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gPDF - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena

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<strong>SFB</strong> <strong>580</strong><br />

Gesellschaftliche<br />

Diskontinuität<br />

Entwicklungen<br />

Tradition<br />

nach dem Systemumbruch<br />

Strukturbildung<br />

Bernd Martens, Lars Vogel, Daniel Gerstenhauer<br />

ITTEILUNGEN 39


39 ITTEILUNG<br />

Heft 39, Juni 2012<br />

Sonderforschungsbereich <strong>580</strong><br />

Eliten in Politik und Wirtschaft im wiedervereinigten Deutschland<br />

Sprecher:<br />

Prof. Dr. Everhard Holtmann<br />

Martin-Luther-<strong>Universität</strong> Halle-Wittenberg<br />

Institut für Politikwissenschaft und Japanologie<br />

06099 Halle (Saale)<br />

Verantwortlich für dieses Heft:<br />

Bernd Martens<br />

Sonderforschungsbereich <strong>580</strong><br />

Bachstr. 18k<br />

07743 <strong>Jena</strong><br />

Tel.: +49 (0) 3641 945051<br />

Email: bernd.martens@uni-jena.de<br />

Logo:<br />

Elisabeth Blum; Peter Neitzke (Zürich)<br />

Cover & Satz: Romana Lutzack<br />

Druck:<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong><br />

ISSN: 1619-6171<br />

Diese Arbeit ist im Sonderforschungsbereich <strong>580</strong> „Gesellschaftliche<br />

Entwicklungen nach dem Systemumbruch. Diskontinuität, Tradition und Strukturbildung“<br />

entstanden und wurde auf seine Veranlassung unter Verwendung<br />

der ihm von der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellten<br />

Mittel gedruckt.<br />

Alle Rechte vorbehalten.


<strong>SFB</strong> <strong>580</strong><br />

Gesellschaftliche<br />

Entwicklungen<br />

nach dem Systemumbruch<br />

Diskontinuität<br />

Tradition<br />

Strukturbildung


Martens, Inhaltsverzeichnis<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

Kapitel<br />

1<br />

Einleitung ............8<br />

2<br />

Wer gehört zur Elite? – Eingrenzung der Untersuchungspopulation<br />

............10<br />

3<br />

Vor- und Rahmenbedingungen: Die Situation in<br />

Politik und Wirtschaft gegen Ende der DDR ...........15<br />

3.1 DDR-Eliten und potentielle Gegeneliten bis<br />

1989 ...........15<br />

3.2 Wirtschaftseliten in der DDR ...........18<br />

3.3 Der Verlauf der Transformation: Institutionentransfer<br />

und Treuhand ...........21<br />

4<br />

Die Wendezeit ...........23<br />

4.1 Verbleib und Rekrutierung der politischen Eliten<br />

in den frühen 1990er Jahren ...........23<br />

Seite 4<br />

4.1.1 Der Verbleib der oberen Dienstklasse ...........23<br />

4.1.2 Zwischen Herbst 1989 und Wiedervereinigung:<br />

Elitenabgang und partielle Neurekrutierung ...........24<br />

4.1.3 Elitenabgang nach der Wiedervereinigung ...........26


Inhaltsverzeichnis<br />

Kapitel<br />

4.2 Ostdeutsche Wirtschaftseliten in der<br />

Wendezeit ...........26<br />

4.2.1 Die Ausbildung neuer ostdeutscher Wirtschaftseliten ...........26<br />

4.2.2 Kurzes Gelegenheitsfenster Anfang der 1990er<br />

Jahre, um ostdeutscher Unternehmensgründer zu<br />

werden ...........27<br />

5<br />

Am Morgen nach der Wiedervereinigung –<br />

Entwicklungen bis Mitte der 1990er Jahre ...........29<br />

5.1 (Politische) Eliten am Morgen nach der<br />

Wiedervereinigung – Entwicklungen bis Mitte<br />

der 1990er Jahre ...........29<br />

5.2 Karrierewege ostdeutscher Wirtschaftseliten nach<br />

der Wiedervereinigung ...........32<br />

5.2.1 Kontinuitäten der Karrieren über den Systemumbruch<br />

hinweg ...........32<br />

5.2.2 Qualifikationsprofile ostdeutscher Wirtschaftseliten ...........33<br />

Seite 5


Martens, Inhaltsverzeichnis<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

Kapitel<br />

6<br />

Die aktuelle Situation – zwanzig Jahre nach dem<br />

Systemumbruch ...........35<br />

6.1 20 Jahre nach der Wiedervereinigung – Repräsentationseliten<br />

als geeinte politische Elite? ...........35<br />

6.1.1 Die ostdeutsche Repräsentationselite:<br />

Erfahrungen in der DDR und Elitenimport ...........36<br />

6.1.2 Die sozialstrukturelle und biografische<br />

Konfiguration der Repräsentationselite in<br />

Ost und West ...........37<br />

6.1.3 Einstellungsmuster der Repräsentationseliten<br />

in Ost und West ...........39<br />

6.2 Ostdeutsche Wirtschaftseliten 20 Jahre nach dem<br />

Systemumbruch ...........43<br />

6.2.1 Verzögerter Generationswechsel ...........43<br />

6.2.2 Eigentumsquoten ostdeutscher Wirtschaftseliten ...........44<br />

6.2.3 Angleichungen von Qualifikationsprofilen ...........44<br />

6.2.4 Meinungsmuster der regionalen Wirtschaftseliten ...........45<br />

6.2.5 Fazit: Wirtschaftseliten 20 Jahre nach dem<br />

Systemumbruch ...........47<br />

Seite 6<br />

7<br />

Schlussbetrachtung und Ausblick ...........48<br />

Literatur ...........51


Inhaltsverzeichnis<br />

Kapitel<br />

Tabellen ...........54<br />

Abbildungen ...........66<br />

Abkürzungen ...........84<br />

Dokumente ...........85<br />

Autoren ...........88<br />

Seite 7


INLEITUNG<br />

Einleitung<br />

1<br />

Im Jahr 2010 gab es eine Anfrage von<br />

Prof. Dr. Eun-Jeung Lee vom Institut für<br />

Koreastudien der Freien <strong>Universität</strong> Berlin<br />

an den Sonderforschungsbereich <strong>580</strong> bei<br />

einem größeren Forschungsvorhaben „20 Jahre<br />

deutsche Wiedervereinigung“ mitzuwirken.<br />

Im Auftrag des südkoreanischen Wiedervereinigungsministeriums<br />

wurde der Sachstand<br />

des Einigungsprozesses für eine Reihe von<br />

Lebensbereichen in Deutschland zusammengetragen<br />

und mit auf Korea abzielende Handlungsempfehlungen<br />

verbunden. Autoren des<br />

<strong>SFB</strong> <strong>580</strong> beteiligten sich an drei von insgesamt<br />

44 Kapiteln. U.a. bot die Mitwirkung an dem<br />

Projekt der FU Berlin den Anlass für Synopsen<br />

der Entwicklung von Eliten im Zuge der Wende<br />

von 1989/90. Dabei sollten mit den Eliten<br />

aus Politik und Wirtschaft Vertreter jener Bereiche<br />

näher betrachtet werden, denen für die<br />

Entwicklung eines Landes eine maßgebliche<br />

Bedeutung zukommt.<br />

Seite 8<br />

Durch die Forschungen der beiden <strong>SFB</strong>-<br />

Teilprojekte „Ökonomische Eliten im erweiterten<br />

Europa“ und „Delegationseliten<br />

nach dem Systemumbruch“ liegen detaillierte<br />

Informationen für zwei zentrale Elitegruppierungen<br />

vor, die fundierte Aussagen über<br />

Entwicklungen ermöglichen. Das Projektteam<br />

der FU Berlin interessierte sich für Expertisen<br />

über ökonomische und politische Eliten in<br />

Ostdeutschland von 1989 bis heute. Dementsprechend<br />

wurden von den drei Autoren des<br />

hier vorliegenden Textes ursprünglich zwei<br />

getrennte Studien über die Entwicklung der<br />

zwei Elitegruppen in Ostdeutschland seit der<br />

Wende verfasst 1 , die hier in angepasster und<br />

überarbeiteter Form präsentiert werden. Die<br />

Vergleichssynopse zweier Elitegruppen, deren<br />

gesellschaftliche Handlungskontexte Politik


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

und Wirtschaft sich hinsichtlich ihrer Funktionslogiken<br />

und der daraus entspringenden<br />

Handlungskonditionen unterscheiden, soll<br />

eine Anregung sein, die Wirkung der systembedingten<br />

Eigenlogiken auf den Verlauf des<br />

Transformationsprozesses in Ostdeutschland<br />

vergleichend zu untersuchen.<br />

Seite 9


Martens, Wer gehört Vogel, Gerstenhauer<br />

zur Elite?<br />

2<br />

ERGEHÖRTZURLITE INGRENZUNG<br />

Darstellung und Analyse der Entwicklung<br />

der politischen und wirtschaftlichen<br />

Eliten in Deutschland seit<br />

1990 sind mit besonderen Herausforderungen<br />

verbunden. Zunächst ist festzulegen, welche<br />

Personen zur Elite in Politik und Wirtschaft<br />

zu zählen sind. Die prominenteste Möglichkeit,<br />

die Mitglieder dieses Personenkreises<br />

zu identifizieren, stellt der Positionsansatz<br />

dar (pars pro toto: Kaina 2006), der auch der<br />

vorliegenden Arbeit zugrunde liegt. Für die<br />

Sphäre der Politik bedeutet das, dass diejenigen<br />

Personen zur politischen Elite zählen, die eine<br />

formal definierte Führungsfunktion innerhalb<br />

des politischen Systems innehaben, die sie<br />

in die Lage versetzt, gesamtgesellschaftlich<br />

verbindliche Entscheidungen maßgeblich und<br />

regelmäßig zu beeinflussen.<br />

DERNTERSUCHUNGSPOPULATION<br />

Seite 10<br />

Als Wirtschaftseliten bezeichnet man ausgewählte<br />

Führungskräfte im Bereich des gesellschaftlichen<br />

Teilsystems der Wirtschaft.<br />

Hierzu gehören zunächst einmal die Mitglieder<br />

der obersten Organisationsebene von<br />

Unternehmen (Geschäftsführer, Vorstände<br />

von Aktiengesellschaften, Unternehmer und<br />

Kapitaleigner), die alle aufgrund ihrer Position<br />

strategische Unternehmensentscheidungen<br />

treffen können sowie Vertreter von Unternehmens-<br />

oder Arbeitgeberverbänden. Sie<br />

werden auch als Funktionseliten angesehen, die<br />

bestimmte Leistungen für das Funktionieren<br />

des Teilsystems Wirtschaft erbringen. Da sich<br />

das Ausmaß des Einflusses, das diese Personen<br />

haben, in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens<br />

unterscheidet, ist es sinnvoll, Wirtschaftseliten<br />

aufgrund dieses Merkmals zu erfassen.<br />

Als Wirtschaftselite wird im Folgenden<br />

der Personenkreis definiert, der Unternehmen<br />

mit 50 bis zu 1.000 Beschäftigten leitet bzw. in


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

der Lage ist, strategische Entscheidungen für<br />

diese Unternehmen zu treffen. Diese Entscheidung<br />

hinsichtlich des Personenkreises ergibt<br />

sich aus den spezifischen Fragestellungen und<br />

wird weiter unter noch näher expliziert.<br />

Damit deutet sich an, dass auch nach der<br />

Vorentscheidung für den Positionselitenansatz<br />

die Analyse der Entwicklung der Eliten in der<br />

DDR und ihres Verbleibs im wiedervereinten<br />

Deutschland mit zwei speziellen Herausforderungen<br />

konfrontiert ist.<br />

Einerseits ist die Identifikation der Eliten<br />

in der DDR erschwert, da es nach offizieller<br />

Lesart in der DDR keine Eliten gab. Selbst<br />

die Mitglieder der Staatsführung bezeichneten<br />

sich selbst als Angehörige der Arbeiterklasse.<br />

Zudem stellten politische Entscheidungskriterien,<br />

allem voran SED-Parteizugehörigkeit und<br />

Parteiloyalität die – wenn auch mit Ausnahmen<br />

– entscheidenden Rekrutierungskriterien<br />

in allen gesellschaftlichen Bereichen dar, sodass<br />

auch die Inhaber der zentralen Führungspositionen<br />

in Wirtschaft, Verwaltung, Medien und<br />

Militär Teil der politischen Eliten sind.<br />

Andererseits stehen ehemalige Eliten nach ihrem<br />

Ausscheiden aus zentralen Entscheidungspositionen<br />

in vermindertem Maße im Fokus<br />

des öffentlichen Interesses – sieht man einmal<br />

von den Mitgliedern des Politbüros nach Ende<br />

der DDR ab – und die Nachverfolgung ihrer<br />

Karriereverläufe wird zudem durch die Vielzahl<br />

an potentiellen Verbleibmöglichkeiten<br />

erheblich erschwert. Die vorliegende Arbeit<br />

kombiniert daher unterschiedliche Datenquellen<br />

und Perspektiven, um ein umfassendes<br />

Bild der Elitenentwicklung nach der deutschen<br />

Wiedervereinigung zu zeichnen.<br />

Für die Analyse der Vorbedingungen, also der<br />

Struktur der DDR-Eliten und potentieller<br />

Gegeneliten, greifen wir auf Erkenntnisse der<br />

DDR-Forschung zurück. Darüber hinaus sind<br />

durch die Erschließung des Zentralen Kaderdatenspeichers<br />

des Ministerrates der DDR<br />

(ZKDS) für sozialwissenschaftliche Zwecke<br />

(Best 2007; Best/Remy 2006; Salheiser 2009)<br />

Auswertungen zu Eliten in unterschiedlichen<br />

gesellschaftlichen Bereichen der DDR möglich<br />

geworden, die detailreiche Einblicke in die<br />

DDR-Gesellschaft und deren Elitenstruktur<br />

erlauben. Für die Zeit des Systemumbruchs<br />

und nach der Wiedervereinigung lassen sich<br />

zwei prinzipielle Perspektiven einnehmen:<br />

Herkunft und Verbleib. Verbleibstudien fragen<br />

danach, was mit den alten DDR-Eliten<br />

geschehen ist und welche Rolle sie in dem<br />

neuen politischen System spielen. Ergänzend<br />

dazu beantworten Herkunftsstudien die Frage,<br />

wie sich die neuen ostdeutschen Eliten zusammensetzen,<br />

die während oder nach der Wende<br />

politische Verantwortung übernommen haben.<br />

Die Datengrundlage für die politischen<br />

Eliten basiert auf drei Studien, die in der<br />

Mitte der 1990er Jahre durchgeführt wurden<br />

und aufgrund ihrer methodischen Anlage und<br />

Fallzahl die einzigen Untersuchungen sind,<br />

die empirisch gesicherte Aussagen erlauben:<br />

die Berliner DDR-Lebensverlaufsstudie<br />

(Solga 1996), eine Untersuchung von Hans-<br />

Ullrich Derlien (Derlien 1997) und die<br />

POTSDAMER ELITESTUDIE<br />

von 1995 (Bürklin/Rebenstorf 1997).<br />

Die Reichweite der Aussagekraft<br />

dieser Analysen, denen bis heute<br />

keine weiteren, die gesamte Elite<br />

umfassenden Arbeiten gefolgt sind, ist jedoch<br />

dadurch begrenzt, dass sie nur den Zeitraum<br />

bis 1995, also gerade einmal fünf Jahre nach<br />

Seite 11


Martens, Wer gehört Vogel, Gerstenhauer<br />

zur Elite?<br />

Seite 12<br />

der Wiedervereinigung, umfassen. Dieser<br />

Zeitraum ist zu kurz, um festzustellen, ob die<br />

Merkmale der damaligen Elitenkonfiguration<br />

strukturbildend für die ost- und westdeutschen<br />

Eliten geworden sind, oder ob es sich<br />

um Übergangsphänomene handelt, die durch<br />

die Ausnahmesituation des Systemumbruchs<br />

bedingt waren. Von besonderem Interesse ist<br />

dabei die Frage, inwiefern sich die Eliten aus<br />

beiden Landesteilen aufeinander zubewegt<br />

haben, bzw. in welchem Umfang sich die<br />

ost- und westdeutschen Inhaber politischer<br />

Elitepositionen auch zwanzig Jahre nach der<br />

Wiedervereinigung noch unterscheiden (Best/<br />

Vogel 2011). Hier sind Karrierewege, sozialstrukturelle<br />

Merkmale, grundlegende politische<br />

Haltungen und Überzeugungen sowie<br />

politische Entscheidungen zu berücksichtigen<br />

(Edinger/Vogel 2005). Die politische Notwendigkeit<br />

einer integrierten Elite ergibt sich<br />

aus der Beobachtung, dass nicht integrierten<br />

Eliten der Basiskonsens über politische Verfahren<br />

fehlt. Sie stehen dadurch in Versuchung,<br />

durch die Politisierung von Unterschieden die<br />

Integration ihrer Herkunftsgruppen, die z.B.<br />

regional definiert sind, zu erschweren (Higley<br />

2006).<br />

Um festzustellen, ob sich zwei Dekaden nach<br />

der Wiedervereinigung eine integrierte gesamtdeutsche<br />

Elite herausgebildet hat, werden<br />

die Ergebnisse aus der Zeit unmittelbar nach<br />

der Wiedervereinigung anhand einer<br />

wichtigen Teilgruppe der politischen<br />

Eliten, den Repräsentationseliten,<br />

in eine längerfristige Perspektive<br />

gestellt. Die Datenbasis dafür stellt<br />

die JENAER ABGEORDNETENSTUDIE<br />

dar, die im Rahmen des Teilprojekts A3 „Delegationseliten<br />

nach dem Systemumbruch“ des<br />

Sonderforschungsbereichs <strong>580</strong> „Gesellschaftliche<br />

Entwicklungen nach dem Systemumbruch“<br />

an der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong><br />

durchgeführt wurde. Dabei handelt es sich um<br />

die größte Studie zu Repräsentationseliten, die<br />

in Deutschland bislang durchgeführt wurde.<br />

Die JENAER ABGEORDNETENSTUDIE<br />

setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen.<br />

In einer biographischen Datenbank werden<br />

Auskünfte zu grundlegenden sozialstrukturellen<br />

Merkmalen und den beruflichen und<br />

politischen Werdegängen der 6.804 Abgeordneten<br />

gesammelt, die zwischen 1990 und<br />

2010 (Stichtag 31.12.2010) ein Mandat in<br />

einem deutschen Parlament auf Bundes- oder<br />

Landesebene innehatten (Tabelle 1). Ergänzend<br />

dazu wurden in der JENAER PARLA-<br />

MENTARIERBEFRAGUNG in den Jahren<br />

2003, 2007 und 2010 grundlegende politische<br />

Einstellungen, Rollenorientierungen und<br />

Karriereabsichten von aktuellen und ehemaligen<br />

Abgeordneten in standardisierten<br />

Telefoninterviews erhoben. Der JENAER<br />

PARLAMENTARIERBEFRAGUNG gelang<br />

es dabei in jeder Befragungswelle, rund<br />

die Hälfte aller jeweils aktiven Abgeordneten<br />

für ein Interview zu gewinnen, sodass<br />

insgesamt 3.472 Interviews mit Mitgliedern<br />

der Repräsentationselite geführt wurden<br />

(Tabelle 2). In Kombination ermöglicht diese<br />

Datengrundlage die Beantwortung der Frage,<br />

ob und inwieweit man im Jahr 2010 bei der<br />

politischen Elite Deutschlands von einer<br />

integrierten gesamtdeutschen Elite sprechen<br />

kann.<br />

Die Untersuchung der wirtschaftlichen Eliten<br />

kann ebenso auf unterschiedliche Daten<br />

zurückgreifen. Neben dem oben erwähnten<br />

ZKDS wurden in den 1990er Jahren u.a. im


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

Rahmen der Arbeit der Kommission für die<br />

Erforschung des sozialen und politischen Wandels<br />

in den neuen Bundesländern (KSPW),<br />

deren Projekte sich mit den Folgen der Wende<br />

beschäftigten, auch umfangreiche Untersuchungen<br />

zur Entwicklung des Managements<br />

in der DDR und in Ostdeutschland vorgelegt<br />

(Pohlmann/Schmidt 1996). Bei unserer Darstellung<br />

werden wir uns auf diese Studien,<br />

die <strong>Jena</strong>er Management-Projekte der 1990er<br />

Jahre (Gergs u.a. 1998; Gergs/Pohlmann 1999;<br />

Schmidt/Gergs/Pohlmann 2002), wie auch die<br />

Chemnitzer Verbleibsbefragung von Kombinatseliten<br />

(Schreiber u.a. 2002) stützen.<br />

Im Gegensatz zur Situation in der DDR wird<br />

heute die Wirtschaft und insbesondere die<br />

Industrie in Ostdeutschland sehr stark durch<br />

kleinere bzw. mittelgroße Unternehmen geprägt<br />

(Tabelle 3). 2 Um eine wichtige Teilmenge<br />

dieser Unternehmen und die zugehörigen<br />

Wirtschaftseliten zu beschreiben, beziehen<br />

wir uns besonders auf den „industriellen<br />

Mittelstand“. Darunter werden eigenständige<br />

Unternehmen mit einem gewissen wirtschaftlichen<br />

Potenzial im verarbeitenden Gewerbe<br />

verstanden. Kleinbetriebe mit nur wenigen<br />

Mitarbeitern und geringem Umsatz werden<br />

ausgeschlossen.<br />

Als weitere Kennzeichen des industriellen<br />

Mittelstandes gelten die Personalunion von<br />

Unternehmensführung und Firmeneigentum<br />

in der Gestalt des Eigentümers, der das Unternehmen<br />

leitet sowie eine Familienorientierung,<br />

die sich vor allem darin zeigt, dass der Weiterbestand<br />

des Unternehmens üblicherweise<br />

als Generationswechsel innerhalb von Unternehmerfamilien<br />

angestrebt wird.<br />

In Westdeutschland hat der industrielle Mittelstand<br />

eine sehr lange Tradition, die trotz<br />

widerstreitender Tendenzen in den letzten<br />

Jahrzehnten prägend geblieben ist (Berghoff<br />

2003; Bluhm/Martens 2011). Dass dies inzwischen<br />

auch in Ostdeutschland der Fall ist,<br />

wird uns später noch beschäftigen.<br />

Um zu erfassen, wie sich die Situation nach<br />

1990 entwickelt hat, und um insbesondere<br />

auch Aussagen über frühere Wirtschaftskader<br />

der DDR im vereinigten Deutschland zu treffen,<br />

folgen wir einer weiter gefassten Definition<br />

von Wirtschaftseliten. 3 In die Betrachtung<br />

werden auch Leiter mittelständischer Unternehmen<br />

(jedoch nicht von Kleinbetrieben)<br />

eingeschlossen, gerade weil die ökonomische<br />

Transformation in Ostdeutschland einen Niedergang<br />

der industriellen Basis bewirkt und<br />

eine Wirtschaftsstruktur gefördert hat, in der<br />

kleinere und mittelgroße Unternehmen der<br />

Industrie einen hohen Stellenwert haben.<br />

Damit wird einem empirischen Positionsansatz<br />

gefolgt, um Wirtschaftseliten in der DDR<br />

und im wiedervereinigten Deutschland zu<br />

beschreiben. Soweit wir uns auf die Gegenwart<br />

und die jüngere Vergangenheit beziehen,<br />

nutzen wir hauptsächlich Befragungsdaten<br />

über Leiter und Geschäftsführer von Unternehmen<br />

des verarbeitenden Gewerbes zwischen<br />

50-1.000 Beschäftigten. Diese Daten<br />

wurden im Zeitraum 2002-2010 in<br />

drei Befragungswellen im Rahmen<br />

des Sonderforschungsbereichs <strong>580</strong><br />

in Ost- und Westdeutschland erhoben<br />

(vgl. a. Bluhm/Schmidt 2008).<br />

An allen drei Befragungswellen haben sich<br />

insgesamt 1.018 Betriebe des industriellen<br />

Mittelstandes beteiligt. Zielpersonen der<br />

Seite 13


Martens, Wer gehört Vogel, Gerstenhauer<br />

zur Elite?<br />

Interviews waren Angehörige der obersten<br />

Führungsebene der Unternehmen (Geschäftsführer,<br />

Vorstände, Unternehmer), die Angaben<br />

zu den Unternehmen machten. Zudem<br />

waren aber Schwerpunkte der Befragungen<br />

biografische Informationen (soziale Herkunft,<br />

Qualifikationen und Karriereverläufe) sowie<br />

Einstellungen und Orientierungen. Für 343<br />

Betriebe liegen Informationen in Bezug auf<br />

die Jahre 2002 und 2010 vor. Dadurch sind<br />

vergleichende Aussagen auch über Entwicklungen<br />

im Zeitverlauf möglich.<br />

Der befragte Personenkreis zeichnet sich aufgrund<br />

seiner Position als Unternehmensleiter<br />

durch einen privilegierten Zugang zu Ressourcen<br />

aus. Zudem kann er (wenigstens teilweise)<br />

über die Verteilung dieser Ressourcen mit<br />

entscheiden. Es handelt sich folglich nicht um<br />

Wirtschaftseliten auf einer nationalen Ebene,<br />

die im Fokus beispielsweise der Potsdamer<br />

Elitenstudie standen wobei alles dafür spricht,<br />

dass die in den 1990 Jahren dokumentierte<br />

Abwesenheit von Ostdeutschen bis heute in<br />

diesen sozialen Kreisen fortbesteht (Tabelle<br />

4). Wir beschäftigen uns stattdessen mit<br />

regionalen oder lokalen Wirtschaftseliten, die<br />

gerade für Ostdeutschland eine besondere<br />

Wichtigkeit besitzen.<br />

Seite 14


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

3<br />

Der Schlüssel zum Verständnis der<br />

politischen Eliten und potentieller<br />

Gegeneliten in der DDR ist in ihren<br />

geschichtlichen Anfängen zu finden. Dem<br />

Anspruch und Selbstverständnis der beteiligten<br />

Akteure nach bildete die DDR einen<br />

vollständigen Neubeginn, der neben einem<br />

LITENUNDPOTENTIELLEEGEN<br />

Austausch der Eliten zugleich die Ausdehnung<br />

der Rekrutierungsbasis für Eliten auf<br />

ELITENBIS<br />

bisher benachteiligte gesellschaftliche Gruppen<br />

beinhaltete.<br />

IE ITUATIONINOLITIKUND IRTSCHAFT GEGENNDEDER ORUNDAHMENBEDINGUNGEN<br />

Im Zuge der Entnazifizierung wurden die<br />

meisten der mit dem NS-Regime eng verbundenen<br />

Personen aus ihren Ämtern entfernt,<br />

wodurch sich die Gelegenheit bot, frei<br />

werdende Elitepositionen neu zu besetzen.<br />

Dabei rekrutierten sich insbesondere die politischen<br />

Eliten aus den politisch zuverlässigen<br />

ehemaligen KPD-Funktionären, die entweder<br />

in der Sowjetunion geschult waren und die<br />

stalinistischen Verfolgungen überlebt hatten<br />

oder in Deutschland zu den Verfolgten des<br />

NS-Regimes bzw. zum Widerstand dagegen<br />

zählten. Eine weitere wichtige Gruppe, die in<br />

die politikferneren und vereinzelt auch in die<br />

höchsten Leitungspositionen von Wirtschaft,<br />

Wissenschaft etc. kooptiert wurde, bildeten<br />

Personen, die den so genannten „unteren sozialen<br />

Schichten“ entstammten. Da<br />

auch die soziale Basis für die neue<br />

sozialistische Elite breiter werden<br />

sollte, stellte die „Arbeiterherkunft“<br />

in den Anfangsjahren der DDR einen<br />

Bonus bei der Elitenrekrutierung dar.<br />

Seite 15


Die Situation in Politik und<br />

Wirtschaft gegen Ende der DDR<br />

Seite 16<br />

Der angestrebten und auch umgesetzten Öffnung<br />

des Zugangs zu Elitepositionen wirkten<br />

jedoch zwei Faktoren als Schließungsmechanismen<br />

entgegen: der Führungsanspruch der<br />

SED und die eng damit verbundene Bedeutung<br />

der Parteiloyalität als wichtigstes Elitenselektionskriterium.<br />

Die zentralen Elitenpositionen<br />

in allen Bereichen – mit Ausnahme<br />

der Kirchen – wurden von SED-Anhängern<br />

eingenommen. Auch die Elitenauswahl selbst<br />

wurde in den Händen der politischen (SED-)<br />

Elite im engeren Sinne monopolisiert und<br />

hierarchisiert, sodass nur ein relativ kleiner<br />

Kreis von ca. 500 bis 600 Funktionsträgern zur<br />

politischen Elite der DDR im eigentlichen<br />

Sinne zu rechnen ist, wobei innerhalb dieser<br />

Gruppe der größte Einfluss den Mitgliedern<br />

des SED-Politbüros und den Ersten SED-<br />

Sekretären auf Bezirksebene zugeschrieben<br />

wird (Meyer 1991: 76ff.). Die Kombination<br />

des Machtmonopols in den Händen einer<br />

zahlenmäßig sehr kleinen politischen Elite<br />

verursachte allein durch die Fülle von zu<br />

treffenden Entscheidungen eine faktische<br />

Überlastung der politischen Elite.<br />

Trotz der Dominanz der Parteiloyalität lassen<br />

sich insgesamt drei Rekrutierungskriterien benennen,<br />

die einen Einfluss auf die Karrieren<br />

von Eliten in der DDR hatten (Salheiser 2009:<br />

42): politische Loyalität (Parteimitgliedschaft,<br />

gesellschaftliche Aktivitäten), soziale Herkunft<br />

(beispielsweise die soziale Stellung<br />

der Eltern) und Professionalität, die<br />

sich z.B. in der Gewichtung akademischer<br />

Qualifikationen niederschlug.<br />

Durch sozialwissenschaftliche Analysen des<br />

Zentralen Kaderdatenspeichers des Ministerrates<br />

der DDR (vgl. Best/Remy 2006; Salheiser<br />

2009) sind heute detaillierte Aussagen über<br />

den unterschiedlichen Stellenwert der drei Dimensionen<br />

möglich (Abbildung 1, Abbildung<br />

2 und Abbildung 3).<br />

Zwar spielten Leistungskriterien, insbesondere<br />

akademische Abschlüsse, eine wichtige Rolle<br />

bei der Entscheidung über die Besetzung<br />

oberster Leitungspositionen in der DDR-<br />

Wirtschaft, doch noch wichtiger war politische<br />

Loyalität, die durch Mitgliedschaft in der kommunistischen<br />

Partei (der SED) nachgewiesen<br />

werden musste. Demgegenüber wurde der<br />

soziale Hintergrund, etwa in der Weise, dass die<br />

Eltern zur Arbeiterschaft gehörten, im Laufe<br />

der DDR-Geschichte für die Rekrutierung der<br />

Wirtschaftselite immer unwichtiger. Stattdessen<br />

lassen sich schon für die 1970er und 1980er<br />

Jahre starke Tendenzen der sozialen Schließung<br />

und der Selbstrekrutierung der Eliten beobachten,<br />

die sich nach der Wende 1989 noch<br />

verstärken sollten.<br />

Diese soziale Schließung fand vor dem Hintergrund<br />

einer Bildungsexpansion in der DDR<br />

statt, die zu einer stetigen Vergrößerung des<br />

Anteils an Personen mit Hochschulabschlüssen,<br />

der so genannten „sozialistischen Intelligenz“,<br />

führte. Hatte die DDR nun in ihren<br />

Gründungsjahren den Anspruch tatsächlich<br />

eingelöst, die Angehörigen der unteren Schichten<br />

über den Doppelweg von Bildung und<br />

Parteiarbeit in Führungspositionen zu bringen,<br />

so blockierten genau diese Kohorten spätestens<br />

seit den 1980er Jahren die Elitepositionen in<br />

allen gesellschaftlichen Sektoren. Vor allem<br />

die fehlenden Ablösungsmechanismen und die<br />

weit verbreitete Ämterkumulation führten zu<br />

einer Überalterung der Eliten.


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

Die Kombination aus hohem formalen<br />

Bildungsabschluss und Blockade der Aufstiegschancen<br />

führte zur Unzufriedenheit<br />

innerhalb der jüngeren und gut ausgebildeten<br />

Geburtskohorten. Gleichzeitig sahen sich<br />

diese Personen in der autonomen Ausübung<br />

ihrer spezifischen Fachkompetenzen, seien es<br />

Ärzte, Wissenschaftler oder Künstler, durch<br />

den allgegenwärtigen Vorbehalt und die<br />

Eingriffsmöglichkeit der politischen Eliten<br />

eingeschränkt. Der Personenkreis der „sozialistischen<br />

Intelligenz“ mit blockierten Aufstiegsmöglichkeiten<br />

in Elitepositionen bildete<br />

das Reservoir einer potentiellen Gegenelite, die<br />

sich jedoch aufgrund der bis 1989 effektiven<br />

Repressionsmechanismen nicht offen als Träger<br />

einer Systemkritik darstellte (Welzel 1997:<br />

234). Eine Ausnahme stellen die explizit oppositionellen<br />

Bürgerrechtsbewegungen dar, die im<br />

Verlauf der 1980er Jahre immer deutlicher ihre<br />

Anliegen als vornehmlich unter dem Schutz<br />

der Kirche stehende Umweltschutzgruppen<br />

öffentlich vertraten.<br />

Doch potentielle Gegeneliten fanden sich<br />

auch unter den Angehörigen der im engeren<br />

Sinne politischen „Sub-Eliten“, also der Positionsinhaber,<br />

die auf den Absprungpositionen<br />

in die eigentlichen Elitepositionen blockiert<br />

waren. Beschreiben manche Autoren deren<br />

politische Grundeinstellungen im Vergleich<br />

zur „Gründergeneration“ um Honecker als<br />

pragmatischer, so bleibt doch festzuhalten, dass<br />

sich sogar noch in der Auseinandersetzung<br />

mit der Reformpolitik Gorbatschows keine<br />

öffentlich auftretende Gegenelite formierte.<br />

Erst die massiven Flucht- und Demonstrationsbewegungen<br />

ab Sommer 1989 stärkten<br />

die jüngere Generation, wie sich zunächst in<br />

dem Rücktritt Erich Honeckers (18. Oktober<br />

1989) und kurze Zeit darauf in der Demission<br />

des gesamten Politbüros (3. Dezember 1989)<br />

zeigte. Der damit erzwungene Elitenwechsel<br />

im innersten Führungskreis brachte dann<br />

Personen in Entscheidungspositionen, deren<br />

Gestaltungsspielraum aufgrund der vorangegangenen<br />

Entwicklungen bereits deutlich<br />

geschrumpft war.<br />

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass<br />

das Reservoir politischer Gegeneliten durch<br />

die monopolistischen und ideologischen<br />

Erwägungen Priorität einräumende Kaderpolitik<br />

vor allem innerhalb der „sozialistischen<br />

Intelligenz“ zu suchen ist, deren Angehörige<br />

trotz ihres Bildungsstatus nicht in adäquate<br />

Elitepositionen aufrücken konnten. Diese blockierten<br />

Kohorten fanden sich innerhalb der<br />

SED, aber auch innerhalb der Blockparteien,<br />

in oppositionellen Bürgerrechtsbewegungen,<br />

in den unteren Leitungsfunktionen von<br />

Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur etc. Allerdings<br />

entwickelte sich dieses Potential nicht<br />

zu aktiv die alten politischen Eliten herausfordernden<br />

Gegeneliten. Diese Formierung fand<br />

erst in dem Moment statt, in dem die gesamte<br />

Basis für den Aufstieg in Elitepositionen – die<br />

DDR selbst – in Auflösung begriffen war.<br />

Eine handlungsbereite Gegenelite stand damit<br />

für die Gestaltung der Transformation in<br />

Ostdeutschland zu Beginn der Transformation<br />

nicht zur Verfügung, jedoch eine blockierte<br />

Generation, die sich allerdings bis in<br />

den Herbst 1989 hinein äußerlich<br />

systemloyal und aufstiegsorientiert<br />

verhielt.<br />

Seite 17


Die Situation in Politik und<br />

Wirtschaft gegen Ende der DDR<br />

Seite 18<br />

Die Wirtschaft der DDR zeichnete sich durch<br />

einen Primat der Politik aus, der sich als Allmachtsanspruch<br />

der SED äußerte. Dies bedeutete,<br />

dass Entscheidungen über Produkte und<br />

Produktionsprozesse durch Parteigremien und<br />

staatliche Plankommissionen gefällt wurden.<br />

Strategische Unternehmensentscheidungen<br />

wurden nicht vor Ort in den Volkseigenen<br />

IRTSCHAFTSELITENINDER<br />

Betrieben (VEB) oder den Kombinaten, sondern<br />

immer an zentraler Stelle getroffen.<br />

Die Beschäftigten in den Betrieben waren<br />

im Grunde nur planausführende Einheiten<br />

in einer bürokratischen Organisation. Wobei<br />

die Direktoren – als Wirtschaftselite – für<br />

die ordnungsgemäße Umsetzung des Plans<br />

verantwortlich waren.<br />

Damit befanden sie sich in einer „Sandwich-<br />

Position“, weil sie bei Problemen mit der<br />

Planerfüllung den übergeordneten Stellen<br />

Rechenschaft geben mussten, gleichzeitig<br />

aber kaum über Sanktionsmittel gegenüber<br />

den Beschäftigten verfügten. Es gab eine<br />

faktische Beschäftigungsgarantie, die Entlassungen<br />

als Druckmittel stark erschwerte.<br />

Auch materielle Anreize, um die Motivation<br />

seitens der „Werktätigen“ zu steigern, lagen<br />

kaum in der Verfügungsgewalt der Wirtschaftskader<br />

(Aderhold u.a. 1994).<br />

Probleme mit dem Plan waren der<br />

Normalzustand der DDR-Wirtschaft.<br />

Die Produktion konnte nur durch<br />

Improvisationen auf allen Ebenen<br />

mit Hilfe eines umfassenden „Chaos-<br />

Managements“ aufrechterhalten werden. Dabei<br />

war es notwendig, andauernd inoffiziell gegen<br />

Planvorgaben oder Vorschriften zu verstoßen,<br />

damit überhaupt produziert werden konnte.<br />

Üblich war beispielsweise Planziffern ganz<br />

bewusst zu niedrig anzusetzen, damit die<br />

Übererfüllung der Wirtschaftspläne leichter<br />

möglich wurde (Dokument 1), und es mussten<br />

vielfältige Netzwerke zu Kunden, Zulieferern,<br />

Behörden, Parteistellen und anderen Betrieben<br />

geknüpft werden, um die Probleme der<br />

Produktion, mit Hilfe von Tauschvorgängen<br />

in einer inoffiziellen „Schattenwirtschaft“,<br />

bewältigen zu können (Pohlmann/Meinerz/<br />

Gergs 1996).<br />

Die Folgen dieser Strategien beinhalteten<br />

einen strukturellen Widerspruch: die Wirtschaftskader<br />

mussten offiziell die Planziele und<br />

die Planungsmethoden verteidigen und verfolgen,<br />

zugleich wurde aber durch ihr alltägliches<br />

Handeln immer wieder deutlich, dass dies die<br />

ideologische Fassade einer im Wesentlichen<br />

chaotischen Produktion war, die nur mittels<br />

ganz anderer Gesetzmäßigkeiten aufrecht<br />

zu erhalten war. Diese Widersprüchlichkeit<br />

untergrub die Legitimation der Gesellschaftsordnung,<br />

weil Funktionseliten wie die Wirtschaftskader<br />

nicht nur ihre Aufgaben erfüllen,<br />

sondern zugleich sozialistische Vorbilder, also<br />

Werteliten, sein sollten. 4 Nach Auffassung des<br />

Soziologen Stefan Hornbostel entstand indes<br />

vor allem in der Wirtschaft ein „Kadertypus,<br />

den man als pragmatisch orientierten ‚Macher‘<br />

umschreiben könnte. Sie waren also keine<br />

[aktiv opponierenden] Gegeneliten, sondern<br />

eher eine politisch tendenziell indifferente<br />

Führungsgruppe, die auf Problemlösungen<br />

unter widrigen Umständen orientiert war und<br />

nicht selten am Rand der Legalität agierte,<br />

ohne jedoch das politische System in Frage zu<br />

stellen“ (Hornbostel 2000: 127).


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

Die Wirtschaftskader hatten gewisse Gestaltungsspielräume<br />

in ihrer Arbeit (indem sie z.B.<br />

ein Informationsmonopol über den Betrieb besaßen<br />

und sie dadurch Einfluss auf Planziffern<br />

nehmen konnten). Sie waren aber als Betriebsdirektoren<br />

persönlich für die Planerfüllung<br />

verantwortlich, die ständig Improvisationen<br />

und die Mobilisierung informeller Netzwerke<br />

bei Materialbeschaffung und Anlagenreparaturen<br />

notwendig machte. Zudem konnten<br />

die Belegschaften nicht zur Kooperation gezwungen<br />

werden. Diese besaßen eine relativ<br />

große passive Stärke, die eine „Beziehungsarbeit“<br />

der Wirtschaftskader gegenüber den<br />

Belegschaften erforderte – oder auch autoritäre<br />

Führungsmethoden hervorrief, die bis heute<br />

manchem Direktor nachgesagt werden.<br />

Zur Beschreibung der betrieblichen Situation<br />

wird oft der Begriff der „Duz-Kultur“<br />

verwendet. Das Duzen von Mitarbeitern und<br />

Vorgesetzten, das in den DDR-Betrieben<br />

üblich war, drückt die besondere und auch<br />

widersprüchliche Situation den Mitarbeitern<br />

gegenüber aus, vor die sich Wirtschaftskader<br />

häufig gestellt sahen.<br />

Diesen Kompetenzen bei der Improvisation<br />

bzw. des Agierens innerhalb bürokratischer Organisationsstrukturen<br />

standen Eigenschaften<br />

gegenüber, die von den Wirtschaftskadern<br />

gerade nicht erwartet wurden, weil sie in der<br />

DDR-Wirtschaft nicht notwendig waren.<br />

Daraus resultierten Defizite an Kompetenzen,<br />

insbesondere in den Bereichen Markterschließung,<br />

konsumentennahe Produktentwicklung<br />

und Vermarktung von Innovationen. Es gab eine<br />

starke Fokussierung der leitenden Wirtschaftskader<br />

auf die jeweilige Binnenperspektive ihres<br />

Betriebes und eine fehlende Außenperspektive<br />

auf den Markt (Schmidt 2005: 236).<br />

Diese Kompetenzmängel im DDR-Management<br />

wurden nach 1989 sichtbar, als neue Fähigkeiten<br />

wichtig wurden, um ein Überleben<br />

der Betriebe in Ostdeutschland während der<br />

Wendezeit zu sichern.<br />

Traditionell war das deutsche Management<br />

schon immer stark durch Ingenieure und<br />

Techniker beeinflusst, weil technische Entwicklungsarbeit<br />

und die Sicherstellung der<br />

Produktionsprozesse seit der beginnenden Industrialisierung<br />

im 19. Jahrhundert einen hohen<br />

Stellenwert in der deutschen Wirtschaft<br />

hatten. Hingegen wurden die Vorstände der<br />

großen Aktiengesellschaften traditionell von<br />

Juristen beherrscht. Dieses „Juristenmonopol“<br />

der nationalen Wirtschaftselite hielt sich in<br />

Westdeutschland bis in die 60er/70er Jahre des<br />

20. Jahrhunderts. Seitdem wuchs der Anteil<br />

wirtschaftswissenschaftlicher Qualifikationen<br />

in den Leitungen der großen westdeutschen<br />

Konzerne kontinuierlich an (Tabelle 5; Hartmann<br />

2006: 435), was auch der Entwicklung<br />

in anderen westeuropäischen Ländern oder<br />

den USA entspricht.<br />

Im Gegensatz dazu waren in der DDR häufig<br />

Techniker und Ingenieure an führender Stelle<br />

in den Wirtschaftskombinaten tätig. Damit<br />

folgten sie der deutschen Tradition, die schon<br />

lange vor der DDR begonnen hatte.<br />

Bis 1989 war die DDR das Industrieland<br />

mit dem weltweit größten<br />

Prozentsatz von Ingenieuren an der<br />

Gesamtbeschäftigtenzahl (Gergs/<br />

Pohlmann 1999: 226). Doch die Anteile<br />

ökonomischer Qualifikationen und auch<br />

gesellschaftswissenschaftlichen Wissens auf<br />

Seite 19


Die Situation in Politik und<br />

Wirtschaft gegen Ende der DDR<br />

Seite 20<br />

den höchsten Leitungsebenen der Kombinate<br />

waren beinahe ebenso groß (Tabelle 6), sodass<br />

man davon ausgehen muss, dass mit der Höhe<br />

der Hierarchieebene in den Kombinaten auch<br />

die Quote nicht-technischer Qualifikationen<br />

anstieg.<br />

Von den Wirtschaftseliten wurde eine prinzipielle<br />

Loyalität gegenüber dem Staat erwartet.<br />

Zwar hatten die Wirtschaftskader durchaus<br />

gewisse Gestaltungsmöglichkeiten in ihrer<br />

Arbeit, doch zugleich waren sie stark in<br />

hierarchische und bürokratische Strukturen<br />

eingebunden. Hinzukamen nicht lösbare Widersprüche,<br />

die der Leitungstätigkeit inhärent<br />

waren: eine hohe Verantwortung für die<br />

Planerfüllung, die allerdings nur durch systematisches<br />

Unterlaufen der Pläne und ein improvisierendes<br />

Chaos-Management möglich<br />

war. Diese nicht lösbare Widersprüchlichkeit<br />

untergrub die Autorität als sozialistisches<br />

Vorbild, die die Wirtschaftskader sein sollten.<br />

Die Personalführung war oftmals aber gerade<br />

nur durch „Beziehungsarbeit“ gegenüber den<br />

Belegschaften möglich, weil Sanktionsmöglichkeiten<br />

fehlten und auch der Konsens<br />

mit Partei- und Gewerkschaftsgliederungen<br />

notwendig war. Unter diesen Gegebenheiten<br />

bestand die dokumentierte Loyalität ab einer<br />

bestimmten hierarchischen Organisationsebene<br />

in der Parteimitgliedschaft. Abteilungsleiter<br />

konnte man ohne SED-Mitgliedschaft<br />

werden, Generaldirektor eines<br />

Kombinats aber kaum. Doch die<br />

Wirtschaftskader zeichneten sich<br />

darüber hinaus durch ein hohes akademisches<br />

Qualifikationsniveau aus.<br />

Häufig verfügten die Wirtschaftseliten über<br />

technische und wirtschaftswissenschaftliche<br />

Abschlüsse.<br />

Eine Gemeinsamkeit politischer und wirtschaftlicher<br />

Eliten bestand in einer ausgeprägten<br />

Generationenlagerung in DDR.<br />

Während in der Anfangsphase gerade jüngere<br />

Generationen gute Aufstiegschancen besaßen,<br />

zeichnen sich die späteren Jahrzehnte durch<br />

eine kontinuierliche Verengung von Karrieremöglichkeiten<br />

nachfolgender Geburtskohorten<br />

aus. Dieser allgemeine Übereinstimmung unter<br />

Generationsaspekten steht ein entscheidender<br />

Unterschied politischer und wirtschaftlicher<br />

Eliten gegenüber: Grundsätzlich galt der Primat<br />

der Politik in der DDR, der sich seit Ende<br />

der 1970er Jahre aufgrund der verschärften<br />

wirtschaftlichen Probleme noch verstärkte.<br />

Diese Verschiebungen der Balance zwischen<br />

Elitegruppen zeigte sich beispielsweise in<br />

einer relativen „Machtferne“ verantwortlicher<br />

Wirtschaftskader; so schaffte es keiner der<br />

wirtschaftspolitischen Abteilungsleiter des<br />

Zentralkomitees – mit Ausnahme von Günter<br />

Mittag – ins Politbüro; und das Ende der DDR<br />

ging mit einer rigiden „Eingriffspolitik“ des<br />

verantwortlichen Wirtschaftssekretärs einher,<br />

dem nichts entgegengesetzt wurde. Weinert<br />

(1999: 82) schreibt in diesem Zusammenhang<br />

von „einer Selbstauflösung dieser Teilelite<br />

[von Abteilungsleitern im ZK] als politisch<br />

relevanter Führungsgruppe“. Diese Asymmetrie<br />

ist symptomatisch für die Beziehungen<br />

zwischen politischen und wirtschaftlichen<br />

Eliten in der DDR.


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

Angesichts der massiven Abwanderung aus der<br />

DDR und ganz besonders nach dem 9. Oktober<br />

1989, als in Leipzig rund 70.000 Menschen<br />

an der Montagsdemonstration teilnahmen und<br />

die Sicherheitskräfte der DDR nicht eingriffen,<br />

schränkte sich der Gestaltungsspielraum<br />

der DDR-Eliten deutlich ein. Insbesondere<br />

ER ERLAUFDER RANSFORMATION<br />

die SED-Führung agierte nicht länger, sondern<br />

konnte nur noch reagieren. Zumindest<br />

NSTITUTIONENTRANSFERUNDREUHAND<br />

für die Anfangszeit der Transformation muss<br />

deshalb von einer schwachen Elitensteuerung<br />

des Umbruchs gesprochen werden, da selbst<br />

die führenden Köpfe des Systemumsturzes<br />

von der Geschwindigkeit und Tragweite der<br />

Ereignisse überrascht waren (Edinger 2004:<br />

66). Schon bald nach der Öffnung der Mauer<br />

wurden Runde Tische eingerichtet, an denen<br />

Vertreter des DDR-Regimes sowie neue Parteien<br />

und Gruppierungen gemeinsam nach<br />

Wegen suchten, um die Demokratisierung<br />

in der DDR voranzutreiben, womit die alten<br />

Strukturen der Entscheidungsfindung nicht<br />

nur delegitimiert waren, sondern letztlich<br />

auch überflüssig wurden. Durch das Ergebnis<br />

der Volkskammerwahl wurde aus der schleichenden<br />

Entmachtung der alten politischen<br />

Elite ein echter Elitenaustausch (s.u.). Im<br />

Zuge dessen wurde das Heft des Handelns in<br />

die Hand der westdeutschen Eliten gelegt. Von<br />

Beginn an war deutlich, dass der Auftrag der<br />

neuen Akteure, die die formalen Elitepositionen<br />

einnahmen, letztlich in der Abwicklung<br />

der DDR bestand. Denn die Ergebnisse der<br />

Volkskammerwahl am 18. März 1990 hatten<br />

deutlich gezeigt, dass die DDR-Bürger eine<br />

schnelle Vereinigung bevorzugten, die dann<br />

auch am von der Volkskammer der DDR<br />

beschlossen wurde und am 3. Oktober 1990<br />

durch Beitritt zur Bundesrepublik vollzogen<br />

wurde. Durch diesen Beitritt der DDR zum<br />

Geltungsbereich des Grundgesetzes wurde<br />

1990 die bundesrepublikanische Rechts- und<br />

Institutionenordnung, vor allem das parlamentarische<br />

Regierungssystem, das Parteiensystem<br />

und die soziale Marktwirtschaft auf<br />

das Gebiet der ehemaligen DDR übertragen<br />

(Ritter 2006: 387).<br />

Die Transformation der Planwirtschaft zur<br />

Marktwirtschaft wurde von Hoffnungen begleitet,<br />

die sich alsbald als illusionär erwiesen.<br />

Ursprünglich war vermutet worden, dass die<br />

Wiedervereinigung und die Sanierung der ostdeutschen<br />

Wirtschaft sich wechselseitig verstärken<br />

würden. Diese Erwartungen erfüllten<br />

sich nicht. Stattdessen folgte auf die politische<br />

Integration beider Staaten der wirtschaftliche<br />

Zusammenbruch in Ostdeutschland.<br />

In den Beschäftigungsstrukturen der ost- und<br />

westdeutschen Industrie vor und nach der<br />

Wende spiegelt sich ein dramatischer Wandel<br />

in der Wirtschaft wider (Tabelle 7). Innerhalb<br />

von zwei Jahren schrumpften Großbetriebe<br />

überwiegend zu kleinen und mittelgroßen<br />

Unternehmen – falls es sie überhaupt noch gab<br />

und sie nicht in den Konkurs gegangen waren.<br />

Zwei Jahre nach der Wiedervereinigung lag<br />

die Industrieproduktion in Ostdeutschland<br />

73 Prozent unterhalb ihres Niveaus<br />

von 1989. Hinter den nüchternen<br />

und abstrakten Zahlen verbergen<br />

sich Effekte einer tief gehenden<br />

wirtschaftlichen und sozialen Anpassungskrise,<br />

die im Ausmaß ihrer Auswirkungen<br />

auf die ostdeutsche Bevölkerung nur mit der<br />

Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre des 20.<br />

Seite 21


Die Situation in Politik und<br />

Wirtschaft gegen Ende der DDR<br />

Jahrhunderts vergleichbar ist (Windolf 2001:<br />

411).<br />

In den 1980er Jahren arbeiteten die meisten<br />

Beschäftigten in der DDR in Großbetrieben<br />

mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. Im industriellen<br />

Sektor war der Anteil von Personen in<br />

Großbetrieben im Vergleich zur Bundesrepublik<br />

ungefähr doppelt so groß (75,7 Prozent<br />

verglichen mit 39,3 Prozent, Fritsch 2004:<br />

532).<br />

Ab Mitte 1990 nahm die Treuhandanstalt<br />

(THA) ihre Arbeit auf, um die in Kombinaten<br />

zusammengeschlossenen Volkseigenen<br />

Betriebe zu privatisieren. Die Kombinate<br />

wurden zunächst in einzelne Betriebe zerlegt.<br />

Dies geschah, um überlebensfähige Firmen<br />

von nicht rentablen Betriebsteilen zu trennen.<br />

In einem zweiten Schritt wurden die Großbetriebe<br />

durch Entlassungen großer Teile der<br />

Belegschaften auf kleine bzw. mittelgroße Betriebe<br />

reduziert, um sie für potenzielle Käufer<br />

interessant zu machen.<br />

In diesen Zahlen spiegelt sich u.a.<br />

ein damaliges Überangebot auf dem<br />

Markt für Unternehmenskontrolle 5<br />

wider, das jedoch nur selten dazu<br />

führte, dass frühere DDR-Wirtschaftskader<br />

im Rahmen eines Management Buy Out<br />

(MBO) selbst Eigentümer ehemaliger Kombinatsbetriebe<br />

wurden. Die THA bevorzugte in<br />

ihrer Privatisierungspolitik westdeutsche und<br />

ausländische Investoren, was bis heute in der<br />

ostdeutschen Bevölkerung, einschließlich der<br />

neuen ostdeutschen Wirtschaftseliten, negativ<br />

bewertet wird (Dokumente 2). Insbesondere<br />

größere Nachfolge-Unternehmen ehemaliger<br />

Volkseigener Betriebe gehören heute aufgrund<br />

nicht zuletzt der Privatisierungspolitik der<br />

THA mehrheitlich westdeutschen oder ausländischen<br />

Eigentümern (Gergs/Pohlmann<br />

1999: 227f.).<br />

Seite 22<br />

Legt man die Schlussbilanz der THA zugrunde,<br />

war diese beim Verkauf nicht erfolgreich.<br />

Bis zu ihrer Selbstauflösung im Jahre 1994<br />

hatte die THA Verluste in der Größenordnung<br />

von 256 Mrd. DM erwirtschaftet. Das<br />

entspricht einem durchschnittlichen Fehlbetrag<br />

für jeden verkauften Betrieb in Höhe<br />

von 17 Mio. DM (Windolf 2001).


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

IEENDEZEIT<br />

4<br />

Eine der wenigen Untersuchungen, die<br />

den Verbleib der ehemaligen DDR-<br />

Führungskräfte untersuchen, befasst<br />

sich mit dem Verbleib von Personen, die 1989<br />

der so genannten oberen Dienstklasse in der<br />

DDR angehört haben (Solga 1996). Darunter<br />

fallen die Positionsinhaber von mittleren und<br />

hohen Leitungsfunktionen (Abteilungsleiter,<br />

Schuldirektoren, hauptamtliche Parteisekretäre)<br />

und nicht weisungsberechtigte Angestellte<br />

in Berufen, die ein hohes formales<br />

Bildungsniveau erfordern (Ärzte, Wissenschaftler,<br />

Ingenieure). Damit werden nicht<br />

nur Führungskräfte untersucht, also Eliten im<br />

engeren Sinne, sondern auch die „sozialistische<br />

Intelligenz“ erfasst. Die Studie gibt daher auch<br />

Auskunft über den Verbleib der Personen aus<br />

der Sub-Elite (zum Begriff der Sub-Elite:<br />

Kap. 5.1) und den Professionen, also über die<br />

Inhaber der Positionen, die häufig vor dem<br />

Eintritt in den inneren Führungszirkel eingenommen<br />

wurden. Zusammenfassend lässt<br />

sich der Studie von Solga entnehmen, dass<br />

sich in der DDR erworbene Erfahrungen in<br />

Leitungspositionen und bekundete Systemloyalität<br />

negativ auf den Verbleib in<br />

LITISCHEN LITENINDENFRÜHEN ER AHRENERBLEIBUNDEKRUTIERUNGDERPO<br />

BLEIBDEROBEREN IENST KLASSE ERER<br />

der Oberen Dienstklasse auswirkten,<br />

während ein Fachwissen, das nicht<br />

mit Leitungsfunktionen verbunden<br />

war, zwar die Wahrscheinlichkeit<br />

eines Statusverlusts verringerte, aber für<br />

immerhin jeden Vierten nicht verhinderte.<br />

Die Entwertung von systemspezifisch erwor-<br />

Seite 23


Die Wendezeit<br />

Seite 24<br />

benem Wissen bezieht sich also vor allem auf<br />

die politischen Fähigkeiten, aber auch in der<br />

DDR erworbenes technisches Fachwissen war<br />

nicht ohne Einschränkungen konvertierbar<br />

(Solga 1996: 96).<br />

Bis Frühjahr 1989 erschien die DDR als stabil<br />

und wurde nicht nur von der eigenen politischen<br />

Elite, sondern auch von westdeutschen<br />

Beobachtern so eingeschätzt. Die sich durch<br />

die Grenzöffnung in Ungarn verstärkende<br />

Fluchtwelle (exit) und die zusehend selbstbewusster<br />

auftretende Bürgerbewegung (voice)<br />

trafen die DDR-Elite daher unvorbereitet.<br />

EUREKRUTIERUNG<br />

Spätestens nach dem 9. Oktober 1989 in<br />

Leipzig, der den Verzicht auf die „chinesische<br />

Lösung“ markierte, erschien Teilen der etablierten<br />

DDR-Eliten innerhalb des Politbüros<br />

um Egon Krenz und des ZKs der SED der<br />

Zeitpunkt gekommen, nicht nur ihre eigene<br />

Position zu verbessern, sondern durch eine<br />

minimale Elitezirkulation neue Handlungsoptionen<br />

zu eröffnen.<br />

UND IEDER VEREINIGUNGLITENABGANGUNDPARTIELLE WISCHENERBST<br />

Doch der erzwungene Rücktritt Honeckers<br />

(18. Oktober 1989) stärkte die Opposition<br />

in der DDR und die blockierte Generation<br />

innerhalb der SED, die sich ihrerseits<br />

nun als Reformer präsentierten. Die<br />

sich daraufhin überstürzenden Ereignisse<br />

werden zu Recht als „Implosion“<br />

(Derlien 1997: 329) der Machtstrukturen<br />

in der DDR bezeichnet. Doch zunächst<br />

rückten einerseits die blockierten Generationen<br />

innerhalb der „systemkonformen<br />

… Gegenelite“ (Derlien 1997: 336) in die<br />

Elitenpositionen auf und verdrängten die bisherigen<br />

Amtsinhaber. Andererseits wurden<br />

viele Führungsfunktionen abgeschafft, sodass<br />

der damit verbundene Elitenabgang nicht<br />

vollständig durch Neurekrutierungen ersetzt<br />

werden musste.<br />

Die Elitenabgänge vollzogen sich sehr schnell:<br />

so waren bereits zwischen Oktober und Dezember<br />

1989 57 Prozent der noch vor dem<br />

18. Oktober amtierenden 793 Funktionsträger<br />

ausgeschieden (Derlien 1997: 342). So waren<br />

z.B. bis Ende November alle 15 Ersten Bezirkssekretäre<br />

zurückgetreten und 13 Stellvertreter<br />

wurden abgelöst, ebenso wie 142 Erste<br />

Sekretäre der SED-Kreisleitungen. Innerhalb<br />

des neugewählten Parteivorstands der SED<br />

(dem Äquivalent zum bisherigen Zentralkomitee)<br />

gehörten nur 4 von 101 Personen bereits<br />

dem alten ZK an.<br />

Die bisher geschilderten Entlassungen, Rücktritte<br />

oder Abwahlen waren vor allem interne<br />

Entscheidungen der SED oder – in geringerem<br />

Umfang – der Blockparteien und Massenorganisationen,<br />

die auf das Drängen der Parteibasis<br />

und der nachrückenden blockierten Generation<br />

zurückgingen. Spätestens ab Dezember wurde<br />

aber die bisher primär aus politischen Motiven<br />

erfolgten Elitendeselektion durch eine öffentliche<br />

sowie juristische Kritik ergänzt und<br />

verschärft, die von einer „systemkritischen“,<br />

wenngleich eher an Reform der DDR, denn an<br />

Wiedervereinigung interessierten Bürgerbewegung,<br />

getragen wurde. Auch die neugewählte<br />

Regierung Modrow war von diesem Erosionsprozess<br />

der alten Eliten betroffen: so traten allein<br />

im Januar neun Minister zurück oder wurden<br />

ihrer Ämter enthoben (Derlien 1997: 342).


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

Allerdings ist der beschriebene Elitenabgang<br />

nicht im vollen Umfang mit einer Elitenzirkulation,<br />

d.h. mit dem parallelen Nachrücken<br />

einer Gegenelite, gleichzusetzen. So erfolgte<br />

im November 1989, dem Monat mit der<br />

höchsten Abgangsrate der alten Elite, nur eine<br />

Neurekrutierung von 16 Personen, während<br />

266 Mitglieder der alten Elite ausschieden.<br />

Ein ähnliches Muster zeigt sich in den übrigen<br />

Monaten im 41. Jahr des Bestehens der DDR.<br />

Diese Diskrepanz zwischen ausgeschiedenen<br />

und neu eingetretenen Elitemitgliedern kann<br />

einerseits durch den Wegfall einer Reihe<br />

von Positionen erklärt werden, z.B. durch die<br />

Auflösung des Politbüros und ZK der SED,<br />

des Nationalen Verteidigungsrates und der<br />

Verkleinerung der Ministerialbürokratie. Nach<br />

Angaben von Derlien sank die Anzahl an<br />

verfügbaren Elitenpositionen von 453 vor dem<br />

18. Oktober 1989 auf 184 unter der Regierung<br />

de Maizière (Derlien 1997: 338). Eine weitere<br />

Erklärung für die geringe Anzahl an Neurekrutierungen<br />

ist jedoch auch im Verbleib eines<br />

nicht unerheblichen Teils der alten Eliten zu<br />

finden. Zur Zeit des Amtsantritt Hans Modrows<br />

befanden sich noch 60 Prozent der vor<br />

dem Rücktritt Honeckers (18. Oktober 1989)<br />

amtierenden Elite in ihren ursprünglichen<br />

Positionen (Derlien 1997: 358). Rechnet man<br />

noch die Personen hinzu, die den Sektor ihrer<br />

Tätigkeit wechselten, erhöht sich der Anteil der<br />

alten DDR-Elite innerhalb der Regierungszeit<br />

von Hans Modrow auf 69 Prozent.<br />

Nach der ersten freien Volkskammerwahl am<br />

18. März 1990 und dem Amtsantritt der Regierung<br />

de Maizière sank der Anteil an fortgesetzten<br />

Elite-Karrieren jedoch deutlich. So betrug<br />

der Anteil an Neulingen, also an Personen,<br />

die bisher noch keine Eliteposition innehatten,<br />

während der Regierungszeit Lothar de Maizières<br />

66 Prozent. Nur noch rund 22 Prozent<br />

der Inhaber von Führungspositionen waren<br />

bereits vor dem Sturz Honeckers Mitglieder<br />

der DDR-Elite (Derlien 1997: 358).<br />

In der 10. Volkskammer wurde zudem mit der<br />

Einrichtung von Untersuchungsausschüssen<br />

zur Überprüfung und ggf. Abberufung des<br />

politischen Personals begonnen, die dann zum<br />

Vorbild der Überprüfung des Verwaltungspersonals,<br />

der Juristen und der Wissenschaftler<br />

generierte (Staatsanwalt-Prüfungsausschüsse,<br />

Richter-Wahlausschüsse, Ehrenkommissionen<br />

an <strong>Universität</strong>en; Derlien 1997: 348). Die<br />

einfache SED-Mitgliedschaft stellte dabei in<br />

keinem Elitensektor ein Ausschlusskriterium<br />

darstellte, wohl aber die Übernahme einer<br />

exponierten Elitenposition in der DDR. Die<br />

größten Auseinandersetzungen wurden jedoch<br />

stets bei der Frage nach der formellen<br />

und noch mehr der informellen Mitarbeit mit<br />

dem Ministerium für Staatssicherheit geführt.<br />

Bereits bei der Aufstellung der Kandidaten<br />

für die Volkskammerwahl im März und für<br />

die Landtags- bzw. Bundestagswahlen achteten<br />

die Parteien darauf, keine Personen mit<br />

Stasi-Vergangenheit aufzustellen, da dies die<br />

Wahlchancen minderte. Die Parteien waren<br />

damit jedoch nicht immer erfolgreich, wie<br />

häufige Enthüllungen nach erfolgten Wahlen<br />

zeigten.<br />

Zusammenfassend lässt sich über<br />

die Elitenentwicklung bis zur Wiedervereinigung<br />

festhalten, dass die<br />

Eliteabgänge anfangs vor allem<br />

durch SED-interne Reformbemühungen und<br />

dem Nachrücken der blockierten Generation<br />

innerhalb der SED induziert waren. Berück-<br />

Seite 25


Die Wendezeit<br />

sichtigt man die Inhaber der bis zur Wiedervereinigung<br />

fortbestehenden Elitepositionen,<br />

so war die Dominanz der SED/PDS und die<br />

damit verbundene Elitenkontinuität bis zur<br />

Volkskammerwahl für ein sich in Auflösung<br />

befindendes Regime relativ hoch. Erst die<br />

völlige Veränderung der Machtverhältnisse<br />

ab März 1990 und der damit zunehmende<br />

Einfluss der westdeutschen politischen Eliten,<br />

z.B. in Form von Beratern bzw. den Unterhändlern<br />

über den Vereinigungsvertrag, sowie<br />

die Perspektive auf die Wiedervereinigung<br />

bewirkten den nahezu vollständigen Abgang<br />

der alten Eliten.<br />

kann festgehalten werden, dass sowohl die alte,<br />

wie auch die während der Transformationszeit<br />

rekrutierte DDR-Elite nach der Wiedervereinigung<br />

im Wesentlichen keine Elitepositionen<br />

eingenommen haben. Insofern ist die Eliten-<br />

Transformation in der DDR durch Zirkulation<br />

statt durch Kontinuität gekennzeichnet. Durch<br />

den Institutionentransfer von Westdeutschland<br />

in die neuen Bundesländer entstanden neue<br />

Elitepositionen, die mit Personen aus anderen<br />

sozialen Gruppen oder aus Westdeutschland<br />

besetzt waren.<br />

Seite 26<br />

Nach dem 3. Oktober 1990 und der Wiedervereinigung<br />

lösten sich die staatlichen<br />

Strukturen der DDR vollständig auf, wodurch<br />

auch alle bisherigen Elitepositionen in Politik<br />

und Wirtschaft verschwanden. Vor diesem<br />

Hintergrund stellt sich die Frage, in welche<br />

Anschlusspositionen die alten oder während<br />

LITENABGANGNACHDER IEDERVER<br />

der Übergangsphase neu rekrutierten Eliten<br />

EINIGUNG<br />

im wiedervereinigten Deutschland gelangt<br />

sind. Für mehr als die Hälfte dieser Personen<br />

liegen keine Angaben über ihren Verbleib<br />

vor (Derlien 1997: 361). Dieser hohe Anteil<br />

weist darauf hin, dass diese Personen auch<br />

keine hochrangigen Entscheidungspositionen<br />

mehr einnehmen, da<br />

ihr Verbleib andernfalls unproblematisch<br />

aus öffentlichen Quellen<br />

nachvollzogen werden könnte. Der<br />

zweitgrößte Anteil entfällt auf ehemalige<br />

Elitemitglieder, die sich im November 1990<br />

im Ruhestand befanden. Zusammenfassend<br />

IRTSCHAFTSELITEN<br />

Das Bild einer umfassenden „Kolonialisierung<br />

des Ostens“ durch den Westen, das im Zuge<br />

der Wende immer wieder bemüht wurde, muss<br />

in Bezug auf den Wirtschaftsbereich ergänzt<br />

werden durch die Neugründungen von Unternehmen<br />

im Rahmen der ökonomischen Transformation<br />

nach 1990. Diese neugründeten<br />

Firmen, die z.T. Vorläufer in den Volkseigenen<br />

Betrieben hatten (so genannte „Ausgründungen“),<br />

haben einen deutlichen Einfluss<br />

auf die Ausbildung einheimischer Wirtschaftseliten<br />

in Ostdeutschland gewonnen, da<br />

diese Unternehmen häufig von Ostdeutschen<br />

geleitet werden. Im Bereich des verarbeitenden<br />

Gewerbes und in den Größenklassen<br />

50-1.000 Beschäftigte lag dieser Anteil von<br />

Unternehmensleitern mit einem ostdeutschen<br />

Erfahrungshintergrund in den letzten Jahren<br />

konstant bei ungefähr zwei Dritteln (Tabelle<br />

8).<br />

IRTSCHAFTSELITENIN DERENDEZEIT STDEUTSCHE<br />

IEUSBILDUNGNEUEROSTDEUTSCHER


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

Demzufolge sind die Befürchtungen aus den<br />

1990er Jahren, dass die ökonomische Transformation<br />

in Ostdeutschland zu einer Kolonialisierung<br />

des ostdeutschen Managements führen<br />

werde, mit der vermuteten Schärfe nicht eingetreten.<br />

In den privatisierten und vorwiegend<br />

größeren Unternehmen kam es zwar zu einer<br />

Elitenzirkulation mit der Folge, dass die ehemaligen<br />

Wirtschaftskader nicht Eigentümer<br />

wurden. Bei den neugegründeten Firmen lässt<br />

sich dagegen eine Elitenreproduktion beobachten,<br />

in deren Verlauf einstige Führungskräfte zu<br />

Unternehmer-Eigentümer wurden. Allgemein<br />

gilt jedoch bis heute: Je größer ein ostdeutsches<br />

Unternehmen ist, desto eher hat es westdeutsche<br />

oder ausländische Kapitaleigner (Gergs/<br />

Pohlmann 1999: 228).<br />

Die skizzierten Veränderungen der DDR-<br />

Wirtschaft, die Abwicklung der Kombinate<br />

und die damit verbundene Deindustrialisierung,<br />

führten auch auf der Ebene der Wirtschaftskader<br />

zu tief greifenden Veränderungen.<br />

Insbesondere ältere Führungskräfte wurden<br />

in den Vorruhestand geschickt. Eine im Jahre<br />

2000 durchgeführte Studie zum Verbleib ehemaliger<br />

Kombinatseliten, d.h. von Personen,<br />

die an führender Stelle in DDR-Kombinaten<br />

gearbeitet hatten, verdeutlicht, dass die ökonomische<br />

Transformation einen Bruch in den Lebensplanungen<br />

und in den Karrieren darstellte<br />

(Schreiber u.a. 2002). Doch lang andauernde<br />

soziale Abstiege waren eher selten. Die meisten<br />

Wirtschaftskader fanden nach der Wende<br />

Stellen, auf denen sie ihre Fachkenntnisse<br />

wieder einbringen konnten und dies fast in der<br />

Hälfte der Fälle sogar auf der ersten oder zweiten<br />

Führungsebene von Unternehmen (Tabelle<br />

9 und Tabelle 10).<br />

Es erweist sich, dass die Ausfaller- und die<br />

Aussteigerquoten (also der Anteil von Wirtschaftskadern,<br />

deren berufliches Schicksal<br />

nach 1990 hauptsächlich durch Arbeitslosigkeit<br />

gekennzeichnet war oder die Rentner<br />

wurden) von dem Ressort abhängig war, das<br />

die Personen in der DDR-Wirtschaft geleitet<br />

hatten. Besonders niedrige Quoten wiesen<br />

techniknahe Sektoren oder der Forschungsund<br />

Entwicklungsbereich auf (Tabelle 11).<br />

Doch auch Generaldirektoren und deren<br />

Stellvertreter konnten in den meisten Fällen<br />

weiterhin in der transformierten Wirtschaft<br />

Ostdeutschlands arbeiten.<br />

In einem schon erstaunlichen Maße waren die<br />

ehemaligen Wirtschaftskader auch nach der<br />

Wende erfolgreich. Im Rahmen der erwähnten<br />

Verbleibsstudie wurden sie aufgefordert, eine<br />

persönliche Bilanz zu ziehen: 86 Prozent<br />

sahen sich als Gewinner der Wende und nur<br />

36 Prozent als Verlierer. Aus der Addition<br />

der beiden Prozentzahlen – die eben mehr als<br />

100 Prozent ergibt – kann geschlossen werden,<br />

dass es eine ganze Reihe von Personen<br />

gibt, „deren Bilanz sowohl positive als auch<br />

negative Aspekte umfasst, die sich nicht zu<br />

einem Gesamturteil zusammenfassen lassen“<br />

(Schreiber u.a. 2002: 151).<br />

Seite 27<br />

ELEGENHEITSFENSTER N FANGDER ERAHREUMOST DEUTSCHER NTERNEHMENSGRÜN URZES<br />

DERZUWERDEN<br />

In der Unternehmensleiter-Befragung<br />

des <strong>SFB</strong> <strong>580</strong> wurden 2002 auch berufliche<br />

Verläufe erfasst. Die Umbrüche in der<br />

DDR-Wirtschaft spiegeln sich in einer Viel-


Die Wendezeit<br />

Seite 28<br />

zahl beruflicher Stellenwechsel zu Beginn der<br />

1990er Jahre wider (Abbildung 4). Es lassen<br />

sich viele ostdeutsche Geschäftsführer und<br />

Unternehmer beobachten, die damals an die<br />

Spitze ostdeutscher Unternehmen aufrückten,<br />

seitdem jedoch auf ihren Positionen verblieben.<br />

Die Verweildauer auf der zum Befragungszeitpunkt<br />

2002 ausgeübten Position ist im<br />

Ost-West-Vergleich extrem unterschiedlich<br />

(Abbildung 5). Teilweise hängen diese längeren<br />

Verweilzeiten ostdeutscher Unternehmensleiter<br />

mit dem Besitz von Firmenanteilen<br />

zusammen. Eigentümer wechseln weniger<br />

häufig das Unternehmen und umgekehrt sind<br />

die Verweilzeiten von Unternehmensleitern<br />

ohne Firmenbesitz in der Regel kürzer.<br />

Doch auch bei einer Berücksichtigung des<br />

Eigentumsmerkmals gibt es einen offensichtlichen<br />

Unterschied zwischen den Verweilzeiten<br />

ost- und westdeutscher Unternehmensleiter.<br />

Insbesondere im Vergleich zu den<br />

Westdeutschen, die Anteile von Unternehmen<br />

in Ostdeutschland besitzen, ist auffällig, dass<br />

die entsprechenden Ostdeutschen in unserer<br />

Stichprobe hauptsächlich einen kurzen Zeitkorridor<br />

am Anfang der 1990er Jahren genutzt<br />

haben (vermutlich auch nur diesen nutzen<br />

konnten, weil danach die Märkte aufgeteilt waren<br />

und die Überlebenschancen von Firmen<br />

geringer wurden). Währenddessen verteilen<br />

sich die Vergleichsdaten der westdeutschen<br />

Geschäftsführer und Unternehmer<br />

relativ gleichmäßig über die 1990er<br />

Jahre.<br />

Die Wendezeit hatte für die ostdeutschen<br />

Wirtschaftseliten den Charakter<br />

einer „Stunde Null“. Dies gilt nicht nur für<br />

Umbrüche in den Karrieren oder für Firmengründungen,<br />

sondern in der Transformation<br />

der Wirtschaft waren die alten Fertigkeiten<br />

der ehemaligen Wirtschaftskader, wie beispielsweise<br />

das „Chaos-Management“, nicht<br />

mehr funktional, weil sich die Grundlagen des<br />

Wirtschaftens umfassend verändert hatten:<br />

Die alten sozialen Netzwerke innerhalb und<br />

außerhalb der Betriebe existierten nicht mehr.<br />

Damit entfiel aber eine entscheidende Grundlage<br />

der bisherigen Produktion. Zudem hatten<br />

die Unternehmen das Anbietermonopol für ihre<br />

Produkte verloren. Die potenziellen Abnehmer<br />

der Produkte besaßen jetzt Wahlmöglichkeiten,<br />

von denen im Zweifelsfall eher zu Ungunsten<br />

der DDR-Produkte Gebrauch gemacht wurde.<br />

Die alten Produzenten und neuen Unternehmen<br />

mussten sich nun aktiv um Kunden bemühen,<br />

was gegenüber der bisherigen Situation<br />

ein vollkommenes Novum war; gleichzeitig<br />

standen die Unternehmen in einer neuartigen<br />

Konkurrenz zueinander - und dies nicht nur lokal,<br />

sondern durch die Währungsunion im Jahre<br />

1990 wurde die damalige DDR-Wirtschaft<br />

schlagartig Teil des Weltmarktes.<br />

Das alles definierte völlig neue Situationen für<br />

die ehemaligen Wirtschaftskader, deren persönliche<br />

und betriebliche Bewältigung – wegen der<br />

Größe der zu lösenden Herausforderungen –<br />

beispielsweise in Interviews bis heute immer<br />

wieder ein Thema ist (Dokumente 3).


ORGENNACHDER IEDERVEREINI GUNG NTWICKLUNGENBIS ITTEDER ERAHRE M<br />

Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

5<br />

Die Verbleibsstudien zur DDR-Elite<br />

haben gezeigt, dass die zentralen<br />

Funktionsträger des alten Regimes<br />

in nahezu allen Sektoren aus ihren Ämtern<br />

schieden, auch wenn sich die anschließenden<br />

Verbleib- bzw. Wiedereinstiegsmöglichkeiten<br />

in Politik und Wirtschaft deutlich unterschieden,<br />

mit deutlich besseren Konditionen für<br />

die ehemaligen ökonomischen Eliten. Die politische<br />

Elite in den ostdeutschen Bundesländern<br />

musste also durch neue Personen gestellt<br />

werden, deren sozialstrukturelle Herkunft im<br />

Folgenden konturiert wird.<br />

LITENAM ORGENNACH DERIEDERVEREINIGUNG NTWICKLUNGEN BIS ITTEDER ERAHRE OLITISCHE<br />

Nach der POTSDAMER ELITESTUDIE<br />

von 1995 hat sich das durchschnittliche Alter<br />

der neuen ostdeutschen Eliten insgesamt innerhalb<br />

von 5 Jahren nach 1990 von 62 auf 47<br />

Jahre verringert (Welzel 1997: 209). In diesem<br />

rapiden Abfall zeigt sich erneut der Abgang<br />

der alten DDR-Eliten, die im Wesentlichen<br />

den Geburtskohorten der späten 1920er Jahre<br />

entstammten. Der Anteil an Hochschulabsolventen<br />

unter der neuen ostdeutschen Elite<br />

im Jahre 1995 entsprach mit einem Wert von<br />

80 Prozent dem Wert für die westdeutschen<br />

Eliten. Auch die in der DDR vorherrschende<br />

Dominanz von parteinahen Hochschulen und<br />

ideologienahen Studiengängen konnte<br />

für die neue ostdeutsche Elite nicht<br />

mehr festgestellt werden. Mit den<br />

naturwissenschaftlich-technischen<br />

Fachrichtungen beherrschten nun<br />

systemneutrale, weitgehend unabhängig von<br />

der Gesellschaftsordnung vermittelte und<br />

angewandte Qualifikationen das Bild (Welzel<br />

Seite 29


Am Morgen Martens, nach Vogel, der Gerstenhauer<br />

Wiedervereinigung<br />

Seite 30<br />

1997: 210). Hingegen zeigte der geringe Anteil<br />

von Personen mit staats- und wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Abschlüssen, in welch<br />

hohem Maße die Qualifikationen und das<br />

Fachwissen, die eng mit der institutionellen<br />

Struktur einer Gesellschaft verbunden sind,<br />

nach einem Institutionentransfer entwertet<br />

werden. Entsprechend stellten die Staats- und<br />

Wirtschaftswissenschaften die häufigsten<br />

Abschlüsse unter den westdeutschen Eliten<br />

dar, deren Handlungsfeld von institutioneller<br />

Kontinuität geprägt war.<br />

Bezüglich der Herkunft nach Art des gesellschaftlichen<br />

Institutionenbereichs lässt sich<br />

sagen, dass 70 Prozent der neuen ostdeutschen<br />

Eliten im Jahre 1995 in einem anderen Bereich<br />

als noch 1988 tätig waren (Welzel 1997: 213).<br />

In der durch Institutionenkontinuität gekennzeichneten<br />

westdeutschen Elite ist der Anteil<br />

an Elitemitgliedern, die den institutionellen<br />

Bereich wechselten, mit ca. 10 Prozent weitaus<br />

geringer. Die neue ostdeutsche Elite rekrutierte<br />

sich vor allem aus den Bereichen (Natur-)<br />

Wissenschaft und Medizin, wo aufgrund des<br />

notwendigen Zugriffs auf fachliche Expertise<br />

eine für DDR-Verhältnisse große Distanz zu<br />

politischen Entscheidungskriterien und politischem<br />

Engagement bzw. Vereinnahmung<br />

möglich war.<br />

Die Vorpositionen unterscheiden sich nicht<br />

nur nach ihrem institutionellen Sektor,<br />

sondern auch nach ihrer Höhe in<br />

der Positionshierarchie, wobei in der<br />

POTSDAMER ELITESTUDIE die<br />

höchsten Positionen auf regionaler<br />

und nationaler Ebene als Elitepositionen betrachtet<br />

werden. Alle Personen, die eine Spitzenposition<br />

auf Kreis- oder Kommunalebene<br />

einnehmen, werden zur „oberen Sub-Elite“<br />

zusammengefasst, während zur „unteren Sub-<br />

Elite“ Leiter organisationsinterner Bereiche<br />

gezählt werden, die nicht nach außen in Erscheinung<br />

treten, (z.B. Abteilungsleiter). In der<br />

Hierarchie darunter angesiedelt finden sich<br />

mit den Professionen jene Berufe, die einen<br />

Hochschulabschluss erfordern, aber keine<br />

Leitungsfunktion beinhalten, während sich<br />

auf den beiden untersten Stufen die übrigen<br />

Berufe sowie die Erwerbslosen befinden.<br />

Nur acht Prozent der neuen ostdeutschen<br />

Elite nahmen bereits 1988 eine Eliteposition<br />

ein, in Westdeutschland betrug dieser Anteil<br />

dagegen 50 Prozent, wodurch noch einmal<br />

der Eindruck eines nahezu vollständigen Elitenaustausches<br />

in Ostdeutschland bekräftigt<br />

wird. Die häufigsten Absprungpositionen in<br />

die neue ostdeutsche Elite waren innerhalb der<br />

unteren Sub-Eliten und Professionen zu finden<br />

(Welzel 1997: 216f ). Damit wurden Personen<br />

rekrutiert, die 1988 häufig bereits auf organisationsinternen<br />

Leitungsfunktionen angelangt,<br />

in der aber Bevölkerung kaum wahrgenommen<br />

worden waren. Diese Funktionen vermittelten<br />

generalisierte Führungserfahrungen, die offenbar<br />

auch unter veränderten institutionellen<br />

Bedingungen noch einen Wert aufwiesen.<br />

Schließlich wurde fast die Hälfte der neuen<br />

ostdeutschen Eliten von 1995 durch Personen<br />

gestellt, die bereits in der DDR Mitglied einer<br />

Partei, allerdings ohne exponierte Führungsfunktion<br />

gewesen waren, wobei die Mehrheit<br />

davon aus der SED stammte (Welzel 1997:<br />

219ff ). Personen, die vor Oktober 1989 aktives<br />

Mitglied in einer oppositionellen Bewegung<br />

gewesen waren („Oppositionelle“), stellten<br />

1995 mit 24,2 Prozent einen im Vergleich zu<br />

ihrem geschätzten Anteil an der Bevölkerung


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

(0,3 Prozent) überproportionalen Anteil der<br />

neuen politischen Elite Ostdeutschlands.<br />

Deutlich unterrepräsentiert waren dagegen die<br />

politisch Ungebundenen, deren Anteil auf ca.<br />

78 Prozent der DDR-Bevölkerung geschätzt<br />

werden kann. Die neue ostdeutsche politische<br />

Elite wurde damit überproportional aus Personen<br />

gebildet wurde, die bereits in der DDR<br />

ein Mindestmaß an politischem Engagement<br />

aufwiesen, auch wenn Parteibeitritte häufig<br />

primär durch die beruflichen Aufstiegschancen<br />

motiviert waren.<br />

Der Elitenimport aus Westdeutschland bildete<br />

ein weiteres entscheidendes Merkmal der sozialstrukturellen<br />

Konfiguration der ostdeutschen<br />

Elite kurz nach der Wiedervereinigung. Schon<br />

frühzeitig begannen westdeutsche Parteien,<br />

Verbände und Interessenorganisationen, sich<br />

mit ihren ostdeutschen Pendants zusammenzuschließen,<br />

wobei sie aus fachlichen und organisatorischen<br />

Gründen die Fusionsprozesse und<br />

die daraus entstandenen Organisationsstrukturen<br />

dominierten. Der mit der Wiedervereinigung<br />

verbundenen Übernahme westdeutscher<br />

Institutionen und Strukturen folgte dann ein<br />

Import westdeutscher Führungskräfte, der sich<br />

zu Mitte der 1990er Jahre in zwei Merkmalen<br />

der Elitenzusammensetzung äußerte: einer<br />

Unterrepräsentation von Ostdeutschen in der<br />

gesamtdeutschen Elite und ein überproportional<br />

hoher Anteil an Westdeutschen, die<br />

Elitepositionen in Ostdeutschland einnehmen.<br />

Insgesamt nahmen Personen, die vor 1989 in<br />

der DDR gelebt hatten, im Jahre 1995 12 Prozent<br />

aller Elitepositionen ein (Bürklin/Hoffmann-Lange<br />

1999: 325). Gemessen an einem<br />

Bevölkerungsanteil der DDR-Bevölkerung in<br />

Gesamtdeutschland von rund 21 Prozent stellte<br />

dies eine deutliche Unterrepräsentation dar,<br />

die allerdings zwischen den unterschiedlichen<br />

Elitesektoren variierte. Die Unterrepräsentation<br />

war am deutlichsten innerhalb der Großunternehmen<br />

und der Verwaltung bzw. Justiz<br />

ausgeprägt. Innerhalb der politischen Elite<br />

sind die Ostdeutschen mit 32,1 Prozent nicht<br />

unter-, sondern vielmehr überrepräsentiert,<br />

wobei diese Überrepräsentation jedoch vor<br />

allem auf den überproportional großen Anteil<br />

von zur Verfügung stehenden regionalen Elitepositionen<br />

in den ostdeutschen Bundesländern<br />

zurückzuführen ist.<br />

Unterscheidet man die politischen Positionseliten<br />

nach der regionalen Lage ihres<br />

Arbeitsortes, bilden die Ostdeutschen die<br />

Mehrheit der Inhaber ostdeutscher politischer<br />

Elitepositionen (Bürklin/Hoffmann-Lange<br />

1999: 325). Schränkt man die Betrachtung<br />

jedoch auf die wichtigen Ministerposten ein,<br />

so findet sich eine deutliche Unterrepräsentation,<br />

die dann auch zwei Jahrzehnte nach der<br />

Wiedervereinigung noch zu konstatieren ist:<br />

der Anteil an ostdeutschen Bundesministern<br />

betrug niemals mehr als 13 Prozent und ist seit<br />

1990 nahezu kontinuierlich auf 5,9 Prozent (=<br />

1 Person) im Kabinett Merkel II gesunken.<br />

Innerhalb der übrigen Eliten sind Personen<br />

aus Westdeutschland generell überproportional<br />

oft vertreten, wobei sie in den hohen Verwaltungspositionen<br />

der neuen Bundesländer<br />

mit einer Mehrheit von sogar 87,3<br />

Prozent dominieren. Dagegen ist der<br />

Anteil an Ostdeutschen innerhalb<br />

aller Elitepositionen der westdeutschen<br />

Länder verschwindend gering.<br />

Es besteht also eine deutliche Asymmetrie<br />

innerhalb der Elitenrekrutierung: während<br />

Westdeutschen auch in Ostdeutschland der<br />

Seite 31


Am Morgen Martens, nach Vogel, der Gerstenhauer<br />

Wiedervereinigung<br />

Seite 32<br />

Aufstieg in Elitepositionen gelang, erhielten<br />

nur wenige Ostdeutsche Zugang zu westdeutschen<br />

Elitepositionen, obwohl die dominante<br />

Migrationsrichtung der Bevölkerung in die<br />

umgekehrte Richtung, nämlich von Ost- nach<br />

Westdeutschland, verlief. Selbst im Bereich der<br />

politischen Eliten wurde das durch den Abtritt<br />

der alten Elite entstandene Vakuum nicht<br />

allein durch die nachrückende „blockierte Generation“<br />

abgelöst, sondern auch durch einen<br />

Elitentransfer aus Westdeutschland, wodurch<br />

im Bereich der Politik ein größerer Grad an<br />

Elitendiskontinuität im Vergleich zu den übrigen<br />

postkommunistischen Staaten erreicht<br />

werden konnte (Welzel 1997: 214).<br />

IRT SCHAFTSELITENNACHDER IEDERVEREINI GUNGARRIEREWEGEOSTDEUTSCHER NTINUITÄTENDERARRIERENÜBER O<br />

Schon Anfang der 1990er Jahre zeichnete sich<br />

ab, dass die Krisenbetroffenheit in der Wirtschaft<br />

mit den Organisationsebenen im Betrieb<br />

korreliert. Zwar gab es in verschiedenen<br />

Wirtschaftsbranchen Ostdeutschlands im<br />

Zeitraum 1990-93 Beschäftigungseinbrüche<br />

in der Größenordnung von 60-75 Prozent,<br />

doch wer arbeitslos wurde, hing im starken<br />

DENYSTEMUMBRUCHHINWEG<br />

Maße von der hierarchischen Stellung<br />

im Betrieb ab. In der Industrie<br />

waren 1993 noch etwa 30 Prozent<br />

der Arbeiter, hingegen drei Viertel<br />

der Leiter beschäftigt (Lutz/Grünert<br />

1996: 86ff.). Dieses Muster der frühen Transformationsjahre,<br />

das sich am besten durch<br />

den Begriff „Kontinuität“ der ehemaligen<br />

Wirtschaftskader umschreiben lässt, spiegeln<br />

sich auch in ihren weiteren Berufsverläufen<br />

wider. Die Karrierewege dieses Personenkreises<br />

mit einem ostdeutschen Hintergrund können<br />

auf drei Muster reduziert werden (Tabelle 12,<br />

Martens 2005).<br />

Bei dem ersten Typ von Karrieren dominiert die<br />

Möglichkeit einer durchgehenden Beschäftigung<br />

im gleichen Betrieb. Dies schließt sogar ein, dass<br />

eine Weiterführung der Position und Funktion<br />

aus der Kombinatswirtschaft möglich war.<br />

Doch in der Mehrzahl der Fälle eröffneten die<br />

ersten Jahre der ökonomischen Transformation<br />

die Chance, von einer leitenden Position auf<br />

die erste Führungsebene im gleichen Betrieb<br />

aufzusteigen. In vielen Fällen waren diese<br />

Aufstiege mit dem Kauf von Eigentumsanteilen<br />

an den Unternehmen verbunden. Mit<br />

einem Anteil von mehr als der Hälfte (53,6<br />

Prozent) stellt dieses Muster – der Wahrung<br />

von Berufschancen im gleichen Betrieb (einschließlich<br />

des Kaufs von Firmenanteilen) –<br />

die dominante Gelegenheitsstruktur dar, die<br />

zukünftig erfolgreiche ostdeutsche Unternehmensleiter<br />

in den 1990er Jahren hatten.<br />

Die zweite Art von Berufsverläufen zeichnet<br />

sich dadurch aus, dass ein Aufstieg in die erste<br />

Leitungsebene im Wesentlichen nur erreichbar<br />

war, wenn der Betrieb gewechselt oder auch neu<br />

gegründet wurde. Wie bei der vorhergehenden<br />

Personengruppe beinhaltete die Wahrnehmung<br />

von Aufstiegsoptionen durch Personen dieses<br />

Verlaufsmusters häufig den Kauf von Unternehmensanteilen.<br />

Bei etwas mehr als einem<br />

Viertel der Befragten lassen sich Verlaufsmuster<br />

beobachten, bei denen Betriebswechsel (am<br />

Anfang der 1990er Jahre) mit dem Aufstieg in<br />

die erste Führungsebene von Unternehmen


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

verbunden war (27,0 Prozent).<br />

Die verbleibende Gruppe von Personen umfasst<br />

im Wesentlichen „Nachwuchskräfte“, die<br />

durchschnittlich jünger sind als die Personen<br />

mit den beiden anderen Karrieremustern, und<br />

sie besitzen eher keine Eigentumsanteile an<br />

den Unternehmen. Diese Personen arbeiteten<br />

zum Teil schon länger in Kombinatsbetrieben<br />

der DDR, doch es ergab sich erst im Zuge<br />

der Wende, am Beginn der 1990er Jahre, die<br />

Gelegenheit oder die Notwendigkeit einen Betriebswechsel<br />

zu vollziehen, um weiterhin auf<br />

leitenden Positionen tätig zu sein. Aufstiege in<br />

die erste Leitungsebene wurden gegen Ende<br />

der 1990er Jahre oder noch später realisiert.<br />

Knapp ein Fünftel der ostdeutschen befragten<br />

Unternehmer und Geschäftsführer weist Karriereverläufe<br />

dieser Art auf.<br />

Erstaunlich ist nach diesen Analysen das<br />

Ausmaß an Kontinuität, das sich bei den<br />

ostdeutschen Wirtschaftskadern beobachten<br />

lässt. (Dies ist ein starker Gegensatz zu<br />

den politischen Eliten. 6 ) Es zeichnet sich<br />

nicht nur eine relativ hohe Erfolgsquote ab,<br />

wenn der Verbleib von Führungskräften<br />

der DDR-Wirtschaft betrachtet wird, sondern<br />

es gab auch ein vergleichsweise enges<br />

Zeitfenster Anfang der 1990er Jahre, das es<br />

einer erstaunlich großen Gruppe ehemaliger<br />

Wirtschaftskader ermöglichte, Unternehmer<br />

zu werden. Die Startnachteile, die die ehemaligen<br />

DDR-Wirtschaftskader aufgrund der<br />

Privatisierungspolitik der THA ursprünglich<br />

hatten, wirken immer noch fort, doch gibt es<br />

auch erstaunliche Kontinuitäten in den Berufswegen<br />

dieser Wirtschaftseliten über den<br />

gesellschaftlichen Systemumbruch hinweg.<br />

Auffälligstes Merkmal bei den ostdeutschen<br />

Wirtschaftseliten war die Verstärkung der<br />

technischen Orientierung im Management und<br />

eine Bevorzugung akademischer Qualifikationen.<br />

Nach verschiedenen Studien, die in den<br />

1990er Jahren in ostdeutschen Unternehmen<br />

durchgeführt wurden, hatten zwischen 71<br />

UALIFIKATIONSPROFILEOSTDEUT<br />

und 89 Prozent der ostdeutschen Manager<br />

SCHER IRTSCHAFTSELITEN<br />

ingenieur- oder naturwissenschaftliche Studienabschlüsse.<br />

Man muss davon ausgehen,<br />

schrieben Gergs und Pohlmann (1999: 237),<br />

„dass sich die bereits in der DDR bestehende<br />

Dominanz der Techniker und Ingenieure [im<br />

Management] im Transformationsprozess<br />

[in den 1990er Jahren] weiter verstärkt hat,<br />

galten sie doch im Vergleich zu Absolventen<br />

gesellschaftswissenschaftlicher Disziplinen<br />

als durch das ‚alte‘ System ideologisch weniger<br />

vorbelastet und konnten daher ihr in der<br />

sozialistischen Vergangenheit akkumuliertes<br />

Bildungskapital leichter konvertieren“.<br />

In sozialwissenschaftlichen Studien über<br />

das ostdeutsche Management in den 1990er<br />

Jahren wurden Zusammenhänge zwischen<br />

diesen dominanten technischen Qualifikationsprofilen<br />

und Organisationsmodellen<br />

der neuen Betriebe oder auch Defiziten an<br />

Management-Fähigkeiten der neuen ostdeutschen<br />

Wirtschaftseliten postuliert.<br />

So wurde u.a. behauptet, dass ein<br />

dysfunktionales „Maschinenmodell<br />

der Organisation“ im technisch<br />

ausgebildeten ostdeutschen Management<br />

vorherrschend sei; dass die Orientierung<br />

auf die technische Gestaltung von<br />

Produkten zu stark sei und dass zu wenig für<br />

Seite 33


Am Morgen Martens, nach Vogel, der Gerstenhauer<br />

Wiedervereinigung<br />

Seite 34<br />

die Markterschließung getan werde.<br />

Doch bei diesen Einschätzungen müssen die<br />

spezifischen Konstellationen in den neuen<br />

Betrieben während der ökonomischen Transformationsperiode<br />

berücksichtigt werden, die<br />

stark von den Branchen abhingen. „Generell<br />

hatten es Manager in prosperierenden bzw.<br />

zukunftsfähigen Branchen leichter ihre Fähigkeiten<br />

zu demonstrieren, als in solchen, die<br />

im globalen Wettbewerb nicht mehr bestehen<br />

konnten (wie z.B. Textil und Bekleidung,<br />

Karbonchemie, Unterhaltungselektronik, Keramik,<br />

klassische Optik)“ (Schmidt 2005:<br />

236). Und neuere Studien zu den hier interessierenden<br />

regionalen Wirtschaftseliten<br />

bestätigen die vermuteten Zusammenhänge<br />

zwischen Qualifikationsprofilen und Managementfertigkeiten<br />

nicht mehr.<br />

Die Entwicklung in der unmittelbaren Nach-<br />

Wende-Zeit offenbart für die wirtschaftliche<br />

Sphäre in großen Teilen grundsätzlich andere<br />

Muster des Elitenaustauschs als in der Politik.<br />

Der Zusammenbruch der DDR führte zu<br />

einem Austausch der obersten Machtelite. Die<br />

frei gewordenen Positionen übernahmen zum<br />

einen Mitglieder der bisherigen ostdeutschen<br />

Sub-Elite, zum anderen aber auch Politiker<br />

aus Westdeutschland.<br />

Das hohe Ausmaß der Elitenzirkulation, das<br />

im Bereich der Politik vorzufinden<br />

ist, trifft in der Wirtschaft nur bedingt<br />

zu. Zwar kam es auch hier zu<br />

einem Austausch älterer DDR-Wirtschaftseliten<br />

– nicht wenige gingen<br />

in den Ruhestand. Und es gab Elitenimporte<br />

aus den alten Ländern, die jedoch von der<br />

Unternehmensgröße und der Hierarchiestufe<br />

abhängig waren und sind. Bei Unternehmen<br />

zwischen 50-1.000 Beschäftigten liegt der<br />

Anteil nicht ostdeutscher Geschäftsführungen<br />

heute bei etwa einem Drittel und nennenswerte<br />

Elitenimporte unterhalb der obersten Organisationsebenen<br />

sind nicht festzustellen. Der<br />

große Unterschied zur Politik besteht in dem<br />

Ausmaß an Elitenreproduktion in der Wirtschaft.<br />

Viele der ökonomischen Alt-Eliten waren<br />

auch nach der Wende weiterhin im Wirtschaftsbereich<br />

tätig. Z.T. auf niederrangigeren<br />

Positionen, weil sie zuvor beispielsweise als<br />

Kombinatsdirektoren durchaus Verantwortung<br />

analog einem Vorstand einer Aktiengesellschaft<br />

trugen und an solche Führungsaufgaben nach<br />

der Wende nicht mehr anknüpfen konnten.<br />

Doch ganz allgemein waren soziale Abstiege<br />

und Tätigkeiten außerhalb des Wirtschaftsbereichs<br />

für die ehemaligen ökonomischen Eliten<br />

eher selten. Hinzukommt, dass die Wende insbesondere<br />

für die Gruppe der „Stellvertreter“<br />

auf Kombinats- oder Betriebsebene Chancen<br />

zum Aufstieg in die Geschäftsführung oder<br />

für das selbstständige Unternehmertum bot. 7<br />

Trotz aller Widrigkeiten, die die Treuhand-<br />

Privatisierungen ehemaliger Volkseigener<br />

Betriebe für die Ausbildung neuer ostdeutscher<br />

Wirtschaftseliten (wohlgemerkt auf<br />

einer regionalen Ebene) beinhaltete, offenbart<br />

sich im Wirtschaftssektor ein erstaunliches<br />

Maß an Elitenkontinuität, das bis heute zu<br />

beobachten ist.


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

6<br />

ZWANZIGAHRE NACHDEMYSTEMUMBRUCH IEAKTUELLEITUATION<br />

Alle Studien, die die Entwicklung der<br />

politischen Eliten in Deutschland<br />

nach 1989 zum Gegenstand haben,<br />

beziehen sich auf den Zeitraum bis Mitte<br />

der 1990er Jahre. Zur Untersuchung der<br />

dauerhaften Folgen des Systemumbruchs<br />

und zur Beantwortung der Fragen, welche<br />

der Mitte der 1990er Jahre erkennbaren<br />

Muster sich verstetigt haben und ob sich<br />

eine integrierte, gesamtdeutsche politische<br />

Elite gebildet hat, sind allerdings längerfristig<br />

angelegte Untersuchungen notwendig. Die<br />

folgenden Analysen basieren daher mit den<br />

Repräsentationseliten auf einer Teilgruppe der<br />

politischen Eliten, deren Entwicklung über<br />

den Zeitraum von 1990 bis in das Jahr 2010<br />

in den Blick genommen werden kann, wobei<br />

die Parlamentsabgeordneten des Deutschen<br />

Bundestags und der deutschen Landesparlamente<br />

die Untersuchungsgesamtheit der Repräsentationseliten<br />

bilden. Diese Teilgruppe<br />

kann als charakteristisch für die politischen<br />

Eliten angesehen werden, da die meisten der<br />

späteren Politikeliten in Deutschland irgendwann<br />

im Verlauf ihrer politischen Werdegänge<br />

ein Parlamentsmandat einnehmen und der<br />

Parlamentssitz ein zentrales „Sprungbrett“ in<br />

weitere Elitepositionen darstellt. Punktuell<br />

ergänzend werden Informationen<br />

IEDERVEREINI GUNG EPRÄSENTATIONSELITENALSGEEIN TEPOLITISCHELITE AHRENACHDER<br />

über die Bundes- und Landesminister<br />

herangezogen. Die Daten<br />

beruhen auf der in der Einleitung<br />

genannten JENAER ABGEORD-<br />

NETENSTUDIE, die einerseits sozialstrukturelle<br />

und biographische Angaben über alle<br />

deutschen Abgeordneten zwischen 1990 und<br />

Seite 35


Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />

Situation<br />

Seite 36<br />

2010 umfasst und zugleich die Einstellungen<br />

der Abgeordneten in der JENAER PARLA-<br />

MENTARIERBEFRAGUNG von 2003,<br />

2007 und 2010 erhoben hat (s.o). Um der<br />

Bedeutung des institutionellen Kontexts für<br />

die Elitenintegration gerecht zu werden, wird<br />

in den folgenden Ausführungen in der Regel<br />

zwischen der nationalen Ebene und den Landesparlamenten<br />

differenziert, denn während<br />

im Deutschen Bundestag ost- und westdeutsche<br />

Repräsentationseliten gemeinsam in<br />

einer Institution tätig sind, treffen innerhalb<br />

der Landesparlamente Eliten derselben<br />

regionalen und damit landesteilspezifischen<br />

Herkunft aufeinander – sieht man einmal<br />

von westdeutschen Elitenimporten und dem<br />

Abgeordnetenhaus von Berlin ab. Daher wäre<br />

für den Deutschen Bundestag als genuin<br />

gesamtdeutscher Institution ein größerer Integrationseffekt<br />

zu erwarten, während auf der<br />

Landesebene ggf. regionale Besonderheiten<br />

persistent sind.<br />

Der Befund einer starken Repräsentation der<br />

Westdeutschen in den gesamtdeutschen, aber<br />

auch in ostdeutschen politischen Elitepositionen<br />

bei gleichzeitiger Unterrepräsentation<br />

der Ostdeutschen lässt sich auch<br />

TENIMPORT<br />

ELITE RFAHRUNGENINDER UNDLI IEOSTDEUTSCHEEPRÄSENTATIONS<br />

noch zwanzig Jahre nach dem Systemumbruch<br />

nahezu unverändert<br />

bestätigen (Abbildung 6). Sogar im<br />

gesamtdeutschen Bundestag sind die<br />

Ostdeutschen leicht unterrepräsentiert, da in<br />

vielen ostdeutschen Wahlkreisen Personen<br />

aus Westdeutschland erfolgreich kandidieren.<br />

Dasselbe gilt für die ostdeutschen Landesparlamente,<br />

in denen der Prozentsatz an Westdeutschen<br />

in den 20 Jahren nach der Wende<br />

kontinuierlich gestiegen ist. Dieser steigende<br />

Anteil macht deutlich, dass die regionale Herkunft<br />

aus Westdeutschland nicht hinderlich<br />

für eine politische Karriere in Ostdeutschland<br />

ist. Umgekehrt weist die nahezu vollständige<br />

Abwesenheit von Ostdeutschen in westdeutschen<br />

Landesparlamenten daraufhin, dass eine<br />

ostdeutsche Herkunft noch immer hinderlich<br />

für eine politische Karriere in Westdeutschland<br />

ist.<br />

Die ostdeutsche Elite zeichnete sich Mitte der<br />

1990er Jahre dadurch aus, dass sie zwar keine<br />

Elitepositionen in der DDR eingenommen<br />

hatte, jedoch häufig zumindest Parteimitglied<br />

in der SED oder einer Blockpartei gewesen<br />

war und zu einem nicht unerheblichen Teil<br />

Positionen der unteren Sub-Elite ausgeübt<br />

hatte. Die Befunde für die Repräsentationseliten<br />

bestätigen dieses Muster, allerdings ist<br />

der Prozentsatz von in diesem Sinne mit dem<br />

DDR-Regime verbundenen Personen seit<br />

1990 kontinuierlich zurückgegangen. Vor allem<br />

Personen, die in der DDR ein politisches Amt<br />

oder Mandat übernommen hatten, sind heute<br />

kaum noch innerhalb der politischen Repräsentationselite<br />

anzutreffen und der Anteil von<br />

Personen, die bereits vor 1989 einer Partei angehörte,<br />

ist von rund der Hälfte im Jahre 1990<br />

auf ungefähr ein Drittel 2010 zurückgegangen.<br />

(Abbildung 7)<br />

Die neuen ostdeutschen Repräsentationseliten<br />

sammelten ihre ersten politischen Erfahrungen<br />

nicht nur im ancien regime der DDR sondern<br />

auch in der Wendezeit. Insbesondere in den<br />

Volkskammerwahlen vom März 1990 und den


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

Kommunalwahlen im Mai wurde eine Fülle<br />

von DDR-Funktionen neu besetzt. Zudem<br />

wurden ab Herbst 1989 auf allen politischen<br />

Ebenen Runde Tische gebildet, in denen die<br />

Vertreter des alten Regimes und der Opposition<br />

miteinander verhandelten. Die Inhaber dieser<br />

Positionen können als Transitionspolitiker<br />

bezeichnet werden, da sie den Übergang zur<br />

Wiedervereinigung mitgestaltet haben: Zwar<br />

hatte ein Viertel von ihnen bereits Erfahrungen<br />

in politischen Ämtern und Mandaten während<br />

der DDR gesammelt, für die Mehrheit fiel die<br />

erstmalige Übernahme politischer Verantwortung<br />

allerdings in die Zeit zwischen Herbst<br />

1989 und Oktober 1990. Fast 60 Prozent der<br />

unmittelbar nach der Wiedervereinigung neu<br />

gewählten ostdeutschen Repräsentationseliten<br />

wiesen Erfahrungen als Transitionspolitiker<br />

auf (Abbildung 8). In den folgenden Legislaturperioden<br />

blieb dieser Anteil zunächst<br />

vergleichsweise stabil, um dann zu Beginn des<br />

neuen Jahrtausends deutlich abzusinken.<br />

Als Zwischenbilanz kann damit weder von einer<br />

Kontinuität oder gar einer zeitlich verzögerten<br />

Rückkehr der DDR-Eliten gesprochen werden,<br />

da die Zahl von DDR-Funktionsträgern<br />

generell sehr klein ist und zudem hauptsächlich<br />

Inhaber untergeordneter Positionen umfasst.<br />

Einen großen Teil der Repräsentationselite<br />

bildeten lange Zeit die Transitionspolitiker,<br />

die überwiegend in der Zeit des Umbruchs<br />

1989/90 ihre ersten politischen Erfahrungen<br />

sammelten. Allerdings umfasst ihr Anteil mit<br />

Ausnahme der ersten Legislaturperioden nie<br />

mehr als die Hälfte der Repräsentationseliten.<br />

Mit Übernahme des politischen Systems der<br />

Bundesrepublik gelangten also auch Personen<br />

in die Repräsentationselite, die weder bereits in<br />

der DDR noch während des Systemumbruchs<br />

politisch aktiv gewesen waren und die ihre<br />

gesamte politische Karriere in der Nachwendezeit<br />

absolviert haben. Der Anteil dieser<br />

Personen ist kontinuierlich angestiegen und<br />

stellte zehn Jahre nach der Wiedervereinigung<br />

die Mehrheit der Repräsentationseliten<br />

in Deutschland. Die heutigen ostdeutschen<br />

Repräsentationseliten unterscheiden sich also<br />

deutlich von ihren Vorgängern kurz nach der<br />

Wiedervereinigung, auch wenn die regionale<br />

Asymmetrie und die starke Präsenz von Westdeutschen<br />

fortbestehen.<br />

Das Durchschnittsalter der westdeutschen<br />

Repräsentationseliten beträgt kontinuierlich<br />

rund 50 Jahre auf Bundesebene, während es<br />

auf Landesebene von seit 1990 um rund ein<br />

Jahr zugenommen hat und nun bei ca. 49<br />

Jahren liegt (Abbildung 9). Zu Beginn der<br />

1990er Jahre waren die ostdeutschen Repräsentationseliten<br />

auf beiden Ebenen mit 45<br />

TATIONSELITEINSTUNDEST<br />

bzw. 44,6 Jahren rund vier Jahre jünger als ihre<br />

westdeutschen Kollegen. Darin reflektiert sich<br />

der große Anteil an Personen, die als Neulinge<br />

ein parlamentarisches Mandat übernommen<br />

hatten und unter z.T. abenteuerlichen Umständen<br />

zu ihrer Kandidatur gekommen waren. Im<br />

Gegensatz zu Westdeutschland fehlte<br />

die Notwendigkeit, sich in einer<br />

GRAFISCHEONFIGURATIONDEREPRÄSEN IESOZIALSTRUKTURELLEUNDBIO<br />

langanhaltenden Bewährungsphase<br />

in vorparlamentarischen politischen<br />

Positionen für ein politisches Mandat<br />

zu empfehlen. Seit 1990 hat sich das<br />

Durchschnittsalter der ostdeutschen Repräsentationseliten<br />

kontinuierlich erhöht; es liegt<br />

Seite 37


Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />

Situation<br />

Seite 38<br />

allerdings weiterhin auf beiden Ebenen rund<br />

zwei Jahre unter dem westdeutschen Durchschnittsalter.<br />

Dies deutet auf eine dauerhaft<br />

kürzere Anwartschaft für ein Parlamentsmandat<br />

in Ostdeutschland hin, allerdings ist<br />

der Unterschied nicht so dramatisch, dass von<br />

vollständig unterschiedlichen Generationen<br />

und Erfahrungszusammenhängen gesprochen<br />

werden kann.<br />

Der bereits in der POTSDAMER ELITE-<br />

STUDIE von 1995 festgestellte hohe Bildungsgrad<br />

der Eliten in beiden Landesteilen<br />

bestätigt sich auch für die Repräsentationseliten,<br />

wenn man den Anteil an Fach- und<br />

Hochschulabsolventen betrachtet (Abbildung<br />

10). Die Repräsentationseliten in beiden Landesteilen<br />

besitzen also mehrheitlich ein hohes<br />

Niveau an akademischer Ausbildung, haben<br />

ähnliche Ausbildungswege durchlaufen und<br />

damit vergleichbare analytische Problemlösungskompetenzen<br />

erworben, die eine Integration<br />

und Zusammenarbeit erleichtern.<br />

Kurz nach der Wiedervereinigung konstatierte<br />

die POTSDAMER ELITESTUDIE<br />

als einen gewichtigen Unterschied zwischen<br />

ost- und westdeutscher Elite eine Dominanz<br />

der naturwissenschaftlich-technischen Intelligenz<br />

innerhalb der ostdeutschen Elite. An<br />

der Entwicklung der seit 1990 rekrutierten<br />

Abgeordneten lässt sich zeigen, dass dieser<br />

Sachverhalt eine Übergangserscheinung<br />

darstellte und der Situation<br />

des Umbruchs geschuldet ist, in der<br />

sich Inhaber naturwissenschaftlichtechnischer<br />

Abschlüsse aufgrund<br />

der Ideologieferne ihrer Studienrichtungen<br />

am glaubwürdigsten vom ehemaligen DDR-<br />

Regime distanzieren konnten.<br />

Unter den Mitgliedern der Repräsentationselite,<br />

die über einen Fach- bzw. Hochschulabschluss<br />

verfügen, sank der Anteil an naturwissenschaftlich-technischen<br />

Abschlüssen von ca. 60<br />

Prozent 1990 auf rund ein Drittel um das Jahr<br />

2010 (Tabelle 13). Im gleichen Zeitraum stieg<br />

die relative Häufigkeit von Juristen von 5 auf<br />

14,7 Prozent. Die entsprechenden Zahlen für<br />

wirtschaftswissenschaftliche Abschlüsse betragen<br />

acht und 12 Prozent sowie für geistes- bzw.<br />

sozialwissenschaftliche Abschlüsse 21,6 und<br />

35,6 Prozent. Die Verteilung der Abschlüsse<br />

in Westdeutschland ist dagegen in dem betrachteten<br />

Zeitraum vergleichsweise stabil<br />

geblieben. Die neuen ostdeutschen Eliten haben<br />

also zunehmend dieselben Abschlüsse wie<br />

ihre Kollegen aus Westdeutschland erworben,<br />

die Vorteile auf dem Weg durch die institutionellen<br />

Strukturen hin zu Elitepositionen<br />

versprechen. Zwar wirkt hier dieselbe institutionelle<br />

Struktur in der Tendenz angleichend, es<br />

bestehen indes Unterschiede fort, die sich aus<br />

der Geschichte der DDR und der Situation<br />

des Umbruchs herleiten. So rekrutiert sich die<br />

ostdeutsche Repräsentationselite auch noch<br />

20 Jahre nach der Wiedervereinigung häufiger<br />

aus der technischen Intelligenz und seltener<br />

aus den Wirtschaftswissenschaften bzw. der<br />

Jurisprudenz, während der Anteil an Geistesund<br />

Sozialwissenschaftlern keinen Ost-West-<br />

Unterschied mehr erkennen lässt.<br />

Zwar kann diese leicht divergierende akademische<br />

Ausbildung, die ja außerdem in<br />

unterschiedlichen Berufsverläufen resultiert,<br />

gegensätzliche Problemwahrnehmungen und<br />

Problemlösungsstrategien hervorrufen. Allerdings<br />

kann ein gemeinsam gegangener Weg<br />

durch – wenn auch räumlich getrennte – so<br />

doch strukturell ähnliche Organisationen und


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

Institutionen die Entwicklung ähnlicher Problemwahrnehmungen<br />

und Lösungsstrategien<br />

oder allgemeiner: die Integration der Repräsentationselite<br />

über Parteigrenzen hinweg<br />

fördern. Für die Bundesrepublik Deutschland<br />

wurde schon in den 1970er Jahren festgestellt,<br />

dass ein Großteil der Repräsentationselite<br />

erst dann rekrutiert wird, nachdem er eine<br />

langjährige Bewährungsfrist vor allem in innerparteilichen<br />

Führungsfunktionen aber auch<br />

in regionalen oder kommunalen Ämtern bzw.<br />

Mandaten durchlaufen hat (Herzog 1975).<br />

Diese so genannte „Ochsentour“ dient dem<br />

Aufbau von Netzwerken, Kommunikationszusammenhängen,<br />

einer eigenen Machtbasis,<br />

dem Kennenlernen politischer Prozesse und<br />

Organisationsabläufe sowie allgemein dem<br />

Training der zentralen politischen Fähigkeit,<br />

unterschiedliche Interessen zu gemeinsamem<br />

Handeln zu bewegen.<br />

Die Repräsentationseliten in Ostdeutschland<br />

haben sich an dieses Muster weitgehend angepasst<br />

(Best/Jahr/Vogel 2011). Die relative<br />

Häufigkeit innerparteilicher Funktionsträger<br />

ist sowohl auf nationaler wie auch auf regionaler<br />

Ebene von rund 40 Prozent um 1990 auf<br />

fast 60 Prozent zwanzig Jahre später angestiegen<br />

(Abbildung 11). Damit ist der Anteil an<br />

Repräsentationseliten mit innerparteilichen<br />

Vorerfahrungen auf der Landesebene in Ostwie<br />

Westdeutschland gleich hoch, nur auf der<br />

Bundesebene ist noch ein geringer Abstand<br />

erkennbar. Ähnlich verhält es sich mit dem<br />

Prozentsatz kommunaler oder regionaler<br />

Vorerfahrungen 8 , der jedoch im gesamten<br />

Untersuchungszeitraum deutlich niedriger<br />

liegt (Abbildung 12). Zwar zeigt sich hier, dass<br />

die nationalen Repräsentationseliten generell<br />

seltener kommunale bzw. regionale Vorerfahrung<br />

sammeln, aber ein spürbarer Ost-West-<br />

Unterschied war nur auf Landesebene zu Beginn<br />

der 1990er Jahre sichtbar. Im Zeitverlauf<br />

hatten die ostdeutschen Repräsentationseliten<br />

immer weniger kommunale und regionale<br />

Positionen ausgeübt und sich dabei an ihre<br />

Kollegen aus Westdeutschland angepasst. Die<br />

innerparteilichen Erfahrungen scheinen eine<br />

größere Relevanz zu besitzen, entscheidet<br />

doch die eigene Partei vorzugsweise über die<br />

Nominierung ihrer Kandidaten. Die Karrierewege<br />

in die Repräsentationselite weisen<br />

daher zwanzig Jahre nach der Wende keine<br />

deutlichen Unterschiede mehr auf. In dieser<br />

Hinsicht hat sich eine strukturell ähnliche<br />

Elite herausgebildet.<br />

Die bisherigen Befunde zeigen, dass die<br />

politischen Eliten in beiden Landesteilen<br />

mittlerweile weitgehend ähnliche Vorerfahrungen<br />

aufweisen. Dieser Umstand lässt auch<br />

günstige Bedingungen für die Integration<br />

hinsichtlich einer Reihe von zentralen normativen<br />

Einstellungen zur Institutionenstruktur<br />

INSTELLUNGSMUSTERDEREPRÄSEN<br />

der repräsentativen Demokratie und ihrer<br />

TATIONSELITENINSTUNDEST<br />

politischen Verfahren erwarten.<br />

Diese Integration auf Ebene der politischen<br />

Einstellungen zeigt sich zunächst an<br />

der Bewertung der Lebenssituation<br />

und den ökonomischen Bedingungen,<br />

unter denen die politischen Eliten Politik<br />

gestalten und die der in Ost und<br />

West mehrheitlich geteilten Beschreibung von<br />

Politik als einem Beruf zum Ausdruck kommen.<br />

Die Frage, ob ein Abgeordnetenmandat<br />

Seite 39


Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />

Situation<br />

Seite 40<br />

ein richtiger Beruf ist, wird von einem Großteil<br />

der Bundestagsabgeordneten bejaht. Die<br />

Zustimmung schwankt zwischen 77 und 88<br />

Prozent und differiert dabei nicht systematisch<br />

zwischen ost- oder westdeutschen Parlamentariern.<br />

Die Ähnlichkeit beider Landesteile<br />

zeigt sich noch deutlicher bei den Abgeordneten<br />

in den Landesparlamenten. Hier sind<br />

stets mehr als 80 Prozent der Parlamentarier<br />

der Meinung, dass Abgeordneter zu sein ein<br />

richtiger Beruf ist (Abbildung 13). Diese Einschätzung<br />

wird bestätigt von der Haltung der<br />

Parlamentarier zu einer beruflichen Tätigkeit<br />

parallel zum Mandat. Ein Großteil der ostdeutschen<br />

Bundestagsabgeordneten lehnt dies<br />

ab (80-85 Prozent), der Anteil der Befürworter<br />

ist unter ihren westdeutschen Kollegen größer<br />

(23-32 Prozent). Jedoch haben sich diese<br />

Zahlen in den letzten Jahren aufeinander zu<br />

bewegt. So nahm der Prozentsatz ostdeutscher<br />

Befürworter zu, während der westdeutscher<br />

sogar sehr stark sank. Der Unterschied beträgt<br />

2010 nur noch 3 Prozentpunkte. Die relative<br />

Häufigkeit derjenigen unter den ostdeutschen<br />

Landesparlamentariern, die davon ausgehen,<br />

dass Abgeordneter kein Beruf ist, sank zwischen<br />

2003 und 2010 von 38 auf 32 Prozent.<br />

Stärker war die Dynamik in den Parlamenten<br />

der alten Bundesländer: Hier nahm die Anzahl<br />

der Befürworter von 52 auf 42 Prozent ab<br />

(Abbildung 14).<br />

Die Zahl der Abgeordneten, die vor<br />

dem Mandat bereits in einem politiknahen<br />

Beruf arbeiteten, hat seit 1990<br />

sowohl in Ost- und Westdeutschland<br />

zugenommen (Abbildung 15). Dazu<br />

zählen Berufe, die im weiteren politischen<br />

Umfeld angesiedelt sind, wie z.B. politische<br />

Referenten oder Gewerkschaftsfunktionäre.<br />

Offenbar fand dabei in Ostdeutschland eine<br />

Art nachholende Professionalisierung der Karrieren<br />

politischer Repräsentationseliten statt,<br />

die sich in einem rasanten Anstieg von Personen<br />

niederschlägt, die vor ihrem Mandat in<br />

einem politiknahen Bereich tätig waren. Dies<br />

trifft für den Bundestag stärker zu als für die<br />

ostdeutschen Landesparlamente. Im Jahre 2000<br />

waren unter den ostdeutschen Abgeordneten<br />

anteilig mehr Berufspolitiker als unter ihren<br />

westdeutschen Kollegen. Dies hat sich seitdem<br />

nicht geändert, wenngleich die Dynamik etwas<br />

abgenommen hat. Trotz der unterschiedlichen<br />

Stärke dieser Entwicklung ist die Richtung bei<br />

ost- und westdeutschen Parlamentariern die<br />

gleiche: Tatsächlich sind in den Parlamenten<br />

zunehmend mehr Personen zu finden, die vor<br />

ihrem ersten Mandat in einem politiknahen<br />

Bereich arbeiteten. Dies ist ein Beleg für den<br />

Trend zur Verberuflichung der Politik.<br />

Das Empfinden der Abgeordneten als Teil einer<br />

gemeinsamen politischen Klasse differiert<br />

insofern zwischen Ost und West, als dass die<br />

Abgeordneten der LINKEN hier eine deutlich<br />

unterdurchschnittliche Zustimmung aufweisen.<br />

Auffällig ist die Ähnlichkeit zwischen den<br />

Parlamentariern in den ost- und westdeutschen<br />

Landesparlamenten. Auch wenn die Werte<br />

für die Bundestagsabgeordneten auseinander<br />

liegen, haben sie sich in ihrer Entwicklungsrichtung<br />

seit 2007 angepasst – wenngleich auf<br />

unterschiedlichem Niveau. Zumindest in den<br />

ostdeutschen Landesparlamenten nähert sich<br />

DIE LINKE der Zustimmungsrate der anderen<br />

Parteien an; mittlerweile empfindet die<br />

Mehrheit ihrer Mandatsträger ein Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

auch über Fraktionsgrenzen<br />

hinweg (Abbildung 16).


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

Das Bewusstsein, als Abgeordneter einer bestimmten<br />

Klasse anzugehören, wirkt sich auch<br />

auf das parlamentarische Handeln aus. So ist<br />

es nur eine Minderheit, die keine informellen<br />

Kontakte zu Mitgliedern anderer Fraktionen<br />

unterhalten – obwohl diese ebenfalls Mitglieder<br />

der gemeinsamen politischen Klasse<br />

sind. Wieder ist die Parallelität der Entwicklungen<br />

bei den Ost- und Westdeutschen in<br />

den Landesparlamenten augenfällig: Seit<br />

2003 nimmt der Anteil keiner und seltener<br />

Kontakte ab, während der Prozentsatz häufiger<br />

Kontakt zunimmt. Ganz anders ist es bei den<br />

Bundestagsabgeordneten. Die Entwicklung ist<br />

hier eher diffus, und zwischen den ost- und<br />

westdeutschen Parlamentariern gibt es deutlich<br />

weniger Übereinstimmung in der Kontakthäufigkeit.<br />

Obwohl die Entwicklungen oft gegenläufig<br />

sind, scheinen sich die Unterschiede im<br />

Jahr 2010 zumindest in Ansätzen eingeebnet<br />

zu haben. Gerade die häufigen Kontakte haben<br />

2007 bei ost- und westdeutschen Abgeordneten<br />

zunächst zugenommen, 2010 dann aber<br />

wieder abgenommen (Abbildung 17).<br />

Neben den empirisch feststellbaren Unterschieden<br />

zeigen sich auch Differenzen in den<br />

gegenseitigen Wahrnehmungen der Abgeordneten.<br />

Hier wird deutlich, dass in den beiden<br />

Parlamenten, die sowohl Repräsentanten aus<br />

dem Gebiet der ehemaligen DDR wie aus<br />

dem Gebiet der alten Bundesrepublik umfassen<br />

– nämlich dem Bundestag und dem<br />

Berliner Abgeordnetenhaus – durchaus Unterschiede<br />

zwischen ost- und westdeutschen<br />

Kollegen wahrgenommen werden. Dabei lässt<br />

sich kein klarer Trend ausmachen. Deutlich<br />

wird aber, dass die Wahrnehmung gar keiner<br />

Unterschiede eine Minderheitenposition war<br />

und ist. Geringe oder gewisse Unterschiede<br />

sind weiterhin die dominierende Kategorie,<br />

wenngleich das Pendel 2010 wieder stärker in<br />

Richtung „gewisser Unterschied“ ausschlägt.<br />

Die Entwicklung der „großen Unterschiede“<br />

zeigt eine Zunahme unter den ostdeutschen<br />

Bundestagsabgeordneten, aber gleichzeitig<br />

eine Abnahme unter den westdeutschen (Abbildung<br />

18).<br />

Die Unterschiede im Repräsentationsverständnis<br />

der Bundestagsabgeordneten sind<br />

teilweise beträchtlich, nehmen aber insgesamt<br />

spürbar ab. Während bei den westdeutschen<br />

Parlamentariern der Aspekt der Vertretung<br />

des gesamten Landes zunehmend in den<br />

Fokus rückt, verliert dieses Anliegen bei ihren<br />

ostdeutschen Kollegen langsam an Unterstützung.<br />

Ähnlicher ist die Entwicklung der Vertretung<br />

des eigenen Wahlkreises – zwar mit<br />

unterschiedlicher Intensität, aber immerhin<br />

in gleicher Richtung verliert dieser Gesichtspunkt<br />

an Bedeutung. Die eigenen Wähler<br />

sind den ostdeutschen Repräsentationseliten<br />

auf Bundesebene immer wichtiger geworden;<br />

bei den westdeutschen Parlamentariern ist<br />

diese Dynamik zuletzt etwas abgebremst. Die<br />

Repräsentation ihrer Partei ist ihnen etwas<br />

wichtiger als den ostdeutschen Mitstreitern<br />

(Abbildung 19).<br />

Deutlich stabiler, und in den jeweiligen Anteilen<br />

der Repräsentationsfoki auch einheitlicher,<br />

sind die Werte für die Landesparlamente.<br />

Während die eigenen<br />

Wähler für ostdeutsche Abgeordnete<br />

wichtiger wurden, erlebte die eigene<br />

Partei eine vorsichtige Zunahme der<br />

Unterstützung bei westdeutschen Parlamentariern.<br />

Mit großem Abstand aber steht die<br />

Vertretung des gesamten Landes – bei ost- und<br />

Seite 41


Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />

Situation<br />

Seite 42<br />

westdeutschen Abgeordneten gleichermaßen –<br />

an erster Stelle (Abbildung 20).<br />

Bei der Einschätzung des wichtigsten politischen<br />

Ziels zeigen sich für beide Landesteile<br />

auf Bundes- und Landesebene nahezu<br />

identische Ergebnisse und Entwicklungen.<br />

Die mitunter starken Dynamiken und die auffallenden<br />

Ähnlichkeiten in der Entwicklung<br />

stärkt die Vermutung, dass die Entscheidung<br />

für das wichtigste Politikziel stark durch die<br />

aktuelle politische Situation geprägt ist (Abbildung<br />

21 und Abbildung 22).<br />

Das Verhältnis zur eigenen Fraktion weist für<br />

die ost- und westdeutschen Abgeordneten<br />

grundsätzliche Parallelen auf. Nur in einzelnen<br />

Aspekten unterscheiden sich beide Gruppen.<br />

So hat sich die Fraktionsdisziplin bei ost- und<br />

westdeutschen Bundestagsabgeordneten sehr<br />

ähnlich entwickelt, driftete aber 2010 auseinander.<br />

Abgeordnete der LINKEN stehen der<br />

Fraktionsdisziplin grundsätzlich kritischer<br />

gegenüber (Abbildung 23). Letzteres zeigt<br />

sich ebenso in den Landesparlamenten, ansonsten<br />

fällt hier einmal mehr die Ähnlichkeit<br />

der Ost- und Westdeutschen auf (Abbildung<br />

24). Die Häufigkeit abweichenden Abstimmungsverhaltens<br />

ist leicht rückläufig – ein<br />

Trend, der sowohl ost- als auch westdeutsche<br />

Parlamentarier umfasst und auf Bundes- und<br />

Landesebene auftritt. Allerdings zeigen sich<br />

hier Niveauunterschiede zwischen<br />

Ost und West, die nicht nur DIE<br />

LINKE betreffen. Vielmehr scheinen<br />

Ostdeutsche die parlamentarischen<br />

Freiheiten stärker auszunutzen als<br />

ihre westdeutschen Parlamentarier-Kollegen<br />

(Abbildung 25 und Abbildung 26).<br />

Die Zufriedenheit mit der Abgeordnetentätigkeit<br />

ergibt ein interessantes Bild. Während ihre<br />

Intensität leicht schwankt, in der Summe aber<br />

weitgehend stabil bleibt, variiert der Anteil<br />

derer, die sich als unzufrieden bezeichnen. So<br />

waren 2003 5 Prozent der ostdeutschen Abgeordnete<br />

aber nur 2 Prozent der westdeutschen<br />

mit ihrer Tätigkeit unzufrieden. 2007 stieg die<br />

Differenz sogar auf 8 Prozent unzufriedener<br />

ostdeutscher Parlamentarier bei weiterhin 2<br />

Prozent unzufriedenen Westdeutschen. Drei<br />

Jahre später kam es zu einer deutlichen Annäherung:<br />

Bei den westdeutschen Abgeordneten<br />

blieb die Unzufriedenheit mit 2 Prozent stabil,<br />

bei den ostdeutschen sank sie auf 3 Prozent<br />

(Abbildung 27).<br />

Eine Bilanzierung kann mit der Frage nach der<br />

Zufriedenheit der Abgeordneten mit der Demokratie,<br />

wie sie in Deutschland funktioniert,<br />

veranschaulicht werden (Abbildung 28). Die<br />

Antworten offenbaren zwar einige Differenzen<br />

zwischen ost- und westdeutschen Repräsentationseliten.<br />

So sind 2007 und 2010 jeweils die<br />

ostdeutschen Abgeordneten weniger zufrieden<br />

mit dem Funktionieren der bundesdeutschen<br />

Demokratie. Allerdings sind die ostdeutschen<br />

Bundestagsabgeordneten nie „sehr unzufrieden“,<br />

was die ostdeutsche Unzufriedenheit<br />

zumindest teilweise relativiert. Aber trotz des<br />

größeren Anteils der in Westdeutschland sozialisierten<br />

Parlamentarier, die sich anhand der<br />

Kategorien „sehr zufrieden“ und „ziemlich zufrieden“<br />

zeigt, gleichen sich beide Gruppen an.<br />

So wurden die Bundestags- und Landesparlamentsabgeordneten<br />

aus Westdeutschland seit<br />

2007 etwas unzufriedener, bei ihren Kollegen<br />

aus Ostdeutschland hingegen nahm die Unzufriedenheit<br />

langsam ab. Parallel wuchs die<br />

Zufriedenheit dieser Teilgruppe, die der West-


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

deutschen verringerte sich auf allen Ebenen.<br />

Trotz aller Unterschiede zwischen den Abgeordneten,<br />

die in der DDR bzw. in der alten<br />

Bundesrepublik aufgewachsen sind, und die<br />

nach wie vor noch nicht überwunden sind, wird<br />

eine Konvergenz der Repräsentationseliten<br />

deutlich, die in zwei Richtungen stattfindet: Es<br />

verändern sich die Einstellungen der Ostdeutschen<br />

und der Westdeutschen. Es wird deutlich,<br />

dass die Sozialisation in der DDR zwar<br />

bis heute nachwirkt, jedoch durch die Einflüsse<br />

des neuen institutionellen Rahmens überlagert<br />

werden. Augenfällig ist die bisher unvollständige<br />

Integration der SED-Nachfolgepartei<br />

DIE LINKE, die immer noch nicht als vollständig<br />

legitimer Koalitionspartner angesehen<br />

wird, was sich auch in der Distanzierung ihrer<br />

Abgeordneten gegenüber dem politischen System<br />

niederschlägt. Zudem scheint die föderale<br />

Mehrebenenstruktur einen wichtigen Beitrag<br />

zur Integration der Repräsentationseliten geleistet<br />

zu haben, sind doch die Landespolitiker<br />

aus beiden Regionen häufig stärker integriert<br />

als ihre Kollegen auf Bundesebene.<br />

IRTSCHAFTSELITEN AHRENACHDEMYSTEMUMBRUCH STDEUTSCHE<br />

In Ostdeutschland liegt eine besondere Situation<br />

vor, da der Generationswechsel an der Unternehmensspitze<br />

und der Wandel ökonomischer<br />

Institutionen im Zuge der Transformation der<br />

Wirtschaft stark auseinander fielen. Während<br />

mit der Wende ein umfassender Strukturbruch<br />

der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen<br />

Institutionen stattfand, war der Generations-<br />

ERZÖGERTERENERATIONSWECHSEL<br />

wechsel bei den ökonomischen Funktionseliten<br />

teilweise „still gestellt“. Das hängt u.a. mit dem<br />

kleinen Gelegenheitsfenster zusammen, das<br />

nur Personen in einem bestimmten Alter und<br />

unter besonderen Konditionen nutzen konnten.<br />

Häufig handelte es sich um Personen der<br />

„zweite Reihe“ der DDR-Betriebshierarchie,<br />

die 1989 etwa 40 Jahre alt waren.<br />

Dieser Sachverhalt spiegelt sich auch in der<br />

Altersverteilung ostdeutscher Unternehmensleiter<br />

aus dem Jahre 2002 wider (Abbildung<br />

29). Die Altersgruppen zwischen 45 und<br />

60 Jahren waren zu dem Zeitpunkt bei den<br />

ostdeutschen Unternehmensleitern besonders<br />

stark vertreten, während die Altersverteilung<br />

der westdeutschen Vergleichsgruppe<br />

homogener wirkt. Acht Jahre später hat sich<br />

das Schwergewicht der Verteilung für die<br />

Ostdeutschen noch weiter in die älteren Personengruppen<br />

verschoben (Abbildung 30).<br />

Das illustriert das Auftreten eines größeren<br />

Generationswechsels an der Spitze ostdeutscher<br />

Unternehmen in der Zukunft. Dieser<br />

Wechsel wird Veränderungen in der Zusammensetzung<br />

ökonomischer Funktionseliten in<br />

den nächsten Jahren bewirken, denn auch 20<br />

Jahre nach der Wende weist eine gewichtige<br />

Gruppe von Leitern mittelständischer Unternehmen<br />

in Ostdeutschland einen biografischen<br />

Hintergrund in der Kombinatswirtschaft auf<br />

(Tabelle 14). Immer noch mehr als die Hälfte<br />

der ostdeutschen Unternehmensleiter<br />

verfügt über Führungserfahrungen in<br />

der DDR.<br />

Seite 43


Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />

Situation<br />

Seite 44<br />

Im Zuge der Privatisierungen durch die Treuhandanstalt<br />

war spekuliert worden, dass sich<br />

in Ostdeutschland eine „Managerkapitalismus“<br />

herausbilden würde, bei dem angestellte<br />

Manager aus Westdeutschland ohne regionale<br />

Bindungen eine herausragende Rolle spielen<br />

würden. Heute steht fest, dass diese Vermutungen<br />

nicht zutreffend waren. Stattdessen<br />

IGENTUMSQUOTENOSTDEUTSCHER IRTSCHAFTSELITEN<br />

liegt die Eigentumsquote ostdeutscher Unternehmensleiter<br />

im industriellen Mittelstand<br />

in den letzten Jahren kontinuierlich über der<br />

westdeutscher Vergleichsgruppen (Tabelle<br />

15).<br />

Charakteristisch für die ostdeutschen Geschäftsführer<br />

in Ostdeutschland ist, dass<br />

über die Hälfte Eigentumsanteile an der<br />

Firma besitzt und diese überwiegend durch<br />

Kauf oder Gründung erworben wurden. In<br />

Westdeutschland hält weniger als die Hälfte<br />

der Befragten Firmenanteile, doch in etwa 25<br />

Prozent der Fälle handelt es sich um Alleineigentümer<br />

(der entsprechende Anteil beträgt<br />

bei den Ostdeutschen nur etwa 10 Prozent<br />

wegen der in der Vergangenheit beschränkten<br />

Möglichkeiten Kapital zu akkumulieren). In<br />

Westdeutschland kam der Eigentumserwerb<br />

hauptsächlich durch Vererbung und Schenkung<br />

zustande.<br />

Von den befragten Unternehmensleitern,<br />

die 2010 eine Unternehmensübergabe<br />

beabsichtigten, strebten<br />

mehr als ein Drittel das innerhalb<br />

der Verwandtschaft an. Hinsichtlich dieser<br />

Planungen gibt es nur geringe Ost-West-Unterschiede.<br />

Die traditionelle Form des Generationswechsels<br />

innerhalb der Familie ist gegenüber<br />

der Übertragung der Verantwortung auf<br />

andere Personengruppen oder gar auf andere<br />

Unternehmen dominierend (Tabelle 16).<br />

„Familienkapitalistische“ Strukturen besitzen<br />

allgemein in der deutschen Wirtschaft einen<br />

großen Stellenwert. 9 Dies bezieht sich sowohl<br />

auf das Eigentum an Firmen, in der Form<br />

des Eigentümer-Unternehmers, in dessen<br />

Person Firmeneigentum und Firmenleitung<br />

zusammenfallen, als auch auf die Wege, mit<br />

denen die Kontinuität der Unternehmen<br />

sichergestellt werden soll. Die familieninterne<br />

Nachfolge stellt auch in den regionalen<br />

ostdeutschen Wirtschaftseliten die vorherrschend<br />

angestrebte Form der Weiterführung<br />

des Unternehmens dar. Daher ist es durchaus<br />

wahrscheinlich, dass sich in den nächsten<br />

Jahrzehnten in Ostdeutschland ein ähnlicher<br />

„Familienkapitalismus“ wie im Westen<br />

herausbilden wird, in dem Familienunternehmen<br />

eine wichtige Rolle spielen werden<br />

(Bluhm/Martens 2011).<br />

Für die Charakterisierung nationaler Managementkulturen<br />

gilt das Qualifikationsprofil<br />

der Führungskräfte auf den obersten<br />

Leitungsebenen als ein wichtiger Indikator.<br />

Bis in die 1980er Jahre hinein gehörte zu den<br />

kennzeichnenden Eigenschaften des westdeutschen<br />

Managements die im internationalen<br />

NGLEICHUNGENVONUALIFIKATIONS<br />

Vergleich hervorstechende Dominanz von<br />

PROFILEN<br />

Ingenieuren und Technikern. Seitdem hat der<br />

Anteil ingenieurwissenschaftlich ausgebildeter<br />

Unternehmensleiter in Westdeutschland


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

kontinuierlich abgenommen, zugunsten des<br />

Bedeutungsgewinns von Führungskräften<br />

mit kaufmännischem und wirtschaftswissenschaftlichem<br />

Ausbildungshintergrund.<br />

Inzwischen liegt der Anteil technischer oder<br />

ingenieurwissenschaftlicher Qualifikationen<br />

von Mitgliedern der ersten Führungsebene des<br />

westdeutschen industriellen Mittelstandes bei<br />

52,4 Prozent.<br />

Anders sehen die Ergebnisse für das ostdeutsche<br />

Topmanagement aus, das weiterhin in hohem<br />

Maße von Ingenieuren und Technikern geprägt<br />

wird. Im letzten Jahrzehnt wurden immer Prozentanteile<br />

naturwissenschaftlich-technischer<br />

Studienabschlüsse zwischen 70 und 80 Prozent<br />

gemessen (Tabelle 17).<br />

Damit erweisen sich die Veränderungen der<br />

Qualifikationsprofile speziell der ostdeutschen<br />

ersten Führungsebene als viel „konservativer“<br />

als die des Managements im Allgemeinen. Dort<br />

ist nämlich der Angleichungsprozess an den<br />

Westen sehr viel schneller abgelaufen, indem<br />

in den letzten Jahren vermehrt Wirtschaftswissenschaftler<br />

eingestellt wurden, wenngleich<br />

immer noch Unterschiede zwischen den Qualifikationsprofilen<br />

im ost- und westdeutschen<br />

Management existieren (Tabelle 18).<br />

Die im Zuge des <strong>SFB</strong> <strong>580</strong> durchgeführten<br />

Analysen zum Wandel im deutschen Managementhaben<br />

allgemein sowohl Konvergenzen der<br />

Ost-West-Unterschiede als auch eine Stabilität<br />

von Divergenzen auf der ersten Führungsebene<br />

von Unternehmens offen gelegt (Martens<br />

IRTSCHAFTSELITEN EINUNGSMUSTERDERREGIONALEN<br />

2007). Dies betrifft beispielsweise, wie weiter<br />

oben dargestellt, Qualifikationsprofile im<br />

Management, das Führungsverständnis und<br />

das Auseinanderfallen von institutionellem<br />

Wandel und Generationswechsel an der Unternehmensspitze.<br />

Ein Bereich, in dem die<br />

Divergenzen vergleichsweise stark ausgeprägt<br />

sind und man vermuten kann, dass sich länger<br />

wirkende gesellschaftliche Einflüsse zeigen,<br />

stellen Meinungsmuster dar, die auch als kognitive<br />

„Fundierung“ von Managementkonzepten<br />

angesehen werden können (Martens 2007).<br />

Im Folgenden werden die auf dieser Basis<br />

gefundenen Einstellungsmuster der ost- und<br />

westdeutschen Unternehmensleiter im Kontrast<br />

und im Zeitverlauf dargestellt. Zudem<br />

wird die Analyse ausgeweitet, indem aktuelle<br />

Meinungsbilder der deutschen Bevölkerung<br />

herangezogen werden. Damit können Transformationseffekte<br />

abgeschätzt werden und es<br />

lässt sich untersuchen, wie stark Ost- bzw.<br />

West-Einflüsse im Vergleich zu Wirkungen<br />

der jeweiligen sozialen Position und Funktion<br />

sind, die die Unternehmensleiter ausüben.<br />

Ost-West-Unterschiede zwischen ökonomischen<br />

Funktionseliten lassen sich in Bezug<br />

auf gesellschaftspolitische Orientierungen feststellen.<br />

Diese können zu zwei Einstellungsmustern<br />

verdichtet werden, die sich umschreiben<br />

lassen als<br />

soziale Marktwirtschaftler“, die eine<br />

stärkere Präferenz für Konsensorientierung<br />

und Interessenausgleich<br />

in der betrieblichen Praxis<br />

aufweisen sowie eher Aspekte der<br />

sozialen Integration im unternehmerischen<br />

Handeln berücksichtigt wissen wollen und<br />

Seite 45


Martens, Die aktuelle Vogel, Gerstenhauer<br />

Situation<br />

Seite 46<br />

Konkurrenzkapitalisten“, die eher neoliberale<br />

Wirtschaftspositionen vertreten und<br />

weniger geneigt sind, sich für die sozialen<br />

Konsequenzen konkurrenzkapitalistischer<br />

Gewinnmaximierungsstrategien verantwortlich<br />

zu fühlen.<br />

Die Ost-West-Differenz ist der dominierende<br />

Faktor für die Variation der gesellschaftspolitischen<br />

Orientierungen. Westdeutsche<br />

Unternehmensleiter sind ungefähr zu zwei<br />

Dritteln „soziale Marktwirtschaftler“, während<br />

ostdeutsche mehrheitlich als „Konkurrenzkapitalisten“<br />

klassifiziert werden<br />

(Tabelle 19). Die regionale Herkunft besitzt<br />

durchgehend einen starken Einfluss auf die<br />

Meinungsmuster, wobei der relativ große<br />

Anteil ostdeutscher Konkurrenzkapitalisten<br />

zum Teil mit den geringeren Einkommen in<br />

Ostdeutschland erklärt werden kann (Martens<br />

2007). Unterschiedliche Befragungen<br />

im Zeitraum 2002-2010 verdeutlichen, dass<br />

insbesondere bei den Ostdeutschen der Anteil<br />

der sozialen Marktwirtschaftler angestiegen<br />

und dementsprechend der Prozentsatz der<br />

Konkurrenzkapitalisten kleiner geworden ist.<br />

Welche Unterschiede bestehen nun zwischen<br />

den Meinungsbildern von Führungskräften<br />

der Wirtschaft und der Bevölkerung? Im<br />

Ost-West-Vergleich zeigen sich die größten<br />

Gegensätze innerhalb der deutschen Bevölkerung<br />

bei Bewertungen der Einflussnahme<br />

des Staates auf die Wirtschaft.<br />

Dies entspricht der gesellschaftliche<br />

„Hauptkonfliktlinie“ soziale Gerechtigkeit<br />

vs. Marktfreiheit, die<br />

üblicherweise bei allgemeinen Bevölkerungsbefragungen<br />

abgebildet wird. Der Wunsch<br />

nach sozialer Gerechtigkeit und Absicherung,<br />

die beide durch den Staat sichergestellt werden<br />

sollen, ist bis in gehobene soziale Schichten in<br />

Deutschland weit verbreitet (Neugebauer 2007:<br />

58ff.). Dementsprechend befürwortete etwa<br />

die Hälfte der ostdeutschen Bevölkerung in<br />

einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung<br />

des Sonderforschungsbereichs im Jahre 2009<br />

eine wirtschaftlich aktive Rolle des Staates,<br />

die sogar Maßnahmen zur Umverteilung<br />

von Reichtum einschließt. Die Bevölkerung<br />

in Westdeutschland ist in diesen Fragen mit<br />

Zustimmungsraten von etwa einem Drittel zurückhaltender.<br />

Doch auch hier besteht immer<br />

eine große Abweichung zu den Auffassungen<br />

der wirtschaftlichen Führungskräfte, die sich<br />

zum überwiegenden Teil gegen jegliche staatliche<br />

Einflussnahme aussprechen (Abbildung<br />

31). Diese Differenzen entlang der gesellschaftlichen<br />

Hauptkonfliktlinie entsprechen<br />

der Beobachtung von Hartmann (2007: 157),<br />

der von einem Elitenkonsens in Deutschland<br />

hinsichtlich wirtschafts- und gesellschaftspolitischer<br />

Fragen ausgeht. Die Eliten seien<br />

sich bei der Steuer-, Arbeitsmarkt- und<br />

Rentenpolitik relativ einig, während es in<br />

Bezug auf moralische Gesichtspunkte größere<br />

Unterschiede gäbe.<br />

In den Ost-West-Unterschieden zwischen den<br />

Unternehmensleitern spiegelt sich das Ost-<br />

West-Verhältnis der Bevölkerungsantworten<br />

wider. So sind die Geschäftsführer mehrheitlich<br />

gegen Umverteilung, doch die Ablehnung<br />

der ostdeutschen Führungskräfte fällt schwächer<br />

aus als die der westdeutschen, womit sie<br />

in der Tendenz dem Ost-West-Unterschied<br />

in der Bevölkerung entsprechen. Ähnliche<br />

Antwortmuster sind auch bei den Fragen zu<br />

beobachten, ob sich freies Unternehmertum<br />

und soziale Gerechtigkeit ausschließen oder ob


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

Gewerkschaften überflüssig sind.<br />

Daraus lassen sich zwei Schlussfolgerungen ziehen:<br />

Einerseits macht der Ost-West-Vergleich<br />

die langfristigen Wirkungen der geschichtlichen<br />

Entwicklung und der persönlichen Sozialisation<br />

sichtbar. Er zeigt die unterschiedlich geprägten<br />

Wahrnehmungen und Einschätzungen über<br />

die wirtschaftliche Rolle des Staates, von<br />

Unternehmen in Marktwirtschaften oder von<br />

Interessenvertretungen der Arbeitnehmer.<br />

Andererseits können die Differenzen zwischen<br />

der Bevölkerung und den wirtschaftlichen<br />

Führungskräften auf Interessengegensätze zurückgeführt<br />

werden, die sich durch ihre unterschiedlichen<br />

sozialen Positionen ergeben.<br />

Die letztgenannten Unterschiede haben einen<br />

größeren Einfluss, sodass die Meinungsbilder<br />

zwischen Bevölkerung und Wirtschaftseliten<br />

relativ weit auseinander liegen. Gleichwohl<br />

spielt die langfristige Prägung – in der „alten<br />

Bundesrepublik“ oder in der DDR – auch 20<br />

Jahre nach der Wende eine Rolle, wie sich in<br />

den Ost-West-Differenzen sowohl innerhalb<br />

der Bevölkerung als auch unter den Unternehmensleitern<br />

zeigt. Doch existieren diese<br />

Unterschiede regionaler Art weniger parallel<br />

zur gesellschaftlichen Hauptkonfliktlinie, sie<br />

sind ihr vielmehr nachgeordnet.<br />

Die regionalen Wirtschafteliten mit einer ostdeutschen<br />

Herkunft werden immer noch durch<br />

den „langen Schatten der Wende“ beeinflusst. Es<br />

dominieren bei diesen Eliten Personen, die erste<br />

Führungserfahrungen in der DDR sammeln<br />

NACHDEMYSTEMUMBRUCH AHRE IRTSCHAFTSELITEN AZIT<br />

konnten; die einen technischen Qualifikationshintergrund<br />

aufweisen und deren gesellschaftspolitische<br />

Orientierungen sich teilweise<br />

von denen westdeutscher Vergleichsgruppen<br />

unterscheiden.<br />

Doch ist ebenso zu beobachten, dass sich die<br />

Einstellungen der Wirtschaftseliten in Ost<br />

und West, gerade da, wo es um ihre Interessenwahrnehmung<br />

geht, angeglichen haben.<br />

Aufgrund der Altersstruktur der ostdeutschen<br />

Unternehmensleiter ist ein größerer Generationswechsel<br />

in der Zukunft wahrscheinlich,<br />

der in den Traditionslinien der Familie<br />

geplant wird. Welche Folgen dieser Generationswechsel<br />

auf die Unternehmen haben wird,<br />

ist nicht zuletzt aufgrund der Einführung<br />

neuer Managementkonzepte im industriellen<br />

Mittelstand (z.B. verstärktes Controlling und<br />

Orientierung an Konzepten der Unternehmenswertsteigerung)<br />

sowie veränderter Rahmenbedingungen<br />

in den ostdeutschen Betrieben<br />

offen. So ist auch bei den Belegschaften<br />

ostdeutscher Unternehmen in den nächsten<br />

Jahren ein verstärkter Generationswechsel zu<br />

erwarten.<br />

Dieser „doppelte Generationswechsel“ in der<br />

Zukunft könnte demnach den Wandel in den<br />

Unternehmen beschleunigen und trotzdem<br />

in den Traditionen „familienkapitalistischer“<br />

Strukturen ablaufen.<br />

Seite 47


CHLUSSBETRACHTUNGUNDUSBLICK<br />

Martens,<br />

Schlussbetrachtung<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

und<br />

Ausblick<br />

7<br />

Wie sich gezeigt hat, weisen die<br />

Entwicklungen der politischen<br />

Führungsgruppen und der Wirtschaftseliten<br />

Unterschiede, aber auch einige<br />

Gemeinsamkeiten auf. Vor allem in Bezug<br />

auf Rekrutierung und Karrierepfade sowie auf<br />

Einstellungsmuster lässt sich sowohl in der<br />

Politik als auch im wirtschaftlichen Bereich<br />

eine Konvergenz der ost- und westdeutschen<br />

Elitegruppen beobachten, wobei die Adaption<br />

der ostdeutschen Eliten an in Westdeutschland<br />

ausgeprägte Muster vorherrschend ist.<br />

Dabei unterscheiden sich beiden betrachteten<br />

Gruppen in der Entwicklung der ersten Jahre<br />

nach dem Systemumbruch insbesondere hinsichtlich<br />

der Geschwindigkeit des Elitenwechsels.<br />

Innerhalb der Politik kam es im Zuge der<br />

Wende nach Jahren blockierter Aufstiege der<br />

Subeliten zu einem nachgeholten und umfassenden<br />

Elitenaustausch. Für die Wirtschaft gilt<br />

dies nicht. Hier sind auffällige Kontinuitäten<br />

und ein verzögerter Generationenwechsel zu<br />

beobachten, dessen Verzögerung bis heute anhält<br />

– mittlerweile allerdings in abgeschwächter<br />

Form.<br />

Seite 48<br />

Als Gemeinsamkeit sind u.a. die Spezifika des<br />

Elitenimports aus Westdeutschland zu erwähnen.<br />

Für die hier betrachteten Elitegruppen<br />

gilt, dass der Anteil von in der alten Bundesrepublik<br />

Geborenen, die nun in den neuen Bundesländern<br />

Elitenpositionen einnehmen, umso<br />

größer ist, je höher die jeweilige Statusebene<br />

ist. Demgegenüber steht ein erheblich geringerer<br />

bzw. marginaler Anteil an Ostdeutschen,<br />

die westdeutsche Elitepositionen einnahmen<br />

und einnehmen – was sowohl für die Politik<br />

als auch für die Wirtschaft gilt. Ähnlich ist<br />

die im Vergleich zu Westdeutschland größere


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

Bedeutung technischer Qualifikationen und<br />

Erfahrungen. Wenngleich nicht zwingend von<br />

einem technokratischen Verständnis von Politik<br />

und Wirtschaft gesprochen werden kann, ist<br />

doch der größere Anteil von Technikern und<br />

Naturwissenschaftlern in beiden betrachteten<br />

Elitengruppen augenfällig. Schließlich ist die<br />

Tatsache des Angleichens ost- und westdeutscher<br />

Eliten in beiden Sphären zu erwähnen.<br />

Dies wird sowohl bei den Karrieren deutlich<br />

als auch bei den Einstellungen zu wichtigen<br />

sozialen und politischen Fragen.<br />

Die vorliegende Synopse zeigt neben typischen<br />

Entwicklungen, die den Rahmenbedingungen<br />

des Systemumbruchs geschuldet sind, auch<br />

Spezifika für Politik und Wirtschaft. Vor<br />

diesem Hintergrund stellt eine systematische<br />

Analyse der Frage, inwiefern diese Dynamiken<br />

durch subsystemische Eigenlogiken bedingt<br />

sind, einen lohnenden Gegenstand künftiger<br />

Forschung dar.<br />

Seite 49


Martens, Vogel, Gerstenhauer<br />

1<br />

Vgl. die folgende, als unveröffentlichte DVD vorliegende<br />

Quelle: Martens, Bernd (2011): Wirtschaftseliten in der DDR<br />

und im wiedervereinigten Deutschland, in: FU Berlin, Projektteam<br />

Wiedervereinigung (Hrsg.): 20 Jahre deutsche Wiedervereinigung,<br />

Band 10, sowie Vogel, Lars/Gerstenhauer, Daniel<br />

(2011): Politische Eliten in der DDR und im wiedervereinigten<br />

Deutschland, in: FU Berlin, Projektteam Wiedervereinigung<br />

(Hrsg.): 20 Jahre deutsche Wiedervereinigung, Band 10.<br />

NDNOTEN<br />

2<br />

In der Europäischen Gemeinschaft wird mit folgenden Definitionen<br />

gearbeitet: „Kleinstunternehmen“: weniger als 10<br />

Mitarbeiter und Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme von<br />

höchstens 2 Mio. EUR; „kleine Unternehmen“: weniger als 50<br />

Mitarbeiter und Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme von<br />

höchstens 10 Mio. EUR; „mittlere Unternehmen“: weniger als<br />

250 Mitarbeiter und entweder Jahresumsatz von höchstens<br />

50 Mio. EUR oder Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio.<br />

EUR. Kleine und mittelgroße Unternehmen werden auch oft<br />

zusammengefasst, so genannte KMU oder in Englisch SME<br />

(Small and Middle-sized Enterprises).<br />

3<br />

West- und ostdeutsche Personen werden in diesem Text durchgängig<br />

anhand des folgenden Kriteriums unterschieden, das in<br />

sozialwissenschaftlichen Erhebungen zu diesem Thema üblich<br />

ist: Wohnort der jeweiligen Person am 30.6.1990 (das war der<br />

Tag der Währungsunion von der BRD und der DDR).<br />

6<br />

Vgl. Kapitel 5.1. Allgemein lasse sich für die osteuropäischen<br />

Tranformationsländer ein bemerkenswert einheitliches Bild<br />

erkennen, schreiben Sattler und Boyer (2009: 61): „The change<br />

in personnel on the top floors of the economy was much slower<br />

than in the field of politics.“<br />

7<br />

Hatschikjan (1998) sieht in der „Revolution der Stellvertreter“<br />

die Gemeinsamkeit der ökonomischen Transformationen in Osteuropa,<br />

die die Berufschancen dieses Personenkreises entscheidend<br />

verbesserte.<br />

8<br />

Um die zeitliche Vergleichbarkeit zu gewährleisten wurden nur<br />

die kommunalen und regionalen Positionen zur Vorerfahrung<br />

gezählt, die auch nach der Wiedervereinigung fortbestanden.<br />

Daher fällt der Anteil an solchen Positionen geringer aus, als der<br />

Anteil an Transitionspolitikern.<br />

9<br />

Nach der Studie von Klein lag der Anteil der Familienunternehmen<br />

mit einem Umsatz von 2-100 Mio. DM bezogen auf<br />

alle deutschen Unternehmen dieser Umsatzklassen bei 70 %.<br />

Familienunternehmen erwirtschafteten kumuliert „in allen<br />

Branchen außer der Dienstleistungsbranche mehr Umsatz als<br />

Nicht-Familienunternehmen. Im verarbeitenden Gewerbe<br />

erwirtschaften Familienunternehmen [in Deutschland] 50 %<br />

mehr Umsatz als Nicht-Familienunternehmen“ (Klein 2004:<br />

51). Neuere Untersuchungen des Sonderforschungsbereichs <strong>580</strong><br />

bestätigen diese Zahlen.<br />

Seite 50<br />

4<br />

Nach dem Politikwissenschaftler Herfried Münkler (2000:<br />

80f.) ist die Entkoppelung von Funktions- und Werteliten<br />

ein Merkmal moderner Gesellschaften, das den sozialistischen<br />

Ländern notwendigerweise fehlte, weil anderenfalls der<br />

Wahrheitsanspruch des Marxismus-Leninismus infrage gestellt<br />

worden wäre. Die Entkoppelung von Funktionserfüllung und<br />

Vorbildverhalten steigere die Leistungsfähigkeit in gesellschaftlichen<br />

Teilsystemen wie beispielsweise der Wirtschaft. Es ist<br />

jedoch auch zu beobachten, dass zunehmend in der deutschen<br />

Öffentlichkeit in den letzten Jahren moralische Defizite und<br />

mangelndes Verantwortungsbewusstsein insbesondere der<br />

nationalen Wirtschaftseliten diskutiert werden.<br />

5<br />

Beim Konzept eines „Marktes für Unternehmenskontrolle“<br />

wird davon ausgegangen, dass auf entsprechenden<br />

Märkten unterschiedliche Akteure um<br />

die Kontrolle über Unternehmen konkurrieren (Höpner/Jackson<br />

2001). Nach diesem Konzept entstand mit der Schaffung der<br />

Treuhandanstalt ein solcher Markt in der DDR, der jedoch<br />

stark verzerrt war.


Literatur<br />

Aderhold, Jens u.a. (1994): Von der Betriebs- zur Zeckgemeinschaft,<br />

Berlin: Edition Sigma.<br />

ITERATUR<br />

Berghoff, Hartmut (2003) Abschied vom klassischen Mittelstand.<br />

Kleine und mittlere Unternehmen in der bundesdeutschen Wirtschaft<br />

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Seite 53


Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />

Tabelle 1: Fallzahlen der <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie nach Vergleichsperioden<br />

(in Personen) ..........56<br />

ABELLENVERZEICHNIS<br />

Tabelle 2: Fallzahlen der <strong>Jena</strong>er Parlamentarierbefragung nach Befragungszeitpunkten<br />

(Personen) ..........56<br />

Tabelle 3: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Beschäftigtengrößenklassen<br />

und Wirtschaftszweigen 2004 (in % bezogen auf die<br />

Beschäftigtenzahl im jeweiligen Wirtschaftsbereich). ..........57<br />

Tabelle 4: Angaben über die Anzahl von Ost- und Westdeutschen<br />

in Bezug auf Elitepositionen im Teilsystem der Wirtschaft. ..........57<br />

Tabelle 5: Bildungsabschlüsse der Vorstandsvorsitzenden der 100 größten<br />

deutschen Unternehmen (in % der erfassten Vorstandsvorsitzenden) ..........58<br />

Tabelle 6: Fachrichtungen des Hochschulstudiums nach der hierarchischer<br />

Ebene von Wirtschaftskadern in der DDR ..........58<br />

Tabelle 7: Anzahl der Betriebe und Beschäftigen nach Betriebsgrößenklassen<br />

im verarbeitenden Gewerbe vor und nach dem gesellschaftlichen Umbruch ..........59<br />

Tabelle 8: Verteilung der regionalen Herkunft von Unternehmensleitern<br />

mittelständischer Unternehmen in den Betriebsgrößenklassen 50-1.000<br />

Beschäftige, verarbeitendes Gewerbe nach dem Standort der Unternehmen. ..........59<br />

Tabelle 9: Positionen ehemaliger DDR-Kombinatseliten ungefähr zehn<br />

Jahre nach der Wende 1990, Stichprobengröße 58 Fälle ..........60<br />

Seite 54<br />

Tabelle 10: Prozentsätze typischer Karrieremuster ehemaliger DDR-<br />

Kombinatseliten ungefähr zehn Jahre nach der Wende 1990, Stichprobengröße<br />

298 Fälle ..........60<br />

Tabelle 11: Ausfaller- und Aussteigerquoten nach den Leitungsressorts<br />

ehemaliger DDR-Kombinatseliten ungefähr zehn Jahre<br />

nach der Wende 1990 ..........61


Tabellen<br />

Tabelle 12: Beschreibende Merkmale von Karrieremustern ostdeutscher<br />

Unternehmensleiter, verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigten ..........62<br />

Tabelle 13: Anteil verschiedener Fachrichtungen bei Hochschulabsolventen<br />

in der Repräsentationselite im Zeitverlauf (in Prozent) ..........63<br />

Tabelle 14: Anteile derjenigen Unternehmensleiter, die schon vor 1989 auf<br />

Führungspositionen, d.h. mit Personalverantwortung, tätig waren, verarbeitendes<br />

Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte ..........63<br />

Tabelle 15: Besitz von Firmenanteilen durch Unternehmensleiter, verarbeitendes<br />

Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte ..........63<br />

Tabelle 16: Angestrebte Unternehmensübergaben laut Auskunft von<br />

Unternehmensleitern, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte ..........64<br />

Tabelle 17: Anteile natur- und ingenieurwissenschaftlicher Studienabschlüsse<br />

von Unternehmensleitern, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte ..........64<br />

Tabelle 18: Anteile technischer und naturwissenschaftlicher Qualifikationen<br />

allgemein im Management ost- und westdeutscher Betriebe,<br />

verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte ..........64<br />

Tabelle 19: Anteile konkurrenzkapitalistischer und sozial-marktwirtschaftlicher<br />

Meinungsmuster unter Unternehmensleitern ost- und westdeutscher<br />

Betriebe, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigten ..........65<br />

Seite 55


Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />

Tabelle 1: Fallzahlen der <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie nach Vergleichsperioden (in Personen)<br />

<strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie (N) 1990-94 94-98 98-02 02-06 06-10<br />

Westdeutsche<br />

Repräsentationselite<br />

Ostdeutsche<br />

Repräsentationselite<br />

Bundesebene 550 555 558 526 519<br />

Landesebene 1570 1586 1548 1470 1253<br />

Bundesebene 149 138 141 102 123<br />

Landesebene 670 573 588 591 565<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie.<br />

Tabelle 2: Fallzahlen der <strong>Jena</strong>er Parlamentarierbefragung nach Befragungszeitpunkten (Personen)<br />

<strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung<br />

N (Response-Rate in Prozent)<br />

2003 2007 2010<br />

Westdeutsche<br />

Repräsentationselite<br />

Ostdeutsche<br />

Repräsentationselite<br />

Bundesebene 120 (24) 129 (26) 119 (24)<br />

Landesebene 341 (72) 304 (67) 284 (58)<br />

Bundesebene 45 (45) 49 (42) 51 (44)<br />

Landesebene 430 (81) 402 (75) 372 (69)<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung. Da einzelne Landesparlamente nicht seit 2003 an jeder Befragung<br />

teilnahmen, wurde für die Analyse nur auf die seit 2003 kontinuierlich befragten Parlamente zurückgegriffen.<br />

Seite 56


Tabellen<br />

Tabelle 3: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Beschäftigtengrößenklassen und Wirtschaftszweigen<br />

2004 (in % bezogen auf die Beschäftigtenzahl im jeweiligen Wirtschaftsbereich).<br />

Wirtschaftsbereich<br />

Ostdeutschland<br />

Betriebsgrößenklassen (Zahl der Beschäftigten)<br />

1 – 4 5 – 9 10 – 49 50 – 199 200 – 249 250 – 499<br />

mehr<br />

als 500<br />

Land- und Forstwirtschaft 13,3 % 11,3 % 46,9 % 21,5 % 1,9 % 4,1 % 1,0 %<br />

Verarbeitendes Gewerbe 4,6 % 6,2 % 25,4 % 30,7 % 5,1 % 11,4 % 16,6 %<br />

Unternehmensorientierte<br />

Dienstleistungen<br />

15 % 10,8 % 27,5 % 27,4 % 3,6 % 8,3 % 7,4 %<br />

übrige Dienstleistungen 5,3 % 4,6 % 18,6 % 25,4 % 3,9 % 14,5 % 27,7 %<br />

Insgesamt 10,7 % 9,3 % 26,1 % 24,7 % 3,5 % 9,6 % 16,1 %<br />

Wirtschaftsbereich<br />

Westdeutschland<br />

Betriebsgrößenklassen (Zahl der Beschäftigten)<br />

1 – 4 5 – 9 10 – 49 50 – 199 200 – 249 250 – 499<br />

mehr<br />

als 500<br />

Land- und Forstwirtschaft 35,1 % 19,9 % 33,4 % 9,5 % 0,6 % 0,2 % 1,3 %<br />

Verarbeitendes Gewerbe 3 % 3,9 % 15,5 % 21,8 % 4,3 % 13,9 % 37,6 %<br />

Unternehmensorientierte<br />

Dienstleistungen<br />

12,4 % 9,6 % 26,6 % 26,1 % 3,6 % 8,9 % 12,8 %<br />

übrige Dienstleistungen 8,4 % 6,9 % 21,3 % 24,1 % 4,3 % 12,2 % 22,8 %<br />

Insgesamt 9,2 % 8,6 % 22,9 % 22,8 % 3,5 % 10,4 % 22,6 %<br />

„Sozialversicherungspflichtig beschäftigt“ bedeutet, dass keine Nebentätigkeiten oder geringfügigen Beschäftigungen ausgeübt<br />

werden. In der Bundesrepublik liegt die Grenze der Geringfügigkeit augenblicklich bei einem Verdienst von 400 EUR im Monat.<br />

Quelle: Eckdaten der Mittelstandsstatistik, Institut für Mittelstandsforschung Mannheim.<br />

Tabelle 4: Angaben über die Anzahl von Ost- und Westdeutschen in Bezug<br />

auf Elitepositionen im Teilsystem der Wirtschaft.<br />

Sektor Gesamt Ostdeutsche Ostquote im Sektor<br />

Wirtschaft 249 1 0,4 %<br />

Wirtschaftsverband 173 14 8,1 %<br />

Gesamt 422 15 3,6 %<br />

Es handelt sich um die Stichprobe der Wirtschaftseliten im Rahmen der so genannten „Potsdamer Elitenstudie“ von<br />

1995. Quelle: Elitenbefragung von Bürklin/Rebenstorf 1997, S. 67.<br />

Seite 57


Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />

Tabelle 5: Bildungsabschlüsse der Vorstandsvorsitzenden der 100 größten deutschen<br />

Unternehmen (in % der erfassten Vorstandsvorsitzenden)<br />

Jahr<br />

BWL<br />

Ingenieur- und<br />

Naturwissenschaften<br />

Rechtswissenschaften<br />

Studienfach<br />

Ohne Studium Lehre Promotion<br />

1970 (n=84) 26,2 % 25,0 % 32,1 % 16,7 % 16,7 % 44,0 %<br />

1995 (n=86) 38,4 % 23,2 % 31,4 % 7,0 % 25,6 % 46,5 %<br />

2004 (n=88) 41,0 % 36,4 % 12,5 % 10,2 % 23,9 % 47,7 %<br />

Erhebung der Daten für die Jahre 1970, 1995 und 2004. Quelle: Hartmann 2006, S. 435.<br />

Tabelle 6: Fachrichtungen des Hochschulstudiums nach der hierarchischer<br />

Ebene von Wirtschaftskadern in der DDR<br />

Studienfach<br />

Hierarchische Position<br />

Generaldirektor Fachdirektor Betriebsdirektor Abteilungsleiter<br />

Ökonomie 48,2 % 44,3 % 47,4 % 35,5 %<br />

Ingenieur- und Naturwissenschaften<br />

53,6 % 46,6 % 47,0 % 55,3 %<br />

Rechtswissenschaften 0,9 % 2,3 % 2,4 % 1,8 %<br />

Geisteswissenschaften 3,6 % 9,1 % 3,2 % 4,3 %<br />

Gesellschaftswissenschaften 39,3 % 4,1 % 3,2 % 1,2 %<br />

Summe* 145,5 % 106,4 % 103,2 % 98,1 %<br />

* Mehr als 100 % kommen durch die Absolvierung eines Zweitstudiums zustande.<br />

Quelle: Zentraler Kaderdatenspeicher des Ministerrates der DDR 1989, nach Salheiser 2009, S. 189.<br />

Seite 58


Tabellen<br />

Tabelle 7: Anzahl der Betriebe und Beschäftigen nach Betriebsgrößenklassen im verarbeitenden<br />

Gewerbe vor und nach dem gesellschaftlichen Umbruch<br />

Verteilung der Betriebe<br />

Betriebsgrößenklassen nach Beschäftigten im Betrieb<br />

Jahr 1-19* 20-99 100-199 200-499 500-999<br />

1.000 und<br />

mehr<br />

Summe<br />

(absolut)<br />

1987 3,5 % 15,2 % 15,2 % 25,1 % 16,3 % 24,7 % 3.423<br />

1992 14,6 % 57,8 % 14,2 % 8,6 % 2,9 % 1,9 % 6.364<br />

1994 11,8 % 67,2 % 12,7 % 6,1 % 1,5 % 0,7 % 6.950<br />

1980 12,6 % 59,9 % 12,9 % 9,3 % 3,0 % 2,3 % 48.719<br />

1994 11,6 % 60,8 % 13,5 % 9,3 % 2,9 % 1,9 % 43.700<br />

Verteilung der Beschäftigten<br />

Betriebsgrößenklassen nach Beschäftigten im Betrieb<br />

Ostdeutschland<br />

Westdeutschland<br />

Ostdeutschland<br />

Westdeutschland<br />

Jahr 1-19 20-99 100-199 200-499 500-999<br />

1.000 und<br />

mehr<br />

Summe<br />

(in 1.000)<br />

1987 0,1 % 1,0 % 2,4 % 8,6 % 12,2 % 75,7 % 3.230,6<br />

1992 1,2 % 19,8 % 14,6 % 18,9 % 14,5 % 31,0 % 878,2<br />

1994 1,6 % 33,2 % 19,3 % 21,4 % 11,8 % 12,7 % 634,1<br />

1980 0,8 % 17,3 % 11,4 % 18,1 % 13,2 % 39,2 % 7.717,7<br />

1994 0,9 % 19,2 % 13,2 % 20,2 % 14,2 % 32,3 % 6.231,9<br />

* Die kleinste Betriebsgrößenklasse ist nur bedingt vergleichbar. In der DDR-Statistik bildeten 25 Beschäftigte die Obergrenze dieser<br />

Betriebsgrößenklasse.<br />

Quelle: Staatliche Zentralverwaltung für Statistik der DDR, Statistisches Bundesamt, nach Pohlmann/Gergs 1996, S. 98.<br />

Tabelle 8: Verteilung der regionalen Herkunft von Unternehmensleitern mittelständischer<br />

Unternehmen in den Betriebsgrößenklassen 50-1.000 Beschäftige, verarbeitendes<br />

Gewerbe nach dem Standort der Unternehmen.<br />

Regionale Herkunft des<br />

Unternehmensleiters<br />

Westdeutschland<br />

Befragung 2002<br />

Betrieb in<br />

Ostdeutschland<br />

Anzahl<br />

Westdeutsch 99,0 % 30,5 % 493<br />

Ostdeutsch 1,0 % 69,5 % 255<br />

Anzahl 387 361<br />

Regionale Herkunft des<br />

Unternehmensleiters<br />

Westdeutschland<br />

Befragung 2010<br />

Betrieb in<br />

Ostdeutschland<br />

Anzahl<br />

Westdeutsch 97,7 % 35,1 % 297<br />

Ostdeutsch 2,3 % 64,9 % 162<br />

Anzahl 217 242<br />

Seite 59<br />

Quelle: Unternehmensbefragungen des Teilprojektes A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong> in den Jahren 2002 und 2010.


Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />

Tabelle 9: Positionen ehemaliger DDR-Kombinatseliten ungefähr zehn Jahre<br />

nach der Wende 1990, Stichprobengröße 58 Fälle<br />

Position<br />

Anteil<br />

Geschäftsführer in einem Wirtschaftsunternehmen 36 %<br />

Führungsposition in 2. Leitungsebene in einem Wirtschaftsunternehmen 12 %<br />

Mitarbeiter in einem Wirtschaftsunternehmen 9 %<br />

Selbstständiger 7 %<br />

Geschäftsführer in einem Verband 3 %<br />

Führungsposition in 2. Leitungsebene in einem Arbeitsförderunternehmen 3 %<br />

Führungsposition in 2. Leitungsebene in einer Verwaltung 2 %<br />

Mitarbeiter in einem ABM*-Projekt 2 %<br />

Arbeitslos 2 %<br />

Vorruhestand/Rente 24 %<br />

* ABM bedeutet Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die von der Agentur für Arbeit finanziert wurden. Diese Maßnahmen boten<br />

Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb des normalen Arbeitsmarktes (auf dem so genannten „Zweiten Arbeitsmarkt“).<br />

In den 1990er Jahren war ABM in der Bundesrepublik Deutschland stark verbreitet.<br />

Quelle: Schreiber u.a. 2002, S. 139.<br />

Tabelle 10: Prozentsätze typischer Karrieremuster ehemaliger DDR-Kombinatseliten<br />

ungefähr zehn Jahre nach der Wende 1990, Stichprobengröße 298 Fälle<br />

Karriereverläufe<br />

Anteil<br />

Gründer<br />

gründete sein eigenes Unternehmen, ist dort als Geschäftsführer tätig und kann<br />

somit zu den (regionalen) Wirtschaftseliten gezählt werden<br />

20 %<br />

Fortsetzer<br />

ist als Führungskraft der ersten bzw. zweiten Leitungsebene in einem Unternehmen<br />

mit anderen Eigentümern tätig und kann somit ebenfalls (bedingt) zu den (regionalen)<br />

Wirtschaftseliten gerechnet werden<br />

20 %<br />

Absteiger<br />

hat seinen Elitestatus verloren und ist als fachkompetenter Mitarbeiter in einem<br />

Unternehmen tätig<br />

17 %<br />

Bleiber<br />

nahm Führungspositionen in der ersten Leitungsebene im Kombinatsnachfolger<br />

ein und wirkte maßgeblich an der Entflechtung bzw. Liquidierung des Kombinates<br />

mit<br />

18 %<br />

Seite 60<br />

Wechsler<br />

Ausfaller<br />

wechselte als Führungskraft der ersten bzw. zweiten Leitungsebene in einen anderen<br />

Elitesektor (z.B. vom Geschäftsführer in die Verwaltung)<br />

hatte einen Berufsverlauf, der im wesentlichen durch<br />

Arbeitslosigkeit gekennzeichnet war<br />

5 %<br />

4 %<br />

Aussteiger ging sofort in Vorruhestand bzw. in Rente 16 %<br />

Quelle: Schreiber u.a. 2002, S. 141.


Tabellen<br />

Tabelle 11: Ausfaller- und Aussteigerquoten nach den Leitungsressorts ehemaliger<br />

DDR-Kombinatseliten ungefähr zehn Jahre nach der Wende 1990<br />

Leitungsressort<br />

Ausfaller- und Aussteigerquoten<br />

Forschung und Entwicklung 0 %<br />

Wissenschaft und Technik 5 %<br />

Materialwirtschaft 7 %<br />

Generaldirektor/Stellvertreter ohne eigenes Ressort 14 %<br />

Technik 15 %<br />

Generaldirektor 16 %<br />

Datenverarbeitung 17 %<br />

Produktion 17 %<br />

„Ausfaller“ = das berufliche Schicksal wurde nach 1990 hauptsächlich durch Arbeitslosigkeit gekennzeichnet;<br />

„Aussteiger“ = Verrentung.<br />

Quelle: Schreiber u.a. 2002, S. 144.<br />

Seite 61


Seite 62<br />

Tabelle 12: Beschreibende Merkmale von Karrieremustern ostdeutscher Unternehmensleiter,<br />

verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigten<br />

Unabhängige Variablen<br />

1: Gleiche<br />

leitende<br />

Position über<br />

die Wende<br />

hinweg<br />

Cluster 1, 2 und 3 werden im<br />

Text zusammengefasst<br />

2: „Wendegewinner“<br />

im gleichen<br />

Betrieb<br />

3: „Wendegewinner“<br />

nach frühem<br />

Betriebswechsel<br />

Cluster der Karriereverläufe<br />

Cluster 4 und 5 im Text<br />

zusammengefasst<br />

4: Aufsteiger<br />

mit Unternehmenswechsel<br />

in<br />

den 1990ern<br />

5: Unternehmenswechsler<br />

Cluster 6 und 7 im Text<br />

zusammengefasst<br />

6: In<br />

leitenden<br />

Positionen<br />

im gleichen<br />

Betrieb<br />

7: Wechsel<br />

in leitende<br />

Positionen<br />

nach der<br />

Wende<br />

Im Unternehmen seit (Mittelwert) 1973 1978 1984 1991 1991 1988 1995 1984<br />

Beginn der Berufstätigkeit<br />

(Mittelwert)<br />

1965 1968 1968 1970 1968 1971 1973 1969<br />

Alter in Jahren (Mittelwert) 56 54 53 52 52 50 48 53<br />

Frauenanteil - 2,9 % 21,4 % 3,6 % 10,3 % 14,3 % 5,0 % 7,6 %<br />

Geschäftsführer 100,0 % 83,8 % 78,6 % 89,3 % 89,7 % 76,2 % 80,0 % 84,8 %<br />

Betriebsleiter - 7,4 % 7,1 % 7,1 % 6,9 % 14,3 % 10,0 % 7,6 %<br />

Gesamte<br />

Stichprobe<br />

Prokuristen - 8,8 % 14,3 % 3,6 % 3,4 % 9,5 % 10,0 % 7,6 %<br />

Keine Führungsposition bei Betriebseintritt,<br />

d.h. interne Aufstiege<br />

82,4 % 82,4 % 78,6 % 14,3 % 27,6 % 61,9 % 45,0 % 59,7 %<br />

Anteil technischer Qualifikationen 94,1 % 89,7 % 71,4 % 92,9 % 89,7 % 81,0 % 80,0 % 86,3 %<br />

Anteil kaufmännischer<br />

Qualifikationen<br />

17,6 % 17,6 % 42,9 % 21,4 % 20,7 % 28,6 % 30,0 % 24,2 %<br />

Besitz von Eigentumsanteilen<br />

am Unternehmen<br />

76,5 % 57,4 % 66,7 % 64,3 % 65,5 % 33,3 % 35,0 % 57,6 %<br />

Firmengründung<br />

Firmenteilhaber<br />

7,7 % 20,5 % 11,1 % 55,6 % 68,4 % - 42,9 % 30,6 %<br />

durch<br />

Kauf 84,6 % 76,9 % 72,2 % 50,0 % 21,1 % 85,7 % 42,9 % 62,8 %<br />

Neugegründetes Unternehmen 11,8 % 28,8 % 34,6 % 81,5 % 63,0 % 38,1 % 52,6 % 42,9 %<br />

Häufigkeit in der Stichprobe 8,1 % 32,2 % 13,3 % 13,3 % 13,7 % 10,0 % 9,5 %<br />

Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />

Befragungszeitpunkt 2002. Es wurden Cluster ähnlicher Berufsverläufe durch statistische Analysen berechnet. Im Text werden die Verlaufscluster 1, 2 und 3, 4 und 5 sowie 6 und 7<br />

zusammengefasst. Quelle: Ereignisdatensatz der Karriereverläufe, Unternehmensbefragung 2002 des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong> nach Martens 2005, S. 221f.


Tabellen<br />

Tabelle 13: Anteil verschiedener Fachrichtungen bei Hochschulabsolventen<br />

in der Repräsentationselite im Zeitverlauf (in Prozent)<br />

90-94 94-98 98-02 02-06 06-10<br />

Theologie 0,5 0,8 0,7 0,8 1,3<br />

Jura 27,3 24,8 25,2 26,0 27,5<br />

Westdtl.<br />

Wirtschaft 16,6 17,2 17,7 19,7 18,7<br />

Naturwissenschaft, Technik, Medizin 15,1 15,1 14,0 14,3 14,1<br />

Sozial- und Geisteswiss., Pädagogik 38,9 40,1 41,1 36,9 35,7<br />

Sonstiges 1,6 2,1 1,3 2,3 2,6<br />

Theologie 4,2 4,5 3,7 3,6 2,5<br />

Jura 5,5 5,2 7,1 8,8 14,7<br />

Ostdtl.<br />

Wirtschaft 7,8 9,7 9,2 11,7 12,1<br />

Naturwissenschaft, Technik, Medizin 59,9 52,3 46,5 38,3 33,5<br />

Sozial- und Geisteswiss., Pädagogik 21,6 27,8 33,2 36,8 35,6<br />

Sonstiges 1,0 0,5 0,4 0,8 1,6<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie.<br />

Tabelle 14: Anteile derjenigen Unternehmensleiter, die schon vor 1989 auf Führungspositionen,<br />

d.h. mit Personalverantwortung, tätig waren, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte<br />

Befragungsjahr<br />

Anteile derjenigen Unternehmensleiter, die bereits vor 1989 Führungsverantwortung hatten<br />

Ostdeutsche<br />

Westdeutsche<br />

2002 79,1 % 72,0 %<br />

2005 74,8 % 55,7 %<br />

2010 67,1 % 54,8 %<br />

Befragungszeitpunkte 2002, 2005 und 2010, Quelle: Unternehmensbefragungen des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich<br />

<strong>580</strong>.<br />

Tabelle 15: Besitz von Firmenanteilen durch Unternehmensleiter,<br />

verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte<br />

Anteile von Firmeneigentümern unter allen Unternehmensleitern<br />

Seite 63<br />

Ostdeutsche<br />

Westdeutsche<br />

51,3 % 44,0 %<br />

Quelle: Unternehmensbefragung 2010 des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong>.


Martens, Vogel, Tabellen Gerstenhauer<br />

Tabelle 16: Angestrebte Unternehmensübergaben laut Auskunft von Unternehmensleitern,<br />

verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte<br />

Der Nachfolger an der Unternehmensspitze<br />

ist …<br />

ostdeutscher Herkunft<br />

Unternehmensleiter<br />

westdeutscher Herkunft<br />

ein Verwandter 34,8 % 39,5 %<br />

ein Miteigentümer 9,2 % 4,6 %<br />

ein angestellter Manager 13,5 % 6,7 %<br />

ein Angestellter 1,4 % 1,0 %<br />

ein externer Manager 2,1 % 4,6 %<br />

ein anderes Unternehmen 1,4 % 1,5 %<br />

Anzahl der geplanten Unternehmensübergaben 141 195<br />

Quelle: Unternehmensbefragung 2010 des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong>.<br />

Tabelle 17: Anteile natur- und ingenieurwissenschaftlicher Studienabschlüsse von<br />

Unternehmensleitern, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte<br />

Befragungsjahr<br />

ostdeutscher Herkunft<br />

Unternehmensleiter<br />

westdeutscher Herkunft<br />

2002 71,8 % 41,4 %<br />

2005 74,1 % 39,3 %<br />

2010 80,0 % 53,8 %<br />

Befragungszeitpunkte 2002, 2005 und 2010. Quelle: Unternehmensbefragungen des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich<br />

<strong>580</strong>.<br />

Tabelle 18: Anteile technischer und naturwissenschaftlicher Qualifikationen allgemein im<br />

Management ost- und westdeutscher Betriebe, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigte<br />

Befragungsjahr<br />

Ostdeutschland<br />

Unternehmen in<br />

Westdeutschland<br />

Seite 64<br />

2002 72,7 % 56,6 %<br />

2005 67,2 % 49,8 %<br />

2010 61,7 % 46,6 %<br />

Befragungszeitpunkte 2002, 2005 und 2010. Quelle: Unternehmensbefragungen des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich<br />

<strong>580</strong>.


Tabellen<br />

Tabelle 19: Anteile konkurrenzkapitalistischer und sozial-marktwirtschaftlicher Meinungsmuster unter<br />

Unternehmensleitern ost- und westdeutscher Betriebe, verarbeitendes Gewerbe, 50-1.000 Beschäftigten<br />

Befragungsjahr<br />

„Konkurrenzkapitalisten“ unter…<br />

ostdeutschen Unternehmensleitern<br />

westdeutschen Unternehmensleitern<br />

„Soziale Marktwirtschaftler“ unter…<br />

ostdeutschen Unternehmensleitern<br />

westdeutschen Unternehmensleitern<br />

2002 61 % 37 % 39 % 63 %<br />

2005 66 % 38 % 34 % 62 %<br />

2010 55 % 31 % 45 % 69 %<br />

Befragungszeitpunkte 2002, 2005 und 2010. Quelle: Unternehmensbefragungen des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong>,<br />

eigene Berechnungen und Martens 2007.<br />

Seite 65


Martens, Abbildungen<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

Abbildung 1: Parteimitgliedschaft in der SED von Betriebsdirektoren und<br />

Fachdirektoren (Hauptabteilungsleitern) in Volkseigenen Betrieben der<br />

verarbeitenden Industrie nach Geburtskohorten ..........69<br />

BBILDUNGSVERZEICHNIS<br />

Abbildung 2: Sozialer Hintergrund (Eltern gehörten zur Arbeiterklasse)<br />

von Betriebsdirektoren und Fachdirektoren (Hauptabteilungsleitern) in<br />

Volkseigenen Betrieben der verarbeitenden Industrie nach Geburtskohorten ..........69<br />

Abbildung 3: Prozentuale Anteile akademischer Bildungsabschlüsse von<br />

Betriebsdirektoren und Fachdirektoren (Hauptabteilungsleitern) in<br />

Volkseigenen Betrieben der verarbeitenden Industrie nach Geburtskohorten ..........70<br />

Abbildung 4: Verteilung der Anfangsjahre beruflicher Episoden einer<br />

Gruppe von Unternehmern und Geschäftsführern von Betrieben des<br />

verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigten ..........70<br />

Abbildung 5: Verweildauer auf der aktuellen Position einer Gruppe von<br />

Unternehmern und Geschäftsführern von Betrieben des verarbeitenden<br />

Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigten ..........71<br />

Abbildung 6: Regionale Mobilität unter Parlamentsabgeordneten (in Prozent) ..........71<br />

Abbildung 7: Abgeordnete mit Parteimitgliedschaft oder politischen Ämter/<br />

Mandaten in der DDR vor 1989 (in Prozent) ..........72<br />

Abbildung 8: Anteil an Transitionspolitikern sowie Transitionspolitiker und<br />

DDR-Funktionsträger kombiniert unter den Repräsentationseliten (in Prozent) ..........72<br />

Abbildung 9: Durchschnittsalter der Repräsentationseliten (in Prozent) ..........73<br />

Seite 66<br />

Abbildung 10: Hochschulabschluss (<strong>Universität</strong> und Fachhochschule)<br />

der Repräsentationseliten (in Prozent) ..........73<br />

Abbildung 11: Erfahrungen der Repräsentationseliten in Parteifunktionen<br />

vor erstem Mandat (in Prozent) ..........74<br />

Abbildung 12: Erfahrungen der Repräsentationseliten in kommunalen und<br />

regionalen Ämtern/Mandaten vor erstem Mandat (in Prozent) ..........74


Abbildungen<br />

Abbildung 13: Zustimmung, dass Abgeordneter ein richtiger Beruf ist (in<br />

Prozent)* ..........75<br />

Abbildung 14: Zustimmung, dass Abgeordnete gleichzeitig in einem anderen<br />

Beruf arbeiten sollten (in Prozent)* ..........75<br />

Abbildung 15: Politiknahe Berufe vorm ersten Mandat (in Prozent)* ..........76<br />

Abbildung 16: Politisches Klassenbewusstsein (in Prozent) ..........76<br />

Abbildung 17: Kontakthäufigkeit zu Mitgliedern anderer Fraktionen (in<br />

Prozent)* ..........77<br />

Abbildung 18: Wahrnehmung von Unterschieden zwischen Abgeordneten<br />

aus Ost- und Westdeutschland (in Prozent)* ..........77<br />

Abbildung 19: Repräsentationsverständnis bei Bundestagsabgeordneten (in<br />

Prozent) ..........78<br />

Abbildung 20: Repräsentationsverständnis bei Landesparlamentariern (in<br />

Prozent) ..........78<br />

Abbildung 21: Trilemma der politischen Prioritäten bei Bundestagsabgeordneten<br />

(in Prozent) ..........79<br />

Abbildung 22: Trilemma der politischen Prioritäten bei Landesparlamentariern<br />

(in Prozent) ..........79<br />

Abbildung 23: Fraktionsdisziplin im Bundestag (in Prozent)* ..........80<br />

Abbildung 24: Fraktionsdisziplin in den Landesparlamenten (in<br />

Prozent)* ..........80<br />

Abbildung 25: Abweichendes Stimmverhalten von Bundestagsabgeordneten<br />

(in Prozent) ..........81<br />

Seite 67<br />

Abbildung 26: Abweichendes Stimmverhalten von Landesparlamentariern<br />

(in Prozent) ..........81<br />

Abbildung 27: Zufriedenheit mit der Abgeordnetentätigkeit (in Prozent)* ..........81


Martens, Abbildungen<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

Abbildung 28: Demokratiezufriedenheit (in Prozent) ..........82<br />

Abbildung 29: Altersverteilung von Unternehmern und Geschäftsführern<br />

von Betrieben des verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigte, im<br />

Jahre 2002. ..........82<br />

Abbildung 30: Altersverteilung von Unternehmern und Geschäftsführern<br />

von Betrieben des verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigte, im<br />

Jahre 2010 ..........83<br />

Abbildung 31: Vergleich der Zustimmung zu ausgewählten Meinungsitems<br />

in der Bevölkerung und bei regionalen Wirtschaftseliten (Unternehmensleiter<br />

im industriellen Mittelstand) ..........83<br />

Seite 68


50% 60% 70% 80% 90% 100% ParteimitgliedschaftinderSED<br />

40%<br />

50% 60% 70% 80% SozialerHintergrund<br />

40%<br />

Abbildungen<br />

Abbildung 1: Parteimitgliedschaft in der SED von Betriebsdirektoren und Fachdirektoren (Hauptabteilungsleitern)<br />

in Volkseigenen Betrieben der verarbeitenden Industrie nach Geburtskohorten<br />

10% 20% 30%<br />

Quelle: Zentraler Kaderdatenspeicher des Ministerrates der DDR 1989, nach Best 2007, S. 36.<br />


50% 60% 70% 80% 90% AkademischeBildungsabschlüsse<br />

40%<br />

Martens, Abbildungen<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

Abbildung 3: Prozentuale Anteile akademischer Bildungsabschlüsse von Betriebsdirektoren<br />

und Fachdirektoren (Hauptabteilungsleitern) in Volkseigenen Betrieben der<br />

verarbeitenden Industrie nach Geburtskohorten<br />

Quelle: Zentraler Kaderdatenspeicher des Ministerrates der DDR 1989, nach Best 2007, S.<br />

10% 20% 30%<br />

34.<br />

Abbildung 4: Verteilung der Anfangsjahre beruflicher Episoden einer Gruppe von Unternehmern<br />

und Geschäftsführern von Betrieben des verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000<br />


20% 30% 40% 50% VerweildaueraufderPositionimJahr2002<br />

10%<br />

Abbildungen<br />

Abbildung 5: Verweildauer auf der aktuellen Position einer Gruppe von Unternehmern und<br />

Geschäftsführern von Betrieben des verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigten<br />

Befragungszeitpunkt 2002. Quelle: Ereignisdatensatz der Karriereverläufe, Unternehmensbefragung<br />

2002 des Teilprojekts A2,<br />

0·4 Jahre 5·9 Jahre 10·14 Jahre 15·19 Jahre 20·29 Jahre 30+ Jahre ostdeutsche<br />

253 26% 23% 47% 2% 2% 0% westdeutsche<br />

Sonderforschungsbereich<br />

0%<br />

<strong>580</strong>.<br />

41% 25% 15% 7% 8% 4% 483 Unternehmensleiter,n=<br />

Abbildung 6: Regionale Mobilität unter Parlamentsabgeordneten (in Prozent)<br />

Seite 71<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie


30 40 50<br />

20<br />

40 50 60<br />

30<br />

Martens, Abbildungen<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

Abbildung 7: Abgeordnete mit Parteimitgliedschaft oder politischen<br />

Ämter/Mandaten in der DDR vor 1989 (in Prozent)<br />

60<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie; Politische Ämter/Mandate: Rat der Stadt, Gemeindevertretung,<br />

Stadtverordnetenversammlung Rat des Kreises, Kreisrat, Bürgermeister, Rat des Bezirkes,<br />

Bezirksverordnetenversammlung, Bezirkstag, Volkskammer, Bezirkssekretär (SED), Minister oder<br />

Staatssekretär. Der Stichtag, bis zu dem eine Position noch zum alten Regime der DDR zählt, ist für<br />

kommunale Positionen der Mai 1990 und auf zentraler Ebene der März 1990.<br />

Parteimitgliedschaftvor<br />

94ì98 02ì06 FunktionsträgerinderDDR vor1989 22,8 17,1 13,4 10,1 7,1 90ì94 0 98ì02 10 06ì10<br />

39,8 37,7 34,7 44,0 49,1 Abbildung 8: Anteil an Transitionspolitikern sowie Transitionspolitiker und DDR-<br />

Funktionsträger kombiniert unter den Repräsentationseliten (in Prozent)<br />

70<br />

Seite 72<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie; Transitionspolitiker: zu den Positionen siehe Abbildung<br />

7, zusätzlich wurde noch die Mitarbeit an den Runden Tischen berücksichtigt. Stichtag auf kommunaler<br />

Ebene ist nach Mai 1990, auf zentraler Ebene März 1990.<br />

9498 9802 0206 0610<br />

57,4 53,1 51,5 39,7 25,9 Transitionspolitikeroder DDRFunktionsträger 64,2 57,6 55,0 42,6 28,2 0 10 20<br />

9094


30 40 50<br />

20<br />

30 40 50 60 70 80 90 100<br />

20<br />

Abbildungen<br />

Abbildung 9: Durchschnittsalter der Repräsentationseliten (in Prozent)<br />

60<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie<br />

94.98 02.06 MdBWest 49,7 49,7 50,5 49,5 49,8 MdBOst 45 47 47,5 48,2 47,6 MdLWest 48,3 48,4 49,1 48,9 49,3<br />

90.94 0 98.02 10 06.10<br />

47,4 46,7 46,9 45,7 44,6 MdLOst<br />

Abbildung 10: Hochschulabschluss (<strong>Universität</strong> und Fachhochschule)<br />

der Repräsentationseliten (in Prozent)<br />

Seite 73<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie<br />

94C98 02C06 MdBWest 73,3 74,2 74,6 79,1 81,3 MdBOst 86,6 83,3 83,0 86,3 82,1 MdLWest 61,3 62,5 65,5 67,3 66,9 90C94 0 98C02 10 06C10<br />

73,1 72,6 71,8 77,8 80,6 MdLOst


30 40 50 60 70<br />

20<br />

15 20 25 30<br />

10<br />

Martens, Abbildungen<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

Abbildung 11: Erfahrungen der Repräsentationseliten in Parteifunktionen vor<br />

erstem Mandat (in Prozent)<br />

80<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie; Parteifunktionen: Vorstand oder Vorsitz oder Orts-,<br />

Kreis-, Landes- oder Bundesebene.<br />

94X98 02X06 MdBWest 55,5 59,3 64,5 70,9 72,4 MdBOst 41,6 43,5 48,2 50,0 61,0 MdLWest 55,0 54,2 59,0 61,9 58,4 90X94 0 98X02 10 06X10<br />

45,9 56,5 57,8 43,8 39,7 MdLOst<br />

Abbildung 12: Erfahrungen der Repräsentationseliten in kommunalen und regionalen<br />

Ämtern/Mandaten vor erstem Mandat (in Prozent)<br />

35<br />

Seite 74<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie; Kommunale und regionale Ämter/Mandate: Bürgermeister,<br />

Landrat, Stadtrat, Kreistag.<br />

94m98 02m06 06m10 MdBWest 18,4 15,1 11,6 15,8 7,7 MdBOst 22,1 14,5 14,2 11,8 13,8 MdLWest 20,1 23,1 21,6 24,2 18,9 90m94 05 98m02<br />

22,9 15,8 23,2 24,5 30,7 MdLOst


100 80<br />

40 30<br />

Abbildungen<br />

Abbildung 13: Zustimmung, dass Abgeordneter ein richtiger Beruf ist (in Prozent)*<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Im Folgenden einige Aussagen zur<br />

Politik als Beruf. Was meinen Sie: Treffen diese Aussagen voll und ganz zu, eher zu oder treffen sie eher<br />

nicht oder gar nicht zu? Abgeordnete(r) sein ist ein richtiger Beruf.“<br />

* Die Kategorien „trifft eher zu“ und „trifft voll und ganz zu“ wurden zusammengefasst.<br />

MdBWest MdLWest 88,1 82,8 2007 72,9 84,4 82,1 80,7 0<br />

40 60<br />

2010 80,4 77,4 83,5 81,9 84,3 84,2 2003 MdLOst MdBOst<br />

14: Zustimmung, dass Abgeordnete gleichzeitig in einem<br />

anderen Beruf arbeiten sollten (in Prozent)*<br />

60Abbildung<br />

50<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Im Folgenden einige Aussagen zur<br />

Politik als Beruf. Was meinen Sie: Treffen diese Aussagen voll und ganz zu, eher zu oder treffen sie<br />

eher nicht oder gar nicht zu? Eigentlich wäre es gut, wenn Abgeordnete gleichzeitig in einem (anderen)<br />

Beruf arbeiten würden.“<br />

* Die Kategorien „trifft eher zu“ und „trifft voll und ganz zu“ wurden zusammengefasst.<br />

MdBWest MdLWest 16,7 38,1 52,7 2007 14,6 31,4 33,9 50,8 0 10 20<br />

2010 19,6 22,6 32,3 42,7 29,2 2003 MdLOst MdBOst<br />

Seite 75


Martens, Abbildungen<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

Abbildung 15: Politiknahe Berufe vorm ersten Mandat (in Prozent)*<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenstudie<br />

* Unter „politiknahe Berufe“ wurden bspw. Tätigkeiten wie Referenten oder Gewerkschaftsfunktionäre<br />

gezählt.<br />

Abbildung 16: Politisches Klassenbewusstsein (in Prozent)<br />

Seite 76<br />

Quelle: <strong>SFB</strong><strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Empfinden Sie eigentlich ein Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

auch mit den Abgeordnetenkollegen der anderen Parteien und Fraktionen oder<br />

empfinden Sie kein solches Zusammengehörigkeitsgefühl?“


Abbildungen<br />

Abbildung 17: Kontakthäufigkeit zu Mitgliedern anderer Fraktionen (in Prozent)*<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Treffen Sie sich auch außerhalb der regulären<br />

Sitzungen mit Mitgliedern anderer Fraktionen zu politischen Absprachen? Wenn ja, tun Sie das sehr<br />

oft, häufig, oder selten?“<br />

* Die Kategorien „häufig“ und „sehr oft“ wurden zu „häufig“ zusammengefasst.<br />

Abbildung 18: Wahrnehmung von Unterschieden zwischen Abgeordneten<br />

aus Ost- und Westdeutschland (in Prozent)*<br />

Seite 77<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Wenn Sie an die ostdeutschen und westdeutschen<br />

Abgeordneten in Ihrem Parlament denken, gibt es da große oder gewisse Unterschiede oder gibt es<br />

zwischen Ost- und West-Abgeordneten nur geringe bzw. gar keine Unterschiede?“<br />

* Diese Frage wurde nur an Parlamentarier aus dem Bundestag und dem Berliner Abgeordnetenhaus gestellt.


Martens, Abbildungen<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

Abbildung 19: Repräsentationsverständnis bei Bundestagsabgeordneten (in Prozent)<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Verstehen Sie sich als Abgeordneter in<br />

erster Linie als Vertreter Ihrer Partei, Ihrer eigenen Wähler, Ihres Wahlkreises oder als Vertreter des gesamten<br />

Landes?“<br />

Abbildung 20: Repräsentationsverständnis bei Landesparlamentariern (in Prozent)<br />

Seite 78<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Verstehen Sie sich als Abgeordneter in<br />

erster Linie als Vertreter Ihrer Partei, Ihrer eigenen Wähler, Ihres Wahlkreises oder als Vertreter des gesamten<br />

Landes?“


Abbildungen<br />

Abbildung 21: Trilemma der politischen Prioritäten bei Bundestagsabgeordneten (in Prozent)<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Die Sanierung der Staatsfinanzen, das<br />

wirtschaftliche Wachstum und die Verringerung der sozialen Ungleichheit gelten allesamt als wichtige politische<br />

Ziele. Wenn Sie diese Ziele bewerten müssten, welches Ziel käme für Sie an erster Stelle: die Verringerung<br />

der sozialen Ungleichheit, das wirtschaftliche Wachstum oder die Sanierung der Staatsfinanzen?“<br />

Abbildung 22: Trilemma der politischen Prioritäten bei Landesparlamentariern (in Prozent)<br />

Seite 79<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Die Sanierung der Staatsfinanzen, das<br />

wirtschaftliche Wachstum und die Verringerung der sozialen Ungleichheit gelten allesamt als wichtige politische<br />

Ziele. Wenn Sie diese Ziele bewerten müssten, welches Ziel käme für Sie an erster Stelle: die Verringerung<br />

der sozialen Ungleichheit, das wirtschaftliche Wachstum oder die Sanierung der Staatsfinanzen?“


70 80 90 60<br />

Martens, Abbildungen<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

Abbildung 23: Fraktionsdisziplin im Bundestag (in Prozent)*<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Bei wichtigen Abstimmungen sollte ein<br />

Abgeordneter mit seiner Fraktion stimmen, auch wenn er/sie anderer Meinung ist.“<br />

* Die Kategorien „trifft eher zu“ und „trifft voll und ganz zu“ wurden zusammengefasst.<br />

Abbildung 24: Fraktionsdisziplin in den Landesparlamenten (in Prozent)*<br />

Seite 80<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Bei wichtigen Abstimmungen<br />

sollte ein Abgeordneter mit seiner Fraktion stimmen, auch wenn er/sie anderer Meinung ist.“<br />

* Die Kategorien „trifft eher zu“ und „trifft voll und ganz zu“ wurden zusammengefasst.<br />

2007 MdLOst(ohneLINKE) 68,5 MdLWest 76 0 20 30 40 50 10<br />

38,8 35,8 39,5 MdLOstÄLINKE 74,2 78,4 64,9 68,7 2010 2003


50 60 70 80 90 40<br />

60 50<br />

Abbildungen<br />

Abbildung 25: Abweichendes Stimmverhalten von Bundestagsabgeordneten (in Prozent)<br />

80<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Haben Sie schon einmal bei einer<br />

für Ihre Fraktion wichtigen Abstimmung gegen Ihre Fraktion gestimmt, obwohl ein einheitliches<br />

Abstimmungsverhalten erwartet wurde?“<br />

2007 MdBOst(ohneLINKE) 73,5 MdBWest 57,7 46,2 0 20 40 60<br />

MdBOstâLINKE 28,6 26,3 47,8 71,9 63,4 2010 2003<br />

Abbildung 26: Abweichendes Stimmverhalten von Landesparlamentariern (in Prozent)<br />

70<br />

Seite 81<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Haben Sie schon einmal bei einer<br />

für Ihre Fraktion wichtigen Abstimmung gegen Ihre Fraktion gestimmt, obwohl ein einheitliches<br />

Abstimmungsverhalten erwartet wurde?“<br />

2007 MdLOst(ohneLINKE) 45,9 MdLWest 36 0 10 20 30 40<br />

MdLOstÿLINKE 65,3 57,5 49,1 31,7 36,8 47,6 61,9 2010 2003<br />

Abbildung 27: Zufriedenheit mit der Abgeordnetentätigkeit (in Prozent)*<br />

100<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Einmal ganz allgemein betrachtet:<br />

Wie befriedigend ist für Sie persönlich Ihre Tätigkeit als Parlamentarier(-in): Ist sie sehr<br />

befriedigend, weitgehend befriedigend, einigermaßen befriedigend oder eher unbefriedigend?“<br />

* Die Kategorien „weitgehend befriedigend“ und „sehr befriedigend“ wurden zusammengefasst.<br />

2007 MdBOst 73 MdBWest 86 90 MdLOst 76 60 76 2003 0 2010 10 20 30<br />

82 84 87 86 84 82 MdLWest


20 30 40 50 60 70 80<br />

10<br />

15% 20% 25%<br />

10%<br />

Jahr2002<br />

Martens, Abbildungen<br />

Vogel, Gerstenhauer<br />

28: Demokratiezufriedenheit (in Prozent)<br />

100Abbildung<br />

90<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3, <strong>Jena</strong>er Abgeordnetenbefragung; Fragetext: „Wie zufrieden oder unzufrieden<br />

sind Sie alles in allem mit der Demokratie, so wie sie in Deutschland in der Praxis funktioniert?<br />

Sind Sie sehr zufrieden, ziemlich zufrieden, ziemlich unzufrieden oder sehr unzufrieden?“<br />

Ost WestMdL Ost MdL WestMdB Ost MdB WestMdL Ost MdL West 2007 2010 sehrzufrieden 10 17 5 15 9 18 8 16 MdB 0 MdB<br />

69 62 78 56 61 66 71 ziemlichunzufrieden23 11 29 5 35 16 23 9 sehrunzufrieden 0 3 4 2 0 5 3 4 67 ziemlichzufrieden<br />

Abbildung 29: Altersverteilung von Unternehmern und Geschäftsführern von Betrieben des<br />

verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigte, im Jahre 2002.<br />

AltersverteilungvonUnternehmernundGeschäftsführernim<br />

Seite 82<br />

Quelle: Unternehmensbefragung 2002 des Teilprojekts<br />

=71 ostdeutsche<br />

A2, Sonderforschungsbereich 5%<br />

<strong>580</strong>.<br />

Unternehmersleiter,n=4886,1%18,0%17,2%12,9%16,4%17,6%9,6%1,6%4,0% westdeutsche Unternehmersleiter,n=2536,0%6,3%13,4%22,9%20,9%19,0%10,7%0,8%0,0%


25% 30% 35% GeschäftsführernimJahr2010<br />

20%<br />

10% 20% 30% 40% 50% 60% West(Unter±nehmens±leiter) West(Bevölkerung) Ost(Unter±nehmens±leiter) Ost(Bevölkerung)<br />

0%<br />

nehmensÆleiter) West (Bevölkerung) Ost(UnterÆ nehmensÆleiter)Ost(Bevölkerung) West(UnterÆ<br />

Abbildungen<br />

Abbildung 30: Altersverteilung von Unternehmern und Geschäftsführern von Betrieben<br />

des verarbeitenden Gewerbes, 50-1.000 Beschäftigte, im Jahre 2010<br />

AltersverteilungvonUnternehmernund<br />

Quelle: Unternehmensbefragung 2010 des Teilprojekts A2, Sonderforschungsbereich 10% 15%<br />

<strong>580</strong>.<br />

Abbildung 31: Vergleich der Zustimmung zu ausgewählten Meinungsitems in der Bevölkerung<br />

und bei regionalen Wirtschaftseliten (Unternehmenseiter im industriellen<br />

=71 ostdeutsche Unternehmersleiter,n=1612,5%3,7%9,3%12,4%18,0%29,8%19,9%3,1%1,2% westdeutsche Unternehmersleiter,n=2392,1%7,5%12,1%23,4%18,8%16,3%9,6%7,1%2,9%<br />

Mittelstand)<br />

VergleichUnternehmensleiterþBevölkerung<br />

Seite 83<br />

Quelle: <strong>SFB</strong> <strong>580</strong> Bevölkerungsbefragung 2010 A-Gaube und 3. Welle der Unternehmensbefragung<br />

des Teilprojekts A2 2010, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong>.<br />

VerantwortungdesStaateskann nurdurchUmverteilungvon Reichtumwahrgenommen werden. 6,1% 36,4% 18,7% 54,6% Gewerkschaftensindüberflüssig 24,2% 11,2% 41,9% 16,0% Diesozialeundpolitische<br />

sozialeGerechtigkeitschließen sichaus 3,5% 21,3% 10,3% 27,4% DerStaatsolltedieWirtschaft regulierenundkontrollieren 6,5% 31,2% 7,1% 50,2% FreiesUnternehmertumund


B90/Grüne<br />

BKÜRZUNGEN<br />

Abkürzungen<br />

Bündnis90/Die Grünen<br />

CDU<br />

DIE LINKE<br />

DDR-LV<br />

FDP<br />

IM<br />

LDPD<br />

MPIB-Berlin<br />

PDS/DIE LINKE<br />

SDP<br />

SED<br />

Christlich Demokratische Union<br />

Nachfolgepartei der PDS<br />

Projekt „Lebensverläufe und historischer Wandel in der<br />

DDR“<br />

Freie Demokratische Partei<br />

Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für<br />

Staatssicherheit<br />

(MfS)<br />

Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (DDR)<br />

Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin<br />

Partei des Demokratischen Sozialismus/DIE LINKE<br />

(in Ostdeutschland ehemals SED). Aus sprachlichen<br />

Gründen nur „LINKE“ genannt.<br />

Sozialdemokratische Partei (DDR)<br />

Sozialistische Deutsche Arbeiterpartei<br />

<strong>SFB</strong> Sonderforschungsbereich <strong>580</strong><br />

SPD<br />

STASI<br />

WASG<br />

ZK der SED<br />

Sozialdemokratische Partei Deutschlands<br />

umgangssprachliche Abkürzung für: Ministerium für Staatssicherheit<br />

Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit<br />

Zentralkomitee der SED<br />

Seite 84


Dokumente<br />

Dokument 1:<br />

OKUMENTE<br />

Zitat aus einem Interview mit einem früheren Wirtschaftskader in der DDR über Strategien,<br />

um den Wirtschaftsplan zu unterlaufen. Quelle: Schreiber u.a. 2002, S. 158.<br />

„Ich sage mal eine Zahl. Anstatt 1.000 Arbeitsplätze, sage ich mal, völlig ausreichend gewesen<br />

wären, haben wir eben 1.300 geplant. Und haben 1.100 in Anspruch genommen.<br />

Und damit haben wir 200 Arbeitsplätze eingespart. Das ist eine Lohnkosteneinsparung<br />

von bla, bla, bla mal 12 Monate und schon haben wir den Plan erfüllt. So wurde gearbeitet.<br />

Das war doch ganz logisch. Da hat doch, das ging wirklich von ganz unten los.<br />

Da wurde doch getrickst bis zum geht nicht mehr. Und ich meine, heutzutage in der<br />

Marktwirtschaft wird genauso getrickst. Da waren wir noch ehrlicher. Also ich habe das<br />

bei [dem Kombinat] X erlebt.“<br />

Dokumente 2:<br />

Zitate aus Interviews mit Leitern ostdeutscher Unternehmen über die Arbeit der Treuhandanstalt.<br />

Quelle: Interviewabschriften, Teilprojekt A2, Sonderforschungsbereich <strong>580</strong>,<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>.<br />

„Ja das war ein Originalbetrieb, wurde aber dann nach der Wende als erstes stillgelegt.<br />

Und wir hatten an sich das Ansinnen gestellt, ein Management Buy Out, durchzuführen.<br />

Hatten auch ein gutes Konzept, hat alles gepasst, aber die Treuhand hat uns das<br />

nicht zugemutet oder zugetraut, wie das halt manchmal so war. Und da haben wir gesagt,<br />

wir verwirklichen unser Konzept hier in “ (Interview 42, Gespräch mit einem<br />

ostdeutschen Unternehmer in der Metallbearbeitung, 2004).<br />

„1989 dann nach der Wende wurde gleich Anfang 1990 der Antrag auf<br />

Reprivatisierung gestellt. Dann wurde 1991 die Reprivatisierung durchgeführt.<br />

Das heißt, wir haben dann noch einen langen Kampf gehabt<br />

mit der Treuhand über drei Jahre über die vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen“<br />

(Interview 51, Gespräch mit einem ostdeutschen<br />

Unternehmer in der Elektroindustrie, 2007).<br />

Seite 85<br />

„Das [den Management Buy Out] hat die Treuhand vier Jahre lang boykottiert. Die<br />

Treuhand wollte den Standort schließen, sollte also alles platt gemacht werden,<br />

sowohl die Steckverbinderproduktion als auch die Leiterplattenproduktion. Und


Dokumente<br />

Seite 86<br />

wenn es nach der Treuhand gegangen wäre, würde es uns heute nicht mehr geben.“ Dies<br />

wurde von der THA mit Überkapazitäten in der entsprechenden Branche in Deutschland<br />

begründet. „[…] Es ist genügend Kapazität in den alten Bundesländern da, und da muss<br />

man also nicht noch einen Wettbewerber hier am Leben erhalten […] Und 1994 ist dann<br />

endlich der Reprivatisierungsbeschluss durch gewesen und von den 3.000 Beschäftigten<br />

[1989] sind 120 [1994] übrig geblieben“ (Interview 53, Gespräch mit einem ostdeutschen<br />

Unternehmer in der Elektroindustrie, 2007).<br />

Dokumente 3:<br />

Zitate aus Interviews mit Leitern ostdeutscher Unternehmen über ihre größte unternehmerische<br />

Herausforderung. Quelle: Interviewabschriften, Teilprojekt A2, Sonderforschungsbereich<br />

<strong>580</strong>, <strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>.<br />

„Nach der Wende musste ich mich im Interesse des Unternehmens ganz anders verhalten,<br />

ich musste also sämtliches Persönliches, was man so drin hat, wegstecken. Das war ein<br />

ziemlich einschneidender Punkt, neben der Tatsache, dass man sich in die neue Rolle hineinversetzen<br />

musste. Das war wohl ein ganz entscheidender Punkt damals. Und das war<br />

eine Denkweise, die man sich, das weg zu drücken das war schwierig.“ Der Gesprächspartner<br />

war schon zu DDR-Zeiten Leiter des Unternehmens gewesen, das er nach der Wende<br />

kaufte. In der DDR war es „ein staatlich bilanzierter Betrieb, ein zentralgeleiteter Betrieb.<br />

Ich habe auf fünf sechs sieben Jahre schon die Auslastung vorprogrammiert gehabt. Ich<br />

brauchte mich um solche Fragen [wie beispielsweise Marketing und Kundenakquisition]<br />

überhaupt nicht zu kümmern, und auf einen Schlag musste ich Klinkenputzen gehen“, d.h.<br />

sich aktiv mit Kundenkontakten um die Vermarktung der Produkte bemühen (Interview 2,<br />

Gespräch mit einem ostdeutschen Unternehmer im Schienenfahrzeugbau, 2002).<br />

„Also wir hatten ja in den letzten 10 Jahren drei oder vier sehr komplexe Aufgaben zu<br />

lösen. Die eine unternehmerische Herausforderung war auf dem Gebiet der Fahrzeugentwicklung<br />

bezüglich Qualität und Geschwindigkeit an den westeuropäischen Standard<br />

heranzukommen. Das zweite Thema war, einen funktionierenden Vertrieb aufzubauen.<br />

Das war so ziemlich das Komplizierteste. Wissen sie ein Gefühl für einen unbekannten<br />

Markt zu entwickeln und sich gleichzeitig dem Wettbewerb zu stellen,<br />

das war ja die Aufgabe, die die Entwicklung zu lösen hatte. Das dritte<br />

Problem war die Kostenstrukturen so hinzubekommen, dass letztlich<br />

ein akzeptierter Preis gebildet werden konnte und ich glaube, das waren<br />

dann schon die drei Hauptfelder“ (Interview 8, Gespräch mit einem ostdeutschen<br />

Geschäftsführer, der schon vor 1989 Leiter in dem entsprechenden VEB war,<br />

Fahrzeugbau, 2002).


Dokumente<br />

„Also die größte unternehmerische Herausforderung würde ich mal so beantworten,<br />

war diesen volkseigenen Betrieb in marktwirtschaftliche Funktionsfähigkeit in marktwirtschaftliche<br />

Strukturen zu überführen und dazu gehörte unter anderem auch die<br />

sehr hohe Belastung […], dass Sie ein so gestandenes über 30 Jahre sich darstellendes<br />

Unternehmen von über 2.000 Mitarbeitern auf 240 abgebaut haben. Und das war ja<br />

nicht nur ein Mengengerüst, sondern es wurden ja dort sämtliche Strukturen [verändert].<br />

Wir hatten bis Ende 1989 zwölf Direktorate in diesem volkseigenen Betrieb. Also es<br />

saßen am Ende 13 Direktoren wöchentlich zu allen möglichen Veranstaltungen zusammen.<br />

Das wurde am Ende [nach der Privatisierung, bei der ein westdeutscher Konzern<br />

das Unternehmen kaufte] auf ein Zweier-Leitungsteam plus diesen Fertigungsleitern<br />

reduziert und dieser ganze Umbruch, das Umdenken in den Leitungsstrukturen, das<br />

Umdenken überhaupt im betriebswirtschaftlichen Prozess, das war schon nennenswert“<br />

(Interview 11, Gespräch mit einem ostdeutschen Geschäftsführer, der schon vor 1989 an<br />

verantwortlicher Position im Betrieb tätig war, Elektroanlagenbau, 2002).<br />

„[…]dann kam die Zeit 1991 oder so als dann diese politische und gesellschaftliche Entwicklung<br />

und die notwendige wirtschaftliche Veränderung auf einen zukamen. Dass man<br />

sich dann damit beschäftigen musste, was passiert denn da eigentlich? Wie funktioniert<br />

denn das eigentlich in der Zukunft? So wie es jetzt ist, geht’s nicht mehr. Wie soll’s denn<br />

eigentlich gehen? Und und und, alles was hier da ist, wie kann man das dann irgendwo<br />

dann in diesen Markt bringen? Es gab ja auch schon alles da. Was muss man für eine<br />

Organisation schaffen und wo findest du dann selber deinen Platz dann? Das war auch<br />

auf einmal dann ungewiss nicht wahr?“ (Interview 21, Gespräch mit einem ostdeutschen<br />

Geschäftsführer, der schon vor 1989 an verantwortlicher Position im Kombinat tätig war,<br />

Stahlverarbeitung, 2004).<br />

Seite 87


Autoren<br />

Bernd Martens, geb. 1955, Dr. phil. habil., Soziologe. Von 2001 bis 2011<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt A2 „Ökonomische Eliten im erweiterten<br />

Europa“ des <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>. Seit Januar 2012 Geschäftsführer des <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>.<br />

Ausgewählte Publikationen:<br />

Business Elites and the Role of Companies in Society: A Comparative Study<br />

in Poland, Hungary and Germany, in: Europe-Asia Studies 63 (2011), S. 1011-<br />

1032 (gemeinsam mit Katharina Bluhm und Vera Trappmann).<br />

The Restoration of a Family Capitalism in East Germany and Some Possible<br />

Consequences, in: Stamm, I. / Breitschmid, P. / Kohli, M. (Hrsg.), Doing Succession<br />

in Europe, Zürich: Schulthess Verlag 2011, S. 129-148 (gemeinsam<br />

mit Katharina Bluhm).<br />

Kontakt:<br />

Sonderforschungsbereich <strong>580</strong><br />

Bachstr. 18k<br />

07743 <strong>Jena</strong><br />

Tel.: +49 (0) 3641/9-45051<br />

Email: bernd.martens@uni-jena.de<br />

Seite 88


Autoren<br />

Lars Vogel, geb. 1981, studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie<br />

in <strong>Jena</strong> und Budapest. Seit 2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Teilprojekt<br />

A3 des Sonderforschungsbereichs <strong>580</strong> und am Institut für Soziologie<br />

der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>.<br />

Arbeitsschwerpunkte: Politische Repräsentation, Elitenforschung, Methoden<br />

der emp. Sozialforschung.<br />

Ausgewählte Publikationen:<br />

Best, Heinrich und Lars Vogel (2012): The Emergence and Transformation of<br />

Representative Roles, in: Rozenberg, Olivier und Blomgren, Magnus (Hrsg.):<br />

Parliamentary Roles in Modern Legislatures, Routledge, S. 37-65.<br />

Best, Heinrich und Lars Vogel (2011): Politische Eliten im vereinten Deutschland.<br />

Strukturen - Einstellungen - Handlungsbedingungen, in: Lorenz, Astrid<br />

(Hrsg.): Ostdeutschland und die Sozialwissenschaften. Bilanz und Perspektiven<br />

20 Jahre nach der Wiedervereinigung, Berlin, Budrich, S. 120-152.<br />

Vogel, Lars (2009): Der Weg ins Kabinett - Karrieren von Ministern in<br />

Deutschland. Eine empirische Analyse unter besonderer Berücksichtigung der<br />

Rekrutierungsfunktion der Parlamente, Frankfurt a.M. u.a., Peter Lang.<br />

Kontakt:<br />

<strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong><br />

Institut für Soziologie<br />

Carl-Zeiß-Straße 2<br />

07743 <strong>Jena</strong><br />

Tel: +49 (0) 3641/ 9-45054<br />

Email: lars.vogel@uni-jena.de<br />

Seite 89


Autoren<br />

Daniel Gerstenhauer, M.A., geb. 1978, Studium der Soziologie, Politikwissenschaft<br />

und Psychologie an der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>. Seit<br />

2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der <strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong>, Lehrstuhl für<br />

Methoden der empirischen Sozialforschung und Strukturanalyse moderner<br />

Gesellschaften.<br />

Arbeitsschwerpunkte: Zivilgesellschaft und Interessenverbände, politische<br />

Soziologie.<br />

Publikationen:<br />

Gerstenhauer, Daniel (2009): Das Haus der Völker Bosnien-Herzegowinas:<br />

ethnisches Blockadeinstrument?, in: Leunig, Sven (Hrsg.): Handbuch Föderale<br />

Zweite Kammern, Opladen/Farmington Hills: Barbara Budrich, S. 68-80.<br />

Liedhegener, Antonius/Gerstenhauer, Daniel (2009): Auf dem Weg zu einem<br />

kooperativen Verhältnis. Religion und die Vertiefung der Europäischen Union,<br />

in: Leiße, Olaf (Hrsg.): Die Europäische Union nach dem Vertrag von<br />

Lissabon, Wiesbaden: VS-Verlag, S. 160-175.<br />

Seite 90<br />

Kontakt:<br />

<strong>Friedrich</strong>-<strong>Schiller</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong><br />

Institut für Soziologie<br />

Carl-Zeiß-Straße 2<br />

07743 <strong>Jena</strong><br />

+49 (0) 3641/9-45054<br />

daniel.gerstenhauer@uni-jena.de


<strong>SFB</strong> <strong>580</strong><br />

Gesellschaftliche<br />

Diskontinuität<br />

Entwicklungen<br />

Tradition<br />

nach dem Systemumbruch<br />

Strukturbildung

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