gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena
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<strong>SFB</strong> <strong>580</strong><br />
Gesellschaftliche<br />
Diskontinuität<br />
Entwicklungen<br />
Tradition<br />
nach dem Systemumbruch<br />
Strukturbildung<br />
Bernd Martens, Lars Vogel, Daniel Gerstenhauer<br />
ITTEILUNGEN 39
39 ITTEILUNG<br />
Heft 39, Juni 2012<br />
Sonderforschungsbereich <strong>580</strong><br />
Eliten in Politik und Wirtschaft im wiedervereinigten Deutschland<br />
Sprecher:<br />
Prof. Dr. Everhard Holtmann<br />
Martin-Luther-<strong>Universität</strong> Halle-Wittenberg<br />
Institut für Politikwissenschaft und Japanologie<br />
06099 Halle (Saale)<br />
Verantwortlich für dieses Heft:<br />
Bernd Martens<br />
Sonderforschungsbereich <strong>580</strong><br />
Bachstr. 18k<br />
07743 <strong>Jena</strong><br />
Tel.: +49 (0) 3641 945051<br />
Email: bernd.martens@uni-jena.de<br />
Logo:<br />
Elisabeth Blum; Peter Neitzke (Zürich)<br />
Cover & Satz: Romana Lutzack<br />
Druck:<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong><br />
ISSN: 1619-6171<br />
Diese Arbeit ist im Sonderforschungsbereich <strong>580</strong> „Gesellschaftliche<br />
Entwicklungen nach dem Systemumbruch. Diskontinuität, Tradition und Strukturbildung“<br />
entstanden und wurde auf seine Veranlassung unter Verwendung<br />
der ihm von der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellten<br />
Mittel gedruckt.<br />
Alle Rechte vorbehalten.
<strong>SFB</strong> <strong>580</strong><br />
Gesellschaftliche<br />
Entwicklungen<br />
nach dem Systemumbruch<br />
Diskontinuität<br />
Tradition<br />
Strukturbildung
Martens, Inhaltsverzeichnis<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
Kapitel<br />
1<br />
Einleitung ............8<br />
2<br />
Wer gehört zur Elite? – Eingrenzung der Untersuchungspopulation<br />
............10<br />
3<br />
Vor- und Rahmenbedingungen: Die Situation in<br />
Politik und Wirtschaft gegen Ende der DDR ...........15<br />
3.1 DDR-Eliten und potentielle Gegeneliten bis<br />
1989 ...........15<br />
3.2 Wirtschaftseliten in der DDR ...........18<br />
3.3 Der Verlauf der Transformation: Institutionentransfer<br />
und Treuhand ...........21<br />
4<br />
Die Wendezeit ...........23<br />
4.1 Verbleib und Rekrutierung der politischen Eliten<br />
in den frühen 1990er Jahren ...........23<br />
Seite 4<br />
4.1.1 Der Verbleib der oberen Dienstklasse ...........23<br />
4.1.2 Zwischen Herbst 1989 und Wiedervereinigung:<br />
Elitenabgang und partielle Neurekrutierung ...........24<br />
4.1.3 Elitenabgang nach der Wiedervereinigung ...........26
Inhaltsverzeichnis<br />
Kapitel<br />
4.2 Ostdeutsche Wirtschaftseliten in der<br />
Wendezeit ...........26<br />
4.2.1 Die Ausbildung neuer ostdeutscher Wirtschaftseliten ...........26<br />
4.2.2 Kurzes Gelegenheitsfenster Anfang der 1990er<br />
Jahre, um ostdeutscher Unternehmensgründer zu<br />
werden ...........27<br />
5<br />
Am Morgen nach der Wiedervereinigung –<br />
Entwicklungen bis Mitte der 1990er Jahre ...........29<br />
5.1 (Politische) Eliten am Morgen nach der<br />
Wiedervereinigung – Entwicklungen bis Mitte<br />
der 1990er Jahre ...........29<br />
5.2 Karrierewege ostdeutscher Wirtschaftseliten nach<br />
der Wiedervereinigung ...........32<br />
5.2.1 Kontinuitäten der Karrieren über den Systemumbruch<br />
hinweg ...........32<br />
5.2.2 Qualifikationsprofile ostdeutscher Wirtschaftseliten ...........33<br />
Seite 5
Martens, Inhaltsverzeichnis<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
Kapitel<br />
6<br />
Die aktuelle Situation – zwanzig Jahre nach dem<br />
Systemumbruch ...........35<br />
6.1 20 Jahre nach der Wiedervereinigung – Repräsentationseliten<br />
als geeinte politische Elite? ...........35<br />
6.1.1 Die ostdeutsche Repräsentationselite:<br />
Erfahrungen in der DDR und Elitenimport ...........36<br />
6.1.2 Die sozialstrukturelle und biografische<br />
Konfiguration der Repräsentationselite in<br />
Ost und West ...........37<br />
6.1.3 Einstellungsmuster der Repräsentationseliten<br />
in Ost und West ...........39<br />
6.2 Ostdeutsche Wirtschaftseliten 20 Jahre nach dem<br />
Systemumbruch ...........43<br />
6.2.1 Verzögerter Generationswechsel ...........43<br />
6.2.2 Eigentumsquoten ostdeutscher Wirtschaftseliten ...........44<br />
6.2.3 Angleichungen von Qualifikationsprofilen ...........44<br />
6.2.4 Meinungsmuster der regionalen Wirtschaftseliten ...........45<br />
6.2.5 Fazit: Wirtschaftseliten 20 Jahre nach dem<br />
Systemumbruch ...........47<br />
Seite 6<br />
7<br />
Schlussbetrachtung und Ausblick ...........48<br />
Literatur ...........51
Inhaltsverzeichnis<br />
Kapitel<br />
Tabellen ...........54<br />
Abbildungen ...........66<br />
Abkürzungen ...........84<br />
Dokumente ...........85<br />
Autoren ...........88<br />
Seite 7
INLEITUNG<br />
Einleitung<br />
1<br />
Im Jahr 2010 gab es eine Anfrage von<br />
Prof. Dr. Eun-Jeung Lee vom Institut für<br />
Koreastudien der Freien <strong>Universität</strong> Berlin<br />
an den Sonderforschungsbereich <strong>580</strong> bei<br />
einem größeren Forschungsvorhaben „20 Jahre<br />
deutsche Wiedervereinigung“ mitzuwirken.<br />
Im Auftrag des südkoreanischen Wiedervereinigungsministeriums<br />
wurde der Sachstand<br />
des Einigungsprozesses für eine Reihe von<br />
Lebensbereichen in Deutschland zusammengetragen<br />
und mit auf Korea abzielende Handlungsempfehlungen<br />
verbunden. Autoren des<br />
<strong>SFB</strong> <strong>580</strong> beteiligten sich an drei von insgesamt<br />
44 Kapiteln. U.a. bot die Mitwirkung an dem<br />
Projekt der FU Berlin den Anlass für Synopsen<br />
der Entwicklung von Eliten im Zuge der Wende<br />
von 1989/90. Dabei sollten mit den Eliten<br />
aus Politik und Wirtschaft Vertreter jener Bereiche<br />
näher betrachtet werden, denen für die<br />
Entwicklung eines Landes eine maßgebliche<br />
Bedeutung zukommt.<br />
Seite 8<br />
Durch die Forschungen der beiden <strong>SFB</strong>-<br />
Teilprojekte „Ökonomische Eliten im erweiterten<br />
Europa“ und „Delegationseliten<br />
nach dem Systemumbruch“ liegen detaillierte<br />
Informationen für zwei zentrale Elitegruppierungen<br />
vor, die fundierte Aussagen über<br />
Entwicklungen ermöglichen. Das Projektteam<br />
der FU Berlin interessierte sich für Expertisen<br />
über ökonomische und politische Eliten in<br />
Ostdeutschland von 1989 bis heute. Dementsprechend<br />
wurden von den drei Autoren des<br />
hier vorliegenden Textes ursprünglich zwei<br />
getrennte Studien über die Entwicklung der<br />
zwei Elitegruppen in Ostdeutschland seit der<br />
Wende verfasst 1 , die hier in angepasster und<br />
überarbeiteter Form präsentiert werden. Die<br />
Vergleichssynopse zweier Elitegruppen, deren<br />
gesellschaftliche Handlungskontexte Politik
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
und Wirtschaft sich hinsichtlich ihrer Funktionslogiken<br />
und der daraus entspringenden<br />
Handlungskonditionen unterscheiden, soll<br />
eine Anregung sein, die Wirkung der systembedingten<br />
Eigenlogiken auf den Verlauf des<br />
Transformationsprozesses in Ostdeutschland<br />
vergleichend zu untersuchen.<br />
Seite 9
Martens, Wer gehört Vogel, Gerstenhauer<br />
zur Elite?<br />
2<br />
ERGEHÖRTZURLITE INGRENZUNG<br />
Darstellung und Analyse der Entwicklung<br />
der politischen und wirtschaftlichen<br />
Eliten in Deutschland seit<br />
1990 sind mit besonderen Herausforderungen<br />
verbunden. Zunächst ist festzulegen, welche<br />
Personen zur Elite in Politik und Wirtschaft<br />
zu zählen sind. Die prominenteste Möglichkeit,<br />
die Mitglieder dieses Personenkreises<br />
zu identifizieren, stellt der Positionsansatz<br />
dar (pars pro toto: Kaina 2006), der auch der<br />
vorliegenden Arbeit zugrunde liegt. Für die<br />
Sphäre der Politik bedeutet das, dass diejenigen<br />
Personen zur politischen Elite zählen, die eine<br />
formal definierte Führungsfunktion innerhalb<br />
des politischen Systems innehaben, die sie<br />
in die Lage versetzt, gesamtgesellschaftlich<br />
verbindliche Entscheidungen maßgeblich und<br />
regelmäßig zu beeinflussen.<br />
DERNTERSUCHUNGSPOPULATION<br />
Seite 10<br />
Als Wirtschaftseliten bezeichnet man ausgewählte<br />
Führungskräfte im Bereich des gesellschaftlichen<br />
Teilsystems der Wirtschaft.<br />
Hierzu gehören zunächst einmal die Mitglieder<br />
der obersten Organisationsebene von<br />
Unternehmen (Geschäftsführer, Vorstände<br />
von Aktiengesellschaften, Unternehmer und<br />
Kapitaleigner), die alle aufgrund ihrer Position<br />
strategische Unternehmensentscheidungen<br />
treffen können sowie Vertreter von Unternehmens-<br />
oder Arbeitgeberverbänden. Sie<br />
werden auch als Funktionseliten angesehen, die<br />
bestimmte Leistungen für das Funktionieren<br />
des Teilsystems Wirtschaft erbringen. Da sich<br />
das Ausmaß des Einflusses, das diese Personen<br />
haben, in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens<br />
unterscheidet, ist es sinnvoll, Wirtschaftseliten<br />
aufgrund dieses Merkmals zu erfassen.<br />
Als Wirtschaftselite wird im Folgenden<br />
der Personenkreis definiert, der Unternehmen<br />
mit 50 bis zu 1.000 Beschäftigten leitet bzw. in
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
der Lage ist, strategische Entscheidungen für<br />
diese Unternehmen zu treffen. Diese Entscheidung<br />
hinsichtlich des Personenkreises ergibt<br />
sich aus den spezifischen Fragestellungen und<br />
wird weiter unter noch näher expliziert.<br />
Damit deutet sich an, dass auch nach der<br />
Vorentscheidung für den Positionselitenansatz<br />
die Analyse der Entwicklung der Eliten in der<br />
DDR und ihres Verbleibs im wiedervereinten<br />
Deutschland mit zwei speziellen Herausforderungen<br />
konfrontiert ist.<br />
Einerseits ist die Identifikation der Eliten<br />
in der DDR erschwert, da es nach offizieller<br />
Lesart in der DDR keine Eliten gab. Selbst<br />
die Mitglieder der Staatsführung bezeichneten<br />
sich selbst als Angehörige der Arbeiterklasse.<br />
Zudem stellten politische Entscheidungskriterien,<br />
allem voran SED-Parteizugehörigkeit und<br />
Parteiloyalität die – wenn auch mit Ausnahmen<br />
– entscheidenden Rekrutierungskriterien<br />
in allen gesellschaftlichen Bereichen dar, sodass<br />
auch die Inhaber der zentralen Führungspositionen<br />
in Wirtschaft, Verwaltung, Medien und<br />
Militär Teil der politischen Eliten sind.<br />
Andererseits stehen ehemalige Eliten nach ihrem<br />
Ausscheiden aus zentralen Entscheidungspositionen<br />
in vermindertem Maße im Fokus<br />
des öffentlichen Interesses – sieht man einmal<br />
von den Mitgliedern des Politbüros nach Ende<br />
der DDR ab – und die Nachverfolgung ihrer<br />
Karriereverläufe wird zudem durch die Vielzahl<br />
an potentiellen Verbleibmöglichkeiten<br />
erheblich erschwert. Die vorliegende Arbeit<br />
kombiniert daher unterschiedliche Datenquellen<br />
und Perspektiven, um ein umfassendes<br />
Bild der Elitenentwicklung nach der deutschen<br />
Wiedervereinigung zu zeichnen.<br />
Für die Analyse der Vorbedingungen, also der<br />
Struktur der DDR-Eliten und potentieller<br />
Gegeneliten, greifen wir auf Erkenntnisse der<br />
DDR-Forschung zurück. Darüber hinaus sind<br />
durch die Erschließung des Zentralen Kaderdatenspeichers<br />
des Ministerrates der DDR<br />
(ZKDS) für sozialwissenschaftliche Zwecke<br />
(Best 2007; Best/Remy 2006; Salheiser 2009)<br />
Auswertungen zu Eliten in unterschiedlichen<br />
gesellschaftlichen Bereichen der DDR möglich<br />
geworden, die detailreiche Einblicke in die<br />
DDR-Gesellschaft und deren Elitenstruktur<br />
erlauben. Für die Zeit des Systemumbruchs<br />
und nach der Wiedervereinigung lassen sich<br />
zwei prinzipielle Perspektiven einnehmen:<br />
Herkunft und Verbleib. Verbleibstudien fragen<br />
danach, was mit den alten DDR-Eliten<br />
geschehen ist und welche Rolle sie in dem<br />
neuen politischen System spielen. Ergänzend<br />
dazu beantworten Herkunftsstudien die Frage,<br />
wie sich die neuen ostdeutschen Eliten zusammensetzen,<br />
die während oder nach der Wende<br />
politische Verantwortung übernommen haben.<br />
Die Datengrundlage für die politischen<br />
Eliten basiert auf drei Studien, die in der<br />
Mitte der 1990er Jahre durchgeführt wurden<br />
und aufgrund ihrer methodischen Anlage und<br />
Fallzahl die einzigen Untersuchungen sind,<br />
die empirisch gesicherte Aussagen erlauben:<br />
die Berliner DDR-Lebensverlaufsstudie<br />
(Solga 1996), eine Untersuchung von Hans-<br />
Ullrich Derlien (Derlien 1997) und die<br />
POTSDAMER ELITESTUDIE<br />
von 1995 (Bürklin/Rebenstorf 1997).<br />
Die Reichweite der Aussagekraft<br />
dieser Analysen, denen bis heute<br />
keine weiteren, die gesamte Elite<br />
umfassenden Arbeiten gefolgt sind, ist jedoch<br />
dadurch begrenzt, dass sie nur den Zeitraum<br />
bis 1995, also gerade einmal fünf Jahre nach<br />
Seite 11
Martens, Wer gehört Vogel, Gerstenhauer<br />
zur Elite?<br />
Seite 12<br />
der Wiedervereinigung, umfassen. Dieser<br />
Zeitraum ist zu kurz, um festzustellen, ob die<br />
Merkmale der damaligen Elitenkonfiguration<br />
strukturbildend für die ost- und westdeutschen<br />
Eliten geworden sind, oder ob es sich<br />
um Übergangsphänomene handelt, die durch<br />
die Ausnahmesituation des Systemumbruchs<br />
bedingt waren. Von besonderem Interesse ist<br />
dabei die Frage, inwiefern sich die Eliten aus<br />
beiden Landesteilen aufeinander zubewegt<br />
haben, bzw. in welchem Umfang sich die<br />
ost- und westdeutschen Inhaber politischer<br />
Elitepositionen auch zwanzig Jahre nach der<br />
Wiedervereinigung noch unterscheiden (Best/<br />
Vogel 2011). Hier sind Karrierewege, sozialstrukturelle<br />
Merkmale, grundlegende politische<br />
Haltungen und Überzeugungen sowie<br />
politische Entscheidungen zu berücksichtigen<br />
(Edinger/Vogel 2005). Die politische Notwendigkeit<br />
einer integrierten Elite ergibt sich<br />
aus der Beobachtung, dass nicht integrierten<br />
Eliten der Basiskonsens über politische Verfahren<br />
fehlt. Sie stehen dadurch in Versuchung,<br />
durch die Politisierung von Unterschieden die<br />
Integration ihrer Herkunftsgruppen, die z.B.<br />
regional definiert sind, zu erschweren (Higley<br />
2006).<br />
Um festzustellen, ob sich zwei Dekaden nach<br />
der Wiedervereinigung eine integrierte gesamtdeutsche<br />
Elite herausgebildet hat, werden<br />
die Ergebnisse aus der Zeit unmittelbar nach<br />
der Wiedervereinigung anhand einer<br />
wichtigen Teilgruppe der politischen<br />
Eliten, den Repräsentationseliten,<br />
in eine längerfristige Perspektive<br />
gestellt. Die Datenbasis dafür stellt<br />
die JENAER ABGEORDNETENSTUDIE<br />
dar, die im Rahmen des Teilprojekts A3 „Delegationseliten<br />
nach dem Systemumbruch“ des<br />
Sonderforschungsbereichs <strong>580</strong> „Gesellschaftliche<br />
Entwicklungen nach dem Systemumbruch“<br />
an der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong><br />
durchgeführt wurde. Dabei handelt es sich um<br />
die größte Studie zu Repräsentationseliten, die<br />
in Deutschland bislang durchgeführt wurde.<br />
Die JENAER ABGEORDNETENSTUDIE<br />
setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen.<br />
In einer biographischen Datenbank werden<br />
Auskünfte zu grundlegenden sozialstrukturellen<br />
Merkmalen und den beruflichen und<br />
politischen Werdegängen der 6.804 Abgeordneten<br />
gesammelt, die zwischen 1990 und<br />
2010 (Stichtag 31.12.2010) ein Mandat in<br />
einem deutschen Parlament auf Bundes- oder<br />
Landesebene innehatten (Tabelle 1). Ergänzend<br />
dazu wurden in der JENAER PARLA-<br />
MENTARIERBEFRAGUNG in den Jahren<br />
2003, 2007 und 2010 grundlegende politische<br />
Einstellungen, Rollenorientierungen und<br />
Karriereabsichten von aktuellen und ehemaligen<br />
Abgeordneten in standardisierten<br />
Telefoninterviews erhoben. Der JENAER<br />
PARLAMENTARIERBEFRAGUNG gelang<br />
es dabei in jeder Befragungswelle, rund<br />
die Hälfte aller jeweils aktiven Abgeordneten<br />
für ein Interview zu gewinnen, sodass<br />
insgesamt 3.472 Interviews mit Mitgliedern<br />
der Repräsentationselite geführt wurden<br />
(Tabelle 2). In Kombination ermöglicht diese<br />
Datengrundlage die Beantwortung der Frage,<br />
ob und inwieweit man im Jahr 2010 bei der<br />
politischen Elite Deutschlands von einer<br />
integrierten gesamtdeutschen Elite sprechen<br />
kann.<br />
Die Untersuchung der wirtschaftlichen Eliten<br />
kann ebenso auf unterschiedliche Daten<br />
zurückgreifen. Neben dem oben erwähnten<br />
ZKDS wurden in den 1990er Jahren u.a. im
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Rahmen der Arbeit der Kommission für die<br />
Erforschung des sozialen und politischen Wandels<br />
in den neuen Bundesländern (KSPW),<br />
deren Projekte sich mit den Folgen der Wende<br />
beschäftigten, auch umfangreiche Untersuchungen<br />
zur Entwicklung des Managements<br />
in der DDR und in Ostdeutschland vorgelegt<br />
(Pohlmann/Schmidt 1996). Bei unserer Darstellung<br />
werden wir uns auf diese Studien,<br />
die <strong>Jena</strong>er Management-Projekte der 1990er<br />
Jahre (Gergs u.a. 1998; Gergs/Pohlmann 1999;<br />
Schmidt/Gergs/Pohlmann 2002), wie auch die<br />
Chemnitzer Verbleibsbefragung von Kombinatseliten<br />
(Schreiber u.a. 2002) stützen.<br />
Im Gegensatz zur Situation in der DDR wird<br />
heute die Wirtschaft und insbesondere die<br />
Industrie in Ostdeutschland sehr stark durch<br />
kleinere bzw. mittelgroße Unternehmen geprägt<br />
(Tabelle 3). 2 Um eine wichtige Teilmenge<br />
dieser Unternehmen und die zugehörigen<br />
Wirtschaftseliten zu beschreiben, beziehen<br />
wir uns besonders auf den „industriellen<br />
Mittelstand“. Darunter werden eigenständige<br />
Unternehmen mit einem gewissen wirtschaftlichen<br />
Potenzial im verarbeitenden Gewerbe<br />
verstanden. Kleinbetriebe mit nur wenigen<br />
Mitarbeitern und geringem Umsatz werden<br />
ausgeschlossen.<br />
Als weitere Kennzeichen des industriellen<br />
Mittelstandes gelten die Personalunion von<br />
Unternehmensführung und Firmeneigentum<br />
in der Gestalt des Eigentümers, der das Unternehmen<br />
leitet sowie eine Familienorientierung,<br />
die sich vor allem darin zeigt, dass der Weiterbestand<br />
des Unternehmens üblicherweise<br />
als Generationswechsel innerhalb von Unternehmerfamilien<br />
angestrebt wird.<br />
In Westdeutschland hat der industrielle Mittelstand<br />
eine sehr lange Tradition, die trotz<br />
widerstreitender Tendenzen in den letzten<br />
Jahrzehnten prägend geblieben ist (Berghoff<br />
2003; Bluhm/Martens 2011). Dass dies inzwischen<br />
auch in Ostdeutschland der Fall ist,<br />
wird uns später noch beschäftigen.<br />
Um zu erfassen, wie sich die Situation nach<br />
1990 entwickelt hat, und um insbesondere<br />
auch Aussagen über frühere Wirtschaftskader<br />
der DDR im vereinigten Deutschland zu treffen,<br />
folgen wir einer weiter gefassten Definition<br />
von Wirtschaftseliten. 3 In die Betrachtung<br />
werden auch Leiter mittelständischer Unternehmen<br />
(jedoch nicht von Kleinbetrieben)<br />
eingeschlossen, gerade weil die ökonomische<br />
Transformation in Ostdeutschland einen Niedergang<br />
der industriellen Basis bewirkt und<br />
eine Wirtschaftsstruktur gefördert hat, in der<br />
kleinere und mittelgroße Unternehmen der<br />
Industrie einen hohen Stellenwert haben.<br />
Damit wird einem empirischen Positionsansatz<br />
gefolgt, um Wirtschaftseliten in der DDR<br />
und im wiedervereinigten Deutschland zu<br />
beschreiben. Soweit wir uns auf die Gegenwart<br />
und die jüngere Vergangenheit beziehen,<br />
nutzen wir hauptsächlich Befragungsdaten<br />
über Leiter und Geschäftsführer von Unternehmen<br />
des verarbeitenden Gewerbes zwischen<br />
50-1.000 Beschäftigten. Diese Daten<br />
wurden im Zeitraum 2002-2010 in<br />
drei Befragungswellen im Rahmen<br />
des Sonderforschungsbereichs <strong>580</strong><br />
in Ost- und Westdeutschland erhoben<br />
(vgl. a. Bluhm/Schmidt 2008).<br />
An allen drei Befragungswellen haben sich<br />
insgesamt 1.018 Betriebe des industriellen<br />
Mittelstandes beteiligt. Zielpersonen der<br />
Seite 13
Martens, Wer gehört Vogel, Gerstenhauer<br />
zur Elite?<br />
Interviews waren Angehörige der obersten<br />
Führungsebene der Unternehmen (Geschäftsführer,<br />
Vorstände, Unternehmer), die Angaben<br />
zu den Unternehmen machten. Zudem<br />
waren aber Schwerpunkte der Befragungen<br />
biografische Informationen (soziale Herkunft,<br />
Qualifikationen und Karriereverläufe) sowie<br />
Einstellungen und Orientierungen. Für 343<br />
Betriebe liegen Informationen in Bezug auf<br />
die Jahre 2002 und 2010 vor. Dadurch sind<br />
vergleichende Aussagen auch über Entwicklungen<br />
im Zeitverlauf möglich.<br />
Der befragte Personenkreis zeichnet sich aufgrund<br />
seiner Position als Unternehmensleiter<br />
durch einen privilegierten Zugang zu Ressourcen<br />
aus. Zudem kann er (wenigstens teilweise)<br />
über die Verteilung dieser Ressourcen mit<br />
entscheiden. Es handelt sich folglich nicht um<br />
Wirtschaftseliten auf einer nationalen Ebene,<br />
die im Fokus beispielsweise der Potsdamer<br />
Elitenstudie standen wobei alles dafür spricht,<br />
dass die in den 1990 Jahren dokumentierte<br />
Abwesenheit von Ostdeutschen bis heute in<br />
diesen sozialen Kreisen fortbesteht (Tabelle<br />
4). Wir beschäftigen uns stattdessen mit<br />
regionalen oder lokalen Wirtschaftseliten, die<br />
gerade für Ostdeutschland eine besondere<br />
Wichtigkeit besitzen.<br />
Seite 14
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
3<br />
Der Schlüssel zum Verständnis der<br />
politischen Eliten und potentieller<br />
Gegeneliten in der DDR ist in ihren<br />
geschichtlichen Anfängen zu finden. Dem<br />
Anspruch und Selbstverständnis der beteiligten<br />
Akteure nach bildete die DDR einen<br />
vollständigen Neubeginn, der neben einem<br />
LITENUNDPOTENTIELLEEGEN<br />
Austausch der Eliten zugleich die Ausdehnung<br />
der Rekrutierungsbasis für Eliten auf<br />
ELITENBIS<br />
bisher benachteiligte gesellschaftliche Gruppen<br />
beinhaltete.<br />
IE ITUATIONINOLITIKUND IRTSCHAFT GEGENNDEDER ORUNDAHMENBEDINGUNGEN<br />
Im Zuge der Entnazifizierung wurden die<br />
meisten der mit dem NS-Regime eng verbundenen<br />
Personen aus ihren Ämtern entfernt,<br />
wodurch sich die Gelegenheit bot, frei<br />
werdende Elitepositionen neu zu besetzen.<br />
Dabei rekrutierten sich insbesondere die politischen<br />
Eliten aus den politisch zuverlässigen<br />
ehemaligen KPD-Funktionären, die entweder<br />
in der Sowjetunion geschult waren und die<br />
stalinistischen Verfolgungen überlebt hatten<br />
oder in Deutschland zu den Verfolgten des<br />
NS-Regimes bzw. zum Widerstand dagegen<br />
zählten. Eine weitere wichtige Gruppe, die in<br />
die politikferneren und vereinzelt auch in die<br />
höchsten Leitungspositionen von Wirtschaft,<br />
Wissenschaft etc. kooptiert wurde, bildeten<br />
Personen, die den so genannten „unteren sozialen<br />
Schichten“ entstammten. Da<br />
auch die soziale Basis für die neue<br />
sozialistische Elite breiter werden<br />
sollte, stellte die „Arbeiterherkunft“<br />
in den Anfangsjahren der DDR einen<br />
Bonus bei der Elitenrekrutierung dar.<br />
Seite 15
Die Situation in Politik und<br />
Wirtschaft gegen Ende der DDR<br />
Seite 16<br />
Der angestrebten und auch umgesetzten Öffnung<br />
des Zugangs zu Elitepositionen wirkten<br />
jedoch zwei Faktoren als Schließungsmechanismen<br />
entgegen: der Führungsanspruch der<br />
SED und die eng damit verbundene Bedeutung<br />
der Parteiloyalität als wichtigstes Elitenselektionskriterium.<br />
Die zentralen Elitenpositionen<br />
in allen Bereichen – mit Ausnahme<br />
der Kirchen – wurden von SED-Anhängern<br />
eingenommen. Auch die Elitenauswahl selbst<br />
wurde in den Händen der politischen (SED-)<br />
Elite im engeren Sinne monopolisiert und<br />
hierarchisiert, sodass nur ein relativ kleiner<br />
Kreis von ca. 500 bis 600 Funktionsträgern zur<br />
politischen Elite der DDR im eigentlichen<br />
Sinne zu rechnen ist, wobei innerhalb dieser<br />
Gruppe der größte Einfluss den Mitgliedern<br />
des SED-Politbüros und den Ersten SED-<br />
Sekretären auf Bezirksebene zugeschrieben<br />
wird (Meyer 1991: 76ff.). Die Kombination<br />
des Machtmonopols in den Händen einer<br />
zahlenmäßig sehr kleinen politischen Elite<br />
verursachte allein durch die Fülle von zu<br />
treffenden Entscheidungen eine faktische<br />
Überlastung der politischen Elite.<br />
Trotz der Dominanz der Parteiloyalität lassen<br />
sich insgesamt drei Rekrutierungskriterien benennen,<br />
die einen Einfluss auf die Karrieren<br />
von Eliten in der DDR hatten (Salheiser 2009:<br />
42): politische Loyalität (Parteimitgliedschaft,<br />
gesellschaftliche Aktivitäten), soziale Herkunft<br />
(beispielsweise die soziale Stellung<br />
der Eltern) und Professionalität, die<br />
sich z.B. in der Gewichtung akademischer<br />
Qualifikationen niederschlug.<br />
Durch sozialwissenschaftliche Analysen des<br />
Zentralen Kaderdatenspeichers des Ministerrates<br />
der DDR (vgl. Best/Remy 2006; Salheiser<br />
2009) sind heute detaillierte Aussagen über<br />
den unterschiedlichen Stellenwert der drei Dimensionen<br />
möglich (Abbildung 1, Abbildung<br />
2 und Abbildung 3).<br />
Zwar spielten Leistungskriterien, insbesondere<br />
akademische Abschlüsse, eine wichtige Rolle<br />
bei der Entscheidung über die Besetzung<br />
oberster Leitungspositionen in der DDR-<br />
Wirtschaft, doch noch wichtiger war politische<br />
Loyalität, die durch Mitgliedschaft in der kommunistischen<br />
Partei (der SED) nachgewiesen<br />
werden musste. Demgegenüber wurde der<br />
soziale Hintergrund, etwa in der Weise, dass die<br />
Eltern zur Arbeiterschaft gehörten, im Laufe<br />
der DDR-Geschichte für die Rekrutierung der<br />
Wirtschaftselite immer unwichtiger. Stattdessen<br />
lassen sich schon für die 1970er und 1980er<br />
Jahre starke Tendenzen der sozialen Schließung<br />
und der Selbstrekrutierung der Eliten beobachten,<br />
die sich nach der Wende 1989 noch<br />
verstärken sollten.<br />
Diese soziale Schließung fand vor dem Hintergrund<br />
einer Bildungsexpansion in der DDR<br />
statt, die zu einer stetigen Vergrößerung des<br />
Anteils an Personen mit Hochschulabschlüssen,<br />
der so genannten „sozialistischen Intelligenz“,<br />
führte. Hatte die DDR nun in ihren<br />
Gründungsjahren den Anspruch tatsächlich<br />
eingelöst, die Angehörigen der unteren Schichten<br />
über den Doppelweg von Bildung und<br />
Parteiarbeit in Führungspositionen zu bringen,<br />
so blockierten genau diese Kohorten spätestens<br />
seit den 1980er Jahren die Elitepositionen in<br />
allen gesellschaftlichen Sektoren. Vor allem<br />
die fehlenden Ablösungsmechanismen und die<br />
weit verbreitete Ämterkumulation führten zu<br />
einer Überalterung der Eliten.
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Die Kombination aus hohem formalen<br />
Bildungsabschluss und Blockade der Aufstiegschancen<br />
führte zur Unzufriedenheit<br />
innerhalb der jüngeren und gut ausgebildeten<br />
Geburtskohorten. Gleichzeitig sahen sich<br />
diese Personen in der autonomen Ausübung<br />
ihrer spezifischen Fachkompetenzen, seien es<br />
Ärzte, Wissenschaftler oder Künstler, durch<br />
den allgegenwärtigen Vorbehalt und die<br />
Eingriffsmöglichkeit der politischen Eliten<br />
eingeschränkt. Der Personenkreis der „sozialistischen<br />
Intelligenz“ mit blockierten Aufstiegsmöglichkeiten<br />
in Elitepositionen bildete<br />
das Reservoir einer potentiellen Gegenelite, die<br />
sich jedoch aufgrund der bis 1989 effektiven<br />
Repressionsmechanismen nicht offen als Träger<br />
einer Systemkritik darstellte (Welzel 1997:<br />
234). Eine Ausnahme stellen die explizit oppositionellen<br />
Bürgerrechtsbewegungen dar, die im<br />
Verlauf der 1980er Jahre immer deutlicher ihre<br />
Anliegen als vornehmlich unter dem Schutz<br />
der Kirche stehende Umweltschutzgruppen<br />
öffentlich vertraten.<br />
Doch potentielle Gegeneliten fanden sich<br />
auch unter den Angehörigen der im engeren<br />
Sinne politischen „Sub-Eliten“, also der Positionsinhaber,<br />
die auf den Absprungpositionen<br />
in die eigentlichen Elitepositionen blockiert<br />
waren. Beschreiben manche Autoren deren<br />
politische Grundeinstellungen im Vergleich<br />
zur „Gründergeneration“ um Honecker als<br />
pragmatischer, so bleibt doch festzuhalten, dass<br />
sich sogar noch in der Auseinandersetzung<br />
mit der Reformpolitik Gorbatschows keine<br />
öffentlich auftretende Gegenelite formierte.<br />
Erst die massiven Flucht- und Demonstrationsbewegungen<br />
ab Sommer 1989 stärkten<br />
die jüngere Generation, wie sich zunächst in<br />
dem Rücktritt Erich Honeckers (18. Oktober<br />
1989) und kurze Zeit darauf in der Demission<br />
des gesamten Politbüros (3. Dezember 1989)<br />
zeigte. Der damit erzwungene Elitenwechsel<br />
im innersten Führungskreis brachte dann<br />
Personen in Entscheidungspositionen, deren<br />
Gestaltungsspielraum aufgrund der vorangegangenen<br />
Entwicklungen bereits deutlich<br />
geschrumpft war.<br />
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass<br />
das Reservoir politischer Gegeneliten durch<br />
die monopolistischen und ideologischen<br />
Erwägungen Priorität einräumende Kaderpolitik<br />
vor allem innerhalb der „sozialistischen<br />
Intelligenz“ zu suchen ist, deren Angehörige<br />
trotz ihres Bildungsstatus nicht in adäquate<br />
Elitepositionen aufrücken konnten. Diese blockierten<br />
Kohorten fanden sich innerhalb der<br />
SED, aber auch innerhalb der Blockparteien,<br />
in oppositionellen Bürgerrechtsbewegungen,<br />
in den unteren Leitungsfunktionen von<br />
Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur etc. Allerdings<br />
entwickelte sich dieses Potential nicht<br />
zu aktiv die alten politischen Eliten herausfordernden<br />
Gegeneliten. Diese Formierung fand<br />
erst in dem Moment statt, in dem die gesamte<br />
Basis für den Aufstieg in Elitepositionen – die<br />
DDR selbst – in Auflösung begriffen war.<br />
Eine handlungsbereite Gegenelite stand damit<br />
für die Gestaltung der Transformation in<br />
Ostdeutschland zu Beginn der Transformation<br />
nicht zur Verfügung, jedoch eine blockierte<br />
Generation, die sich allerdings bis in<br />
den Herbst 1989 hinein äußerlich<br />
systemloyal und aufstiegsorientiert<br />
verhielt.<br />
Seite 17
Die Situation in Politik und<br />
Wirtschaft gegen Ende der DDR<br />
Seite 18<br />
Die Wirtschaft der DDR zeichnete sich durch<br />
einen Primat der Politik aus, der sich als Allmachtsanspruch<br />
der SED äußerte. Dies bedeutete,<br />
dass Entscheidungen über Produkte und<br />
Produktionsprozesse durch Parteigremien und<br />
staatliche Plankommissionen gefällt wurden.<br />
Strategische Unternehmensentscheidungen<br />
wurden nicht vor Ort in den Volkseigenen<br />
IRTSCHAFTSELITENINDER<br />
Betrieben (VEB) oder den Kombinaten, sondern<br />
immer an zentraler Stelle getroffen.<br />
Die Beschäftigten in den Betrieben waren<br />
im Grunde nur planausführende Einheiten<br />
in einer bürokratischen Organisation. Wobei<br />
die Direktoren – als Wirtschaftselite – für<br />
die ordnungsgemäße Umsetzung des Plans<br />
verantwortlich waren.<br />
Damit befanden sie sich in einer „Sandwich-<br />
Position“, weil sie bei Problemen mit der<br />
Planerfüllung den übergeordneten Stellen<br />
Rechenschaft geben mussten, gleichzeitig<br />
aber kaum über Sanktionsmittel gegenüber<br />
den Beschäftigten verfügten. Es gab eine<br />
faktische Beschäftigungsgarantie, die Entlassungen<br />
als Druckmittel stark erschwerte.<br />
Auch materielle Anreize, um die Motivation<br />
seitens der „Werktätigen“ zu steigern, lagen<br />
kaum in der Verfügungsgewalt der Wirtschaftskader<br />
(Aderhold u.a. 1994).<br />
Probleme mit dem Plan waren der<br />
Normalzustand der DDR-Wirtschaft.<br />
Die Produktion konnte nur durch<br />
Improvisationen auf allen Ebenen<br />
mit Hilfe eines umfassenden „Chaos-<br />
Managements“ aufrechterhalten werden. Dabei<br />
war es notwendig, andauernd inoffiziell gegen<br />
Planvorgaben oder Vorschriften zu verstoßen,<br />
damit überhaupt produziert werden konnte.<br />
Üblich war beispielsweise Planziffern ganz<br />
bewusst zu niedrig anzusetzen, damit die<br />
Übererfüllung der Wirtschaftspläne leichter<br />
möglich wurde (Dokument 1), und es mussten<br />
vielfältige Netzwerke zu Kunden, Zulieferern,<br />
Behörden, Parteistellen und anderen Betrieben<br />
geknüpft werden, um die Probleme der<br />
Produktion, mit Hilfe von Tauschvorgängen<br />
in einer inoffiziellen „Schattenwirtschaft“,<br />
bewältigen zu können (Pohlmann/Meinerz/<br />
Gergs 1996).<br />
Die Folgen dieser Strategien beinhalteten<br />
einen strukturellen Widerspruch: die Wirtschaftskader<br />
mussten offiziell die Planziele und<br />
die Planungsmethoden verteidigen und verfolgen,<br />
zugleich wurde aber durch ihr alltägliches<br />
Handeln immer wieder deutlich, dass dies die<br />
ideologische Fassade einer im Wesentlichen<br />
chaotischen Produktion war, die nur mittels<br />
ganz anderer Gesetzmäßigkeiten aufrecht<br />
zu erhalten war. Diese Widersprüchlichkeit<br />
untergrub die Legitimation der Gesellschaftsordnung,<br />
weil Funktionseliten wie die Wirtschaftskader<br />
nicht nur ihre Aufgaben erfüllen,<br />
sondern zugleich sozialistische Vorbilder, also<br />
Werteliten, sein sollten. 4 Nach Auffassung des<br />
Soziologen Stefan Hornbostel entstand indes<br />
vor allem in der Wirtschaft ein „Kadertypus,<br />
den man als pragmatisch orientierten ‚Macher‘<br />
umschreiben könnte. Sie waren also keine<br />
[aktiv opponierenden] Gegeneliten, sondern<br />
eher eine politisch tendenziell indifferente<br />
Führungsgruppe, die auf Problemlösungen<br />
unter widrigen Umständen orientiert war und<br />
nicht selten am Rand der Legalität agierte,<br />
ohne jedoch das politische System in Frage zu<br />
stellen“ (Hornbostel 2000: 127).
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Die Wirtschaftskader hatten gewisse Gestaltungsspielräume<br />
in ihrer Arbeit (indem sie z.B.<br />
ein Informationsmonopol über den Betrieb besaßen<br />
und sie dadurch Einfluss auf Planziffern<br />
nehmen konnten). Sie waren aber als Betriebsdirektoren<br />
persönlich für die Planerfüllung<br />
verantwortlich, die ständig Improvisationen<br />
und die Mobilisierung informeller Netzwerke<br />
bei Materialbeschaffung und Anlagenreparaturen<br />
notwendig machte. Zudem konnten<br />
die Belegschaften nicht zur Kooperation gezwungen<br />
werden. Diese besaßen eine relativ<br />
große passive Stärke, die eine „Beziehungsarbeit“<br />
der Wirtschaftskader gegenüber den<br />
Belegschaften erforderte – oder auch autoritäre<br />
Führungsmethoden hervorrief, die bis heute<br />
manchem Direktor nachgesagt werden.<br />
Zur Beschreibung der betrieblichen Situation<br />
wird oft der Begriff der „Duz-Kultur“<br />
verwendet. Das Duzen von Mitarbeitern und<br />
Vorgesetzten, das in den DDR-Betrieben<br />
üblich war, drückt die besondere und auch<br />
widersprüchliche Situation den Mitarbeitern<br />
gegenüber aus, vor die sich Wirtschaftskader<br />
häufig gestellt sahen.<br />
Diesen Kompetenzen bei der Improvisation<br />
bzw. des Agierens innerhalb bürokratischer Organisationsstrukturen<br />
standen Eigenschaften<br />
gegenüber, die von den Wirtschaftskadern<br />
gerade nicht erwartet wurden, weil sie in der<br />
DDR-Wirtschaft nicht notwendig waren.<br />
Daraus resultierten Defizite an Kompetenzen,<br />
insbesondere in den Bereichen Markterschließung,<br />
konsumentennahe Produktentwicklung<br />
und Vermarktung von Innovationen. Es gab eine<br />
starke Fokussierung der leitenden Wirtschaftskader<br />
auf die jeweilige Binnenperspektive ihres<br />
Betriebes und eine fehlende Außenperspektive<br />
auf den Markt (Schmidt 2005: 236).<br />
Diese Kompetenzmängel im DDR-Management<br />
wurden nach 1989 sichtbar, als neue Fähigkeiten<br />
wichtig wurden, um ein Überleben<br />
der Betriebe in Ostdeutschland während der<br />
Wendezeit zu sichern.<br />
Traditionell war das deutsche Management<br />
schon immer stark durch Ingenieure und<br />
Techniker beeinflusst, weil technische Entwicklungsarbeit<br />
und die Sicherstellung der<br />
Produktionsprozesse seit der beginnenden Industrialisierung<br />
im 19. Jahrhundert einen hohen<br />
Stellenwert in der deutschen Wirtschaft<br />
hatten. Hingegen wurden die Vorstände der<br />
großen Aktiengesellschaften traditionell von<br />
Juristen beherrscht. Dieses „Juristenmonopol“<br />
der nationalen Wirtschaftselite hielt sich in<br />
Westdeutschland bis in die 60er/70er Jahre des<br />
20. Jahrhunderts. Seitdem wuchs der Anteil<br />
wirtschaftswissenschaftlicher Qualifikationen<br />
in den Leitungen der großen westdeutschen<br />
Konzerne kontinuierlich an (Tabelle 5; Hartmann<br />
2006: 435), was auch der Entwicklung<br />
in anderen westeuropäischen Ländern oder<br />
den USA entspricht.<br />
Im Gegensatz dazu waren in der DDR häufig<br />
Techniker und Ingenieure an führender Stelle<br />
in den Wirtschaftskombinaten tätig. Damit<br />
folgten sie der deutschen Tradition, die schon<br />
lange vor der DDR begonnen hatte.<br />
Bis 1989 war die DDR das Industrieland<br />
mit dem weltweit größten<br />
Prozentsatz von Ingenieuren an der<br />
Gesamtbeschäftigtenzahl (Gergs/<br />
Pohlmann 1999: 226). Doch die Anteile<br />
ökonomischer Qualifikationen und auch<br />
gesellschaftswissenschaftlichen Wissens auf<br />
Seite 19
Die Situation in Politik und<br />
Wirtschaft gegen Ende der DDR<br />
Seite 20<br />
den höchsten Leitungsebenen der Kombinate<br />
waren beinahe ebenso groß (Tabelle 6), sodass<br />
man davon ausgehen muss, dass mit der Höhe<br />
der Hierarchieebene in den Kombinaten auch<br />
die Quote nicht-technischer Qualifikationen<br />
anstieg.<br />
Von den Wirtschaftseliten wurde eine prinzipielle<br />
Loyalität gegenüber dem Staat erwartet.<br />
Zwar hatten die Wirtschaftskader durchaus<br />
gewisse Gestaltungsmöglichkeiten in ihrer<br />
Arbeit, doch zugleich waren sie stark in<br />
hierarchische und bürokratische Strukturen<br />
eingebunden. Hinzukamen nicht lösbare Widersprüche,<br />
die der Leitungstätigkeit inhärent<br />
waren: eine hohe Verantwortung für die<br />
Planerfüllung, die allerdings nur durch systematisches<br />
Unterlaufen der Pläne und ein improvisierendes<br />
Chaos-Management möglich<br />
war. Diese nicht lösbare Widersprüchlichkeit<br />
untergrub die Autorität als sozialistisches<br />
Vorbild, die die Wirtschaftskader sein sollten.<br />
Die Personalführung war oftmals aber gerade<br />
nur durch „Beziehungsarbeit“ gegenüber den<br />
Belegschaften möglich, weil Sanktionsmöglichkeiten<br />
fehlten und auch der Konsens<br />
mit Partei- und Gewerkschaftsgliederungen<br />
notwendig war. Unter diesen Gegebenheiten<br />
bestand die dokumentierte Loyalität ab einer<br />
bestimmten hierarchischen Organisationsebene<br />
in der Parteimitgliedschaft. Abteilungsleiter<br />
konnte man ohne SED-Mitgliedschaft<br />
werden, Generaldirektor eines<br />
Kombinats aber kaum. Doch die<br />
Wirtschaftskader zeichneten sich<br />
darüber hinaus durch ein hohes akademisches<br />
Qualifikationsniveau aus.<br />
Häufig verfügten die Wirtschaftseliten über<br />
technische und wirtschaftswissenschaftliche<br />
Abschlüsse.<br />
Eine Gemeinsamkeit politischer und wirtschaftlicher<br />
Eliten bestand in einer ausgeprägten<br />
Generationenlagerung in DDR.<br />
Während in der Anfangsphase gerade jüngere<br />
Generationen gute Aufstiegschancen besaßen,<br />
zeichnen sich die späteren Jahrzehnte durch<br />
eine kontinuierliche Verengung von Karrieremöglichkeiten<br />
nachfolgender Geburtskohorten<br />
aus. Dieser allgemeine Übereinstimmung unter<br />
Generationsaspekten steht ein entscheidender<br />
Unterschied politischer und wirtschaftlicher<br />
Eliten gegenüber: Grundsätzlich galt der Primat<br />
der Politik in der DDR, der sich seit Ende<br />
der 1970er Jahre aufgrund der verschärften<br />
wirtschaftlichen Probleme noch verstärkte.<br />
Diese Verschiebungen der Balance zwischen<br />
Elitegruppen zeigte sich beispielsweise in<br />
einer relativen „Machtferne“ verantwortlicher<br />
Wirtschaftskader; so schaffte es keiner der<br />
wirtschaftspolitischen Abteilungsleiter des<br />
Zentralkomitees – mit Ausnahme von Günter<br />
Mittag – ins Politbüro; und das Ende der DDR<br />
ging mit einer rigiden „Eingriffspolitik“ des<br />
verantwortlichen Wirtschaftssekretärs einher,<br />
dem nichts entgegengesetzt wurde. Weinert<br />
(1999: 82) schreibt in diesem Zusammenhang<br />
von „einer Selbstauflösung dieser Teilelite<br />
[von Abteilungsleitern im ZK] als politisch<br />
relevanter Führungsgruppe“. Diese Asymmetrie<br />
ist symptomatisch für die Beziehungen<br />
zwischen politischen und wirtschaftlichen<br />
Eliten in der DDR.
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Angesichts der massiven Abwanderung aus der<br />
DDR und ganz besonders nach dem 9. Oktober<br />
1989, als in Leipzig rund 70.000 Menschen<br />
an der Montagsdemonstration teilnahmen und<br />
die Sicherheitskräfte der DDR nicht eingriffen,<br />
schränkte sich der Gestaltungsspielraum<br />
der DDR-Eliten deutlich ein. Insbesondere<br />
ER ERLAUFDER RANSFORMATION<br />
die SED-Führung agierte nicht länger, sondern<br />
konnte nur noch reagieren. Zumindest<br />
NSTITUTIONENTRANSFERUNDREUHAND<br />
für die Anfangszeit der Transformation muss<br />
deshalb von einer schwachen Elitensteuerung<br />
des Umbruchs gesprochen werden, da selbst<br />
die führenden Köpfe des Systemumsturzes<br />
von der Geschwindigkeit und Tragweite der<br />
Ereignisse überrascht waren (Edinger 2004:<br />
66). Schon bald nach der Öffnung der Mauer<br />
wurden Runde Tische eingerichtet, an denen<br />
Vertreter des DDR-Regimes sowie neue Parteien<br />
und Gruppierungen gemeinsam nach<br />
Wegen suchten, um die Demokratisierung<br />
in der DDR voranzutreiben, womit die alten<br />
Strukturen der Entscheidungsfindung nicht<br />
nur delegitimiert waren, sondern letztlich<br />
auch überflüssig wurden. Durch das Ergebnis<br />
der Volkskammerwahl wurde aus der schleichenden<br />
Entmachtung der alten politischen<br />
Elite ein echter Elitenaustausch (s.u.). Im<br />
Zuge dessen wurde das Heft des Handelns in<br />
die Hand der westdeutschen Eliten gelegt. Von<br />
Beginn an war deutlich, dass der Auftrag der<br />
neuen Akteure, die die formalen Elitepositionen<br />
einnahmen, letztlich in der Abwicklung<br />
der DDR bestand. Denn die Ergebnisse der<br />
Volkskammerwahl am 18. März 1990 hatten<br />
deutlich gezeigt, dass die DDR-Bürger eine<br />
schnelle Vereinigung bevorzugten, die dann<br />
auch am von der Volkskammer der DDR<br />
beschlossen wurde und am 3. Oktober 1990<br />
durch Beitritt zur Bundesrepublik vollzogen<br />
wurde. Durch diesen Beitritt der DDR zum<br />
Geltungsbereich des Grundgesetzes wurde<br />
1990 die bundesrepublikanische Rechts- und<br />
Institutionenordnung, vor allem das parlamentarische<br />
Regierungssystem, das Parteiensystem<br />
und die soziale Marktwirtschaft auf<br />
das Gebiet der ehemaligen DDR übertragen<br />
(Ritter 2006: 387).<br />
Die Transformation der Planwirtschaft zur<br />
Marktwirtschaft wurde von Hoffnungen begleitet,<br />
die sich alsbald als illusionär erwiesen.<br />
Ursprünglich war vermutet worden, dass die<br />
Wiedervereinigung und die Sanierung der ostdeutschen<br />
Wirtschaft sich wechselseitig verstärken<br />
würden. Diese Erwartungen erfüllten<br />
sich nicht. Stattdessen folgte auf die politische<br />
Integration beider Staaten der wirtschaftliche<br />
Zusammenbruch in Ostdeutschland.<br />
In den Beschäftigungsstrukturen der ost- und<br />
westdeutschen Industrie vor und nach der<br />
Wende spiegelt sich ein dramatischer Wandel<br />
in der Wirtschaft wider (Tabelle 7). Innerhalb<br />
von zwei Jahren schrumpften Großbetriebe<br />
überwiegend zu kleinen und mittelgroßen<br />
Unternehmen – falls es sie überhaupt noch gab<br />
und sie nicht in den Konkurs gegangen waren.<br />
Zwei Jahre nach der Wiedervereinigung lag<br />
die Industrieproduktion in Ostdeutschland<br />
73 Prozent unterhalb ihres Niveaus<br />
von 1989. Hinter den nüchternen<br />
und abstrakten Zahlen verbergen<br />
sich Effekte einer tief gehenden<br />
wirtschaftlichen und sozialen Anpassungskrise,<br />
die im Ausmaß ihrer Auswirkungen<br />
auf die ostdeutsche Bevölkerung nur mit der<br />
Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre des 20.<br />
Seite 21
Die Situation in Politik und<br />
Wirtschaft gegen Ende der DDR<br />
Jahrhunderts vergleichbar ist (Windolf 2001:<br />
411).<br />
In den 1980er Jahren arbeiteten die meisten<br />
Beschäftigten in der DDR in Großbetrieben<br />
mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. Im industriellen<br />
Sektor war der Anteil von Personen in<br />
Großbetrieben im Vergleich zur Bundesrepublik<br />
ungefähr doppelt so groß (75,7 Prozent<br />
verglichen mit 39,3 Prozent, Fritsch 2004:<br />
532).<br />
Ab Mitte 1990 nahm die Treuhandanstalt<br />
(THA) ihre Arbeit auf, um die in Kombinaten<br />
zusammengeschlossenen Volkseigenen<br />
Betriebe zu privatisieren. Die Kombinate<br />
wurden zunächst in einzelne Betriebe zerlegt.<br />
Dies geschah, um überlebensfähige Firmen<br />
von nicht rentablen Betriebsteilen zu trennen.<br />
In einem zweiten Schritt wurden die Großbetriebe<br />
durch Entlassungen großer Teile der<br />
Belegschaften auf kleine bzw. mittelgroße Betriebe<br />
reduziert, um sie für potenzielle Käufer<br />
interessant zu machen.<br />
In diesen Zahlen spiegelt sich u.a.<br />
ein damaliges Überangebot auf dem<br />
Markt für Unternehmenskontrolle 5<br />
wider, das jedoch nur selten dazu<br />
führte, dass frühere DDR-Wirtschaftskader<br />
im Rahmen eines Management Buy Out<br />
(MBO) selbst Eigentümer ehemaliger Kombinatsbetriebe<br />
wurden. Die THA bevorzugte in<br />
ihrer Privatisierungspolitik westdeutsche und<br />
ausländische Investoren, was bis heute in der<br />
ostdeutschen Bevölkerung, einschließlich der<br />
neuen ostdeutschen Wirtschaftseliten, negativ<br />
bewertet wird (Dokumente 2). Insbesondere<br />
größere Nachfolge-Unternehmen ehemaliger<br />
Volkseigener Betriebe gehören heute aufgrund<br />
nicht zuletzt der Privatisierungspolitik der<br />
THA mehrheitlich westdeutschen oder ausländischen<br />
Eigentümern (Gergs/Pohlmann<br />
1999: 227f.).<br />
Seite 22<br />
Legt man die Schlussbilanz der THA zugrunde,<br />
war diese beim Verkauf nicht erfolgreich.<br />
Bis zu ihrer Selbstauflösung im Jahre 1994<br />
hatte die THA Verluste in der Größenordnung<br />
von 256 Mrd. DM erwirtschaftet. Das<br />
entspricht einem durchschnittlichen Fehlbetrag<br />
für jeden verkauften Betrieb in Höhe<br />
von 17 Mio. DM (Windolf 2001).
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
IEENDEZEIT<br />
4<br />
Eine der wenigen Untersuchungen, die<br />
den Verbleib der ehemaligen DDR-<br />
Führungskräfte untersuchen, befasst<br />
sich mit dem Verbleib von Personen, die 1989<br />
der so genannten oberen Dienstklasse in der<br />
DDR angehört haben (Solga 1996). Darunter<br />
fallen die Positionsinhaber von mittleren und<br />
hohen Leitungsfunktionen (Abteilungsleiter,<br />
Schuldirektoren, hauptamtliche Parteisekretäre)<br />
und nicht weisungsberechtigte Angestellte<br />
in Berufen, die ein hohes formales<br />
Bildungsniveau erfordern (Ärzte, Wissenschaftler,<br />
Ingenieure). Damit werden nicht<br />
nur Führungskräfte untersucht, also Eliten im<br />
engeren Sinne, sondern auch die „sozialistische<br />
Intelligenz“ erfasst. Die Studie gibt daher auch<br />
Auskunft über den Verbleib der Personen aus<br />
der Sub-Elite (zum Begriff der Sub-Elite:<br />
Kap. 5.1) und den Professionen, also über die<br />
Inhaber der Positionen, die häufig vor dem<br />
Eintritt in den inneren Führungszirkel eingenommen<br />
wurden. Zusammenfassend lässt<br />
sich der Studie von Solga entnehmen, dass<br />
sich in der DDR erworbene Erfahrungen in<br />
Leitungspositionen und bekundete Systemloyalität<br />
negativ auf den Verbleib in<br />
LITISCHEN LITENINDENFRÜHEN ER AHRENERBLEIBUNDEKRUTIERUNGDERPO<br />
BLEIBDEROBEREN IENST KLASSE ERER<br />
der Oberen Dienstklasse auswirkten,<br />
während ein Fachwissen, das nicht<br />
mit Leitungsfunktionen verbunden<br />
war, zwar die Wahrscheinlichkeit<br />
eines Statusverlusts verringerte, aber für<br />
immerhin jeden Vierten nicht verhinderte.<br />
Die Entwertung von systemspezifisch erwor-<br />
Seite 23
Die Wendezeit<br />
Seite 24<br />
benem Wissen bezieht sich also vor allem auf<br />
die politischen Fähigkeiten, aber auch in der<br />
DDR erworbenes technisches Fachwissen war<br />
nicht ohne Einschränkungen konvertierbar<br />
(Solga 1996: 96).<br />
Bis Frühjahr 1989 erschien die DDR als stabil<br />
und wurde nicht nur von der eigenen politischen<br />
Elite, sondern auch von westdeutschen<br />
Beobachtern so eingeschätzt. Die sich durch<br />
die Grenzöffnung in Ungarn verstärkende<br />
Fluchtwelle (exit) und die zusehend selbstbewusster<br />
auftretende Bürgerbewegung (voice)<br />
trafen die DDR-Elite daher unvorbereitet.<br />
EUREKRUTIERUNG<br />
Spätestens nach dem 9. Oktober 1989 in<br />
Leipzig, der den Verzicht auf die „chinesische<br />
Lösung“ markierte, erschien Teilen der etablierten<br />
DDR-Eliten innerhalb des Politbüros<br />
um Egon Krenz und des ZKs der SED der<br />
Zeitpunkt gekommen, nicht nur ihre eigene<br />
Position zu verbessern, sondern durch eine<br />
minimale Elitezirkulation neue Handlungsoptionen<br />
zu eröffnen.<br />
UND IEDER VEREINIGUNGLITENABGANGUNDPARTIELLE WISCHENERBST<br />
Doch der erzwungene Rücktritt Honeckers<br />
(18. Oktober 1989) stärkte die Opposition<br />
in der DDR und die blockierte Generation<br />
innerhalb der SED, die sich ihrerseits<br />
nun als Reformer präsentierten. Die<br />
sich daraufhin überstürzenden Ereignisse<br />
werden zu Recht als „Implosion“<br />
(Derlien 1997: 329) der Machtstrukturen<br />
in der DDR bezeichnet. Doch zunächst<br />
rückten einerseits die blockierten Generationen<br />
innerhalb der „systemkonformen<br />
… Gegenelite“ (Derlien 1997: 336) in die<br />
Elitenpositionen auf und verdrängten die bisherigen<br />
Amtsinhaber. Andererseits wurden<br />
viele Führungsfunktionen abgeschafft, sodass<br />
der damit verbundene Elitenabgang nicht<br />
vollständig durch Neurekrutierungen ersetzt<br />
werden musste.<br />
Die Elitenabgänge vollzogen sich sehr schnell:<br />
so waren bereits zwischen Oktober und Dezember<br />
1989 57 Prozent der noch vor dem<br />
18. Oktober amtierenden 793 Funktionsträger<br />
ausgeschieden (Derlien 1997: 342). So waren<br />
z.B. bis Ende November alle 15 Ersten Bezirkssekretäre<br />
zurückgetreten und 13 Stellvertreter<br />
wurden abgelöst, ebenso wie 142 Erste<br />
Sekretäre der SED-Kreisleitungen. Innerhalb<br />
des neugewählten Parteivorstands der SED<br />
(dem Äquivalent zum bisherigen Zentralkomitee)<br />
gehörten nur 4 von 101 Personen bereits<br />
dem alten ZK an.<br />
Die bisher geschilderten Entlassungen, Rücktritte<br />
oder Abwahlen waren vor allem interne<br />
Entscheidungen der SED oder – in geringerem<br />
Umfang – der Blockparteien und Massenorganisationen,<br />
die auf das Drängen der Parteibasis<br />
und der nachrückenden blockierten Generation<br />
zurückgingen. Spätestens ab Dezember wurde<br />
aber die bisher primär aus politischen Motiven<br />
erfolgten Elitendeselektion durch eine öffentliche<br />
sowie juristische Kritik ergänzt und<br />
verschärft, die von einer „systemkritischen“,<br />
wenngleich eher an Reform der DDR, denn an<br />
Wiedervereinigung interessierten Bürgerbewegung,<br />
getragen wurde. Auch die neugewählte<br />
Regierung Modrow war von diesem Erosionsprozess<br />
der alten Eliten betroffen: so traten allein<br />
im Januar neun Minister zurück oder wurden<br />
ihrer Ämter enthoben (Derlien 1997: 342).
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Allerdings ist der beschriebene Elitenabgang<br />
nicht im vollen Umfang mit einer Elitenzirkulation,<br />
d.h. mit dem parallelen Nachrücken<br />
einer Gegenelite, gleichzusetzen. So erfolgte<br />
im November 1989, dem Monat mit der<br />
höchsten Abgangsrate der alten Elite, nur eine<br />
Neurekrutierung von 16 Personen, während<br />
266 Mitglieder der alten Elite ausschieden.<br />
Ein ähnliches Muster zeigt sich in den übrigen<br />
Monaten im 41. Jahr des Bestehens der DDR.<br />
Diese Diskrepanz zwischen ausgeschiedenen<br />
und neu eingetretenen Elitemitgliedern kann<br />
einerseits durch den Wegfall einer Reihe<br />
von Positionen erklärt werden, z.B. durch die<br />
Auflösung des Politbüros und ZK der SED,<br />
des Nationalen Verteidigungsrates und der<br />
Verkleinerung der Ministerialbürokratie. Nach<br />
Angaben von Derlien sank die Anzahl an<br />
verfügbaren Elitenpositionen von 453 vor dem<br />
18. Oktober 1989 auf 184 unter der Regierung<br />
de Maizière (Derlien 1997: 338). Eine weitere<br />
Erklärung für die geringe Anzahl an Neurekrutierungen<br />
ist jedoch auch im Verbleib eines<br />
nicht unerheblichen Teils der alten Eliten zu<br />
finden. Zur Zeit des Amtsantritt Hans Modrows<br />
befanden sich noch 60 Prozent der vor<br />
dem Rücktritt Honeckers (18. Oktober 1989)<br />
amtierenden Elite in ihren ursprünglichen<br />
Positionen (Derlien 1997: 358). Rechnet man<br />
noch die Personen hinzu, die den Sektor ihrer<br />
Tätigkeit wechselten, erhöht sich der Anteil der<br />
alten DDR-Elite innerhalb der Regierungszeit<br />
von Hans Modrow auf 69 Prozent.<br />
Nach der ersten freien Volkskammerwahl am<br />
18. März 1990 und dem Amtsantritt der Regierung<br />
de Maizière sank der Anteil an fortgesetzten<br />
Elite-Karrieren jedoch deutlich. So betrug<br />
der Anteil an Neulingen, also an Personen,<br />
die bisher noch keine Eliteposition innehatten,<br />
während der Regierungszeit Lothar de Maizières<br />
66 Prozent. Nur noch rund 22 Prozent<br />
der Inhaber von Führungspositionen waren<br />
bereits vor dem Sturz Honeckers Mitglieder<br />
der DDR-Elite (Derlien 1997: 358).<br />
In der 10. Volkskammer wurde zudem mit der<br />
Einrichtung von Untersuchungsausschüssen<br />
zur Überprüfung und ggf. Abberufung des<br />
politischen Personals begonnen, die dann zum<br />
Vorbild der Überprüfung des Verwaltungspersonals,<br />
der Juristen und der Wissenschaftler<br />
generierte (Staatsanwalt-Prüfungsausschüsse,<br />
Richter-Wahlausschüsse, Ehrenkommissionen<br />
an <strong>Universität</strong>en; Derlien 1997: 348). Die<br />
einfache SED-Mitgliedschaft stellte dabei in<br />
keinem Elitensektor ein Ausschlusskriterium<br />
darstellte, wohl aber die Übernahme einer<br />
exponierten Elitenposition in der DDR. Die<br />
größten Auseinandersetzungen wurden jedoch<br />
stets bei der Frage nach der formellen<br />
und noch mehr der informellen Mitarbeit mit<br />
dem Ministerium für Staatssicherheit geführt.<br />
Bereits bei der Aufstellung der Kandidaten<br />
für die Volkskammerwahl im März und für<br />
die Landtags- bzw. Bundestagswahlen achteten<br />
die Parteien darauf, keine Personen mit<br />
Stasi-Vergangenheit aufzustellen, da dies die<br />
Wahlchancen minderte. Die Parteien waren<br />
damit jedoch nicht immer erfolgreich, wie<br />
häufige Enthüllungen nach erfolgten Wahlen<br />
zeigten.<br />
Zusammenfassend lässt sich über<br />
die Elitenentwicklung bis zur Wiedervereinigung<br />
festhalten, dass die<br />
Eliteabgänge anfangs vor allem<br />
durch SED-interne Reformbemühungen und<br />
dem Nachrücken der blockierten Generation<br />
innerhalb der SED induziert waren. Berück-<br />
Seite 25
Die Wendezeit<br />
sichtigt man die Inhaber der bis zur Wiedervereinigung<br />
fortbestehenden Elitepositionen,<br />
so war die Dominanz der SED/PDS und die<br />
damit verbundene Elitenkontinuität bis zur<br />
Volkskammerwahl für ein sich in Auflösung<br />
befindendes Regime relativ hoch. Erst die<br />
völlige Veränderung der Machtverhältnisse<br />
ab März 1990 und der damit zunehmende<br />
Einfluss der westdeutschen politischen Eliten,<br />
z.B. in Form von Beratern bzw. den Unterhändlern<br />
über den Vereinigungsvertrag, sowie<br />
die Perspektive auf die Wiedervereinigung<br />
bewirkten den nahezu vollständigen Abgang<br />
der alten Eliten.<br />
kann festgehalten werden, dass sowohl die alte,<br />
wie auch die während der Transformationszeit<br />
rekrutierte DDR-Elite nach der Wiedervereinigung<br />
im Wesentlichen keine Elitepositionen<br />
eingenommen haben. Insofern ist die Eliten-<br />
Transformation in der DDR durch Zirkulation<br />
statt durch Kontinuität gekennzeichnet. Durch<br />
den Institutionentransfer von Westdeutschland<br />
in die neuen Bundesländer entstanden neue<br />
Elitepositionen, die mit Personen aus anderen<br />
sozialen Gruppen oder aus Westdeutschland<br />
besetzt waren.<br />
Seite 26<br />
Nach dem 3. Oktober 1990 und der Wiedervereinigung<br />
lösten sich die staatlichen<br />
Strukturen der DDR vollständig auf, wodurch<br />
auch alle bisherigen Elitepositionen in Politik<br />
und Wirtschaft verschwanden. Vor diesem<br />
Hintergrund stellt sich die Frage, in welche<br />
Anschlusspositionen die alten oder während<br />
LITENABGANGNACHDER IEDERVER<br />
der Übergangsphase neu rekrutierten Eliten<br />
EINIGUNG<br />
im wiedervereinigten Deutschland gelangt<br />
sind. Für mehr als die Hälfte dieser Personen<br />
liegen keine Angaben über ihren Verbleib<br />
vor (Derlien 1997: 361). Dieser hohe Anteil<br />
weist darauf hin, dass diese Personen auch<br />
keine hochrangigen Entscheidungspositionen<br />
mehr einnehmen, da<br />
ihr Verbleib andernfalls unproblematisch<br />
aus öffentlichen Quellen<br />
nachvollzogen werden könnte. Der<br />
zweitgrößte Anteil entfällt auf ehemalige<br />
Elitemitglieder, die sich im November 1990<br />
im Ruhestand befanden. Zusammenfassend<br />
IRTSCHAFTSELITEN<br />
Das Bild einer umfassenden „Kolonialisierung<br />
des Ostens“ durch den Westen, das im Zuge<br />
der Wende immer wieder bemüht wurde, muss<br />
in Bezug auf den Wirtschaftsbereich ergänzt<br />
werden durch die Neugründungen von Unternehmen<br />
im Rahmen der ökonomischen Transformation<br />
nach 1990. Diese neugründeten<br />
Firmen, die z.T. Vorläufer in den Volkseigenen<br />
Betrieben hatten (so genannte „Ausgründungen“),<br />
haben einen deutlichen Einfluss<br />
auf die Ausbildung einheimischer Wirtschaftseliten<br />
in Ostdeutschland gewonnen, da<br />
diese Unternehmen häufig von Ostdeutschen<br />
geleitet werden. Im Bereich des verarbeitenden<br />
Gewerbes und in den Größenklassen<br />
50-1.000 Beschäftigte lag dieser Anteil von<br />
Unternehmensleitern mit einem ostdeutschen<br />
Erfahrungshintergrund in den letzten Jahren<br />
konstant bei ungefähr zwei Dritteln (Tabelle<br />
8).<br />
IRTSCHAFTSELITENIN DERENDEZEIT STDEUTSCHE<br />
IEUSBILDUNGNEUEROSTDEUTSCHER
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Demzufolge sind die Befürchtungen aus den<br />
1990er Jahren, dass die ökonomische Transformation<br />
in Ostdeutschland zu einer Kolonialisierung<br />
des ostdeutschen Managements führen<br />
werde, mit der vermuteten Schärfe nicht eingetreten.<br />
In den privatisierten und vorwiegend<br />
größeren Unternehmen kam es zwar zu einer<br />
Elitenzirkulation mit der Folge, dass die ehemaligen<br />
Wirtschaftskader nicht Eigentümer<br />
wurden. Bei den neugegründeten Firmen lässt<br />
sich dagegen eine Elitenreproduktion beobachten,<br />
in deren Verlauf einstige Führungskräfte zu<br />
Unternehmer-Eigentümer wurden. Allgemein<br />
gilt jedoch bis heute: Je größer ein ostdeutsches<br />
Unternehmen ist, desto eher hat es westdeutsche<br />
oder ausländische Kapitaleigner (Gergs/<br />
Pohlmann 1999: 228).<br />
Die skizzierten Veränderungen der DDR-<br />
Wirtschaft, die Abwicklung der Kombinate<br />
und die damit verbundene Deindustrialisierung,<br />
führten auch auf der Ebene der Wirtschaftskader<br />
zu tief greifenden Veränderungen.<br />
Insbesondere ältere Führungskräfte wurden<br />
in den Vorruhestand geschickt. Eine im Jahre<br />
2000 durchgeführte Studie zum Verbleib ehemaliger<br />
Kombinatseliten, d.h. von Personen,<br />
die an führender Stelle in DDR-Kombinaten<br />
gearbeitet hatten, verdeutlicht, dass die ökonomische<br />
Transformation einen Bruch in den Lebensplanungen<br />
und in den Karrieren darstellte<br />
(Schreiber u.a. 2002). Doch lang andauernde<br />
soziale Abstiege waren eher selten. Die meisten<br />
Wirtschaftskader fanden nach der Wende<br />
Stellen, auf denen sie ihre Fachkenntnisse<br />
wieder einbringen konnten und dies fast in der<br />
Hälfte der Fälle sogar auf der ersten oder zweiten<br />
Führungsebene von Unternehmen (Tabelle<br />
9 und Tabelle 10).<br />
Es erweist sich, dass die Ausfaller- und die<br />
Aussteigerquoten (also der Anteil von Wirtschaftskadern,<br />
deren berufliches Schicksal<br />
nach 1990 hauptsächlich durch Arbeitslosigkeit<br />
gekennzeichnet war oder die Rentner<br />
wurden) von dem Ressort abhängig war, das<br />
die Personen in der DDR-Wirtschaft geleitet<br />
hatten. Besonders niedrige Quoten wiesen<br />
techniknahe Sektoren oder der Forschungsund<br />
Entwicklungsbereich auf (Tabelle 11).<br />
Doch auch Generaldirektoren und deren<br />
Stellvertreter konnten in den meisten Fällen<br />
weiterhin in der transformierten Wirtschaft<br />
Ostdeutschlands arbeiten.<br />
In einem schon erstaunlichen Maße waren die<br />
ehemaligen Wirtschaftskader auch nach der<br />
Wende erfolgreich. Im Rahmen der erwähnten<br />
Verbleibsstudie wurden sie aufgefordert, eine<br />
persönliche Bilanz zu ziehen: 86 Prozent<br />
sahen sich als Gewinner der Wende und nur<br />
36 Prozent als Verlierer. Aus der Addition<br />
der beiden Prozentzahlen – die eben mehr als<br />
100 Prozent ergibt – kann geschlossen werden,<br />
dass es eine ganze Reihe von Personen<br />
gibt, „deren Bilanz sowohl positive als auch<br />
negative Aspekte umfasst, die sich nicht zu<br />
einem Gesamturteil zusammenfassen lassen“<br />
(Schreiber u.a. 2002: 151).<br />
Seite 27<br />
ELEGENHEITSFENSTER N FANGDER ERAHREUMOST DEUTSCHER NTERNEHMENSGRÜN URZES<br />
DERZUWERDEN<br />
In der Unternehmensleiter-Befragung<br />
des <strong>SFB</strong> <strong>580</strong> wurden 2002 auch berufliche<br />
Verläufe erfasst. Die Umbrüche in der<br />
DDR-Wirtschaft spiegeln sich in einer Viel-
Die Wendezeit<br />
Seite 28<br />
zahl beruflicher Stellenwechsel zu Beginn der<br />
1990er Jahre wider (Abbildung 4). Es lassen<br />
sich viele ostdeutsche Geschäftsführer und<br />
Unternehmer beobachten, die damals an die<br />
Spitze ostdeutscher Unternehmen aufrückten,<br />
seitdem jedoch auf ihren Positionen verblieben.<br />
Die Verweildauer auf der zum Befragungszeitpunkt<br />
2002 ausgeübten Position ist im<br />
Ost-West-Vergleich extrem unterschiedlich<br />
(Abbildung 5). Teilweise hängen diese längeren<br />
Verweilzeiten ostdeutscher Unternehmensleiter<br />
mit dem Besitz von Firmenanteilen<br />
zusammen. Eigentümer wechseln weniger<br />
häufig das Unternehmen und umgekehrt sind<br />
die Verweilzeiten von Unternehmensleitern<br />
ohne Firmenbesitz in der Regel kürzer.<br />
Doch auch bei einer Berücksichtigung des<br />
Eigentumsmerkmals gibt es einen offensichtlichen<br />
Unterschied zwischen den Verweilzeiten<br />
ost- und westdeutscher Unternehmensleiter.<br />
Insbesondere im Vergleich zu den<br />
Westdeutschen, die Anteile von Unternehmen<br />
in Ostdeutschland besitzen, ist auffällig, dass<br />
die entsprechenden Ostdeutschen in unserer<br />
Stichprobe hauptsächlich einen kurzen Zeitkorridor<br />
am Anfang der 1990er Jahren genutzt<br />
haben (vermutlich auch nur diesen nutzen<br />
konnten, weil danach die Märkte aufgeteilt waren<br />
und die Überlebenschancen von Firmen<br />
geringer wurden). Währenddessen verteilen<br />
sich die Vergleichsdaten der westdeutschen<br />
Geschäftsführer und Unternehmer<br />
relativ gleichmäßig über die 1990er<br />
Jahre.<br />
Die Wendezeit hatte für die ostdeutschen<br />
Wirtschaftseliten den Charakter<br />
einer „Stunde Null“. Dies gilt nicht nur für<br />
Umbrüche in den Karrieren oder für Firmengründungen,<br />
sondern in der Transformation<br />
der Wirtschaft waren die alten Fertigkeiten<br />
der ehemaligen Wirtschaftskader, wie beispielsweise<br />
das „Chaos-Management“, nicht<br />
mehr funktional, weil sich die Grundlagen des<br />
Wirtschaftens umfassend verändert hatten:<br />
Die alten sozialen Netzwerke innerhalb und<br />
außerhalb der Betriebe existierten nicht mehr.<br />
Damit entfiel aber eine entscheidende Grundlage<br />
der bisherigen Produktion. Zudem hatten<br />
die Unternehmen das Anbietermonopol für ihre<br />
Produkte verloren. Die potenziellen Abnehmer<br />
der Produkte besaßen jetzt Wahlmöglichkeiten,<br />
von denen im Zweifelsfall eher zu Ungunsten<br />
der DDR-Produkte Gebrauch gemacht wurde.<br />
Die alten Produzenten und neuen Unternehmen<br />
mussten sich nun aktiv um Kunden bemühen,<br />
was gegenüber der bisherigen Situation<br />
ein vollkommenes Novum war; gleichzeitig<br />
standen die Unternehmen in einer neuartigen<br />
Konkurrenz zueinander - und dies nicht nur lokal,<br />
sondern durch die Währungsunion im Jahre<br />
1990 wurde die damalige DDR-Wirtschaft<br />
schlagartig Teil des Weltmarktes.<br />
Das alles definierte völlig neue Situationen für<br />
die ehemaligen Wirtschaftskader, deren persönliche<br />
und betriebliche Bewältigung – wegen der<br />
Größe der zu lösenden Herausforderungen –<br />
beispielsweise in Interviews bis heute immer<br />
wieder ein Thema ist (Dokumente 3).
ORGENNACHDER IEDERVEREINI GUNG NTWICKLUNGENBIS ITTEDER ERAHRE M<br />
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
5<br />
Die Verbleibsstudien zur DDR-Elite<br />
haben gezeigt, dass die zentralen<br />
Funktionsträger des alten Regimes<br />
in nahezu allen Sektoren aus ihren Ämtern<br />
schieden, auch wenn sich die anschließenden<br />
Verbleib- bzw. Wiedereinstiegsmöglichkeiten<br />
in Politik und Wirtschaft deutlich unterschieden,<br />
mit deutlich besseren Konditionen für<br />
die ehemaligen ökonomischen Eliten. Die politische<br />
Elite in den ostdeutschen Bundesländern<br />
musste also durch neue Personen gestellt<br />
werden, deren sozialstrukturelle Herkunft im<br />
Folgenden konturiert wird.<br />
LITENAM ORGENNACH DERIEDERVEREINIGUNG NTWICKLUNGEN BIS ITTEDER ERAHRE OLITISCHE<br />
Nach der POTSDAMER ELITESTUDIE<br />
von 1995 hat sich das durchschnittliche Alter<br />
der neuen ostdeutschen Eliten insgesamt innerhalb<br />
von 5 Jahren nach 1990 von 62 auf 47<br />
Jahre verringert (Welzel 1997: 209). In diesem<br />
rapiden Abfall zeigt sich erneut der Abgang<br />
der alten DDR-Eliten, die im Wesentlichen<br />
den Geburtskohorten der späten 1920er Jahre<br />
entstammten. Der Anteil an Hochschulabsolventen<br />
unter der neuen ostdeutschen Elite<br />
im Jahre 1995 entsprach mit einem Wert von<br />
80 Prozent dem Wert für die westdeutschen<br />
Eliten. Auch die in der DDR vorherrschende<br />
Dominanz von parteinahen Hochschulen und<br />
ideologienahen Studiengängen konnte<br />
für die neue ostdeutsche Elite nicht<br />
mehr festgestellt werden. Mit den<br />
naturwissenschaftlich-technischen<br />
Fachrichtungen beherrschten nun<br />
systemneutrale, weitgehend unabhängig von<br />
der Gesellschaftsordnung vermittelte und<br />
angewandte Qualifikationen das Bild (Welzel<br />
Seite 29
Am Morgen Martens, nach Vogel, der Gerstenhauer<br />
Wiedervereinigung<br />
Seite 30<br />
1997: 210). Hingegen zeigte der geringe Anteil<br />
von Personen mit staats- und wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Abschlüssen, in welch<br />
hohem Maße die Qualifikationen und das<br />
Fachwissen, die eng mit der institutionellen<br />
Struktur einer Gesellschaft verbunden sind,<br />
nach einem Institutionentransfer entwertet<br />
werden. Entsprechend stellten die Staats- und<br />
Wirtschaftswissenschaften die häufigsten<br />
Abschlüsse unter den westdeutschen Eliten<br />
dar, deren Handlungsfeld von institutioneller<br />
Kontinuität geprägt war.<br />
Bezüglich der Herkunft nach Art des gesellschaftlichen<br />
Institutionenbereichs lässt sich<br />
sagen, dass 70 Prozent der neuen ostdeutschen<br />
Eliten im Jahre 1995 in einem anderen Bereich<br />
als noch 1988 tätig waren (Welzel 1997: 213).<br />
In der durch Institutionenkontinuität gekennzeichneten<br />
westdeutschen Elite ist der Anteil<br />
an Elitemitgliedern, die den institutionellen<br />
Bereich wechselten, mit ca. 10 Prozent weitaus<br />
geringer. Die neue ostdeutsche Elite rekrutierte<br />
sich vor allem aus den Bereichen (Natur-)<br />
Wissenschaft und Medizin, wo aufgrund des<br />
notwendigen Zugriffs auf fachliche Expertise<br />
eine für DDR-Verhältnisse große Distanz zu<br />
politischen Entscheidungskriterien und politischem<br />
Engagement bzw. Vereinnahmung<br />
möglich war.<br />
Die Vorpositionen unterscheiden sich nicht<br />
nur nach ihrem institutionellen Sektor,<br />
sondern auch nach ihrer Höhe in<br />
der Positionshierarchie, wobei in der<br />
POTSDAMER ELITESTUDIE die<br />
höchsten Positionen auf regionaler<br />
und nationaler Ebene als Elitepositionen betrachtet<br />
werden. Alle Personen, die eine Spitzenposition<br />
auf Kreis- oder Kommunalebene<br />
einnehmen, werden zur „oberen Sub-Elite“<br />
zusammengefasst, während zur „unteren Sub-<br />
Elite“ Leiter organisationsinterner Bereiche<br />
gezählt werden, die nicht nach außen in Erscheinung<br />
treten, (z.B. Abteilungsleiter). In der<br />
Hierarchie darunter angesiedelt finden sich<br />
mit den Professionen jene Berufe, die einen<br />
Hochschulabschluss erfordern, aber keine<br />
Leitungsfunktion beinhalten, während sich<br />
auf den beiden untersten Stufen die übrigen<br />
Berufe sowie die Erwerbslosen befinden.<br />
Nur acht Prozent der neuen ostdeutschen<br />
Elite nahmen bereits 1988 eine Eliteposition<br />
ein, in Westdeutschland betrug dieser Anteil<br />
dagegen 50 Prozent, wodurch noch einmal<br />
der Eindruck eines nahezu vollständigen Elitenaustausches<br />
in Ostdeutschland bekräftigt<br />
wird. Die häufigsten Absprungpositionen in<br />
die neue ostdeutsche Elite waren innerhalb der<br />
unteren Sub-Eliten und Professionen zu finden<br />
(Welzel 1997: 216f ). Damit wurden Personen<br />
rekrutiert, die 1988 häufig bereits auf organisationsinternen<br />
Leitungsfunktionen angelangt,<br />
in der aber Bevölkerung kaum wahrgenommen<br />
worden waren. Diese Funktionen vermittelten<br />
generalisierte Führungserfahrungen, die offenbar<br />
auch unter veränderten institutionellen<br />
Bedingungen noch einen Wert aufwiesen.<br />
Schließlich wurde fast die Hälfte der neuen<br />
ostdeutschen Eliten von 1995 durch Personen<br />
gestellt, die bereits in der DDR Mitglied einer<br />
Partei, allerdings ohne exponierte Führungsfunktion<br />
gewesen waren, wobei die Mehrheit<br />
davon aus der SED stammte (Welzel 1997:<br />
219ff ). Personen, die vor Oktober 1989 aktives<br />
Mitglied in einer oppositionellen Bewegung<br />
gewesen waren („Oppositionelle“), stellten<br />
1995 mit 24,2 Prozent einen im Vergleich zu<br />
ihrem geschätzten Anteil an der Bevölkerung
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
(0,3 Prozent) überproportionalen Anteil der<br />
neuen politischen Elite Ostdeutschlands.<br />
Deutlich unterrepräsentiert waren dagegen die<br />
politisch Ungebundenen, deren Anteil auf ca.<br />
78 Prozent der DDR-Bevölkerung geschätzt<br />
werden kann. Die neue ostdeutsche politische<br />
Elite wurde damit überproportional aus Personen<br />
gebildet wurde, die bereits in der DDR<br />
ein Mindestmaß an politischem Engagement<br />
aufwiesen, auch wenn Parteibeitritte häufig<br />
primär durch die beruflichen Aufstiegschancen<br />
motiviert waren.<br />
Der Elitenimport aus Westdeutschland bildete<br />
ein weiteres entscheidendes Merkmal der sozialstrukturellen<br />
Konfiguration der ostdeutschen<br />
Elite kurz nach der Wiedervereinigung. Schon<br />
frühzeitig begannen westdeutsche Parteien,<br />
Verbände und Interessenorganisationen, sich<br />
mit ihren ostdeutschen Pendants zusammenzuschließen,<br />
wobei sie aus fachlichen und organisatorischen<br />
Gründen die Fusionsprozesse und<br />
die daraus entstandenen Organisationsstrukturen<br />
dominierten. Der mit der Wiedervereinigung<br />
verbundenen Übernahme westdeutscher<br />
Institutionen und Strukturen folgte dann ein<br />
Import westdeutscher Führungskräfte, der sich<br />
zu Mitte der 1990er Jahre in zwei Merkmalen<br />
der Elitenzusammensetzung äußerte: einer<br />
Unterrepräsentation von Ostdeutschen in der<br />
gesamtdeutschen Elite und ein überproportional<br />
hoher Anteil an Westdeutschen, die<br />
Elitepositionen in Ostdeutschland einnehmen.<br />
Insgesamt nahmen Personen, die vor 1989 in<br />
der DDR gelebt hatten, im Jahre 1995 12 Prozent<br />
aller Elitepositionen ein (Bürklin/Hoffmann-Lange<br />
1999: 325). Gemessen an einem<br />
Bevölkerungsanteil der DDR-Bevölkerung in<br />
Gesamtdeutschland von rund 21 Prozent stellte<br />
dies eine deutliche Unterrepräsentation dar,<br />
die allerdings zwischen den unterschiedlichen<br />
Elitesektoren variierte. Die Unterrepräsentation<br />
war am deutlichsten innerhalb der Großunternehmen<br />
und der Verwaltung bzw. Justiz<br />
ausgeprägt. Innerhalb der politischen Elite<br />
sind die Ostdeutschen mit 32,1 Prozent nicht<br />
unter-, sondern vielmehr überrepräsentiert,<br />
wobei diese Überrepräsentation jedoch vor<br />
allem auf den überproportional großen Anteil<br />
von zur Verfügung stehenden regionalen Elitepositionen<br />
in den ostdeutschen Bundesländern<br />
zurückzuführen ist.<br />
Unterscheidet man die politischen Positionseliten<br />
nach der regionalen Lage ihres<br />
Arbeitsortes, bilden die Ostdeutschen die<br />
Mehrheit der Inhaber ostdeutscher politischer<br />
Elitepositionen (Bürklin/Hoffmann-Lange<br />
1999: 325). Schränkt man die Betrachtung<br />
jedoch auf die wichtigen Ministerposten ein,<br />
so findet sich eine deutliche Unterrepräsentation,<br />
die dann auch zwei Jahrzehnte nach der<br />
Wiedervereinigung noch zu konstatieren ist:<br />
der Anteil an ostdeutschen Bundesministern<br />
betrug niemals mehr als 13 Prozent und ist seit<br />
1990 nahezu kontinuierlich auf 5,9 Prozent (=<br />
1 Person) im Kabinett Merkel II gesunken.<br />
Innerhalb der übrigen Eliten sind Personen<br />
aus Westdeutschland generell überproportional<br />
oft vertreten, wobei sie in den hohen Verwaltungspositionen<br />
der neuen Bundesländer<br />
mit einer Mehrheit von sogar 87,3<br />
Prozent dominieren. Dagegen ist der<br />
Anteil an Ostdeutschen innerhalb<br />
aller Elitepositionen der westdeutschen<br />
Länder verschwindend gering.<br />
Es besteht also eine deutliche Asymmetrie<br />
innerhalb der Elitenrekrutierung: während<br />
Westdeutschen auch in Ostdeutschland der<br />
Seite 31
Am Morgen Martens, nach Vogel, der Gerstenhauer<br />
Wiedervereinigung<br />
Seite 32<br />
Aufstieg in Elitepositionen gelang, erhielten<br />
nur wenige Ostdeutsche Zugang zu westdeutschen<br />
Elitepositionen, obwohl die dominante<br />
Migrationsrichtung der Bevölkerung in die<br />
umgekehrte Richtung, nämlich von Ost- nach<br />
Westdeutschland, verlief. Selbst im Bereich der<br />
politischen Eliten wurde das durch den Abtritt<br />
der alten Elite entstandene Vakuum nicht<br />
allein durch die nachrückende „blockierte Generation“<br />
abgelöst, sondern auch durch einen<br />
Elitentransfer aus Westdeutschland, wodurch<br />
im Bereich der Politik ein größerer Grad an<br />
Elitendiskontinuität im Vergleich zu den übrigen<br />
postkommunistischen Staaten erreicht<br />
werden konnte (Welzel 1997: 214).<br />
IRT SCHAFTSELITENNACHDER IEDERVEREINI GUNGARRIEREWEGEOSTDEUTSCHER NTINUITÄTENDERARRIERENÜBER O<br />
Schon Anfang der 1990er Jahre zeichnete sich<br />
ab, dass die Krisenbetroffenheit in der Wirtschaft<br />
mit den Organisationsebenen im Betrieb<br />
korreliert. Zwar gab es in verschiedenen<br />
Wirtschaftsbranchen Ostdeutschlands im<br />
Zeitraum 1990-93 Beschäftigungseinbrüche<br />
in der Größenordnung von 60-75 Prozent,<br />
doch wer arbeitslos wurde, hing im starken<br />
DENYSTEMUMBRUCHHINWEG<br />
Maße von der hierarchischen Stellung<br />
im Betrieb ab. In der Industrie<br />
waren 1993 noch etwa 30 Prozent<br />
der Arbeiter, hingegen drei Viertel<br />
der Leiter beschäftigt (Lutz/Grünert<br />
1996: 86ff.). Dieses Muster der frühen Transformationsjahre,<br />
das sich am besten durch<br />
den Begriff „Kontinuität“ der ehemaligen<br />
Wirtschaftskader umschreiben lässt, spiegeln<br />
sich auch in ihren weiteren Berufsverläufen<br />
wider. Die Karrierewege dieses Personenkreises<br />
mit einem ostdeutschen Hintergrund können<br />
auf drei Muster reduziert werden (Tabelle 12,<br />
Martens 2005).<br />
Bei dem ersten Typ von Karrieren dominiert die<br />
Möglichkeit einer durchgehenden Beschäftigung<br />
im gleichen Betrieb. Dies schließt sogar ein, dass<br />
eine Weiterführung der Position und Funktion<br />
aus der Kombinatswirtschaft möglich war.<br />
Doch in der Mehrzahl der Fälle eröffneten die<br />
ersten Jahre der ökonomischen Transformation<br />
die Chance, von einer leitenden Position auf<br />
die erste Führungsebene im gleichen Betrieb<br />
aufzusteigen. In vielen Fällen waren diese<br />
Aufstiege mit dem Kauf von Eigentumsanteilen<br />
an den Unternehmen verbunden. Mit<br />
einem Anteil von mehr als der Hälfte (53,6<br />
Prozent) stellt dieses Muster – der Wahrung<br />
von Berufschancen im gleichen Betrieb (einschließlich<br />
des Kaufs von Firmenanteilen) –<br />
die dominante Gelegenheitsstruktur dar, die<br />
zukünftig erfolgreiche ostdeutsche Unternehmensleiter<br />
in den 1990er Jahren hatten.<br />
Die zweite Art von Berufsverläufen zeichnet<br />
sich dadurch aus, dass ein Aufstieg in die erste<br />
Leitungsebene im Wesentlichen nur erreichbar<br />
war, wenn der Betrieb gewechselt oder auch neu<br />
gegründet wurde. Wie bei der vorhergehenden<br />
Personengruppe beinhaltete die Wahrnehmung<br />
von Aufstiegsoptionen durch Personen dieses<br />
Verlaufsmusters häufig den Kauf von Unternehmensanteilen.<br />
Bei etwas mehr als einem<br />
Viertel der Befragten lassen sich Verlaufsmuster<br />
beobachten, bei denen Betriebswechsel (am<br />
Anfang der 1990er Jahre) mit dem Aufstieg in<br />
die erste Führungsebene von Unternehmen
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
verbunden war (27,0 Prozent).<br />
Die verbleibende Gruppe von Personen umfasst<br />
im Wesentlichen „Nachwuchskräfte“, die<br />
durchschnittlich jünger sind als die Personen<br />
mit den beiden anderen Karrieremustern, und<br />
sie besitzen eher keine Eigentumsanteile an<br />
den Unternehmen. Diese Personen arbeiteten<br />
zum Teil schon länger in Kombinatsbetrieben<br />
der DDR, doch es ergab sich erst im Zuge<br />
der Wende, am Beginn der 1990er Jahre, die<br />
Gelegenheit oder die Notwendigkeit einen Betriebswechsel<br />
zu vollziehen, um weiterhin auf<br />
leitenden Positionen tätig zu sein. Aufstiege in<br />
die erste Leitungsebene wurden gegen Ende<br />
der 1990er Jahre oder noch später realisiert.<br />
Knapp ein Fünftel der ostdeutschen befragten<br />
Unternehmer und Geschäftsführer weist Karriereverläufe<br />
dieser Art auf.<br />
Erstaunlich ist nach diesen Analysen das<br />
Ausmaß an Kontinuität, das sich bei den<br />
ostdeutschen Wirtschaftskadern beobachten<br />
lässt. (Dies ist ein starker Gegensatz zu<br />
den politischen Eliten. 6 ) Es zeichnet sich<br />
nicht nur eine relativ hohe Erfolgsquote ab,<br />
wenn der Verbleib von Führungskräften<br />
der DDR-Wirtschaft betrachtet wird, sondern<br />
es gab auch ein vergleichsweise enges<br />
Zeitfenster Anfang der 1990er Jahre, das es<br />
einer erstaunlich großen Gruppe ehemaliger<br />
Wirtschaftskader ermöglichte, Unternehmer<br />
zu werden. Die Startnachteile, die die ehemaligen<br />
DDR-Wirtschaftskader aufgrund der<br />
Privatisierungspolitik der THA ursprünglich<br />
hatten, wirken immer noch fort, doch gibt es<br />
auch erstaunliche Kontinuitäten in den Berufswegen<br />
dieser Wirtschaftseliten über den<br />
gesellschaftlichen Systemumbruch hinweg.<br />
Auffälligstes Merkmal bei den ostdeutschen<br />
Wirtschaftseliten war die Verstärkung der<br />
technischen Orientierung im Management und<br />
eine Bevorzugung akademischer Qualifikationen.<br />
Nach verschiedenen Studien, die in den<br />
1990er Jahren in ostdeutschen Unternehmen<br />
durchgeführt wurden, hatten zwischen 71<br />
UALIFIKATIONSPROFILEOSTDEUT<br />
und 89 Prozent der ostdeutschen Manager<br />
SCHER IRTSCHAFTSELITEN<br />
ingenieur- oder naturwissenschaftliche Studienabschlüsse.<br />
Man muss davon ausgehen,<br />
schrieben Gergs und Pohlmann (1999: 237),<br />
„dass sich die bereits in der DDR bestehende<br />
Dominanz der Techniker und Ingenieure [im<br />
Management] im Transformationsprozess<br />
[in den 1990er Jahren] weiter verstärkt hat,<br />
galten sie doch im Vergleich zu Absolventen<br />
gesellschaftswissenschaftlicher Disziplinen<br />
als durch das ‚alte‘ System ideologisch weniger<br />
vorbelastet und konnten daher ihr in der<br />
sozialistischen Vergangenheit akkumuliertes<br />
Bildungskapital leichter konvertieren“.<br />
In sozialwissenschaftlichen Studien über<br />
das ostdeutsche Management in den 1990er<br />
Jahren wurden Zusammenhänge zwischen<br />
diesen dominanten technischen Qualifikationsprofilen<br />
und Organisationsmodellen<br />
der neuen Betriebe oder auch Defiziten an<br />
Management-Fähigkeiten der neuen ostdeutschen<br />
Wirtschaftseliten postuliert.<br />
So wurde u.a. behauptet, dass ein<br />
dysfunktionales „Maschinenmodell<br />
der Organisation“ im technisch<br />
ausgebildeten ostdeutschen Management<br />
vorherrschend sei; dass die Orientierung<br />
auf die technische Gestaltung von<br />
Produkten zu stark sei und dass zu wenig für<br />
Seite 33
Am Morgen Martens, nach Vogel, der Gerstenhauer<br />
Wiedervereinigung<br />
Seite 34<br />
die Markterschließung getan werde.<br />
Doch bei diesen Einschätzungen müssen die<br />
spezifischen Konstellationen in den neuen<br />
Betrieben während der ökonomischen Transformationsperiode<br />
berücksichtigt werden, die<br />
stark von den Branchen abhingen. „Generell<br />
hatten es Manager in prosperierenden bzw.<br />
zukunftsfähigen Branchen leichter ihre Fähigkeiten<br />
zu demonstrieren, als in solchen, die<br />
im globalen Wettbewerb nicht mehr bestehen<br />
konnten (wie z.B. Textil und Bekleidung,<br />
Karbonchemie, Unterhaltungselektronik, Keramik,<br />
klassische Optik)“ (Schmidt 2005:<br />
236). Und neuere Studien zu den hier interessierenden<br />
regionalen Wirtschaftseliten<br />
bestätigen die vermuteten Zusammenhänge<br />
zwischen Qualifikationsprofilen und Managementfertigkeiten<br />
nicht mehr.<br />
Die Entwicklung in der unmittelbaren Nach-<br />
Wende-Zeit offenbart für die wirtschaftliche<br />
Sphäre in großen Teilen grundsätzlich andere<br />
Muster des Elitenaustauschs als in der Politik.<br />
Der Zusammenbruch der DDR führte zu<br />
einem Austausch der obersten Machtelite. Die<br />
frei gewordenen Positionen übernahmen zum<br />
einen Mitglieder der bisherigen ostdeutschen<br />
Sub-Elite, zum anderen aber auch Politiker<br />
aus Westdeutschland.<br />
Das hohe Ausmaß der Elitenzirkulation, das<br />
im Bereich der Politik vorzufinden<br />
ist, trifft in der Wirtschaft nur bedingt<br />
zu. Zwar kam es auch hier zu<br />
einem Austausch älterer DDR-Wirtschaftseliten<br />
– nicht wenige gingen<br />
in den Ruhestand. Und es gab Elitenimporte<br />
aus den alten Ländern, die jedoch von der<br />
Unternehmensgröße und der Hierarchiestufe<br />
abhängig waren und sind. Bei Unternehmen<br />
zwischen 50-1.000 Beschäftigten liegt der<br />
Anteil nicht ostdeutscher Geschäftsführungen<br />
heute bei etwa einem Drittel und nennenswerte<br />
Elitenimporte unterhalb der obersten Organisationsebenen<br />
sind nicht festzustellen. Der<br />
große Unterschied zur Politik besteht in dem<br />
Ausmaß an Elitenreproduktion in der Wirtschaft.<br />
Viele der ökonomischen Alt-Eliten waren<br />
auch nach der Wende weiterhin im Wirtschaftsbereich<br />
tätig. Z.T. auf niederrangigeren<br />
Positionen, weil sie zuvor beispielsweise als<br />
Kombinatsdirektoren durchaus Verantwortung<br />
analog einem Vorstand einer Aktiengesellschaft<br />
trugen und an solche Führungsaufgaben nach<br />
der Wende nicht mehr anknüpfen konnten.<br />
Doch ganz allgemein waren soziale Abstiege<br />
und Tätigkeiten außerhalb des Wirtschaftsbereichs<br />
für die ehemaligen ökonomischen Eliten<br />
eher selten. Hinzukommt, dass die Wende insbesondere<br />
für die Gruppe der „Stellvertreter“<br />
auf Kombinats- oder Betriebsebene Chancen<br />
zum Aufstieg in die Geschäftsführung oder<br />
für das selbstständige Unternehmertum bot. 7<br />
Trotz aller Widrigkeiten, die die Treuhand-<br />
Privatisierungen ehemaliger Volkseigener<br />
Betriebe für die Ausbildung neuer ostdeutscher<br />
Wirtschaftseliten (wohlgemerkt auf<br />
einer regionalen Ebene) beinhaltete, offenbart<br />
sich im Wirtschaftssektor ein erstaunliches<br />
Maß an Elitenkontinuität, das bis heute zu<br />
beobachten ist.
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
6<br />
ZWANZIGAHRE NACHDEMYSTEMUMBRUCH IEAKTUELLEITUATION<br />
Alle Studien, die die Entwicklung der<br />
politischen Eliten in Deutschland<br />
nach 1989 zum Gegenstand haben,<br />
beziehen sich auf den Zeitraum bis Mitte<br />
der 1990er Jahre. Zur Untersuchung der<br />
dauerhaften Folgen des Systemumbruchs<br />
und zur Beantwortung der Fragen, welche<br />
der Mitte der 1990er Jahre erkennbaren<br />
Muster sich verstetigt haben und ob sich<br />
eine integrierte, gesamtdeutsche politische<br />
Elite gebildet hat, sind allerdings längerfristig<br />
angelegte Untersuchungen notwendig. Die<br />
folgenden Analysen basieren daher mit den<br />
Repräsentationseliten auf einer Teilgruppe der<br />
politischen Eliten, deren Entwicklung über<br />
den Zeitraum von 1990 bis in das Jahr 2010<br />
in den Blick genommen werden kann, wobei<br />
die Parlamentsabgeordneten des Deutschen<br />
Bundestags und der deutschen Landesparlamente<br />
die Untersuchungsgesamtheit der Repräsentationseliten<br />
bilden. Diese Teilgruppe<br />
kann als charakteristisch für die politischen<br />
Eliten angesehen werden, da die meisten der<br />
späteren Politikeliten in Deutschland irgendwann<br />
im Verlauf ihrer politischen Werdegänge<br />
ein Parlamentsmandat einnehmen und der<br />
Parlamentssitz ein zentrales „Sprungbrett“ in<br />
weitere Elitepositionen darstellt. Punktuell<br />
ergänzend werden Informationen<br />
IEDERVEREINI GUNG EPRÄSENTATIONSELITENALSGEEIN TEPOLITISCHELITE AHRENACHDER<br />
über die Bundes- und Landesminister<br />
herangezogen. Die Daten<br />
beruhen auf der in der Einleitung<br />
genannten JENAER ABGEORD-<br />
NETENSTUDIE, die einerseits sozialstrukturelle<br />
und biographische Angaben über alle<br />
deutschen Abgeordneten zwischen 1990 und<br />
Seite 35
Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />
Situation<br />
Seite 36<br />
2010 umfasst und zugleich die Einstellungen<br />
der Abgeordneten in der JENAER PARLA-<br />
MENTARIERBEFRAGUNG von 2003,<br />
2007 und 2010 erhoben hat (s.o). Um der<br />
Bedeutung des institutionellen Kontexts für<br />
die Elitenintegration gerecht zu werden, wird<br />
in den folgenden Ausführungen in der Regel<br />
zwischen der nationalen Ebene und den Landesparlamenten<br />
differenziert, denn während<br />
im Deutschen Bundestag ost- und westdeutsche<br />
Repräsentationseliten gemeinsam in<br />
einer Institution tätig sind, treffen innerhalb<br />
der Landesparlamente Eliten derselben<br />
regionalen und damit landesteilspezifischen<br />
Herkunft aufeinander – sieht man einmal<br />
von westdeutschen Elitenimporten und dem<br />
Abgeordnetenhaus von Berlin ab. Daher wäre<br />
für den Deutschen Bundestag als genuin<br />
gesamtdeutscher Institution ein größerer Integrationseffekt<br />
zu erwarten, während auf der<br />
Landesebene ggf. regionale Besonderheiten<br />
persistent sind.<br />
Der Befund einer starken Repräsentation der<br />
Westdeutschen in den gesamtdeutschen, aber<br />
auch in ostdeutschen politischen Elitepositionen<br />
bei gleichzeitiger Unterrepräsentation<br />
der Ostdeutschen lässt sich auch<br />
TENIMPORT<br />
ELITE RFAHRUNGENINDER UNDLI IEOSTDEUTSCHEEPRÄSENTATIONS<br />
noch zwanzig Jahre nach dem Systemumbruch<br />
nahezu unverändert<br />
bestätigen (Abbildung 6). Sogar im<br />
gesamtdeutschen Bundestag sind die<br />
Ostdeutschen leicht unterrepräsentiert, da in<br />
vielen ostdeutschen Wahlkreisen Personen<br />
aus Westdeutschland erfolgreich kandidieren.<br />
Dasselbe gilt für die ostdeutschen Landesparlamente,<br />
in denen der Prozentsatz an Westdeutschen<br />
in den 20 Jahren nach der Wende<br />
kontinuierlich gestiegen ist. Dieser steigende<br />
Anteil macht deutlich, dass die regionale Herkunft<br />
aus Westdeutschland nicht hinderlich<br />
für eine politische Karriere in Ostdeutschland<br />
ist. Umgekehrt weist die nahezu vollständige<br />
Abwesenheit von Ostdeutschen in westdeutschen<br />
Landesparlamenten daraufhin, dass eine<br />
ostdeutsche Herkunft noch immer hinderlich<br />
für eine politische Karriere in Westdeutschland<br />
ist.<br />
Die ostdeutsche Elite zeichnete sich Mitte der<br />
1990er Jahre dadurch aus, dass sie zwar keine<br />
Elitepositionen in der DDR eingenommen<br />
hatte, jedoch häufig zumindest Parteimitglied<br />
in der SED oder einer Blockpartei gewesen<br />
war und zu einem nicht unerheblichen Teil<br />
Positionen der unteren Sub-Elite ausgeübt<br />
hatte. Die Befunde für die Repräsentationseliten<br />
bestätigen dieses Muster, allerdings ist<br />
der Prozentsatz von in diesem Sinne mit dem<br />
DDR-Regime verbundenen Personen seit<br />
1990 kontinuierlich zurückgegangen. Vor allem<br />
Personen, die in der DDR ein politisches Amt<br />
oder Mandat übernommen hatten, sind heute<br />
kaum noch innerhalb der politischen Repräsentationselite<br />
anzutreffen und der Anteil von<br />
Personen, die bereits vor 1989 einer Partei angehörte,<br />
ist von rund der Hälfte im Jahre 1990<br />
auf ungefähr ein Drittel 2010 zurückgegangen.<br />
(Abbildung 7)<br />
Die neuen ostdeutschen Repräsentationseliten<br />
sammelten ihre ersten politischen Erfahrungen<br />
nicht nur im ancien regime der DDR sondern<br />
auch in der Wendezeit. Insbesondere in den<br />
Volkskammerwahlen vom März 1990 und den
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Kommunalwahlen im Mai wurde eine Fülle<br />
von DDR-Funktionen neu besetzt. Zudem<br />
wurden ab Herbst 1989 auf allen politischen<br />
Ebenen Runde Tische gebildet, in denen die<br />
Vertreter des alten Regimes und der Opposition<br />
miteinander verhandelten. Die Inhaber dieser<br />
Positionen können als Transitionspolitiker<br />
bezeichnet werden, da sie den Übergang zur<br />
Wiedervereinigung mitgestaltet haben: Zwar<br />
hatte ein Viertel von ihnen bereits Erfahrungen<br />
in politischen Ämtern und Mandaten während<br />
der DDR gesammelt, für die Mehrheit fiel die<br />
erstmalige Übernahme politischer Verantwortung<br />
allerdings in die Zeit zwischen Herbst<br />
1989 und Oktober 1990. Fast 60 Prozent der<br />
unmittelbar nach der Wiedervereinigung neu<br />
gewählten ostdeutschen Repräsentationseliten<br />
wiesen Erfahrungen als Transitionspolitiker<br />
auf (Abbildung 8). In den folgenden Legislaturperioden<br />
blieb dieser Anteil zunächst<br />
vergleichsweise stabil, um dann zu Beginn des<br />
neuen Jahrtausends deutlich abzusinken.<br />
Als Zwischenbilanz kann damit weder von einer<br />
Kontinuität oder gar einer zeitlich verzögerten<br />
Rückkehr der DDR-Eliten gesprochen werden,<br />
da die Zahl von DDR-Funktionsträgern<br />
generell sehr klein ist und zudem hauptsächlich<br />
Inhaber untergeordneter Positionen umfasst.<br />
Einen großen Teil der Repräsentationselite<br />
bildeten lange Zeit die Transitionspolitiker,<br />
die überwiegend in der Zeit des Umbruchs<br />
1989/90 ihre ersten politischen Erfahrungen<br />
sammelten. Allerdings umfasst ihr Anteil mit<br />
Ausnahme der ersten Legislaturperioden nie<br />
mehr als die Hälfte der Repräsentationseliten.<br />
Mit Übernahme des politischen Systems der<br />
Bundesrepublik gelangten also auch Personen<br />
in die Repräsentationselite, die weder bereits in<br />
der DDR noch während des Systemumbruchs<br />
politisch aktiv gewesen waren und die ihre<br />
gesamte politische Karriere in der Nachwendezeit<br />
absolviert haben. Der Anteil dieser<br />
Personen ist kontinuierlich angestiegen und<br />
stellte zehn Jahre nach der Wiedervereinigung<br />
die Mehrheit der Repräsentationseliten<br />
in Deutschland. Die heutigen ostdeutschen<br />
Repräsentationseliten unterscheiden sich also<br />
deutlich von ihren Vorgängern kurz nach der<br />
Wiedervereinigung, auch wenn die regionale<br />
Asymmetrie und die starke Präsenz von Westdeutschen<br />
fortbestehen.<br />
Das Durchschnittsalter der westdeutschen<br />
Repräsentationseliten beträgt kontinuierlich<br />
rund 50 Jahre auf Bundesebene, während es<br />
auf Landesebene von seit 1990 um rund ein<br />
Jahr zugenommen hat und nun bei ca. 49<br />
Jahren liegt (Abbildung 9). Zu Beginn der<br />
1990er Jahre waren die ostdeutschen Repräsentationseliten<br />
auf beiden Ebenen mit 45<br />
TATIONSELITEINSTUNDEST<br />
bzw. 44,6 Jahren rund vier Jahre jünger als ihre<br />
westdeutschen Kollegen. Darin reflektiert sich<br />
der große Anteil an Personen, die als Neulinge<br />
ein parlamentarisches Mandat übernommen<br />
hatten und unter z.T. abenteuerlichen Umständen<br />
zu ihrer Kandidatur gekommen waren. Im<br />
Gegensatz zu Westdeutschland fehlte<br />
die Notwendigkeit, sich in einer<br />
GRAFISCHEONFIGURATIONDEREPRÄSEN IESOZIALSTRUKTURELLEUNDBIO<br />
langanhaltenden Bewährungsphase<br />
in vorparlamentarischen politischen<br />
Positionen für ein politisches Mandat<br />
zu empfehlen. Seit 1990 hat sich das<br />
Durchschnittsalter der ostdeutschen Repräsentationseliten<br />
kontinuierlich erhöht; es liegt<br />
Seite 37
Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />
Situation<br />
Seite 38<br />
allerdings weiterhin auf beiden Ebenen rund<br />
zwei Jahre unter dem westdeutschen Durchschnittsalter.<br />
Dies deutet auf eine dauerhaft<br />
kürzere Anwartschaft für ein Parlamentsmandat<br />
in Ostdeutschland hin, allerdings ist<br />
der Unterschied nicht so dramatisch, dass von<br />
vollständig unterschiedlichen Generationen<br />
und Erfahrungszusammenhängen gesprochen<br />
werden kann.<br />
Der bereits in der POTSDAMER ELITE-<br />
STUDIE von 1995 festgestellte hohe Bildungsgrad<br />
der Eliten in beiden Landesteilen<br />
bestätigt sich auch für die Repräsentationseliten,<br />
wenn man den Anteil an Fach- und<br />
Hochschulabsolventen betrachtet (Abbildung<br />
10). Die Repräsentationseliten in beiden Landesteilen<br />
besitzen also mehrheitlich ein hohes<br />
Niveau an akademischer Ausbildung, haben<br />
ähnliche Ausbildungswege durchlaufen und<br />
damit vergleichbare analytische Problemlösungskompetenzen<br />
erworben, die eine Integration<br />
und Zusammenarbeit erleichtern.<br />
Kurz nach der Wiedervereinigung konstatierte<br />
die POTSDAMER ELITESTUDIE<br />
als einen gewichtigen Unterschied zwischen<br />
ost- und westdeutscher Elite eine Dominanz<br />
der naturwissenschaftlich-technischen Intelligenz<br />
innerhalb der ostdeutschen Elite. An<br />
der Entwicklung der seit 1990 rekrutierten<br />
Abgeordneten lässt sich zeigen, dass dieser<br />
Sachverhalt eine Übergangserscheinung<br />
darstellte und der Situation<br />
des Umbruchs geschuldet ist, in der<br />
sich Inhaber naturwissenschaftlichtechnischer<br />
Abschlüsse aufgrund<br />
der Ideologieferne ihrer Studienrichtungen<br />
am glaubwürdigsten vom ehemaligen DDR-<br />
Regime distanzieren konnten.<br />
Unter den Mitgliedern der Repräsentationselite,<br />
die über einen Fach- bzw. Hochschulabschluss<br />
verfügen, sank der Anteil an naturwissenschaftlich-technischen<br />
Abschlüssen von ca. 60<br />
Prozent 1990 auf rund ein Drittel um das Jahr<br />
2010 (Tabelle 13). Im gleichen Zeitraum stieg<br />
die relative Häufigkeit von Juristen von 5 auf<br />
14,7 Prozent. Die entsprechenden Zahlen für<br />
wirtschaftswissenschaftliche Abschlüsse betragen<br />
acht und 12 Prozent sowie für geistes- bzw.<br />
sozialwissenschaftliche Abschlüsse 21,6 und<br />
35,6 Prozent. Die Verteilung der Abschlüsse<br />
in Westdeutschland ist dagegen in dem betrachteten<br />
Zeitraum vergleichsweise stabil<br />
geblieben. Die neuen ostdeutschen Eliten haben<br />
also zunehmend dieselben Abschlüsse wie<br />
ihre Kollegen aus Westdeutschland erworben,<br />
die Vorteile auf dem Weg durch die institutionellen<br />
Strukturen hin zu Elitepositionen<br />
versprechen. Zwar wirkt hier dieselbe institutionelle<br />
Struktur in der Tendenz angleichend, es<br />
bestehen indes Unterschiede fort, die sich aus<br />
der Geschichte der DDR und der Situation<br />
des Umbruchs herleiten. So rekrutiert sich die<br />
ostdeutsche Repräsentationselite auch noch<br />
20 Jahre nach der Wiedervereinigung häufiger<br />
aus der technischen Intelligenz und seltener<br />
aus den Wirtschaftswissenschaften bzw. der<br />
Jurisprudenz, während der Anteil an Geistesund<br />
Sozialwissenschaftlern keinen Ost-West-<br />
Unterschied mehr erkennen lässt.<br />
Zwar kann diese leicht divergierende akademische<br />
Ausbildung, die ja außerdem in<br />
unterschiedlichen Berufsverläufen resultiert,<br />
gegensätzliche Problemwahrnehmungen und<br />
Problemlösungsstrategien hervorrufen. Allerdings<br />
kann ein gemeinsam gegangener Weg<br />
durch – wenn auch räumlich getrennte – so<br />
doch strukturell ähnliche Organisationen und
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Institutionen die Entwicklung ähnlicher Problemwahrnehmungen<br />
und Lösungsstrategien<br />
oder allgemeiner: die Integration der Repräsentationselite<br />
über Parteigrenzen hinweg<br />
fördern. Für die Bundesrepublik Deutschland<br />
wurde schon in den 1970er Jahren festgestellt,<br />
dass ein Großteil der Repräsentationselite<br />
erst dann rekrutiert wird, nachdem er eine<br />
langjährige Bewährungsfrist vor allem in innerparteilichen<br />
Führungsfunktionen aber auch<br />
in regionalen oder kommunalen Ämtern bzw.<br />
Mandaten durchlaufen hat (Herzog 1975).<br />
Diese so genannte „Ochsentour“ dient dem<br />
Aufbau von Netzwerken, Kommunikationszusammenhängen,<br />
einer eigenen Machtbasis,<br />
dem Kennenlernen politischer Prozesse und<br />
Organisationsabläufe sowie allgemein dem<br />
Training der zentralen politischen Fähigkeit,<br />
unterschiedliche Interessen zu gemeinsamem<br />
Handeln zu bewegen.<br />
Die Repräsentationseliten in Ostdeutschland<br />
haben sich an dieses Muster weitgehend angepasst<br />
(Best/Jahr/Vogel 2011). Die relative<br />
Häufigkeit innerparteilicher Funktionsträger<br />
ist sowohl auf nationaler wie auch auf regionaler<br />
Ebene von rund 40 Prozent um 1990 auf<br />
fast 60 Prozent zwanzig Jahre später angestiegen<br />
(Abbildung 11). Damit ist der Anteil an<br />
Repräsentationseliten mit innerparteilichen<br />
Vorerfahrungen auf der Landesebene in Ostwie<br />
Westdeutschland gleich hoch, nur auf der<br />
Bundesebene ist noch ein geringer Abstand<br />
erkennbar. Ähnlich verhält es sich mit dem<br />
Prozentsatz kommunaler oder regionaler<br />
Vorerfahrungen 8 , der jedoch im gesamten<br />
Untersuchungszeitraum deutlich niedriger<br />
liegt (Abbildung 12). Zwar zeigt sich hier, dass<br />
die nationalen Repräsentationseliten generell<br />
seltener kommunale bzw. regionale Vorerfahrung<br />
sammeln, aber ein spürbarer Ost-West-<br />
Unterschied war nur auf Landesebene zu Beginn<br />
der 1990er Jahre sichtbar. Im Zeitverlauf<br />
hatten die ostdeutschen Repräsentationseliten<br />
immer weniger kommunale und regionale<br />
Positionen ausgeübt und sich dabei an ihre<br />
Kollegen aus Westdeutschland angepasst. Die<br />
innerparteilichen Erfahrungen scheinen eine<br />
größere Relevanz zu besitzen, entscheidet<br />
doch die eigene Partei vorzugsweise über die<br />
Nominierung ihrer Kandidaten. Die Karrierewege<br />
in die Repräsentationselite weisen<br />
daher zwanzig Jahre nach der Wende keine<br />
deutlichen Unterschiede mehr auf. In dieser<br />
Hinsicht hat sich eine strukturell ähnliche<br />
Elite herausgebildet.<br />
Die bisherigen Befunde zeigen, dass die<br />
politischen Eliten in beiden Landesteilen<br />
mittlerweile weitgehend ähnliche Vorerfahrungen<br />
aufweisen. Dieser Umstand lässt auch<br />
günstige Bedingungen für die Integration<br />
hinsichtlich einer Reihe von zentralen normativen<br />
Einstellungen zur Institutionenstruktur<br />
INSTELLUNGSMUSTERDEREPRÄSEN<br />
der repräsentativen Demokratie und ihrer<br />
TATIONSELITENINSTUNDEST<br />
politischen Verfahren erwarten.<br />
Diese Integration auf Ebene der politischen<br />
Einstellungen zeigt sich zunächst an<br />
der Bewertung der Lebenssituation<br />
und den ökonomischen Bedingungen,<br />
unter denen die politischen Eliten Politik<br />
gestalten und die der in Ost und<br />
West mehrheitlich geteilten Beschreibung von<br />
Politik als einem Beruf zum Ausdruck kommen.<br />
Die Frage, ob ein Abgeordnetenmandat<br />
Seite 39
Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />
Situation<br />
Seite 40<br />
ein richtiger Beruf ist, wird von einem Großteil<br />
der Bundestagsabgeordneten bejaht. Die<br />
Zustimmung schwankt zwischen 77 und 88<br />
Prozent und differiert dabei nicht systematisch<br />
zwischen ost- oder westdeutschen Parlamentariern.<br />
Die Ähnlichkeit beider Landesteile<br />
zeigt sich noch deutlicher bei den Abgeordneten<br />
in den Landesparlamenten. Hier sind<br />
stets mehr als 80 Prozent der Parlamentarier<br />
der Meinung, dass Abgeordneter zu sein ein<br />
richtiger Beruf ist (Abbildung 13). Diese Einschätzung<br />
wird bestätigt von der Haltung der<br />
Parlamentarier zu einer beruflichen Tätigkeit<br />
parallel zum Mandat. Ein Großteil der ostdeutschen<br />
Bundestagsabgeordneten lehnt dies<br />
ab (80-85 Prozent), der Anteil der Befürworter<br />
ist unter ihren westdeutschen Kollegen größer<br />
(23-32 Prozent). Jedoch haben sich diese<br />
Zahlen in den letzten Jahren aufeinander zu<br />
bewegt. So nahm der Prozentsatz ostdeutscher<br />
Befürworter zu, während der westdeutscher<br />
sogar sehr stark sank. Der Unterschied beträgt<br />
2010 nur noch 3 Prozentpunkte. Die relative<br />
Häufigkeit derjenigen unter den ostdeutschen<br />
Landesparlamentariern, die davon ausgehen,<br />
dass Abgeordneter kein Beruf ist, sank zwischen<br />
2003 und 2010 von 38 auf 32 Prozent.<br />
Stärker war die Dynamik in den Parlamenten<br />
der alten Bundesländer: Hier nahm die Anzahl<br />
der Befürworter von 52 auf 42 Prozent ab<br />
(Abbildung 14).<br />
Die Zahl der Abgeordneten, die vor<br />
dem Mandat bereits in einem politiknahen<br />
Beruf arbeiteten, hat seit 1990<br />
sowohl in Ost- und Westdeutschland<br />
zugenommen (Abbildung 15). Dazu<br />
zählen Berufe, die im weiteren politischen<br />
Umfeld angesiedelt sind, wie z.B. politische<br />
Referenten oder Gewerkschaftsfunktionäre.<br />
Offenbar fand dabei in Ostdeutschland eine<br />
Art nachholende Professionalisierung der Karrieren<br />
politischer Repräsentationseliten statt,<br />
die sich in einem rasanten Anstieg von Personen<br />
niederschlägt, die vor ihrem Mandat in<br />
einem politiknahen Bereich tätig waren. Dies<br />
trifft für den Bundestag stärker zu als für die<br />
ostdeutschen Landesparlamente. Im Jahre 2000<br />
waren unter den ostdeutschen Abgeordneten<br />
anteilig mehr Berufspolitiker als unter ihren<br />
westdeutschen Kollegen. Dies hat sich seitdem<br />
nicht geändert, wenngleich die Dynamik etwas<br />
abgenommen hat. Trotz der unterschiedlichen<br />
Stärke dieser Entwicklung ist die Richtung bei<br />
ost- und westdeutschen Parlamentariern die<br />
gleiche: Tatsächlich sind in den Parlamenten<br />
zunehmend mehr Personen zu finden, die vor<br />
ihrem ersten Mandat in einem politiknahen<br />
Bereich arbeiteten. Dies ist ein Beleg für den<br />
Trend zur Verberuflichung der Politik.<br />
Das Empfinden der Abgeordneten als Teil einer<br />
gemeinsamen politischen Klasse differiert<br />
insofern zwischen Ost und West, als dass die<br />
Abgeordneten der LINKEN hier eine deutlich<br />
unterdurchschnittliche Zustimmung aufweisen.<br />
Auffällig ist die Ähnlichkeit zwischen den<br />
Parlamentariern in den ost- und westdeutschen<br />
Landesparlamenten. Auch wenn die Werte<br />
für die Bundestagsabgeordneten auseinander<br />
liegen, haben sie sich in ihrer Entwicklungsrichtung<br />
seit 2007 angepasst – wenngleich auf<br />
unterschiedlichem Niveau. Zumindest in den<br />
ostdeutschen Landesparlamenten nähert sich<br />
DIE LINKE der Zustimmungsrate der anderen<br />
Parteien an; mittlerweile empfindet die<br />
Mehrheit ihrer Mandatsträger ein Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
auch über Fraktionsgrenzen<br />
hinweg (Abbildung 16).
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Das Bewusstsein, als Abgeordneter einer bestimmten<br />
Klasse anzugehören, wirkt sich auch<br />
auf das parlamentarische Handeln aus. So ist<br />
es nur eine Minderheit, die keine informellen<br />
Kontakte zu Mitgliedern anderer Fraktionen<br />
unterhalten – obwohl diese ebenfalls Mitglieder<br />
der gemeinsamen politischen Klasse<br />
sind. Wieder ist die Parallelität der Entwicklungen<br />
bei den Ost- und Westdeutschen in<br />
den Landesparlamenten augenfällig: Seit<br />
2003 nimmt der Anteil keiner und seltener<br />
Kontakte ab, während der Prozentsatz häufiger<br />
Kontakt zunimmt. Ganz anders ist es bei den<br />
Bundestagsabgeordneten. Die Entwicklung ist<br />
hier eher diffus, und zwischen den ost- und<br />
westdeutschen Parlamentariern gibt es deutlich<br />
weniger Übereinstimmung in der Kontakthäufigkeit.<br />
Obwohl die Entwicklungen oft gegenläufig<br />
sind, scheinen sich die Unterschiede im<br />
Jahr 2010 zumindest in Ansätzen eingeebnet<br />
zu haben. Gerade die häufigen Kontakte haben<br />
2007 bei ost- und westdeutschen Abgeordneten<br />
zunächst zugenommen, 2010 dann aber<br />
wieder abgenommen (Abbildung 17).<br />
Neben den empirisch feststellbaren Unterschieden<br />
zeigen sich auch Differenzen in den<br />
gegenseitigen Wahrnehmungen der Abgeordneten.<br />
Hier wird deutlich, dass in den beiden<br />
Parlamenten, die sowohl Repräsentanten aus<br />
dem Gebiet der ehemaligen DDR wie aus<br />
dem Gebiet der alten Bundesrepublik umfassen<br />
– nämlich dem Bundestag und dem<br />
Berliner Abgeordnetenhaus – durchaus Unterschiede<br />
zwischen ost- und westdeutschen<br />
Kollegen wahrgenommen werden. Dabei lässt<br />
sich kein klarer Trend ausmachen. Deutlich<br />
wird aber, dass die Wahrnehmung gar keiner<br />
Unterschiede eine Minderheitenposition war<br />
und ist. Geringe oder gewisse Unterschiede<br />
sind weiterhin die dominierende Kategorie,<br />
wenngleich das Pendel 2010 wieder stärker in<br />
Richtung „gewisser Unterschied“ ausschlägt.<br />
Die Entwicklung der „großen Unterschiede“<br />
zeigt eine Zunahme unter den ostdeutschen<br />
Bundestagsabgeordneten, aber gleichzeitig<br />
eine Abnahme unter den westdeutschen (Abbildung<br />
18).<br />
Die Unterschiede im Repräsentationsverständnis<br />
der Bundestagsabgeordneten sind<br />
teilweise beträchtlich, nehmen aber insgesamt<br />
spürbar ab. Während bei den westdeutschen<br />
Parlamentariern der Aspekt der Vertretung<br />
des gesamten Landes zunehmend in den<br />
Fokus rückt, verliert dieses Anliegen bei ihren<br />
ostdeutschen Kollegen langsam an Unterstützung.<br />
Ähnlicher ist die Entwicklung der Vertretung<br />
des eigenen Wahlkreises – zwar mit<br />
unterschiedlicher Intensität, aber immerhin<br />
in gleicher Richtung verliert dieser Gesichtspunkt<br />
an Bedeutung. Die eigenen Wähler<br />
sind den ostdeutschen Repräsentationseliten<br />
auf Bundesebene immer wichtiger geworden;<br />
bei den westdeutschen Parlamentariern ist<br />
diese Dynamik zuletzt etwas abgebremst. Die<br />
Repräsentation ihrer Partei ist ihnen etwas<br />
wichtiger als den ostdeutschen Mitstreitern<br />
(Abbildung 19).<br />
Deutlich stabiler, und in den jeweiligen Anteilen<br />
der Repräsentationsfoki auch einheitlicher,<br />
sind die Werte für die Landesparlamente.<br />
Während die eigenen<br />
Wähler für ostdeutsche Abgeordnete<br />
wichtiger wurden, erlebte die eigene<br />
Partei eine vorsichtige Zunahme der<br />
Unterstützung bei westdeutschen Parlamentariern.<br />
Mit großem Abstand aber steht die<br />
Vertretung des gesamten Landes – bei ost- und<br />
Seite 41
Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />
Situation<br />
Seite 42<br />
westdeutschen Abgeordneten gleichermaßen –<br />
an erster Stelle (Abbildung 20).<br />
Bei der Einschätzung des wichtigsten politischen<br />
Ziels zeigen sich für beide Landesteile<br />
auf Bundes- und Landesebene nahezu<br />
identische Ergebnisse und Entwicklungen.<br />
Die mitunter starken Dynamiken und die auffallenden<br />
Ähnlichkeiten in der Entwicklung<br />
stärkt die Vermutung, dass die Entscheidung<br />
für das wichtigste Politikziel stark durch die<br />
aktuelle politische Situation geprägt ist (Abbildung<br />
21 und Abbildung 22).<br />
Das Verhältnis zur eigenen Fraktion weist für<br />
die ost- und westdeutschen Abgeordneten<br />
grundsätzliche Parallelen auf. Nur in einzelnen<br />
Aspekten unterscheiden sich beide Gruppen.<br />
So hat sich die Fraktionsdisziplin bei ost- und<br />
westdeutschen Bundestagsabgeordneten sehr<br />
ähnlich entwickelt, driftete aber 2010 auseinander.<br />
Abgeordnete der LINKEN stehen der<br />
Fraktionsdisziplin grundsätzlich kritischer<br />
gegenüber (Abbildung 23). Letzteres zeigt<br />
sich ebenso in den Landesparlamenten, ansonsten<br />
fällt hier einmal mehr die Ähnlichkeit<br />
der Ost- und Westdeutschen auf (Abbildung<br />
24). Die Häufigkeit abweichenden Abstimmungsverhaltens<br />
ist leicht rückläufig – ein<br />
Trend, der sowohl ost- als auch westdeutsche<br />
Parlamentarier umfasst und auf Bundes- und<br />
Landesebene auftritt. Allerdings zeigen sich<br />
hier Niveauunterschiede zwischen<br />
Ost und West, die nicht nur DIE<br />
LINKE betreffen. Vielmehr scheinen<br />
Ostdeutsche die parlamentarischen<br />
Freiheiten stärker auszunutzen als<br />
ihre westdeutschen Parlamentarier-Kollegen<br />
(Abbildung 25 und Abbildung 26).<br />
Die Zufriedenheit mit der Abgeordnetentätigkeit<br />
ergibt ein interessantes Bild. Während ihre<br />
Intensität leicht schwankt, in der Summe aber<br />
weitgehend stabil bleibt, variiert der Anteil<br />
derer, die sich als unzufrieden bezeichnen. So<br />
waren 2003 5 Prozent der ostdeutschen Abgeordnete<br />
aber nur 2 Prozent der westdeutschen<br />
mit ihrer Tätigkeit unzufrieden. 2007 stieg die<br />
Differenz sogar auf 8 Prozent unzufriedener<br />
ostdeutscher Parlamentarier bei weiterhin 2<br />
Prozent unzufriedenen Westdeutschen. Drei<br />
Jahre später kam es zu einer deutlichen Annäherung:<br />
Bei den westdeutschen Abgeordneten<br />
blieb die Unzufriedenheit mit 2 Prozent stabil,<br />
bei den ostdeutschen sank sie auf 3 Prozent<br />
(Abbildung 27).<br />
Eine Bilanzierung kann mit der Frage nach der<br />
Zufriedenheit der Abgeordneten mit der Demokratie,<br />
wie sie in Deutschland funktioniert,<br />
veranschaulicht werden (Abbildung 28). Die<br />
Antworten offenbaren zwar einige Differenzen<br />
zwischen ost- und westdeutschen Repräsentationseliten.<br />
So sind 2007 und 2010 jeweils die<br />
ostdeutschen Abgeordneten weniger zufrieden<br />
mit dem Funktionieren der bundesdeutschen<br />
Demokratie. Allerdings sind die ostdeutschen<br />
Bundestagsabgeordneten nie „sehr unzufrieden“,<br />
was die ostdeutsche Unzufriedenheit<br />
zumindest teilweise relativiert. Aber trotz des<br />
größeren Anteils der in Westdeutschland sozialisierten<br />
Parlamentarier, die sich anhand der<br />
Kategorien „sehr zufrieden“ und „ziemlich zufrieden“<br />
zeigt, gleichen sich beide Gruppen an.<br />
So wurden die Bundestags- und Landesparlamentsabgeordneten<br />
aus Westdeutschland seit<br />
2007 etwas unzufriedener, bei ihren Kollegen<br />
aus Ostdeutschland hingegen nahm die Unzufriedenheit<br />
langsam ab. Parallel wuchs die<br />
Zufriedenheit dieser Teilgruppe, die der West-
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
deutschen verringerte sich auf allen Ebenen.<br />
Trotz aller Unterschiede zwischen den Abgeordneten,<br />
die in der DDR bzw. in der alten<br />
Bundesrepublik aufgewachsen sind, und die<br />
nach wie vor noch nicht überwunden sind, wird<br />
eine Konvergenz der Repräsentationseliten<br />
deutlich, die in zwei Richtungen stattfindet: Es<br />
verändern sich die Einstellungen der Ostdeutschen<br />
und der Westdeutschen. Es wird deutlich,<br />
dass die Sozialisation in der DDR zwar<br />
bis heute nachwirkt, jedoch durch die Einflüsse<br />
des neuen institutionellen Rahmens überlagert<br />
werden. Augenfällig ist die bisher unvollständige<br />
Integration der SED-Nachfolgepartei<br />
DIE LINKE, die immer noch nicht als vollständig<br />
legitimer Koalitionspartner angesehen<br />
wird, was sich auch in der Distanzierung ihrer<br />
Abgeordneten gegenüber dem politischen System<br />
niederschlägt. Zudem scheint die föderale<br />
Mehrebenenstruktur einen wichtigen Beitrag<br />
zur Integration der Repräsentationseliten geleistet<br />
zu haben, sind doch die Landespolitiker<br />
aus beiden Regionen häufig stärker integriert<br />
als ihre Kollegen auf Bundesebene.<br />
IRTSCHAFTSELITEN AHRENACHDEMYSTEMUMBRUCH STDEUTSCHE<br />
In Ostdeutschland liegt eine besondere Situation<br />
vor, da der Generationswechsel an der Unternehmensspitze<br />
und der Wandel ökonomischer<br />
Institutionen im Zuge der Transformation der<br />
Wirtschaft stark auseinander fielen. Während<br />
mit der Wende ein umfassender Strukturbruch<br />
der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen<br />
Institutionen stattfand, war der Generations-<br />
ERZÖGERTERENERATIONSWECHSEL<br />
wechsel bei den ökonomischen Funktionseliten<br />
teilweise „still gestellt“. Das hängt u.a. mit dem<br />
kleinen Gelegenheitsfenster zusammen, das<br />
nur Personen in einem bestimmten Alter und<br />
unter besonderen Konditionen nutzen konnten.<br />
Häufig handelte es sich um Personen der<br />
„zweite Reihe“ der DDR-Betriebshierarchie,<br />
die 1989 etwa 40 Jahre alt waren.<br />
Dieser Sachverhalt spiegelt sich auch in der<br />
Altersverteilung ostdeutscher Unternehmensleiter<br />
aus dem Jahre 2002 wider (Abbildung<br />
29). Die Altersgruppen zwischen 45 und<br />
60 Jahren waren zu dem Zeitpunkt bei den<br />
ostdeutschen Unternehmensleitern besonders<br />
stark vertreten, während die Altersverteilung<br />
der westdeutschen Vergleichsgruppe<br />
homogener wirkt. Acht Jahre später hat sich<br />
das Schwergewicht der Verteilung für die<br />
Ostdeutschen noch weiter in die älteren Personengruppen<br />
verschoben (Abbildung 30).<br />
Das illustriert das Auftreten eines größeren<br />
Generationswechsels an der Spitze ostdeutscher<br />
Unternehmen in der Zukunft. Dieser<br />
Wechsel wird Veränderungen in der Zusammensetzung<br />
ökonomischer Funktionseliten in<br />
den nächsten Jahren bewirken, denn auch 20<br />
Jahre nach der Wende weist eine gewichtige<br />
Gruppe von Leitern mittelständischer Unternehmen<br />
in Ostdeutschland einen biografischen<br />
Hintergrund in der Kombinatswirtschaft auf<br />
(Tabelle 14). Immer noch mehr als die Hälfte<br />
der ostdeutschen Unternehmensleiter<br />
verfügt über Führungserfahrungen in<br />
der DDR.<br />
Seite 43
Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />
Situation<br />
Seite 44<br />
Im Zuge der Privatisierungen durch die Treuhandanstalt<br />
war spekuliert worden, dass sich<br />
in Ostdeutschland eine „Managerkapitalismus“<br />
herausbilden würde, bei dem angestellte<br />
Manager aus Westdeutschland ohne regionale<br />
Bindungen eine herausragende Rolle spielen<br />
würden. Heute steht fest, dass diese Vermutungen<br />
nicht zutreffend waren. Stattdessen<br />
IGENTUMSQUOTENOSTDEUTSCHER IRTSCHAFTSELITEN<br />
liegt die Eigentumsquote ostdeutscher Unternehmensleiter<br />
im industriellen Mittelstand<br />
in den letzten Jahren kontinuierlich über der<br />
westdeutscher Vergleichsgruppen (Tabelle<br />
15).<br />
Charakteristisch für die ostdeutschen Geschäftsführer<br />
in Ostdeutschland ist, dass<br />
über die Hälfte Eigentumsanteile an der<br />
Firma besitzt und diese überwiegend durch<br />
Kauf oder Gründung erworben wurden. In<br />
Westdeutschland hält weniger als die Hälfte<br />
der Befragten Firmenanteile, doch in etwa 25<br />
Prozent der Fälle handelt es sich um Alleineigentümer<br />
(der entsprechende Anteil beträgt<br />
bei den Ostdeutschen nur etwa 10 Prozent<br />
wegen der in der Vergangenheit beschränkten<br />
Möglichkeiten Kapital zu akkumulieren). In<br />
Westdeutschland kam der Eigentumserwerb<br />
hauptsächlich durch Vererbung und Schenkung<br />
zustande.<br />
Von den befragten Unternehmensleitern,<br />
die 2010 eine Unternehmensübergabe<br />
beabsichtigten, strebten<br />
mehr als ein Drittel das innerhalb<br />
der Verwandtschaft an. Hinsichtlich dieser<br />
Planungen gibt es nur geringe Ost-West-Unterschiede.<br />
Die traditionelle Form des Generationswechsels<br />
innerhalb der Familie ist gegenüber<br />
der Übertragung der Verantwortung auf<br />
andere Personengruppen oder gar auf andere<br />
Unternehmen dominierend (Tabelle 16).<br />
„Familienkapitalistische“ Strukturen besitzen<br />
allgemein in der deutschen Wirtschaft einen<br />
großen Stellenwert. 9 Dies bezieht sich sowohl<br />
auf das Eigentum an Firmen, in der Form<br />
des Eigentümer-Unternehmers, in dessen<br />
Person Firmeneigentum und Firmenleitung<br />
zusammenfallen, als auch auf die Wege, mit<br />
denen die Kontinuität der Unternehmen<br />
sichergestellt werden soll. Die familieninterne<br />
Nachfolge stellt auch in den regionalen<br />
ostdeutschen Wirtschaftseliten die vorherrschend<br />
angestrebte Form der Weiterführung<br />
des Unternehmens dar. Daher ist es durchaus<br />
wahrscheinlich, dass sich in den nächsten<br />
Jahrzehnten in Ostdeutschland ein ähnlicher<br />
„Familienkapitalismus“ wie im Westen<br />
herausbilden wird, in dem Familienunternehmen<br />
eine wichtige Rolle spielen werden<br />
(Bluhm/Martens 2011).<br />
Für die Charakterisierung nationaler Managementkulturen<br />
gilt das Qualifikationsprofil<br />
der Führungskräfte auf den obersten<br />
Leitungsebenen als ein wichtiger Indikator.<br />
Bis in die 1980er Jahre hinein gehörte zu den<br />
kennzeichnenden Eigenschaften des westdeutschen<br />
Managements die im internationalen<br />
NGLEICHUNGENVONUALIFIKATIONS<br />
Vergleich hervorstechende Dominanz von<br />
PROFILEN<br />
Ingenieuren und Technikern. Seitdem hat der<br />
Anteil ingenieurwissenschaftlich ausgebildeter<br />
Unternehmensleiter in Westdeutschland
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
kontinuierlich abgenommen, zugunsten des<br />
Bedeutungsgewinns von Führungskräften<br />
mit kaufmännischem und wirtschaftswissenschaftlichem<br />
Ausbildungshintergrund.<br />
Inzwischen liegt der Anteil technischer oder<br />
ingenieurwissenschaftlicher Qualifikationen<br />
von Mitgliedern der ersten Führungsebene des<br />
westdeutschen industriellen Mittelstandes bei<br />
52,4 Prozent.<br />
Anders sehen die Ergebnisse für das ostdeutsche<br />
Topmanagement aus, das weiterhin in hohem<br />
Maße von Ingenieuren und Technikern geprägt<br />
wird. Im letzten Jahrzehnt wurden immer Prozentanteile<br />
naturwissenschaftlich-technischer<br />
Studienabschlüsse zwischen 70 und 80 Prozent<br />
gemessen (Tabelle 17).<br />
Damit erweisen sich die Veränderungen der<br />
Qualifikationsprofile speziell der ostdeutschen<br />
ersten Führungsebene als viel „konservativer“<br />
als die des Managements im Allgemeinen. Dort<br />
ist nämlich der Angleichungsprozess an den<br />
Westen sehr viel schneller abgelaufen, indem<br />
in den letzten Jahren vermehrt Wirtschaftswissenschaftler<br />
eingestellt wurden, wenngleich<br />
immer noch Unterschiede zwischen den Qualifikationsprofilen<br />
im ost- und westdeutschen<br />
Management existieren (Tabelle 18).<br />
Die im Zuge des <strong>SFB</strong> <strong>580</strong> durchgeführten<br />
Analysen zum Wandel im deutschen Managementhaben<br />
allgemein sowohl Konvergenzen der<br />
Ost-West-Unterschiede als auch eine Stabilität<br />
von Divergenzen auf der ersten Führungsebene<br />
von Unternehmens offen gelegt (Martens<br />
IRTSCHAFTSELITEN EINUNGSMUSTERDERREGIONALEN<br />
2007). Dies betrifft beispielsweise, wie weiter<br />
oben dargestellt, Qualifikationsprofile im<br />
Management, das Führungsverständnis und<br />
das Auseinanderfallen von institutionellem<br />
Wandel und Generationswechsel an der Unternehmensspitze.<br />
Ein Bereich, in dem die<br />
Divergenzen vergleichsweise stark ausgeprägt<br />
sind und man vermuten kann, dass sich länger<br />
wirkende gesellschaftliche Einflüsse zeigen,<br />
stellen Meinungsmuster dar, die auch als kognitive<br />
„Fundierung“ von Managementkonzepten<br />
angesehen werden können (Martens 2007).<br />
Im Folgenden werden die auf dieser Basis<br />
gefundenen Einstellungsmuster der ost- und<br />
westdeutschen Unternehmensleiter im Kontrast<br />
und im Zeitverlauf dargestellt. Zudem<br />
wird die Analyse ausgeweitet, indem aktuelle<br />
Meinungsbilder der deutschen Bevölkerung<br />
herangezogen werden. Damit können Transformationseffekte<br />
abgeschätzt werden und es<br />
lässt sich untersuchen, wie stark Ost- bzw.<br />
West-Einflüsse im Vergleich zu Wirkungen<br />
der jeweiligen sozialen Position und Funktion<br />
sind, die die Unternehmensleiter ausüben.<br />
Ost-West-Unterschiede zwischen ökonomischen<br />
Funktionseliten lassen sich in Bezug<br />
auf gesellschaftspolitische Orientierungen feststellen.<br />
Diese können zu zwei Einstellungsmustern<br />
verdichtet werden, die sich umschreiben<br />
lassen als<br />
soziale Marktwirtschaftler“, die eine<br />
stärkere Präferenz für Konsensorientierung<br />
und Interessenausgleich<br />
in der betrieblichen Praxis<br />
aufweisen sowie eher Aspekte der<br />
sozialen Integration im unternehmerischen<br />
Handeln berücksichtigt wissen wollen und<br />
Seite 45
Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />
Situation<br />
Seite 46<br />
Konkurrenzkapitalisten“, die eher neoliberale<br />
Wirtschaftspositionen vertreten und<br />
weniger geneigt sind, sich für die sozialen<br />
Konsequenzen konkurrenzkapitalistischer<br />
Gewinnmaximierungsstrategien verantwortlich<br />
zu fühlen.<br />
Die Ost-West-Differenz ist der dominierende<br />
Faktor für die Variation der gesellschaftspolitischen<br />
Orientierungen. Westdeutsche<br />
Unternehmensleiter sind ungefähr zu zwei<br />
Dritteln „soziale Marktwirtschaftler“, während<br />
ostdeutsche mehrheitlich als „Konkurrenzkapitalisten“<br />
klassifiziert werden<br />
(Tabelle 19). Die regionale Herkunft besitzt<br />
durchgehend einen starken Einfluss auf die<br />
Meinungsmuster, wobei der relativ große<br />
Anteil ostdeutscher Konkurrenzkapitalisten<br />
zum Teil mit den geringeren Einkommen in<br />
Ostdeutschland erklärt werden kann (Martens<br />
2007). Unterschiedliche Befragungen<br />
im Zeitraum 2002-2010 verdeutlichen, dass<br />
insbesondere bei den Ostdeutschen der Anteil<br />
der sozialen Marktwirtschaftler angestiegen<br />
und dementsprechend der Prozentsatz der<br />
Konkurrenzkapitalisten kleiner geworden ist.<br />
Welche Unterschiede bestehen nun zwischen<br />
den Meinungsbildern von Führungskräften<br />
der Wirtschaft und der Bevölkerung? Im<br />
Ost-West-Vergleich zeigen sich die größten<br />
Gegensätze innerhalb der deutschen Bevölkerung<br />
bei Bewertungen der Einflussnahme<br />
des Staates auf die Wirtschaft.<br />
Dies entspricht der gesellschaftliche<br />
„Hauptkonfliktlinie“ soziale Gerechtigkeit<br />
vs. Marktfreiheit, die<br />
üblicherweise bei allgemeinen Bevölkerungsbefragungen<br />
abgebildet wird. Der Wunsch<br />
nach sozialer Gerechtigkeit und Absicherung,<br />
die beide durch den Staat sichergestellt werden<br />
sollen, ist bis in gehobene soziale Schichten in<br />
Deutschland weit verbreitet (Neugebauer 2007:<br />
58ff.). Dementsprechend befürwortete etwa<br />
die Hälfte der ostdeutschen Bevölkerung in<br />
einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung<br />
des Sonderforschungsbereichs im Jahre 2009<br />
eine wirtschaftlich aktive Rolle des Staates,<br />
die sogar Maßnahmen zur Umverteilung<br />
von Reichtum einschließt. Die Bevölkerung<br />
in Westdeutschland ist in diesen Fragen mit<br />
Zustimmungsraten von etwa einem Drittel zurückhaltender.<br />
Doch auch hier besteht immer<br />
eine große Abweichung zu den Auffassungen<br />
der wirtschaftlichen Führungskräfte, die sich<br />
zum überwiegenden Teil gegen jegliche staatliche<br />
Einflussnahme aussprechen (Abbildung<br />
31). Diese Differenzen entlang der gesellschaftlichen<br />
Hauptkonfliktlinie entsprechen<br />
der Beobachtung von Hartmann (2007: 157),<br />
der von einem Elitenkonsens in Deutschland<br />
hinsichtlich wirtschafts- und gesellschaftspolitischer<br />
Fragen ausgeht. Die Eliten seien<br />
sich bei der Steuer-, Arbeitsmarkt- und<br />
Rentenpolitik relativ einig, während es in<br />
Bezug auf moralische Gesichtspunkte größere<br />
Unterschiede gäbe.<br />
In den Ost-West-Unterschieden zwischen den<br />
Unternehmensleitern spiegelt sich das Ost-<br />
West-Verhältnis der Bevölkerungsantworten<br />
wider. So sind die Geschäftsführer mehrheitlich<br />
gegen Umverteilung, doch die Ablehnung<br />
der ostdeutschen Führungskräfte fällt schwächer<br />
aus als die der westdeutschen, womit sie<br />
in der Tendenz dem Ost-West-Unterschied<br />
in der Bevölkerung entsprechen. Ähnliche<br />
Antwortmuster sind auch bei den Fragen zu<br />
beobachten, ob sich freies Unternehmertum<br />
und soziale Gerechtigkeit ausschließen oder ob
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Gewerkschaften überflüssig sind.<br />
Daraus lassen sich zwei Schlussfolgerungen ziehen:<br />
Einerseits macht der Ost-West-Vergleich<br />
die langfristigen Wirkungen der geschichtlichen<br />
Entwicklung und der persönlichen Sozialisation<br />
sichtbar. Er zeigt die unterschiedlich geprägten<br />
Wahrnehmungen und Einschätzungen über<br />
die wirtschaftliche Rolle des Staates, von<br />
Unternehmen in Marktwirtschaften oder von<br />
Interessenvertretungen der Arbeitnehmer.<br />
Andererseits können die Differenzen zwischen<br />
der Bevölkerung und den wirtschaftlichen<br />
Führungskräften auf Interessengegensätze zurückgeführt<br />
werden, die sich durch ihre unterschiedlichen<br />
sozialen Positionen ergeben.<br />
Die letztgenannten Unterschiede haben einen<br />
größeren Einfluss, sodass die Meinungsbilder<br />
zwischen Bevölkerung und Wirtschaftseliten<br />
relativ weit auseinander liegen. Gleichwohl<br />
spielt die langfristige Prägung – in der „alten<br />
Bundesrepublik“ oder in der DDR – auch 20<br />
Jahre nach der Wende eine Rolle, wie sich in<br />
den Ost-West-Differenzen sowohl innerhalb<br />
der Bevölkerung als auch unter den Unternehmensleitern<br />
zeigt. Doch existieren diese<br />
Unterschiede regionaler Art weniger parallel<br />
zur gesellschaftlichen Hauptkonfliktlinie, sie<br />
sind ihr vielmehr nachgeordnet.<br />
Die regionalen Wirtschafteliten mit einer ostdeutschen<br />
Herkunft werden immer noch durch<br />
den „langen Schatten der Wende“ beeinflusst. Es<br />
dominieren bei diesen Eliten Personen, die erste<br />
Führungserfahrungen in der DDR sammeln<br />
NACHDEMYSTEMUMBRUCH AHRE IRTSCHAFTSELITEN AZIT<br />
konnten; die einen technischen Qualifikationshintergrund<br />
aufweisen und deren gesellschaftspolitische<br />
Orientierungen sich teilweise<br />
von denen westdeutscher Vergleichsgruppen<br />
unterscheiden.<br />
Doch ist ebenso zu beobachten, dass sich die<br />
Einstellungen der Wirtschaftseliten in Ost<br />
und West, gerade da, wo es um ihre Interessenwahrnehmung<br />
geht, angeglichen haben.<br />
Aufgrund der Altersstruktur der ostdeutschen<br />
Unternehmensleiter ist ein größerer Generationswechsel<br />
in der Zukunft wahrscheinlich,<br />
der in den Traditionslinien der Familie<br />
geplant wird. Welche Folgen dieser Generationswechsel<br />
auf die Unternehmen haben wird,<br />
ist nicht zuletzt aufgrund der Einführung<br />
neuer Managementkonzepte im industriellen<br />
Mittelstand (z.B. verstärktes Controlling und<br />
Orientierung an Konzepten der Unternehmenswertsteigerung)<br />
sowie veränderter Rahmenbedingungen<br />
in den ostdeutschen Betrieben<br />
offen. So ist auch bei den Belegschaften<br />
ostdeutscher Unternehmen in den nächsten<br />
Jahren ein verstärkter Generationswechsel zu<br />
erwarten.<br />
Dieser „doppelte Generationswechsel“ in der<br />
Zukunft könnte demnach den Wandel in den<br />
Unternehmen beschleunigen und trotzdem<br />
in den Traditionen „familienkapitalistischer“<br />
Strukturen ablaufen.<br />
Seite 47
CHLUSSBETRACHTUNGUNDUSBLICK<br />
Martens,<br />
Schlussbetrachtung<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
und<br />
Ausblick<br />
7<br />
Wie sich gezeigt hat, weisen die<br />
Entwicklungen der politischen<br />
Führungsgruppen und der Wirtschaftseliten<br />
Unterschiede, aber auch einige<br />
Gemeinsamkeiten auf. Vor allem in Bezug<br />
auf Rekrutierung und Karrierepfade sowie auf<br />
Einstellungsmuster lässt sich sowohl in der<br />
Politik als auch im wirtschaftlichen Bereich<br />
eine Konvergenz der ost- und westdeutschen<br />
Elitegruppen beobachten, wobei die Adaption<br />
der ostdeutschen Eliten an in Westdeutschland<br />
ausgeprägte Muster vorherrschend ist.<br />
Dabei unterscheiden sich beiden betrachteten<br />
Gruppen in der Entwicklung der ersten Jahre<br />
nach dem Systemumbruch insbesondere hinsichtlich<br />
der Geschwindigkeit des Elitenwechsels.<br />
Innerhalb der Politik kam es im Zuge der<br />
Wende nach Jahren blockierter Aufstiege der<br />
Subeliten zu einem nachgeholten und umfassenden<br />
Elitenaustausch. Für die Wirtschaft gilt<br />
dies nicht. Hier sind auffällige Kontinuitäten<br />
und ein verzögerter Generationenwechsel zu<br />
beobachten, dessen Verzögerung bis heute anhält<br />
– mittlerweile allerdings in abgeschwächter<br />
Form.<br />
Seite 48<br />
Als Gemeinsamkeit sind u.a. die Spezifika des<br />
Elitenimports aus Westdeutschland zu erwähnen.<br />
Für die hier betrachteten Elitegruppen<br />
gilt, dass der Anteil von in der alten Bundesrepublik<br />
Geborenen, die nun in den neuen Bundesländern<br />
Elitenpositionen einnehmen, umso<br />
größer ist, je höher die jeweilige Statusebene<br />
ist. Demgegenüber steht ein erheblich geringerer<br />
bzw. marginaler Anteil an Ostdeutschen,<br />
die westdeutsche Elitepositionen einnahmen<br />
und einnehmen – was sowohl für die Politik<br />
als auch für die Wirtschaft gilt. Ähnlich ist<br />
die im Vergleich zu Westdeutschland größere
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
Bedeutung technischer Qualifikationen und<br />
Erfahrungen. Wenngleich nicht zwingend von<br />
einem technokratischen Verständnis von Politik<br />
und Wirtschaft gesprochen werden kann, ist<br />
doch der größere Anteil von Technikern und<br />
Naturwissenschaftlern in beiden betrachteten<br />
Elitengruppen augenfällig. Schließlich ist die<br />
Tatsache des Angleichens ost- und westdeutscher<br />
Eliten in beiden Sphären zu erwähnen.<br />
Dies wird sowohl bei den Karrieren deutlich<br />
als auch bei den Einstellungen zu wichtigen<br />
sozialen und politischen Fragen.<br />
Die vorliegende Synopse zeigt neben typischen<br />
Entwicklungen, die den Rahmenbedingungen<br />
des Systemumbruchs geschuldet sind, auch<br />
Spezifika für Politik und Wirtschaft. Vor<br />
diesem Hintergrund stellt eine systematische<br />
Analyse der Frage, inwiefern diese Dynamiken<br />
durch subsystemische Eigenlogiken bedingt<br />
sind, einen lohnenden Gegenstand künftiger<br />
Forschung dar.<br />
Seite 49
Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />
1<br />
Vgl. die folgende, als unveröffentlichte DVD vorliegende<br />
Quelle: Martens, Bernd (2011): Wirtschaftseliten in der DDR<br />
und im wiedervereinigten Deutschland, in: FU Berlin, Projektteam<br />
Wiedervereinigung (Hrsg.): 20 Jahre deutsche Wiedervereinigung,<br />
Band 10, sowie Vogel, Lars/Gerstenhauer, Daniel<br />
(2011): Politische Eliten in der DDR und im wiedervereinigten<br />
Deutschland, in: FU Berlin, Projektteam Wiedervereinigung<br />
(Hrsg.): 20 Jahre deutsche Wiedervereinigung, Band 10.<br />
NDNOTEN<br />
2<br />
In der Europäischen Gemeinschaft wird mit folgenden Definitionen<br />
gearbeitet: „Kleinstunternehmen“: weniger als 10<br />
Mitarbeiter und Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme von<br />
höchstens 2 Mio. EUR; „kleine Unternehmen“: weniger als 50<br />
Mitarbeiter und Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme von<br />
höchstens 10 Mio. EUR; „mittlere Unternehmen“: weniger als<br />
250 Mitarbeiter und entweder Jahresumsatz von höchstens<br />
50 Mio. EUR oder Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio.<br />
EUR. Kleine und mittelgroße Unternehmen werden auch oft<br />
zusammengefasst, so genannte KMU oder in Englisch SME<br />
(Small and Middle-sized Enterprises).<br />
3<br />
West- und ostdeutsche Personen werden in diesem Text durchgängig<br />
anhand des folgenden Kriteriums unterschieden, das in<br />
sozialwissenschaftlichen Erhebungen zu diesem Thema üblich<br />
ist: Wohnort der jeweiligen Person am 30.6.1990 (das war der<br />
Tag der Währungsunion von der BRD und der DDR).<br />
6<br />
Vgl. Kapitel 5.1. Allgemein lasse sich für die osteuropäischen<br />
Tranformationsländer ein bemerkenswert einheitliches Bild<br />
erkennen, schreiben Sattler und Boyer (2009: 61): „The change<br />
in personnel on the top floors of the economy was much slower<br />
than in the field of politics.“<br />
7<br />
Hatschikjan (1998) sieht in der „Revolution der Stellvertreter“<br />
die Gemeinsamkeit der ökonomischen Transformationen in Osteuropa,<br />
die die Berufschancen dieses Personenkreises entscheidend<br />
verbesserte.<br />
8<br />
Um die zeitliche Vergleichbarkeit zu gewährleisten wurden nur<br />
die kommunalen und regionalen Positionen zur Vorerfahrung<br />
gezählt, die auch nach der Wiedervereinigung fortbestanden.<br />
Daher fällt der Anteil an solchen Positionen geringer aus, als der<br />
Anteil an Transitionspolitikern.<br />
9<br />
Nach der Studie von Klein lag der Anteil der Familienunternehmen<br />
mit einem Umsatz von 2-100 Mio. DM bezogen auf<br />
alle deutschen Unternehmen dieser Umsatzklassen bei 70 %.<br />
Familienunternehmen erwirtschafteten kumuliert „in allen<br />
Branchen außer der Dienstleistungsbranche mehr Umsatz als<br />
Nicht-Familienunternehmen. Im verarbeitenden Gewerbe<br />
erwirtschaften Familienunternehmen [in Deutschland] 50 %<br />
mehr Umsatz als Nicht-Familienunternehmen“ (Klein 2004:<br />
51). Neuere Untersuchungen des Sonderforschungsbereichs <strong>580</strong><br />
bestätigen diese Zahlen.<br />
Seite 50<br />
4<br />
Nach dem Politikwissenschaftler Herfried Münkler (2000:<br />
80f.) ist die Entkoppelung von Funktions- und Werteliten<br />
ein Merkmal moderner Gesellschaften, das den sozialistischen<br />
Ländern notwendigerweise fehlte, weil anderenfalls der<br />
Wahrheitsanspruch des Marxismus-Leninismus infrage gestellt<br />
worden wäre. Die Entkoppelung von Funktionserfüllung und<br />
Vorbildverhalten steigere die Leistungsfähigkeit in gesellschaftlichen<br />
Teilsystemen wie beispielsweise der Wirtschaft. Es ist<br />
jedoch auch zu beobachten, dass zunehmend in der deutschen<br />
Öffentlichkeit in den letzten Jahren moralische Defizite und<br />
mangelndes Verantwortungsbewusstsein insbesondere der<br />
nationalen Wirtschaftseliten diskutiert werden.<br />
5<br />
Beim Konzept eines „Marktes für Unternehmenskontrolle“<br />
wird davon ausgegangen, dass auf entsprechenden<br />
Märkten unterschiedliche Akteure um<br />
die Kontrolle über Unternehmen konkurrieren (Höpner/Jackson<br />
2001). Nach diesem Konzept entstand mit der Schaffung der<br />
Treuhandanstalt ein solcher Markt in der DDR, der jedoch<br />
stark verzerrt war.
Literatur<br />
Aderhold, Jens u.a. (1994): Von der Betriebs- zur Zeckgemeinschaft,<br />
Berlin: Edition Sigma.<br />
ITERATUR<br />
Berghoff, Hartmut (2003) Abschied vom klassischen Mittelstand.<br />
Kleine und mittlere Unternehmen in der bundesdeutschen Wirtschaft<br />
des späten 20. Jahrhunderts, in: Berghahn, Volker R./Unger,<br />
Stefan/Ziegler, Dieter (Hrsg.): Die deutsche Wirtschaftselite<br />
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Seite 53
Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />
Tabelle 1: Fallzahlen der <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie nach Vergleichsperioden<br />
(in Personen) ..........56<br />
ABELLENVERZEICHNIS<br />
Tabelle 2: Fallzahlen der <strong>Jena</strong>er Parlamentarierbefragung nach Befragungszeitpunkten<br />
(Personen) ..........56<br />
Tabelle 3: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Beschäftigtengrößenklassen<br />
und Wirtschaftszweigen 2004 (in % bezogen auf die<br />
Beschäftigtenzahl im jeweiligen Wirtschaftsbereich). ..........57<br />
Tabelle 4: Angaben über die Anzahl von Ost- und Westdeutschen<br />
in Bezug auf Elitepositionen im Teilsystem der Wirtschaft. ..........57<br />
Tabelle 5: Bildungsabschlüsse der Vorstandsvorsitzenden der 100 größten<br />
deutschen Unternehmen (in % der erfassten Vorstandsvorsitzenden) ..........58<br />
Tabelle 6: Fachrichtungen des Hochschulstudiums nach der hierarchischer<br />
Ebene von Wirtschaftskadern in der DDR ..........58<br />
Tabelle 7: Anzahl der Betriebe und Beschäftigen nach Betriebsgrößenklassen<br />
im verarbeitenden Gewerbe vor und nach dem gesellschaftlichen Umbruch ..........59<br />
Tabelle 8: Verteilung der regionalen Herkunft von Unternehmensleitern<br />
mittelständischer Unternehmen in den Betriebsgrößenklassen 50-1.000<br />
Beschäftige, verarbeitendes Gewerbe nach dem Standort der Unternehmen. ..........59<br />
Tabelle 9: Positionen ehemaliger DDR-Kombinatseliten ungefähr zehn<br />
Jahre nach der Wende 1990, Stichprobengröße 58 Fälle ..........60<br />
Seite 54<br />
Tabelle 10: Prozentsätze typischer Karrieremuster ehemaliger DDR-<br />
Kombinatseliten ungefähr zehn Jahre nach der Wende 1990, Stichprobengröße<br />
298 Fälle ..........60<br />
Tabelle 11: Ausfaller- und Aussteigerquoten nach den Leitungsressorts<br />
ehemaliger DDR-Kombinatseliten ungefähr zehn Jahre<br />
nach der Wende 1990 ..........61
Tabellen<br />
Tabelle 12: Beschreibende Merkmale von Karrieremustern ostdeutscher<br />
Unternehmensleiter, verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigten ..........62<br />
Tabelle 13: Anteil verschiedener Fachrichtungen bei Hochschulabsolventen<br />
in der Repräsentationselite im Zeitverlauf (in Prozent) ..........63<br />
Tabelle 14: Anteile derjenigen Unternehmensleiter, die schon vor 1989 auf<br />
Führungspositionen, d.h. mit Personalverantwortung, tätig waren, verarbeitendes<br />
Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte ..........63<br />
Tabelle 15: Besitz von Firmenanteilen durch Unternehmensleiter, verarbeitendes<br />
Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte ..........63<br />
Tabelle 16: Angestrebte Unternehmensübergaben laut Auskunft von<br />
Unternehmensleitern, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte ..........64<br />
Tabelle 17: Anteile natur- und ingenieurwissenschaftlicher Studienabschlüsse<br />
von Unternehmensleitern, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte ..........64<br />
Tabelle 18: Anteile technischer und naturwissenschaftlicher Qualifikationen<br />
allgemein im Management ost- und westdeutscher Betriebe,<br />
verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte ..........64<br />
Tabelle 19: Anteile konkurrenzkapitalistischer und sozial-marktwirtschaftlicher<br />
Meinungsmuster unter Unternehmensleitern ost- und westdeutscher<br />
Betriebe, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigten ..........65<br />
Seite 55
Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />
Tabelle 1: Fallzahlen der <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie nach Vergleichsperioden (in Personen)<br />
<strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie (N) 1990-94 94-98 98-02 02-06 06-10<br />
Westdeutsche<br />
Repräsentationselite<br />
Ostdeutsche<br />
Repräsentationselite<br />
Bundesebene 550 555 558 526 519<br />
Landesebene 1570 1586 1548 1470 1253<br />
Bundesebene 149 138 141 102 123<br />
Landesebene 670 573 588 591 565<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie.<br />
Tabelle 2: Fallzahlen der <strong>Jena</strong>er Parlamentarierbefragung nach Befragungszeitpunkten (Personen)<br />
<strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung<br />
N (Response-Rate in Prozent)<br />
2003 2007 2010<br />
Westdeutsche<br />
Repräsentationselite<br />
Ostdeutsche<br />
Repräsentationselite<br />
Bundesebene 120 (24) 129 (26) 119 (24)<br />
Landesebene 341 (72) 304 (67) 284 (58)<br />
Bundesebene 45 (45) 49 (42) 51 (44)<br />
Landesebene 430 (81) 402 (75) 372 (69)<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung. Da einzelne Landesparlamente nicht seit 2003 an jeder Befragung<br />
teilnahmen, wurde für die Analyse nur auf die seit 2003 kontinuierlich befragten Parlamente zurückgegriffen.<br />
Seite 56
Tabellen<br />
Tabelle 3: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Beschäftigtengrößenklassen und Wirtschaftszweigen<br />
2004 (in % bezogen auf die Beschäftigtenzahl im jeweiligen Wirtschaftsbereich).<br />
Wirtschaftsbereich<br />
Ostdeutschland<br />
Betriebsgrößenklassen (Zahl der Beschäftigten)<br />
1 – 4 5 – 9 10 – 49 50 – 199 200 – 249 250 – 499<br />
mehr<br />
als 500<br />
Land- und Forstwirtschaft 13,3 % 11,3 % 46,9 % 21,5 % 1,9 % 4,1 % 1,0 %<br />
Verarbeitendes Gewerbe 4,6 % 6,2 % 25,4 % 30,7 % 5,1 % 11,4 % 16,6 %<br />
Unternehmensorientierte<br />
Dienstleistungen<br />
15 % 10,8 % 27,5 % 27,4 % 3,6 % 8,3 % 7,4 %<br />
übrige Dienstleistungen 5,3 % 4,6 % 18,6 % 25,4 % 3,9 % 14,5 % 27,7 %<br />
Insgesamt 10,7 % 9,3 % 26,1 % 24,7 % 3,5 % 9,6 % 16,1 %<br />
Wirtschaftsbereich<br />
Westdeutschland<br />
Betriebsgrößenklassen (Zahl der Beschäftigten)<br />
1 – 4 5 – 9 10 – 49 50 – 199 200 – 249 250 – 499<br />
mehr<br />
als 500<br />
Land- und Forstwirtschaft 35,1 % 19,9 % 33,4 % 9,5 % 0,6 % 0,2 % 1,3 %<br />
Verarbeitendes Gewerbe 3 % 3,9 % 15,5 % 21,8 % 4,3 % 13,9 % 37,6 %<br />
Unternehmensorientierte<br />
Dienstleistungen<br />
12,4 % 9,6 % 26,6 % 26,1 % 3,6 % 8,9 % 12,8 %<br />
übrige Dienstleistungen 8,4 % 6,9 % 21,3 % 24,1 % 4,3 % 12,2 % 22,8 %<br />
Insgesamt 9,2 % 8,6 % 22,9 % 22,8 % 3,5 % 10,4 % 22,6 %<br />
„Sozialversicherungspflichtig beschäftigt“ bedeutet, dass keine Nebentätigkeiten oder geringfügigen Beschäftigungen ausgeübt<br />
werden. In der Bundesrepublik liegt die Grenze der Geringfügigkeit augenblicklich bei einem Verdienst von 400 EUR im Monat.<br />
Quelle: Eckdaten der Mittelstandsstatistik, Institut für Mittelstandsforschung Mannheim.<br />
Tabelle 4: Angaben über die Anzahl von Ost- und Westdeutschen in Bezug<br />
auf Elitepositionen im Teilsystem der Wirtschaft.<br />
Sektor Gesamt Ostdeutsche Ostquote im Sektor<br />
Wirtschaft 249 1 0,4 %<br />
Wirtschaftsverband 173 14 8,1 %<br />
Gesamt 422 15 3,6 %<br />
Es handelt sich um die Stichprobe der Wirtschaftseliten im Rahmen der so genannten „Potsdamer Elitenstudie“ von<br />
1995. Quelle: Elitenbefragung von Bürklin/Rebenstorf 1997, S. 67.<br />
Seite 57
Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />
Tabelle 5: Bildungsabschlüsse der Vorstandsvorsitzenden der 100 größten deutschen<br />
Unternehmen (in % der erfassten Vorstandsvorsitzenden)<br />
Jahr<br />
BWL<br />
Ingenieur- und<br />
Naturwissenschaften<br />
Rechtswissenschaften<br />
Studienfach<br />
Ohne Studium Lehre Promotion<br />
1970 (n=84) 26,2 % 25,0 % 32,1 % 16,7 % 16,7 % 44,0 %<br />
1995 (n=86) 38,4 % 23,2 % 31,4 % 7,0 % 25,6 % 46,5 %<br />
2004 (n=88) 41,0 % 36,4 % 12,5 % 10,2 % 23,9 % 47,7 %<br />
Erhebung der Daten für die Jahre 1970, 1995 und 2004. Quelle: Hartmann 2006, S. 435.<br />
Tabelle 6: Fachrichtungen des Hochschulstudiums nach der hierarchischer<br />
Ebene von Wirtschaftskadern in der DDR<br />
Studienfach<br />
Hierarchische Position<br />
Generaldirektor Fachdirektor Betriebsdirektor Abteilungsleiter<br />
Ökonomie 48,2 % 44,3 % 47,4 % 35,5 %<br />
Ingenieur- und Naturwissenschaften<br />
53,6 % 46,6 % 47,0 % 55,3 %<br />
Rechtswissenschaften 0,9 % 2,3 % 2,4 % 1,8 %<br />
Geisteswissenschaften 3,6 % 9,1 % 3,2 % 4,3 %<br />
Gesellschaftswissenschaften 39,3 % 4,1 % 3,2 % 1,2 %<br />
Summe* 145,5 % 106,4 % 103,2 % 98,1 %<br />
* Mehr als 100 % kommen durch die Absolvierung eines Zweitstudiums zustande.<br />
Quelle: Zentraler Kaderdatenspeicher des Ministerrates der DDR 1989, nach Salheiser 2009, S. 189.<br />
Seite 58
Tabellen<br />
Tabelle 7: Anzahl der Betriebe und Beschäftigen nach Betriebsgrößenklassen im verarbeitenden<br />
Gewerbe vor und nach dem gesellschaftlichen Umbruch<br />
Verteilung der Betriebe<br />
Betriebsgrößenklassen nach Beschäftigten im Betrieb<br />
Jahr 1-19* 20-99 100-199 200-499 500-999<br />
1.000 und<br />
mehr<br />
Summe<br />
(absolut)<br />
1987 3,5 % 15,2 % 15,2 % 25,1 % 16,3 % 24,7 % 3.423<br />
1992 14,6 % 57,8 % 14,2 % 8,6 % 2,9 % 1,9 % 6.364<br />
1994 11,8 % 67,2 % 12,7 % 6,1 % 1,5 % 0,7 % 6.950<br />
1980 12,6 % 59,9 % 12,9 % 9,3 % 3,0 % 2,3 % 48.719<br />
1994 11,6 % 60,8 % 13,5 % 9,3 % 2,9 % 1,9 % 43.700<br />
Verteilung der Beschäftigten<br />
Betriebsgrößenklassen nach Beschäftigten im Betrieb<br />
Ostdeutschland<br />
Westdeutschland<br />
Ostdeutschland<br />
Westdeutschland<br />
Jahr 1-19 20-99 100-199 200-499 500-999<br />
1.000 und<br />
mehr<br />
Summe<br />
(in 1.000)<br />
1987 0,1 % 1,0 % 2,4 % 8,6 % 12,2 % 75,7 % 3.230,6<br />
1992 1,2 % 19,8 % 14,6 % 18,9 % 14,5 % 31,0 % 878,2<br />
1994 1,6 % 33,2 % 19,3 % 21,4 % 11,8 % 12,7 % 634,1<br />
1980 0,8 % 17,3 % 11,4 % 18,1 % 13,2 % 39,2 % 7.717,7<br />
1994 0,9 % 19,2 % 13,2 % 20,2 % 14,2 % 32,3 % 6.231,9<br />
* Die kleinste Betriebsgrößenklasse ist nur bedingt vergleichbar. In der DDR-Statistik bildeten 25 Beschäftigte die Obergrenze dieser<br />
Betriebsgrößenklasse.<br />
Quelle: Staatliche Zentralverwaltung für Statistik der DDR, Statistisches Bundesamt, nach Pohlmann/Gergs 1996, S. 98.<br />
Tabelle 8: Verteilung der regionalen Herkunft von Unternehmensleitern mittelständischer<br />
Unternehmen in den Betriebsgrößenklassen 50-1.000 Beschäftige, verarbeitendes<br />
Gewerbe nach dem Standort der Unternehmen.<br />
Regionale Herkunft des<br />
Unternehmensleiters<br />
Westdeutschland<br />
Befragung 2002<br />
Betrieb in<br />
Ostdeutschland<br />
Anzahl<br />
Westdeutsch 99,0 % 30,5 % 493<br />
Ostdeutsch 1,0 % 69,5 % 255<br />
Anzahl 387 361<br />
Regionale Herkunft des<br />
Unternehmensleiters<br />
Westdeutschland<br />
Befragung 2010<br />
Betrieb in<br />
Ostdeutschland<br />
Anzahl<br />
Westdeutsch 97,7 % 35,1 % 297<br />
Ostdeutsch 2,3 % 64,9 % 162<br />
Anzahl 217 242<br />
Seite 59<br />
Quelle: Unternehmensbefragungen des Teilprojektes A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong> in den Jahren 2002 und 2010.
Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />
Tabelle 9: Positionen ehemaliger DDR-Kombinatseliten ungefähr zehn Jahre<br />
nach der Wende 1990, Stichprobengröße 58 Fälle<br />
Position<br />
Anteil<br />
Geschäftsführer in einem Wirtschaftsunternehmen 36 %<br />
Führungsposition in 2. Leitungsebene in einem Wirtschaftsunternehmen 12 %<br />
Mitarbeiter in einem Wirtschaftsunternehmen 9 %<br />
Selbstständiger 7 %<br />
Geschäftsführer in einem Verband 3 %<br />
Führungsposition in 2. Leitungsebene in einem Arbeitsförderunternehmen 3 %<br />
Führungsposition in 2. Leitungsebene in einer Verwaltung 2 %<br />
Mitarbeiter in einem ABM*-Projekt 2 %<br />
Arbeitslos 2 %<br />
Vorruhestand/Rente 24 %<br />
* ABM bedeutet Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die von der Agentur für Arbeit finanziert wurden. Diese Maßnahmen boten<br />
Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb des normalen Arbeitsmarktes (auf dem so genannten „Zweiten Arbeitsmarkt“).<br />
In den 1990er Jahren war ABM in der Bundesrepublik Deutschland stark verbreitet.<br />
Quelle: Schreiber u.a. 2002, S. 139.<br />
Tabelle 10: Prozentsätze typischer Karrieremuster ehemaliger DDR-Kombinatseliten<br />
ungefähr zehn Jahre nach der Wende 1990, Stichprobengröße 298 Fälle<br />
Karriereverläufe<br />
Anteil<br />
Gründer<br />
gründete sein eigenes Unternehmen, ist dort als Geschäftsführer tätig und kann<br />
somit zu den (regionalen) Wirtschaftseliten gezählt werden<br />
20 %<br />
Fortsetzer<br />
ist als Führungskraft der ersten bzw. zweiten Leitungsebene in einem Unternehmen<br />
mit anderen Eigentümern tätig und kann somit ebenfalls (bedingt) zu den (regionalen)<br />
Wirtschaftseliten gerechnet werden<br />
20 %<br />
Absteiger<br />
hat seinen Elitestatus verloren und ist als fachkompetenter Mitarbeiter in einem<br />
Unternehmen tätig<br />
17 %<br />
Bleiber<br />
nahm Führungspositionen in der ersten Leitungsebene im Kombinatsnachfolger<br />
ein und wirkte maßgeblich an der Entflechtung bzw. Liquidierung des Kombinates<br />
mit<br />
18 %<br />
Seite 60<br />
Wechsler<br />
Ausfaller<br />
wechselte als Führungskraft der ersten bzw. zweiten Leitungsebene in einen anderen<br />
Elitesektor (z.B. vom Geschäftsführer in die Verwaltung)<br />
hatte einen Berufsverlauf, der im wesentlichen durch<br />
Arbeitslosigkeit gekennzeichnet war<br />
5 %<br />
4 %<br />
Aussteiger ging sofort in Vorruhestand bzw. in Rente 16 %<br />
Quelle: Schreiber u.a. 2002, S. 141.
Tabellen<br />
Tabelle 11: Ausfaller- und Aussteigerquoten nach den Leitungsressorts ehemaliger<br />
DDR-Kombinatseliten ungefähr zehn Jahre nach der Wende 1990<br />
Leitungsressort<br />
Ausfaller- und Aussteigerquoten<br />
Forschung und Entwicklung 0 %<br />
Wissenschaft und Technik 5 %<br />
Materialwirtschaft 7 %<br />
Generaldirektor/Stellvertreter ohne eigenes Ressort 14 %<br />
Technik 15 %<br />
Generaldirektor 16 %<br />
Datenverarbeitung 17 %<br />
Produktion 17 %<br />
„Ausfaller“ = das berufliche Schicksal wurde nach 1990 hauptsächlich durch Arbeitslosigkeit gekennzeichnet;<br />
„Aussteiger“ = Verrentung.<br />
Quelle: Schreiber u.a. 2002, S. 144.<br />
Seite 61
Seite 62<br />
Tabelle 12: Beschreibende Merkmale von Karrieremustern ostdeutscher Unternehmensleiter,<br />
verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigten<br />
Unabhängige Variablen<br />
1: Gleiche<br />
leitende<br />
Position über<br />
die Wende<br />
hinweg<br />
Cluster 1, 2 und 3 werden im<br />
Text zusammengefasst<br />
2: „Wendegewinner“<br />
im gleichen<br />
Betrieb<br />
3: „Wendegewinner“<br />
nach frühem<br />
Betriebswechsel<br />
Cluster der Karriereverläufe<br />
Cluster 4 und 5 im Text<br />
zusammengefasst<br />
4: Aufsteiger<br />
mit Unternehmenswechsel<br />
in<br />
den 1990ern<br />
5: Unternehmenswechsler<br />
Cluster 6 und 7 im Text<br />
zusammengefasst<br />
6: In<br />
leitenden<br />
Positionen<br />
im gleichen<br />
Betrieb<br />
7: Wechsel<br />
in leitende<br />
Positionen<br />
nach der<br />
Wende<br />
Im Unternehmen seit (Mittelwert) 1973 1978 1984 1991 1991 1988 1995 1984<br />
Beginn der Berufstätigkeit<br />
(Mittelwert)<br />
1965 1968 1968 1970 1968 1971 1973 1969<br />
Alter in Jahren (Mittelwert) 56 54 53 52 52 50 48 53<br />
Frauenanteil - 2,9 % 21,4 % 3,6 % 10,3 % 14,3 % 5,0 % 7,6 %<br />
Geschäftsführer 100,0 % 83,8 % 78,6 % 89,3 % 89,7 % 76,2 % 80,0 % 84,8 %<br />
Betriebsleiter - 7,4 % 7,1 % 7,1 % 6,9 % 14,3 % 10,0 % 7,6 %<br />
Gesamte<br />
Stichprobe<br />
Prokuristen - 8,8 % 14,3 % 3,6 % 3,4 % 9,5 % 10,0 % 7,6 %<br />
Keine Führungsposition bei Betriebseintritt,<br />
d.h. interne Aufstiege<br />
82,4 % 82,4 % 78,6 % 14,3 % 27,6 % 61,9 % 45,0 % 59,7 %<br />
Anteil technischer Qualifikationen 94,1 % 89,7 % 71,4 % 92,9 % 89,7 % 81,0 % 80,0 % 86,3 %<br />
Anteil kaufmännischer<br />
Qualifikationen<br />
17,6 % 17,6 % 42,9 % 21,4 % 20,7 % 28,6 % 30,0 % 24,2 %<br />
Besitz von Eigentumsanteilen<br />
am Unternehmen<br />
76,5 % 57,4 % 66,7 % 64,3 % 65,5 % 33,3 % 35,0 % 57,6 %<br />
Firmengründung<br />
Firmenteilhaber<br />
7,7 % 20,5 % 11,1 % 55,6 % 68,4 % - 42,9 % 30,6 %<br />
durch<br />
Kauf 84,6 % 76,9 % 72,2 % 50,0 % 21,1 % 85,7 % 42,9 % 62,8 %<br />
Neugegründetes Unternehmen 11,8 % 28,8 % 34,6 % 81,5 % 63,0 % 38,1 % 52,6 % 42,9 %<br />
Häufigkeit in der Stichprobe 8,1 % 32,2 % 13,3 % 13,3 % 13,7 % 10,0 % 9,5 %<br />
Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />
Befragungszeitpunkt 2002. Es wurden Cluster ähnlicher Berufsverläufe durch statistische Analysen berechnet. Im Text werden die Verlaufscluster 1, 2 und 3, 4 und 5 sowie 6 und 7<br />
zusammengefasst. Quelle: Ereignisdatensatz der Karriereverläufe, Unternehmensbefragung 2002 des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong> nach Martens 2005, S. 221f.
Tabellen<br />
Tabelle 13: Anteil verschiedener Fachrichtungen bei Hochschulabsolventen<br />
in der Repräsentationselite im Zeitverlauf (in Prozent)<br />
90-94 94-98 98-02 02-06 06-10<br />
Theologie 0,5 0,8 0,7 0,8 1,3<br />
Jura 27,3 24,8 25,2 26,0 27,5<br />
Westdtl.<br />
Wirtschaft 16,6 17,2 17,7 19,7 18,7<br />
Naturwissenschaft, Technik, Medizin 15,1 15,1 14,0 14,3 14,1<br />
Sozial- und Geisteswiss., Pädagogik 38,9 40,1 41,1 36,9 35,7<br />
Sonstiges 1,6 2,1 1,3 2,3 2,6<br />
Theologie 4,2 4,5 3,7 3,6 2,5<br />
Jura 5,5 5,2 7,1 8,8 14,7<br />
Ostdtl.<br />
Wirtschaft 7,8 9,7 9,2 11,7 12,1<br />
Naturwissenschaft, Technik, Medizin 59,9 52,3 46,5 38,3 33,5<br />
Sozial- und Geisteswiss., Pädagogik 21,6 27,8 33,2 36,8 35,6<br />
Sonstiges 1,0 0,5 0,4 0,8 1,6<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie.<br />
Tabelle 14: Anteile derjenigen Unternehmensleiter, die schon vor 1989 auf Führungspositionen,<br />
d.h. mit Personalverantwortung, tätig waren, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte<br />
Befragungsjahr<br />
Anteile derjenigen Unternehmensleiter, die bereits vor 1989 Führungsverantwortung hatten<br />
Ostdeutsche<br />
Westdeutsche<br />
2002 79,1 % 72,0 %<br />
2005 74,8 % 55,7 %<br />
2010 67,1 % 54,8 %<br />
Befragungszeitpunkte 2002, 2005 und 2010, Quelle: Unternehmensbefragungen des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich<br />
<strong>580</strong>.<br />
Tabelle 15: Besitz von Firmenanteilen durch Unternehmensleiter,<br />
verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte<br />
Anteile von Firmeneigentümern unter allen Unternehmensleitern<br />
Seite 63<br />
Ostdeutsche<br />
Westdeutsche<br />
51,3 % 44,0 %<br />
Quelle: Unternehmensbefragung 2010 des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong>.
Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />
Tabelle 16: Angestrebte Unternehmensübergaben laut Auskunft von Unternehmensleitern,<br />
verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte<br />
Der Nachfolger an der Unternehmensspitze<br />
ist …<br />
ostdeutscher Herkunft<br />
Unternehmensleiter<br />
westdeutscher Herkunft<br />
ein Verwandter 34,8 % 39,5 %<br />
ein Miteigentümer 9,2 % 4,6 %<br />
ein angestellter Manager 13,5 % 6,7 %<br />
ein Angestellter 1,4 % 1,0 %<br />
ein externer Manager 2,1 % 4,6 %<br />
ein anderes Unternehmen 1,4 % 1,5 %<br />
Anzahl der geplanten Unternehmensübergaben 141 195<br />
Quelle: Unternehmensbefragung 2010 des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong>.<br />
Tabelle 17: Anteile natur- und ingenieurwissenschaftlicher Studienabschlüsse von<br />
Unternehmensleitern, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte<br />
Befragungsjahr<br />
ostdeutscher Herkunft<br />
Unternehmensleiter<br />
westdeutscher Herkunft<br />
2002 71,8 % 41,4 %<br />
2005 74,1 % 39,3 %<br />
2010 80,0 % 53,8 %<br />
Befragungszeitpunkte 2002, 2005 und 2010. Quelle: Unternehmensbefragungen des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich<br />
<strong>580</strong>.<br />
Tabelle 18: Anteile technischer und naturwissenschaftlicher Qualifikationen allgemein im<br />
Management ost- und westdeutscher Betriebe, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte<br />
Befragungsjahr<br />
Ostdeutschland<br />
Unternehmen in<br />
Westdeutschland<br />
Seite 64<br />
2002 72,7 % 56,6 %<br />
2005 67,2 % 49,8 %<br />
2010 61,7 % 46,6 %<br />
Befragungszeitpunkte 2002, 2005 und 2010. Quelle: Unternehmensbefragungen des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich<br />
<strong>580</strong>.
Tabellen<br />
Tabelle 19: Anteile konkurrenzkapitalistischer und sozial-marktwirtschaftlicher Meinungsmuster unter<br />
Unternehmensleitern ost- und westdeutscher Betriebe, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigten<br />
Befragungsjahr<br />
„Konkurrenzkapitalisten“ unter…<br />
ostdeutschen Unternehmensleitern<br />
westdeutschen Unternehmensleitern<br />
„Soziale Marktwirtschaftler“ unter…<br />
ostdeutschen Unternehmensleitern<br />
westdeutschen Unternehmensleitern<br />
2002 61 % 37 % 39 % 63 %<br />
2005 66 % 38 % 34 % 62 %<br />
2010 55 % 31 % 45 % 69 %<br />
Befragungszeitpunkte 2002, 2005 und 2010. Quelle: Unternehmensbefragungen des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong>,<br />
eigene Berechnungen und Martens 2007.<br />
Seite 65
Martens, Abbildungen<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
Abbildung 1: Parteimitgliedschaft in der SED von Betriebsdirektoren und<br />
Fachdirektoren (Hauptabteilungsleitern) in Volkseigenen Betrieben der<br />
verarbeitenden Industrie nach Geburtskohorten ..........69<br />
BBILDUNGSVERZEICHNIS<br />
Abbildung 2: Sozialer Hintergrund (Eltern gehörten zur Arbeiterklasse)<br />
von Betriebsdirektoren und Fachdirektoren (Hauptabteilungsleitern) in<br />
Volkseigenen Betrieben der verarbeitenden Industrie nach Geburtskohorten ..........69<br />
Abbildung 3: Prozentuale Anteile akademischer Bildungsabschlüsse von<br />
Betriebsdirektoren und Fachdirektoren (Hauptabteilungsleitern) in<br />
Volkseigenen Betrieben der verarbeitenden Industrie nach Geburtskohorten ..........70<br />
Abbildung 4: Verteilung der Anfangsjahre beruflicher Episoden einer<br />
Gruppe von Unternehmern und Geschäftsführern von Betrieben des<br />
verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigten ..........70<br />
Abbildung 5: Verweildauer auf der aktuellen Position einer Gruppe von<br />
Unternehmern und Geschäftsführern von Betrieben des verarbeitenden<br />
Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigten ..........71<br />
Abbildung 6: Regionale Mobilität unter Parlamentsabgeordneten (in Prozent) ..........71<br />
Abbildung 7: Abgeordnete mit Parteimitgliedschaft oder politischen Ämter/<br />
Mandaten in der DDR vor 1989 (in Prozent) ..........72<br />
Abbildung 8: Anteil an Transitionspolitikern sowie Transitionspolitiker und<br />
DDR-Funktionsträger kombiniert unter den Repräsentationseliten (in Prozent) ..........72<br />
Abbildung 9: Durchschnittsalter der Repräsentationseliten (in Prozent) ..........73<br />
Seite 66<br />
Abbildung 10: Hochschulabschluss (<strong>Universität</strong> und Fachhochschule)<br />
der Repräsentationseliten (in Prozent) ..........73<br />
Abbildung 11: Erfahrungen der Repräsentationseliten in Parteifunktionen<br />
vor erstem Mandat (in Prozent) ..........74<br />
Abbildung 12: Erfahrungen der Repräsentationseliten in kommunalen und<br />
regionalen Ämtern/Mandaten vor erstem Mandat (in Prozent) ..........74
Abbildungen<br />
Abbildung 13: Zustimmung, dass Abgeordneter ein richtiger Beruf ist (in<br />
Prozent)* ..........75<br />
Abbildung 14: Zustimmung, dass Abgeordnete gleichzeitig in einem anderen<br />
Beruf arbeiten sollten (in Prozent)* ..........75<br />
Abbildung 15: Politiknahe Berufe vorm ersten Mandat (in Prozent)* ..........76<br />
Abbildung 16: Politisches Klassenbewusstsein (in Prozent) ..........76<br />
Abbildung 17: Kontakthäufigkeit zu Mitgliedern anderer Fraktionen (in<br />
Prozent)* ..........77<br />
Abbildung 18: Wahrnehmung von Unterschieden zwischen Abgeordneten<br />
aus Ost- und Westdeutschland (in Prozent)* ..........77<br />
Abbildung 19: Repräsentationsverständnis bei Bundestagsabgeordneten (in<br />
Prozent) ..........78<br />
Abbildung 20: Repräsentationsverständnis bei Landesparlamentariern (in<br />
Prozent) ..........78<br />
Abbildung 21: Trilemma der politischen Prioritäten bei Bundestagsabgeordneten<br />
(in Prozent) ..........79<br />
Abbildung 22: Trilemma der politischen Prioritäten bei Landesparlamentariern<br />
(in Prozent) ..........79<br />
Abbildung 23: Fraktionsdisziplin im Bundestag (in Prozent)* ..........80<br />
Abbildung 24: Fraktionsdisziplin in den Landesparlamenten (in<br />
Prozent)* ..........80<br />
Abbildung 25: Abweichendes Stimmverhalten von Bundestagsabgeordneten<br />
(in Prozent) ..........81<br />
Seite 67<br />
Abbildung 26: Abweichendes Stimmverhalten von Landesparlamentariern<br />
(in Prozent) ..........81<br />
Abbildung 27: Zufriedenheit mit der Abgeordnetentätigkeit (in Prozent)* ..........81
Martens, Abbildungen<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
Abbildung 28: Demokratiezufriedenheit (in Prozent) ..........82<br />
Abbildung 29: Altersverteilung von Unternehmern und Geschäftsführern<br />
von Betrieben des verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigte, im<br />
Jahre 2002. ..........82<br />
Abbildung 30: Altersverteilung von Unternehmern und Geschäftsführern<br />
von Betrieben des verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigte, im<br />
Jahre 2010 ..........83<br />
Abbildung 31: Vergleich der Zustimmung zu ausgewählten Meinungsitems<br />
in der Bevölkerung und bei regionalen Wirtschaftseliten (Unternehmensleiter<br />
im industriellen Mittelstand) ..........83<br />
Seite 68
50% 60% 70% 80% 90% 100% ParteimitgliedschaftinderSED<br />
40%<br />
50% 60% 70% 80% SozialerHintergrund<br />
40%<br />
Abbildungen<br />
Abbildung 1: Parteimitgliedschaft in der SED von Betriebsdirektoren und Fachdirektoren (Hauptabteilungsleitern)<br />
in Volkseigenen Betrieben der verarbeitenden Industrie nach Geburtskohorten<br />
10% 20% 30%<br />
Quelle: Zentraler Kaderdatenspeicher des Ministerrates der DDR 1989, nach Best 2007, S. 36.<br />
50% 60% 70% 80% 90% AkademischeBildungsabschlüsse<br />
40%<br />
Martens, Abbildungen<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
Abbildung 3: Prozentuale Anteile akademischer Bildungsabschlüsse von Betriebsdirektoren<br />
und Fachdirektoren (Hauptabteilungsleitern) in Volkseigenen Betrieben der<br />
verarbeitenden Industrie nach Geburtskohorten<br />
Quelle: Zentraler Kaderdatenspeicher des Ministerrates der DDR 1989, nach Best 2007, S.<br />
10% 20% 30%<br />
34.<br />
Abbildung 4: Verteilung der Anfangsjahre beruflicher Episoden einer Gruppe von Unternehmern<br />
und Geschäftsführern von Betrieben des verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000<br />
20% 30% 40% 50% VerweildaueraufderPositionimJahr2002<br />
10%<br />
Abbildungen<br />
Abbildung 5: Verweildauer auf der aktuellen Position einer Gruppe von Unternehmern und<br />
Geschäftsführern von Betrieben des verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigten<br />
Befragungszeitpunkt 2002. Quelle: Ereignisdatensatz der Karriereverläufe, Unternehmensbefragung<br />
2002 des Teilprojekts A2,<br />
0·4 Jahre 5·9 Jahre 10·14 Jahre 15·19 Jahre 20·29 Jahre 30+ Jahre ostdeutsche<br />
253 26% 23% 47% 2% 2% 0% westdeutsche<br />
Sonderforschungsbereich<br />
0%<br />
<strong>580</strong>.<br />
41% 25% 15% 7% 8% 4% 483 Unternehmensleiter,n=<br />
Abbildung 6: Regionale Mobilität unter Parlamentsabgeordneten (in Prozent)<br />
Seite 71<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie
30 40 50<br />
20<br />
40 50 60<br />
30<br />
Martens, Abbildungen<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
Abbildung 7: Abgeordnete mit Parteimitgliedschaft oder politischen<br />
Ämter/Mandaten in der DDR vor 1989 (in Prozent)<br />
60<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie; Politische Ämter/Mandate: Rat der Stadt, Gemeindevertretung,<br />
Stadtverordnetenversammlung Rat des Kreises, Kreisrat, Bürgermeister, Rat des Bezirkes,<br />
Bezirksverordnetenversammlung, Bezirkstag, Volkskammer, Bezirkssekretär (SED), Minister oder<br />
Staatssekretär. Der Stichtag, bis zu dem eine Position noch zum alten Regime der DDR zählt, ist für<br />
kommunale Positionen der Mai 1990 und auf zentraler Ebene der März 1990.<br />
Parteimitgliedschaftvor<br />
94ì98 02ì06 FunktionsträgerinderDDR vor1989 22,8 17,1 13,4 10,1 7,1 90ì94 0 98ì02 10 06ì10<br />
39,8 37,7 34,7 44,0 49,1 Abbildung 8: Anteil an Transitionspolitikern sowie Transitionspolitiker und DDR-<br />
Funktionsträger kombiniert unter den Repräsentationseliten (in Prozent)<br />
70<br />
Seite 72<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie; Transitionspolitiker: zu den Positionen siehe Abbildung<br />
7, zusätzlich wurde noch die Mitarbeit an den Runden Tischen berücksichtigt. Stichtag auf kommunaler<br />
Ebene ist nach Mai 1990, auf zentraler Ebene März 1990.<br />
9498 9802 0206 0610<br />
57,4 53,1 51,5 39,7 25,9 Transitionspolitikeroder DDRFunktionsträger 64,2 57,6 55,0 42,6 28,2 0 10 20<br />
9094
30 40 50<br />
20<br />
30 40 50 60 70 80 90 100<br />
20<br />
Abbildungen<br />
Abbildung 9: Durchschnittsalter der Repräsentationseliten (in Prozent)<br />
60<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie<br />
94.98 02.06 MdBWest 49,7 49,7 50,5 49,5 49,8 MdBOst 45 47 47,5 48,2 47,6 MdLWest 48,3 48,4 49,1 48,9 49,3<br />
90.94 0 98.02 10 06.10<br />
47,4 46,7 46,9 45,7 44,6 MdLOst<br />
Abbildung 10: Hochschulabschluss (<strong>Universität</strong> und Fachhochschule)<br />
der Repräsentationseliten (in Prozent)<br />
Seite 73<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie<br />
94C98 02C06 MdBWest 73,3 74,2 74,6 79,1 81,3 MdBOst 86,6 83,3 83,0 86,3 82,1 MdLWest 61,3 62,5 65,5 67,3 66,9 90C94 0 98C02 10 06C10<br />
73,1 72,6 71,8 77,8 80,6 MdLOst
30 40 50 60 70<br />
20<br />
15 20 25 30<br />
10<br />
Martens, Abbildungen<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
Abbildung 11: Erfahrungen der Repräsentationseliten in Parteifunktionen vor<br />
erstem Mandat (in Prozent)<br />
80<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie; Parteifunktionen: Vorstand oder Vorsitz oder Orts-,<br />
Kreis-, Landes- oder Bundesebene.<br />
94X98 02X06 MdBWest 55,5 59,3 64,5 70,9 72,4 MdBOst 41,6 43,5 48,2 50,0 61,0 MdLWest 55,0 54,2 59,0 61,9 58,4 90X94 0 98X02 10 06X10<br />
45,9 56,5 57,8 43,8 39,7 MdLOst<br />
Abbildung 12: Erfahrungen der Repräsentationseliten in kommunalen und regionalen<br />
Ämtern/Mandaten vor erstem Mandat (in Prozent)<br />
35<br />
Seite 74<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie; Kommunale und regionale Ämter/Mandate: Bürgermeister,<br />
Landrat, Stadtrat, Kreistag.<br />
94m98 02m06 06m10 MdBWest 18,4 15,1 11,6 15,8 7,7 MdBOst 22,1 14,5 14,2 11,8 13,8 MdLWest 20,1 23,1 21,6 24,2 18,9 90m94 05 98m02<br />
22,9 15,8 23,2 24,5 30,7 MdLOst
100 80<br />
40 30<br />
Abbildungen<br />
Abbildung 13: Zustimmung, dass Abgeordneter ein richtiger Beruf ist (in Prozent)*<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Im Folgenden einige Aussagen zur<br />
Politik als Beruf. Was meinen Sie: Treffen diese Aussagen voll und ganz zu, eher zu oder treffen sie eher<br />
nicht oder gar nicht zu? Abgeordnete(r) sein ist ein richtiger Beruf.“<br />
* Die Kategorien „trifft eher zu“ und „trifft voll und ganz zu“ wurden zusammengefasst.<br />
MdBWest MdLWest 88,1 82,8 2007 72,9 84,4 82,1 80,7 0<br />
40 60<br />
2010 80,4 77,4 83,5 81,9 84,3 84,2 2003 MdLOst MdBOst<br />
14: Zustimmung, dass Abgeordnete gleichzeitig in einem<br />
anderen Beruf arbeiten sollten (in Prozent)*<br />
60Abbildung<br />
50<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Im Folgenden einige Aussagen zur<br />
Politik als Beruf. Was meinen Sie: Treffen diese Aussagen voll und ganz zu, eher zu oder treffen sie<br />
eher nicht oder gar nicht zu? Eigentlich wäre es gut, wenn Abgeordnete gleichzeitig in einem (anderen)<br />
Beruf arbeiten würden.“<br />
* Die Kategorien „trifft eher zu“ und „trifft voll und ganz zu“ wurden zusammengefasst.<br />
MdBWest MdLWest 16,7 38,1 52,7 2007 14,6 31,4 33,9 50,8 0 10 20<br />
2010 19,6 22,6 32,3 42,7 29,2 2003 MdLOst MdBOst<br />
Seite 75
Martens, Abbildungen<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
Abbildung 15: Politiknahe Berufe vorm ersten Mandat (in Prozent)*<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie<br />
* Unter „politiknahe Berufe“ wurden bspw. Tätigkeiten wie Referenten oder Gewerkschaftsfunktionäre<br />
gezählt.<br />
Abbildung 16: Politisches Klassenbewusstsein (in Prozent)<br />
Seite 76<br />
Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Empfinden Sie eigentlich ein Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
auch mit den Abgeordnetenkollegen der anderen Parteien und Fraktionen oder<br />
empfinden Sie kein solches Zusammengehörigkeitsgefühl?“
Abbildungen<br />
Abbildung 17: Kontakthäufigkeit zu Mitgliedern anderer Fraktionen (in Prozent)*<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Treffen Sie sich auch außerhalb der regulären<br />
Sitzungen mit Mitgliedern anderer Fraktionen zu politischen Absprachen? Wenn ja, tun Sie das sehr<br />
oft, häufig, oder selten?“<br />
* Die Kategorien „häufig“ und „sehr oft“ wurden zu „häufig“ zusammengefasst.<br />
Abbildung 18: Wahrnehmung von Unterschieden zwischen Abgeordneten<br />
aus Ost- und Westdeutschland (in Prozent)*<br />
Seite 77<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Wenn Sie an die ostdeutschen und westdeutschen<br />
Abgeordneten in Ihrem Parlament denken, gibt es da große oder gewisse Unterschiede oder gibt es<br />
zwischen Ost- und West-Abgeordneten nur geringe bzw. gar keine Unterschiede?“<br />
* Diese Frage wurde nur an Parlamentarier aus dem Bundestag und dem Berliner Abgeordnetenhaus gestellt.
Martens, Abbildungen<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
Abbildung 19: Repräsentationsverständnis bei Bundestagsabgeordneten (in Prozent)<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Verstehen Sie sich als Abgeordneter in<br />
erster Linie als Vertreter Ihrer Partei, Ihrer eigenen Wähler, Ihres Wahlkreises oder als Vertreter des gesamten<br />
Landes?“<br />
Abbildung 20: Repräsentationsverständnis bei Landesparlamentariern (in Prozent)<br />
Seite 78<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Verstehen Sie sich als Abgeordneter in<br />
erster Linie als Vertreter Ihrer Partei, Ihrer eigenen Wähler, Ihres Wahlkreises oder als Vertreter des gesamten<br />
Landes?“
Abbildungen<br />
Abbildung 21: Trilemma der politischen Prioritäten bei Bundestagsabgeordneten (in Prozent)<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Die Sanierung der Staatsfinanzen, das<br />
wirtschaftliche Wachstum und die Verringerung der sozialen Ungleichheit gelten allesamt als wichtige politische<br />
Ziele. Wenn Sie diese Ziele bewerten müssten, welches Ziel käme für Sie an erster Stelle: die Verringerung<br />
der sozialen Ungleichheit, das wirtschaftliche Wachstum oder die Sanierung der Staatsfinanzen?“<br />
Abbildung 22: Trilemma der politischen Prioritäten bei Landesparlamentariern (in Prozent)<br />
Seite 79<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Die Sanierung der Staatsfinanzen, das<br />
wirtschaftliche Wachstum und die Verringerung der sozialen Ungleichheit gelten allesamt als wichtige politische<br />
Ziele. Wenn Sie diese Ziele bewerten müssten, welches Ziel käme für Sie an erster Stelle: die Verringerung<br />
der sozialen Ungleichheit, das wirtschaftliche Wachstum oder die Sanierung der Staatsfinanzen?“
70 80 90 60<br />
Martens, Abbildungen<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
Abbildung 23: Fraktionsdisziplin im Bundestag (in Prozent)*<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Bei wichtigen Abstimmungen sollte ein<br />
Abgeordneter mit seiner Fraktion stimmen, auch wenn er/sie anderer Meinung ist.“<br />
* Die Kategorien „trifft eher zu“ und „trifft voll und ganz zu“ wurden zusammengefasst.<br />
Abbildung 24: Fraktionsdisziplin in den Landesparlamenten (in Prozent)*<br />
Seite 80<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Bei wichtigen Abstimmungen<br />
sollte ein Abgeordneter mit seiner Fraktion stimmen, auch wenn er/sie anderer Meinung ist.“<br />
* Die Kategorien „trifft eher zu“ und „trifft voll und ganz zu“ wurden zusammengefasst.<br />
2007 MdLOst(ohneLINKE) 68,5 MdLWest 76 0 20 30 40 50 10<br />
38,8 35,8 39,5 MdLOstÄLINKE 74,2 78,4 64,9 68,7 2010 2003
50 60 70 80 90 40<br />
60 50<br />
Abbildungen<br />
Abbildung 25: Abweichendes Stimmverhalten von Bundestagsabgeordneten (in Prozent)<br />
80<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Haben Sie schon einmal bei einer<br />
für Ihre Fraktion wichtigen Abstimmung gegen Ihre Fraktion gestimmt, obwohl ein einheitliches<br />
Abstimmungsverhalten erwartet wurde?“<br />
2007 MdBOst(ohneLINKE) 73,5 MdBWest 57,7 46,2 0 20 40 60<br />
MdBOstâLINKE 28,6 26,3 47,8 71,9 63,4 2010 2003<br />
Abbildung 26: Abweichendes Stimmverhalten von Landesparlamentariern (in Prozent)<br />
70<br />
Seite 81<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Haben Sie schon einmal bei einer<br />
für Ihre Fraktion wichtigen Abstimmung gegen Ihre Fraktion gestimmt, obwohl ein einheitliches<br />
Abstimmungsverhalten erwartet wurde?“<br />
2007 MdLOst(ohneLINKE) 45,9 MdLWest 36 0 10 20 30 40<br />
MdLOstÿLINKE 65,3 57,5 49,1 31,7 36,8 47,6 61,9 2010 2003<br />
Abbildung 27: Zufriedenheit mit der Abgeordnetentätigkeit (in Prozent)*<br />
100<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Einmal ganz allgemein betrachtet:<br />
Wie befriedigend ist für Sie persönlich Ihre Tätigkeit als Parlamentarier(-in): Ist sie sehr<br />
befriedigend, weitgehend befriedigend, einigermaßen befriedigend oder eher unbefriedigend?“<br />
* Die Kategorien „weitgehend befriedigend“ und „sehr befriedigend“ wurden zusammengefasst.<br />
2007 MdBOst 73 MdBWest 86 90 MdLOst 76 60 76 2003 0 2010 10 20 30<br />
82 84 87 86 84 82 MdLWest
20 30 40 50 60 70 80<br />
10<br />
15% 20% 25%<br />
10%<br />
Jahr2002<br />
Martens, Abbildungen<br />
Vogel, Gerstenhauer<br />
28: Demokratiezufriedenheit (in Prozent)<br />
100Abbildung<br />
90<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Wie zufrieden oder unzufrieden<br />
sind Sie alles in allem mit der Demokratie, so wie sie in Deutschland in der Praxis funktioniert?<br />
Sind Sie sehr zufrieden, ziemlich zufrieden, ziemlich unzufrieden oder sehr unzufrieden?“<br />
Ost WestMdL Ost MdL WestMdB Ost MdB WestMdL Ost MdL West 2007 2010 sehrzufrieden 10 17 5 15 9 18 8 16 MdB 0 MdB<br />
69 62 78 56 61 66 71 ziemlichunzufrieden23 11 29 5 35 16 23 9 sehrunzufrieden 0 3 4 2 0 5 3 4 67 ziemlichzufrieden<br />
Abbildung 29: Altersverteilung von Unternehmern und Geschäftsführern von Betrieben des<br />
verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigte, im Jahre 2002.<br />
AltersverteilungvonUnternehmernundGeschäftsführernim<br />
Seite 82<br />
Quelle: Unternehmensbefragung 2002 des Teilprojekts<br />
=71 ostdeutsche<br />
A2, Sonderforschungsbereich 5%<br />
<strong>580</strong>.<br />
Unternehmersleiter,n=4886,1%18,0%17,2%12,9%16,4%17,6%9,6%1,6%4,0% westdeutsche Unternehmersleiter,n=2536,0%6,3%13,4%22,9%20,9%19,0%10,7%0,8%0,0%
25% 30% 35% GeschäftsführernimJahr2010<br />
20%<br />
10% 20% 30% 40% 50% 60% West(Unter±nehmens±leiter) West(Bevölkerung) Ost(Unter±nehmens±leiter) Ost(Bevölkerung)<br />
0%<br />
nehmensÆleiter) West (Bevölkerung) Ost(UnterÆ nehmensÆleiter)Ost(Bevölkerung) West(UnterÆ<br />
Abbildungen<br />
Abbildung 30: Altersverteilung von Unternehmern und Geschäftsführern von Betrieben<br />
des verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigte, im Jahre 2010<br />
AltersverteilungvonUnternehmernund<br />
Quelle: Unternehmensbefragung 2010 des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich 10% 15%<br />
<strong>580</strong>.<br />
Abbildung 31: Vergleich der Zustimmung zu ausgewählten Meinungsitems in der Bevölkerung<br />
und bei regionalen Wirtschaftseliten (Unternehmenseiter im industriellen<br />
=71 ostdeutsche Unternehmersleiter,n=1612,5%3,7%9,3%12,4%18,0%29,8%19,9%3,1%1,2% westdeutsche Unternehmersleiter,n=2392,1%7,5%12,1%23,4%18,8%16,3%9,6%7,1%2,9%<br />
Mittelstand)<br />
VergleichUnternehmensleiterþBevölkerung<br />
Seite 83<br />
Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong> Bevölkerungsbefragung 2010 A-Gaube und 3. Welle der Unternehmensbefragung<br />
des Teilprojekts A2 2010, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong>.<br />
VerantwortungdesStaateskann nurdurchUmverteilungvon Reichtumwahrgenommen werden. 6,1% 36,4% 18,7% 54,6% Gewerkschaftensindüberflüssig 24,2% 11,2% 41,9% 16,0% Diesozialeundpolitische<br />
sozialeGerechtigkeitschließen sichaus 3,5% 21,3% 10,3% 27,4% DerStaatsolltedieWirtschaft regulierenundkontrollieren 6,5% 31,2% 7,1% 50,2% FreiesUnternehmertumund
B90/Grüne<br />
BKÜRZUNGEN<br />
Abkürzungen<br />
Bündnis90/Die Grünen<br />
CDU<br />
DIE LINKE<br />
DDR-LV<br />
FDP<br />
IM<br />
LDPD<br />
MPIB-Berlin<br />
PDS/DIE LINKE<br />
SDP<br />
SED<br />
Christlich Demokratische Union<br />
Nachfolgepartei der PDS<br />
Projekt „Lebensverläufe und historischer Wandel in der<br />
DDR“<br />
Freie Demokratische Partei<br />
Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für<br />
Staatssicherheit<br />
(MfS)<br />
Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (DDR)<br />
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin<br />
Partei des Demokratischen Sozialismus/DIE LINKE<br />
(in Ostdeutschland ehemals SED). Aus sprachlichen<br />
Gründen nur „LINKE“ genannt.<br />
Sozialdemokratische Partei (DDR)<br />
Sozialistische Deutsche Arbeiterpartei<br />
<strong>SFB</strong> Sonderforschungsbereich <strong>580</strong><br />
SPD<br />
STASI<br />
WASG<br />
ZK der SED<br />
Sozialdemokratische Partei Deutschlands<br />
umgangssprachliche Abkürzung für: Ministerium für Staatssicherheit<br />
Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit<br />
Zentralkomitee der SED<br />
Seite 84
Dokumente<br />
Dokument 1:<br />
OKUMENTE<br />
Zitat aus einem Interview mit einem früheren Wirtschaftskader in der DDR über Strategien,<br />
um den Wirtschaftsplan zu unterlaufen. Quelle: Schreiber u.a. 2002, S. 158.<br />
„Ich sage mal eine Zahl. Anstatt 1.000 Arbeitsplätze, sage ich mal, völlig ausreichend gewesen<br />
wären, haben wir eben 1.300 geplant. Und haben 1.100 in Anspruch genommen.<br />
Und damit haben wir 200 Arbeitsplätze eingespart. Das ist eine Lohnkosteneinsparung<br />
von bla, bla, bla mal 12 Monate und schon haben wir den Plan erfüllt. So wurde gearbeitet.<br />
Das war doch ganz logisch. Da hat doch, das ging wirklich von ganz unten los.<br />
Da wurde doch getrickst bis zum geht nicht mehr. Und ich meine, heutzutage in der<br />
Marktwirtschaft wird genauso getrickst. Da waren wir noch ehrlicher. Also ich habe das<br />
bei [dem Kombinat] X erlebt.“<br />
Dokumente 2:<br />
Zitate aus Interviews mit Leitern ostdeutscher Unternehmen über die Arbeit der Treuhandanstalt.<br />
Quelle: Interviewabschriften, Teilprojekt A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong>,<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>.<br />
„Ja das war ein Originalbetrieb, wurde aber dann nach der Wende als erstes stillgelegt.<br />
Und wir hatten an sich das Ansinnen gestellt, ein Management Buy Out, durchzuführen.<br />
Hatten auch ein gutes Konzept, hat alles gepasst, aber die Treuhand hat uns das<br />
nicht zugemutet oder zugetraut, wie das halt manchmal so war. Und da haben wir gesagt,<br />
wir verwirklichen unser Konzept hier in “ (Interview 42, Gespräch mit einem<br />
ostdeutschen Unternehmer in der Metallbearbeitung, 2004).<br />
„1989 dann nach der Wende wurde gleich Anfang 1990 der Antrag auf<br />
Reprivatisierung gestellt. Dann wurde 1991 die Reprivatisierung durchgeführt.<br />
Das heißt, wir haben dann noch einen langen Kampf gehabt<br />
mit der Treuhand über drei Jahre über die vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen“<br />
(Interview 51, Gespräch mit einem ostdeutschen<br />
Unternehmer in der Elektroindustrie, 2007).<br />
Seite 85<br />
„Das [den Management Buy Out] hat die Treuhand vier Jahre lang boykottiert. Die<br />
Treuhand wollte den Standort schließen, sollte also alles platt gemacht werden,<br />
sowohl die Steckverbinderproduktion als auch die Leiterplattenproduktion. Und
Dokumente<br />
Seite 86<br />
wenn es nach der Treuhand gegangen wäre, würde es uns heute nicht mehr geben.“ Dies<br />
wurde von der THA mit Überkapazitäten in der entsprechenden Branche in Deutschland<br />
begründet. „[…] Es ist genügend Kapazität in den alten Bundesländern da, und da muss<br />
man also nicht noch einen Wettbewerber hier am Leben erhalten […] Und 1994 ist dann<br />
endlich der Reprivatisierungsbeschluss durch gewesen und von den 3.000 Beschäftigten<br />
[1989] sind 120 [1994] übrig geblieben“ (Interview 53, Gespräch mit einem ostdeutschen<br />
Unternehmer in der Elektroindustrie, 2007).<br />
Dokumente 3:<br />
Zitate aus Interviews mit Leitern ostdeutscher Unternehmen über ihre größte unternehmerische<br />
Herausforderung. Quelle: Interviewabschriften, Teilprojekt A2, Sonderforschungsbereich<br />
<strong>580</strong>, <strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>.<br />
„Nach der Wende musste ich mich im Interesse des Unternehmens ganz anders verhalten,<br />
ich musste also sämtliches Persönliches, was man so drin hat, wegstecken. Das war ein<br />
ziemlich einschneidender Punkt, neben der Tatsache, dass man sich in die neue Rolle hineinversetzen<br />
musste. Das war wohl ein ganz entscheidender Punkt damals. Und das war<br />
eine Denkweise, die man sich, das weg zu drücken das war schwierig.“ Der Gesprächspartner<br />
war schon zu DDR-Zeiten Leiter des Unternehmens gewesen, das er nach der Wende<br />
kaufte. In der DDR war es „ein staatlich bilanzierter Betrieb, ein zentralgeleiteter Betrieb.<br />
Ich habe auf fünf sechs sieben Jahre schon die Auslastung vorprogrammiert gehabt. Ich<br />
brauchte mich um solche Fragen [wie beispielsweise Marketing und Kundenakquisition]<br />
überhaupt nicht zu kümmern, und auf einen Schlag musste ich Klinkenputzen gehen“, d.h.<br />
sich aktiv mit Kundenkontakten um die Vermarktung der Produkte bemühen (Interview 2,<br />
Gespräch mit einem ostdeutschen Unternehmer im Schienenfahrzeugbau, 2002).<br />
„Also wir hatten ja in den letzten 10 Jahren drei oder vier sehr komplexe Aufgaben zu<br />
lösen. Die eine unternehmerische Herausforderung war auf dem Gebiet der Fahrzeugentwicklung<br />
bezüglich Qualität und Geschwindigkeit an den westeuropäischen Standard<br />
heranzukommen. Das zweite Thema war, einen funktionierenden Vertrieb aufzubauen.<br />
Das war so ziemlich das Komplizierteste. Wissen sie ein Gefühl für einen unbekannten<br />
Markt zu entwickeln und sich gleichzeitig dem Wettbewerb zu stellen,<br />
das war ja die Aufgabe, die die Entwicklung zu lösen hatte. Das dritte<br />
Problem war die Kostenstrukturen so hinzubekommen, dass letztlich<br />
ein akzeptierter Preis gebildet werden konnte und ich glaube, das waren<br />
dann schon die drei Hauptfelder“ (Interview 8, Gespräch mit einem ostdeutschen<br />
Geschäftsführer, der schon vor 1989 Leiter in dem entsprechenden VEB war,<br />
Fahrzeugbau, 2002).
Dokumente<br />
„Also die größte unternehmerische Herausforderung würde ich mal so beantworten,<br />
war diesen volkseigenen Betrieb in marktwirtschaftliche Funktionsfähigkeit in marktwirtschaftliche<br />
Strukturen zu überführen und dazu gehörte unter anderem auch die<br />
sehr hohe Belastung […], dass Sie ein so gestandenes über 30 Jahre sich darstellendes<br />
Unternehmen von über 2.000 Mitarbeitern auf 240 abgebaut haben. Und das war ja<br />
nicht nur ein Mengengerüst, sondern es wurden ja dort sämtliche Strukturen [verändert].<br />
Wir hatten bis Ende 1989 zwölf Direktorate in diesem volkseigenen Betrieb. Also es<br />
saßen am Ende 13 Direktoren wöchentlich zu allen möglichen Veranstaltungen zusammen.<br />
Das wurde am Ende [nach der Privatisierung, bei der ein westdeutscher Konzern<br />
das Unternehmen kaufte] auf ein Zweier-Leitungsteam plus diesen Fertigungsleitern<br />
reduziert und dieser ganze Umbruch, das Umdenken in den Leitungsstrukturen, das<br />
Umdenken überhaupt im betriebswirtschaftlichen Prozess, das war schon nennenswert“<br />
(Interview 11, Gespräch mit einem ostdeutschen Geschäftsführer, der schon vor 1989 an<br />
verantwortlicher Position im Betrieb tätig war, Elektroanlagenbau, 2002).<br />
„[…]dann kam die Zeit 1991 oder so als dann diese politische und gesellschaftliche Entwicklung<br />
und die notwendige wirtschaftliche Veränderung auf einen zukamen. Dass man<br />
sich dann damit beschäftigen musste, was passiert denn da eigentlich? Wie funktioniert<br />
denn das eigentlich in der Zukunft? So wie es jetzt ist, geht’s nicht mehr. Wie soll’s denn<br />
eigentlich gehen? Und und und, alles was hier da ist, wie kann man das dann irgendwo<br />
dann in diesen Markt bringen? Es gab ja auch schon alles da. Was muss man für eine<br />
Organisation schaffen und wo findest du dann selber deinen Platz dann? Das war auch<br />
auf einmal dann ungewiss nicht wahr?“ (Interview 21, Gespräch mit einem ostdeutschen<br />
Geschäftsführer, der schon vor 1989 an verantwortlicher Position im Kombinat tätig war,<br />
Stahlverarbeitung, 2004).<br />
Seite 87
Autoren<br />
Bernd Martens, geb. 1955, Dr. phil. habil., Soziologe. Von 2001 bis 2011<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt A2 „Ökonomische Eliten im erweiterten<br />
Europa“ des <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>. Seit Januar 2012 Geschäftsführer des <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>.<br />
Ausgewählte Publikationen:<br />
Business Elites and the Role of Companies in Society: A Comparative Study<br />
in Poland, Hungary and Germany, in: Europe-Asia Studies 63 (2011), S. 1011-<br />
1032 (gemeinsam mit Katharina Bluhm und Vera Trappmann).<br />
The Restoration of a Family Capitalism in East Germany and Some Possible<br />
Consequences, in: Stamm, I. / Breitschmid, P. / Kohli, M. (Hrsg.), Doing Succession<br />
in Europe, Zürich: Schulthess Verlag 2011, S. 129-148 (gemeinsam<br />
mit Katharina Bluhm).<br />
Kontakt:<br />
Sonderforschungsbereich <strong>580</strong><br />
Bachstr. 18k<br />
07743 <strong>Jena</strong><br />
Tel.: +49 (0) 3641/9-45051<br />
Email: bernd.martens@uni-jena.de<br />
Seite 88
Autoren<br />
Lars Vogel, geb. 1981, studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie<br />
in <strong>Jena</strong> und Budapest. Seit 2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Teilprojekt<br />
A3 des Sonderforschungsbereichs <strong>580</strong> und am Institut für Soziologie<br />
der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>.<br />
Arbeitsschwerpunkte: Politische Repräsentation, Elitenforschung, Methoden<br />
der emp. Sozialforschung.<br />
Ausgewählte Publikationen:<br />
Best, Heinrich und Lars Vogel (2012): The Emergence and Transformation of<br />
Representative Roles, in: Rozenberg, Olivier und Blomgren, Magnus (Hrsg.):<br />
Parliamentary Roles in Modern Legislatures, Routledge, S. 37-65.<br />
Best, Heinrich und Lars Vogel (2011): Politische Eliten im vereinten Deutschland.<br />
Strukturen - Einstellungen - Handlungsbedingungen, in: Lorenz, Astrid<br />
(Hrsg.): Ostdeutschland und die Sozialwissenschaften. Bilanz und Perspektiven<br />
20 Jahre nach der Wiedervereinigung, Berlin, Budrich, S. 120-152.<br />
Vogel, Lars (2009): Der Weg ins Kabinett - Karrieren von Ministern in<br />
Deutschland. Eine empirische Analyse unter besonderer Berücksichtigung der<br />
Rekrutierungsfunktion der Parlamente, Frankfurt a.M. u.a., Peter Lang.<br />
Kontakt:<br />
<strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong><br />
Institut für Soziologie<br />
Carl-Zeiß-Straße 2<br />
07743 <strong>Jena</strong><br />
Tel: +49 (0) 3641/ 9-45054<br />
Email: lars.vogel@uni-jena.de<br />
Seite 89
Autoren<br />
Daniel Gerstenhauer, M.A., geb. 1978, Studium der Soziologie, Politikwissenschaft<br />
und Psychologie an der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>. Seit<br />
2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der <strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>, Lehrstuhl für<br />
Methoden der empirischen Sozialforschung und Strukturanalyse moderner<br />
Gesellschaften.<br />
Arbeitsschwerpunkte: Zivilgesellschaft und Interessenverbände, politische<br />
Soziologie.<br />
Publikationen:<br />
Gerstenhauer, Daniel (2009): Das Haus der Völker Bosnien-Herzegowinas:<br />
ethnisches Blockadeinstrument?, in: Leunig, Sven (Hrsg.): Handbuch Föderale<br />
Zweite Kammern, Opladen/Farmington Hills: Barbara Budrich, S. 68-80.<br />
Liedhegener, Antonius/Gerstenhauer, Daniel (2009): Auf dem Weg zu einem<br />
kooperativen Verhältnis. Religion und die Vertiefung der Europäischen Union,<br />
in: Leiße, Olaf (Hrsg.): Die Europäische Union nach dem Vertrag von<br />
Lissabon, Wiesbaden: VS-Verlag, S. 160-175.<br />
Seite 90<br />
Kontakt:<br />
<strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong><br />
Institut für Soziologie<br />
Carl-Zeiß-Straße 2<br />
07743 <strong>Jena</strong><br />
+49 (0) 3641/9-45054<br />
daniel.gerstenhauer@uni-jena.de
<strong>SFB</strong> <strong>580</strong><br />
Gesellschaftliche<br />
Diskontinuität<br />
Entwicklungen<br />
Tradition<br />
nach dem Systemumbruch<br />
Strukturbildung