Maddrax Band 1 - Bastei-Verlag

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05.11.2013 Aufrufe

schlimmere Bilder heraufbeschwören. Er machte sich nichts vor: Was ihm der König der Taratzen da präsentierte, war kein Privatzoo. Es war … die Speisekammer seines Stammes. Matts Magen drehte sich um. Er lehnte sich gegen die Höhlenwand. Die Stirn in den kühlen Lehm gepresst, atmete er ein paar Mal tief durch. Das Krächzen hinter ihm wurde lauter. Er drehte sich um. Der Taratzenkönig deutete in die Kuhle hinein, auf einen in Felle gehüllten Mann. Vier Taratzen stürzten sich in die Mulde und packten den Mann. Er schrie und schlug verzweifelt um sich, doch sie schleuderten ihn einfach aus der Mulde heraus. Rraar setzte ihm den Hinterlauf auf die Brust und zog ihm seine Knochenkeule über den Kopf. Der Mann verlor augenblicklich das Bewusstsein. Gnädigerweise. Denn im nächsten Moment beugte der Rattenkönig sich hinab und biss ihm mit einem schmatzendknirschenden Geräusch die Kehle durch. Das Entsetzen überfiel Matt wie ein Fieberschauer. Er wandte sich ab und übergab sich. Nachdem die weißpelzige Bestie ihren Hunger gestillt hatte, führten sie Matt aus der Höhle heraus. Er wankte neben dem munter krächzenden Rraar her und hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Plötzlich verstummte der Rattenkönig. Matt bemerkte, dass sich die Felle der Taratzen vor ihm sträubten. Vor einem auffallend hohen Höhleneingang blieben sie stehen. Die Fackelträger leuchteten hinein und fauchten, und Rraar stimmte ein wütendes Gekreische an. Er bedeutete Matt, in die Höhle hineinzuschauen. Matthew schluckte und beugte sich zwischen den beiden Fackelträgern durch. Der Lichtschein fiel auf einen schwarzbraunen Körper von der Masse eines Elefanten. „Bei Gott“, stöhnte Matt, „was ist das für ein Alptraum …?“ Er sah zwei Klauen wie die eines Raubvogels. Rostige Ketten verbanden sie mit zwei Holzpflöcken. Je zehn Schritte von dem Tier entfernt hatte man die Pflöcke in den Boden getrieben. Matt erkannte schuppenartiges Gefieder. Flügel hingen gebrochen auf den von Kotballen verschmutzten Boden. Gelbe Augen mit einem senkrechten schmalen Strich in der Mitte leuchteten über Matt. Eulenaugen, dachte er. Und das vom Fackelschein erleuchtete Vogelgesicht erinnerte Matt tatsächlich an eine Eule. Ein gekrümmter Schnabel ragte aus dem Schuppengesicht hervor. Matt wich in den Gang zurück. Mit einem Zipfel des Fellumhangs wischte er sich den kalten Schweiß von der Stirn. Er glaubte zu wissen, was Rraar ihm zeigen wollte: die Gattung seines Erzfeindes. Später gelangten sie in eine kuppelförmige Höhle. Viele Gänge mündeten in sie hinein, einer sogar oben in den höchsten Punkt der Kuppelwölbung. In der Mitte der Höhle stand ein quaderartiger Stein. Der König der Bestien schien ihn als Thron zu benutzen.

Matt fühlte sich wie in Trance. Er rang um Fassung und musste all seine Selbstbeherrschung aufbringen, um nicht schreiend davonzulaufen. Er riss sich zusammen. Wenn es noch eine Chance für ihn geben sollte, dann nur, wenn er wieder einen halbwegs kühlen Kopf gewann. Ihm wurde die zweifelhafte Ehre zuteil, auf dem Thronstein Platz nehmen zu dürfen. Man brachte ihm einen schmutzigen Krug mit Wasser. Schneereste schwammen darin. Und eine Schüssel mit Nahrung wurde ihm vorgesetzt. Grünlich und schleimig sah das Zeug aus. Matt rührte weder Wasser noch Essen an. Es fiel kein Tageslicht in die Höhle. Matt hatte sein Zeitgefühl längst verloren. War die Nacht angebrochen? Oder schob sich draußen schon wieder der verwaschene Sonnenfleck über die Schneegipfel? Wie lange durchlebte er diesen Alptraum schon, von dem ihm die Logik sagte, dass es ein Traum sein musste, die Realität aber unleugbar war. Hatte er sich im Lager der Barbaren noch an die Möglichkeit geklammert, in einem von der Zivilisation vergessenen Gebiet gelandet zu sein, so ließen die Bestien – die Riesenratten und Monsterheuschrecken, das Eulenwesen und die fremdartigen Geschöpfe in der Grube – nur einen Schluss zu: Er befand sich nicht mehr auf der Erde. Oder nicht mehr in der Zeit … Jetzt endlich begann Matthew Drax zu akzeptieren, was sein Geist sich so lange zu glauben geweigert hatte. Und er würde die Erkenntnis mit in den Tod nehmen. Schon sehr bald. Auch daran zweifelte er nicht mehr. Der Weißpelz umkreiste den Stein und redete in unverständlichen Zisch- und Fauchlauten. Irgendwann begann Matt zu verstehen, was Rraar von ihm wollte. Es war so simpel, dass Matt sich fragte, warum er es erst jetzt begriff. Rraar verlangte, dass Maddrax ihm mit seiner göttlichen Macht im Kampf gegen die Erzfeinde half. Gegen diese schuppengepanzerten Eulenwesen. Schließlich war er ein Gott, allmächtig in seinen Möglichkeiten. Matthew Drax befürchtete den Rattenkönig enttäuschen zu müssen. Und er fragte sich mit Grauen, welche Konsequenzen das wohl für ihn selbst haben würde … Der Frekkeuscher rührte sich nicht mehr. Auf die Knie des vorderen Beinpaares gestützt, hatte er seinen langen Kopf in den Schnee gesteckt. Er war erschöpft. Vollkommen erledigt. Wahrscheinlich würde er sterben. Am gestrigen Vormittag hatte Aruula das Tier bestiegen, um durch das Eisgebirge zu reiten, erst zum Höhlenversteck der Taratzen, dann zum Feuervogel und wieder zurück. Jetzt löste sich gerade die milchige Sonnenscheibe des neuen Tages von den Berggipfeln. Den schweren Behälter, den Aruula aus dem Thron des Feuervogels geborgen hatte,

schlimmere Bilder heraufbeschwören. Er machte sich nichts vor: Was ihm der König der<br />

Taratzen da präsentierte, war kein Privatzoo. Es war … die Speisekammer seines Stammes.<br />

Matts Magen drehte sich um. Er lehnte sich gegen die Höhlenwand. Die Stirn in den<br />

kühlen Lehm gepresst, atmete er ein paar Mal tief durch.<br />

Das Krächzen hinter ihm wurde lauter. Er drehte sich um. Der Taratzenkönig deutete in die<br />

Kuhle hinein, auf einen in Felle gehüllten Mann. Vier Taratzen stürzten sich in die Mulde<br />

und packten den Mann. Er schrie und schlug verzweifelt um sich, doch sie schleuderten<br />

ihn einfach aus der Mulde heraus.<br />

Rraar setzte ihm den Hinterlauf auf die Brust und zog ihm seine Knochenkeule über<br />

den Kopf. Der Mann verlor augenblicklich das Bewusstsein. Gnädigerweise. Denn im<br />

nächsten Moment beugte der Rattenkönig sich hinab und biss ihm mit einem schmatzendknirschenden<br />

Geräusch die Kehle durch.<br />

Das Entsetzen überfiel Matt wie ein Fieberschauer. Er wandte sich ab und übergab sich.<br />

Nachdem die weißpelzige Bestie ihren Hunger gestillt hatte, führten sie Matt aus der<br />

Höhle heraus. Er wankte neben dem munter krächzenden Rraar her und hatte Mühe, sich<br />

auf den Beinen zu halten.<br />

Plötzlich verstummte der Rattenkönig. Matt bemerkte, dass sich die Felle der Taratzen<br />

vor ihm sträubten. Vor einem auffallend hohen Höhleneingang blieben sie stehen. Die<br />

Fackelträger leuchteten hinein und fauchten, und Rraar stimmte ein wütendes Gekreische<br />

an.<br />

Er bedeutete Matt, in die Höhle hineinzuschauen. Matthew schluckte und beugte sich<br />

zwischen den beiden Fackelträgern durch. Der Lichtschein fiel auf einen schwarzbraunen<br />

Körper von der Masse eines Elefanten.<br />

„Bei Gott“, stöhnte Matt, „was ist das für ein Alptraum …?“ Er sah zwei Klauen wie die<br />

eines Raubvogels. Rostige Ketten verbanden sie mit zwei Holzpflöcken. Je zehn Schritte<br />

von dem Tier entfernt hatte man die Pflöcke in den Boden getrieben.<br />

Matt erkannte schuppenartiges Gefieder. Flügel hingen gebrochen auf den von Kotballen<br />

verschmutzten Boden. Gelbe Augen mit einem senkrechten schmalen Strich in der Mitte<br />

leuchteten über Matt.<br />

Eulenaugen, dachte er. Und das vom Fackelschein erleuchtete Vogelgesicht erinnerte<br />

Matt tatsächlich an eine Eule. Ein gekrümmter Schnabel ragte aus dem Schuppengesicht<br />

hervor.<br />

Matt wich in den Gang zurück. Mit einem Zipfel des Fellumhangs wischte er sich den<br />

kalten Schweiß von der Stirn. Er glaubte zu wissen, was Rraar ihm zeigen wollte: die<br />

Gattung seines Erzfeindes.<br />

Später gelangten sie in eine kuppelförmige Höhle. Viele Gänge mündeten in sie hinein,<br />

einer sogar oben in den höchsten Punkt der Kuppelwölbung. In der Mitte der Höhle stand<br />

ein quaderartiger Stein. Der König der Bestien schien ihn als Thron zu benutzen.

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