gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />
Situation<br />
Seite 38<br />
allerdings weiterhin auf beiden Ebenen rund<br />
zwei Jahre unter dem westdeutschen Durchschnittsalter.<br />
Dies deutet auf eine dauerhaft<br />
kürzere Anwartschaft für ein Parlamentsmandat<br />
in Ostdeutschland hin, allerdings ist<br />
der Unterschied nicht so dramatisch, dass von<br />
vollständig unterschiedlichen Generationen<br />
und Erfahrungszusammenhängen gesprochen<br />
werden kann.<br />
Der bereits in der POTSDAMER ELITE-<br />
STUDIE von 1995 festgestellte hohe Bildungsgrad<br />
der Eliten in beiden Landesteilen<br />
bestätigt sich auch für die Repräsentationseliten,<br />
wenn man den Anteil an Fach- und<br />
Hochschulabsolventen betrachtet (Abbildung<br />
10). Die Repräsentationseliten in beiden Landesteilen<br />
besitzen also mehrheitlich ein hohes<br />
Niveau an akademischer Ausbildung, haben<br />
ähnliche Ausbildungswege durchlaufen und<br />
damit vergleichbare analytische Problemlösungskompetenzen<br />
erworben, die eine Integration<br />
und Zusammenarbeit erleichtern.<br />
Kurz nach der Wiedervereinigung konstatierte<br />
die POTSDAMER ELITESTUDIE<br />
als einen gewichtigen Unterschied zwischen<br />
ost- und westdeutscher Elite eine Dominanz<br />
der naturwissenschaftlich-technischen Intelligenz<br />
innerhalb der ostdeutschen Elite. An<br />
der Entwicklung der seit 1990 rekrutierten<br />
Abgeordneten lässt sich zeigen, dass dieser<br />
Sachverhalt eine Übergangserscheinung<br />
darstellte und der Situation<br />
des Umbruchs geschuldet ist, in der<br />
sich Inhaber naturwissenschaftlichtechnischer<br />
Abschlüsse aufgrund<br />
der Ideologieferne ihrer Studienrichtungen<br />
am glaubwürdigsten vom ehemaligen DDR-<br />
Regime distanzieren konnten.<br />
Unter den Mitgliedern der Repräsentationselite,<br />
die über einen Fach- bzw. Hochschulabschluss<br />
verfügen, sank der Anteil an naturwissenschaftlich-technischen<br />
Abschlüssen von ca. 60<br />
Prozent 1990 auf rund ein Drittel um das Jahr<br />
2010 (Tabelle 13). Im gleichen Zeitraum stieg<br />
die relative Häufigkeit von Juristen von 5 auf<br />
14,7 Prozent. Die entsprechenden Zahlen für<br />
wirtschaftswissenschaftliche Abschlüsse betragen<br />
acht und 12 Prozent sowie für geistes- bzw.<br />
sozialwissenschaftliche Abschlüsse 21,6 und<br />
35,6 Prozent. Die Verteilung der Abschlüsse<br />
in Westdeutschland ist dagegen in dem betrachteten<br />
Zeitraum vergleichsweise stabil<br />
geblieben. Die neuen ostdeutschen Eliten haben<br />
also zunehmend dieselben Abschlüsse wie<br />
ihre Kollegen aus Westdeutschland erworben,<br />
die Vorteile auf dem Weg durch die institutionellen<br />
Strukturen hin zu Elitepositionen<br />
versprechen. Zwar wirkt hier dieselbe institutionelle<br />
Struktur in der Tendenz angleichend, es<br />
bestehen indes Unterschiede fort, die sich aus<br />
der Geschichte der DDR und der Situation<br />
des Umbruchs herleiten. So rekrutiert sich die<br />
ostdeutsche Repräsentationselite auch noch<br />
20 Jahre nach der Wiedervereinigung häufiger<br />
aus der technischen Intelligenz und seltener<br />
aus den Wirtschaftswissenschaften bzw. der<br />
Jurisprudenz, während der Anteil an Geistesund<br />
Sozialwissenschaftlern keinen Ost-West-<br />
Unterschied mehr erkennen lässt.<br />
Zwar kann diese leicht divergierende akademische<br />
Ausbildung, die ja außerdem in<br />
unterschiedlichen Berufsverläufen resultiert,<br />
gegensätzliche Problemwahrnehmungen und<br />
Problemlösungsstrategien hervorrufen. Allerdings<br />
kann ein gemeinsam gegangener Weg<br />
durch – wenn auch räumlich getrennte – so<br />
doch strukturell ähnliche Organisationen und