gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />
Situation<br />
Seite 40<br />
ein richtiger Beruf ist, wird von einem Großteil<br />
der Bundestagsabgeordneten bejaht. Die<br />
Zustimmung schwankt zwischen 77 und 88<br />
Prozent und differiert dabei nicht systematisch<br />
zwischen ost- oder westdeutschen Parlamentariern.<br />
Die Ähnlichkeit beider Landesteile<br />
zeigt sich noch deutlicher bei den Abgeordneten<br />
in den Landesparlamenten. Hier sind<br />
stets mehr als 80 Prozent der Parlamentarier<br />
der Meinung, dass Abgeordneter zu sein ein<br />
richtiger Beruf ist (Abbildung 13). Diese Einschätzung<br />
wird bestätigt von der Haltung der<br />
Parlamentarier zu einer beruflichen Tätigkeit<br />
parallel zum Mandat. Ein Großteil der ostdeutschen<br />
Bundestagsabgeordneten lehnt dies<br />
ab (80-85 Prozent), der Anteil der Befürworter<br />
ist unter ihren westdeutschen Kollegen größer<br />
(23-32 Prozent). Jedoch haben sich diese<br />
Zahlen in den letzten Jahren aufeinander zu<br />
bewegt. So nahm der Prozentsatz ostdeutscher<br />
Befürworter zu, während der westdeutscher<br />
sogar sehr stark sank. Der Unterschied beträgt<br />
2010 nur noch 3 Prozentpunkte. Die relative<br />
Häufigkeit derjenigen unter den ostdeutschen<br />
Landesparlamentariern, die davon ausgehen,<br />
dass Abgeordneter kein Beruf ist, sank zwischen<br />
2003 und 2010 von 38 auf 32 Prozent.<br />
Stärker war die Dynamik in den Parlamenten<br />
der alten Bundesländer: Hier nahm die Anzahl<br />
der Befürworter von 52 auf 42 Prozent ab<br />
(Abbildung 14).<br />
Die Zahl der Abgeordneten, die vor<br />
dem Mandat bereits in einem politiknahen<br />
Beruf arbeiteten, hat seit 1990<br />
sowohl in Ost- und Westdeutschland<br />
zugenommen (Abbildung 15). Dazu<br />
zählen Berufe, die im weiteren politischen<br />
Umfeld angesiedelt sind, wie z.B. politische<br />
Referenten oder Gewerkschaftsfunktionäre.<br />
Offenbar fand dabei in Ostdeutschland eine<br />
Art nachholende Professionalisierung der Karrieren<br />
politischer Repräsentationseliten statt,<br />
die sich in einem rasanten Anstieg von Personen<br />
niederschlägt, die vor ihrem Mandat in<br />
einem politiknahen Bereich tätig waren. Dies<br />
trifft für den Bundestag stärker zu als für die<br />
ostdeutschen Landesparlamente. Im Jahre 2000<br />
waren unter den ostdeutschen Abgeordneten<br />
anteilig mehr Berufspolitiker als unter ihren<br />
westdeutschen Kollegen. Dies hat sich seitdem<br />
nicht geändert, wenngleich die Dynamik etwas<br />
abgenommen hat. Trotz der unterschiedlichen<br />
Stärke dieser Entwicklung ist die Richtung bei<br />
ost- und westdeutschen Parlamentariern die<br />
gleiche: Tatsächlich sind in den Parlamenten<br />
zunehmend mehr Personen zu finden, die vor<br />
ihrem ersten Mandat in einem politiknahen<br />
Bereich arbeiteten. Dies ist ein Beleg für den<br />
Trend zur Verberuflichung der Politik.<br />
Das Empfinden der Abgeordneten als Teil einer<br />
gemeinsamen politischen Klasse differiert<br />
insofern zwischen Ost und West, als dass die<br />
Abgeordneten der LINKEN hier eine deutlich<br />
unterdurchschnittliche Zustimmung aufweisen.<br />
Auffällig ist die Ähnlichkeit zwischen den<br />
Parlamentariern in den ost- und westdeutschen<br />
Landesparlamenten. Auch wenn die Werte<br />
für die Bundestagsabgeordneten auseinander<br />
liegen, haben sie sich in ihrer Entwicklungsrichtung<br />
seit 2007 angepasst – wenngleich auf<br />
unterschiedlichem Niveau. Zumindest in den<br />
ostdeutschen Landesparlamenten nähert sich<br />
DIE LINKE der Zustimmungsrate der anderen<br />
Parteien an; mittlerweile empfindet die<br />
Mehrheit ihrer Mandatsträger ein Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
auch über Fraktionsgrenzen<br />
hinweg (Abbildung 16).