleichterten.<br />
Wie könnte es mit <strong>ENCOA</strong> nun aus meiner Sicht weitergehen? Im März dieses<br />
Jahres wurden bei einer Arbeitstagung, die wir in Enns durchführten, wieder<br />
wichtige Meilensteine initiert. Die internationale Fort- und Weiterbildung<br />
für Unteroffiziere sollte durch neue <strong>ENCOA</strong>-Lehrgänge laufend ergänzt werden.<br />
Auch dürfen wir uns seit diesem Jahr über die Projektbeteiligung der<br />
Schweizer Armee freuen.<br />
Konkret wird von Oktober bis Dezember <strong>2007</strong> zum zweiten Mal der bereits<br />
bewährte <strong>ENCOA</strong>-Lehrgang im Rahmen des Weiterbildungslehrganges an<br />
der HUAk geführt. Ab dem Jahr 2008 werden die Teilnehmer der „Ausbildung<br />
der Lehrer“ von Teletutoren der Bundeswehr während der Erstellung<br />
der Fachbereichsarbeiten begleitet. Ein Pilotversuch dazu konnte <strong>2007</strong> erfolgreich<br />
abgeschlossen werden. Weiters starten wir noch heuer ein hoffentlich<br />
<strong>11</strong>
KRENN: Gedanken des österreichischen Projektleiters für <strong>ENCOA</strong><br />
rasch anwachsendes Seminarprogramm, das unsere Bildungslandschaft für<br />
Unteroffiziere sinnvoll und modern ergänzen sollte.<br />
Den Leserinnen und Lesern wünsche ich zunächst viel Vergnügen!<br />
Gerhard KRENN<br />
Oberstleutnant<br />
12
Autorenübersicht in alphabetischer Reihenfolge<br />
Autorenübersicht<br />
in alphabetischer Reihenfolge<br />
Oberstabsfeldwebel Ralph BETZGEN<br />
Jahrgang 1957, Angehöriger der Deutschen Bundeswehr seit 1976, 1979 bis<br />
1980 Ausbildung zum Mechanikermeister und Kampfführungsfeldwebel am<br />
Waffensystem Hawk, 1992 bis 2001 Hörsaalleiter an der Unteroffizierschule<br />
der Luftwaffe, 2001 bis 2005 als Hörsaalleiter und Operation Superintendent<br />
an der United States Air Force Senior Noncommissioned Officer Academy,<br />
College for Enlisted Professional Military Education Maxwell Air Force<br />
Base, Gunter Annex in Alabama eingesetzt, dort mit der Führung und dem<br />
Training von ca. 9.700 Studenten in der kombinierten Offizier /<br />
Unteroffizierausbildung betraut, im Moment Fachlehrer und<br />
Ausbildungsfeldwebel bei der 2. Inspektion der Unteroffizierschule der<br />
Luftwaffe in Appen.<br />
Hauptfeldwebel Holger FELS<br />
Jahrgang 1972, Abitur und Eintritt in die Bundeswehr 1992, ab 1998 Verwendung<br />
als Berufssoldat, Ausbildung zum Zugführer der Luftwaffensicherungstruppe<br />
(FwLwSichTr), eingesetzt als Gruppen- und Zugführer einer<br />
Grundausbildungseinheit, 1999-<strong>2007</strong> Versetzung zur Unteroffizierschule der<br />
Luftwaffe (USLw) nach Appen, Einsatz als Fachlehrer für Führung und Einsatz<br />
sowie im Moment als Hörsaalleiter in der Vorgesetztenausbildung der<br />
Luftwaffe (VorgAusbLw), Verwendungen und Ausbildungsgänge:<br />
FwLwSichTr, ABC/SeFw, LehrFw, Moderator für Einsatznachbereitungsseminare,<br />
AGSHP-Fw, Übltr Bw, MKF ( B / C / E ), Spezialausbildung EOR,<br />
Einweisung AGDUS.<br />
Vizeleutnant Kurt GROBNER<br />
Jahrgang 1959, eingerückt 1980 zu einer Aufklärungskompanie, bis 1985<br />
Verwendung zunächst als Kommandant einer Aufklärungsgruppe, danach als<br />
Gruppen- und Zugskommandant bei einer Jägerkompanie, insgesamt zehn<br />
sicherheitspolizeiliche Assistenzeinsätze als Zugskommandant an der Staats-<br />
13
Autorenübersicht in alphabetischer Reihenfolge<br />
grenze und fünf Einsätze im Katastrophenschutz (Aufräumarbeiten nach<br />
Sturmschäden), 1997 Versetzung an die Heeresunteroffiziersakademie, seither<br />
als Hauptlehrunteroffizier und Klassenleiter in der Lehrabteilung 1 (Unteroffizierslehrgang),<br />
Schulungsleiter für Ausbildungsmethodik, parallel als<br />
Trainer Führungsverhalten tätig, von Oktober bis Dezember 2006 im Rahmen<br />
des 6. Weiterbildungslehrganges für Stabsunteroffiziere an der HUAk Teilnehmer<br />
am Lehrgang <strong>ENCOA</strong>.<br />
Oberfeldwebel Torsten PREIN<br />
Jahrgang 1970, Grundausbildung im Luftwaffenausbildungsregiment 3 Germersheim<br />
1992, Anschlussverwendung als 1. Luftfahrzeug-Radar-Warn-<br />
Anlagen-Mechaniker Tornado im Jagdbombergeschwader 31 „Boelcke“ bis<br />
1997, danach bis 2002 Luftfahrzeug Eloka System Feldwebel Tornado, seit<br />
Herbst 2002 tätig als IT-Admin-Fw Groupware im JaboG 31 „B“, militärischer<br />
Werdegang: Unteroffizierslehrgang 1993 an der Unteroffizierschule der<br />
Luftwaffe in Appen, Feldwebellehrgang 1996, Teilnahme an zahlreichen<br />
Auslandskommandos in unterschiedlichen Verwendungen.<br />
Offiziersstellvertreter Martin WEBER<br />
Jahrgang 1969, eingerückt 1986 in Großenzersdorf beim ehemaligen Fliegerabwehrbataillon<br />
1, bis 1989 Geschützführer 35mm Z/FlAK 85, 1989 Versetzung<br />
zur Fliegerabwehrschule nach Langenlebarn, bis 1993 tätig als Lehrunteroffizier<br />
35mm Z/FlAK 85, danach Lehrunteroffizier am Feuerleitgerät<br />
SKYGUARD 75/79; ab 1997 auch Lehrunteroffizier am Zielzuweisungsradar<br />
FLAMINGO, seit 2002 Hauptlehrunteroffizier am Feuerleitgerät SKYGU-<br />
ARD 98, Teilnehmer an diversen internationalen Übungen im In- und Ausland,<br />
Qualifikation als „Staatlich geprüfter Lehrwart“ allgemeine Kondition<br />
und Schulungsleiter für Ausbildungsmethodik, Absolvent der Ausbildung der<br />
Lehrer 2004 (AdL) und des 6. Weiterbildungslehrgang für Stabsunteroffiziere<br />
2006 inklusive des dazugehörigen <strong>ENCOA</strong>-Lehrganges.<br />
14
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
Oberstabsfeldwebel Ralph BETZGEN<br />
“Military Ethics and Ethical<br />
Dilemmas”: More than Dealing with<br />
Value Conflicts<br />
Without entering into the specifics of individual cases, I<br />
doubt the reader will argue that noteworthy ethical failures<br />
have occurred in all military forces over the past several decades,<br />
and appear likely to continue to do so. Incidences of<br />
ethical failure have involved military of all age groups, all<br />
elements and without regard of religion, gender, or other criteria.<br />
"[To] do this to the right person, to the right extent, at the right time,<br />
with the right motive, and in the right way, that is not for every one nor is it easy;<br />
wherefore goodness is both rare and laudable and noble." -- Aristotle<br />
Introduction<br />
Why do we need ethical education for soldiers? The reasons are obvious. We<br />
need to take steps to improve the quality of training in ethical dilemmas in the<br />
military as an organization. Since the end of the Cold War, military<br />
deployments for military operations other than war have increased<br />
significantly. These deployments lead to new ethical challenges. While it is<br />
impossible to discuss all possible ethical dilemmas beforehand, it is essential<br />
to guarantee that military personnel involved have the skills and moral<br />
competence that prepare them for the ethical dilemmas they may encounter.<br />
The German Armed Forces are deeply involved in military operations of all<br />
kinds. Military Operations other than War, in particular, lead to new practices<br />
and new moral experiences for German soldiers. These new practices and<br />
experiences in the context of peace operations all have ethical implications.<br />
Awareness of these ethical implications has been triggered by critical<br />
incidents like the Srebrenica Massacre in 1995, September <strong>11</strong> th 2001 and the<br />
Abu Ghraib torture and prisoner abuse from 2003.<br />
15
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
“Among men there are but few who behave according to principles -- which is<br />
extremely good, as it can so easily happen that one errs in these principles, and<br />
then the resulting disadvantage extends all the further, the more universal the<br />
principle and the more resolute the person who has set it before.”<br />
Immanuel Kant, Observations of the Feeling of the Beautiful and Sublime<br />
[translated by John T. Goldthwait, University of California Press, 1960, p.74]<br />
Awareness of the relevance of ethics for military practice has certainly been<br />
greatly enhanced. There is a need for a deeper exploration of these ethical<br />
issues. In fact there is a need to prepare soldiers to take responsibility.<br />
Battlefield behaviour is regulated by international law; but time and critical<br />
incidents have proven that it is very difficult to adhere to these myriad laws<br />
when military men and women in lethal combat situations are forced to make<br />
decisions of an ethical nature.<br />
Military ethics is the theory of how to practice the good in an imperfect<br />
world, under circumstances that have the power to pervert the perception of<br />
good and evil.<br />
“The question has been asked whether ‘ordinary people’ who have no previous<br />
record of violence and criminality and who have been brought up in a democratic<br />
tradition, can commit war crimes. The disturbing answer, which experts have<br />
given to that question, is: yes.” [1], translated by Ralph Betzgen<br />
This paper addresses some of the main related issues to improve the<br />
understanding of values, ethics, military ethics and dilemma training in the<br />
armed forces. The first section distinguishes the differences between ethics,<br />
morals and military ethics and their connection to human values. The second<br />
part will cover professional integrity and leadership to develop military<br />
ethics, followed by the part that discovers possible sources of ethical failure.<br />
Later on in part four we will discuss possible solutions for approaching<br />
ethical dilemma training, and finally we will summarize with a résumé on the<br />
topics covered.<br />
The definition of ethics, moral, military ethics and values<br />
First a brief definition of what ethics and morals are in order to prevent<br />
confusion about ethics and morals. While ethics and morals are synonyms in<br />
most dictionaries, they differ in their practical application. As used in this<br />
paper, the word ethics refers to the principles, rules, and standards of proper<br />
conduct defined by an organization for its own members. In contrast, morals<br />
are personal rules and standards of conduct based on authorities recognized<br />
by the individual, which may include family, religious, organizational, or<br />
philosophical values.<br />
16
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
Most people act on the basis of certain morals, in other words using particular<br />
standards and values. Values are core beliefs such as duty, honour, and<br />
integrity that motivate attitudes and actions.<br />
The terms "ethics" and "values" are not interchangeable. Ethics is concerned<br />
with how a moral person should behave, whereas values are the inner<br />
judgments that determine how a person actually behaves. Most of an<br />
individual's ethical development occurs before entering an organization. The<br />
influence of family, church, community, and school will determine individual<br />
values. Values concern ethics when they pertain to beliefs about what is right<br />
and wrong.<br />
Moral values can be divided into two different categories: “universal” moral<br />
values and “non-universal” moral values. Universal moral values are those<br />
values that are shared by all peoples regardless of the cultural and moral<br />
position occupied by them. Examples of universal moral values include those<br />
enshrined in the “Universal Declaration of Human Rights”, such as liberty<br />
and equality. As decent and responsible members of the international<br />
community, we have a responsibility to adhere to these values and to<br />
commend them to others. Non-universal moral values are not as binding as<br />
the values referred to above. These are either inherent in, or peculiar to, a<br />
particular culture or nationality.<br />
Non-moral values may constitute an important component of a particular<br />
professional ethic without necessarily implying a universal moral obligation.<br />
Within the military environment such values would include health, work<br />
satisfaction, readiness to suffer pain on behalf of comrades (“Service before<br />
Self”) and loyalty to the profession. Others may be peculiar to the<br />
institutional culture of the armed force in question, for instance the emphasis<br />
on saluting and compliments.<br />
Not all values are ethical values. Ethical values relate to what is right and<br />
wrong and thus take precedence over non-ethical values when making ethical<br />
decisions. We translate values into principles so they can guide and motivate<br />
ethical conduct. Ethical principles are the rules of conduct that derive from<br />
ethical values. For example, honesty is a value that governs behaviour in the<br />
form of principles such as, “tell the truth, don’t deceive, be candid, don’t<br />
cheat”. In this way, values give rise to principles in the form of specific "dos"<br />
and "don’ts."<br />
The ethics of most military forces generally mirror the ethics of the society<br />
that they are a part of. The aspects that distinguish the military systems from<br />
their civilian counterparts are based on those forces being the defense for<br />
their respective countries. As the defenders of the country, additional ethics<br />
are necessary. In the Lesson 8B04, “Values”, taught at the USAF SNCOA<br />
they stated that …<br />
17
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
“... military ethical values are divided in several subcategories like honesty,<br />
integrity, loyalty, accountability, fairness, caring, respect and promise keeping.”<br />
[2]<br />
Let’s take a closer look at the definition of those values, or the eight pillars of<br />
character [3]:<br />
Honesty<br />
Being truthful, straightforward, and candid are aspects of honesty.<br />
Truthfulness is required. Deceptions are usually easily uncovered. Lies erode<br />
credibility and undermine public confidence. Untruths told for seemingly<br />
altruistic reasons (to prevent hurt feelings, to promote good will, etc.) are<br />
nonetheless resented by the recipients.<br />
Integrity<br />
Being faithful to one’s convictions is part of integrity. Following principles,<br />
acting with honour, maintaining independent judgment, and performing<br />
duties with impartiality help to maintain integrity and avoid conflicts of<br />
interest and hypocrisy.<br />
Loyalty<br />
Fidelity, faithfulness, allegiance, and devotion are all synonyms for loyalty.<br />
Loyalty is the bond that holds the armed forces together and the balm against<br />
dissension and conflict. It is not blind obedience or unquestioning acceptance<br />
of the status quo. Loyalty requires careful balancing of various interests,<br />
values, and institutions in the interest of harmony and cohesion.<br />
Accountability<br />
Soldiers are required to accept responsibility for their decisions and the<br />
resulting consequences. This includes avoiding even the appearance of<br />
impropriety. Accountability promotes careful, well-thought-out decisionmaking<br />
and limits thoughtless action.<br />
Fairness<br />
Open-mindedness and impartiality are important aspects of fairness. Soldiers<br />
must be committed to justice in the performance of their official duties.<br />
Decisions must not be arbitrary, capricious, or biased. Individuals must be<br />
treated equally and with tolerance.<br />
18
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
Caring<br />
Compassion is an essential element of the military. Courtesy and kindness,<br />
both to those we serve and to those we work with, help to ensure individuals<br />
are not treated solely as a means to an end. Caring for others is the<br />
counterbalance against the temptation to pursue the mission at any cost.<br />
Respect<br />
To treat people with dignity, to honour privacy, and to allow selfdetermination<br />
are critical in a military of diverse people. Lack of respect leads<br />
to a breakdown of loyalty and honesty within the military and brings chaos to<br />
the force.<br />
Promise keeping<br />
No military can function for long if its commitments are not kept. Soldiers are<br />
obligated to keep their promises in order to promote trust and cooperation,<br />
because of the importance of promise keeping.<br />
The profession of soldiering puts unique moral demands on military<br />
personnel. No other group in society is given as much latitude to define its<br />
own standards of conduct and talks so frequently and openly about the core<br />
values that define it. In the context of a code adopted by a profession in order<br />
to regulate that profession, an ethical code may be styled as a code of<br />
professional responsibility, which may dispense with difficult issues of what<br />
behavior is "ethical".<br />
In their book “Engineering Ethics and the Environment”, P.A. Vesilind and<br />
A. Gunn use a quote from Albert Flores about the code of ethics, and Flores<br />
stated:<br />
“A code of ethics is often a formal statement of the organization's values on<br />
certain ethical and social issues. Some set out general principles about an<br />
organization's beliefs on matters such as quality, employees or the environment.<br />
The effectiveness of such codes of ethics depends on the extent to which<br />
leadership supports them with sanctions and rewards. Ethical codes are distinct<br />
from moral codes that may apply to the culture, education, and religion of a<br />
whole society. Violations of these codes may be subject to administrative, civil or<br />
penal remedies.” [4]<br />
Military ethics is about knowing what is true and then doing what is right.<br />
Military ethics, therefore, is not about them; it is about you and about your<br />
knowing what is true, and doing what is right, and being the man or woman<br />
who leads in combat, or peacekeeping missions.<br />
19
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
Professional integrity and leadership in developing military ethics<br />
There are clearly many styles of leadership that relate to the legitimacy of<br />
authority and informed consent by followers. Two distinct but interrelated<br />
ideal types are transformational and transactional leadership. Rather than<br />
leading to the affirmation of ethical relativism, such global diversity of values<br />
underscores the need for transformational leaders at all levels of the military.<br />
Any implementation of values either through education or through leadership,<br />
should take the operational situation of the military as its starting point and its<br />
objective. It should also take the reduction of ethical risks in this type of<br />
situation as its practical objective. This would mean that ethical education and<br />
training in the military should be as realistic as possible. Perhaps the greatest<br />
challenge of leadership is precisely to bridge ethical relativism by forging a<br />
platform of common values and stimulating alignment and congruence of<br />
interests.<br />
In philosophy, moral relativism takes the position that moral or ethical<br />
propositions do not reflect absolute and universal moral truths, but instead make<br />
claims relative to social, cultural, historical or personal circumstances. Moral<br />
relativists hold that no universal standard exists by which to assess an ethical<br />
proposition's truth. [5]<br />
Let’s see what an ethical leader, according to the USAF SNCOA lessons,<br />
should look like,<br />
• A good leader has an exemplary character. It is of utmost importance that<br />
a leader is trustworthy to lead others.<br />
• A good leader is enthusiastic about his or her work or cause and also<br />
about his or her role as leader. People will respond more openly to a<br />
person of passion and dedication.<br />
• A good leader is confident. In order to lead and set direction a leader<br />
needs to appear confident as a person and in the leadership role.<br />
• A leader also needs to function in an orderly and purposeful manner in<br />
situations of uncertainty. People look to the leader during times of<br />
uncertainty and unfamiliarity and find reassurance and security when the<br />
leader portrays confidence and a positive demeanor.<br />
• Good leaders are tolerant of ambiguity and remain calm, composed and<br />
steadfast in pursuit of the main objective.<br />
• Along with keeping the main goal in focus, a good leader is able to think<br />
analytically. Not only does a good leader view a situation as a whole, but<br />
he/she is able to break it down into its components for closer inspection.<br />
20
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
• A good leader is committed to excellence. The good leader not only<br />
maintains high standards, but is also proactive in raising the bar in order<br />
to achieve excellence in all areas. [6,7]<br />
Leaders are the most important and powerful influence on the culture of an<br />
organization and are responsible for creating credibility and trust. There is<br />
rich opportunity here for leaders to appeal to more than just the material<br />
rewards. Creating and promoting institutional integrity becomes one of the<br />
most important functions of leadership. Moral and ethical stances need to be<br />
consistently reiterated and clarified. Everyday leaders create symbolic<br />
messages to the subordinates about the organization's values of justice,<br />
fairness, and equity. An analysis of the relationship between ethical behavior<br />
and effective leadership reveals that it is a matter of choosing both the ends<br />
and the means. Leaders have a responsibility for creating trust and cultivating<br />
cultural values. A professional can promise he or she will not knowingly do<br />
harm. On the surface it may be easy making it to a golden rule that leaders<br />
need their ethics to be based on responsibility.<br />
Never doubt that a small group of committed people can change the world;<br />
indeed, it is the only thing that ever has. -- Margaret Mead<br />
Given that ethical and moral dilemmas present themselves on a daily basis,<br />
what do the experts say – are the steps for solving an ethical dilemma? Life<br />
isn’t simple, between right and wrong there is a lot of gray area. How does<br />
one make an ethical decision?<br />
In leadership, character matters. This is not to deny that evil people can bring<br />
about good things or that good people can lead the way to moral ruin. Rather,<br />
leadership provides a moral compass and, over the long term, both personal<br />
development and the common good are best served by a moral compass that<br />
reads true. Any attempt to control decisions which are based on free will is<br />
self defeating. But the military organization should also create a normative<br />
environment which supports the maintenance of values; there lies the<br />
responsibility of a leader. According to the One Minute Manager,<br />
“… leaders must analyze mechanisms of psychological regression that lead to a<br />
decrease of value maintenance; furthermore they should be alert to group<br />
mechanisms that lead to a decrease of value maintenance.” [8]<br />
The Values and Standards of the Army are not just a list of qualities required<br />
of each individual soldier. They are also the collective responsibilities of the<br />
whole Army, and each of its constituent units. They are the foundations of<br />
teamwork, which multiply the Fighting Power of each individual. They are<br />
interdependent: if any of them are lacking, the others - and hence the team -<br />
are threatened. They are fostered and enhanced by good leadership, training,<br />
motivation and management, throughout the chain of command. [9]<br />
21
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
Possible sources of ethical failure<br />
There are many sources of military ethical failures. These sources can be<br />
traced to pre-induction social conditioning, the socialization process imposed<br />
by military forces themselves, and conscious individual action. Each of these<br />
factors can have a negative influence on the ethical conditioning of a soldier.<br />
Some ethicists have argued that solving an ethical dilemma involves<br />
hierarchically arranging the resolutions to the conflict of values, however<br />
many there might be. In this scheme, the highest-ordered resolution always<br />
prevails; the second prevails unless it conflicts with the first, and so on. This<br />
scheme is problematic, however, and on at least two counts.<br />
• First: it is not credible to assert that values and the conduct required by<br />
them can be so neatly ordered. Keeping one's promises and not harming<br />
others can clearly conflict but it is not at all clear that one of these<br />
resolutions should always prevail over the other.<br />
• Second: were it is possible to arrange values and the conduct required by<br />
them hierarchically, it is entirely possible that the same value and<br />
resolution can give rise to conflicting obligations (what ethicists call<br />
"symmetrical cases"). [10]<br />
To further understand moral conflict and deal with it effectively, it is helpful<br />
to be aware of its common features:<br />
The first common feature is the tendency for each side to misunderstand the<br />
words and actions of the other. People from incommensurate traditions may<br />
have trouble communicating because they rely on different systems of<br />
meaning, norms of communication, and behavioral expectations.<br />
The second common feature of moral conflict is that group members tend to<br />
develop feelings of mistrust and suspicion toward the other group, even a<br />
sense that the other group poses a danger to their very survival. Given the<br />
groups' different values and systems of meaning, actions taken by one side to<br />
defuse or resolve the conflict may often be perceived as threatening by the<br />
other party. This second party is likely to be stunned and offended by the<br />
other's action and to respond in a negative way. This serves to perpetuate<br />
and/or intensify the conflict. Thus, the groups' different conceptions of<br />
morality lead to misunderstanding, which in turn contributes to conflict<br />
escalation.<br />
Another common feature of moral conflicts is the hostility characteristic of<br />
the relationship and the communication between the parties. While<br />
sophisticated rhetoric consists of exchanging reasons in a quest to form<br />
shared beliefs, the patterns of communication in moral conflicts consist<br />
primarily in personal attacks, denunciations, and curses. Slogans and chants<br />
replace arguments intended to persuade and inform, and the discourse<br />
22
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
between the two groups consists primarily of statements about what is wrong<br />
with the other group. Thus, opportunities for opposing groups to converse<br />
intelligibly and reason with one another are diminished. When one group is<br />
denounced, its members are likely to become defensive, which can contribute<br />
to more negative emotions and behavior.<br />
Discourse often involves sweeping generalizations about members of the<br />
other group. People in moral conflicts tend to invidiously categorize and<br />
denounce the personalities, intelligence, and social manners of those with<br />
whom they disagree. They may form negative stereotypes and attribute moral<br />
depravity or other negative characteristics to those who violate their cultural<br />
expectations, while they ignore their own vices and foibles, perceiving their<br />
own group to be entirely virtuous. This is what social psychologists call the<br />
attribution error. [<strong>11</strong>]<br />
These belief systems pull together fundamental assumptions and global<br />
viewpoints that are in general not up for compromise. Strict adherence to<br />
ideology can make it particularly difficult for individuals to approach those<br />
with differing world views with an open mind. They come to see the conflict<br />
entirely in win-lose terms. They may even get to the point that the goal of<br />
harming the other becomes more important than helping themselves.<br />
Likewise, it is important to distinguish between interests and fundamental<br />
values. There are instances in which conflict results from a clash between<br />
differing world views. If individuals or groups have radically different ideas<br />
about the best way to live, they are likely to stress the importance of very<br />
different things and to have vastly different or incompatible goals. In 1988,<br />
Walter Sinnott-Armstrong, stated in his book Moral Dilemmas:<br />
“Like needs, values tend to be quite stable and non-negotiable. If the basic<br />
substantive issues of the conflict are deeply embedded in the participants' moral<br />
views, these issues are likely to be intractable. Any attempts to resolve such<br />
conflicts solely by addressing interests are likely to prove ineffective. Thus, human<br />
needs theorists argue, interest-based bargaining is excellent for interest-based<br />
disputes, but it should not be applied to disputes involving human needs or deeprooted<br />
value differences.” [12]<br />
Not surprisingly, moral conflict often has harmful effects. Participants in<br />
moral conflict often behave immorally, even according to their own standards<br />
of behavior, because they believe the actions of their enemies force them to<br />
do so. If a group is regarded as morally depraved, its members may come to<br />
be regarded as less than human and undeserving of humane treatment. The<br />
demonization or dehumanization of one's opponent that often occurs in moral<br />
conflict paves the way for hateful action and violence. It often leads to human<br />
rights violations or even attempts at genocide, as parties may come to believe<br />
23
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
that the capitulation or elimination of the other group is the only way to<br />
resolve the conflict.<br />
How we should act will also depend, to some degree, on our personalities. As<br />
I noted earlier, ethicists acknowledge that moral principles are “situation<br />
sensitive”. Relevant shifts in external circumstances justify acting differently.<br />
However, many ethicists steadfastly deny that personality differences make a<br />
moral difference.<br />
Possible solutions for approaching ethical dilemma training<br />
The discussion of the ethics of war goes back to the Greeks and Romans,<br />
although neither civilization behaved particularly well in war. In the Christian<br />
tradition war ethics were developed by St. Augustine, and later by St.Thomas<br />
Aquinas and others. Hugo Grotius (1583-1645), a Dutch philosopher and<br />
author of “De Jure Belli Ac Pacis” (The Rights of War and Peace), wrote<br />
down the conditions for a just war that are accepted today.<br />
In Chapter 15 “Values and Ethics” the National Defense University stated,<br />
"Values are what we, as a profession, judge to be right." Individually or<br />
organizationally, values determine what is right and what is wrong, and doing<br />
what is right or wrong is what we mean by ethics. To behave ethically is to<br />
behave in a manner consistent with what is right or moral. What does<br />
"generally considered to be right" mean? That is a critical question, and part<br />
of the difficulty in deciding whether or not behavior is ethical is in<br />
determining what is right or wrong. [13]<br />
Under any circumstance, the ethical dilemmas, which may confront the<br />
soldier in the field, may affect the very foundation of the military discipline<br />
and obedience, which is so very necessary in any force in action. There is no<br />
easy way out of this dilemma.<br />
One aspect of ethical training is to influence soldiers to respect the law. This<br />
is extremely important for the preservation of personal integrity. Another, and<br />
more advanced, aspect is to develop mental distance to the law; in this case<br />
the objective is to understand when the written law is insufficient, because of<br />
unforeseen situations or circumstances.<br />
The rule-oriented approach to ethical theory establishes in given standards the<br />
criteria for determining right and wrong. Dilemmas exist when two or more<br />
obligations conflict. One must sometimes choose between what one believes<br />
God commands and what the state requires, between what a superior officer<br />
orders and what regulations prescribe, or between what law demands and<br />
what personal conscience dictates. Many moral dilemmas are dilemmas<br />
because of a certain kind of conflict between the rightness or wrongness of<br />
the actions and the goodness or badness of the consequences of the actions.<br />
24
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
The moral core of an individual is the extent to which that person will apply his or<br />
her notions of morality. It is centered on the individual and can be extended to<br />
include other people or groups. The individual sees these others within the moral<br />
core as deserving to be treated in the same way the individual personally wants to<br />
be treated. -- Christopher Boehm<br />
There are very few things we are called upon to do in a military operation for<br />
which we cannot anticipate and train. For the answers that do not fall into<br />
neat categories, though, we should ensure that our forces are capable of<br />
independent thoughts and actions based on sound ethical principles. Combat<br />
is a very harsh, unforgiving environment and we really do need to create a<br />
climate where correct ethical decisions are made almost instinctively at all<br />
levels of military leadership.<br />
In situation ethics the particular circumstances of a situation provide the<br />
criteria for determining right and wrong. Here, each situation is unique,<br />
without precedent. Judgments must be relative to the circumstances; the<br />
circumstances determine what actions should be taken. Without the binding<br />
and unexceptionable absolute of love, situation ethics would have mirrored<br />
the permissive society in which it emerged. In his book, Situational Ethics:<br />
The new Morality, Joseph Fletcher said about rule-oriented judgments,<br />
"Situation ethics keep principles sternly in their place, in their role of advisers<br />
without veto power."[14]<br />
There are two major approaches that philosophers use in handling ethical<br />
dilemmas. One is to focus on the practical consequences of what we do, and<br />
the other focuses on the actions themselves and weighs the rightness of the<br />
action.<br />
Military leaders are the role models for their peers and their subordinates, like<br />
it or not and, for most of us, this is a deeply ingrained factor, influencing our<br />
daily lives. Stephen R. Covey points out the important distinction between<br />
managers and effective leaders:<br />
"Management is doing things right; leadership is doing the right things." [15]<br />
This addresses not only the clear distinction between a manager and a leader,<br />
but also emphasizes the added ethical responsibility inherent in the leadership<br />
role. Just as important as ethical individual actions is the ethical climate<br />
established by the military leader in any military organization.<br />
There are three qualities individuals must possess to make ethical decisions.<br />
The first is the ability to recognize ethical issues and to reason through the<br />
ethical consequences of decisions. The second is the ability to look at<br />
alternative points of view, deciding what is right in a particular set of<br />
circumstances. This is similar to the ability to reframe. And the third is the<br />
25
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
ability to deal with ambiguity and uncertainty; making a decision on the best<br />
information available.<br />
Resolving ethical dilemmas, therefore, requires interpersonal and negotiation<br />
skills as well as the new application of employability skills – honesty, ability<br />
to work cooperatively, respect for others, pride in one's work, willingness to<br />
learn, dependability, responsibility for one's actions, integrity, and loyalty.<br />
Today, armed forces are training their soldiers in critical thinking and conflict<br />
resolution skills required for ethical decision making. Military schools are<br />
also focusing on developing students' critical thinking skills. All levels of<br />
military leaders need to recognize the factors that guide ethical behavior and<br />
develop strategies for assessing their personal and organizational ethics. The<br />
best leaders comply with laws and policies not because they worry about<br />
getting caught, but because their conscience, their moral fiber, forbids them<br />
doing what is wrong. The exemplary leaders we want to produce honor<br />
promises as a matter of principle, not prudence. They play by the rules;<br />
respect the rights, claims and possessions of others; and work diligently, even<br />
when the boss is not looking, not simply out of self-interest but as a matter of<br />
honor.<br />
This leads us to transformational leadership versus transactional leadership.<br />
In their book, Beyond Machiavelli: Tools for Coping with Conflict, R.<br />
Fischer, E. Kopelmann and A. Kupfer-Schneider put it this way:<br />
“Essentially, they contend that transformational leadership is more ethical than<br />
transactional leadership because follower ship is freely given in transformational<br />
leadership and extorted in transactional leadership. [16]<br />
Because transformational leadership is not coercive in any way, it respects the<br />
dignity of followers, avoids inflicting any pain or suffering on them, and<br />
therefore can be seen as more ethical, within the transformational leadership<br />
construct.<br />
Later on, R. Fischer, E. Kopelmann and A. Kupfer-Schneider identified four<br />
factors, or types of leadership behaviors that are classified as<br />
transformational. First, there is idealized influence, which sometimes makes<br />
the leader act as a role model, cultivating faith, trust, and respect in the<br />
followers. Examples include doing what is right rather than what is most<br />
convenient or cost-effective and making decisions more transparent by<br />
explaining the rationale behind the decisions. [16]<br />
Another step to increase the salience of ethics is to expand the information<br />
system to focus on areas where ethics may come into play. Knowing what<br />
actually is going on in the organization is essential to understanding the<br />
ethical principles which govern behavior. The information system should also<br />
support ethical behavior, and allow the military leader to know when or<br />
26
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
where there are potential ethical breaches so that corrective action can be<br />
taken. The real danger is that when unethical behavior is unnoticed, or not<br />
punished, members will assume it is condoned by the organization's<br />
leadership. Given that ethical and moral dilemmas present themselves on a<br />
daily basis, what do the experts say are the steps for solving an ethical<br />
dilemma?<br />
To solve an ethical problem, R. N. Kanungo and M. Mendonca use a threestep<br />
process [17]:<br />
• Step One: Analyze the consequences<br />
• Who will be helped by what you do?<br />
• Who will be harmed?<br />
• What kind of benefits and disadvantages are we talking about?<br />
(Some are more valuable or more harmful than others; for<br />
example good health, someone’s trust and a clean environment are<br />
very valuable benefits)<br />
• How does all of this look over the long run as well as the short<br />
run?<br />
• Step Two: Analyze the actions<br />
• Consider all of the options from a different perspective, without<br />
thinking about the consequences. How do the actions measure up<br />
against moral principles like honesty, fairness, equality, respecting<br />
the dignity of others, or people’s rights?<br />
• Do any of the actions “cross the line”?<br />
• If there’s a conflict between principles or between the rights of<br />
different people involved, is there a way to see one principle as<br />
more important than the others?<br />
• Which option offers actions that are least problematic?<br />
• Step Three: Make your decision<br />
• Take both parts of your analysis into account and make a decision.<br />
An ethical decision consists of a series of choices, not simply one decision.<br />
Making bad primary ethical decisions increases not only the number of<br />
choices but also the future impact of those choices. More important, a bad<br />
primary ethical decision spring-loads the ethical trap, resulting in an increased<br />
potential for legal or administrative action or unresolved intrapersonal<br />
conflict. According to K. Kelloway and J. Barling,<br />
“Ethical dilemmas challenge the intellect because of the conflicting answers to<br />
the questions, “What should I do?” and “What will I do?” If a person must<br />
27
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
choose between two options that do not oppose one another, selecting an option<br />
becomes a matter of choice and not a decision between right and wrong.” [18]<br />
In most cases, choosing right over wrong takes courage because people who<br />
make ethical choices often subject themselves to social and professional<br />
ridicule. Ethical decisions build personal character, but not without pain.<br />
Résumé<br />
Every society has its ethics. If good ethics are those that emphasize on<br />
treating other people well, helping them when they need it, and only hurting<br />
them when such an action is needed (defense), then most military forces have<br />
'good' ethics. It simply isn't obvious to people who have gotten used to having<br />
peace, and don't understand how fragile that peace can be.<br />
The Webster's New World Dictionary defines ethics as "the system of morals<br />
of a particular person, religion, group, etc." The definition does not attempt to<br />
rate the relative 'goodness' or 'badness' of any given system, because such a<br />
rating is irrelevant. A 'bad' system is just as much a 'system' as is a 'good'<br />
system.<br />
The armed forces have an integrity problem that is often overlooked. Yet<br />
when it surfaces, it has unwanted strategic implications. Various examples of<br />
integrity issues that have been dealt with by military leaders prove the<br />
implications of the problem. Other examples that appear to be acceptable, and<br />
thus have few or no consequences, give latitude for future unacceptable and<br />
more severe inappropriate behavior. Strategically, the implications of<br />
immoral and unethical behavior affect Germany’s legitimacy, credibility, and<br />
public/world opinion, and lend themselves to escalation. Minor integrity<br />
issues can give way to larger and larger issues that military leaders must<br />
confront. Knowing the factors that cause integrity problems and developing<br />
ways to remedy these problems will ultimately avoid unwanted,<br />
embarrassing, and sometimes criminal acts. Lack of integrity within the<br />
armed forces is a leadership issue.<br />
We judge ourselves by our best intentions, our noblest acts and our most<br />
virtuous habits. So in making tough decisions, effective leaders do not allow<br />
themselves to be distracted by defense mechanisms such as rationalization.<br />
People are especially vulnerable to rationalizations when they seek to<br />
advance a noble aim. "It’s all for a good cause" is a seductive rationale that<br />
loosens interpretations of deception, concealment, conflicts of interest,<br />
favouritism and violations of established rules and procedures.<br />
One aspect of ethical training is to influence soldiers to respect the law. This<br />
is extremely important for the preservation of personal integrity. Although<br />
using case studies and resorting to people’s workplace experiences are good<br />
28
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
educational strategies, soldiers also need to receive training in critical<br />
thinking, conflict resolution, reasoning, communication (speaking and<br />
listening), and group process to prepare for the ethical deliberations they will<br />
encounter as they progress in their careers. Case studies would be used in the<br />
training to provide important exposure to the complexity of the decision<br />
environment and the power of potential biases. Reflection on cases from<br />
recent history would be particularly useful, especially if accompanied by<br />
feedback on the actual outcomes.<br />
Such training could help in the period prior to actual military operations, but<br />
once the targeting cycle is in full swing for planning and execution, no<br />
decision maker will have the time to spend in a classroom or even individual<br />
training sessions.<br />
Miller and Coady point out that:<br />
“Today's ethical dilemmas require students to be equipped with higher order<br />
decision-making and problem-solving skills necessary to cope with increased<br />
individual responsibility for shaping their work environments and managing their<br />
career development.” [19]<br />
It is not feasible to undertake a formal, philosophically-rich values education<br />
program in units at the soldier level. Rather than schedule content-empty<br />
classes that regurgitate several words, soldiers need to gain practical<br />
knowledge that will help them fulfill their wartime/peacekeeping missions<br />
within an ethical framework. Soldiers need to know the rules of war and what<br />
they can and cannot do on the battlefield. We, as leaders, can provide this<br />
through realistic training that challenges our force. When we go to the<br />
military training site, incorporate civilian role players into the exercise<br />
forcing soldiers to discriminate while acquiring targets. Make them confront<br />
the problems associated with prisoners, civilians, noncombatants head on<br />
during training. In this way, they learn the rules by discovering what they can<br />
do and what is prohibited. If soldiers realize that their leaders are the men and<br />
women that they aspire to become, they have little need to continually<br />
question and challenge authority. Instead, they will emulate their superiors,<br />
unconsciously internalizing the core values that are now nothing more than a<br />
few more items to remember for the guard. Leaders of character must instill<br />
the forces values in our soldiers through action instead of meaningless<br />
rhetoric.<br />
Professional military ethics cannot be created overnight. Creating a<br />
sustainable moral military identity will require time, experience, consensus<br />
and operational validation. The urgency of such a process in the current<br />
transition, however, cannot be ignored.<br />
This means that any ethical training must be integrated into every aspect of<br />
military life and that soldiers, in accordance with rank and command<br />
29
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
responsibility, must be given the opportunity to practise, make and ultimately<br />
justify ethical decisions in an atmosphere that takes moral success seriously<br />
enough to allow soldiers to learn and grow from moral failure. A serious<br />
commitment to ethics up and down the chain of command requires nothing<br />
less; if ethics is to be a priority, then it is worth doing with excellence.<br />
The German Military continues to stress the importance of values for all who<br />
serve in the military services. However values training and education has<br />
taken a back seat to the demands and operational tempo of current military<br />
operations. Values education must be reinforced to combat this probable<br />
dilemma using creative diverse and innovative program designs and delivery<br />
strategies. The military should actively study, and teach, ethics, in an attempt<br />
to improve the moral climate within the force, and to avoid needless tragedy.<br />
The military vocation is too dangerous to leave any grey areas in<br />
performance.<br />
“The character ethic, which I believe to be the foundation of success, teaches that<br />
there are basic principles of effective living, and that people can only experience<br />
true success and enduring happiness as they learn and integrate these principles<br />
into their basic character” -- Stephen R. Covey<br />
30
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
Bibliography<br />
[1] Hubert Michael Mader, “‘Aber das machen meine Leute doch nicht!’<br />
Können auch ‘ganz normale’ Menschen Kriegsverbrechen begehen?” In:<br />
Truppendienst, 2000, no. 5, pp. 368-369<br />
[2] Adopted from Lesson 8B04, Values, USAF SNCOA, Montgomery /<br />
Alabama 01.Febuary 2004<br />
[3] http://usmilitary.about.com/cs/generalinfo/a/stanconduct.htm<br />
[4] Flores, Albert. “The Philosophical Basis of Engineering Codes of Ethics”,<br />
In Vesilind P.A. and A. Gunn (eds.), Engineering Ethics and the<br />
Environment, Cambridge: Cambridge University Press, 1998: 201-209<br />
[5] David B. Wong, Moral Relativity (Berkeley, CA: University of California<br />
Press, 1986), 248 pages<br />
[6] Adopted from Lesson CO-16, Leadership development tools,<br />
USAFSNCOA, Montgomery/Alabama 01.Febuary 2005<br />
[7] Adopted from Lesson 7B05, Roles and Responsibilities, USAFSNCOA,<br />
Montgomery/Alabama 01.September 2003<br />
[8], Kenneth Blanchard, Patricia Zigarmi, Drea Zigarmi, Leadership and the<br />
One Minute Manager, William Morrow and Company,Inc., Ney York,1985,<br />
16-105<br />
[9] http://www.army.mod.uk/servingsoldier<br />
[10]Adopted from Lesson 8O4, Managing Organisational Conflict,<br />
USAFSNCOA ,Montgomery/Alabama 01.March 2004<br />
[<strong>11</strong>] Adopted from Lesson 8B05, Diversity in the Work Place,<br />
USAFSNCOA, Montgomery/Alabama 01.July 2001<br />
[12] Sinnott-Armstrong, W. (1988). Moral dilemmas, Oxford, UK: Basil<br />
Blackwell<br />
[13] http://www.ndu.edu<br />
[14] Joseph Fletcher, Situation Ethics: The New Morality (Philadelphia:<br />
Westminster Press, 1966), p. 55<br />
[15] Dr. Stephen R. Covey, The 8th Habit: From Effectiveness to Greatness.<br />
Free Press; Bk & DVD edition (November 9, 2004)<br />
[16] Roger Fisher, Elizabeth Kopelman and Andrea Kupfer Schneider.<br />
Beyond Machiavelli: Tools for Coping With Conflict. Cambridge: Harvard<br />
University Press, 1994, 151 pp<br />
31
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas<br />
[17] R. N. Kanungo and M. Mendonca, “Ethical leadership in three<br />
dimensions”, Journal of Human Values, 4, 1998, p. 141<br />
[18] K. Kelloway and J. Barling, “What we have learned about developing<br />
transformational leaders”, Leadership and Organization Development<br />
Journal, Vol. 21, 2000, pp. 355-362<br />
[19] Miller, P. F., and Coady, W. T. Vocational Ethics: Toward the<br />
Development of an Enabling Work Ethic. Springfield: Illinois Department of<br />
Adult, Vocational, and Technical Education, 1986<br />
Special thanks to CMSgt (Ret.) Christopher L. Bryans Melbourne/Florida<br />
32
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
Hauptfeldwebel Holger FELS<br />
Der Wandel des Berufsbildes der<br />
Unteroffiziere – ein Vergleich zwischen<br />
der United States Air Force und der<br />
Deutschen Luftwaffe<br />
Die Beschäftigung mit dem Berufsbild der Unteroffiziere ist<br />
eine sehr umfangreiche, aber auch lohnende Aufgabe, zumal<br />
sich die verfügbare Literatur zu diesem Thema zumindest im<br />
deutschsprachigen Raum in Grenzen hält. Die European Non<br />
Commissioned Officer Academy (<strong>ENCOA</strong>) hat es sich zum<br />
Ziel gesetzt, diese Lücke nach Möglichkeit aufzufüllen. Der<br />
Verfasser des vorliegenden Artikels leistet seinen Beitrag zu<br />
einem besseren Gesamtbild durch eine direkte<br />
Gegenüberstellung der Karrierebilder von Unteroffizieren<br />
der Luftwaffe in den Vereinigten Staaten von Amerika und<br />
in Deutschland.<br />
Einleitung<br />
Die mit diesem Beitrag vorliegende Thematik soll sich mit dem Unteroffizier-<br />
Sein beschäftigen und punktuell einen Vergleich zwischen den<br />
Unteroffizieren der deutschen und US-amerikanischen Luftwaffe von heute<br />
bieten. Nach einem kurzen Ausflug in die Geschichte des Unteroffiziers in<br />
Deutschland und dessen Wandel in den vergangenen Jahrzehnten wird der<br />
angesprochene Vergleich hinsichtlich allgemeiner Aussagen, Einstellungsvoraussetzungen<br />
und Beförderungssystemen gezogen.<br />
33
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
Historische Betrachtungen zum Berufsstand des Unteroffiziers in<br />
Deutschland<br />
Schon in der Zeit der Landsknechte und Söldner kannte man im heutigen<br />
Deutschland die sogenannten „Feldweibel“ und „Korporale“ als militärische<br />
Vorkämpfer und Drillmeister. Daneben gab es noch eine große Zahl von<br />
Spezialisten wie Proviantmeister, Feldschreiber, Büchsenmeister und Furiere.<br />
Im gegenwärtigen Sinne könnte man die oben Genannten durchaus als<br />
Unteroffiziere bezeichnen. Es bildete sich jedoch dieser Begriff parallel zur<br />
Abgrenzung zu den Offizieren nur ganz allmählich heraus:<br />
„Bereits im kurbrandenburgischen Heere wurde das außerhalb der in Reih´ und<br />
Glied stehenden Soldaten erforderliche Führungs-, Ausbildungs- und<br />
Hilfspersonal nach den Befehls- und Aufgabenbereichen in zwei Klassen geteilt.<br />
Die für dieses Personal noch seit der Landsknechtzeit gebräuchliche Bezeichnung<br />
Prima Plana war in eine Obere und Untere Prima Plana getrennt und die<br />
Unterscheidung von „Ober-Officiren“ und „Unter-Officiren“ üblich. In den<br />
preußischen Kriegsartikeln von 1713 heißt es z.B.: „So sollen auch alle und jede<br />
Unter-Officir und Soldaten den Ober-Officirern ... gehorsam begegnen.“ Kapitän,<br />
Leutnant und Fähnrich waren die Oberoffiziere; Feldwebel, Sergeanten,<br />
Korporale und Gefreitenkorporale die Unteroffiziere einer Kompanie. Später<br />
wurden dann die Oberoffiziere einfach Offiziere genannt, und die Bezeichnung<br />
Unteroffiziere wurde beibehalten.“ (Transfeld u.a. 1976, 28)<br />
In den stehenden Heeren zur Zeit des Absolutismus rekrutierten sich die<br />
Soldaten fast ausschließlich aus Angeworbenen, die nicht selten unfreiwillig<br />
ihren Waffendienst leisteten. Dies führte in Bezug auf den Unteroffizier dazu,<br />
dass seine Hauptaufgabe darin bestand, mit Hilfe von Drill und Prügel<br />
automatischen Gehorsam zu erzwingen und Fahnenflucht zu vermeiden. Im<br />
Gegensatz zu den Unteroffizieren der Artillerie und der Pioniertruppe, die<br />
aufgrund ihrer handwerklich-technischen Vorbildung relativ hohes Ansehen<br />
genossen, wurde der Unteroffizier der Infanterie oder Kavallerie zum<br />
Drillmeister degradiert und dementsprechend negativ eingeschätzt. Die<br />
Hürden zum adeligen Offizierkorps waren hoch und für den bürgerlichen<br />
Unteroffizier selbst im Krieg kaum zu durchbrechen. Lediglich die<br />
„technischen“ Truppen bildeten eine Ausnahme.<br />
Erst im Gefolge der Napoleonischen Kriege und der allmählichen Einführung<br />
der allgemeinen Wehrpflicht wandelte sich auch das Bild des Unteroffiziers.<br />
Die Prügelstrafe wurde abgeschafft, die Ausbildung der Unteroffiziere und<br />
ihre materielle Lage wurden verbessert. Die Entwicklung der Waffentechnik<br />
und die damit verbundene, neue Kampfweise in aufgelöster Ordnung<br />
brachten vermehrte Verantwortung und Selbstständigkeit.<br />
Der I. Weltkrieg brachte eine große Bewährungsprobe für den Unteroffizier<br />
als Gruppen- und Zugführer mit sich. Vielen, die militärisch in eigenständiger<br />
34
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
Weise hervorragende Leistungen zeigten, blieb der Weg nach oben dennoch<br />
versperrt. Aus den hunderttausenden Unteroffizieren gingen nur wenige<br />
„Tapferkeitsoffiziere“ hervor.<br />
Die Ereignisse im II. Weltkrieg brachten in diesem Fall einen grundlegenden<br />
Paradigmenwechsel hervor, zumal die Durchlässigkeit der Karriere von<br />
Unteroffizieren bis in höchste Offiziersränge eingeführt wurde. Seither gilt<br />
das Standesdenken mit Bezug auf eine von vornherein eingeschränkte<br />
Laufbahn als abgeschafft. Die Bedeutung des individuellen<br />
Leistungsvermögens gewann damit – verbunden mit vielen Vorteilen für das<br />
deutsche Unteroffizierskorps – im Gegenzug an Bedeutung.<br />
Der deutsche Unteroffizier im Wandel<br />
Besonders im Bereich des „kämpfenden“ Unteroffiziers gibt es heute ganz<br />
offensichtlich einen Nachwuchsmangel. In der zeitgeschichtlichen<br />
Retrospektive erscheint dies dem Verfasser mit nun folgender Begründung<br />
nicht überraschend zu sein.<br />
Bis mindestens in die Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts hinein kann man in<br />
der Zeitspanne ab 1945 von einem im Grunde fehlenden Sozialprestige des<br />
Unteroffiziers in Deutschland sprechen. In den Jahrzehnten nach dem II.<br />
Weltkrieg wurde das Bild des Soldaten generell im Kern sehr negativ<br />
transportiert, etwa über die Darstellung des „Platzek“ in Kirsts „08/15“-<br />
Filmtrilogie. Dies in Kombination zum Beispiel mit unzulänglicher<br />
Besoldung führte zu Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von<br />
Unteroffizieranwärtern. Auch die Bezeichnung der Personengruppe als<br />
„Unteroffizier“ war für die Imagebildung nicht gerade förderlich, wenn<br />
„unter“ fälschlicherweise mit „minderwertig“ gleichgesetzt wurde. Bis heute<br />
aber wandelte sich das Bild des Unteroffiziers als Drillmeister und Schleifer<br />
oder Kämpfer in jenes eines pädagogisch geschulten, fürsorglichen,<br />
selbstbewussten und politisch interessierten Menschen (vgl. dazu<br />
Gareis/Klein 2004, 432ff).<br />
Der Unteroffizier der Luftwaffe: ein deutsch-amerikanischer Vergleich<br />
Deutsche Luftwaffe<br />
Unteroffiziere der Bundeswehr sind heute entweder als Führer, Erzieher und<br />
Ausbilder tätig, oder sie sind Spezialisten in Technik und Verwaltung. Die<br />
enorm große Verwendungsbreite eines Unteroffiziers, besonders im<br />
technischen Bereich der Luftwaffe, macht eine systematische Bestenauslese<br />
35
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
notwendig. Zivile Vorkenntnisse sind in Teilbereichen der Luftwaffe<br />
unabdingbar. Der hohe technische Stand von Waffen und Gerät erfordert zu<br />
deren Bedienung, Wartung und Instandsetzung daher den fachlich<br />
vorgebildeten Spezialisten, der nicht nur in der Lage ist, selbst mit Hand<br />
anzulegen, sondern der auch Hilfskräfte einweisen, anleiten und einsetzen<br />
kann. Hierzu sind neben pädagogischen Fähigkeiten vor allem handwerklichtechnische<br />
Vorkenntnisse notwendig, über die aufgrund des deutschen Schulund<br />
Bildungssystems der Unteroffizier viel eher verfügt als etwa der Offizier.<br />
Vom Unteroffizier als Führer und Erzieher auf den Ebenen Gruppe und Zug<br />
wird eine umfassende Befähigung zur Menschenführung verlangt, wie dies<br />
sonst kaum in einem anderen Beruf üblich zu sein scheint. Im täglichen<br />
Umgang mit Soldaten müssen Unteroffiziere neben Einfühlungsvermögen<br />
und mitmenschlichem Verständnis ständig pädagogisch-methodische<br />
Fähigkeiten, Einfallsreichtum und den Willen zur Selbstverantwortung unter<br />
Beweis stellen.<br />
Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Georg Leber sprach in einer<br />
Rede vor Unteroffizieren der 4. Jägerdivision im Jahr 1974 über die<br />
Bundeswehr sinngemäß von „einer der großen Armeen der Welt“ und meinte<br />
insbesondere: „Daß dies so ist, verdankt sie (die Bundeswehr, Anmerkung<br />
des Verfassers) zum entscheidenden Teil ihrem Unteroffizierkorps.“<br />
Wenn man die Bedeutung dieses Satzes analysiert, so stellt sich sofort die<br />
Frage, wie es zu diesem Wandel vom Prügelknecht und Drillmeister zum<br />
anerkannten Unteroffizier von heute kommen konnte. Hierzu sollte man als<br />
Ausgangsbasis Kuhlmanns Studie zur Jägerkompanie (Kuhlmann 1979) und<br />
Stouffers Arbeit „The American Soldier“ (Stouffer 1945) betrachten.<br />
Kuhlmann kam damals zum Schluss, dass Jägerchefs (Offiziere) auf die<br />
Jägersoldaten kaum direkt erziehend einwirkten (a.a.O.). Die Aufgabe bliebe<br />
den Gruppen- und Zugführern, das heißt überwiegend den Unteroffizieren<br />
überlassen. Sie – und nicht die Offiziere – wären nach Kuhlmann die<br />
bevorzugten Ansprechpartner der Mannschaften, sowohl in dienstlichen als<br />
auch in persönlichen Angelegenheiten.<br />
Stouffers Studie wiederum, obwohl in den USA entstanden mit<br />
Möglichkeiten des Transfers auf die Bundeswehr zu interpretieren, sagt im<br />
Wesentlichen aus, der Soldat würde nicht vorrangig aus Gründen des<br />
Gehorsams kämpfen. Er schlage sich vielmehr für seine Truppe, seine<br />
Kameraden und seinen unmittelbaren Führer, also für seinen Unteroffizier,<br />
sofern dieser von ihm akzeptiert würde (a.a.O.).<br />
Eine Hauptaufgabe des modernen Unteroffiziers ist somit, die unterstellten<br />
Soldaten zu einer Gemeinschaft zu formen, die ihn selbst nicht ausschließen<br />
darf. Er muss vielmehr ein Teil der Gruppe sein, um die für die<br />
36
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
Auftragserfüllung im Frieden und im Einsatz nötige, gegenseitige Zuneigung<br />
und Anerkennung zu entwickeln.<br />
Der Wandel und die Bedeutung des Unteroffiziers spiegeln sich auch in der<br />
Tatsache wider, dass er grundsätzlich Frontmann und damit erster<br />
Ansprechpartner für eigentlich alle Mannschaften und deren Probleme ist. Für<br />
die Streitkräfte als Organisation wurde er in Deutschland, aber auch in vielen<br />
anderen Ländern, immer mehr zum Rückgrat der Armee.<br />
United States Air Force (USAF)<br />
Gleich vorweg kann man mit großer Sicherheit sagen, dass der Unteroffizier<br />
in den Streitkräften der Vereinigten Staaten von Amerika heute einen noch<br />
höheren Stellenwert als in der Bundeswehr einnimmt. Dafür gibt es etliche<br />
Beweise, von denen hier einige angeführt werden:<br />
• Das Jahr 1989 wurde vom ehemaligen Stabschef des Heeres, General<br />
Vuono, zum „Jahr des Unteroffiziers“ erklärt.<br />
• Jede Teilstreitkraft verfügt über einen Repräsentanten des<br />
Unteroffizierkorps im höchsten Dienstgrad eines Chief Master Sergeant,<br />
so natürlich auch die Air Force. Dieser ist Ratgeber für den Inspekteur<br />
der USAF für alle Mannschafts- und Unteroffiziersangelegenheiten.<br />
• Bataillons-, Regiments- oder Divisionskommandeure lassen sich von<br />
einem Command Chief Master Sergeant beraten.<br />
• Jede amerikanische Unteroffizierschule wird von einem Chief Master<br />
Sergeant kommandiert. Dieser führt die Funktionsbezeichnung<br />
„Commandant“.<br />
• Ein Chief Master Sergeant ist grundsätzlich berechtigt, eine Einheit zu<br />
führen, jedoch ohne die für eine Einheitsführung sonst übliche<br />
Disziplinargewalt über die unterstellten Soldaten.<br />
Diese für die Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika positive<br />
Entwicklung darf nicht über die zu Beginn der Einführung einer<br />
Freiwilligenarmee im Jahre 1973 verzeichneten, zum Teil massiven<br />
Nachwuchsprobleme für das Unteroffizierkorps hinwegtäuschen. Gerade in<br />
den ersten Jahren gab es offenbar eine hohe Anzahl von Bewerbern ohne<br />
Schulabschluss oder aus den untersten sozialen Schichten. Dies dürfte für<br />
viele Jahre eine schwere Belastung für die Streitkräfte insgesamt dargestellt<br />
haben. Für viele könnte der Unteroffizierberuf zur Chance des Lebens<br />
geworden sein, und so sind sicher einige potentielle Aussteiger aus der<br />
Gesellschaft von damals zu Aufsteigern bis in die höchsten<br />
Unteroffizierdienstgrade geworden. Letztlich konnte man die benötigten<br />
Unterführer aber nur durch das Absenken des Niveaus der<br />
37
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
Zulassungskriterien erreichen. Hier sind durchaus Parallelen zur Bundeswehr<br />
von heute zu erkennen, die ähnliche Probleme bewältigen muss.<br />
Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />
Die Bedeutung des Unteroffiziers als Techniker steht in der USAF genau wie<br />
in der Deutschen Luftwaffe im Vordergrund. Auch die hohe<br />
Einsatzbereitschaft und die Herausforderung der Teambildung sind sehr gut<br />
miteinander vergleichbar.<br />
Wesentlich anders im Vergleich zur Bundeswehr sind in den USA die<br />
Möglichkeiten der Beförderungen zum jeweils nächsthöheren Dienstgrad.<br />
Diesem Aspekt ist in der vorliegenden Arbeit allerdings ein eigenes Kapitel<br />
gewidmet.<br />
Vergleicht man die Forderungen an den Unteroffizier in Deutschland und in<br />
den USA, so kann man von nahezu identen Grundlagen ausgehen. In beiden<br />
Systemen erwartet man vom Unteroffizier vorrangig<br />
• Fähigkeiten der Menschen- und Gesprächsführung<br />
• Einfühlungsvermögen<br />
• Loyalität<br />
• Integrität<br />
• Selbstbewusstsein<br />
• Beispielhaftigkeit<br />
• Teamfähigkeit<br />
• Selbstdisziplin<br />
• Toleranz<br />
• Verantwortungsbewusstsein<br />
• Flexibilität<br />
• Geradlinigkeit<br />
• Willensstärke und<br />
• technisches Verständnis.<br />
Natürlich ist es schwer, wie den aufmerksamen Lesern nicht entgangen sein<br />
dürfte, die Grundtugenden eines Soldaten allgemein von jenen eines<br />
Unteroffiziers im Speziellen zu unterscheiden. Aufgrund der wichtigen<br />
Stellung des Unteroffiziers als Vermittler und Bindeglied zwischen<br />
Mannschaften und Offizieren, als vorrangiger Ansprechpartner für<br />
38
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
Mannschaftsdienstgrade und als erste Adresse für qualifizierte Ausbildung,<br />
wird er aber weiterhin auf der Skala der Aufmerksamkeit innerhalb des<br />
Militärs ganz oben stehen müssen. Im Zeitalter zu erweiternder Aufgaben im<br />
nationalen wie im internationalen Bereich und den sich daraus rasch<br />
ändernden Umfeldsituationen wird der Unteroffizier sein Aufgaben- und<br />
Qualifikationsspektrum laufend ergänzen müssen, um seiner hohen<br />
Verantwortung auch in Zukunft Rechnung tragen zu können.<br />
Einstellungsvoraussetzungen<br />
Bei den Einstellungsvoraussetzungen gibt es in Bezug auf den vorliegenden<br />
Vergleich sehr deutliche Unterschiede. Während bei der USAF – grob am<br />
Beginn zusammengefasst – de facto lediglich die schulische Ausbildung von<br />
Bedeutung ist, wird bei der Bundeswehr das Augenmerk neben der<br />
schulischen Ausbildung auch auf zivil erworbene Qualifikationen gelegt. Die<br />
doch recht umfangreichen und unterschiedlichen Voraussetzungen zur<br />
Einstellung in den Streitkräften generell können stark vereinfacht wie folgt<br />
skizziert werden:<br />
Deutsche Luftwaffe<br />
Voraussetzung für die Einstellung als Unteroffizieranwärter:<br />
• 17. Lebensjahr vollendet, das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet sowie<br />
• Hauptschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter<br />
Bildungsstand.<br />
Voraussetzung für die Einstellung mit einem höheren Dienstgrad als<br />
„Unteroffizier“:<br />
• Hauptschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand<br />
und<br />
• einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren Berufsabschluss.<br />
als „Stabsunteroffizier“:<br />
• Realschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand,<br />
einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren Berufsabschluss<br />
oder<br />
39
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
• Hauptschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter<br />
Bildungsstand, einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren<br />
Berufsabschluss oder eine mindestens zweijährige förderliche berufliche<br />
Tätigkeit.<br />
Die Bewerber müssen sich für mindestens drei Jahre zum Dienst in der<br />
Bundeswehr verpflichten und eine Eignungsprüfung mit Erfolg abgeleistet<br />
haben.<br />
Voraussetzung für die Einstellung als Feldwebelanwärter:<br />
• 17. Lebensjahr vollendet, das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet;<br />
Hauptschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter<br />
Bildungsstand; Berufsabschluss oder<br />
• Realschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand.<br />
Voraussetzung für die Einstellung mit einem höheren Dienstgrad als<br />
Unteroffizier Feldwebelanwärter:<br />
• Hauptschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand<br />
und<br />
• einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren Berufsabschluss.<br />
als „Stabsunteroffizier Feldwebelanwärter“:<br />
• Realschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand,<br />
einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren Berufsabschluss<br />
oder ein Abschluss für ein Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des<br />
mittleren nichttechnischen Dienst oder<br />
• Hauptschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter<br />
Bildungsstand, einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren<br />
Berufsabschluss und eine mindestens zweijährige förderliche berufliche<br />
Tätigkeit.<br />
als Feldwebel (im Truppendienst, Geoinformationsdienst oder im<br />
allgemeinen Fachdienst):<br />
• Meisterprüfung für die vorgesehene Verwendung, Abschluss als staatlich<br />
geprüfter Techniker oder Betriebswirt oder<br />
40
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
• ein Abschluss für einen Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des<br />
mittleren nichttechnischen Dienstes.<br />
Die Bewerber müssen sich für mindestens drei Jahre zum Dienst in der<br />
Bundeswehr verpflichten und eine Eignungsübung mit Erfolg abgeleistet<br />
haben.<br />
Wie in der oben ersichtlichen Aufzählung zu erkennen ist, haben Freiwillige<br />
jetzt die Möglichkeit, mit einem Hauptschul- bzw. Berufsabschluss den Beruf<br />
des Unteroffiziers zu ergreifen. Dies war bis vor wenigen Jahren noch nicht<br />
möglich. An den getroffenen Maßnahmen der Abschwächung von<br />
Zulassungskriterien kann man durchaus nachvollziehen, welche<br />
Schwierigkeiten die Bundeswehr gehabt haben dürfte, geeigneten Nachwuchs<br />
zu rekrutieren (vgl. Gareis/Klein 2004, 432ff).<br />
United States Air Force<br />
Dieses Bild rund um Rekrutierungsprobleme zeigte sich bei der USAF bereits<br />
Mitte der 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts im Rahmen der<br />
Umstellung auf ein Freiwilligensystem (vgl. Grodzki u.a. 1989, 291ff), wie<br />
im Folgenden noch gezeigt wird. Im Vergleich zur Bundeswehr erscheinen<br />
die Einstellungsvoraussetzungen der USAF heute zunächst überschaubarer zu<br />
sein. Die einzige Möglichkeit, in der Air Force mit einem bereits höheren<br />
Dienstgrad als Airman oder Airman First Class eingestellt zu werden, besteht<br />
darin, eine schulische Ausbildung vorweisen zu können und eine militärische<br />
Mindestverpflichtungszeit einzugehen. Der Freiwillige darf nicht jünger als<br />
18 Jahre sein und das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Um als<br />
Airman First Class eingestellt zu werden, benötigt man zumindest einen<br />
Highschool-Abschluss. Die Mindestverpflichtungszeit beträgt dann sechs<br />
Jahre. Eine weitere Einstiegsmöglichkeit mit einem höheren Dienstgrad<br />
besteht für Freiwillige bei einer Mindestverpflichtungszeit von vier Jahren,<br />
wenn diese eine gewisse Anzahl von „credits“ durch einen Collegebesuch<br />
vorweisen können.<br />
Beförderungszeiträume im Vergleich<br />
Im Folgenden werden die Beförderungszeiträume der deutschen und<br />
amerikanischen Luftwaffe zunächst anhand zweier Tabellen dargestellt:<br />
41
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
Deutsche Luftwaffe<br />
Abbildung 1: Dienstzeitvoraussetzungen für die Beförderung (ZDv 20/7<br />
„Bestimmungen für die Beförderung und für die Einstellung, Übernahme und<br />
Zulassung von Soldatinnen und Soldaten“, Bearbeitungsstand Dez. 2006)<br />
Für die Beförderung<br />
zum<br />
Abkürzung Gesamtdienstzeit<br />
in Jahren<br />
Bei Einstellung als<br />
(in Jahren)<br />
OGefr /<br />
Uffz StUffz Fw<br />
HptGefr<br />
1 Gefreiter Gefr 3 Monate --- --- --- ---<br />
2 Hauptgefreiter HptGefr 1 --- --- --- ---<br />
3 Oberstabsgefreiter OStGefr 4 (1) --- --- --- ---<br />
Unteroffizier Uffz 1 --- --- --- ---<br />
4 Stabsunteroffizier StUffz 2 --- 1 --- ---<br />
Feldwebel Fw 3 2 ½ 2 1 ---<br />
5 Oberfeldwebel OFw 5 4 ½ 4 3 2<br />
6 Hauptfeldwebel HptFw 8 7 ½ 7 6 5<br />
7 Stabsfeldwebel StFw 16 --- --- --- ---<br />
8 Oberstabsfeldwebel OStFw 19 --- --- --- ---<br />
(1) Die Beförderung zum Oberstabsgefreiten setzt eine festgesetzte Dienstzeit von<br />
mindestens sechs Jahren voraus.<br />
42
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
United States Air Force<br />
Abbildung 2: Dienstzeitvoraussetzungen für die Beförderung (Department of<br />
the Air Force: Promotion, Fitness, Examination, 2005)<br />
Für die<br />
Beförderung zum<br />
Abkürzung Gesamtdienstzeit<br />
in Jahren<br />
Dienstzeit im Dienstgrad<br />
in Monaten<br />
1 Airman Amn --- 6<br />
2 Airman First<br />
Class<br />
A 1C --- 10<br />
3 Senior Airman SrA 3 20 oder 28<br />
4 Staff Sergeant SSgt 3 6<br />
5 Technical Sergeant TSgt 5 23<br />
6 Master Sergeant MSgt 8 24<br />
7 Senior Master<br />
Sergeant<br />
8 Chief Master<br />
Sergeant<br />
SMSgt <strong>11</strong> 20<br />
CMSgt 14 21<br />
Unterschiede und Gemeinsamkeiten<br />
Zunächst einmal muss man festhalten, dass es in der amerikanischen<br />
Luftwaffe keine direkt vergleichbaren Dienstgrade zu den deutschen<br />
Obergefreiten, Stabsgefreiten, Unteroffizieren und Feldwebel gibt. Durchaus<br />
vergleichbar sind aber die Dienstzeiten, die man benötigt, um den jeweils<br />
nächsthöheren Dienstgrad erreichen zu können.<br />
Unterschiede zeigen sich in der jeweiligen Voraussetzung zur Beförderung.<br />
Während in der Deutschen Luftwaffe lehrgangsgebundene Prüfungen zum<br />
Erreichen des Dienstgrades Unteroffizier oder Feldwebel an der<br />
Unteroffizierschule der Luftwaffe notwendig sind, muss der amerikanische<br />
Unteroffizieranwärter, beginnend auf dem Weg zum Dienstgrad Staff<br />
Sergeant, für jede weitere Beförderung eine Prüfung ablegen. Ein<br />
Nichtbestehen dieser Prüfungen bedeutet, dass er bei der Auswahl für die<br />
43
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
Beförderung nicht mit in Betracht gezogen wird und er die Prüfung im<br />
folgenden Jahr erfolgreich absolvieren muss, um überhaupt die Chance auf<br />
eine weitere Beförderung zu wahren. Diese Prüfung beinhaltet einen<br />
allgemeinmilitärischen und einen fachspezifischen Teil.<br />
In beiden Systemen werden grundsätzlich zur Beförderung die<br />
Gesamtdienstzeit, die verbrachte Zeit im Dienstgrad und die Beurteilung<br />
hinzugezogen. Als gravierendster Unterschied beginnt jeder Unteroffizier der<br />
USAF ausnahmslos als Mannschaftsdienstgrad, während die Deutsche<br />
Bundeswehr, also nicht nur die Luftwaffe, eine Einstellung mit einem<br />
höheren Dienstgrad, wie oben herausgearbeitet sogar bis hin zum Feldwebel<br />
als Einstiegsdienstgrad, vorsieht.<br />
Schlussbemerkung<br />
Dieser Beitrag soll ein insgesamt besseres Verständnis für das Berufsbild des<br />
Unteroffiziers ermöglichen, indem nationale Fragen der Personalpolitik in<br />
Streitkräften, konkret in diesem Fall bezogen auf die Deutsche Luftwaffe und<br />
die United States Air Force und deren Unteroffizierkorps, in einen<br />
internationalen Vergleich gestellt werden. Damit sollte auch ein Anreiz<br />
geschaffen werden, weitere Schritte in diese Richtung zu setzen.<br />
Literatur<br />
Gareis, Sven Bernhard / Paul Klein (2004). Handbuch Militär und<br />
Sozialwissenschaft, Wiesbaden.<br />
Grodzki, Manfred / Paul Klein / Horst Rohde (1989). Soldat – ein Berufsbild<br />
im Wandel; Band 1 Unteroffiziere.<br />
Kuhlmann, J. (1979). Einheitsführer-Studie. Sozialwissenschaftliches Institut<br />
der Bundeswehr.<br />
Stouffer, S.A. (1949). The American Soldier, Vol. I und II., Princeton.<br />
Transfeldt, Walter / Otto Quenstedt (1976). Wort und Brauch im deutschen<br />
Heer, Hamburg.<br />
Zentrum Innere Führung (Hrsg.)(1990). Texte und Studien – Bild und<br />
Selbstverständnis des Kompaniefeldwebels.<br />
Empfohlene Internetquellen<br />
http://www.airpower.maxwell.af.mil/airchronicles/cc/powell.html<br />
http://www.bundeswehr.org/<br />
44
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel<br />
http://intranet.bspra.twv/deutsch/startseite.htm<br />
http://usmilitary.about.com/od/afpromotions/a/e7promrates.htm<br />
45
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
Vizeleutnant Kurt GROBNER<br />
Grundlagen zur Dienstaufsicht in der<br />
Deutschen Luftwaffe und im<br />
Österreichischen Bundesheer im<br />
Vergleich<br />
Korrekte Dienstaufsicht und richtige Kontrolle durch Vorgesetzte<br />
sind Themenbereiche, die in der Führungsausbildung<br />
und der Qualifikation von Ausbildern nicht selten etwas<br />
stiefmütterlich behandelt werden. Deren Bedeutung wird<br />
spätestens dann sichtbar, wenn sie nicht richtig wahrgenommen<br />
werden und dadurch unnötige Probleme entstehen. Der<br />
Verfasser der vorliegenden Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt,<br />
einschlägige Dokumente aus dem Umfeld des Österreichischen<br />
Bundesheeres und der Deutschen Luftwaffe heranzuziehen<br />
und einen für den Ausbildungs- und Führungsbetrieb<br />
wertvollen Vergleich daraus zu ziehen.<br />
Einleitende Worte<br />
Dienstaufsicht ist gerade für Unteroffiziere ein ständig aktuelles Thema. Einerseits<br />
erleben sie Dienstaufsicht durch Vorgesetzte (als Beaufsichtigte),<br />
andererseits sind sie selbst verpflichtet, Dienstaufsicht bei den Untergebenen<br />
wahrzunehmen. Die Unzufriedenheit mit der erlebten Dienstaufsicht, deren<br />
Ergebnissen oder den gesetzten Maßnahmen ist nicht selten Tagesthema.<br />
Nicht wenige Mitarbeiter äußern dabei Gefühle wie Ärger oder Enttäuschung.<br />
Aus Sicht der auszubildenden Soldaten zeigt sich eine mindestens genauso<br />
deutliche wie alarmierende Situation. Berichte der Parlamentarischen Beschwerdekommission<br />
in Österreich, Jahresberichte des Wehrbeauftragten des<br />
Deutschen Bundestages oder eine anlässlich dieser Ausarbeitung durchgeführte<br />
Befragung von Lehrgangsteilnehmern an der Heeresunteroffiziersakademie<br />
und der Unteroffizierschule der Deutschen Luftwaffe zeigen zweierlei:<br />
47
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
1. Es gibt Handlungsbedarf und 2. die Probleme sind bestimmt nicht als isoliert<br />
und nur in einem Land oder einer Organisation bestehend zu betrachten.<br />
Der Auftrag an die Streitkräfte, einsatzfähige und einsatzwillige Soldaten<br />
auszubilden und zu erziehen, ist trotz vieler Bemühungen (zeit- und kostenintensive<br />
Ausbildung des Kaders, Herausgabe von Weisungen, Erlässen, Befehlen<br />
oder Belehrungen) sicher noch nicht zur vollsten Zufriedenheit aller erreicht.<br />
Die Dienstaufsicht, eingebunden in den Führungsprozess ist wesentlicher<br />
Bestandteil dieses Auftrages. Auf Grund der Tatsache, dass es einerseits<br />
trotz intensiver Gegensteuerungen (Führungsverhaltensausbildung, Kaderbelehrungen,<br />
Berichte des Wehrbeauftragten in Deutschland oder der Beschwerdekommission<br />
in Österreich, Hinweise und Appelle in Erlässen und<br />
Befehlen u.v.m.) wiederholt zu Verletzungen der Dienstaufsichtspflicht<br />
kommt und andererseits, dass Dienstaufsicht sehr oft reduziert als Überprüfung<br />
und Kontrolle empfunden wird, stellen sich zwingende Fragen wie:<br />
• Warum ist das so? Oder: Wo sind die Ursachen zu suchen?<br />
• Wie kann Dienstaufsicht verbessert werden?<br />
Die nachfolgende Arbeit wird sich mit der Dienstaufsicht in der Ausbildung<br />
befassen. Dabei wird im ersten Teil auf erlebte Erfahrungen eingegangen. In<br />
weiterer Folge sollen wesentliche Grundlagen betrachtet und im Anschluss<br />
das Thema mittels Auszügen und Erläuterungen der deutschen und österreichischen<br />
Fachliteratur behandelt werden. Die Komplexität der Dienstaufsicht<br />
wird im Kapitel zur Ganzheitlichkeit dargestellt. Danach werden Ziele und<br />
Grundsätze der Dienstaufsicht erläutert, die durch konkrete Anwendungshilfen<br />
und Regeln für die Dienstaufsicht und Kontrolle ergänzt werden.<br />
Dienstaufsicht aus der Perspektive des Beaufsichtigten<br />
Von Anerkennung bis hin zu destruktiver Ignoranz<br />
Für Untergebene bedeutet der Begriff Dienstaufsicht zunächst Kontrolle und<br />
Überwachung. Für engagierte Mitarbeiter oder Untergebene stellt die Tatsache,<br />
von kompetenten Vorgesetzten überprüft zu werden, in der Regel wohl<br />
kein Problem dar. Im Gegenteil: Das Interesse des Vorgesetzten gegenüber<br />
der zu erfüllenden Aufgaben und des Untergebenen selbst wird in diesem Fall<br />
als positiv empfunden. Hingegen wird das Fehlen von Dienstaufsicht oft als<br />
Desinteresse und geringe Wertschätzung gegenüber dem Mitarbeiter und<br />
seiner Leistungen interpretiert.<br />
In solchen Situationen sind oft Aussagen zu hören wie: „Vermutlich interessiert<br />
meine Arbeit ohnehin niemanden, sonst hätte es doch jemand für Wert<br />
48
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
befunden, sie sich anzusehen.“ Auf längere Zeit mit seiner Leistung keine<br />
Beachtung zu finden, wird verständlicherweise immer demotivierend wirken.<br />
Keine Dienstaufsicht und somit keine Rückmeldungen von seinen Vorgesetzten<br />
zu bekommen, ist auch Feedback – nämlich ein destruktives! Ähnliches<br />
gilt natürlich für die Fachaufsicht über Spezialisten oder Fachkräfte von deren<br />
fachlich Vorgesetzten, die nicht in der Linie stehen.<br />
Beziehungs- und Sachebene<br />
Wird Dienstaufsicht auf Überwachung und Kontrolle beschränkt, dann erleben<br />
sie die Betroffenen häufig als sehr unpersönlich. Mangelndes Interesse<br />
am Befinden der Mitarbeiter sowie die an Fehlern und nicht an Erreichtem<br />
orientierte Bewertung von Leistungen wirken sich besonders negativ aus.<br />
Das Erkennen und Abstellen von Fehlern, Missständen oder Mängeln muss<br />
klarerweise ein ganz wesentlicher Zweck der Dienstaufsicht sein. Wenn Untergebene<br />
jedoch Dienstaufsicht nur als unpersönliche Überprüfung ihrer<br />
Leistungen, vielleicht sogar ohne persönlichen Kontakt zum Vorgesetzten,<br />
erleben, dann wird diese Art der Kontrolle längerfristig erfolglos sein.<br />
Nicht umsonst wird fast bei allen Führungsseminaren auf die Wichtigkeit der<br />
Beziehungsebene hingewiesen. Wenn wir Dienstaufsicht „im Vorbeigehen“<br />
oder gar im „Vorbeifahren“ erleben, dann kann bestimmt nicht vom Aufbau<br />
einer Beziehung zum Überprüften gesprochen werden. Konstruktive Rückmeldungen<br />
sind ohne seriösen Gesamteindruck in der Regel nicht mehr zu<br />
erwarten, und das Feedback bleibt auf Äußerlichkeiten und oft unbedeutende<br />
Details konzentriert.<br />
Rechtsgrundlagen<br />
Als wesentliche rechtliche Grundlagen seien zunächst für die Deutsche Bundeswehr<br />
das Soldatengesetz (SG) und für das Österreichische Bundesheer die<br />
Allgemeine Dienstvorschrift (ADV) angeführt. Das deutsche Soldatengesetz<br />
legt im §10 (2) fest: „Der Vorgesetzte hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und<br />
ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich“. Die ADV in Österreich<br />
meint im §4 (3) zur Pflicht des Vorgesetzten als Dienstaufsichtführender:<br />
“Der Vorgesetzte ist verpflichtet, seinen Untergebenen durch ständige<br />
Überwachung des Dienstbetriebes zur sachgerechten Erfüllung ihrer Pflichten<br />
anzuhalten.“<br />
Die Pflicht zur Dienstaufsicht beschränkt sich nicht auf einzelne Dienstgrade<br />
oder Führungsebenen. Sie ist eine Führungs- und Erziehungsaufgabe, die von<br />
allen Kommandanten, Offizieren wie Unteroffizieren wahrzunehmen ist (vgl.<br />
Hehenberger 2005, 445).<br />
49
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
Erziehung als besonderer Auftrag in Fragen der Dienstaufsicht wird in der<br />
Deutschen Luftwaffe über die Weisung Nr. <strong>11</strong>01 („Erziehung in der Luftwaffe“)<br />
umfangreich geregelt. Weiters kommen auch Leitsätze für die Innere<br />
Führung zur Anwendung, die im Besonderen in den Leitsätzen für Dienstgestaltung<br />
und Ausbildung, zu Befehl und Gehorsam und für die Personalführung<br />
die Grundsätze der Dienstaufsicht umreißen.<br />
In der österreichischen Erlasslage zu den „Erzieherischen Maßnahmen“ aus<br />
dem Jahr 1999 wird der Begriff „Dienstaufsicht“ auf unterster Führungsebene<br />
zunächst als „Beaufsichtigung“ bezeichnet. Im Gegensatz zu den deutschen<br />
Quellen werden in Österreich auch keine Unterteilungen diverser Maßnahmen<br />
der Dienstaufsicht getroffen. Auffällig ist weiters die Streichung des<br />
Begriffs der Erziehung in neueren Grundlagen wie der „Ausbildungsphilosophie<br />
des Österreichischen Bundesheeres“ aus dem Jahr 2006. Insgesamt hält<br />
etwa der stellvertretende Kommandant der Heeresunteroffiziersakademie in<br />
einem Artikel für die Fachzeitschrift TRUPPENDIENST für die österreichische<br />
Situation sehr kritisch zum Thema Dienstaufsicht fest:<br />
„Die derzeit im Bundesheer verfügbaren Ausbildungsunterlagen reichen<br />
nicht aus oder sind nicht geeignet, um eine einheitliche Vermittlung dieses<br />
Themas sicherzustellen.“ (Hehenberger 2005, 448)<br />
Zwei interessante Werke in der Gegenüberstellung<br />
Als jene zwei Bücher, die sich während der gedanklichen Bearbeitung des<br />
Themas als besonders wertvoll herauskristallisierten, sind die Veröffentlichungen<br />
„Allgemeine Führungslehre, Führung in der Bundeswehr: Leitfaden<br />
für Lehre und Praxis“ (herausgegeben durch H.H. Driftmann, 1986) und aus<br />
Österreich „Militärische Ausbildung: Orientierungshilfe für Gruppen und<br />
Zugskommandanten“ von Heinz Florian und Roberto Kalmar aus dem Jahr<br />
1997 zu nennen. Ersteres beschreibt Dienstaufsicht und Kontrolle ganz allgemein<br />
als Teil des Führungsprozesses. Konkret kann man bei Driftmann<br />
(Hrsg., 1986) folgende Aussagen (Hervorhebungen durch die Redaktion)<br />
nachlesen:<br />
„Die Kontrollphase schließt den Führungsvorgang ab und führt ihn<br />
zugleich dadurch fort, dass ihre Ergebnisse wieder in die Lagefeststellung<br />
einfließen. Sie dient dazu, die Auswirkung der Planung und Befehlsgebung<br />
allgemein festzustellen, die Art und Weise der Ausführung von Aufträgen<br />
und Befehlen zu überwachen und das erreichte Ergebnis dem Ziel gegenüber<br />
zu stellen. Führung ist ohne Kontrolle nicht möglich. Die Kontrolle<br />
umfasst auch die Selbstkontrolle des Führers. … Die Dienstaufsicht als<br />
Führungstätigkeit ist das Ausüben von Kontrolle ebenso wie die Kontrolle<br />
50
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
als Phase des Führungsvorganges die Wahrnehmung der Dienstaufsicht<br />
umfasst. Beide Führungstätigkeiten weisen Gemeinsamkeiten auf und sind<br />
daher nicht voneinander zu trennen. Sie ergänzen einander im Frieden<br />
und im Krieg. Beide Führungstätigkeiten enthalten einen personalen und<br />
instrumentalen Anteil, nämlich Hilfe und Sorge für den geführten Soldaten<br />
und Ergebnisfeststellung und Überwachung der Auftragsausführung. Die<br />
Gesamtverantwortung des militärischen Führers erfordert es, Dienstaufsicht<br />
und Kontrolle sowohl bei der Willensbildung (Zielsetzung und Planung)<br />
als auch bei der Willensdurchsetzung (Befehlsgebung und Kontrolle)<br />
auszuüben.“ (a.a.O., 38)<br />
Die im Weiteren gegebenen Erklärungen, Anweisungen sowie die Grundsätze<br />
für die Dienstaufsicht werden in die Zusammenstellung eines Gesamtkatalogs<br />
im Rahmen dieser Arbeit später noch einfließen.<br />
Florian und Kalmar (1997) unterscheiden auf Gruppen- und Zugsebene je<br />
nach Ziel zwischen der Ausbildungs- und der Erfolgskontrolle. Im Gegensatz<br />
zur ersteren Quelle beschäftigen sich deren Ausführungen ausschließlich mit<br />
Ausbildungsbelangen. Erstere wiederum bezieht sich auf das gesamte Umfeld<br />
der Ausbildung und ist für die Vorbereitungs-, Durchführungs-, und Ergebnisqualität<br />
sowie für organisatorische Rahmenbedingungen anzuwenden.<br />
Weiters wird darauf hingewiesen, dass die Ausbildungskontrolle normalerweise<br />
durch die Dienstaufsicht, jedoch auch als Selbstkontrolle durch den<br />
Durchführenden der Ausbildung stattfinden kann.<br />
Die wesentlichen Qualitätsbereiche der Ausbildungskontrolle werden von den<br />
beiden Autoren anhand folgenden Modells illustriert und in ihrem Buch ausführlich<br />
erläutert:<br />
51
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
Abbildung: Qualitätsbereiche der Ausbildung (Florian / Kalmar 1997, 152)<br />
QUALITÄTSBEREICHE DER AUSBILDUNG<br />
Qualitätskontrollbereiche<br />
Vorbereitungs- Durchführungsqualität<br />
qualität<br />
Ergebnisqualität<br />
Konzeption Infrastruktur Abschluss<br />
Planung Professionalität Zufriedenheit<br />
Angebot Didaktik / Methodik<br />
Persönlichkeitsentfaltung<br />
Zielorientierte Ausbildung in den österreichischen Streitkräften interpretiert<br />
Erfolgskontrollen über die Messung erreichter Lernziele. Das Prinzip der<br />
Erwachsenengerechtigkeit wird dann als umgesetzt zu betrachten sein, wenn<br />
Kontrolle auch dem Auszubildenden eine Orientierungshilfe über den Verlauf<br />
seines Lernprozesses bietet. Als Hilfsmittel zur Beurteilung der Ausbildungslage<br />
bieten Florian und Kalmar das „Didaktische Achteck“ an, welches auch<br />
an der Heeresunteroffiziersakademie im Rahmen der Ausbildungsmethodik<br />
gelehrt wird (a.a.O., 48).<br />
Besonders bedeutungsvoll erscheint der Fingerzeig auf die Tatsache, dass das<br />
Erreichen von affektiven Lernzielen („Wollens-Zielen“) nicht leicht und zuverlässig<br />
messbar ist. Der Einfluss von Erfolgskontrollen auf die Motivation<br />
der Soldaten wird in Zusammenhang mit gesundem Leistungsdenken als positive<br />
Nebenerscheinung beschrieben (a.a.O., 156). Nach Ansicht des Verfassers<br />
sollten Dienstaufsicht und Erfolgskontrolle diesem Aspekt durchaus<br />
mehr Bedeutung beimessen und den Faktor Motivation nicht nur als positive<br />
Nebenerscheinung, sondern als die Grundvoraussetzung für zukünftig hohe<br />
Leistungsbereitschaft, stärken. Die inhaltlichen Direktiven über die zu erfüllenden<br />
Kriterien der Erfolgskontrollen sind jedoch zweifellos als sehr wertvolle<br />
Hilfen und Anregungen – im Besonderen für den Ausbildungsdienst –<br />
zu sehen.<br />
Zum Grundsatz der Ganzheitlichkeit<br />
Dienstaufsicht als Maßnahme im Rahmen des Führungsprozesses muss als<br />
ein wesentlicher Bestandteil der Mitarbeiterführung erkannt und wahrge-<br />
52
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
nommen werden. Dabei ist jenem Grundsatz der ganzheitlichen Betrachtung<br />
Rechnung zu tragen, der im deutschen Konzept der Inneren Führung eine<br />
herausragende Rolle spielt, oder wie anders ausgedrückt etwa in der Weisung<br />
der Deutschen Luftwaffe zur Erziehungsproblematik Nr. <strong>11</strong>01 zu lesen ist:<br />
„Führung, Ausbildung, Erziehung, Bildung, Politische Bildung und Sozialisation<br />
stehen in unmittelbarer Beziehung zueinander, ergänzen sich in<br />
ihrer Wirkung und sind deshalb ganzheitlich zu betrachten.“ (a.a.O.)<br />
Hauptzweck der Dienstaufsicht bleibt die Begleitung und Überwachung von<br />
Untergebenen und Mitarbeitern und deren Anleitung zur Pflichterfüllung. Der<br />
Begriff der Erziehung findet sich in den zur Erstellung dieser Arbeit ausgewerteten<br />
Dokumenten in diesem Zusammenhang wieder. Er ist aber mittlerweile<br />
in der Domäne der militärischen Ausbildung, aufgrund ihrer eindeutigen<br />
Ausrichtung auf Erwachsenenbildung, zumindest in Österreich mehr und<br />
mehr umstritten.<br />
Ziele und Grundsätze der Dienstaufsicht<br />
Um einen insgesamt besseren Gesamtüberblick über mögliche Zielsetzungen<br />
von Dienstaufsicht erhalten zu können, seien an dieser Stelle wesentliche<br />
Aussagen aus jenen im Literaturverzeichnis aufgenommenen Monographien<br />
auf den Punkt gebracht und zusammengefasst.<br />
Dienstaufsicht sollte demnach …<br />
• … die ständige Einsatzbereitschaft der Streitkräfte sicherstellen<br />
• … das militärische Betriebsklima auf allen Ebenen verbessern<br />
• … die vorschriftenkonforme Erfüllung von Aufträgen und die Ausführung<br />
von Befehlen in inhaltlicher, zeitlicher, methodischer, sozialer und<br />
organisatorischer Hinsicht sicherstellen (vgl. u.a. Florian / Kalmar 1997,<br />
151ff)<br />
• … von Dienstvergehen und Straftaten abhalten<br />
• … vor Gefahren und Schäden für Mensch und Material bewahren und<br />
dafür rasches Eingreifen bei Gefahr in Verzug ermöglichen<br />
• … ein möglichst realistisches und umfassendes Bild des Ausbildungsstandes<br />
ermöglichen<br />
• … Ausbildungsmängel rasch erkennen lassen, um entsprechende Maßnahmen<br />
ergreifen zu können (vgl. Driftmann (Hrsg.) 1986, 38)<br />
53
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
• … Stärken und Schwächen in den jeweiligen Kompetenzbereichen von<br />
Untergebenen erkennen lassen, um richtig fördern oder fordern zu können<br />
(vgl. u.a. Steiger 1994, 56)<br />
• … Untergebenen Beratung, Hilfe und Unterstützung geben, um diese in<br />
ihrer Verhaltenssicherheit zu stärken! (vgl. u.a. Steiger 1994, 57)<br />
• … helfen, Informationen über gruppendynamische Prozesse zu gewinnen,<br />
um die Rollen von Einzelnen und das Zusammenwirken von Gemeinschaften<br />
möglichst richtig einschätzen zu können (vgl. u.a. Florian / Kalmar<br />
1997, 54ff)<br />
• … als eine Form der Selbstkontrolle wahrgenommen werden (vgl. Driftmann<br />
(Hrsg.) 1986, 38)<br />
• … Informationen für die neuerliche Beurteilung und Entscheidungen<br />
sicherstellen (vgl. Driftmann (Hrsg.) 1986, 38)<br />
• … eine grundlegende Basis für Führung, Ausbildung und im Besonderen<br />
für die Erziehung von Soldaten darstellen.<br />
Zur Frage der allgemeinen Grundsätze der Dienstaufsicht seien allen dafür<br />
Verantwortlichen folgende Aussagen ans Herz gelegt:<br />
„In der menschenorientierten Führung geht es nicht um die Frage, ob<br />
Vertrauen oder Kontrollen besser seien, sondern darum, dass Kontrollen<br />
in einem Klima des Vertrauens durchgeführt werden!“ (Steiger 1994, 55)<br />
„Der Kontrollierte soll nie das Gefühl haben, dass er in seinen menschlichen<br />
oder soldatischen Fähigkeiten herabgesetzt wird. … Die Erfolgskontrolle<br />
soll sich nicht nur auf seine Leistung beziehen. Es gehört zum psychologischen<br />
Geschick jedes Vorgesetzten, so zu kontrollieren, das der<br />
Auszubildende / Überprüfte die Erfolgskontrolle nicht als gegen sich gerichtet<br />
empfindet, sie ist einzig und allein auf das übergeordnete Ziel gerichtet.“<br />
(Florian / Kalmar 1997, 156)<br />
„Die Kontrollmaßnahmen müssen durch Fürsorge, Hilfe und zwischenmenschliche<br />
Kontakte ergänzt werden. … Der Vorgesetzte sollte gute Leistungen<br />
des Untergebenen anerkennen und loben. Anderseits muss er festgestellten<br />
Mängeln und Pflichtwidrigkeiten mit gebotener Konsequenz,<br />
Entschlossenheit und Strenge begegnen und die ihm zur Verfügung stehenden<br />
Mittel (Belehrung, Befehle und ihre Durchsetzung, Meldung) ausschöpfen,<br />
insbesondere dann, wenn es gilt, Gefahren für die Sicherheit der<br />
ihm anvertrauten Soldaten etwa beim Wachdienst oder beim Schießen abzuwenden.“<br />
(Auszug aus den Ausbilderhinweisen für die Vorgesetztenausbildung<br />
an der Unteroffizierschule der Deutschen Luftwaffe)<br />
54
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
In Ergänzung obiger Aufzählung sollen nun wesentliche Anwendungshilfen<br />
und Regeln für Dienstaufsicht sowie Kontrolle im militärischen Umfeld zusammengestellt<br />
werden. Dies erfolgt aufgeteilt auf drei Phasen:<br />
Planung und Vorbereitung<br />
• Große Bedeutung gebührt generell der Wahl der Methode, etwa hinsichtlich<br />
der Frage, wie Selbstkontrolle am zielführendsten eingesetzt werden<br />
kann (u.a. nach Steiger 1994,57 sowie Driftmann (Hrsg.) 1986, 41)<br />
• Vorbereitung von Prüfer- oder Beobachterprotokollen (nach Florian /<br />
Kalmar 1997, 157 und Driftmann (Hrsg.)(1986), 40)<br />
• Aneignung des notwendigen Fachwissens (nach Steiger 1994, 56)<br />
• Kenntnisse über Ausbildungsziele, Inhalte und vorgesehene Methoden<br />
(vgl. Driftmann (Hrsg.) 1986, 39)<br />
• Der Faktor Zeit ist meist das wichtigste Planungskriterium (vgl. Steiger<br />
1994, 56)<br />
• Kontrollen sollen so zeitgerecht festgelegt werden, dass Handlungs- und<br />
Korrekturmöglichkeiten gewährt bleiben (a.a.O.)<br />
• Willkürliche und unsystematische Kontrollen können zu unzutreffenden<br />
Eindrücken (Momentaufnahmen) und zu Unsicherheit des Betroffenen<br />
führen (vgl. Driftmann (Hrsg.) 1986, 41)<br />
• Unzweckmäßige oder nicht zu begründende Kontrollen werden zu Recht<br />
als Schikane empfunden (vgl. Driftmann (Hrsg.) 1986, 41)<br />
• Kontrollen sollen auf klar fixierten und dem Mitarbeiter bekannten Kriterien<br />
basieren (vgl. Steiger 1994, 56 oder Florian / Kalmar 1997, 155ff)<br />
• Dauer und Umfang der Kontrolle sollen den Betroffenen nicht über Gebühr<br />
belasten. Kontrollmaßnahmen, die durch Dauer und Umfang den<br />
Dienstbetrieb beeinträchtigen, sollen angekündigt werden. In allen anderen<br />
Fällen ist die Frage der vorherigen Ankündigung sorgfältig zu prüfen,<br />
damit im überprüften Bereich weder ungerechtfertigter Aufwand für die<br />
Vorbereitung entsteht, noch Ergebnisse bewusst verfälscht werden können<br />
(vgl. Steiger 1994, 56 und Driftmann (Hrsg.) 1986, 41).<br />
Am verlässlichsten sollte wohl der Umstand gelten, dass der Mitarbeiter bei<br />
jeder Dienstverrichtung mit Aufsicht rechnen muss, weil sein Vorgesetzter<br />
eben regelmäßig Dienstaufsicht ausübt und daher quasi berechenbar wird<br />
(vgl. dazu Hehenberger 2005, 444ff)<br />
55
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
Durchführung<br />
• Kontrolle sollte möglichst unauffällig und taktvoll, aber ohne Geheimnistuerei<br />
im Klima des Vertrauens durchgeführt werden (vgl. Steiger 1994,<br />
55)<br />
• Um konsequente Dienstaufsicht und Kontrolle wahrzunehmen, ist Sensibilität<br />
unbedingt erforderlich<br />
• Sofortiges Einschreiten oder Unterbrechungen des Dienstbetriebes sind<br />
nur etwa bei Gefahr für Mensch und Material, Verletzung von Sicherheitsbestimmungen<br />
oder der Menschenwürde, bei krassen Verstößen gegen<br />
Ausbildungsregeln oder offensichtlichem Verfehlen des Ausbildungszieles<br />
zulässig (vgl. etwa Ausbildungshinweise für die Vorgesetztenausbildung<br />
an der Unteroffizierschule der Luftwaffe)<br />
• Besonders bei Kontrollen sollte vorurteilsfrei, neutral, gerecht gemessen<br />
und gewertet werden<br />
• Beurteilungen und Bewertungen sind in Abstimmung mit den vorgegebenen<br />
Ausbildungszielen zu treffen (nach Florian / Kalmar 1997, 155 ff)<br />
• Individuelle Leistungen, Stärken oder Schwächen der Mitarbeiter sollten<br />
erkannt werden, um entsprechende Maßnahmen wie Würdigungen oder<br />
Förderungen setzen zu können (vgl. etwa Driftmann (Hrsg.) 1986, 41)<br />
• Aufmerksamkeit soll nicht nur die Fachkompetenz der Mitarbeiter, sondern<br />
mindestens im gleichen Maß auch auf die methodische und soziale<br />
Kompetenz gelegt werden.<br />
• Die Bedingungen, unter denen Leistungen erbracht werden, dürfen nicht<br />
außer Acht gelassen werden<br />
• Auf den affektiven Lernzielbereich muss besondere Aufmerksamkeit<br />
gelenkt werden (vgl. Florian / Kalmar 1997, 156).<br />
Nachbereitung und Nachbesprechung<br />
• Ohne Nachbereitung ist eine auch noch so gut vorbereitete und durchgeführte<br />
Dienstaufsicht nutzlos<br />
• Das Ergebnis der Dienstaufsicht und Kontrolle muss seinen Niederschlag<br />
in einer Auswertung, einer Nachbesprechung und einer Ergebnissicherung<br />
finden, um dadurch den beaufsichtigten Untergebenen die Möglichkeit<br />
zur positiven Persönlichkeitsentwicklung (Weiterentwicklung der eigenen<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten) zu verschaffen<br />
56
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
• Die Qualität der Nachbesprechungen wird besonders durch entsprechende<br />
Aufbereitung und Wertung der gewonnenen Erkenntnisse geprägt. Nachbesprechungen<br />
sollen daher nicht unmittelbar nach erfolgter Kontrolle<br />
(„aus dem Bauch heraus“ oder gar blind vor Wut) durchgeführt, sondern<br />
gut vorbereitet werden<br />
• Besonders bei negativer Kritik ist ein Klima des Vertrauens mitentscheidend<br />
dafür, ob die gegebenen Rückmeldungen zur Einsicht und somit zur<br />
Verhaltensänderung durch den Mitarbeiter führen. Die Möglichkeit eines<br />
Vier-Augen-Gespräches sollte je nach Situation mitbeurteilt werden. Einen<br />
Untergebenen vor Kameraden oder gar Untergebenen bloßzustellen,<br />
wäre wohl einer der größten Fehler (vgl. v.a. Jung / Florian 1994, 181f)<br />
• Wenn die Nachbesprechungen nach den Kommunikationsregeln, Feedbackregeln<br />
bzw. bei Mängeln nach den Grundsätzen für konstruktive Kritik<br />
geführt werden, ist der Erfolg schon zur Hälfte erreicht.<br />
Zusammenfassung<br />
Auf Grund der deutlich erkennbaren Diskrepanz zwischen Soll-Zustand und<br />
Ist-Zustand bezüglich der Führungsaufgabe der Dienstaufsicht und Kontrolle<br />
ist nach wie vor ein großer Handlungsbedarf erkennbar. Alle Ausbildungseinrichtungen<br />
und auch deren übergeordnete Dienststellen sollten dringend dafür<br />
Sorge tragen, dass die Ausbildung zur Dienstaufsicht nicht nur in den Curricula<br />
Einzug findet, sondern auch in der Umsetzung tatsächlich Platz greift.<br />
Der Erweiterung und Intensivierung der Führungsverhaltensausbildung (menschenorientierte<br />
Führung im Bundesheer) ist in Österreich in dieser Hinsicht<br />
große Bedeutung beizumessen.<br />
Gerade in Österreich sind die verfügbaren Ausbildungsunterlagen als nicht<br />
ausreichend zu bezeichnen, um das Thema Dienstaufsicht einheitlich und<br />
erfolgreich ausbilden zu können. Die Akademien und Schulen als zentrale<br />
Ausbildungsstätten der qualifizierten Kaderaus- und -weiterbildung sowie als<br />
Drehscheibe mit Multiplikatorwirkung tragen diesbezüglich hohe Verantwortung,<br />
denn:<br />
„Der wohl wichtigste Auftrag an die Ausbildungsstätten in diesem Zusammenhang<br />
ist … die Vermittlung von grundsätzlichen Einstellungen.<br />
Berufliches Selbstverständnis und korrektes Handeln sind zu fordern und<br />
zu fördern. Keine noch so permanente Dienstaufsicht kann Fehlleistungen<br />
verhindern, denn das Aufsichtsorgan kann nicht überall sein und bekommt<br />
auch nicht immer den tatsächlichen Eindruck … Selbstständig und eigenverantwortlich<br />
aus Überzeugung die Verantwortung zu übernehmen, auch<br />
ohne Aufsicht korrekt zu handeln und die dazu erforderliche Geisteshal-<br />
57
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht<br />
tung zu vermitteln, muss das eigentliche Ausbildungsziel sein.“ (Hehenberger<br />
2005, 448)<br />
Die sehr guten und umfassenden Grundlagen in der Deutschen Bundeswehr<br />
und vor allem der Luftwaffe wurden auszugsweise dargestellt, ohne sie aufgrund<br />
fehlender Kenntnisse über die genauen Umstände der Ausbildungsund<br />
Führungspraxis in Deutschland einer konkreten Wertung unterziehen zu<br />
können.<br />
Literaturverzeichnis<br />
Driftmann, Hans Heinrich (Hrsg.)(1986). Allgemeine Führungslehre, Führung<br />
in der Bundeswehr: Leitfaden für Lehre und Praxis, Walhalla und Praetoria<br />
Verlag, Regensburg.<br />
Florian, Heinz / Roberto Kalmar (1997). Militärische Ausbildung – Eine Orientierungshilfe<br />
für Gruppen- und Zugskommandanten, Austria Media Service<br />
Verlag Graz.<br />
Hehenberger, Johann (2005). Dienstaufsicht: Kommandantenpflicht zwischen<br />
Überwachung, Ausbildung und Leistungsmessung, In: TRUPPENDIENST<br />
2/2005, 444 – 448.<br />
Jung, Hermann / Heinz Florian (1994). Grundlagen der Militärpädagogik:<br />
Eine Anleitung zu pädagogisch verantwortetem Handeln – Band 2, Peter<br />
Lang Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt-Berlin-Bern-New<br />
York-Paris-Wien.<br />
Knebel, Heinz (1992). Taschenbuch der Personalbeurteilung, 8. Auflage,<br />
Sauer Verlag, Heidelberg.<br />
Reeb, Hans Joachim / Siegfried Michael Moerchel (1992). Menschenführung:<br />
Praktisches Handbuch für Vorgesetzte in der Bundeswehr, Walhalla und<br />
Praetoria Verlag, Regensburg.<br />
Steiger, Rudolf (1994). Menschenorientierte Führung: Anregungen für zivile<br />
und militärische Führungskräfte, 7. überarbeitete Auflage, Verlag Huber,<br />
Frauenfeld.<br />
58
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere<br />
Oberfeldwebel Torsten PREIN<br />
Berufsethische Bildung für<br />
Unteroffiziere im angehenden 21.<br />
Jahrhundert: Kritische Betrachtungen<br />
des Ansatzes im Österreichischen<br />
Bundesheer<br />
Geänderte Anforderungen an Unteroffiziere im angehenden<br />
21. Jahrhundert machen es erforderlich, gerade den Aspekt<br />
der Bildung wieder einmal neu zu bedenken. In der<br />
vorliegenden Ausarbeitung werden die Ansätze der<br />
Heeresunteroffiziersakademie zur Frage der berufsethischen<br />
Bildung für Unteroffiziere näher und vor allem kritisch<br />
betrachtet. Begriffe wie „Soldat“ oder „Unteroffizier“ sind<br />
grundsätzlich in ihrer männlichen Form verwendet und<br />
dennoch geschlechtsneutral zu verstehen.<br />
Einleitung<br />
Berufsethische Bildung für Unteroffiziere ist ein sehr weitreichendes Thema.<br />
Bildungsexperten innerhalb des Militärs scheinen sich in Bezug auf deren<br />
gestiegene Notwendigkeit grundsätzlich einig zu sein. Unterschiedliche<br />
Modelle und Konzepte in einzelnen Ländern bieten aber ausreichend<br />
Diskussions- und Evaluationspotenzial.<br />
Die Heeresunteroffiziersakademie hat eine neue Herausforderung<br />
angenommen und im Jahr 2005 ein Konzept entwickelt, um berufsethische<br />
Bildung in Ausbildungslehrgänge von Unteroffizieren noch zielorientierter<br />
als bisher und inhaltlich losgelöst vom Lebenskundlichen Unterricht zu<br />
integrieren. Diese Ausarbeitung soll dem Leser einen Einblick in das<br />
Konzept, gemessen an den gestiegenen Forderungen an das Leistungsprofil<br />
von Unteroffizieren, verschaffen und ihn anregen, an den offenen<br />
59
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere<br />
Diskussionen zur gesteigerten Notwendigkeit von berufsethischer Ausbildung<br />
für Soldaten teilzunehmen.<br />
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich nach einem kurzen gedanklichen<br />
Ausflug zur Transformation der Streitkräfte und deren Auswirkung auf den<br />
Soldaten im Schwerpunkt mit der Umsetzung der berufsethischen Bildung<br />
von österreichischen Unteroffizieren im Lichte von Veränderungsprozessen.<br />
Die Sicht eines deutschen Unteroffiziers zu diesem Thema soll dabei zu einer<br />
Außenperspektive beitragen.<br />
Die erweiterten Anforderungen an Soldaten im 21. Jahrhundert am<br />
Beispiel des Österreichischen Bundesheeres<br />
Transformation der Streitkräfte am Beispiel Österreichs<br />
Wenn man von erweiterten Anforderungen an Soldaten im 21. Jahrhundert<br />
spricht, kommt man an den Begriffen Transformation, Wandel und Reform<br />
nicht vorbei. Doch warum etwas Neues? Was hat sich verändert?<br />
„Die wohl wesentlichste Änderung militärischer Art seit dem Ende des Kalten<br />
Krieges ist die Umformung der europäischen Armeen von den ursprünglichen, für<br />
die Territorial- bzw. Bündnisverteidigung vorgesehenen Massenarmeen hin zu<br />
kleineren, rasch einsetzbaren und verlegbaren Streitkräften. Auch in Österreich<br />
vollzog sich diese Entwicklung.“ (Pfandlbauer 2006, 18)<br />
Als Mitglied der Europäischen Union, im Rahmen der Vereinten Nationen,<br />
der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie<br />
in Kooperation mit der NATO, hat sich Österreich unter anderem dazu<br />
verpflichtet, an Maßnahmen der internationalen Konfliktverhütung,<br />
Krisenbewältigung und Friedenssicherung teilzunehmen. Diese<br />
Sicherheitsinteressen hören naturgemäß nicht an nationalen Landesgrenzen<br />
auf. Um den geforderten Aufgaben gerecht zu werden, bedarf es einer<br />
umfangreichen Reform bestehender Strukturen. Dies wird über das<br />
Projektmanagement „Österreichisches Bundesheer (ÖBH) 2010“<br />
gewährleistet.<br />
Neue Herausforderungen verlangen neue Ideen<br />
Betrachtet man nun die Rahmenbedingungen des Wandels, dann ergeben sich<br />
klar definierbare, zum Teil neue Anforderungen an den einzelnen Soldaten.<br />
Zur Aufgabe des Landesverteidigers sind heute noch die Rollen eines Helfers<br />
und Vermittlers mit Einsatzgebieten auf der ganzen Welt hinzugekommen.<br />
Multinationale Einsätze, Konfrontation mit fremden Kulturen und<br />
60
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere<br />
permanente Gefahr für Leib und Leben stellen eine große Herausforderung an<br />
den Soldaten und an die militärischen Führer dar.<br />
Ein wesentlicher Faktor ist hierbei die moralische Urteilsfähigkeit gerade im<br />
Kontext schwieriger Entscheidungssituationen im Einsatz. Aus dieser<br />
Forderung heraus hat das Österreichische Bundesheer von 2003 bis 2005 im<br />
Rahmen einer Projektgruppe, zuerst für Offiziere und später auch für<br />
Unteroffiziere, ein Konzept entwickelt, berufsethische Bildung ergänzend zu<br />
bisherigen Ansätzen möglichst zeitgemäß in Lehrgänge zu integrieren.<br />
Konfessionelle Ethikausbildung ist weiterhin fester Bestandteil ethischer<br />
Bildung in Österreich, wenngleich diese losgelöst von der reinen Berufsethik<br />
behandelt wird.<br />
Der Weg zum Ziel im Österreichischen Bundesheer<br />
Als Grundlage wurde von der Projektgruppe an der<br />
Heeresunteroffiziersakademie ein Berufsqualifikationsprofil definiert,<br />
welches klare Festlegungen des ethisch-moralischen Anspruches an den<br />
Unteroffizier trifft:<br />
„Der Unteroffizier des Österreichischen Bundesheeres hat als Kommandant auf<br />
der Ebene Gruppe und Teileinheit sowie als Stabsmitglied oder Fachunteroffizier<br />
die mit seiner Funktion als Exekutivorgan im Rahmen des staatlichen<br />
Gewaltmonopols verbundene ethisch-moralische Verantwortung, in deren<br />
Mittelpunkt der Wert der Person und die Achtung der Menschenwürde stehen,<br />
wahrzunehmen. Diese Verantwortung erwächst aus der humanistischen und<br />
christlich-abendländischen Denktradition und verpflichtet den Unteroffizier, ihr<br />
sowohl unter Friedens- als auch unter Einsatzbedingungen in jeder Beziehung<br />
und zu jeder Zeit gerecht zu werden. Das Berufsethos des Unteroffiziers soll<br />
darüber hinaus in seinem persönlichen Verhalten und gesellschaftlichen Wirken<br />
sichtbar werden. Das militärische Bildungswesen soll den Unteroffizier in der<br />
Entwicklung und Herausbildung seines Berufsethos unterstützen und fördern.“<br />
(aus Kastberger 2005, 314)<br />
Die zu implementierenden Grobziele des österreichischen Ansatzes sollen<br />
nun einzeln und mit Kommentaren des Verfassers versehen wiedergegeben<br />
werden. Die Idee der Projektgruppe dazu stellt sich wie folgt dar:<br />
• Unteroffiziere sollen in die Lage versetzt werden, ihr Handeln generell in<br />
einem umfassenderen Zusammenhang zu sehen.<br />
Wissen wird über Bildung erlangt und schafft die Voraussetzungen für den<br />
Einzelnen, um im passenden Moment das Richtige tun zu können. Ein<br />
gewisses Maß an Freiwilligkeit seitens des Auszubildenden ist dabei<br />
unabdingbar. Die Ausbildungsmethodik ist aus Sicht des Verfassers<br />
besonders wichtig, da über deren richtige Wahl das Interesse am Neuen<br />
61
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere<br />
entwickelt wird. Viele Themenbereiche in der militärischen Ausbildung sind<br />
vielschichtig und ineinander übergreifend. Zusammenhänge müssen vom<br />
Soldaten, will er erfolgreich sein, demnach klar erkannt und verstanden<br />
werden.<br />
• Unteroffiziere sollen die Fähigkeit erwerben und/oder festigen, über ihr<br />
eigenes Fühlen und Handeln zu reflektieren.<br />
Jeder Mensch ist einzigartig, aber als Menschen besitzen wir alle die<br />
Fähigkeit zu kommunizieren. Wir können über uns und andere nachdenken<br />
und haben Gefühle. Menschen fühlen, denken und kommunizieren jedoch als<br />
Individuen oder Kulturen vergleichend unterschiedlich. Dies erschwert nicht<br />
selten den Umgang mit Mitmenschen. Bevor man echte Empathie entwickeln<br />
kann, muss man sich seiner eigenen Gefühle im Klaren sein. Dies ist<br />
Voraussetzung für ein Leben in der Gemeinschaft und in Bezug auf den<br />
Soldaten für ein Bestehen im Einsatz.<br />
• Unteroffiziere sollen einen Gesamtüberblick zu Fragen der Ethik und<br />
Moral unter besonderer Berücksichtigung der Erfordernisse des<br />
militärischen Berufsvollzugs im Europa des angehenden 21. Jahrhundert<br />
erhalten und aktualisieren.<br />
Zukünftige Einsätze werden wohl immer häufiger im multinationalen<br />
Rahmen durchgeführt. Hier treffen unterschiedliche Sprachen, Religionen,<br />
ethnische Herkünfte und gegebenenfalls auch Moral- und Wertvorstellungen<br />
aufeinander. Dies gilt nicht nur bezogen auf die Kulturen in den<br />
Einsatzgebieten, sondern auch für Verbündete und Partner. Mögliches<br />
Konfliktpotenzial ist im Bereich fremder Führungskulturen und<br />
unterschiedlicher Wertestandards vorhanden. Professionalität im Umgang mit<br />
dieser Problematik kann etwa durch gemeinsame Übungen oder<br />
Einsatzvorbereitungen erreicht werden. Sprachbarrieren können durch<br />
Schulungen abgebaut werden.<br />
Im Rahmen weltweiter Einsätze können Soldaten mit Lebensverhältnissen<br />
konfrontiert werden, welche dem eigenen Verständnis von<br />
menschenwürdigem Leben widersprechen. Der Unteroffizier muss aufgrund<br />
seiner naturgemäß besonderen Nähe zum Geschehen dafür sensibilisiert<br />
werden, bei Begegnungen mit Elend und Gewalt gegenüber Hilflosen<br />
möglichst rational zu handeln, den Auftrag nicht aus den Augen zu verlieren<br />
sowie sich vorrangig auf sein Wissen zu verlassen und kompetent zu führen.<br />
• Unteroffiziere sollen sich mit den wichtigsten rechtlichen und<br />
organisatorischen Bestimmungen vom Humanitären Völkerrecht bis zur<br />
Allgemeinen Dienstvorschrift auseinandersetzen und die moralischen<br />
Aspekte daraus im Berufsvollzug umsetzen.<br />
62
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere<br />
An dieser Stelle greift der Einfluss von Gesetzen und Vorschriften in das<br />
berufsethische Qualifikationsprofil. Grundlage für das soldatische<br />
Selbstverständnis ist die rechtliche Einbindung als Exekutivorgan in eine<br />
demokratische Grundordnung. Die rechtsstaatliche und moralische Maxime,<br />
für Recht und Freiheit und die Unantastbarkeit der Menschenwürde<br />
einzutreten sowie alle damit verbundenen Gesetze und Vorschriften zu<br />
achten, muss überzeugend gelebt werden. Nur dann ist es gewährleistet, auch<br />
außerhalb der Landesgrenzen professionell als Repräsentant des eigenen<br />
Landes aufzutreten.<br />
Die Umsetzung des Gewaltmonopols beinhaltet für jeden Soldaten hohes<br />
Machtpotenzial. Die Regeln zum Umgang mit dieser Macht müssen<br />
verinnerlicht sein, sodass sie problemlos und jederzeit – gerade im Einsatz –<br />
angewendet werden können. Die Bestimmungen des Humanitären<br />
Völkerrechts kommen dann noch hinzu, denn in Krisensituationen besteht<br />
ständig die Gefahr, dass Zivilpersonen in das Geschehen einbezogen werden.<br />
Die richtige Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten<br />
sowie die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit eingesetzter Mittel sollte<br />
beherrscht werden, denn derartige wichtige Entscheidungsgrundlagen müssen<br />
vor Ort vielleicht innerhalb von Sekunden korrekt bewertet werden können.<br />
• Unteroffiziere sollen befähigt werden, eigenständig und<br />
verantwortungsbewusst moralische Entscheidungen treffen zu können<br />
und diese nachhaltig zu vertreten.<br />
Diese Zielforderung spricht das Gewissen und die Verantwortung eines jeden<br />
Soldaten an und stellt die vielleicht größte Herausforderung an die ethische<br />
Bildung dar. Die gewünschten Fähigkeiten können nicht nach einem „Schema<br />
F“ auswendig gelernt werden. Als eine mit einem persönlichen Gewissen<br />
ausgestattete Person reagiert jeder Einzelne unterschiedlich auf schwierige<br />
Situationen, gerade wenn verschiedene Handlungsspielräume geöffnet sind.<br />
Erschwerend kommt mitunter hinzu, dass notwendige Entscheidungen unter<br />
Zeitdruck mit Gefahr für Leib und Leben oder wichtigen Konsequenzen für<br />
sich oder andere getroffen werden müssen. Der Soldat ist zunächst<br />
Befehlsempfänger, aber vor allem der Führer verfügt in der Auftragstaktik<br />
vor Ort über lageabhängige Handlungsfreiheit.<br />
Hier stellt sich die Frage, welche Hilfen dem Unteroffizier über die<br />
berufsethische Bildung zur Erreichung dieses Zieles gegeben werden können.<br />
Der Verfasser möchte dies am Beispiel eines Konzeptes des Zentrums Innere<br />
Führung der Bundeswehr verdeutlichen. Erfahrungen aus Auslandseinsätzen<br />
deutscher Soldaten haben die Notwendigkeit aufgezeigt, sich mit dieser<br />
Problematik auseinanderzusetzen. Es wurde das Arbeitspapier „Entscheiden<br />
und Verantworten – Konfliktsituationen in Auslandseinsätzen“ entwickelt, in<br />
dem unter anderem anhand von Fallbeispielen – basierend auf erlebten<br />
63
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere<br />
Situationen – mögliche und tatsächliche Verhaltensweisen erörtert werden.<br />
Diese Methodik bietet keine Musterlösungen, aber die Möglichkeit, sich<br />
aufgrund der geschilderten Erfahrungen ein eigenes Urteil zu bilden. Unter<br />
Zuhilfenahme dieser gewonnenen Kriterien kann der Einzelne in einer<br />
Entscheidungssituation handeln (vgl. dazu Zentrum Innere Führung 2003, 5).<br />
• Unteroffiziere sollen eine klare Zielvorstellung für ihr Verhalten im<br />
beruflichen Handlungsfeld insgesamt und bei spezifischen<br />
Auftragserfüllungen im Besonderen entwickeln.<br />
Die Identifikation des Einzelnen mit dem Soldatenberuf und die<br />
Verinnerlichung gemeinschaftlicher Werte und Ziele aus Politik, Gesellschaft<br />
und Militär sind ein Grundstein für überzeugtes Handeln. Identifikation mit<br />
dem Beruf ist mindestens genauso wichtig das Vermögen des richtigen<br />
Führens der Waffe. Nur wenn der Soldat von der Notwendigkeit eines<br />
Einsatzes überzeugt ist, kann er auch richtig handeln. Und nur eine<br />
überzeugte, ethisch-moralisch gefestigte Persönlichkeit kann<br />
verantwortungsbewusst auftreten.<br />
• Unteroffiziere sollen angeregt werden, die öffentliche Diskussion über<br />
einschlägige ethische Fragen zu verfolgen und gegebenenfalls daran<br />
teilzunehmen.<br />
Das Leben ist ein ständiger Lernprozess. Unsere Gesellschaft unterliegt<br />
einem andauernden Wandel, heutzutage vielleicht noch schneller als vor<br />
einigen Jahren. Werte, Normen, Meinungen und sicherheitspolitische<br />
Anforderungen sind keine stillstehenden Faktoren, und dies gilt ebenso für<br />
das Feld der Ethik. Auch hier heißt es „up to date“ zu sein. Ein Soldat ist<br />
nicht nur Angehöriger des Militärs, sondern er soll sich auch als Mitglied der<br />
Gesellschaft aktiv einbringen. Veränderungen nicht nur zu erdulden, sondern<br />
als notwendig zu erkennen und mitzugestalten, sind wichtige Ansprüche an<br />
den „Staatsbürger in Uniform“.<br />
Zusammenfassung und Schlussbemerkungen<br />
Soldaten sollen hoch motiviert sein und ihren Beruf mit professionellem<br />
Selbstverständnis ausüben. Diese Forderung ist nicht gerade neu, doch das<br />
Tätigkeitsfeld von Soldaten hat sich gewandelt. Weltweite Einsätze<br />
multinationaler Streitkräfte stellen höchste Anforderungen an die<br />
Qualifikation des Militärs von der ministeriellen Ebene bis zum einzelnen<br />
Soldaten. Die Ausbildung muss neuen Herausforderungen angepasst und<br />
laufend verbessert werden. Dies gilt selbstverständlich auf für den<br />
Ethikunterricht.<br />
64
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere<br />
Das Österreichische Bundesheer hat mit einer neu organisierten Integration<br />
berufsethischer Bildung in die Ausbildungslehrgänge für Unteroffiziere ein<br />
komplexes und in sich schlüssiges Paket geschnürt. Ein breit gefächertes<br />
Themenfeld wird den umfangreichen Einflüssen von Ethik in fast allen<br />
Ausbildungsbereichen gerecht. Durch stufenweise Staffelung der<br />
Lehrgangsinhalte werden die Lehrgangsteilnehmer langsam an das Thema<br />
herangeführt. In den Augen des Verfassers ist die grundsätzliche Trennung<br />
von konfessioneller und philosophisch-wissenschaftlich orientierter<br />
Ethikausbildung von Vorteil, wenngleich sich beide Bereiche natürlich<br />
gegenseitig beeinflussen.<br />
Eine Beurteilung, inwieweit die zu vermittelnden Lerninhalte in Relation zu<br />
den angesetzten Unterrichtseinheiten stehen, kann zum jetzigen Zeitpunkt und<br />
ohne konkrete Erfahrungswerte noch nicht getroffen werden. Als positiv ist<br />
jedenfalls die geplante Prüfungsrelevanz in den höheren Lehrgängen für<br />
Stabsunteroffiziere zu bewerten, denn dies unterstreicht den Stellenwert der<br />
berufsethischen Bildung für Soldaten. Die Definition des berufsethischen<br />
Qualifikationsprofils für Unteroffiziere des Österreichischen Bundesheeres<br />
deckt aus Sicht des Verfassers alle wichtigen und relevanten Anforderungen<br />
an Soldaten des 21. Jahrhunderts im Bereich der Ethik ab.<br />
Regelmäßige Wiederholungsseminare möglichst als Pflichtveranstaltungen zu<br />
implementieren, dies erschiene dem kritischen Auge noch sehr wichtig zu<br />
sein. Das freiwillige Angebot der Berufsethischen Fortbildungsseminare<br />
existiert ohnehin schon seit längerem.<br />
65
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere<br />
Anhang<br />
Vorgeschlagene Kernthemen zur Berufsethischen Bildung an der<br />
Heeresunteroffiziersakademie<br />
Vorgeschlagene<br />
Kernthemen<br />
Unteroffizierslehrgang<br />
(MilFü2)<br />
Stabsunteroffizierslehrgang<br />
(MilFü3)<br />
Weiterbildungslehrgang<br />
für<br />
Stabsunteroffiziere<br />
(MilFü4)<br />
Berufsethisches<br />
Fortbildungsseminar<br />
Führung X! X X X<br />
Gewissen und<br />
Verantwortung<br />
X! X X X<br />
Legitimität von<br />
Gewalt und<br />
X! X<br />
Gewaltlosigkeit<br />
Freiheit X X<br />
Disziplin<br />
X<br />
Treue X X<br />
Menschenbild(er) X X! X<br />
Gerechtigkeit X X<br />
Krieg/ Frieden X! X<br />
Kultur X X<br />
Religion X X<br />
Neutralität/<br />
Solidarität<br />
X<br />
X<br />
(Etymologische<br />
Analyse der<br />
Begriffe) Ethik,<br />
X! X<br />
Moral und Sitte<br />
Identität X X<br />
Legalität/Legitimit<br />
ät soldatischen<br />
X! X<br />
Handelns<br />
Militär im Kontext<br />
von Gesellschaft,<br />
Recht, Nation,<br />
Staat und Staatengemeinschaft<br />
X! X<br />
66
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere<br />
Unternehmenskultur<br />
X<br />
X<br />
Wert(e),<br />
„Wertfreiheit“<br />
X<br />
X<br />
Bildung,<br />
Erziehung,<br />
X<br />
X<br />
Sozialisation<br />
Verhaltensregeln<br />
für Soldaten<br />
X<br />
Wehrpflicht versus<br />
Freiwilligenheer<br />
X<br />
X<br />
Geschlechterunterschiede<br />
(bei<br />
moralischen<br />
X<br />
X<br />
Urteilen)<br />
Ehre X X<br />
Pflicht,<br />
Verpflichtung<br />
X<br />
Leben und Tod X X<br />
X: Jeweils für den Lehrgang vorgesehenes Thema<br />
X!: Vor allem auf das generelle Ausbildungsziel des Lehrgangs abgestimmtes Kernthema, das<br />
besonders Berücksichtigung finden sollte<br />
Lehrveranstaltungsziele<br />
In den Lehrveranstaltungen sollen folgende Lehrveranstaltungsziele und<br />
Zeitvorgaben zum Thema Berufsethik integriert werden:<br />
• Unteroffizierslehrgang (MilFü2)<br />
Lehrveranstaltungsziel – 16 Unterrichtseinheiten:<br />
Der/Die Unteroffiziersanwärter(in) in Vorbereitung oder die Charge soll sich<br />
mit der Notwendigkeit der Einhaltung soldatischer Verhaltensregeln und<br />
Disziplin als wichtige Tugend im Sinne einer Selbstverpflichtung<br />
identifizieren und diese umsetzen. Die Grundzüge des Berufsethos als<br />
Unteroffizier sollen erläutert werden und zur persönlichen<br />
Auseinandersetzung anregen.<br />
• Stabsunteroffizierslehrgang (MilFü3)<br />
Lehrveranstaltungsziel – 16 Unterrichtseinheiten:<br />
Der/Die Unteroffiziersanwärter(in) soll die ethisch-moralische Dimension<br />
von Führung sowie Krieg vs. Frieden und die Bedeutung der Begriffe Ethik,<br />
67
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere<br />
Moral und Sitte erläutern können sowie sich anlassbezogen für das<br />
Berufsethos eines Unteroffiziers einsetzen und dieses beispielhaft vorleben.<br />
Er/Sie soll sich zur ungeteilten Kommandantenverantwortung bei Übernahme<br />
einer Führungsfunktion auf der Ebene der Teileinheit (Gruppe) auch aus<br />
moralischen Gesichtspunkten uneingeschränkt bekennen und diese<br />
wahrnehmen.<br />
• Weiterbildungslehrgang (MilFü4)<br />
Lehrveranstaltungsziel – 16 Unterrichtseinheiten:<br />
Der/Die Stabsunteroffiziersanwärter(in) soll ethisch-moralische Erkenntnisse<br />
zur Legitimität von Gewalt und Gewaltlosigkeit, zum Thema<br />
Menschenbild(er) sowie zur Legalität/Legitimität soldatischen Handelns<br />
umsetzen können und sich zur ungeteilten Kommandantenverantwortung bei<br />
Übernahme einer Führungsfunktion auf der Ebene der Teileinheit (Zug) auch<br />
aus moralischen Gesichtspunkten uneingeschränkt bekennen und diese<br />
wahrnehmen können. Er/Sie soll sich für das Berufsethos eines Unteroffiziers<br />
einsetzen und dieses vorbildhaft vorleben.<br />
• Berufsethisches Fortbildungsseminar<br />
Lehrveranstaltungsziel – jeweils 3 Ausbildungstage:<br />
Der/Die Lehrgangsabsolvent(in) soll Inhalte zur Frage der ethischen<br />
Dimension von Militär im Kontext von Gesellschaft, Recht, Nation, Staat und<br />
Staatengemeinschaft anwenden können. Er/Sie soll sich zur Verantwortung<br />
als Unteroffizier in höherer (Stabs-)Verwendung bekennen und diese<br />
wahrnehmen.<br />
68
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere<br />
Quellenverzeichnis<br />
Bundesministerium für Landesverteidigung/Bundesheerreformkommission<br />
(Hrsg.)(2004). Bericht der Bundesheerreformkommission, Wien.<br />
Pfandlbauer, Karl (2006). Transformation: Ein Muss – auch für das<br />
Bundesheer, In: TRUPPENDIENST 1/2006, Wien, 18-20.<br />
Kastberger, Andreas (2005). Berufsethische Bildung für Unteroffiziere, In:<br />
TRUPPENDIENST 4/2005, Wien, 313-316.<br />
Zentrum Innere Führung der Bundeswehr (Hrsg.)(2003). Entscheiden und<br />
Verantworten – Konfliktsituationen in Auslandseinsätzen, Internes<br />
Arbeitspapier.<br />
69
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
Offiziersstellvertreter Martin WEBER<br />
Internationale Kooperation in der<br />
einsatzorientierten Ausbildung –<br />
Erfahrungen eines langjährigen<br />
Hauptlehrunteroffiziers im Bereich<br />
Fliegerabwehr<br />
Die vorliegende Arbeit spiegelt die Erfahrungen eines<br />
Unteroffiziers der Fliegerabwehrschule wider und<br />
beschäftigt sich, wie der Titel verrät, mit der internationalen<br />
Dimension in der Frage der Verbesserung der Ausbildung in<br />
der Fliegerabwehr zum Zweck der Einsatzvorbereitung.<br />
Aufgrund des Berichtcharakters der Ausarbeitung wird für<br />
die Darstellung der Inhalte die an sich in dieser<br />
Schriftenreihe unübliche Form des Ich-Erzählers aus dem<br />
Originaltext übernommen.<br />
Einleitung<br />
Um das Verständnis meiner Ausführungen, speziell bei der Beschreibung von<br />
Simulatoren und auch bei Abläufen von Übungen im internationalen Rahmen,<br />
zu erleichtern, stelle ich zu Beginn meiner Arbeit die Waffensysteme der<br />
Fliegerabwehrtruppe vor. Weiters werden die Vorteile der Simulatorausbildung<br />
und deren Möglichkeiten anhand von Beispielen aus der Fliegerabwehrtruppe<br />
dargestellt. Anhand der Kapitel „Luftzielschießen“ und „ELITE 2005“<br />
(Electronic Warfare Live Training Exercise 2005) wird die große Bedeutung<br />
der Ausbildung in einsatzbezogenen Szenarien erläutert. Um den Zweck der<br />
ELITE 2005 besser verstehen zu können, werden in einem eigenen Kapitel<br />
die Facetten der Elektronischen Kampfführung (EloKa) näher erörtert. Im<br />
Abschitt „Special Operation Forces Exercise 05” wird der Faktor Mensch in<br />
der Ausbildung besondere Aufmerksamkeit erfahren. Auf die Wichtigkeit der<br />
Zusammenarbeit mit zivilen Firmen bei der Entwicklung und Kampfwertstei-<br />
71
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
gerung von Waffensystemen und Simulatoren wird in meinen Ausführungen<br />
immer wieder hingewiesen. Es ist mir ein besonderes Anliegen, die internationale<br />
Kooperation in der Fliegerabwehrtruppe zu dokumentieren und deren<br />
Bedeutung für die einsatzbezogene Ausbildung aufzuzeigen.<br />
Waffensysteme<br />
In der österreichischen Fliegerabwehrtruppe (FlA-Truppe) findet am Rohrwaffensektor<br />
die 35mm Zwillingsfliegerabwehrkanone (Z/FLAK) 85 in Verbindung<br />
mit dem Feuerleitgerät 98 (Skyguard 98) Verwendung. Die 35mm<br />
Z/FLAK 85 kann auch autonom eingesetzt werden, dabei wird das Geschütz<br />
vom Richtschützen mit Hilfe eines leistungsstarken Computers gesteuert.<br />
Am Lenkwaffensektor ist seit 1994 das leichte Fliegerabwehrlenkwaffensystem<br />
MISTRAL im Österreichischen Bundesheer (ÖBH) eingesetzt. Nach der<br />
Beschaffung des Zielzuweisungsradars (ZZR) RAC-3D FLAMINGO 1998<br />
wird die MISTRAL im Datenverbund mit dem ZZR eingesetzt. Mit dem ZZR<br />
FLAMINGO ist es möglich, jedes beliebige Waffensystem mit Zieldaten wie<br />
zum Beispiel Zielgeschwindigkeit, Zielhöhe oder Anflugsrichtung mittels<br />
Zieldatenempfänger zu versorgen. Die Zukunft der Fliegerabwehr beim ÖBH<br />
könnte die bodengestützte Version der IRIS T sein. Dieses Kurzstreckenlenkwaffensystem<br />
mit einer Reichweite von ca. 12 km findet unter anderem<br />
am EUROFIGHTER TYPHOON bereits Verwendung.<br />
Simulatoren<br />
Einen wesentlichen Anteil bei der Durchführung der einsatzbezogenen Ausbildung<br />
stellt in allen Waffengattungen und auf allen Führungsebenen die<br />
Nutzung von Simulatoren dar. Diese ermöglichen sozusagen den letzten<br />
Schliff, bevor die Mannschaft, das Team oder der einzelne Soldat seine Fähigkeiten<br />
bei Übungen oder im Einsatz beweisen müssen.<br />
Das Österreichische Bundesheer verfügt mittlerweile neben speziell ausgebildetem<br />
Lehrpersonal auch in nahezu allen Teilbereichen vermehrt über moderne<br />
Simulatoren. Durch deren Einsatz ist es möglich, die Handhabung und<br />
Bedienung von Waffensystemen in einem einsatzbezogenen Szenario auszubilden<br />
und zu trainieren. Auch bei der Fliegerabwehrtruppe wurden in den<br />
letzten Jahren sämtliche Simulationssysteme modernisiert. Diese befinden<br />
sich zum größten Teil an der Fliegerabwehrschule in Langenlebarn.<br />
Durch die simulatorgestützte Ausbildung wird ein hoher Ausbildungsgrad<br />
erreicht und somit der Grundstein für den „scharfen Schuss“ bzw. für das<br />
Bestehen am (Übungs-)Gefechtsfeld gelegt. Die Vorteile dieser Ausbildungsmethode<br />
sind der von Wetterbedingungen unabhängige Einsatz, die<br />
72
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
nahezu zeitlich unbegrenzte Verfügbarkeit, die Schonung des Einsatzgerätes<br />
und der Umgang mit extremen Situationen, die selbst bei Übungen kaum<br />
darstellbar sind. Die parallel laufende Aufzeichnung ermöglicht unmittelbar<br />
im Anschluss eine detaillierte Fehleranalyse. Die in Österreich verwendeten<br />
FlA-Simulatoren sind:<br />
MISTRAL-Simulator<br />
Der MISTRAL-Simulator ist computergestützt und ermöglicht durch eine<br />
Vielzahl von Zielflügen unterschiedlichster Schwierigkeitsstufen in dreidimensionalen<br />
Landschaftsdarstellungen eine intensive und einsatzorientierte<br />
Ausbildung.<br />
Gefechtssimulator Feuerleitgerät 98<br />
Dieser von der Firma OERLIKON CONTRAVES in der Schweiz entwickelte<br />
Simulator dient zur Ausbildung der Bedienungen im Feuerleitgerät 98. Die<br />
bereits über mehrere Jahrzehnte andauernde Zusammenarbeit mit dieser Firma<br />
machte sich wiederum bezahlt, denn anhand simulierter Flugobjekte und<br />
verschiedenster Szenarien können sämtliche Möglichkeiten von Bekämpfungsvorgängen<br />
sowie der Zielwechsel erlernt und trainiert werden. Die Tätigkeiten<br />
werden aufgezeichnet, wodurch der Ausbildungsstand festgestellt<br />
und dokumentiert werden kann. Diese Ausbildung ist der Grundstein für den<br />
Einsatz als TV(Television)-Beobachter oder als Feuerleitoffizier beim Luftzielschießen<br />
und für den Erfolg bei internationalen Übungen.<br />
Fliegerabwehrrichtausbildungssimulator<br />
Der Fliegerabwehrrichtausbildungssimulator ist eine britische Entwicklung<br />
und wird zur Schulung der Soldaten an der 35mm Z/FLAK 85 verwendet.<br />
Durch einen leistungsstarken Rechner werden verschiedene Luftziele mit<br />
unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Flugverhalten in das Visier einer<br />
35mm Z/FlAK 85 eingespielt. Die Richtschützen können durch die Vielfalt<br />
der Simulationsmöglichkeiten intensiv geschult und für das Luftzielschießen<br />
und für Gefechtsübungen im In- und Ausland vorbereitet werden.<br />
Die Vorbereitung auf die präzise Handhabung des Gerätes im Gefecht ist der<br />
Hauptgrund für die Anwendung von Simulatoren, wenngleich die Wahrscheinlichkeit<br />
eines Einsatzes der österreichischen Fliegerabwehr in diversen<br />
Inlands- und Auslandsszenarien im „scharfen Schuss“ zurzeit als nicht allzu<br />
hoch, aber auch nicht als unmöglich, einzustufen ist. Dies ist auf der Sinnebene<br />
der Ausbildung nicht unproblematisch. Eine weitere Problemstellung ergibt<br />
sich aus der Wirtschaftlichkeit, wenn diese falsch verstanden wird. Kos-<br />
73
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
tenleistungsrechnung ist längst nicht mehr nur eine reine Domäne der Wirtschaftstreibenden.<br />
Praktische Übungsvorhaben zu kürzen, nur um dadurch<br />
Kosten einzusparen, könnte schon bald ein Sinken des Ausbildungsniveaus<br />
mit sich bringen. Darum sollte man dieser Entwicklung wirksam entgegen<br />
steuern.<br />
Luftzielschießen<br />
Der Abschluss der einsatzbezogenen Ausbildung bei der Fliegerabwehrtruppe<br />
aller Armeen dieser Welt ist der Fliegerabwehrkampf im „scharfen Schuss“.<br />
In Zusammenarbeit mit der Fliegertruppe erfolgte das Luftzielschießen aller<br />
Rohrwaffensysteme bis vor kurzem auf den Luftzielschießplätzen am Truppenübungsplatz<br />
Allentsteig und in Oggau. Im November 2006 fand am Luftzielschießplatz<br />
in Oggau allerdings das letzte Luftzielschießen statt, da diese<br />
Liegenschaft verkauft wurde.<br />
In den Anfängen des Zweiten Bundesheeres wurde zunächst auf langsam<br />
fliegende Schleppziele geschossen. Zwischenzeitlich wurde auch das so genannte<br />
Spiegelschießverfahren angewendet. Beim Spiegelschießen wurden im<br />
Feuerleitgerät alle Seitenwinkelwerte und damit die gesamte Treffpunktberechnung<br />
vom Rechner um 180 Grad verworfen. So war es möglich, auf Realziele<br />
zu richten und diese auch zu bekämpfen. Im autonomen Einsatz der<br />
Geschütze wurde vor diesen ein Spiegel in Stellung gebracht. Das Zieldarstellungsflugzeug<br />
flog von hinten in die Feuerstellung an und drehte kurz vor<br />
dieser ab, um nicht in den Feuerbereich der Waffe zu gelangen. Der Richtschütze<br />
erfasste das anfliegende Ziel im Spiegel und beschoss das Spiegelbild.<br />
Die Auswertung erfolgte optisch über einen speziellen Spiegel, welcher<br />
halb durchlässig war. Das Auswertungspersonal konnte somit gleichzeitig das<br />
Spiegelbild des Flugzieles und die Geschossgarbe beobachten. Diese Art der<br />
Auswertung war vor allem bei schnell fliegenden Flugzielen sehr fehlerhaft.<br />
Da im Bereich des Luftzielschießens der Trefferauswertung höchste Bedeutung<br />
zukommt, wurde das Spiegelschießverfahren Ende der Achtzigerjahre<br />
des letzten Jahrhunderts wieder eingestellt.<br />
Das ÖBH investierte danach in ein neues, modernes Trefferauswertesystem.<br />
Dieses wurde in den letzten Jahrzehnten, gemeinsam mit der schwedischen<br />
Firma AIR TARGET weiter entwickelt und zählt zu den modernsten Auswertesystemen<br />
in Europa. Das Doppelzieltrefferauswertesystem (DTAS) ist ein<br />
zweidimensionales, akustisches Trefferauswertesystem zur Registrierung von<br />
Geschossdurchgängen in der Zielebene. Die vom Miss Distance Indicator<br />
(MDI-Trefferablageanzeige) über Funk gesendeten Registrierungen werden<br />
unmittelbar nach dem Feuerstoß von der Bodenstation berechnet, aufgelistet<br />
und in einem Trefferbild präsentiert. DTAS ist auch in der Lage, Trefferdaten<br />
74
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
von zwei Zielen gleichzeitig zu empfangen und davon die Trefferbilder zentimetergenau<br />
aufzuzeigen.<br />
Dieser Auswertung in Echtzeit kommt höchste Bedeutung zu, denn der Richtschütze<br />
bzw. der Feuerleitoffizier im Feuerleitgerät ist so in der Lage, schon<br />
beim jeweils nächsten Feuerstoß eventuelle Fehler zu korrigieren. Nach dem<br />
Ausscheiden der 20mm FLAK wird das Luftzielschießen nur mehr mit der<br />
35mm Z/FLAK 85 durchgeführt. Der Ablauf ist in einem Schießprogramm<br />
genau geregelt. Es werden drei verschiedene Anflugsarten dargestellt:<br />
• Direktanflug auf die Stellung<br />
• Vorbeiflug in einer Entfernung von ca. 2500 Metern<br />
• Schrägvorbeiflug.<br />
Diese Schießübungen werden in „Lokaler Servosteuerung“ (autonomer Einsatz<br />
des Geschützes) und in „Radarsteuerung“ (Feuerleitung durch das Feuerleitgerät<br />
98) bekämpft. Eine besondere Herausforderung für die Bedienungen<br />
der Geräte ist das Nachtzielschießen, welches nur in „Radarsteuerung“<br />
durchgeführt wird.<br />
Eine weitere Form der Fliegerabwehr ist die „Fliegerabwehr aller Truppen“.<br />
Hier werden mit den Kalibern 7.62mm und 12.7mm langsam fliegende<br />
Schleppziele bekämpft. Bei diesen Schießübungen werden je nach Kaliber<br />
zwei bis sechs Waffen auf ein Ziel gerichtet. Den Fortbestand dieser Art der<br />
Fliegerabwehr rechtfertigen Berichte aus den verschiedensten Kriegsschauplätzen<br />
der jüngsten Vergangenheit, wonach es immer wieder gelingt, auch<br />
mit kleinkalibrigen Waffen Luftfahrzeuge am Ausführen ihres Auftrages zu<br />
hindern.<br />
Luftzielschießen auf Kreta 1997<br />
In Österreich können Luftzielschießen mit dem Waffensystem MISTRAL<br />
nicht durchgeführt werden. Da selbst der Truppenübungsplatz Allentsteig<br />
nicht groß genug für die dafür notwendigen Sicherheitsräume ist, ergibt sich<br />
die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit ausländischen Armeen. So<br />
erfolgte das erstmalige Luftzielschießen mit der leichten<br />
Fliegerabwehrlenkwaffe MISTRAL im April 1997 auf Kreta. Dabei wurde<br />
diese auf eine, von der Belgischen Armee ferngesteuerte, Drohne abgefeuert.<br />
Bei diesem Scharfschießen lag die Trefferquote bei über 93 Prozent. Die<br />
hohen Erwartungen an die MISTRAL als zuverlässiges Waffensystem<br />
wurden somit voll und ganz bestätigt. Nach diesen äußerst positiven<br />
Erfahrungen und Erkenntnissen konnte mit der Planung weiterer,<br />
umfangreicherer Übungsvorhaben begonnen werden.<br />
75
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
1998 wurde das Zielzuweisungsradar (ZZR) FLAMINGO eingeführt. Dieses<br />
Radargerät ermöglicht eine Bedrohungsanalyse des Luftraumes und somit<br />
eine vorgestaffelte Zieldatenübertragung zum Lenkwaffenträger MISTRAL.<br />
Luftzielschießen in Frankreich 1999<br />
Im September 1999 wurde in Biscarosse in Frankreich, von österreichischer<br />
Seite erstmals in Verbindung mit dem Zielzuweisungsradar FLAMINGO, die<br />
MISTRAL im „scharfen Schuss“ eingesetzt. Die Französische Armee stellte<br />
nicht nur sämtliche Zieldarstellungsflugkörper zur Verfügung, sondern bot<br />
auch eine hervorragende Infrastruktur für alle Teilnehmer des Österreichischen<br />
Bundesheeres. Die Zusammenarbeit bei der Auswertung der einzelnen<br />
Bekämpfungsvorgänge und der damit verbundenen technischen Ausrüstung<br />
funktionierte beispielhaft.<br />
Natürlich ging nicht alles komplett reibungslos. So hatten wir schon beim<br />
Ver- und Entladen der Radargeräte mit verschiedenen logistischen Problemen<br />
zu kämpfen. Um die zulässige Höhe bei Eisenbahntransporten nicht zu überschreiten,<br />
mussten spezielle Niederflurwagons verwendet werden. Bei der<br />
Zusammenarbeit mit der österreichischen Bundesbahn als auch mit der französischen<br />
Bahn war Flexibilität angesagt, da Änderungen im Fahrplan und<br />
bei den Be- und Entladezeiten an der Tagesordnung standen. Diese Erfahrungen<br />
waren von großer Bedeutung, denn schon kurz nach der Rückkehr nach<br />
Österreich wurde mit den Vorbereitungen für das nächste Fliegerabwehrschießen<br />
im Ausland begonnen.<br />
Luftzielschießen in Polen 2003<br />
Schließlich erfolgte in der Zeit vom 15. bis 26. September 2003 das erste<br />
Scharfschießen mit allen Fliegerabwehrsystemen des Österreichischen Bundesheeres<br />
in Ustka in Polen. Da dieses Gefechtschießen, das bis dahin größte<br />
Luftzielschießen seit dem Bestehen des Österreichischen Bundesheeres war,<br />
möchte ich es als weiteres Beispiel für internationale Kooperation bei der<br />
einsatzbezogenen Ausbildung der Fliegerabwehrtruppe heranziehen.<br />
Unter der Leitung des Kommandanten der Fliegerabwehrschule wurde das<br />
Gefechtsschießen "Roland I" in Ustka/Polen durchgeführt. Dieses Schießvorhaben<br />
stellte nicht nur den hohen Ausbildungsstand der österreichischen Fliegerabwehrtruppe,<br />
sondern auch deren Einsatzmöglichkeiten im Rahmen von<br />
Auslandseinsätzen, unter Beweis.<br />
Der Truppenübungsplatz Ustka in Polen liegt an der mittleren Ostseeküste,<br />
ca. 120 Kilometer nordwestlich von Danzig. Der 1936 geschaffene Fliegerabwehrschießplatz<br />
hat eine Längenausbreitung von 17 Kilometer, eine Tiefe<br />
von bis zu fünf Kilometer und erstreckt sich entlang der Küste. Er wird seit<br />
76
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
einigen Jahren von den polnischen Streitkräften auch anderen Armeen für<br />
internationale Ausbildungs- und Schießvorhaben zur Verfügung gestellt.<br />
Durch seine Tiefstaffelung ermöglicht der Übungsplatz in Ustka nicht nur ein<br />
Luftzielschießen in Richtung Ostsee, sondern er verfügt auch über ausreichende<br />
Möglichkeiten, dieses Schießen in einen taktischen Übungsablauf<br />
einzubinden und somit einsatzbezogen zu gestalten. Europaweit bietet dieser<br />
Übungsplatz als einziger die Möglichkeit, ein Scharfschießen gleichzeitig mit<br />
Fliegerabwehrkanonen und Fliegerabwehrlenkwaffen, bei einem beweglichen<br />
Einsatz der Feuereinheiten, durchzuführen.<br />
Neben den taktischen Ausbildungszielen war die Verlegung des Personals<br />
und der Waffensysteme mittels Kraftfahrzeugen, Luftfahrzeugen und im Eisenbahntransport,<br />
von großer Bedeutung. Sollte es in Zukunft zu einem internationalen<br />
Einsatz der Fliegerabwehrtruppe kommen, werden die damals<br />
erzielten Erfahrungen ungeheuer wichtig sein.<br />
Die Vielzahl von gleichzeitig auftretenden Bedrohungsszenarien war für die<br />
Bedienungen der verschiedenen Waffen- und Radarsystemen von unschätzbarem<br />
Wert. Erkenntnisse beim Auffassen des Zieles, Abläufe bei der Zielübernahme<br />
mit dem Radar und nicht zuletzt Erfahrungen bei der Feuerleitung<br />
bzw. Zielzuweisung wurden in der Ausbildung der Fliegerabwehrtruppe im<br />
ÖBH umgesetzt.<br />
Exkurs: Zieldarstellung<br />
Abermals bewährte sich in Polen die schon jahrelange Zusammenarbeit mit<br />
der schwedischen Firma Saab Nyge Aero. Diese Firma führt auch an den<br />
österreichischen Luftzielschießplätzen die Zieldarstellung durch. Die österreichische<br />
Fliegertruppe übernimmt dort die Zieldarstellung für langsam fliegende<br />
Ziele. Schnellfliegende Luftziele werden durch zwei LEARJETS 35A<br />
dargestellt. Zur Aufnahme der Schleppziele standen pro Maschine jeweils<br />
eine Innenwinde und eine Außenwinde zur Verfügung.<br />
In Polen starteten und landeten die Schleppmaschinen in Slupsk. Mit dem LJ<br />
35A sind Zielgeschwindigkeiten von 100 m/s bis 150 m/s möglich. Die Mindestflughöhe<br />
der Ziele betrug aus Sicherheitsgründen 200 Meter über Grund.<br />
Die vorgesehenen Ziele wurden vor dem Start an den Schleppmaschinen angebracht<br />
und anschließend im vorgesehenen Luftraum ausgefahren. Für das<br />
Waffensystem 35-mm-Zwillingsfliegerabwehrkanone 85 wurden radar- und<br />
laserreflektierende Schleppsäcke verwendet.<br />
Für das Waffensystem lFAL MISTRAL wurde der Schleppzielflugkörper<br />
SK-6 verwendet. Diese wurden mit Rauchpatronen (Smoke) und Leuchtpatronen<br />
(Flares) bestückt. Der "Smoke" diente der optischen Erkennung des<br />
Zieles, die "Flares" stellten die Wärmequelle für den Infrarotsuchkopf des<br />
77
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
Lenkflugkörpers MISTRAL dar und waren die Voraussetzung für das Aufschalten<br />
des Suchkopfes auf das Ziel. Die Oberfläche der SK-6 wurde ebenfalls<br />
mit laserreflektierendem Material versehen, um die Funktion des Laserannäherungszünders<br />
des Lenkflugkörpers sicherzustellen. Für die Auswertung<br />
des Gefechtsschießens wurde das Doppelzieltrefferauswertesystem<br />
(DTAS), das auch für die Bewertung des Luftzielschießens in Österreich eingesetzt<br />
wird, verwendet.<br />
Bei der Sicherung des Übungsplatzes war die Zusammenarbeit mit der polnischen<br />
Armee gefordert. Die äußere Sicherheit wurde durch die Soldaten des<br />
Truppenübungsplatzes Ustka in Übereinkommen mit der österreichischen<br />
Übungsleitung gewährleistet. Für die innere Sicherheit war die Schießübungsleitung<br />
der Fliegerabwehrschule des ÖBH verantwortlich.<br />
Luftzielschießen in Polen 2005<br />
Unter dem Übungsnamen "FIFTY YEARS 2005" fand vom 16. August bis<br />
zum 1. September 2005 ein weiteres Luftzielschießen des ÖBH statt. Wieder<br />
wurde die Latte in Bezug auf einsatzorientierte Ausbildung um eine Stufe<br />
höher gelegt. Die wesentlichsten Unterschiede zum Fliegerabwehrgefechtsschießen<br />
2003 waren folgende:<br />
Die Anlandung des Hauptkontingentes am Flugplatz von Siemirowice (Polen)<br />
erfolgte unter dem Schutz von Soldaten eines österreichischen Sicherungselementes.<br />
Auch die Bahnentladung auf dem Truppenübungsplatz Ustka wurde<br />
von den Soldaten des Sicherungselementes überwacht. Die Zieldarstellung<br />
erfolgte nicht nur durch zwei "Learjet" LJ 35, sondern erstmals im Ausland<br />
durch zwei Pilatus PC-6 "Turbo Porter" der 4. Staffel des Fliegerregiments 1<br />
des Bundesheeres. Mit der leichten Fliegerabwehrlenkwaffe MISTRAL wurde<br />
erstmals ein Nachtschießen durchgeführt, welches durch den Einsatz des<br />
Wärmebildgerätes möglich war. Außerdem erfolgte erstmals das Schießen<br />
mit der leichten Fliegerabwehrlenkwaffe MISTRAL von der Transporthalterung<br />
des Steyr-Daimler-Puch LKW (6 x 6) 712 lFAL PINZGAUER. Bei der<br />
FIFTY YEARS 2005 wurden auch insgesamt sieben Teilnehmer aus Deutschland,<br />
aus der Schweiz, aus Slowenien und aus Ungarn, die als Beobachter in<br />
Schlüsselfunktionen eingeteilt waren, in das Übungsvorhaben integriert.<br />
Natürlich darf man auch die Zusammenarbeit mit unseren Anrainerstaaten,<br />
Tschechische Republik und Deutschland, bei den Verlegungen nicht unterbewerten.<br />
Nur durch die aktive Mitarbeit der Behörden unserer Nachbarn war<br />
das beinahe reibungslose Passieren dieser Länder möglich. Lediglich die<br />
Ausstattung der verwendeten Wagons bei der Verlegung im Eisenbahntransport<br />
bedarf einer Verbesserung. Elektrischer Strom etwa sollte für Soldaten<br />
des 21. Jahrhunderts bei Verlegungen im Frieden kein Luxusartikel sein.<br />
78
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
Elektronische Kampfmaßnahmen (EloKa)<br />
Eines der wichtigsten Themen bei der einsatzbezogenen Ausbildung der Flieger-<br />
und Fliegerabwehrtruppe nennt sich „EloKa“ (Elektonischer Kampf).<br />
Auf dem heutigen Gefechtsfeld wird ein Duell zwischen gegnerischen Parteien<br />
immer häufiger von Computern entschieden. Natürlich bringt der leistungsstärkste<br />
Computer aber keinen Erfolg, wenn die am Bedienpult sitzende<br />
Person das Potential des Rechners aufgrund mangelnder Ausbildung nicht<br />
nutzen kann.<br />
Bevor ich auf einen der Höhepunkte in meiner persönlichen EloKa-<br />
Ausbildung näher eingehe, möchte ich zum besseren Verständnis noch einige<br />
wichtige Fakten zum Elektronischen Kampf darlegen. Die Aufgaben von<br />
EloKa-Verbänden lassen sich in mehrere große Bereiche gliedern, unter anderem:<br />
• Aufklären – ELINT (Electronic Intelligence): Mit hochempfindlichen<br />
Empfangsgeräten werden durch geeignete Messverfahren feindliche<br />
Funkemissionen erfasst, zeitgleich aufgezeichnet und anschließend detailliert<br />
ausgewertet. Dabei lässt sich deren exakte Quelle ermitteln. Die so<br />
gewonnenen Informationen können Aufschluss über Stärke, Position und<br />
Pläne des Gegners geben.<br />
• Stören – ECM (Electronic Countermeasures): Durch das Stören der Signale<br />
des Gegners wird dieser in seiner Handlungsfähigkeit und somit am<br />
Ausführen seines Auftrages stark eingeschränkt bzw. überhaupt gehindert.<br />
Stören umfasst einen weiten Bereich, der von Falschzieldarstellungen<br />
über Geräteausfallsimulationen beim Gegner bis zum Übersteuern<br />
dessen Prozessdatenverarbeitung in mehrdimensionaler Hinsicht reichen<br />
kann.<br />
• Schutz eigener Kommunikation und Abstrahlung – EPM (Electronic Protecture<br />
Measures): Das Aufgabenspektrum des „Elektronischen Kampfes“<br />
umfasst auch Maßnahmen, feindliche EloKa -Verbände davon abzuhalten,<br />
die eigenen Ausstrahlungen zu erfassen oder zu stören. Das Thema<br />
Elektronische Kampfführung wird insbesondere bei internationalen<br />
Einsätzen immer wichtiger. Elektronische Kampfmaßnahmen sind seitens<br />
der NATO als ein integraler Bestandteil jeder militärischen Operation<br />
Voraussetzung.<br />
Große Bedeutung für die Weiterentwicklung der EloKa–Ausbildung im Österreichischen<br />
Bundesheer hatte der erste Stabsoffizierskurs für Elektronische<br />
Kampfführung (SOJEWC-Staff Officers Joint Electronic Warfare Course).<br />
Dieser fand vom 10. bis zum 14. Oktober 2005 in Wien statt. Der Kurs wurde<br />
vom „Führungsgrundgebiet Führungsunterstützung“ (FGG 6) mit Unterstützung<br />
einer dänischen Firma durchgeführt. Er verfolgte das von der NEWAC<br />
79
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
(NATO Electronic Warfare Advisory Committee) vorgegebene Ziel, Offizieren<br />
aus PfP(Partnership for Peace)-Teilnehmerländern, die in einem Stab im<br />
Bereich EloKa arbeiten oder eine EloKa-Einheit führen, die notwendigen<br />
Kenntnisse für einen NATO geführten Einsatz zu vermitteln. Kursteilnehmer<br />
waren Mitglieder der „Arbeitsgruppe Elektronische Kampfführung“ für das<br />
Projekt „ÖBH 2010“ sowie Offiziere des damaligen Kommandos der Luftstreitkräfte,<br />
die sich mit EloKa vor allem beim Transporthubschrauber<br />
BLACK HAWK, der Transportmaschine HERCULES C130 und beim Eurofighter<br />
TYPHOON beschäftigten.<br />
Die EloKa-Ausbildung im Österreichischen Bundesheer steckt, gemessen an<br />
anderen Armeen, noch in den Kinderschuhen. Eine Armee, die mit modernster<br />
Technik ausgerüstet wird, sollte auch Spezialisten auf dem Gebiet der<br />
Elektronischen Kampfführung ausbilden. Den Bedarfsträgern, nämlich den<br />
Besatzungen von Flieger- und Fliegerabwehrsystemen, sollte man das notwendige<br />
Know-how zukommen lassen, um ein erfolgreiches Ausführen ihres<br />
Auftrages zu ermöglichen. Durch ein eigenes „Referat Elektronische Kampfführung“<br />
im Organisationsplan der ab <strong>2007</strong> neu aufzustellenden Flieger- und<br />
Fliegerabwehrtruppenschule steigt die Bedeutung dieser Ausbildung endlich<br />
auf jenen Stellenwert, der ihr auch zusteht.<br />
Das folgende Kapitel illustriert nun mit Sicherheit eine der besten Möglichkeiten,<br />
wie Soldaten der Flieger- und Fliegerabwehrtruppe ihr theoretisches<br />
Wissen in einem einsatzorientierten Szenario praktisch unter Beweis stellen<br />
können.<br />
ELITE 2005<br />
Im Juni 2005 bekam ich erstmals die Möglichkeit, an der ELITE (Electronic<br />
warfare Live Training Exercise) als Feuerleitoffizier bzw. TV-<br />
Beobachtungsunteroffizier am SKYGUARD 98, teilzunehmen. ELITE ist<br />
eine jährlich wiederkehrende Übung der Deutschen Luftwaffe, in der Maßnahmen<br />
und Taktiken des elektronischen Kampfes geübt und weiterentwickelt<br />
werden. Die Übung dient allen, die in die oder aus der Luft wirken und<br />
dabei die Mittel des elektronischen Kampfes zum Einsatz bringen müssen.<br />
Die Ziele dieser mir bis dahin unbekannten Übung waren wie folgt definiert:<br />
• Die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft trotz elektronischer Störmaßnahmen<br />
durch den Gegner<br />
• Die Umsetzung der erlernten Fähigkeiten bei der Bedienung des eigenen<br />
Waffensystems in einem realitätsnahen Szenario<br />
• Die Weiterentwicklung und Überprüfung taktischer Verfahren im Feuerkampf<br />
80
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
• Die Aus- und Weiterbildung des Führungs- und Funktionspersonals und<br />
die Förderung der internationalen Zusammenarbeit in der Fliegerabwehrtruppe.<br />
ELITE 2005 stellte für einen Großteil der Teilnehmer der österreichischen<br />
Fliegerabwehrtruppe den Höhepunkt ihrer Einsatzaus- und -weiterbildung<br />
dar. Besonders der Einsatz von elektronischen Kampfmaßnahmen aus der<br />
Luft und vom Boden war eine große Herausforderung. Als Verbindung zur<br />
Leitzentrale und so auch zum „Luftfeind“ fungierte ein Begleit- und Verbindungsoffizier.<br />
Sein Auftrag war es, die Einsatzbereitschaft der eingeteilten<br />
Bedienung sicherzustellen. Entsprechend der Informationen der Leitzentrale<br />
(Slotpläne) wurde in der Einsatzbesprechung festgelegt, 1. wer, 2. zu welcher<br />
Zeit und 3. welche Funktion auszuüben hat. Diese in dieser Form in Europa<br />
einzigartige Übung für Piloten sowie Soldaten der Radar- und Fliegerabwehrwaffensysteme<br />
fand im multinationalen Rahmen statt. Es beteiligten sich<br />
14 NATO-Staaten sowie Finnland, Österreich, Schweden und die Schweiz.<br />
Der Luftraum über Bayern und Baden-Württemberg und das Gebiet rund um<br />
den Heuberg nahe der Stadt Meßstetten bildeten den Einsatzraum.<br />
Der Truppenübungsplatz Heuberg auf der Schwäbischen Alb war bereits zum<br />
vierten Mal in Folge Austragungsort der ELITE. Es ist nicht nur der südlichste,<br />
sondern auch der höchstgelegene Truppenübungsplatz in der Bundesrepublik.<br />
Errichtet wurde dieser bereits 1910 und liegt etwa 15 Kilometer nordwestlich<br />
von Sigmaringen in einer Höhe von 800 Meter über dem Meeresspiegel.<br />
Die Gesamtfläche umfasst 4800 Hektar und ist zu 40 Prozent mit Nadel- und<br />
Mischwald bedeckt. Angrenzend an den Übungsraum befindet sich in<br />
Meßstetten die Zollern-Alb-Kaserne, welche damals die österreichische Einheit<br />
beherbergte, und die Garnison Stetten am Kalten Markt.<br />
Die Einsätze der Luftwaffe wurden unter simulierten Fliegerabwehrbedrohungen<br />
geflogen. Dabei kam es nicht selten zu Einsätzen im Tiefstflug (unter<br />
35 Meter Flughöhe).<br />
Gestartet wurde von Neuburg a. d. Donau, Lechfeld und Landsberg, aber<br />
auch aus Dübendorf sowie direkt aus Frankreich. Der Auftrag der rund um<br />
den Heuberg eingesetzten bodengebundenen Luftverteidigung war, die anfliegenden<br />
Luftfahrzeuge rechtzeitig aufzufassen, zu erkennen und zu bekämpfen.<br />
Dabei versuchten fliegende Waffensysteme die Fliegerabwehrkräfte,<br />
einschließlich deren Radaranlagen, auszuschalten - und umgekehrt. Bei<br />
diesem Duell wurden verschiedene elektronische Stör- und Täuschmaßnahmen<br />
unter realistischen Bedingungen eingesetzt. Ein wichtiger Faktor, um ein<br />
einsatzbezogenes Umfeld zu ermöglichen, war der Einsatz von Bodenstörern,<br />
welche spezielle Herausforderungen an meine Kameraden und mich stellten.<br />
81
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
Reaktionen auf Bodenstörer werden in keinem Simulatorszenario trainiert<br />
und waren somit absolutes Neuland für unsere Mannschaften.<br />
Die Übungsauswertung war daher ein Kernelement dieser EloKa-Übung. Sie<br />
teilte sich in eine Echtzeitauswertung und eine intensive Nachauswertung.<br />
Die Echtzeitauswertung hatte den enormen Vorteil, dass die beteiligten<br />
Übungsteilnehmer direkt nach jedem Einsatz in einer Videokonferenz das<br />
Geschehen nachvollziehen konnten. Diese Tatsache ermöglichte schon<br />
während des Übungsverlaufes das Erfahrene bzw. Erlernte umzusetzen und<br />
anwenden zu können. Die Nachauswertung diente der Weiterentwicklung von<br />
taktischen Verfahren und ermöglichte den Teilnehmern die gesammelten<br />
Erkenntnisse in Zukunft in der Ausbildung zu nutzen.<br />
Die für ELITE 2005 ausgewiesenen Lufträume wurden exakt kontrolliert, um<br />
einen reibungslosen Übungsverlauf zu garantieren. Speziell für diese Aufgabe<br />
wurde das deutsche Tiefflugüberwachungssystem SKYGUARD installiert.<br />
Hierbei handelt es sich um ein mobiles System zur Kontrolle des<br />
Tiefflugbetriebs anhand von Radar- und Videoaufzeichnungen. Dieses<br />
System ist mit dem im österreichischen Bundesheer eingesetzten<br />
SKYGUARD 98 beinahe ident. So ist statt dem Feuerleitrechner im<br />
SKYGUARD 98 eine mit großer Reichweite ausgestattete<br />
Videoüberwachungseinheit am Richtgerät aufgebaut. Um die Einhaltung der<br />
Benutzung der vergebenen Frequenzen zu gewährleisten, wurde eine Vielzahl<br />
von Überwachungseinheiten installiert und betrieben. Auf der Homepage der<br />
Deutschen Luftwaffe konnte man nach der ELITE 2005 zum Beispiel lesen:<br />
„Neben 70 Strahlflugzeugen, 20 Hubschraubern und 10 Propellermaschinen<br />
waren an der Übung auch etwa 800 schwere Fahrzeuge, Kettenfahrzeuge<br />
und Kleinfahrzeuge der multinationalen Fliegerabwehr- und Unterstützungskräfte<br />
beteiligt. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Nationen<br />
beschränkte sich nicht nur auf den Übungsplatz. Auf den einzelnen Fliegerhorsten<br />
betreute deutsches Wartungspersonal ausländische Luftfahrzeuge.“<br />
(a.a.O.)<br />
Auch 2006 wurden Teile von Einheiten des Österreichischen Bundesheeres<br />
zur ELITE nach Deutschland entsandt. Dazu seien einige Anregungen für die<br />
Zukunft vermerkt:<br />
Bei der Verlegung aus Österreich in das Übungsgebiet am Heuberg könnte<br />
man in Zukunft eine Bahnverladung der eingesetzten Mannschaften und<br />
Geräte in Betracht ziehen. Der über 700 Kilometer lange Marschweg aus<br />
Langenlebarn bei Tulln an der Donau birgt Risken und Gefahren, die man<br />
durch den Bahntransport vermeiden könnte. Um ein Maximum an Effizienz<br />
bei der Ausbildung im Übungsraum erreichen zu können, wäre der Einsatz<br />
von mehreren Feuereinheiten zu überdenken. In Verbindung mit einem<br />
Auswechseln der Mannschaften bei Halbzeit könnte man mindestens die<br />
82
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
doppelte Anzahl an Gerätebedienungen dieser einzigartigen Ausbildung<br />
zuführen.<br />
Der wichtigste Faktor bei der einsatzbezogenen Ausbildung ist und bleibt der<br />
Mensch, konkret der die Geräte, Computer und Sensoren bedienende Soldat.<br />
Am Gefechtsfeld des 21. Jahrhundert geht es beim Duell Fliegertruppe gegen<br />
Fliegerabwehrtruppe um Sekundenbruchteile. Doch auch hier nützt der<br />
leistungsstärkste Computer nichts, wenn das Bedienungspersonal fehlerhaft<br />
reagiert oder ganz einfach mangels Erfahrung der Situation nicht gewachsen<br />
ist. In der Fliegerabwehrtruppe wird oft von elektromagnetischen Wellen,<br />
Computern und der Feuerkraft von Fliegerabwehrgeschützen gesprochen. In<br />
meinem letzten Kapitel möchte ich herausstreichen, dass es auch bei der<br />
Fliegerabwehrtruppe Situationen gibt, in denen der Faktor Mensch und<br />
dessen körperliche Leistungsfähigkeit den Hauptausschlag über Sieg oder<br />
Niederlage geben kann.<br />
Special Operation Forces Exercise (SOFEX) HARFANG 05<br />
Von 7. bis 17. März 2005 fand am Truppenübungsplatz Wattener Lizum nahe<br />
Innsbruck in den Tiroler Alpen die Übung HARFANG 05 statt. Es trainierten<br />
Elitesoldaten mehrerer europäischer Nationen gemeinsam mit den Spezialeinsatzkräften<br />
des Bundesheeres. Die 6. Jägerbrigade nahm ebenfalls an dieser<br />
Übung zur Darstellung der OPFOR (Opposing Force) bzw. eigener Kräfte<br />
teil. Die Fliegerabwehrschule war mit einem aus Kader, Kursteilnehmern und<br />
Grundwehrdienern bestehenden verminderten lFAL(MISTRAL)-Zug der 6.<br />
Jägerbrigade unterstellt. Bevor der Auftrag, die Teile der Hochgebirgskompanie<br />
im Übungsraum gegen Luftangriffe zu schützen, erfüllt werden konnte,<br />
musste der Eisenbahntransport von Tulln an der Donau nach Innsbruck, die<br />
Verlegung von Mannschaft und Gerät im Kraftfahrzeug bzw. mit dem Hubschrauber<br />
in das Lager Walchen, bewältigt werden. Nach dem Abschluss der<br />
Detailerkundung erfolgte der Stellungsbezug im Mannschaftstransport. Jetzt<br />
war der Zeitpunkt gekommen, an dem mir schmerzlich bewusst wurde, wie<br />
wichtig es war, nicht nur die geistige, sondern auch die körperliche Leistungsfähigkeit<br />
unserer Soldaten, ständig zu trainieren und zu verbessern. Diese<br />
Tatsache sollte bei der einsatzbezogenen Ausbildung der Fliegerabwehrtruppe<br />
niemals außer Acht gelassen werden. Ohne die Inanspruchnahme der Transportkapazitäten<br />
des benachbarten Jägerzuges wäre in diesem konkreten Fall<br />
der Aufstieg (im Mannschaftstransport) in den Stellungsraum Mölsjoch auf<br />
2330 Metern Seehöhe im hochalpinen Gelände nicht gelungen. Während der<br />
Nachtstunden bestand der Auftrag darin, das Umfeld mittels Wärmebildgerät<br />
zu überwachen.<br />
83
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
Der Aufstieg in den Stellungsraum und die Unterbringung unserer Soldaten<br />
während der folgenden Nächte in Truppzelten auf einer Seehöhe von ungefähr<br />
2500m, hatten die vorgestaffelte Überprüfung der Geräte und der Mannschaft<br />
auf Gebirgstauglichkeit mehr als gerechtfertigt. Die Abstellung von<br />
geschultem und erfahrenem Alpinpersonal war unerlässlich.<br />
Auch die Angehörigen der internationalen Spezialeinsatzkräfte mussten erkennen,<br />
dass es im hochalpinen Gelände noch viel Neues zu erlernen gab.<br />
Bewegung mit Skiern, Schneeschuhen und Lawinenkunde sind nur einige<br />
Themen, in denen unsere ausländischen Kameraden geschult wurden.<br />
Bei der Auswertung dieses Übungsvorhabens muss einerseits der Faktor berücksichtigt<br />
werden, dass es sich um den ersten Einsatz der lFAL MISTRAL<br />
im hochalpinen Gelände handelte, andererseits hätte auch das Wetter nicht<br />
besser sein können. Der Auftrag konnte durch die Motivation und das Engagement<br />
der teilnehmenden Soldaten der Fliegerabwehrschule erfüllt werden.<br />
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen<br />
Durch die Kooperation mit internationalen Armeen und zivilen Institutionen<br />
ist es möglich, Simulatoren und Waffensysteme ständig weiter zu verbessern.<br />
Die Verwendung moderner Simulatoren in der einsatzorientierten Ausbildung<br />
bietet eine optimale Vorbereitung für den Einsatz im „scharfen Schuss“ und<br />
für Übungen mit einsatzbezogenen Szenarien.<br />
Luftzielschießen dienen sowohl der Festigung von Gefechtsabläufen und<br />
Gefechtstechniken als auch der permanenten Überprüfung des allgemeinen<br />
Ausbildungsstandes. Möglichst realitätsnahe Luftzieldarstellungen und moderne<br />
Auswertesysteme sind unabdingbar notwendig.<br />
Im Gegensatz zu nationalen Übungsvorhaben ist es bei Großübungen mit<br />
internationaler Beteiligung möglich, Erfahrungen anderer Armeen zu gewinnen<br />
oder diese auszutauschen, wodurch der Ausbildungsstand und die<br />
Einsatzbereitschaft ständig steigen.<br />
Da die Beherrschung von elektronischen Kampfmaßnahmen Voraussetzung<br />
für das Bestehen bei Luftsicherungsoperationen ist, erhält die Ausbildung in<br />
diesem Bereich einen sehr hohen Stellenwert. Ein weiterer Punkt für die hohe<br />
Qualifikation von Soldaten, auch in technischen Verbänden, ist deren körperliche<br />
Leistungsfähigkeit. Besonders beim Einsatz im hochalpinen Gelände<br />
trat diese Tatsache zu Tage.<br />
Neue Bedrohungsszenarien wie zum Beispiel die ständig wachsende Terrorbedrohung<br />
aus der Luft bei Anlässen wie der EU-Außenministerkonferenz<br />
oder dem Besuch des US-Präsidenten 2006, die Abwehr von Terroranschlägen<br />
aus der Luft oder der Fliegerabwehrschutz von Einheiten im Ausland<br />
verlangen eine Anpassung der Gefechtstechniken bei der Fliegerabwehr. Die<br />
84
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr<br />
grenzüberschreitende Zusammenarbeit in dieser Waffengattung wird dies<br />
wesentlich erleichtern. Das ÖBH hat in den letzten Jahren die internationale<br />
Zusammenarbeit in der Ausbildung aller Waffengattungen immer mehr forciert,<br />
wobei die Fliegerabwehrtruppe diesbezüglich sicher eine sehr wichtige<br />
Rolle spielte und auch hinkünftig spielen wird.<br />
85