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M2 Schwingungen - Physikalisches Institut Heidelberg

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<strong>M2</strong>. Mechanische <strong>Schwingungen</strong> I: mathematisch, physikalisch, gedämpft<br />

Zu behandelnde Begriffe: harmonische <strong>Schwingungen</strong>, Frequenz, Periodendauer, Rückstellkraft, mechanische<br />

Energieformen, Energieerhaltung, Trägheitsmoment, Drehmoment, Drehimpuls, Drehimpulserhaltung, Steinerscher<br />

Satz, Schwingungsgleichungen (frei und gedämpft) und deren Lösungen, Überschreiten der Gültigkeitsgr<br />

enzen für harmonischer <strong>Schwingungen</strong>,<br />

I Verständnisfragen zur Vorbereitung<br />

1) Wie definiert man eine harmonische Schwingung? In welchen Grenzen kann man die<br />

Schwingung eines Fadenpendels als harmonisch ansehen?<br />

2) Wann spricht man von einem physikalischen im Gegensatz zu einem mathematischen Pendel?<br />

3) Stellen sie die Differentialgleichung des ungedämpften physikalischen Pendels auf (Winkelvariable<br />

φ(t)) für beliebige Auslenkwinkel φ. Machen sie dann eine Näherung für kleine<br />

Auslenkungen und geben sie die allgemeine Lösung für diesen Fall an. Vergleichen Sie diese<br />

Differentialgleichung mit der eines mathematischen Pendels mit Masse m.<br />

4) Erläutern Sie die Aussage des Steinerschen Satzes. Berechnen sie das Trägheitsmoment<br />

einer homogenen Kreisscheibe mit Masse M und Radius R, die an einer Achse aufgehängt ist,<br />

die den Abstand d zum Scherpunkt hat und senkrecht auf der Kreisscheibe steht.<br />

II Messungen<br />

II.1 Bestimmung der Erdbeschleunigung mit einem Fadenpendel.<br />

Bauen Sie ein einfaches Fadenpendel auf, indem Sie einen Pendelkörper an einem Faden befestigen<br />

und das Ganze an einem mit einer Hakenmuffe versehenen Stativ aufhängen. Messen<br />

Sie mit einer Stoppuhr die Periodendauer für „kleine Amplituden und der Annahme, dass die<br />

Masse eine Punktmasse ist“ und ermitteln Sie die Erdbeschleunigung g. Berechnen sie hierzu<br />

die Schwingungsdauer des Fadenpendels, lösen sie nach g auf und überlegen sie, welche<br />

Grössen sie messen müssen.<br />

Tipp: Um den Fehler der Zeitmessung mit der Stoppuhr gering zu halten, sollte man den Mittelwert<br />

der Schwingungsdauer über mehrere Schwingungsperioden (z.B. 10 Perioden) mitteln.<br />

(Das gilt selbstverständlich auch für die weiteren Versuche!) Machen sie eine kleine<br />

Messreihe und bestimmen sie daraus den Messfehler für T ab. Schätzen sie den Fehler von für<br />

die Messung der Pendellänge l ab! An welcher Stelle des Pendels endet l eigentlich?<br />

Geben sie den Wert von g mit Fehler an (Fehlerfortpflanzung!).<br />

II.2 Schwingende Flüssigkeit im U-Rohr (qualitativ)<br />

Untersuchen Sie die <strong>Schwingungen</strong> einer Flüssigkeit (Wasser) in einem U-Rohr nach eigenen<br />

Zielvorgaben. Warum schwingt die Wassersäule. Um welche Art von Schwingung handelt es<br />

sich? Interessant ist es, sich zu überlegen, welchen Wert die Richtgröße D für ein U-Rohr-<br />

Pendel hat. Mit der Kenntnis von D könnte man für die Periodendauer die bekannte Gleichung<br />

T 2<br />

heranziehen.<br />

m<br />

D<br />

1


II.3 Ungedämpftes physikalisches Pendel<br />

Hinweis: Da für den Versuchsteil II.5 (gedämpfte <strong>Schwingungen</strong>) nur zwei Oszilloskope zur<br />

Verfügung stehen, sollten zwei Praktikumsgruppen gleich mit den gedämpften <strong>Schwingungen</strong><br />

beginnen und die ungedämpften Pendelschwingungen des physikalischen Pendels erst anschließend<br />

untersuchen.<br />

Terme für die benötigten Trägheitsmomente I<br />

Homogener Stab (bezogen auf eine Achse<br />

senkrecht zum Stab durch den Stabmittelpunkt)<br />

Homogene Kreisscheibe (bezogen auf die Achse<br />

der Rotationssymmetrie, entspricht dem<br />

Vollzylinder)<br />

1 2<br />

ml<br />

12<br />

Die in den folgenden Versuchen verwendeten Pendelkörper besitzen zum Teil eine recht große<br />

Masse. Um die Messergebnisse nicht zu verfälschen ist es daher notwendig, die Stativkonstruktion<br />

sehr stabil auszuführen, so dass die Aufhängung selbst möglichst nicht in <strong>Schwingungen</strong><br />

gerät.<br />

i) Die Schwingungsdauer eines an einem Ende aufgehängten Stabes soll zunächst für<br />

kleine und anschließend für größere Amplituden untersucht werden. Bestimmen<br />

Sie mit einer Stoppuhr die Periodendauer der Schwingung eines homogenen Stabes<br />

bei kleinen Amplituden (Winkelamplitude kleiner als 5°). Vergleichen Sie das<br />

I<br />

Ergebnis mit dem nach T 2<br />

errechneten Wert, wobei sich sie das Trägheitsmoment<br />

bezüglich der Achse am Ende des Stabes mit dem Steinerschen Satz<br />

D<br />

berechnen können und D das Drehmoment ist, das auf den Stab wirkt.<br />

m<br />

r<br />

2<br />

2<br />

ii)<br />

Führen Sie hier exemplarisch eine ausführliche Fehlerrechnung durch und prüfen<br />

Sie, ob die Abweichung im Rahmen der Fehlergrenzen liegt!<br />

Mit demselben Pendel kann anschließend die Abhängigkeit der Periodendauer von der<br />

Amplitude untersucht werden. Prüfen Sie an einigen Beispielen, wie sich die Periodendauer<br />

bei Steigerung der Amplitude verhält – auch Winkelamplituden über 90° sind beim physikalischen<br />

Pendel möglich! Zeichnen sie im Laborbuch ein Diagramm T gegen Auslenkwinkel φ 0 .<br />

Was ist demnach der wesentlicheUnterschied zwischen einem harmonischen Pendel und diesem<br />

Pendel ? Haben sie eine anschauliche Erklärung?<br />

II.4 <strong>Physikalisches</strong> Pendel: Scheibe<br />

Die Bestimmung der Periodendauer wird nun zur Ermittlung eines Hauptträgheitsmoments<br />

eines Körpers genutzt. Zunächst wird die Periodendauer (Stoppuhr) einer exzentrisch<br />

aufgehängten kreisförmigen Platte gemessen. Dabei können unterschiedliche Drehachsen ge-<br />

2


wählt werden (siehe Photo), deren Abstand des Aufhängepunktes vom Mittelpunkt der Kreisscheibe<br />

im Folgenden mit l bezeichnet wird.<br />

Aus der gemessenen Periodendauer wird nach T<br />

Il<br />

2 mit das Trägheitsmoment I l<br />

be-<br />

D<br />

züglich der exzentrischen Achse berechnet. Nach dem Steinerschen Satz lässt sich dann das<br />

Hauptträgheitsmoment für die senkrecht zur Kreisscheibe stehende Drehachse ermitteln:<br />

2<br />

1 2<br />

I I l<br />

ml . Das Ergebnis soll anschließend mit dem errechneten Wert nach I mr verglichen<br />

werden. Bei welcher Aufhängung erwarten sie die genaueste Messung? Begründung?<br />

2<br />

Zur Auswertung brauchen sie u.a. die Masse der Scheibe . Dazu steht eine passende Waage<br />

zur Verfügung.<br />

II.5 Gedämpfte <strong>Schwingungen</strong> eines physikalischen Pendels<br />

Hinweis: Da für diesen Versuchsteil nur zwei Oszilloskope zur Verfügung stehen, sollten zwei<br />

Praktikumsgruppen gleich mit den gedämpften <strong>Schwingungen</strong> beginnen und die ungedämpften<br />

Pendelschwingungen des physikalischen Pendels erst anschließend untersuchen.<br />

In diesem Versuch soll der Amplitudenverlauf einer gedämpften Schwingung über die Zeit<br />

untersucht werden. Zur Dämpfung wird hier an einem physikalischen Pendel (rechteckige<br />

Aluminiumplatte) eine Wirbelstrombremse durch Installation eines starken Permanentmagneten<br />

(das Photo zeigt alternativ einen Elektromagneten) realisiert. Auf diese Weise kann man<br />

3


eine Dämpfungskraft erzielen, die proportional zur Geschwindigkeit des Pendelschwingers<br />

ist.<br />

Zur Aufnahme des zeitlichen Verlaufs der Schwingungsbewegung dient ein Hall-Sensor, der<br />

für kleine Ausschläge ein zum Auslenkungswinkel proportionales Spannungssignal liefert.<br />

(Mit dem Pendel bewegt sich ein Paar von Permanentmagneten auf einem Kreisbogen um ein<br />

Hallplättchen. In der Ruhelage ist das Magnetfeld gerade parallel zum Hallplättchen ausgerichtet.<br />

Die für die Höhe der Hallspannung verantwortliche Flussdichte senkrecht zum Hallplättchen<br />

ist damit proportional zum Sinus des Auslenkungswinkels des Pendels.)<br />

Achten Sie darauf, dass das Pendel mit den Spitzen gerade an den symmetrisch zum Hallsender<br />

eingravierten Markierungen (links im Photo) gelagert wird.<br />

Mit einem Speicheroszilloskop wird der Schwingungsvorgang über einige Minuten aufgezeichnet.<br />

Untersuchen Sie das Abklingen der Amplitude, indem Sie sie logarithmisch über die Zeit auftragen.<br />

Vergleichen Sie das Ergebnis mit Ihren Erwartungen! Beswtimmen sie Dämpfungskonstante<br />

des Pendels.<br />

III Technische Anwendungen von Pendeln zur Diskussion<br />

1) Präzisions-Pendeluhren<br />

Ein Problem von einfachen Pendeluhren liegt darin, dass ihr Gang stark von klimatischen<br />

Bedingungen wie dem Luftdruck und der Temperatur abhängt. Präzisions-Pendeluhren, die<br />

vor allem für den Einsatz in Laboren bestimmt waren, wurden mit verschiedenen technischen<br />

Hilfsmitteln ausgestattet, die die klimatischen Einflüsse kompensieren sollten.<br />

Exemplarisch wird hier eine Methode betrachtet, mit der wirksam die Temperaturabhängigkeit<br />

der Pendelfrequenz, die im wesentlichen durch die Längenänderung des Pendelstabes<br />

zustande kommt, verringert werden konnte: Der Pendelstab ist nicht massiv sondern wird als<br />

Rohr z.B. aus Stahl ausgeführt. In das Rohr wird bis zu einer bestimmten Höhe Quecksilber<br />

gefüllt.<br />

4


Stahlrohr<br />

Quecksilber<br />

Pendelkörper<br />

Erläutern Sie das Prinzip der hier vorgestellten Methode zur Verringerung der Temperaturabhängigkeit<br />

der Pendelfrequenz und diskutieren Sie ausführlich die physikalisch relevanten<br />

Materialeigenschaften, die für eine Dimensionierung eines solchen Pendels erforderlich sind.<br />

Zum Weiterdenken: Höherer Luftdruck im Uhrgehäuse bewirkt einen langsameren Gang der<br />

Pendeluhr. Ersinnen Sie einen Mechanismus, der diesen Effekt kompensieren könnte!<br />

2) Stoßdämpfer bei Autos<br />

Die Kombination aus Federung und Dämpfung an den Radaufhängungen von Autos lässt das<br />

Fahrzeug gedämpfte <strong>Schwingungen</strong> ausführen.<br />

Ein häufig von Gebrauchtwagenkäufern angewandtes Testverfahren zur ersten Überprüfung<br />

des Zustands der Stoßdämpfer eines ins Auge gefassten Fahrzeugs funktioniert so:<br />

Der Wagen wird nacheinander an jeder Ecke kräftig herunter gedrückt. Der Wagen darf nach<br />

dem Loslassen nicht mehr Nachwippen. Die Dämpfer arbeiten vermutlich noch ordnungsgemäß,<br />

wenn das Auto lediglich „ausfedert“ und nicht schaukelt.<br />

Diskutieren Sie die Aufgaben, die das System aus Federung und Dämpfung bei einem Auto<br />

erfüllen muss und bewerten Sie in diesem Zusammenhang den angesprochenen „Gebrauchtwagentest“.<br />

(Stichwort: aperiodischer Grenzfall)<br />

3) <strong>Schwingungen</strong> sind natürlich nicht auf 1-dimensionale Systeme beschränkt. Sie treten auch<br />

in 2- und 3 Dimensionen auf. Benötigt werden nur rücktreibende Kräfte. Beispile sind:<br />

Gespannte Mebranen wie z.B. in Trommeln, Tambourin, Stahlplatten, Gläser etc.<br />

Diese Systeme haben im Allgemeinen mehrere Eigenfrequenzen, die angeregt wqerden können.<br />

5


Beispiel 1: Schwingquarze<br />

Dies sind präzise geschnittenene Quarzkristalle, die eine leicht anregbare Eigenfrequenz haben,<br />

bei welcher der Kristall z.B. sich mit sehr gut definierter Frequenz und kleiner Dämpfung<br />

verformt. Dies wird in Quarzuhren, el. Sendern, Empfängern etc zur Stabilisierung de<br />

Frequenz genutzt. Typische Frequenzen zind MHz.<br />

Abb.: Schwingquarz für 4 MHz<br />

Schwingende Quarzplatte (Animation)<br />

Beispiel 2: Stahlplatten einer bestimmten Geometrie zeigen diskrete Eigenfrequenzen, zu<br />

denen sie angeregt werden können, wobei diese jeweils einem charakteristischen transversalen<br />

Verformungsmuster entsprechen. Dies lässt sich leicht demonstrieren, indem man Sand<br />

auf die schwingende Platte streut. Dieser sammelt sich dann an den Knotenlinien, die Auslenkung<br />

Null entsprechen und die sogenannt Chladni’schen Figuren ergeben.<br />

Erzeugung von Chladnischen Klangfiguren: Qualitative Experimente<br />

Auch auf einem zweidimensionalen Wellenträger lassen sich Resonanzphänomene und stehende<br />

Wellen beobachten. Streuen Sie etwas Sand auf eine Klangplatte und bringen Sie dicht<br />

darunter einen Lautsprecher an, der durch einen Sinusgenerator versorgt wird. Wirkungsvoll<br />

kann es auch sein, die Lautsprechermembran in direkten Kontakt zur Klangplatte zu bringen<br />

(siehe Photo).<br />

Erzeugen Sie durch Variation der Frequenz eine Vielfalt unterschiedliche Sandmuster. Überlegen<br />

Sie, wie die Muster zustande kommen.<br />

6


Abbildung aus einer Veröffentlichung<br />

von Ernst F. F. Chladni (1756 – 1827)<br />

der grundlegende Untersuchungen zu<br />

akustischen Phänomenen machte.<br />

(Chladni war Jurist)<br />

Beispiel einer Chladni’schen Figur auf einer<br />

rechteckigen Metallplatte<br />

7

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