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Die Crew: Richard, Roland und Ulrike <strong>Messerschmidt</strong><br />

Treue Begleiter: Die Stofftiere Agathe (Ente), Nikolaus und Stanislaus (Elche?), Rudolf<br />

(Elch), Sir Archibald (Hund) und Wilhelm (Hund)<br />

Zeit: 11. Juli 2002 bis 6. August 2004<br />

Unser fahrbarer Untersatz: Wohnmobil „Hannibal“<br />

Autor: Ulrike <strong>Messerschmidt</strong><br />

Bil<strong>der</strong>: Roland <strong>Messerschmidt</strong><br />

Erschienen im Oktober 2004 im Eigenverlag<br />

Für Rechtschreibfehler, Tippfehler und Satzfehler ist einzig und allein <strong>der</strong> Computer<br />

verantwortlich!


Von Grense Jakobselv bis zum Geirangerfjord<br />

Eine Reise entlang eines Teils <strong>der</strong> Küste Norwegens<br />

Irgendwann in <strong>der</strong> Zeit zwischen Winter und Juli 2004<br />

Wie so oft tauchte auch in diesem Jahr irgendwann im Winter die Frage nach unserem<br />

Urlaubsziel im Sommer auf. Einer von uns brachte Skandinavien ins Spiel und die beiden<br />

an<strong>der</strong>en hatten nichts besseres zu tun, als dem freudig zuzustimmen. Somit konnte ich ans<br />

Werk gehen und mich mit dem Norden befassen, um Gegenden zu finden, in denen wir noch<br />

nicht waren. Einerseits war das gar nicht so einfach, weil wir zu diesem Zeitpunkt schon<br />

sechsmal im Norden waren (bei unserem Vater kam ein weiteres Mal hinzu), an<strong>der</strong>erseits ist<br />

Skandinavien so groß, dass man wirklich nicht so leicht alles kennen kann.<br />

Nach einigem Kartenstudium fasste ich den Kystriksveien Rv17, die Küstenstraße zwischen<br />

Bodø uns Steinkjer, ins Auge. Als ich die Erstplanung dem <strong>Familie</strong>nrat vorlegte, meinte<br />

unser Vater: „Aber nach Berlevåg fahren wir auch.“ Nun liegt besagter Ort Berlevåg, den wir<br />

schon von vergangenen Reisen kannten, nicht am Kystriksveien, son<strong>der</strong>n weit mehr als<br />

1000 km nördlicher am Eismeer.<br />

Der äußerste Norden Norwegens, die Finnmark, ist eine beson<strong>der</strong>s schöne „Ecke“ in<br />

Europa. Nach einigen Überlegungen kamen wir zum Schluss, dass wir diesmal auch zum<br />

Nordkapp 1 wollten, das wir bei einigen an<strong>der</strong>en Reisen standhaft umgangen hatten. Wie<br />

immer wählten wir für die Anreise in den Norden eine möglichst schnelle Route, diesmal die<br />

E4 entlang des Bottnischen Meerbusens. Auf dem Rückweg von <strong>der</strong> Finnmark wollten wir<br />

entlang des Kysriksveien fahren. Außerdem hatten wir vor einen Bekannten aus <strong>der</strong><br />

Newsgroup de.rec.reisen.camping in Mittelschweden zu besuchen.<br />

Als nun am Tag vor <strong>der</strong> Abreise unser Vater meinte, er wolle die Orte Grense Jakobselv (an<br />

<strong>der</strong> norwegisch – russischen Grenze in <strong>der</strong> Finnmark), Berlevåg, Nordkapp und Hellesylt am<br />

Geirangerfjord (was ganz außerhalb des geplanten Weges liegt) besuchen, war mir klar,<br />

dass es auch auf dieser Fahrt Umplanungen geben werde.<br />

Auf <strong>der</strong> nächsten Seite sieht man unsere Route:<br />

1 Norwegische Schreibweise für das deutsche „Nordkap“


Tag 1: Stau<br />

Strecke: Graz – Passau – Regensburg - Hof (561 km)<br />

Wohnmobil Hannibal steht fertig gepackt in den Startlöchern. Um etwa 10 Uhr sind auch wir<br />

startbereit, Wertsachen, wie Fotoapparat und Geld werden noch verstaut, ebenso die Reste<br />

des heimatlichen Kühlschrankinhalts. Endlich geht die Fahrt los, auf die wir uns schon so<br />

sehr gefreut haben. Strömen<strong>der</strong> Regen und tiefe Temperaturen begleiten unsere Abfahrt.<br />

Haben wir auch alles mit? Wie immer stellen wir uns diese spannende Frage, <strong>der</strong>en Antwort<br />

meist auf sich warten lässt. Nun, diesmal sind es einige Adressen und Telefonnummern und<br />

etwas mehr Kleidung für wärmere Tage, die daheim geblieben sind.<br />

Staus in Richtung Süden meldet <strong>der</strong> Verkehrsfunk. Wird uns das stören? Wir fahren doch<br />

nach Norden! An <strong>der</strong> Raststelle Aistersheim westlich von Wels in Oberösterreich ist unser<br />

erster Halt. Diese Raststelle kann von beiden Seiten <strong>der</strong> Autobahn aus angefahren werden.<br />

Wir trauen unseren Augen kaum: Ein große Zahl von Fahrzeugen wartet an <strong>der</strong> Tankstelle,<br />

<strong>der</strong> Parkplatz ist fast voll. So haben wir diese Raststätte noch nie gesehen. Wir wollen im<br />

Restaurant zu Mittag essen, doch wenn man die Menschenmassen hier sieht, überlegt man<br />

sich es doch an<strong>der</strong>s: Selbst wenn wir das Essen einigermaßen warm und vollständig durch<br />

die Kasse bringen, so müssen wir doch damit rechnen, dass wir keinen Sitzplatz bekommen<br />

werden. Wir erleben den Stau eben nicht auf <strong>der</strong> Straße son<strong>der</strong>n im Restaurant. Lieber verzichten<br />

wir auf ein Mittagessen hier, wir fahren zum nächsten Parkplatz und genießen im<br />

Restaurant Hannibal***** eine exquisite kalte Platte mit Wurst und Käse.<br />

Weiter geht es über Passau – nun bei trockener Straße und gelegentlichem Sonnenschein –<br />

und die für uns doch recht eintönige Strecke nach Regensburg, wo wir uns dann nach Norden<br />

wenden. Auf dem Wohnmobilstellplatz Untreusee in Hof schlagen wir unser erstes<br />

Nachtquartier auf.<br />

Tag 2: Durch Deutschlands Osten<br />

Strecke: Hof – Berlin – Rostock – Kühlungsborn (561 km)<br />

Bei wechselhaftem Wetter, zeitweiligem Regen und zunehmend heftigerem Wind fahren wir<br />

nun weiter über Leipzig und Berlin nach Norden. Gegen 18 Uhr erreichen wir Rostock. Der<br />

Stellplatz in Warnemünde gefällt uns nicht, zudem ist er an diesem Tag für Wohnmobile wegen<br />

einer Veranstaltung gesperrt. So wenden wir uns nach Westen und erreichen nach etwa<br />

einer halben Stunde den Stellplatz am<br />

Parkplatz „Steilküste“ in Klein Bollhagen ein<br />

paar Kilometer östlich von Kühlungsborn.<br />

Um 4 Euro pro Nacht parken wir hier zusammen<br />

mit etwa 15 weiteren Wohnmobilen<br />

auf einem breiten Wiesenstreifen und<br />

geschützt von Bäumen. Der Platz liegt direkt<br />

am Meer und wir sind von den relativ<br />

hohen Wellen in <strong>der</strong> Ostsee beeindruckt.<br />

Nachteil des Platzes ist, dass das WC-<br />

Gebäude nachts geschlossen ist und auch<br />

die vorhandene Ver- und Entsorgungsstation<br />

nur zu bestimmten Zeiten genutzt<br />

Ostseeküste bei Kühlungsborn werden kann.


Tag 3: Durch Dänemark<br />

Strecke: Kühlungsborn – Lübeck – Puttgarden – Rødby – Kopenhagen – Lund – Landskrona<br />

(446 km)<br />

Der Bäcker kommt<br />

Während des Frühstücks, für das <strong>der</strong> Bäcker frische<br />

Semmeln gebracht hat, überlegen wir uns, wo wir nun<br />

nach Dänemark übersetzen wollen. Für Rostock spricht<br />

die relativ geringe Entfernung, die wir dahin zurücklegen<br />

müssten, dagegen die recht seltenen Abfahrtszeiten <strong>der</strong><br />

Fähre und die längere Überfahrtszeit. Gegen die<br />

Vogelfluglinie Puttgarden – Rødby spricht die weitere<br />

Anfahrt, dafür die häufigeren Überfahrten und die recht<br />

kurze Überfahrtszeit. Schließlich entscheiden wir uns für<br />

die Vogelfluglinie, weil angesichts unserer geringen<br />

Seefestigkeit die geringe Überfahrtszeit von 45 Minuten<br />

punktet.<br />

Lübeck ist schnell erreicht, die Durchfahrt durch die Stadt ist etwas zäh, dann geht es weiter<br />

mit einem kurzen Halt zum Ver- und Entsorgen in Scharbeutz nach Puttgarden. Dort lösen<br />

wir ein Kombi-Ticket für die Fähre und die Öresundbrücke. Ob die Öresundbrücke<br />

angesichts des starken Windes wohl befahrbar sei, frage ich. Eine typische Binnenlän<strong>der</strong>-<br />

Frage ist das wohl, wie aus <strong>der</strong> Antwort <strong>der</strong> schallend lachenden Ticket-Verkäuferin<br />

hervorgeht: „Der Wind bringt ja nicht einmal<br />

einen Schmetterling vom Kurs ab!“ Dann fährt<br />

uns die Fähre vor <strong>der</strong> Nase davon, aber kaum<br />

ist die weg, schon legt eine weitere an und<br />

gleich darauf fahren wir an Bord.<br />

Die Sonne scheint und <strong>der</strong> Wind bläst sehr<br />

heftig, wie versprochen bringt das aber auch<br />

keine Fähre vom Kurs ab und nach einigem<br />

Schaukeln landen wir pünktlich in Rødby. Eine<br />

kurze Mittagsmahlzeit im Restaurant Hannibal,<br />

dann queren wir Dänemark und verlassen das<br />

Land wie<strong>der</strong> über die Öresundbrücke.<br />

Fähre auf <strong>der</strong> Vogelfluglinie<br />

Ein Campingplatz für die Nacht will gefunden<br />

werden. Freie Stellplätze abseits von Campingplätzen<br />

sind in dieser Region angeblich<br />

unsicher, die Campingplätze durch Schweden ziemlich besetzt. In Landskrona stoßen wir auf<br />

einen Platz direkt am Meer, was uns gefällt. Stromanschlüsse gibt es keine mehr und die<br />

Parzellen sind auch recht klein. Schließlich finden wir doch noch einen geeigneten Platz und<br />

beschließen noch einen Strandbummel. Doch halt, was ist das? Hat da ein Nachbar sein<br />

Radio zu laut aufgedreht? Doch nein, es ist kein Nachbar, es findet „Tanz auf <strong>der</strong> Brücke“<br />

statt und von dort wird auch <strong>der</strong> Campingplatz ziemlich laut beschallt. Hätten wir das<br />

gewusst, wären wir hier nicht geblieben. Brauchen die Skandinavier nun auch schon<br />

Animation auf ihren Campingplätzen?<br />

Tag 4: Wald, Wald und nochmals Wald<br />

Strecke: Landskrona – Helsingborg – Jönköping – Linköping – Norrköping – Kolmården (435<br />

km)<br />

Um 23 Uhr war die Musik zu Ende und die anschließende Nacht auch recht ruhig. Nach<br />

einem notwendigen Boxenstopp bei einem Einkaufszentrum, wo wir unsere Essensvorräte<br />

auffüllen, wollen wir heute eine gute Strecke weiterkommen.<br />

Während bei unserer Ankunft in Schweden und auch um Helsingborg landwirtschaftliche<br />

Flächen mit vielen Getreidefel<strong>der</strong>n dominieren („Här växar bröd“ – „Hier wächst Brot“<br />

verkünden viele Tafeln in Fel<strong>der</strong>n), umfängt uns nach wenigen Kilometern nach einem


kurzen Anstieg <strong>der</strong> Wald. Dieser tiefe Wald umhüllt gleichsam die Straße E4, gibt nur kurz in<br />

Ortschaften den Blick ein wenig frei, um kurz darauf wie<strong>der</strong> alles in seinen Bann zu ziehen.<br />

Wildzäune begleiten die Straße – wie sollen wir da je einen Elch zu Gesicht bekommen?<br />

Doch auf <strong>der</strong> Straße ist es wohl auch besser so, auf Crashtests mit Elchen können wir gern<br />

verzichten. Der Mittagsrastplatz liegt idyllisch an einem Wasserlauf, saubere WCs und<br />

regelmäßig entleerte Abfallkörbe sind in Skandinavien eine Selbstverständlichkeit.<br />

Weiter geht es, wir erreichen Jönköping und hoch über dem Vättern(see) geht es mit<br />

schönen Ausblicken auf den See weiter, dann passieren wir Linköping, die Stadt, in <strong>der</strong> die<br />

Saab-Flugzeugproduktion ihren Sitz hat, was man an den ausgestellten Draken und Gripen<br />

erkennen kann. Hier tritt <strong>der</strong> Wald auch wie<strong>der</strong> zurück und lässt wie<strong>der</strong> Wiesen und Fel<strong>der</strong>n<br />

Platz.<br />

Unseren Tagesendpunkt finden wir etwas<br />

östlich von Norrköping, im Bereich des<br />

Kolmårdens, eines Höhenrückens, dessen<br />

dichter Wald einst Verbrechern und<br />

Unholden Unterschlupf gegeben haben<br />

soll. Jetzt findet sich dort ein Touristenort,<br />

auf dem Campingplatz bekommen wir<br />

noch einen schönen und großen Stellplatz.<br />

Ein Spaziergang führt uns zum Meer, in<br />

<strong>der</strong> Bucht gegenüber befindet sich eine<br />

Cellulosefabrik, <strong>der</strong>en Abgasfahne weit<br />

von uns weg weht, dann erklimmen wir<br />

den Hügel am Campingplatz und<br />

Sporthafen am Campingplatz<br />

beobachten dort die Kin<strong>der</strong> auf <strong>der</strong><br />

Wasserrutschbahn. Richtig, es ist bereits<br />

wie<strong>der</strong> so warm, dass man entfernt ans Baden denken könnte! Nachts wird es erstmals nicht<br />

mehr richtig dunkel.<br />

Tag 5: Kilometerfressen<br />

Strecke: Kolmården – Stockholm – Gävle – Sundsvall – Ramvik (625 km)<br />

Heute wollen wir möglichst weit nach Norden gelangen. Das Wetter ist gut und so steht<br />

unserem Vorhaben nichts im Weg. Stockholm ist trotz des starken Verkehrsaufkommens<br />

schnell passiert, bald erreichen wir Uppsala, wo sich an einer Kreuzung am Straßenrand<br />

Hasen tummeln. Zwischen Uppsala und Gävle halten wir Mittagsrast, dann geht es auf <strong>der</strong><br />

E4 zügig nach Norden, durch Wald, größere und kleinere Orte.<br />

In <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Höga Kustbronn <strong>der</strong> Brücke an <strong>der</strong> „Hohen Küste“ („Hohe Küste“ heißt <strong>der</strong><br />

Landstrich, weil hier die Landhebung<br />

seit <strong>der</strong> letzten Eiszeit beson<strong>der</strong>s stark<br />

ist) nördlich von Harnösand gibt es<br />

einen im Campingführer schön<br />

beschriebenen Campingplatz. Lei<strong>der</strong><br />

ist dieser bis auf den letzten Platz voll,<br />

aber man nennt uns einen an<strong>der</strong>en<br />

Platz etwas weiter nördlich an <strong>der</strong> alten<br />

E4. Dieser Campingplatz ist bei weitem<br />

noch nicht voll, er ist sehr schlicht aber<br />

sauber und bietet einen schönen<br />

Ausblick auf einen See. Lei<strong>der</strong> stört<br />

zumindest tagsüber die direkt am Platz<br />

vorbei führende alte E4 ein wenig.<br />

Schwedische Klischeelandschaft


Tag 6: Weiter nach Norden<br />

Strecke: Ramvik – Luleå (431 km)<br />

Beim Campingplatz in Luleå<br />

Weiter geht es heute bei wechselhaftem Wetter<br />

mit etwas mehr Regen nach Norden. Am späten<br />

Nachmittag erreichen wir Luleå und schlagen<br />

auf dem dortigen Campingplatz, <strong>der</strong> im lichten<br />

Nadelwald auf einer kleinen Insel liegt, unser<br />

Nachtlager auf. Das Campinggelände ist<br />

weitläufig, beherbergt die Ruinen einer<br />

Erzverladeeinrichtung und Erzverarbeitung und<br />

lässt Naschkatzen Schwarzbeeren (Blaubeeren,<br />

Heidelbeeren) pflücken, die lei<strong>der</strong> an nur<br />

wenigen sonnigen Plätzchen schon reif sind.<br />

Obwohl <strong>der</strong> Platz an sich ruhig ist, stört bis in<br />

die Nacht hinein eine Musikveranstaltung auf<br />

einem angrenzenden Freizeitgelände.<br />

Tag 7: Rentiere<br />

Strecke: Luleå – Haparanda – Rovaniemi – Ivalo (545 km)<br />

(Wenn du, geschätzter Leser, bis hierher durchgehalten hast, dann kannst du ermessen, wie<br />

weit es eigentlich von Graz aus in den Hohen Norden ist. 3056 km sind wir bisher schon<br />

gefahren und erst jetzt treten wir in jenes Gebiet ein, das auch als Nordkalotte bezeichnet<br />

wird, als Gebiet nördlich des Polarkreises. Wer so weite Reisen mit dem Auto o<strong>der</strong><br />

Wohnmobil scheut, ist bei einer solchen Reise wohl fehl am Platz. Wir empfinden allerdings<br />

auch die Anreise als Teil des Urlaubs.)<br />

Heute erwartet uns also <strong>der</strong> äußerste Norden Landeuropas und wie zum Empfang scheint<br />

die Sonne vom makellos lauen Himmel, zudem ist es recht warm. Zwischen Luleå und <strong>der</strong><br />

finnischen Grenze gibt es einige schöne Ausblicke auf den Bottnischen Meerbusen und mit<br />

Erstaunen stellt man fest, dass hier nur mehr recht niedrige Bäume gedeihen. Das<br />

Landschaftsbild ist auch auf <strong>der</strong> finnischen Seite dasselbe, allein die Sprache ist eine an<strong>der</strong>e<br />

und zudem völlig unverständlich. Schon zu Mittag erreichen wir Rovaniemi, das ich eigentlich<br />

als Etappenziel auserkoren habe. Da wir das Arktikum hier schon 2001 besucht hatten und<br />

an <strong>der</strong> Touristenfalle am Polarkreis mit Weihnachtsmann & Co. nicht interessiert sind,<br />

machen wir nur eine kurze Pause und dann wollen wir noch tanken, um nicht in <strong>der</strong> Weite<br />

Nordfinnlands ohne Diesel dazustehen.<br />

Hier werden wir nun mit einer weiteren Beson<strong>der</strong>heit des vereinten Europa bekannt<br />

gemacht. Konnte man in Schweden am Tankautomaten mit <strong>der</strong> Kreditkarte nur um 400<br />

schwedische Kronen (etwa 42 EUR) tanken,<br />

was sehr nett ist, wenn man dann bei einem<br />

Tankinhalt von knapp 100 Litern quasi zweimal<br />

tanken muss, so werden hier in Finnland im<br />

Ausland ausgestellte Kreditkarten an<br />

Tankautomaten oft gar nicht akzeptiert. Die<br />

Tankstelle am Polarkreis akzeptiert solche und<br />

hat zudem einen günstigen Dieselpreis, also<br />

„füttern“ wir hier noch schnell unseren Hannibal.<br />

Nördlich von Rovaniemi beginnt die große<br />

Einsamkeit – niedrige Wäl<strong>der</strong>,<br />

Moorlandschaften, dann und wann ein<br />

Rentiere auf <strong>der</strong> Straße! Holzhäuschen. Das erste Rentier taucht neben


<strong>der</strong> Straße schon kurz hinter Rovaniemi auf. Fahrer und Beifahrer suchen Straße und<br />

Straßenrand ständig nach diesen Tieren ab, die sich so flink und unberechenbar bewegen,<br />

dass nur vorausschauendes und teilweise langsames Fahren vor Kollisionen schützt.<br />

Irgendwo ist plötzlich Polizei mit Blaulicht auf <strong>der</strong> Straße: ein Autobus hat offensichtlich ein<br />

Rentier überfahren, die Businsassen laufen wie aufgescheuchte Hühner über die Straße, um<br />

zu fotografieren.<br />

Am späten Nachmittag erreichen wir die<br />

Gegend um den Inarisee. In <strong>der</strong> Nähe<br />

von Ivalo ist für uns auf dem Ukonjärven<br />

Lomakylä Camping <strong>der</strong> Endpunkt <strong>der</strong><br />

Tagesetappe.<br />

Der Platz liegt im lichten Nadelwald, hat<br />

schon bessere Zeiten gesehen, ist aber<br />

sauber. Unser Stellplatz liegt unweit des<br />

Seeufers und zu unserem Erstaunen gibt<br />

es keine Gelsen (Mücken). Keine<br />

Animation, dafür ein freier<br />

Internetzugang und eine herrliche<br />

Landschaft bieten sich hier – uns gefällt<br />

es.<br />

Mitternacht am Inari-See<br />

Tag 8: Verscheuchen des Hurtigrutenschiffs M/S Nordkapp<br />

Strecke: Ivalo – Inari – Neiden – Kirkenes – Grense Jakobselv – Kirkenes (346 km)<br />

Heute soll es entlang des Inarisees hinüber nach Norwegen gehen. Wenn alles klappt<br />

könnten wir dort das Hurtigrutenschiff M/S Nordkapp vor <strong>der</strong> Abfahrt noch sehen. Mit diesem<br />

Schiff hat es eine beson<strong>der</strong>e Bewandtnis: An Bord des Schiffes befinden sich zwei Web-<br />

Kameras, die ihre Bil<strong>der</strong> laufend ins Internet (http://www.webcamsinnorway.com) stellen. So<br />

habe ich die Fahrt des Schiffes von Bergen nach Kirkenes und zurück seit etwa November<br />

des Vorjahres regelmäßig im Internet verfolgt und möchte es nun einmal in Natur sehen.<br />

Also ziehen wir los. Zunächst wird noch in Inari getankt und <strong>der</strong> Tankautomat nimmt nur<br />

finnische Kreditkarten o<strong>der</strong> Geldscheine. Wie viel wird Hannibal wohl brauchen? Er braucht<br />

etwas weniger als wir mit dem Geld im voraus bezahlt haben. Was tun? Im angrenzenden<br />

Laden, in dem auch Störungen des Tankautomaten gemeldet werden sollen, meint man nur,<br />

man solle doch den restlichen Diesel in einen Kanister geben. Der ist aber auch voll und so<br />

müssen wir zwei Euro mit grimmigem Blick verschenken.<br />

Die Straße entlang des Inarisees ist zwar asphaltiert aber sehr wellig, weshalb wir nicht<br />

immer beson<strong>der</strong>s flott fahren können. Die Vegetation besteht hier aus Moorpflanzen und<br />

niedrigem Buschwerk, dann und wann auch niedrigen Birken. Wenige Fahrzeuge sind auf<br />

<strong>der</strong> Straße, die zahlreichen Hütten scheinen bewohnt (es sind wohl Ferienhütten), <strong>der</strong><br />

einzige „Ort“ an <strong>der</strong> Straße ist so klein, dass<br />

man ihn fast übersehen könnte. Lei<strong>der</strong> hat<br />

man nur relativ selten einen Ausblick auf den<br />

See.<br />

Schließlich erreichen wir die Grenze um etwa<br />

12 Uhr, noch sind bis Kirkenes 40 km zu<br />

fahren und die M/S Nordkapp verlässt um<br />

12.45 Uhr den Hafen – das wird knapp. Noch<br />

dazu ist die Straße auch auf norwegischer<br />

Seite nicht besser. Schließlich erreichen wir<br />

Kirkenes – es ist inzwischen 12.50 Uhr<br />

geworden - kurven durch die Stadt und<br />

hinunter zum Hafen: Das Schiff ist gerade<br />

M/S Nordkapp verlässt Kirkenes ausgelaufen und kehrt uns nur mehr sein


Hinterteil zu. „Die haben wir jetzt verscheucht“, meint Roland lachend.<br />

Vielleicht treffen wir die M/S Nordkapp, wenn sie wie<strong>der</strong> auf ihrem Weg von Bergen nach<br />

Kirkenes ist. Jetzt bummeln wir noch ein wenig am Hurtigruten-Anleger, <strong>der</strong> nun wie<br />

ausgestorben wirkt, und halten kurze Mittagsrast.<br />

Nun wenden wir uns nun nach Grense Jakobselv, dem „Ort“ an <strong>der</strong> norwegisch-russischen<br />

Grenze. Vom Stadtzentrum von Kirkenes geht es zuerst etwa 20 km auf guter Straße bis<br />

zum Grenzübergang, <strong>der</strong> nach Nikel und Murmansk in Russland führt, dann etwa 30 km<br />

weiter auf einer schmalen Asphaltstraße mit Ausweichen durch eine herrliche Landschaft mit<br />

Fjells, Fjorden und Seen. Das<br />

letzte Stück ist eine Schotterstraße<br />

mit z.T. gehörigen Schlaglöchern.<br />

Dieser Weg führt entlang des<br />

Grenzbaches Jakobselva hinaus<br />

nach Grense Jakobselv.<br />

Norwegische und russische<br />

Grenzpfähle markieren den<br />

Grenzverlauf, Tafeln in mehreren<br />

Sprachen weisen auf das richtige<br />

Verhalten an <strong>der</strong> Grenze hin.<br />

Schließlich weitet sich das anfangs<br />

enge Tal zu einem weiten Delta,<br />

die Kapelle von Oscar II. zeigt,<br />

dass es nicht mehr weit ist. Ein<br />

offenes Café, eine Felsnase und<br />

dann viele geparkte Fahrzeuge,<br />

das ist Grense Jakobselv. Wir<br />

parken, steigen aus, sehen uns<br />

Zweibeinige und geflügelte Fischer in Grense<br />

Jakobselv<br />

um: einige militärische Anlagen zu beiden Seiten <strong>der</strong> Grenze, eine recht ramponierte Mole,<br />

die Barentssee glitzert und im Vor<strong>der</strong>grund Fischer und auf Abfälle wartende Möwen, dazu<br />

einige Kin<strong>der</strong>, die am Wasserrand planschen.<br />

Hier könnten wir wohl gut übernachten und wir wären wohl auch nicht allein, denn die drei<br />

weiteren Wohnmobile hier sehen nicht so aus, als würden sie so schnell weiterfahren. Aber<br />

zumindest bis zur Abfahrt <strong>der</strong> PKWs bekäme man keinen wirklich ordentlichen Stellplatz und<br />

so fahren wir die schon bekannte Strecke zurück nach Kirkenes. Dort beginnen wir mit <strong>der</strong><br />

Campingplatzsuche. Gleich auf dem ersten Platz ist frei, allerdings stellt sich das Gelände für<br />

Wohnwägen und Wohnmobile als einfacher geschotterter Parkplatz heraus, auf dem die<br />

Fahrzeuge kreuz und quer abgestellt werden. Die Sanitäranlagen sind sauber und als<br />

Highlight ziehen hier immer wie<strong>der</strong> Rentiere durch. Die nahe E6 stört nachts überhaupt nicht.<br />

Tag 9: Über die Varanger-Halbinsel (Varangerhalvøya)<br />

Strecke: Kirkenes – Tana bru – Berlevåg (285 km)<br />

Heute müssen wir zunächst etwas<br />

einkaufen und wollen das gleich in<br />

Kirkenes tun, da wir auf dem geplanten<br />

Weg nach Berlevåg durch keine größeren<br />

Orte kommen werden.<br />

Da wir gerade um 10<br />

Uhr in Kirkenes<br />

ankommen, wollen wir zunächst aber<br />

einmal die Ankunft des Hurtigrutenschiffs<br />

M/S Vesterålen beobachten. Überall läuft<br />

dasselbe Spiel ab: Ein Fahrzeug von Nor-<br />

Cargo kommt, dann fährt ein<br />

Gabelstapler, dessen Fahrer auf die<br />

Entladen <strong>der</strong> M/S Vesterålen


Ankunft des Schiffes wartet, das er dann vertäut. Anschließend führt er die Verladung <strong>der</strong><br />

Güter durch.<br />

Alle Hurtigrutenschiffe, auch die ganz großen <strong>der</strong> neuen Generation, sind äußerst wendig.<br />

Sie haben auf <strong>der</strong> Backbordseite – also links – Klappen, die zum Be- und Entladen geöffnet<br />

werden, nachdem das Schiff am Kai liegt. Die kleinere Klappe dient als Gangway, die<br />

größere dient zum Verladen von Gütern, die über einen Transportlift in den La<strong>der</strong>aum<br />

gebracht werden, womit die Größe des Transportgutes beschränkt ist. Maximal Fahrzeuge in<br />

<strong>der</strong> Größe eines kleinen VW-Busses können mitgenommen werden.<br />

In Kirkenes ergießt sich eine große Zahl von Passagieren auf das Land. Ein kleiner Teil<br />

beendet hier die Reise, die meisten werden jedoch in die schon wartenden Autobusse<br />

verfrachtet und zu Besichtigungen geführt. Die am meisten hier gehörte Sprache ist Deutsch,<br />

das Durchschnittsalter <strong>der</strong> Touristen liegt wohl jenseits <strong>der</strong> 60-Jahr-Grenze. Alles scheint gut<br />

organisiert und nach kurzer Zeit ist <strong>der</strong> Kai nahezu menschenleer.<br />

Nun aber wirklich zum Einkauf - den Supermarkt in Kirkenes haben wir aus dem Jahr 1996 in<br />

zwar nicht beson<strong>der</strong>s guter Erinnerung, jetzt sind wir positiv überrascht von einer gut<br />

bestückten Gemüseecke (das gab es selbst vor drei Jahren noch nicht so häufig) und einem<br />

einigermaßen guten Warenangebot, wobei die Preise schon etwas über jenen in Österreich<br />

liegen.<br />

Die nun anschließende Fahrt nach Osten führt uns bei Prachtwetter mit angenehmen<br />

Sommertemperaturen zu unserem Mittagsrastplatz am Varangerfjord: ein blitzsauberer<br />

Parkplatz mit ebensolchen WCs, ein prächtiger Ausblick über den Fjord bis hinüber nach<br />

Vadsø, Informationstafeln zur Umgebung und viel, viel Ruhe.<br />

Dann ist Tana bru schnell erreicht, wir wenden uns auf die Straße nach Berlevåg zu. Nach<br />

ein paar Kilometern kommt eine elende Baustelle: 20 km Schotterpiste, an einer Stelle<br />

arbeiten ein Bagger und ein LKW. Doch auch das wird überwunden und dann geht es auf<br />

recht guter Straße hinauf auf das Fjell in etwa 250 m Seehöhe. Hier hatten wir bei unseren<br />

ersten Besuchen schon Schnee gesehen, diesmal ist es wohl viel zu warm. Kurz vor <strong>der</strong><br />

Abzweigung nach Båtsfjord glitzert das Wasser eines größeren Sees rechts und das eines<br />

kleineren links von <strong>der</strong> Straße, dann geht es vorbei an Feriensiedlungen und hinunter zum<br />

Meer. Tolle Felsformationen und weite Sandstrände nehmen das Auge gefangen, ehe <strong>der</strong><br />

Leuchtturm Kjølnes fyr das nahe Berlevåg verkündet.<br />

Gleich nach <strong>der</strong> Ortseinfahrt biegen wir zum<br />

Campingplatz ab, <strong>der</strong> direkt am Hafen liegt<br />

und einen guten Blick auf den Hurtigruten-<br />

Anleger und die beiden mächtigen<br />

Schutzmolen hat. Hier wollen wir nun zwei<br />

Nächte bleiben, zumal das Wetter ja so gut<br />

ist. 27 °C zeigt inzwischen das<br />

Außenthermometer und das am Eismeer! So<br />

verbringen wir den Nachmittag mit Lesen,<br />

Handarbeiten und Kochen.<br />

Am späten Abend zieht es uns zum<br />

Hurtigrutenanleger. Aber was heißt hier<br />

Überfüllter Campingplatz in Berlevåg<br />

schon „später Abend“? Die Sonne scheint,<br />

je<strong>der</strong>mann ist im Freien, die Vögel sind aktiv,<br />

obwohl es gegen 22 Uhr ist. Dann kommt<br />

zuerst das südgehende Schiff, die MS Vesterålen, die wir ja schon von Kirkenes kennen.<br />

Das nordgehende Schiff, die M/S Finnmarken, taucht auch bald auf, muss aber draußen vor<br />

<strong>der</strong> Hafeneinfahrt warten, bis die M/S Vesterålen den Hafen verlassen hat. So wird also<br />

zuerst die M/S Vesterålen zuerst abgefertigt, die kurz an Land gegangenen Passagiere<br />

werden mit einem einmaligen Tuten wie<strong>der</strong> an Bord geholt und dann verlässt das Schiff den<br />

Hafen. Draußen begrüßen die beiden Schiffe einan<strong>der</strong> mit dreimaligem Tuten, ehe sich das<br />

Ritual von Anlegen, Be- und Entladen und Ablegen bei <strong>der</strong> M/S Finnmarken, die darauf<br />

hereinkommt, wie<strong>der</strong>holt.<br />

Müde und voll von Eindrücken kehren wir in <strong>der</strong> Mitternachtssonne zum Campingplatz<br />

zurück.


M/S Kong Harald und M/S Finnmarken in Berlevåg<br />

Tag 10: Hitzetag in Berlevåg<br />

Der warme, föhnige Südwind bläst schon<br />

ziemlich stark beim Aufstehen, <strong>der</strong> geplante<br />

„Stadtbummel“ soll also bald absolviert<br />

werden, ehe die Temperaturen zu hoch<br />

klettern. So gehen wir also hinüber zum<br />

Fischerhafen, bewun<strong>der</strong>n das Hotel (und<br />

sind froh, dass wir unser eigenes rollendes<br />

Hotel haben), staunen über den Krimskrams<br />

in den Auslagen, erklimmen den Hügel<br />

vorbei an Kin<strong>der</strong>garten, Kirche und Friedhof<br />

und holen uns im Spar-Markt noch die<br />

Zutaten für unser heutiges Mittagessen:<br />

Berlevåg<br />

Karbona<strong>der</strong> (Fleischlaibchen) mit<br />

Erdäpfelsalat.<br />

Am Nachmittag findet Roland einen Anschlag in <strong>der</strong> Rezeption: „If<br />

you ever wanted to swim in the Arctic Sea, do it today!“<br />

Schwimmen wollen wir zwar nicht, aber die Füße dürfen im<br />

eiskalten Wasser (ca. 15 °C) baden.<br />

Abends beobachten wir noch das Anlegen <strong>der</strong> Hurtigrutenschiffe<br />

M/S Finnmarken und M/S Kong Harald vom Campingplatz aus.<br />

Badetag am Eismeer


Tag 11: Elche<br />

Strecke: Berlevåg – Båtsfjord – Tana bru – Karasjok – Lakselv (467 km)<br />

Nachts haben wir ein eher unschönes Erlebnis. Zwei junge Norweger machen sich<br />

offensichtlich an unserem Fahrzeug zu schaffen und versuchen (ohne Gewalt) eine <strong>der</strong><br />

versperrten Klappen zum Stauraum zu öffnen, was das Fahrzeug zum Schaukeln bringt und<br />

so unsere Aufmerksamkeit erregt. Auf unsere Frage, was sie wollen, bitten sie auf Englisch<br />

um Alkohol, sie sind wohl schon betrunken. Ich herrsche sie nun an, wir hätten nichts, es sei<br />

Nacht und wir hätten zu schlafen. Da geben sie kleinlaut bei und ziehen ab.<br />

Morgens hat <strong>der</strong> Wind etwas gedreht und es ist etwas kühler geworden. Nun kehren wir<br />

Berlevåg den Rücken und fahren dieses schöne Straßenstück zurück, aber dann hinunter<br />

nach Båtsfjord. Das ist einer <strong>der</strong> bedeutendsten Fischerorte in Norwegen, gefällt uns aber<br />

nicht so gut wie das kleine Berlevåg. Dann<br />

geht es wie<strong>der</strong> hinauf auf das kahle Fjell und<br />

hinunter zum Fjord, wobei rechts und links<br />

<strong>der</strong> Straße wie<strong>der</strong> Laubwald auftaucht.<br />

Plötzlich steht in einiger Entfernung ein Tier<br />

auf <strong>der</strong> Straße. Achtung, da ist schon wie<strong>der</strong><br />

ein Rentier! Doch je näher wir kommen, desto<br />

klarer wird, dass das kein Rentier sein kann,<br />

es ist viel zu groß, viel zu hochbeinig, und als<br />

wir schon ganz nahe sind, blickt uns ein<br />

offensichtlich relativ junger Elch (das Geweih<br />

ist noch recht klein) neugierig an. Ein Elch,<br />

Elchalarm!<br />

unser erster Elch! Ein Bild nach dem an<strong>der</strong>en<br />

wird geschossen, bis das Tier genug hat von<br />

<strong>der</strong> Bewun<strong>der</strong>ung und sich in den Wald trollt. Dort steht ein zweiter Elch! Die Tiere sind so<br />

gut getarnt, dass man sie im Wald fast nicht erkennen kann.<br />

Hinunter geht es zum Tanafjord, Kühe grasen auf saftigen Wiesen, die 20 km Baustelle vom<br />

Vortag bringen wir auch noch hinter uns, dann geht es den Fluss Tana aufwärts entlang <strong>der</strong><br />

E6 (an <strong>der</strong> Küstenstraße waren wir im Jahr 2001 unterwegs). Zunehmend dunkler wird es,<br />

Regenwolken brauen sich über unseren Köpfen zusammen und während unserer Mittagsrast<br />

am norwegisch-finnischen Grenzübergang Utsjoki entlädt sich ein heftiges Gewitter.<br />

Wenig ist hier an <strong>der</strong> E6 los, von <strong>der</strong> immer behauptet wird, man solle sie meiden. Sie<br />

wendet sich in Karasjok wie<strong>der</strong> nach Norden und erreicht bei Lakselv wie<strong>der</strong> das Meer.<br />

Der Campingplatz in Lakselv ist uns in nicht allzu guter Erinnerung. Deshalb fahren wir ein<br />

Stück weiter, um uns dann beim Stabbursdalen Camping während <strong>der</strong> ersten Regenpause<br />

einzuquartieren. Der Platz liegt nicht direkt an <strong>der</strong> E6 an einem kleinen Bach, die<br />

Sanitäranlagen sind aber völlig unzureichend: zu wenige WCs, indiskutable Duschen, die<br />

Entleerung <strong>der</strong> Kassettentoilette kostet extra.<br />

Tag 12: Nordkapp<br />

Strecke: Lakselv – Ol<strong>der</strong>fjord<br />

– Honningsvåg – Nordkapp (182 km)<br />

In <strong>der</strong> Nacht hat <strong>der</strong> Regen völlig aufgehört, <strong>der</strong> Himmel ist nur mehr bedeckt. So brechen<br />

wir in Richtung Nordkapp auf.<br />

Bei Ol<strong>der</strong>fjord verlassen wir die E6 und fahren auf <strong>der</strong> E69 weiter, die sich zwischen<br />

Berghang und Fjord zwängt. Auf den ersten Kilometern kommen uns sehr viele Autobusse<br />

entgegen mit wahrscheinlich jenen Leuten, die die Nacht zuvor am Nordkapp verbracht<br />

haben. Auch Touristenfallen, wie z.B. Silberschmiede und Rentierfelle verkaufende Samen 1<br />

werden vorwiegend von Autobusinsassen gestürmt.<br />

1 Lappen


Nun geht es also entlang des Porsangerfjords dahin, mit größter Vorsicht für den Fahrer, weil<br />

unzählige Rentiere den Weg säumen, mit größtem Vergnügen für die Beifahrer, weil sie sich<br />

an <strong>der</strong> herrlichen Natur, den schroffen Felsen, dem ruhig daliegenden Meer und den Tieren<br />

erfreuen können. Doch halt, was war das? Da ist doch irgend ein Tier ins Wasser<br />

abgetaucht, das größer war als ein Wasservogel, einen Buckel machte? Die Antwort bleibt<br />

aus, weil die Straße im ein paar Kilometer langen Skarvbergtunel verschwindet, <strong>der</strong> zwar<br />

entgegen Berichten in Reiseführern nicht nur einspurig ist, aber vor allem wegen seiner<br />

schlechten Beleuchtung wie<strong>der</strong>um große Aufmerksamkeit erfor<strong>der</strong>t.<br />

Nach etwas mehr als 60 km treten die Berge etwas zurück, man passiert die alte<br />

Fähranlegerstelle nach Honningsvåg und hat auch einen ersten entfernten Blick auf das<br />

Städtchen auf Magerøya, <strong>der</strong> Nordkappinsel, ehe man in den neuen Tunnel abtaucht, <strong>der</strong><br />

6,8 km lang ist und an <strong>der</strong> tiefsten Stelle 212 m unter dem Meeresspiegel liegt. Der Tunnel<br />

führt hinüber zur Insel, 537 norwegische Kronen kostet das Vergnügen für uns für die<br />

einfache Fahrt (für Fahrzeuge unter 6 m zahlt man erheblich weniger), was etwa 62 EUR<br />

entspricht.<br />

Dann geht es um eine Bucht und nochmals durch einen langen Tunnel, ehe man den ersten<br />

Blick auf Honningsvåg hat. Das Städtchen hat wohl regionale Bedeutung, ist aber vor allem<br />

im Sommer Anlaufpunkt für zahlreiche Schiffe, <strong>der</strong>en Passagiere von hier aus eine Busfahrt<br />

zum Nordkapp unternehmen. Wir werden hier an einer Entsorgungsstation unser Abwasser<br />

los, dann wird getankt und Geld aus dem Automaten behoben, ehe wir hinauf zum Nordkapp<br />

aufbrechen.<br />

Die Straße windet sich in einigen Serpentinen hoch hinauf auf das Fjell und führt dann in<br />

stetem Auf und Ab in zahlreichen Kurven über 30 km zum Nordkappfelsen. Zahlreiche<br />

atemberaubende Ausblicke auf Fels und Meer bieten sich, vorbei am nördlichsten<br />

Campingplatz <strong>der</strong> Welt geht es zum teuersten Parkplatz <strong>der</strong> Welt.<br />

Zunächst muss man einmal den<br />

Zutritt berappen: 190<br />

norwegische Kronen, das sind<br />

etwa 22 EUR. Auch Leute, die<br />

ihr Fahrzeug auf dem letzten<br />

Parkplatz, etwa 1 km vom<br />

Nordkappfelsen entfernt parken,<br />

müssen das tun. Dann suchen<br />

wir uns auf dem großen<br />

geschotterten Parkplatz einen<br />

Stellplatz mit guter Aussicht,<br />

den wir wollen ja bis zum<br />

nächsten Morgen bleiben. Die<br />

Wolken sind verschwunden, die<br />

Sonne lacht vom makellosen<br />

Himmel, kein Nebel ist da, von<br />

Aussicht vom Nordkappplateau<br />

dem schon so viele<br />

Nordkappfahrer erzählt haben.<br />

Wir gehen zum Monument, einer stilisierten Weltkugel, und schauen lang tief hinunter auf<br />

das blaue Wasser. Ein Kreuzfahrtschiff zieht langsam da unten vorbei. Nur ein älterer Herr<br />

genießt mit uns zusammen die Stille und die Weite des Eismeers.<br />

Nun ist das Nordkapp nicht nördlichster Punkt Europas, denn <strong>der</strong> liegt weit draußen auf<br />

Spitzbergen. Das Nordkapp ist auch nicht <strong>der</strong> nördlichste Punkt Festlandeuropas, denn<br />

dieser ist das Nordkinn auf nächsten großen Halbinsel weiter östlich. Auch auf Magerøya,<br />

<strong>der</strong> Nordkapphalbinsel, ist das Nordkapp nicht <strong>der</strong> nördlichste Punkt. Angeblich wurde das<br />

Nordkapp im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t als nördlichster Punkt angegeben, wobei dieser Angabe ein<br />

Vermessungsfehler zugrunde lag. Dennoch glauben fast alle Leute, dass <strong>der</strong> nördlichste<br />

Punkt Europas hier wäre. Von diesem Glauben lebt das Besucherzentrum am Nordkapp: ein<br />

riesiger Souvenirladen, in dem offensichtlich 50% Nordkappzuschlag auf die sonst üblichen<br />

Preise erhoben wird, ein eigenes Postamt, zwei Restaurants und ein Café, ein kleines Siam-<br />

Museum, Dioramen und nur WC-Zellen erwarten die Besuchermassen – und die kommen.


Norkapp zu Mittag und ……………………….um Mitternacht!<br />

Gegen Abend füllt sich <strong>der</strong> Parkplatz hauptsächlich mit Wohnmobilen und immer mehr<br />

Autobusse treffen an. Um 23 Uhr zählen wir 41 Autobusse und im Besucherzentrum geht es<br />

zu wie am Frankfurter Flughafen in <strong>der</strong> Mittagszeit. Am Felsen draußen beim Monument<br />

geht es rund, je<strong>der</strong> will sich auf dem Monument stehend fotografieren lassen, laut ist es –<br />

wie war das doch zu Mittag? Um Mitternacht gibt es bei den WCs kein Papier und die<br />

Restaurants haben nichts mehr zu essen. Die ersten Busse fahren um 0.15 Uhr wie<strong>der</strong> ab:<br />

Mitternachtssonne abgehakt, Abfahrt. Wann die Sonne ihren Tiefststand wirklich erreicht,<br />

interessiert nicht. Wichtig ist, dass man das „Nordkapp-Zertifikat“ kauft, einen Vordruck, in<br />

den man den Namen einträgt, <strong>der</strong> gestempelt wird und besagt, dass man zu besagtem<br />

Datum hier gewesen sei.<br />

Die Sonne blinzelt nur dann und wann aus einer weit draußen liegenden Wolkenbank durch,<br />

als wolle sie diesen Trubel nicht mitmachen.<br />

Tag 13: Rentiere im Tunnel<br />

Strecke: Nordkapp – Alta – Sørstraumen (360 km)<br />

Wie<strong>der</strong> Sonne am Morgen, dazu eine ganz<br />

friedliche Stimmung, <strong>der</strong> Spuk vom Vorabend<br />

ist vorbei! Langsam leert sich auch <strong>der</strong><br />

Parkplatz mit den Wohnmobilen und auch wir<br />

kehren dem „Nördlichsten mit dem Fahrzeug<br />

und ohne Fähre erreichbaren Punkt Europas“<br />

den Rücken. Vorbei an Honningsvåg geht es<br />

wie<strong>der</strong> durch den Tunnel und entlang des<br />

Porsangerfjords. Da war doch gestern ein Tier,<br />

das ich nicht erkennen konnte. Heute halte ich<br />

wie<strong>der</strong> auf dem spiegelglatten Wasser<br />

Ausschau. Richtig, da ist wie<strong>der</strong> etwas: Zwei<br />

Rentiere allüberall<br />

Seehunde schwimmen hier! Meine Vermutung<br />

vom Vortag hat sich bestätigt. Lei<strong>der</strong> kann man<br />

hier nirgends halten, um ein Foto zu machen. Dann geht es wie<strong>der</strong> hinein in den<br />

Skarvbergtunel, aber beinahe nicht<br />

hinaus. Schon von weitem sieht man das Licht am Ende<br />

des Tunnels, das von unzähligen Rentiergeweihen markant strukturiert ist. Eine Rentierherde<br />

steht am Tunneleingang und will dort auch nicht weg! Zentimeter für Zentimeter schieben wir<br />

uns aus dem Tunnel, nicht ohne von zahlreichen schadenfroh grinsenden Schaulustigen<br />

draußen fotografiert zu werden.


Dann geht es wie<strong>der</strong> auf die E6, südlich von Skaidi zieht das in <strong>der</strong> Sonne glitzernde<br />

Flüsschen Repparfjordelva die Blicke auf sich. Das Gewässer ist fischreich und das zieht<br />

offensichtlich auch viele Norweger an, denn viele Hütten verstecken sich mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

gekonnt im niedrigen Wald entlang des Flusses. Dann führt die Straße wie<strong>der</strong> auf einer<br />

Hochebene über viele Kilometer schnurgerade dahin, ehe sie zum Altafjord hinabführt. In<br />

Alta kaufen wir noch schnell für das Wochenende ein und tanken. Dann geht es den Altafjord<br />

und den Langfjord, <strong>der</strong> mit seinen 25 km Länge seinem Namen alle Ehre macht, entlang,<br />

dann über einen Bergrücken hinüber zum Kvænangen, einem weiteren Fjord. Das Wasser<br />

glänzt in <strong>der</strong> Nachmittagssonne, im Hintergrund erahnt man ein paar Gletscher. „Hier wäre<br />

ein Campingplatz schön“, meine ich – und gleich darauf weist ein Schild kurz vor <strong>der</strong><br />

Sørstraumenbrücke nach rechts zum Meer: „Camping, 500 m“. Das sehen wir uns an! Der<br />

Platz läge traumhaft auf einer kleinen Halbinsel im<br />

Fjord, ist aber noch Baustelle. Nach <strong>der</strong> Brücke, die<br />

den Sørstraumen, den zweitheftigsten<br />

Gezeitenstrom, überquert, lockt abermals ein<br />

Schild: „Camping, 300 m“. Bremse, Blinker, ein<br />

Fuchs am Straßenrand sieht uns an, ein paar Meter<br />

Schotterstraße und dann stehen wir auf einem<br />

winzigen privaten Campingplatz, dessen<br />

Sanitärgebäude mit weit geöffneten Türen zum<br />

Verweilen einlädt, als wollte es sagen: „Seht, so<br />

sauber bin ich!“ Auf dem Platz gibt es<br />

„Selbstbedienung“, das heißt, dass man das Geld<br />

für die Übernachtung in ein eigens dafür bereit<br />

WC in <strong>der</strong> Sonne<br />

liegendes Kuvert steckt und in ein Briefkästchen<br />

wirft, den Stellplatz sucht man sich selbst und den Stromanschluss ebenfalls. Abends kommt<br />

<strong>der</strong> Besitzer, putzt emsig die ohnehin sehr sauberen WCs und kontrolliert die Bezahlung.<br />

Hier lassen wir uns nie<strong>der</strong>, direkt am Wasser stehen wir und sehen den deutschen<br />

Hobbyfischern zu, wie sie ihren Fang an Land bringen und sich stolz mit den besten<br />

Trophäen fotografieren lassen.<br />

Tag 14: Sommer in Nordnorwegen<br />

Strecke: Sørstraumen – Skibotn – Øvergard – Elverom – Narvik – Ballangen – Skarstad (462<br />

km)<br />

Lyngenfjord<br />

Am Morgen ist es noch immer<br />

strahlend schön – langsam wird das<br />

unheimlich. Uns erwartet einer <strong>der</strong><br />

schönsten Fjorde Norwegens, <strong>der</strong><br />

Lyngenfjord. Dieser Fjord erstreckt<br />

sich etwa 80 km von Nord nach Süd.<br />

An seiner Ostseite verläuft die Straße,<br />

die auch 20 km in den Kåfjord, einen<br />

Seitenarm des Lyngenfjords, geht und<br />

dann ebenfalls wie<strong>der</strong> 20 km<br />

herausführt. Die Westseite des<br />

Lyngenfjords wird von etwa 1600 m<br />

hohen Bergen begrenzt, die mit<br />

Schnee bedeckt sind. Unzählbare<br />

Wasserfälle stürzen direkt ins Meer,<br />

bilden Schleier o<strong>der</strong> Teppiche aus<br />

die Szenerie beeindruckend, doch nie<br />

Wasser. Zum vierten Mal sind wir hier und immer war<br />

so großartig wie bei diesem grandiosen Wetter.<br />

Südlich des Fjords verlassen wir für kurze Zeit die E6, um auf <strong>der</strong> Alternativroute <strong>der</strong><br />

Straße 87 wie<strong>der</strong> in ziemliche Einsamkeit einzutauchen. Tiefe Wäl<strong>der</strong>, wenige Häuser und


Siedlungen, zahllose Wasserfälle und markante Bergkuppen begleiten unseren etwa 80 km<br />

langen Weg, bis wir wie<strong>der</strong> die E6 erreichen.<br />

Als wir nördlich von Narvik wie<strong>der</strong> ans Meer<br />

kommen, ist unser Erstaunen groß: Da baden<br />

doch sehr viele Menschen im Meer. Sicher, die<br />

Temperaturen liegen nicht weit unter <strong>der</strong> 30° C-<br />

Marke und die Badestellen liegen immer in<br />

seichten Buchten, aber das haben wir uns von<br />

Nordskandinavien dann doch nicht erwartet!<br />

Narvik wird schnell durchquert, es gibt wenig<br />

Verkehr, da alles am Strand zu sein scheint.<br />

Der Campingplatz in Narvik liegt direkt an <strong>der</strong><br />

hier sehr stark befahrenen E6, ebenso <strong>der</strong> bei<br />

Ballangen. Weitere 20 km später weist ein Am Campingplatz südlich von<br />

Hinweisschild uns den Weg: „Camping, 15 km“.<br />

Narvik<br />

Weg geht es von <strong>der</strong> E6 und schon sind wir auf<br />

einer einspurigen Straße mit Ausweichen. Der Campingplatz liegt in einer Hüttensiedlung bei<br />

einem Restaurant und ist sehr einfach. Vier weitere Wohnwagenbesatzungen teilen mit uns<br />

den Ofotfjord und leiden mit uns unter <strong>der</strong><br />

die sauberen sanitären Anlagen und den Blick auf<br />

drückenden Hitze.<br />

Tag 15: Der nördlichste Teil des Kystriksveien<br />

Strecke: Skarstad – Fauske – Saltstraumen – Ørnes (346 km)<br />

In <strong>der</strong> Nacht hat das Wetter umgeschlagen, es regnet ein wenig und es ist deutlich kühler –<br />

endlich das „typische“ Skandinavienwetter! Nun geht es zurück zur E6 und zügig zur Fähre,<br />

die hier die Unterbrechung <strong>der</strong> E6 von Skarberg nach Bognes überbrückt. Nur ein paar<br />

Minuten warten wir, dann kommt die Fähre und in 20 Minuten sind wir am an<strong>der</strong>en Ufer, auf<br />

dem uns auf <strong>der</strong> Strecke bis Fauske zahlreiche Bergstrecken mit Kurven und Tunnels<br />

erwarten.<br />

Fauske erreichen wir zu Mittag, jetzt biegen<br />

wir ab in Richtung Bodø. Während über den<br />

Bergen noch dichte Wolken hängen, kämpft<br />

sich die Sonne über dem Skjerstadfjord<br />

schon wie<strong>der</strong> durch Dunst und Nebel durch<br />

und schon sieht man wie<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> im Fjord<br />

beim Baden. Etwa 15 km vor Bodø biegen<br />

wir nach Süden auf den Kystriksveien Rv17<br />

ab, wo bereits die erste Attraktion nach ein<br />

paar Kilometern auf uns wartet: <strong>der</strong><br />

Saltstraumen. Das ist <strong>der</strong> angeblich stärkste<br />

Gezeitenstrom <strong>der</strong> Welt. Beim Wechsel<br />

zwischen Ebbe und Flut pressen sich die<br />

Saltstraumen<br />

Wassermassen mit großer Geschwindigkeit<br />

durch die schmale Meerenge, große Strudel<br />

bilden sich. Da es bis dahin noch knapp drei<br />

Stunden sind, ist das Schauspiel deutlich<br />

mo<strong>der</strong>ater, aber dennoch gut zu sehen.<br />

Regentropfen treiben uns wie<strong>der</strong> zum Wohnmobil, dann geht es nach Süden. Eine schöne<br />

Landschaft lässt sich hinter Wolken und Nebel erahnen, zahlreiche Ferienhütten säumen<br />

den Weg. Zunächst schützen zahlreiche vorgelagerte Inseln vor den Wetterunbilden, doch<br />

am Atlantik treffen, wird Hannibal vom Wind recht<br />

als wir dann auf die ungeschützte Küste<br />

heftig gebeutelt.<br />

Bei Reipå, etwa 10 km vor Ørnes, finden wir einen kleinen, aber tadellosen Campingplatz<br />

direkt am nachts nahezu nicht befahrenen Kystriksveien.


Tag 16: Gletscher, Schiffe und Polarkreis<br />

Strecke: Ørnes – Nesna (180 km)<br />

Der Tag beginnt trübe, aber trocken. Etwas früher als üblich machen wir uns auf, um<br />

rechtzeitig in Ørnes bei <strong>der</strong> Ankunft des nordgehenden Hurtigrutenschiffes zu sein, denn es<br />

ist heute die M/S Nordkapp, die wir in Kirkenes ein paar Tage vorher um ein paar Minuten<br />

verpasst hatten.<br />

Ungeduldig warten wir am Kai des kleinen Ortes –<br />

ob das Schiff wohl pünktlich sein wird? Endlich<br />

kommt <strong>der</strong> bekannte LKW von Nor-Cargo, endlich<br />

fährt ein Arbeiter mit dem Gabelstapler hinaus und<br />

da taucht auch schon „unser“ Hurtigrutenschiff<br />

auf. Wir beobachten nun das uns schon so<br />

bekannte Manöver des Anlegens, des Ent- und<br />

Beladens, wir entdecken die beiden Webkameras,<br />

die uns schon so viele schöne Bil<strong>der</strong> von<br />

Norwegen auf den heimatlichen PC gebracht<br />

M/S Nordkapp in Ørnes<br />

haben und mit ein wenig Wehmut entlassen wir<br />

die M/S Nordkapp wie<strong>der</strong> auf ihren Weg nach<br />

Norden.<br />

Ein paar Kleinigkeiten werden eingekauft, dann geht es tief hinein in den Glomfjord, ehe uns<br />

am Ende ein etwa 7 km langer Tunnel verschluckt. Man fühlt sich wohl wirklich verschluckt,<br />

denn <strong>der</strong> Tunnel ist sehr schlecht beleuchtet und man sieht den nackten Fels, nur selten<br />

begegnet uns ein Fahrzeug. Am Ende des Tunnels erwartet uns nicht nur <strong>der</strong> nächste Fjord,<br />

son<strong>der</strong>n wir werden auch mit zahlreichen<br />

Ausblicken auf den Svartisen, den<br />

zweitgrößten Gletscher Norwegens, belohnt.<br />

Da ein kritischer Reiseführer meint, dass die<br />

Bootsfahrt zur Gletscherzunge sich für Leute<br />

nicht unbedingt lohnt, die schon auf o<strong>der</strong> an<br />

an<strong>der</strong>en Gletschern waren, entscheiden wir<br />

uns für die Weiterfahrt.<br />

Nach wenigen Kilometern ist die Straße zu<br />

Ende, eine Fähre führt uns hinüber auf die<br />

an<strong>der</strong>e Seite des Fjordes. Hat man dann erst<br />

übergesetzt, so fährt man nur 23 km an Land,<br />

ehe die nächste Fähre auf uns wartet. Diese<br />

führt uns in einer Stunde nach Süden und<br />

über den Polarkreis, <strong>der</strong> an Land mit einem Metallglobus – ähnlich<br />

Am Polarkreis<br />

Svartisen<br />

dem am Nordkapp –<br />

angedeutet ist. Wie<strong>der</strong> an Land geht es zum<br />

Teil auf <strong>der</strong> einspurigen Rv17 dahin, die<br />

Beifahrer genießen den Blick auf das Meer<br />

und die markant geformte Insel Lovund,<br />

während <strong>der</strong> Fahrer sich doch recht auf den<br />

Gegenverkehr konzentrieren muss. Abermals<br />

wird ein tiefer Fjord umfahren, dann geht es<br />

ziemlich hoch hinauf auf das Fjell, ehe man<br />

in Nesna wie<strong>der</strong> an ein Ende <strong>der</strong> Straße<br />

stößt.<br />

Hier in Nesna wollen wir den Tag auf dem<br />

Campingplatz mit Blick auf das Meer<br />

ausklingen lassen.


Tag 17: Fähren, Fähren<br />

Strecke: Nesna – Brønnøysund – Rørvik (243 km)<br />

Heute beginnt unser dritter und letzter Tag auf dem Kystriksveien. Er beginnt gleich mit einer<br />

Fährüberfahrt von Nesna nach Levang, auf guter Straße ist bald die große Brücke vor<br />

Sandnessjøen erreicht. Während wir unsere Essensvorräte dort wie<strong>der</strong> aufstocken, klart es<br />

auf, die Sonne blinzelt durch die Wolken. Wir beschließen, das ruhige Wetter auszunützen<br />

und weiter zu fahren, zumal noch weitere Fährüberfahrten auf dem Programm stehen. Nach<br />

und nach zeigt sich auch das Bergmassiv <strong>der</strong> „Sieben Schwestern“, dann geht es über<br />

flache Schären und bei hellem Sonnenschein zum Fährhafen Tjotta.<br />

Was jetzt folgt, ist die spannendste<br />

Fährüberfahrt, die wir jemals erleben<br />

durften. Das Schiff fährt zuerst in einer<br />

schmalen Fahrrinne zwischen den<br />

Schären durch, ehe es an einer kleinen<br />

Insel anlegt. Ein Auto und eine <strong>Familie</strong><br />

gehen von Bord, ehe die Fähre wie<strong>der</strong><br />

ablegt. Will man hier mitgenommen<br />

werden, so muss man sich telefonisch bei<br />

<strong>der</strong> Fähre direkt melden – und nur dann<br />

legt sie auch an. Dann geht es weiter und<br />

etwa 10 Minuten vor <strong>der</strong> geplanten<br />

Ankunft in Forvika gibt es abermals einen<br />

Fähre im „Schärengarten“<br />

kurzen Stopp auf <strong>der</strong> Insel gegenüber, wo<br />

das Postauto an Bord geht.<br />

Nur 16 km lang ist die Rv17 auf dem nächsten Abschnitt, dann wartet schon die nächste<br />

Fähre auf uns. So ist es bereits früh am Nachmittag, als wir Brønnøysund erreichen.<br />

Während <strong>der</strong> Mittagsrast mit Blick auf die Wasserstraße beschließen wir, nicht schon hier<br />

einen Campingplatz zu suchen, son<strong>der</strong>n die Weiterfahrt bis Rørvik in Angriff zu nehmen.<br />

Eine weitere Fährüberfahrt steht als erstes an, dann verlassen wir erstmal die Rv17,<br />

den<br />

Kystriksveien, und wenden uns über eine Nebenstrecke Richtung Rørvik. Dass uns hier auf<br />

nahezu menschenleerer Straße ein Fahrzeug auf unserer Straßenseite entgegenkommt,<br />

dessen Fahrer erst im letzten<br />

Moment uns registriert, gehört zu<br />

den wenigen unerfreulichen<br />

Momenten unserer Reise.<br />

Recht spät erreichen wir Rørvik<br />

und schlagen dort auf dem<br />

Campingplatz unser Nachtlager<br />

auf. Der Platz liegt direkt an <strong>der</strong><br />

Wasserstraße, durch die die<br />

Hurtigrutenschiffe fahren. Bald<br />

schon kommt das südgehende<br />

Schiff, etwas später dann das<br />

Nordgehende. Ob wir in diesem<br />

Urlaub wohl noch einmal eines<br />

<strong>der</strong> Hurtigrutenschiffe sehen<br />

werden?<br />

M/S Nordnorge in Rørvik


Tag 18: Straßen in Norwegen<br />

Strecke: Rørvik – Grong – Trondheim – Orkanger – Leirvik (453 km)<br />

Ein längerer Fahrtag liegt vor uns. Wir wollen heute zumindest Trondheim hinter uns bringen.<br />

So geht es also zunächst nach Osten in Richtung E6. Die letzten Kilometer vor <strong>der</strong> E6<br />

gestalten sich etwas mühsam, weil das Weidevieh – hier sind es Schafe – die trockene und<br />

von <strong>der</strong> Sonne gewärmte Straße als Ruhe- und Schlafplatz betrachtet und die Fahrzeuge<br />

nicht einmal ignoriert. Dann geht es auf <strong>der</strong> E6 nach Süden, wir passieren Steinkjer und<br />

erreichen Levanger, wo wir nicht nur unser Abwasser entsorgen können, son<strong>der</strong>n auch<br />

Mittagsrast halten. Bald geht es dann auf <strong>der</strong> Autobahn weiter und bald müssen wir auch die<br />

Durchfahrtsmaut zahlen, die hier in <strong>der</strong> Umgebung von Trondheim nicht nur auf <strong>der</strong><br />

Autobahn, son<strong>der</strong>n auch im nie<strong>der</strong>rangigen Straßennetz mehrfach kassiert wird. Insgesamt<br />

zahlen wir 65 norwegische Kronen, das entspricht etwa 7,60 EUR. Um diesen Preis kann<br />

man in Österreich schon 10 Tage auf <strong>der</strong> Autobahn kreuz und quer fahren! Auch <strong>der</strong> schöne<br />

Blick auf den Trondheimfjord kann einen leichten Groll über diese mo<strong>der</strong>ne Art des<br />

Raubrittertums nicht ganz vertreiben.<br />

Kurz vor Orkanger ist die letzte Mautstation passiert und dann geht es auf <strong>der</strong> E 39 nach<br />

Westen. Langsam zieht sich die Straße in die Höhe und wir passieren ein Skigebiet. Hier<br />

könnte man wohl auf einem <strong>der</strong> Parkplätze übernachten, doch dafür ist es uns noch zu früh.<br />

Dann geht es wie<strong>der</strong> hinunter zum Vinjefjorden. Hier führt die Straße eng am Ufer entlang<br />

und sie ist oft nur einspurig mit Ausweichen, was insofern bemerkenswert ist, als es sich ja<br />

um eine Hauptverbindungsstraße in Westnorwegen handelt. Aber da <strong>der</strong> Verkehr äußerst<br />

gering ist, macht diese Einspurigkeit auch keine beson<strong>der</strong>en Probleme.<br />

Gegen Ende des Fjordes erreichen wir einen Campingplatz. Dieser liegt zwar direkt neben<br />

<strong>der</strong> Straße, was aber angesichts des fehlenden Verkehrs kein Problem zu sein scheint. Eher<br />

stört eine an<strong>der</strong>e Tatsache, was sich aber erst viel später erweist: Das kleine Lokal, das hier<br />

dem Campingplatz angeschlossen ist, hat auch das Recht Alkohol zu verkaufen, was in<br />

Norwegen nicht so üblich ist. So kommen abends Leute aus <strong>der</strong> Gegend in dieses<br />

Dorfwirtshaus und es geht bis Mitternacht ziemlich rund. Noch etwas Beson<strong>der</strong>es ist zu<br />

erwähnen: Erstmals seit langer Zeit wird es nachts für kurze Zeit wie<strong>der</strong> einigermaßen<br />

dunkel.<br />

Tag 19: Atlanterhavsveien<br />

Strecke: Leirvik – Kristiansund – Molde – Stranda – Hellesylt (244 km)<br />

Strahlen<strong>der</strong> Sonnenschein begrüßt uns beim Aufstehen, ein prächtiger Tag erwartet uns.<br />

Nach dem Frühstück geht es weiter auf <strong>der</strong> E39, die bald am Wasser endet und ein Fähre<br />

bringt uns hinüber auf die an<strong>der</strong>e Seite des Fjords. Nach etwa 10 km führt uns eine Brücke<br />

hinüber auf eine Insel, <strong>der</strong> nächste Meeresarm wird dann in einem mautpflichtigen Tunnel<br />

unterquert. Noch ein paar Kilometer und dann sind wir in Kristiansund, einer wichtigen<br />

Industriestadt in Westnorwegen.<br />

Vom Zentrum aus führt uns dann die Fähre<br />

auf die Insel Averøya und von da aus geht<br />

es auf den Atlanterhavsveien. Das ist eine<br />

Straße die Averøya wie<strong>der</strong>um mit dem<br />

Festland verbindet, sie führt über zahlreiche<br />

Inselchen und kühn geschwungene Brücken<br />

und bietet eindrucksvolle Ausblicke auf den<br />

Atlantik. 1993 waren wir erstmals hier, ein<br />

Besuch 1999 fiel dem Schlechtwetter zum<br />

Opfer. 1993 peitschten die Wellen an die<br />

Brückenpfeiler, diesmal liegt <strong>der</strong> Atlantik<br />

ruhig und nahezu spiegelglatt vor uns. Wir<br />

Atlanterhavsveien<br />

bleiben an einem <strong>der</strong> Rastplätze stehen,


erklimmen das Hügelchen neben dem Parkplatz und genießen Aussicht und Wärme.<br />

Allzu bald liegt dieser wun<strong>der</strong>schöne Abschnitt hinter uns und es geht Richtung Molde. Da<br />

das Wetter so schön ist, wollen wir auch die weitere Strecke bis Hellesylt noch heute in<br />

Angriff nehmen. Wer weiß schon, wie es morgen sein wird?<br />

Molde ist bald erreicht und da wir schon<br />

vor ein paar Jahren die tolle Aussicht vom<br />

Varden, dem Hausberg <strong>der</strong> Stadt<br />

genießen durften, geht es gleich zur<br />

Fähre, die schon auf uns wartet. Die<br />

Überfahrt über den hier etwa 10 km breiten<br />

Fjord nach Vestnes ist herrlich. Wir sitzen<br />

an Deck, lassen in <strong>der</strong> warmen Sonne uns<br />

den Wind um die Ohren wehen und<br />

weiden uns am Anblick <strong>der</strong> teils mit<br />

Schnee bedeckten Berge. So schönes<br />

Wetter hatten wir noch nie in Norwegen.<br />

20 km geht es dann durch ein breites Tal,<br />

Von Molde über den Fjord nach Süden<br />

das von hohen Bergen eingefasst ist bis<br />

zum Storfjord und dann diesen etwa 30 km entlang. Dann bringt uns die Fähre über den<br />

Fjord hinüber nach Stranda und von hier sind es dann nur noch 30 km bis Hellesylt.<br />

Der kleine Ort Hellesylt liegt am Eingang zum Geirangerfjord. Außer einem<br />

Fischverarbeitungsbetrieb gibt es hier ein paar Häuser, ein Hotel, ein paar Restaurants, ein<br />

kleines Museum, zwei Campingplätze und eine Fährverbindung nach Geiranger. Außerdem<br />

legen hier im Sommer oft Kreuzfahrtschiffe an. Die Passagiere gehen an Land und werden<br />

mit Autobussen über Land nach Geiranger gebracht, wo dann ihr Schiff schon wie<strong>der</strong> wartet.<br />

Wir waren hier im Jahr 1993 und hatten den Campingplatz, <strong>der</strong> direkt am Fjord liegt<br />

entdeckt. Er bestand damals aus einer großen Wiese, auf <strong>der</strong> außen am Rand die<br />

Campingfahrzeuge und Zelte standen und einem kleinen Sanitärgebäude, das damals<br />

durchaus ausreichend war. 1999 kamen wir wie<strong>der</strong> und fühlten uns wohl. Diesmal zogen wir<br />

also in Erwägung zwei Nächte zu bleiben und eine Fahrt mit <strong>der</strong> Fähre durch den<br />

Geirangerfjord zu machen.<br />

Diesmal sind wir enttäuscht – auch hier hat die Tourismusindustrie Einzug gehalten. Der<br />

Platz ist voll, von freier Wiese kann keine Rede sein. Wir ergattern zwar noch einen Platz<br />

ganz vorne, doch auch am Wasser kann man nicht mehr stehen, denn da wurde ein etwa<br />

1 m hoher Wall aufgeschüttet, auf dem nur Zelte stehen können. Das wäre nicht schlimm,<br />

schlimm ist allerdings, dass das Platzgelände um ein gutes Stück erweitert wurde, ohne dass<br />

man die Sanitäreinrichtungen dem Umstand angepasst hätte. Auf dem zusätzlichen Platzteil<br />

stehen nun Dauercamper, auch ein guter Teil des „alten“ Platzes ist von Dauercampern<br />

belegt. Alles in allem fühlen wir uns nicht<br />

mehr beson<strong>der</strong>s wohl und beschließen, dass<br />

wir nur eine Nacht bleiben wollen. Die Fähre<br />

soll uns am nächsten Morgen mit Hannibal<br />

hinüber nach Geiranger bringen.<br />

Abends machen wir noch einen<br />

Spaziergang<br />

in den Ort zum großen Wasserfall, <strong>der</strong> sich<br />

hier ins Meer ergießt und entdecken die Verund<br />

Entsorgungsstation für Wohnmobile an<br />

<strong>der</strong> Tankstelle. (Diese Ver- und<br />

Entsorgungsstation war auch für den<br />

Campingplatz schon 1993 versprochen<br />

worden, findet sich aber noch immer nicht<br />

dort. Das passt lei<strong>der</strong> in das Gesamtbild des<br />

Platzes.) Die letzte Fähre liegt am Anleger,<br />

Wasserfall in Hellesylt<br />

einige arbeitende Leute befinden sich noch an Bord. Sonst wirkt <strong>der</strong> Ort fast wie<br />

ausgestorben, wären da nicht noch ein paar Jugendliche, die sich in <strong>der</strong> Nähe des<br />

Fähranlegers herumtreiben.


Tag 20: Geirangerfjord<br />

Strecke: Hellesylt – Geiranger – Lom – Otta – Dombås – Tynset (340 km)<br />

Der Morgen begrüßt uns wie<strong>der</strong> mit blitzblauem Himmel, die Sonne steht noch etwas hinter<br />

den Bergen. Dafür liegen drei Kreuzfahrtschiffe draußen auf dem Wasser und die<br />

Passagiere werden mit kleinen Booten an Land gebracht. Der entsprechende Anleger<br />

befindet sich direkt beim Campingplatz und 3 m vor unserem Wohnmobil ziehen nun nicht<br />

enden wollende Karawanen von Touristen zu unzähligen Autobussen, die schon vor dem<br />

Campingplatz warten. Viele <strong>der</strong> Touristen zweigen noch vor dem Einsteigen zu den<br />

Campingplatztoiletten ab und die Campingplatz-„Bewohner“ haben das Nachsehen. Dann<br />

werden sie Bus für Bus abgekarrt, zuerst zum Wasserfall von unten, dann von oben und<br />

dann weiter ins Hinterland. Wie<strong>der</strong> einmal sind wir glücklich, nicht so sehr mit den Massen<br />

schwimmen zu müssen.<br />

Wir versuchen eine frühe Fähre zu erreichen, da<br />

uns am Vorabend Deutsche erzählt haben, dass<br />

am Vortag am Vormittag nicht alle mit <strong>der</strong> Fähre<br />

mitgekommen seien. Dies gelingt uns auch,<br />

allerdings fahren auch hier schon viele<br />

Autobusladungen von Touristen mit. Wir ergattern<br />

einen schönen Stehplatz an Deck und lassen uns<br />

in sechs Sprachen – Norwegisch, Englisch,<br />

Deutsch, Italienisch, Spanisch und Französisch –<br />

die Sensationen auf <strong>der</strong> Strecke nach Geiranger<br />

erklären: ehemals bewohnte Bauernhöfe,<br />

Wasserfälle, um die sich Märchen ranken und die<br />

Einfahrt in den Geirangerfjord<br />

entsprechende Namen tragen (Die Sieben<br />

Schwestern, Der Freier) und Berggipfel. Die<br />

Fähre nimmt auch nicht die ganz direkte Route<br />

durch den engen Fjord, son<strong>der</strong>n sie fährt einmal<br />

mehr am linken, dann wie<strong>der</strong> am rechten Ufer,<br />

damit man alles ganz genau sehen kann. Nach<br />

einer guten Stunde taucht <strong>der</strong> Ort Geiranger und<br />

damit das Ende dieser schönen Überfahrt auf.<br />

Hier in Geiranger warten auch schon zwei <strong>der</strong><br />

Kreuzfahrtschiffe, die wir in Hellesylt morgens<br />

gesehen haben und ein zarter Rauchschleier, <strong>der</strong><br />

von ihnen ausgeht, trübt den ansonsten<br />

idyllischen Anblick.<br />

Die Sieben Schwestern<br />

Als Hürde gestalten sich die ersten 100 m in<br />

Geiranger: Touristen laufen kopflos über die<br />

Straße, rechts und links ist alles verparkt, Busse<br />

stehen in zweiter Spur und niemand macht<br />

Anstalten ein wenig zur Seite zu fahren. Doch<br />

irgendwie kommen wir dennoch hier hinaus und<br />

dann geht es in Spitzkehren hinauf auf mehr als<br />

1000 m Seehöhe. Während sich die Beifahrer<br />

auch am atemberaubenden Ausblick erfreuen<br />

können, ist <strong>der</strong> Fahrer ziemlich auf die Straße<br />

konzentriert.<br />

Oben auf <strong>der</strong> Passhöhe tut sich eine karge und<br />

Ankunft in Geiranger schroffe Hochgebirgslandschaft auf, einige kleine<br />

Seen mit Schmelzwasser locken, karge


Blütenpflanzen ducken sich im Schutz von<br />

Steinen. Hier bleiben wir ein wenig stehen und<br />

genießen die Natur, werfen einan<strong>der</strong><br />

Schneebälle zu, die wir aus dem schmutzigen<br />

Schnee gepresst haben und schießen viele<br />

Fotos.<br />

Von nun an geht es sachte aber stetig bergab.<br />

Wir möchten irgendwo Mittagsrast halten und es<br />

gäbe auch unzählige Möglichkeiten dazu, aber<br />

wir haben kein Brot mehr an Bord und es findet<br />

sich kein Ort, in dem man Brot kaufen könnte.<br />

Irgendwo gibt es dann das Brot in einem<br />

Hoch über Geiranger<br />

„Supermarkt“, von <strong>der</strong> Angelschnur bis zur<br />

Milch, vom Mittel gegen Insekten bis zum Brot, von fürchterlichen Souvenirs bis zu<br />

Erdbeeren gibt es alles in diesem Kuriositätenladen. Doch dann haben wir wie<strong>der</strong> Mühe,<br />

einen geeigneten Rastplatz zu finden.<br />

In Lom mit seiner Stabskirche ist wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bär los, Autobusse und Scharen von Touristen<br />

verraten auch dem Uneingeweihten, dass es hier eine Sehenswürdigkeit gibt. Nichts gegen<br />

Lom, nichts gegen Stabskirchen – wir haben schon einige gesehen und das unter viel<br />

angenehmeren Rahmenbedingungen. So bleiben wir hier nur an <strong>der</strong> roten Ampel stehen.<br />

Den Rastplatz gibt es dann am Vågåvatnet: Neben einem Campingplatz gibt es einen<br />

großen Parkplatz mit Tischen und Bänken und da es auch recht warm geworden ist, sieht<br />

man auch Leute beim Baden.<br />

Etwa 50 km trennen uns noch von <strong>der</strong> E6 bei Otta, wo uns wie<strong>der</strong> Touristenrummel erwartet.<br />

Hier biegen wir nach Norden ab, wo es durch das Tal noch bis Dombås geht. Dann windet<br />

sich die E6 hinauf auf das Dovrefjell, einer Hochebene, die mir immer wie<strong>der</strong> mit ihrer Weite<br />

und relativen Unberührtheit imponiert.<br />

Bei Hjerkinn biegen wir auf die Rv29 nach Osten und verlassen so den<br />

Touristentrampelpfad. Die nächsten 70 km<br />

verlaufen durch relativ einsames Gebiet, nur ein<br />

kleiner Ort liegt am Weg, ansonsten beeindruckt<br />

wie<strong>der</strong> die Natur. Dann erreichen wir das Tal des<br />

Flüsschens Glåma, das wir vor einigen Jahren<br />

bereits von Nord nach Süd durchfahren haben.<br />

Hier geht es nach Tynset, wo uns <strong>der</strong><br />

Campingplatz wegen seiner nicht so attraktiven<br />

Lage gar nicht gefällt und wir uns daher weiter auf<br />

den Weg in Richtung Røros machen.<br />

Etwa 10 km nördlich von Tynset liegt ein<br />

Campingplatz an <strong>der</strong> Straße, die selbst jetzt um 18 Campingplatz an <strong>der</strong> Glomå<br />

Uhr kaum befahren ist. So wagen wir es hier unser<br />

Nachtlager direkt am glucksenden Fluss aufzuschlagen. Lang steht noch die Sonne am<br />

Himmel und wi<strong>der</strong> Erwarten werden nicht einmal die Gelsen lästig. So genießen wir den<br />

Blick auf die von <strong>der</strong> Abendsonne beschienenen Berge und die im Fluss stehenden Fischer.<br />

Tag 21: 1. Schwedisches drrc-Treffen<br />

Strecke: Tynset – Rorøs – Åsarna – Galåbodarna – Åsarna (368 km)<br />

Den Abstecher nach Schweden machen wir, weil wir hier Christoph Schenk treffen wollen,<br />

den wir von Treffen <strong>der</strong> Newsgroup de.rec.reisen.camping (drrc) kennen und <strong>der</strong> sich in <strong>der</strong><br />

Nähe von Åsarna einige Miethütten baut, um dann später hier auch zu leben. Außerdem sind<br />

auch Karin und Michael – beide ebenfalls von diesen Treffen uns bestens bekannt – hier auf<br />

einem Campingplatz, da Michael Christoph beim Bau hilft und Karin noch ein paar Tage<br />

Urlaub hier verbringt.


Für uns geht es zunächst bis Røros, wo wir unsrer letzten norwegischen Münzen beim<br />

Einkauf loswerden. Dann geht es sachte hinauf zur norwegisch-schwedischen Grenze. Fast<br />

allein sind wir auf <strong>der</strong> Straße, die Landschaft mit ihren unzähligen kleinen und größeren<br />

Seen fasziniert wie<strong>der</strong>um im Sonnenlicht. Dann sagen wir Norwegen „Auf Wie<strong>der</strong>sehen!“<br />

Erstmals haben wir das Land nicht frühzeitig verlassen, weil wir nicht wussten, was wir zum<br />

Essen einkaufen sollten, erstmals haben wir uns ohne jede Einschränkung wohl gefühlt.<br />

Dass wir wie<strong>der</strong> einmal kommen wollen, ist wohl sicher.<br />

Eine kurze Mittagsrast folgt, dann geht es weiter<br />

über die Skistation Hede und über die Orte<br />

Hedeviken und Klovsjö nach Åsarna. Hier wird noch<br />

getankt, denn Christophs Anwesen liegt 50 km<br />

abseits von je<strong>der</strong> Versorgung. 40 km geht es von<br />

Åsarna auf asphaltierter Straße bis Börtnan, dann<br />

10 km auf einer Schotterstraße bis Galåbodarna. Zu<br />

unserem großen Erstaunen begegnen uns hier<br />

Fahrzeuge, sogar ein holländisches Gespann ist<br />

dabei. Nach ein paar Almhütten liegt links<br />

Christophs Grund. Nach <strong>der</strong> freudigen Begrüßung<br />

Hier gibt es bald gemütliche<br />

Hütten<br />

sprühen wir uns schnell mit einem Insektenmittel<br />

ein, denn hier warten die gierigen Sauger schon auf<br />

Frischblut. Dann zeigt uns Christoph voll Stolz und<br />

Freude seine Baustelle mitten im Wald. Drei Miethütten, das eigene Wohnhaus und ein<br />

Stellplatz für Campingfahrzeuge sollen hier entstehen. Einstweilen sieht man aber nur<br />

unzählige Gräben für Kanal, Wasserleitung<br />

und Strom.<br />

Da Christoph Besuch aus Schweden hat,<br />

wollen wir nicht länger stören und fahren auf<br />

den Campingplatz in <strong>der</strong> Nähe, auf dem<br />

Karin und Michael sind. „In <strong>der</strong> Nähe“ heißt<br />

hier, dass sich <strong>der</strong> Platz in nur etwa 50 km<br />

Entfernung befindet. Also geht es wie<strong>der</strong><br />

zurück bis Åsarna, dann nach Kvarnsjö und<br />

auf einer kleinen Asphaltstraße zum<br />

Campingplatz. Unweit des Platzes gibt es<br />

einen erfreulichen Stopp: Ein Elch präsentiert<br />

Elch voraus!<br />

sich in all seiner Größe auf <strong>der</strong> Straße,<br />

wartet, bis wir ihn in aller Ruhe fotografiert haben, ehe er im Wald verschwindet.<br />

Karin und Michael wissen bereits von unserem Erscheinen, meinen aber, dass es noch nicht<br />

an diesem Tag sein werde. So ist doch ein gewisses Maß an Überraschung da, die sich zur<br />

Wie<strong>der</strong>sehensfreude auf beiden Seiten gesellt.<br />

Nach dem Abendessen entzünden wir in <strong>der</strong> Kåta, dem samischen Zelt, das auf dem<br />

Campingplatz steht, ein Feuer. Karin versucht<br />

das ungenießbare schwedische Brot durch<br />

Rösten im Feuer genießbar zu machen, was<br />

zwar Spaß macht, aber die Qualität nicht<br />

wirklich hebt. Ein paar an<strong>der</strong>e deutsche<br />

Camper gesellen sich auch noch zu uns, aber<br />

die drrc-Gruppe hält am längsten durch –<br />

schließlich haben wir einan<strong>der</strong> schon so lange<br />

nicht gesehen und einan<strong>der</strong> so viel zu<br />

erzählen. Als wir weit nach Mitternacht die<br />

Kåta verlassen, entdecke ich erstmals wie<strong>der</strong><br />

Michael, Uli, Karin und unser Vater in<br />

<strong>der</strong> Kåta, Roland fotografiert<br />

Sterne am Himmel: Leier, Schwan, Cassiopeia<br />

und Großer Wagen sind erkennbar. So schön<br />

die Mitternachtssonne ist, ein Sternenhimmel<br />

ist auch nicht zu verachten.


Tag 22: 27 Jahre später<br />

Strecke: Åsarna – Sveg – Mora – Karlskoga (452 km)<br />

Am Morgen genießen wir das von <strong>der</strong> Besitzerin des Campingplatzes selbst gebackene<br />

Gebäck, ehe wir uns von Karin und Michael verabschieden. Obwohl <strong>der</strong> Campingplatz sehr<br />

schön und in herrlicher Aussichtslage ist, so wollen wir doch wie<strong>der</strong> in Richtung Heimat<br />

ziehen. Wir wollen über den uns schon bekannten Innlandsvägen Richtung Süden ziehen<br />

und dann südwestlich von Mora in Richtung Karlskoga abbiegen.<br />

In Sveg kaufen wir ein, obwohl es Sonntag ist, aber in Schweden sind die Supermärkte auch<br />

sonntags geöffnet. Dann umfängt uns <strong>der</strong> dichte Wald <strong>der</strong> Orsa Finnmark, ehe wir an das<br />

dichter besiedelte Gebiet des Siljan gelangen. Recht einsam geht es dann durch die Wäl<strong>der</strong><br />

entlang <strong>der</strong> Straße 64. Unser Ziel ist <strong>der</strong> Campingplatz Lunedet ein paar Kilometer nördlich<br />

von Karlskoga.<br />

Vor 27 Jahren haben wir diesen Campingplatz entdeckt. Wir waren damals zum ersten Mal<br />

mit dem von unserer Tante Reli ausgeborgten Hauszelt in Skandinavien. Eigentlich wollten<br />

wir in Karlskoga ein Privatzimmer organisieren, weil das Wetter nicht gut war und gingen zur<br />

Touristeninformation. Privatzimmer bekamen wir keines, wurden aber auf den<br />

Gemeindecampingplatz Lunedet verwiesen. Dieser bestand aus einer großen Wiese, auf <strong>der</strong><br />

drei o<strong>der</strong> vier Zelte standen, und einem ganz neuen und beheizten Sanitärgebäude.<br />

Außerdem wurde damals keine Gebühr eingehoben. Wir blieben dann dort länger als<br />

geplant, weil es uns so gut gefiel und besuchten eine Ausstellung über Alfred Nobel, <strong>der</strong> in<br />

diesem Ort lebte und arbeitete.<br />

Und wie sieht es heute dort aus? Ein Freizeitzentrum ist entstanden, Autobusse laden ihre<br />

Fracht aus, man wartet lang bei <strong>der</strong> Kassa eines Selbstbedienungsrestaurants, um sich auf<br />

dem Campingplatz anzumelden, unzählige Wohnwägen – auch von Dauercampern – stehen<br />

auf <strong>der</strong> so einsamen Wiese und das Sanitärgebäude hat seit 1977 keine frische Farbe<br />

gesehen. An eine Alternative ist an diesem Tag nicht mehr zu denken, da es schon viel zu<br />

spät ist, aber wir sind recht enttäuscht darüber, was aus unserem Fleckchen von einst<br />

geworden ist. Wie<strong>der</strong> hat die Tourismusindustrie zugeschlagen.<br />

Camping Lunedet bei Karlskoga einst und jetzt<br />

Tag 23: Wie<strong>der</strong> Wald<br />

Strecke: Karlskoga – Laxå – Askersund – Jönköping – Åstorp – Höganäs – Mölle (482 km)<br />

Für unsere Weiterfahrt wählen wir heute die Strecke von Karlskoga zum Vättern, an dessen<br />

Westufer wir auf einer uns noch nicht bekannten Strecke bis Jönköping fahren wollen.<br />

Wie<strong>der</strong> begleitet uns viel Wald auf <strong>der</strong> recht wenig befahrenen Strecke, vom Vättern sehen<br />

wir lei<strong>der</strong> recht wenig. Die Aussicht auf <strong>der</strong> Hinfahrt vom erhöhten Ostufer aus war da schon<br />

viel besser.<br />

Von Jönköping aus geht es nun auf <strong>der</strong> uns schon bekannten E4 nach Süden, wie<strong>der</strong> gibt es<br />

zunächst viel Wald, ehe wir gegen Abend in das fruchtbare Gebiet um Helsingborg kommen.


Wir erreichen die Küste etwas nördlich <strong>der</strong> Stadt, wo wir bei Mölle auf dem recht schönen<br />

Campingplatz unser Nachtlager aufschlagen.<br />

Tag 24: Die letzten Fähren<br />

Mölle – Helsingborg – Helsingør – Rødby – Puttgarden – Heiligenhafen – Weißenhäuser<br />

Strand (304 km)<br />

Wechselhaftes Wetter am Morgen, da verlassen wir doch Skandinavien, wir sind Besseres<br />

gewohnt!<br />

So geht es nach dem Frühstück zur Fähre nach Helsingborg. Ein paar Minuten müssen wir<br />

nach dem Ticketkauf warten, dann werden wir schon auf die Fähre geholt und hinüber geht<br />

es nach Dänemark. Ganz feiner Nieselregen begleitet uns auf <strong>der</strong> kurzen Überfahrt.<br />

Dann geht es vorbei am dicht besiedelten Gebiet von Kopenhagen.<br />

Wir kommen sehr gut weiter. Unter <strong>der</strong> Autobahnbrücke, die die Inseln Seeland und Falster<br />

verbindet, halten wir Mittagsrast. Hier dürfte man sogar übernachten, allerdings wäre uns<br />

das viel zu laut.<br />

Die Fähre in Rødby ist dann auch schon bereit, um uns nach Deutschland zu bringen. Bei<br />

herrlichem Sonnenschein und relativ<br />

hoher Temperatur genießen wir die<br />

letzte unserer vielen Fährüberfahrten<br />

dieses Urlaubs. In Puttgarden<br />

angekommen überlegen wir gleich<br />

einmal, was wir heute noch tun wollen.<br />

Es ist zwar nicht spät, aber doch zu<br />

spät, um in Deutschland noch eine<br />

größere Strecke zurückzulegen.<br />

Außerdem ist es ziemlich heiß und<br />

daher an <strong>der</strong> luftigen Küste sicher<br />

angenehmer als irgendwo im<br />

Landesinneren.<br />

Unsere erste Wahl fällt auf den<br />

Abschied von <strong>der</strong> Ostsee<br />

Wohnmobilhafen in Heiligenhafen.<br />

Hier starten wir aber lieber durch,<br />

denn er ist ganz voll, nur vorne an <strong>der</strong> Straße gibt es noch Stellplätze. Sind es 100<br />

Wohnmobile o<strong>der</strong> mehr, die hier stehen? Uns können sie aber sicher leicht vermissen.<br />

Die zweite Wahl fällt auf den Stellplatz in Weißenhäuser Strand westlich von Oldenburg. Auf<br />

dem Parkplatz stehen hier auch etwa 30 Wohnmobile, aber nicht so dicht und in so<br />

unangenehm lauter Lage wie in Heiligenhafen.<br />

Für das Parken wird in <strong>der</strong> Zeit von 6 bis 22 Uhr eine Gebühr erhoben, für Wohnmobile gibt<br />

es eine 24-Stunden-Pauschale. Als ich den Parkautomaten entsprechend füttern will,<br />

verweigert er mir die Annahme <strong>der</strong> Gesamtsumme, son<strong>der</strong>n will mir nur ein Ticket bis 22 Uhr<br />

ausstellen. Auch Roland kann das Gerät nicht zur Herausgabe eines 24-Stunden-Tickets<br />

überreden. Schließlich wenden wir uns vertrauensvoll an einen an<strong>der</strong>en Wohnmobilisten mit<br />

<strong>der</strong> Frage, was da zu tun sei. „Na, da lösen sie das Ticket bis 22 Uhr und holen sich dann<br />

morgen ein neues.“, ist die freundliche Antwort. „Um sechs Uhr?“, frage ich ungläubig nach.<br />

„Um sechs Uhr wird es noch nicht nötig sein, aber dann schon bald, denn es wird auch<br />

kontrolliert. Außerdem kommt ja um 7.30 Uhr <strong>der</strong> Bäcker.“ Hurra, wir sind wie<strong>der</strong> in<br />

Mitteleuropa! Hier weckt – wie bei uns in Österreich auch – nicht <strong>der</strong> Hahn die Menschen<br />

auf, son<strong>der</strong>n die Menschen den Hahn. Im Norden waren wir, wenn wir uns um etwa 10 Uhr<br />

morgens auf den Weg machten, oft bei den ersten und fanden leere Straßen vor.<br />

Dann verabschieden wir uns vom Meer, das hier hinter <strong>der</strong> Düne brandet und verbringen<br />

eine ruhige Nacht.


Tag 25: Hitze<br />

Strecke: Weißenhäuser Strand – Lübeck – Ratzeburg – Uelzen – Wolfsburg – Braunschweig<br />

– St. Andreasberg (397 km)<br />

Nun, was soll’s – um etwa 6.45 Uhr löse ich das Parkticket und beobachte, dass schon viele<br />

Leute unterwegs sind. Um 7.30 Uhr kommt, wie am Vortag versprochen, <strong>der</strong> Bäcker. Endlich<br />

gibt es wie<strong>der</strong> sehr schmackhaftes Brot und Gebäck.<br />

Nach dem Einkauf in Oldenburg geht es über Lübeck etwas zäh nach Ratzeburg, bei<br />

Lauenburg queren wir die Elbe. Nach <strong>der</strong> Mittagsrast auf einem schattigen Parkplatz, <strong>der</strong><br />

wegen <strong>der</strong> nun schon recht großen Hitze sehr willkommen ist, geht es über Lüneburg und<br />

Uelzen nach Gifhorn und von da nach Wolfsburg. Roland interessiert sich für die „Autostadt“.<br />

Für diese ist es heute aber schon zu spät und wohl auch zu heiß, womit wir ein Ziel für einen<br />

weiteren Urlaub in <strong>der</strong> kühleren Jahreszeit, z.B. zu Ostern, haben.<br />

Wo werden wir übernachten? Es ist stinkheiß, im Gebirge ist es sicher kühler. Der schon<br />

recht nahe Harz bietet sich da als Ziel an, das Städtchen St. Andreasberg soll einen schönen<br />

Wohnmobilstellplatz haben. Also auf nach St. Andreasberg! Höher und höher klettern wir und<br />

das Außenthermometer zeigt immer niedrigere Temperaturen an.<br />

Der Stellplatz in St. Andreasberg liegt direkt am Schwimmbad. Mit dem Parkticket erhält man<br />

auch einen Code, mit dem man die Sanitäranlagen öffnen kann. Sogar die Dusche für zwei<br />

Personen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Eintritt für eine Person wären hier inkludiert. Das WC nützen wir gerne,<br />

alles an<strong>der</strong>e verwenden wir lieber in unserem Hannibal. Die Gaststätte lockt mit einem<br />

Grillabend und <strong>der</strong> Genuss <strong>der</strong> guten Mahlzeit wird allenfalls durch die Tatsache getrübt,<br />

dass die Wespen sehr aggressiv sind und uns, nachdem eine unseren Vater ins Ohr<br />

gestochen hat, ins Innere <strong>der</strong> Gaststätte vertreiben.<br />

Der Tag klingt aus mit einem friedvollen Blick über die Berge des Harz.<br />

Tag 26: Über den Harz<br />

Strecke: St. Andreasberg – Halle – Merseburg – Fichtelsee (336 km)<br />

Letzte Nacht am Fichtelsee<br />

Nachdem wir uns in <strong>der</strong> Früh noch im<br />

Ort umgesehen haben – es gibt hier<br />

ein Schaubergwerk, das allerdings erst<br />

später am Tag geöffnet wird – fahren<br />

wir den Harz entlang über die<br />

Bundesstraße 242, vorbei an<br />

Harzgerode und Eisleben, nach Halle<br />

und dann über Merseburg und Leuna<br />

auf die Autobahn A9. Nun geh es nach<br />

Süden. Gegen Abend erreichen wir<br />

den Campingplatz Fichtelsee im<br />

Fichtelgebirge, den wir schon von<br />

Ostern her kennen. Zu Ostern war er<br />

einer <strong>der</strong> wenigen offenen Plätze, jetzt<br />

ist die Höhenlage <strong>der</strong> Grund für unsere<br />

Übernachtung hier auf diesem Platz.<br />

Tag 27: Nach Hause<br />

Strecke: Fichtelsee – Regensburg – Passau – Graz (524 km)<br />

Was gibt es über diese Strecke zu sagen? Sie ist uns so bekannt, dass sie Hannibal fast<br />

schon ohne unser Zutun fährt.<br />

Gegen Abend erreichen wir Graz und auch diese wun<strong>der</strong>schöne Urlaubsfahrt findet nach<br />

vier Wochen und 10 300 km ein Ende.


Fazit<br />

Was uns gefallen hat:<br />

- die tolle Landschaft und das herrliche Wetter<br />

- die geringe Zahl von Touristen, vor allem ganz im Norden<br />

- die Sauberkeit <strong>der</strong> oft auch sehr einfachen Sanitäranlagen auf Campingplätzen<br />

- das verbesserte Warenangebot in norwegischen Supermärkten<br />

Was uns weniger gefallen hat:<br />

- die enormen Treibstoffpreise (etwa die Hälfte unseres Urlaubsbudgets haben wir für<br />

Treibstoff ausgeben müssen)<br />

- die Tunnelmaut nach Honningsvåg, die nach Fahrzeuglänge und Personenzahl<br />

berechnet wird<br />

- die Stadtmaut in Trondheim<br />

Und irgendwann fahren wir sicher wie<strong>der</strong> dorthin…

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