gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Demzufolge sind die Befürchtungen aus den<br />
1990er Jahren, dass die ökonomische Transformation<br />
in Ostdeutschland zu einer Kolonialisierung<br />
des ostdeutschen Managements führen<br />
werde, mit der vermuteten Schärfe nicht eingetreten.<br />
In den privatisierten und vorwiegend<br />
größeren Unternehmen kam es zwar zu einer<br />
Elitenzirkulation mit der Folge, dass die ehemaligen<br />
Wirtschaftskader nicht Eigentümer<br />
wurden. Bei den neugegründeten Firmen lässt<br />
sich dagegen eine Elitenreproduktion beobachten,<br />
in deren Verlauf einstige Führungskräfte zu<br />
Unternehmer-Eigentümer wurden. Allgemein<br />
gilt jedoch bis heute: Je größer ein ostdeutsches<br />
Unternehmen ist, desto eher hat es westdeutsche<br />
oder ausländische Kapitaleigner (Gergs/<br />
Pohlmann 1999: 228).<br />
Die skizzierten Veränderungen der DDR-<br />
Wirtschaft, die Abwicklung der Kombinate<br />
und die damit verbundene Deindustrialisierung,<br />
führten auch auf der Ebene der Wirtschaftskader<br />
zu tief greifenden Veränderungen.<br />
Insbesondere ältere Führungskräfte wurden<br />
in den Vorruhestand geschickt. Eine im Jahre<br />
2000 durchgeführte Studie zum Verbleib ehemaliger<br />
Kombinatseliten, d.h. von Personen,<br />
die an führender Stelle in DDR-Kombinaten<br />
gearbeitet hatten, verdeutlicht, dass die ökonomische<br />
Transformation einen Bruch in den Lebensplanungen<br />
und in den Karrieren darstellte<br />
(Schreiber u.a. 2002). Doch lang andauernde<br />
soziale Abstiege waren eher selten. Die meisten<br />
Wirtschaftskader fanden nach der Wende<br />
Stellen, auf denen sie ihre Fachkenntnisse<br />
wieder einbringen konnten und dies fast in der<br />
Hälfte der Fälle sogar auf der ersten oder zweiten<br />
Führungsebene von Unternehmen (Tabelle<br />
9 und Tabelle 10).<br />
Es erweist sich, dass die Ausfaller- und die<br />
Aussteigerquoten (also der Anteil von Wirtschaftskadern,<br />
deren berufliches Schicksal<br />
nach 1990 hauptsächlich durch Arbeitslosigkeit<br />
gekennzeichnet war oder die Rentner<br />
wurden) von dem Ressort abhängig war, das<br />
die Personen in der DDR-Wirtschaft geleitet<br />
hatten. Besonders niedrige Quoten wiesen<br />
techniknahe Sektoren oder der Forschungsund<br />
Entwicklungsbereich auf (Tabelle 11).<br />
Doch auch Generaldirektoren und deren<br />
Stellvertreter konnten in den meisten Fällen<br />
weiterhin in der transformierten Wirtschaft<br />
Ostdeutschlands arbeiten.<br />
In einem schon erstaunlichen Maße waren die<br />
ehemaligen Wirtschaftskader auch nach der<br />
Wende erfolgreich. Im Rahmen der erwähnten<br />
Verbleibsstudie wurden sie aufgefordert, eine<br />
persönliche Bilanz zu ziehen: 86 Prozent<br />
sahen sich als Gewinner der Wende und nur<br />
36 Prozent als Verlierer. Aus der Addition<br />
der beiden Prozentzahlen – die eben mehr als<br />
100 Prozent ergibt – kann geschlossen werden,<br />
dass es eine ganze Reihe von Personen<br />
gibt, „deren Bilanz sowohl positive als auch<br />
negative Aspekte umfasst, die sich nicht zu<br />
einem Gesamturteil zusammenfassen lassen“<br />
(Schreiber u.a. 2002: 151).<br />
Seite 27<br />
ELEGENHEITSFENSTER N FANGDER ERAHREUMOST DEUTSCHER NTERNEHMENSGRÜN URZES<br />
DERZUWERDEN<br />
In der Unternehmensleiter-Befragung<br />
des <strong>SFB</strong> <strong>580</strong> wurden 2002 auch berufliche<br />
Verläufe erfasst. Die Umbrüche in der<br />
DDR-Wirtschaft spiegeln sich in einer Viel-