gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />
Situation<br />
Seite 46<br />
Konkurrenzkapitalisten“, die eher neoliberale<br />
Wirtschaftspositionen vertreten und<br />
weniger geneigt sind, sich für die sozialen<br />
Konsequenzen konkurrenzkapitalistischer<br />
Gewinnmaximierungsstrategien verantwortlich<br />
zu fühlen.<br />
Die Ost-West-Differenz ist der dominierende<br />
Faktor für die Variation der gesellschaftspolitischen<br />
Orientierungen. Westdeutsche<br />
Unternehmensleiter sind ungefähr zu zwei<br />
Dritteln „soziale Marktwirtschaftler“, während<br />
ostdeutsche mehrheitlich als „Konkurrenzkapitalisten“<br />
klassifiziert werden<br />
(Tabelle 19). Die regionale Herkunft besitzt<br />
durchgehend einen starken Einfluss auf die<br />
Meinungsmuster, wobei der relativ große<br />
Anteil ostdeutscher Konkurrenzkapitalisten<br />
zum Teil mit den geringeren Einkommen in<br />
Ostdeutschland erklärt werden kann (Martens<br />
2007). Unterschiedliche Befragungen<br />
im Zeitraum 2002-2010 verdeutlichen, dass<br />
insbesondere bei den Ostdeutschen der Anteil<br />
der sozialen Marktwirtschaftler angestiegen<br />
und dementsprechend der Prozentsatz der<br />
Konkurrenzkapitalisten kleiner geworden ist.<br />
Welche Unterschiede bestehen nun zwischen<br />
den Meinungsbildern von Führungskräften<br />
der Wirtschaft und der Bevölkerung? Im<br />
Ost-West-Vergleich zeigen sich die größten<br />
Gegensätze innerhalb der deutschen Bevölkerung<br />
bei Bewertungen der Einflussnahme<br />
des Staates auf die Wirtschaft.<br />
Dies entspricht der gesellschaftliche<br />
„Hauptkonfliktlinie“ soziale Gerechtigkeit<br />
vs. Marktfreiheit, die<br />
üblicherweise bei allgemeinen Bevölkerungsbefragungen<br />
abgebildet wird. Der Wunsch<br />
nach sozialer Gerechtigkeit und Absicherung,<br />
die beide durch den Staat sichergestellt werden<br />
sollen, ist bis in gehobene soziale Schichten in<br />
Deutschland weit verbreitet (Neugebauer 2007:<br />
58ff.). Dementsprechend befürwortete etwa<br />
die Hälfte der ostdeutschen Bevölkerung in<br />
einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung<br />
des Sonderforschungsbereichs im Jahre 2009<br />
eine wirtschaftlich aktive Rolle des Staates,<br />
die sogar Maßnahmen zur Umverteilung<br />
von Reichtum einschließt. Die Bevölkerung<br />
in Westdeutschland ist in diesen Fragen mit<br />
Zustimmungsraten von etwa einem Drittel zurückhaltender.<br />
Doch auch hier besteht immer<br />
eine große Abweichung zu den Auffassungen<br />
der wirtschaftlichen Führungskräfte, die sich<br />
zum überwiegenden Teil gegen jegliche staatliche<br />
Einflussnahme aussprechen (Abbildung<br />
31). Diese Differenzen entlang der gesellschaftlichen<br />
Hauptkonfliktlinie entsprechen<br />
der Beobachtung von Hartmann (2007: 157),<br />
der von einem Elitenkonsens in Deutschland<br />
hinsichtlich wirtschafts- und gesellschaftspolitischer<br />
Fragen ausgeht. Die Eliten seien<br />
sich bei der Steuer-, Arbeitsmarkt- und<br />
Rentenpolitik relativ einig, während es in<br />
Bezug auf moralische Gesichtspunkte größere<br />
Unterschiede gäbe.<br />
In den Ost-West-Unterschieden zwischen den<br />
Unternehmensleitern spiegelt sich das Ost-<br />
West-Verhältnis der Bevölkerungsantworten<br />
wider. So sind die Geschäftsführer mehrheitlich<br />
gegen Umverteilung, doch die Ablehnung<br />
der ostdeutschen Führungskräfte fällt schwächer<br />
aus als die der westdeutschen, womit sie<br />
in der Tendenz dem Ost-West-Unterschied<br />
in der Bevölkerung entsprechen. Ähnliche<br />
Antwortmuster sind auch bei den Fragen zu<br />
beobachten, ob sich freies Unternehmertum<br />
und soziale Gerechtigkeit ausschließen oder ob