Stefan Holzhauer - Steampunk-Chroniken
Stefan Holzhauer - Steampunk-Chroniken Stefan Holzhauer - Steampunk-Chroniken
Die Steampunk-Chroniken Das Herz, der Schlund und das Blut her, in einen Nebengang hinein, konnte von dem Hund aber nichts entdecken. Die Wege verzweigten sich, er eilte zuerst den einen, dann den anderen entlang, folgte diesem bis zum Ende und fand sich schließlich in einem spärlich erleuchteten weiteren Gang wieder. »Precious?«, rief er versuchsweise. Von weither glaubte er ein Kläffen zu hören, das sich in der Ferne verlor. Er lief dem Geräusch nach, bis der Gang unvermittelt an einer steilen Treppe endete. »Precious? Komm zurück!« Noch während ihm klar wurde, dass der Hund unmöglich die schmalen Stufen überwunden haben konnte, klang es erneut in seinen Ohren. War das Tier vielleicht in seiner Panik gestürzt und lag dort unten? Behutsam kletterte Algernon rückwärts hinunter, tastete mit den Füßen nach dem kleinen Körper. Als unter seinem Tritt etwas Weiches aufquietschte, riss er das Bein hoch, strauchelte fast, klammerte sich an das Geländer. Zischelnd, schnatternd huschte es davon. Eine Ratte. Algernon schluchzte auf, er wusste selbst nicht, ob vor Erleichterung oder Enttäuschung. »Precious, bist du hier unten?« Der Gang, in den er nun geriet, war enger und dunkler als der erste. Er zog den Kopf ein und horchte. Das Geräusch hatte sich vervielfältigt. Aus mehreren Richtungen zugleich quiekte, schabte, kläffte es. Verwirrt drehte er sich im Kreis. »Precious, möchtest du einen Knochen? Ich will nicht geizig sein, ich serviere dir die ganze Baronin, wenn du brav herkommst.« 22
Die Steampunk-Chroniken Das Herz, der Schlund und das Blut Der Weg teilte sich wieder. Nach kurzem Zögern wählte Algernon den linken Gang. Gab es nicht einen Merksatz, mit dem man aus jedem Labyrinth wieder herausfand? Wenn man in einer festen Reihenfolge nach rechts und links abbog, konnte man nicht verloren gehen. Sollte er die schmalen Durchgänge mitzählen? Ein weiteres Mal stand er vor Stufen. Hinauf oder hinunter? Er hätte eine Münze geworfen, hätte er nicht befürchtet, dass er sie auf dem dunklen Boden niemals wiederfinden würde. »Hinunter!«, entschied er. »Wenn der Hund nicht auf magische Weise Flügel bekommen hat, ist es wahrscheinlicher, dass er auf dem Weg in die Tiefe ist.« Wieder kletterte er rückwärts die steile Stiege hinab, gab zischende Geräusche von sich, um Ratten zu vertreiben, rief und lockte, um den Hund zu einer Antwort zu bewegen, lief erneut einen niedrigen Gang entlang, der sich teilte und verzweigte, hielt schließlich inne und musste eingestehen, dass er sich hoffnungslos im Bauch des Schiffes verirrt hatte. »Precious? Irgendjemand?« Es roch nach ängstlichen Tieren. Er entsann sich der Menagerie, die an Bord gebracht worden war. Irgendwo hier unten mussten ihre Ställe sein, dunkel, eng und erschreckend. Außerdem roch es nach Öl und heißem Metall, nach verschwitzter Kleidung und zu vielen Menschen am selben Ort. Die Luft war feuchtwarm und abgestanden, er spürte, wie ihm das Hemd am Körper klebte. Eine Vielzahl von Geräuschen umgab ihn, ein Schnauben und Grunzen, das hoffentlich von den Tieren herrührte, ein Pfeifen und Stampfen, das zum Schiff selbst gehören mochte, darüber schwebten kurze, abgehackte Rufe. Menschen, immerhin. Wesen, mit denen er sich verständigen konnte und die ihm den Weg zurück zum Dinnersaal zeigen würden. Tief nach vorn gebeugt, um nicht an die niedrige Decke zu 23
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Die <strong>Steampunk</strong>-<strong>Chroniken</strong><br />
Das Herz, der Schlund und das Blut<br />
Der Weg teilte sich wieder. Nach kurzem Zögern wählte Algernon<br />
den linken Gang. Gab es nicht einen Merksatz, mit dem man<br />
aus jedem Labyrinth wieder herausfand? Wenn man in einer festen<br />
Reihenfolge nach rechts und links abbog, konnte man nicht<br />
verloren gehen. Sollte er die schmalen Durchgänge mitzählen?<br />
Ein weiteres Mal stand er vor Stufen. Hinauf oder hinunter? Er<br />
hätte eine Münze geworfen, hätte er nicht befürchtet, dass er sie<br />
auf dem dunklen Boden niemals wiederfinden würde.<br />
»Hinunter!«, entschied er. »Wenn der Hund nicht auf magische<br />
Weise Flügel bekommen hat, ist es wahrscheinlicher, dass er<br />
auf dem Weg in die Tiefe ist.«<br />
Wieder kletterte er rückwärts die steile Stiege hinab, gab zischende<br />
Geräusche von sich, um Ratten zu vertreiben, rief und<br />
lockte, um den Hund zu einer Antwort zu bewegen, lief erneut<br />
einen niedrigen Gang entlang, der sich teilte und verzweigte, hielt<br />
schließlich inne und musste eingestehen, dass er sich hoffnungslos<br />
im Bauch des Schiffes verirrt hatte.<br />
»Precious? Irgendjemand?«<br />
Es roch nach ängstlichen Tieren. Er entsann sich der Menagerie,<br />
die an Bord gebracht worden war. Irgendwo hier unten mussten<br />
ihre Ställe sein, dunkel, eng und erschreckend. Außerdem<br />
roch es nach Öl und heißem Metall, nach verschwitzter Kleidung<br />
und zu vielen Menschen am selben Ort. Die Luft war feuchtwarm<br />
und abgestanden, er spürte, wie ihm das Hemd am Körper klebte.<br />
Eine Vielzahl von Geräuschen umgab ihn, ein Schnauben und<br />
Grunzen, das hoffentlich von den Tieren herrührte, ein Pfeifen<br />
und Stampfen, das zum Schiff selbst gehören mochte, darüber<br />
schwebten kurze, abgehackte Rufe.<br />
Menschen, immerhin. Wesen, mit denen er sich verständigen<br />
konnte und die ihm den Weg zurück zum Dinnersaal zeigen würden.<br />
Tief nach vorn gebeugt, um nicht an die niedrige Decke zu<br />
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