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gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena

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Die Situation in Politik und<br />

Wirtschaft gegen Ende der DDR<br />

Seite 20<br />

den höchsten Leitungsebenen der Kombinate<br />

waren beinahe ebenso groß (Tabelle 6), sodass<br />

man davon ausgehen muss, dass mit der Höhe<br />

der Hierarchieebene in den Kombinaten auch<br />

die Quote nicht-technischer Qualifikationen<br />

anstieg.<br />

Von den Wirtschaftseliten wurde eine prinzipielle<br />

Loyalität gegenüber dem Staat erwartet.<br />

Zwar hatten die Wirtschaftskader durchaus<br />

gewisse Gestaltungsmöglichkeiten in ihrer<br />

Arbeit, doch zugleich waren sie stark in<br />

hierarchische und bürokratische Strukturen<br />

eingebunden. Hinzukamen nicht lösbare Widersprüche,<br />

die der Leitungstätigkeit inhärent<br />

waren: eine hohe Verantwortung für die<br />

Planerfüllung, die allerdings nur durch systematisches<br />

Unterlaufen der Pläne und ein improvisierendes<br />

Chaos-Management möglich<br />

war. Diese nicht lösbare Widersprüchlichkeit<br />

untergrub die Autorität als sozialistisches<br />

Vorbild, die die Wirtschaftskader sein sollten.<br />

Die Personalführung war oftmals aber gerade<br />

nur durch „Beziehungsarbeit“ gegenüber den<br />

Belegschaften möglich, weil Sanktionsmöglichkeiten<br />

fehlten und auch der Konsens<br />

mit Partei- und Gewerkschaftsgliederungen<br />

notwendig war. Unter diesen Gegebenheiten<br />

bestand die dokumentierte Loyalität ab einer<br />

bestimmten hierarchischen Organisationsebene<br />

in der Parteimitgliedschaft. Abteilungsleiter<br />

konnte man ohne SED-Mitgliedschaft<br />

werden, Generaldirektor eines<br />

Kombinats aber kaum. Doch die<br />

Wirtschaftskader zeichneten sich<br />

darüber hinaus durch ein hohes akademisches<br />

Qualifikationsniveau aus.<br />

Häufig verfügten die Wirtschaftseliten über<br />

technische und wirtschaftswissenschaftliche<br />

Abschlüsse.<br />

Eine Gemeinsamkeit politischer und wirtschaftlicher<br />

Eliten bestand in einer ausgeprägten<br />

Generationenlagerung in DDR.<br />

Während in der Anfangsphase gerade jüngere<br />

Generationen gute Aufstiegschancen besaßen,<br />

zeichnen sich die späteren Jahrzehnte durch<br />

eine kontinuierliche Verengung von Karrieremöglichkeiten<br />

nachfolgender Geburtskohorten<br />

aus. Dieser allgemeine Übereinstimmung unter<br />

Generationsaspekten steht ein entscheidender<br />

Unterschied politischer und wirtschaftlicher<br />

Eliten gegenüber: Grundsätzlich galt der Primat<br />

der Politik in der DDR, der sich seit Ende<br />

der 1970er Jahre aufgrund der verschärften<br />

wirtschaftlichen Probleme noch verstärkte.<br />

Diese Verschiebungen der Balance zwischen<br />

Elitegruppen zeigte sich beispielsweise in<br />

einer relativen „Machtferne“ verantwortlicher<br />

Wirtschaftskader; so schaffte es keiner der<br />

wirtschaftspolitischen Abteilungsleiter des<br />

Zentralkomitees – mit Ausnahme von Günter<br />

Mittag – ins Politbüro; und das Ende der DDR<br />

ging mit einer rigiden „Eingriffspolitik“ des<br />

verantwortlichen Wirtschaftssekretärs einher,<br />

dem nichts entgegengesetzt wurde. Weinert<br />

(1999: 82) schreibt in diesem Zusammenhang<br />

von „einer Selbstauflösung dieser Teilelite<br />

[von Abteilungsleitern im ZK] als politisch<br />

relevanter Führungsgruppe“. Diese Asymmetrie<br />

ist symptomatisch für die Beziehungen<br />

zwischen politischen und wirtschaftlichen<br />

Eliten in der DDR.

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