Stefan Holzhauer - Steampunk-Chroniken

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Die Steampunk-Chroniken Lillys Zukunft »Im Namen der Maschine und der Schwærkræft. Was machen Sie denn da?« Ein Machinaist hatte sich Johann genähert. Es war zu spät, um einfach wegzulaufen, und auch die überhebliche Arroganz der oberen Klasse, mit der Johann normalerweise auf Überraschungen zu reagieren pflegte, war hier nicht angebracht. Die Machinaisten waren die höchste Macht auf dem Schiff, selbst der Kapitän hatte sich ihrem Urteil zu beugen. Sie waren mehr als reine Mechaniker. Sie glaubten an die Maschine. Sie lebten für die Maschine. Das Schiff, die Maschine, das war ihre Religion. Sie hielten Gottesdienste ab, in denen der Maschine gehuldigt wurde. Und es wurde allen Passagieren geraten, bei den Messen anwesend zu sein. Sie waren die letzte Instanz, die Herren über Leben und Tod auf diesem Schiff. Sie waren eine Sekte, eine fundamentalistische Abart des überall aufkochenden Fortschrittsglaubens. Aber sie waren die einzigen gewesen, die den Auftrag angenommen hatten, diese Ladung voller Hoffnungsträger und Verzweifelter zu den Kolonien zu befördern. Johann nahm seinen schwarzen Hut vom Kopf, als ihn der Machinaist strafend anblickte. Der Maschinenpriester trug einen einfachen, ölverschmierten Overall, der jedoch eine Kapuze besaß, die die Machinaisten zu Gottesdiensten und zur Rechtsprechung über das Gesicht zogen. »Ich erbitte den Segen und die Gnade der Maschine und der Schwærkræft«, sagte Johann. »Möge es dir gewährt werden, von der Maschine und der Schwærkræft.«, beantwortete der Machinaist die übliche Grußformel. »Also«, sagte er streng. »Was haben Sie hier zu suchen? Auf diesem Deck besteht Lebensgefahr.« Sein roter Bart zitterte vor echter Entrüstung. 54

Die Steampunk-Chroniken Lillys Zukunft Johann sah wieder auf, blickte hinunter auf die Walzen und schaute dann dem Rotbärtigen wieder in die harten Augen. Ihm war eine Idee gekommen. »Das war mir bewusst, doch ich kam mit einem Anliegen, dass keinen Aufschub duldet. Ich erbitte den Beistand und die Segen der Maschine, denn ich möchte heiraten. Und zwar so schnell wie möglich.« * * * »Das kann ich nicht! Das ist unmöglich, Johnny! Eugene hat doch meine Papiere!« Lilly war ganz aufgeregt, als Johann ihr von seinem Plan berichtete. »Lilly, versteh doch, es gibt keinen anderen Weg. Ich dachte, du liebst mich?« Die junge Frau sah ihn entgeistert an, dann warf sie sich in seine Arme. »Das tue ich doch auch. Aber ich habe solche Angst. Was geschieht, wenn Eugene das herausfindet?« »Er darf es nicht bemerken. Stiehl' die Papiere und wir können heiraten.« »Aber warum so schnell?« »Ich will, dass du in Sicherheit bist. Für den Fall dass ich sterbe oder erwischt werde – du als meine Frau wirst ein sicheres Leben haben.« »Wieso bringst du ihn nicht einfach um, Johnny? Erwürge ihn, wie ein Mann. Oder schicke jemanden, der es für dich tut, du hast doch Geld!« »Ich werde niemanden töten! Ich kann es einfach nicht. Aber es wird einen anderen Weg geben. Vielleicht einen Unfall. Doch zuerst müssen wir heiraten. Vertraue mir.« 55

Die <strong>Steampunk</strong>-<strong>Chroniken</strong><br />

Lillys Zukunft<br />

Johann sah wieder auf, blickte hinunter auf die Walzen und<br />

schaute dann dem Rotbärtigen wieder in die harten Augen. Ihm<br />

war eine Idee gekommen.<br />

»Das war mir bewusst, doch ich kam mit einem Anliegen, dass<br />

keinen Aufschub duldet. Ich erbitte den Beistand und die Segen<br />

der Maschine, denn ich möchte heiraten. Und zwar so schnell wie<br />

möglich.«<br />

* * *<br />

»Das kann ich nicht! Das ist unmöglich, Johnny! Eugene hat<br />

doch meine Papiere!« Lilly war ganz aufgeregt, als Johann ihr von<br />

seinem Plan berichtete.<br />

»Lilly, versteh doch, es gibt keinen anderen Weg. Ich dachte,<br />

du liebst mich?«<br />

Die junge Frau sah ihn entgeistert an, dann warf sie sich in seine<br />

Arme. »Das tue ich doch auch. Aber ich habe solche Angst.<br />

Was geschieht, wenn Eugene das herausfindet?«<br />

»Er darf es nicht bemerken. Stiehl' die Papiere und wir können<br />

heiraten.«<br />

»Aber warum so schnell?«<br />

»Ich will, dass du in Sicherheit bist. Für den Fall dass ich sterbe<br />

oder erwischt werde – du als meine Frau wirst ein sicheres Leben<br />

haben.«<br />

»Wieso bringst du ihn nicht einfach um, Johnny? Erwürge ihn,<br />

wie ein Mann. Oder schicke jemanden, der es für dich tut, du hast<br />

doch Geld!«<br />

»Ich werde niemanden töten! Ich kann es einfach nicht. Aber<br />

es wird einen anderen Weg geben. Vielleicht einen Unfall. Doch<br />

zuerst müssen wir heiraten. Vertraue mir.«<br />

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