Vollständiger Text - Springer GuP
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Apotheke und Finanzkrise<br />
Keine „Insel der Seligen“<br />
Foto: istockphoto<br />
Tipps für die Finanzplanung<br />
So bleiben Betriebsinhaber liquide<br />
Eine nicht ausreichende oder sogar fehlende Finanzplanung<br />
kann für Betriebsinhaber – vor allem vor dem Hintergrund der Kreditvergaberichtlinien<br />
der Bankinstitute – zu existenzbedrohenden<br />
Problemen führen. Leider befassen sich Unternehmer mit der<br />
Liquiditätslage ihres Betriebes oft erst dann, wenn aus bestimmten<br />
Gründen Handlungsbedarf besteht. Die folgenden Regeln sollen<br />
helfen, die betrieblichen Finanzen im Griff zu behalten:<br />
Über die Liquiditätslage seiner Apotheke denkt so mancher Apothekenleiter<br />
erst im Akutfall nach: etwa wenn Ersatzinvestitionen kurzfristig<br />
erhebliche finanzielle Mittel erfordern, die auf Grund unzureichender<br />
Planung zeitgerecht kaum aufgebracht werden können oder wenn ein<br />
plötzlicher Finanzbedarf auf Grund überraschender Liquiditätsprobleme<br />
entsteht. Dabei kann man bereits vorab im Sinne der Liquidität aktiv werden.<br />
Dazu gehört u. a. auch die Erkenntnis, dass Liquiditätsplanung als<br />
Teil der Unternehmenssteuerung gesehen werden sollte.
Titelthema Management<br />
Der Entwicklung an den Geld- und Kapitalmärkten können sich auch Apotheker nicht<br />
entziehen. Wer einen kontinuierlichen Vermögensaufbau beispielsweise zur ergänzenden<br />
finanziellen Absicherung der Altersvorsorge oder zur Kapitalbildung zum<br />
Zweck einer späteren Investition geplant hat, ist in jedem Fall von den Geschehnissen<br />
betroffen. Unser Autor zeigt, wie Apotheker angesichts dessen jetzt agieren können<br />
und gibt darüber hinaus Tipps für die Finanzplanung.<br />
Krisenmanagement<br />
Neue Prioritäten setzen | Bonität als wichtiges Kriterium |<br />
Liquidität sichern<br />
Mittlerweile gibt es kaum eine Anlageform, die von<br />
der „Subprime-Krise“ und von Liquiditätsproblemen<br />
diverser Banken nicht betroffen ist. Weshalb auch eine Risikostreuung<br />
der jeweiligen Anlageformen, wie sie grundsätzlich<br />
zu empfehlen ist, nur bedingt helfen kann. Die Risikostreuung,<br />
in „normalen“ Zeiten fast schon ein Garant für eine ausgewogene<br />
Risiko-Chancen-Struktur bei Geldanlagen, stößt in einer<br />
Krise des Finanzsystems, wie wir sie derzeit erleben, offenbar<br />
an ihre Grenzen.<br />
Krisen? Gab es bislang nur anderswo!<br />
Dies gilt zunächst grundsätzlich für die Kreditwürdigkeit oder<br />
Bonität des Herausgebers oder Emittenten der von Apothekern<br />
bevorzugten Anlageformen wie beispielsweise festverzinslicher<br />
Schuldverschreibungen. Wer fragte als Anleger in<br />
der Vergangenheit schon nach dem „Rating“, also der Bonitätseinstufung,<br />
etwa der großen deutschen Banken als wesentliche<br />
Emittenten solcher Wertpapiere? Aus gutem Grund wurde<br />
unterstellt, dass finanzielle Probleme oder mögliche Krisen,<br />
die sogar existenzgefährdende Ausmaße annehmen können,<br />
hier einfach nicht stattfinden.<br />
In Zukunft: neue Prioriäten setzen<br />
Diese Einstellung wird sich nun ändern müssen. Apotheker werden<br />
Anlageentscheidungen zugunsten eines oder mehrerer Anbieter<br />
von Finanzdienstleistungen zukünftig nicht mehr nur von<br />
den Risiken und Chancen einer Geldanlage abhängig machen<br />
müssen, sondern vor allem von der Kreditwürdigkeit des jeweiligen<br />
Institutes. Zumindest scheinen Geldeinlagen, diese Einschätzung<br />
ist nach dem derzeitigen Stand der Dinge möglich, bei<br />
Bankinstituten dann sicher zu sein, wenn die Einlagensicherungssysteme<br />
funktionieren – möglicherweise ergänzt um die<br />
Systemsicherungen der Genossenschaftsbanken und Sparkassen.<br />
Entwicklung bei einzelnen Anlageformen<br />
Zudem zeigen sich die Folgen der Finanzkrise auch bei der näheren<br />
Betrachtung einzelner Anlageformen, die in der Kapitalanlagestruktur<br />
von Apothekern je nach Anlagepolitik eine mehr<br />
oder weniger wichtige Rolle spielen. Vor allem bei Investmentfonds<br />
mit ihren wesentlichen Investitionsschwerpunkten in Aktien,<br />
festverzinslichen Wertpapieren oder Immobilien muss<br />
auch weiterhin mit starken Schwankungen gerechnet werden.<br />
Monatlich einen Liquiditätsplan aufstellen<br />
Gläubiger, vor allem also Banken, interessieren sich zunächst einmal<br />
für die Zahlungsfähigkeit ihrer Kreditnehmer. Um den zukünftigen<br />
Liquiditätsbedarf zu ermitteln, sollte monatlich ein entsprechender<br />
Liquiditätsplan aufgestellt werden. Vereinfacht gesagt, werden darin<br />
sowohl die zu erwartenden Ausgaben als auch die voraussichtlichen<br />
Einnahmen festgehalten. Daraus wird rechtzeitig der mögliche<br />
Bedarf an zusätzlichen Finanzmitteln wie vor allem Bankkrediten<br />
abgeleitet.<br />
Den Finanzierungsbedarf großzügig kalkulieren<br />
Bei höheren Personal- oder Investitionskosten wird meist kurzfristig<br />
versucht, den Kontokorrentkredit immer wieder zu erhöhen. Allerdings<br />
zahlt der Unternehmer bei diesen so genannten „geduldeten Überziehungen“<br />
neben den ohnehin schon relativ hohen Kreditzinsen zusätzliche<br />
Überziehungszinsen. Weitaus besser und vor allem preiswerter<br />
ist dagegen die regelmäßige Überprüfung der jeweiligen Kreditlinie in<br />
Verbindung mit einem Liquiditätsplan. Dies verhindert letztlich, dass<br />
Überziehungszinsen gezahlt werden müssen.<br />
apotheke+marketing 01.2009 9
Management Titelthema<br />
Foto: istockphoto<br />
Frage des Monats<br />
Frage des Monats<br />
Wir wollen mehr wissen aus dem Marketing-Alltag<br />
in den Apotheken unserer Leser! Deshalb bitten wir<br />
Sie zur Antwort auf unsere „Frage des Monats“ – mit<br />
einem kurzen Klick online unter www.apotheke-undmarketing.de/frage.<br />
Wie die Antworten ausfallen, erfahren Sie natürlich<br />
auch: immer in der darauf folgenden Ausgabe von<br />
APOTHEKE + MARKETING.<br />
„Haben Sie auf die aktuelle Finanzkrise<br />
reagiert – etwa mit Bankgesprächen oder durch<br />
Umschichten Ihrer Anlagen?“<br />
Antworten Sie hier: www.apotheke-und-marketing.de/frage<br />
Dies gilt schon deshalb nicht nur für Aktien, sondern vor allem<br />
auch für Anleihen, Schuldverschreibungen oder Pfandbriefe, da<br />
hier bei steigenden Zinsen zunächst mit fallenden Wertpapierkursen<br />
gerechnet werden muss.<br />
Prognosen sind kaum möglich<br />
Es wäre die sprichwörtliche „Kaffeesatzleserei“, würde man derzeit<br />
Prioritäten zugunsten des einen oder anderen Investitionsschwerpunktes<br />
setzen. Im Ergebnis werden sich vermutlich weder<br />
Aktien noch Festverzinsliche noch Immobilien der längst<br />
auf die so genannte „Realwirtschaft“ ausgedehnten Finanzkrise<br />
entziehen können.<br />
Auch bei Investitionen in Direktimmobilien vor allem mit<br />
gewerblichen Mietern bleibt, ähnlich wie beim Kauf über Immobilienfonds,<br />
abzuwarten, ob und in welchem Umfang sich<br />
die Krise auf die geschäftlichen Umsätze der Mieter auswirkt<br />
und ob sich dies früher oder später in den Mietzahlungen an<br />
den Investor niederschlägt. Hinzu kommen Unsicherheiten bezüglich<br />
der Wertentwicklung der jeweiligen Immobilien. Unternehmensbeteiligungen<br />
sollten als Anlageformen auch unter diesem<br />
Gesichtspunkt gesehen werden.<br />
Immer wichtiger:<br />
die Bonität der Anbieter<br />
Im Ergebnis werden Anlageerfolge<br />
also wesentlich von der regelmäßigen<br />
Kontrolle (nicht nur) der<br />
Entwicklung der mehr oder weniger<br />
komplexen Anlageprodukte<br />
abhängen. In zunehmendem Maße wird auch die Prüfung der<br />
Bonität, die die Anbieter dieser Produkte aufweisen, eine Rolle<br />
spielen. Darüber hinaus ist durch die Krise deutlich geworden,<br />
dass Finanzinvestitionen selbst durch eine weltweite Streuung<br />
der Anlagegelder, die bekanntlich vor allem mit Hilfe der Banken<br />
und Versicherungsunternehmen möglich ist, keinerlei Garantie<br />
für Wertzuwächse und verlässliche Erträge bieten.<br />
Daher reicht es nicht mehr aus, sich nur noch in unregelmäßigen<br />
Abständen die Wertentwicklung der einzelnen Anlageformen<br />
anzusehen. Ab sofort sollten Apotheker mehrmals pro<br />
Jahr sowohl über die Qualität der Anlage als auch über die Qualität<br />
des jeweiligen Anbieters verbindliche Informationen einholen<br />
und gegebenenfalls Anpassungen bei der persönlichen Anlagestrategie<br />
vornehmen.<br />
Worauf sollten Apotheker achten?<br />
Mittlerweile hat die Bankenbranche zumindest in einem Punkt<br />
reagiert: Sie offeriert je nach Kreditinstitut Anlageprodukte, die<br />
beispielsweise durch die Hinterlegung öffentlicher Anleihen zumindest<br />
grundsätzlich besser abgesichert sind als bisher. Dies<br />
Die „Goldene Finanzierungsregel“ berücksichtigen<br />
Diese auch durch den Begriff der „Fristenkongruenz“ bekannte<br />
Finanzierungsregel sieht vor, dass Kreditlaufzeit und Nutzungsdauer<br />
einer Investition weitgehend übereinstimmen sollten. Häufig ist<br />
die Kreditlaufzeit jedoch weitaus länger, so dass die Finanzierung<br />
einer Ersatzinvestition bereits wieder erforderlich wird, obwohl der<br />
bisherige Kredit noch nicht vollständig zurückgezahlt wurde. Kommt<br />
dann eine angespannte Liquiditätslage hinzu, kann diese finanzielle<br />
Doppelbelastung schnell zu ernsthaften Problemen führen.<br />
Langfristige Finanzierungen absichern<br />
Das nach wie vor bei Darlehen relativ niedrige Zinsniveau sollte genutzt<br />
werden, um langfristige Finanzierungen kalkulierbar zu machen: Dazu<br />
gehört vor allem der Umstieg von bisher variablen Zinsvereinbarungen<br />
in Festzinssätze sowie die frühzeitige Absicherung durch Festzinssätze<br />
bei Darlehen, bei denen in den kommenden Jahren die Zinsbindung abläuft.<br />
Möglich ist dies ist vor allem durch so genannte „Vorausdarlehen“.<br />
Darüber hinaus sollte mit der Bank darüber verhandelt werden, später<br />
eventuell mögliche außerplanmäßige Tilgungen kostenlos zuzulassen.<br />
10 apotheke+marketing 01.2009
Titelthema Management<br />
Wird in Zukunft dazu gehören, wenn über<br />
Anlageformen mit der Bank verhandelt wird:<br />
die Ergebnisse aus dem Gespräch schriftlich<br />
abzusichern.<br />
Foto: istockphoto<br />
bietet dem Apotheker einerseits zwar eine größere Sicherheit,<br />
andererseits muss er hier aber auch mit höheren Kosten der Absicherungsmodelle<br />
rechnen. Immerhin kann der Anleger nun<br />
aber selbst entscheiden, welches Maß an Sicherheit und Rendite<br />
er individuell erreichen möchte.<br />
Gesundes Misstrauen gehört dazu<br />
Darüber hinaus erscheint aber eine gesunde Portion Misstrauen<br />
gegenüber den Bankinstituten nach wie vor angebracht. Wer<br />
beispielsweise eine sichere Geldanlage sucht – etwa zur späteren<br />
Ergänzung der finanziellen Altersabsicherung oder betrieblich<br />
zur eher kurzfristigen Anlage – sollte sich gegebenenfalls schriftlich<br />
zusichern lassen, dass die jeweiligen Anlageformen vor<br />
allem in den Punkten Sicherheit und Verfügbarkeit seinen Zielen<br />
gerecht werden.<br />
So eignen sich beispielsweise festverzinsliche Wertpapiere selbst<br />
von erstklassigen Schuldnern meist nicht für kurzfristige Anlagezeiträume,<br />
da hier während der Laufzeit mit entsprechenden Kursschwankungen<br />
gerechnet werden muss. Eine entsprechende Strategie<br />
ist auch bei Investmentfonds sinnvoll, die Apotheker zum<br />
langfristigen Vermögensaufbau vorsehen. Hier sollten, gemeinsam<br />
mit dem jeweiligen Bankmitarbeiter, die aktuelle Situation analysiert<br />
und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.<br />
Bei individuell noch vertretbaren Verlusten lässt sich zum<br />
Beispiel über einen Tausch in weniger spekulative Fonds nachdenken.<br />
Bietet sich diese Vorgehensweise auf Grund erheblicher<br />
Verluste oder wegen entsprechender Kosten dagegen nicht an,<br />
kann – vor allem bei Fonds, die in der Vergangenheit meist erfolgreich<br />
waren – auch ein Durchhalten die mittel- und langfristig<br />
richtige Lösung sein.<br />
Das „Magische Dreieck“ der Geldanlage<br />
Die bei Geldanlagen wesentlichen Kriterien der hohen Sicherheit,<br />
schnellen Verfügbarkeit und attraktiven Rendite bilden das<br />
so genannte „Magische Dreieck“. Die sprichwörtliche „Magie“<br />
liegt darin, dass diese drei Punkte gemeinsam so gut wie nicht<br />
erzielbar sind. Apotheker, die in der aktuellen Situation etwa auf<br />
ein hohes Maß an Sicherheit Wert legen, können „nur“ eine<br />
marktübliche Rendite von derzeit etwa drei bis vier Prozent erzielen.<br />
Höhere Zinssätze gehen dagegen fast zwingend mit<br />
einem ebenfalls höheren Risiko einher. Ein anderes Beispiel:<br />
Eine schnelle Verfügbarkeit wird in der Regel ebenfalls mit einer<br />
geringeren Rendite „erkauft“.<br />
Michael Vetter | Der Autor ist freier Wirtschaftsjournalist mit dem Themenschwerpunkt<br />
Banken | Kontakt: vetter-finanz@t-online.de<br />
Buchtipp<br />
Informationen darüber, wie Sparer und Anleger die Probleme der Finanzkrise<br />
angehen können, gibt ein aktuelles Buch der Stiftung Warentest. „Sicher anlegen<br />
in der Krise“ beantwortet jene Fragen, die durch die Finanzkrise allgegenwärtig<br />
sind. Es informiert u. a. über Einlagensicherung, fehlerhafte Anlagenberatung,<br />
Wertpapiere und sichere Zinsanlagen und wartet mit umfangreichen<br />
Strategien für Anleger auf. Informationen unter www.test.de/shop.<br />
Professionelles Forderungsmanagement einführen<br />
Soweit erforderlich, sollte die Liquiditätslage des Betriebs bzw.<br />
der Apotheke auch durch ein entsprechendes Forderungsmanagement<br />
stabilisiert werden. Ob dies durch ein externes Dienstleistungsunternehmen<br />
oder der Unternehmer bzw. der Apothekenleiter<br />
selbst dies in die Hand nimmt, hängt in der Regel vor allem<br />
von der jeweiligen Betriebsgröße ab.<br />
Regelmäßig die Kapitaldienstgrenze ermitteln<br />
Die Kapitaldienstgrenze legt die Höhe des Einnahmenüberschusses<br />
fest, der zur Zahlung von Zins- und Tilgungsraten erforderlich<br />
ist. Betriebsinhaber/Apothekenbesitzer sollten in jedem Fall<br />
die Kapitaldienstgrenze ebenso wie Banken regelmäßig selbst<br />
ermitteln und jeweils prüfen, ob sich an der Einnahmen- und<br />
Ausgabensituation Verbesserungen erzielen lassen. Ansatzpunkte<br />
dazu bieten vor allem die Privatentnahmen.<br />
apotheke+marketing 01.2009 11