Technische Universität Berlin - kd-visions
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3.4 Wieso nutzen Individuen bestimmte Räume und meiden andere?<br />
Nachdem aufgezeigt wurde, welche Art der Bewegung am Kreisverkehr stattfindet und wie<br />
Menschen diesen Raum wahrnehmen, werden die Ergebnisse nun zusammengebracht. Mit<br />
ihrer Hilfe soll nun erarbeitet werden, weshalb Individuen bestimmte Räume nutzen und<br />
andere Räume meiden.<br />
Um die Ursache für das Benutzen und Meiden bestimmter Räume zu untersuchen, erneut<br />
ein Blick zur Soziologie und dort besonders zu den Arbeiten von Emile DURCKHEIM, Anthony<br />
GIDDENS und Ullrich BECK.<br />
So selbstverständlich heutzutage ein jeder Mensch als eigenständiges Individuum begriffen<br />
wird, so selbstverständlich war ein Klassen- und Standesdenken bis in die erste Hälfte des<br />
Zwanzigsten Jahrhunderts. Menschen mit ähnlichen Besitz- oder Einkommensverhältnissen,<br />
beruflicher Qualifikation oder politischer Position wurden als Klasse innerhalb der Gesellschaft<br />
verstanden. Man ging davon aus, dass Individuen derselben Klasse im Laufe ihres Lebens<br />
ähnliche Erfahrungen machen würden, vor allem Karl MARX war überzeugter Vertreter<br />
und prägte den Begriff Klassenbewusstsein.<br />
Ab Mitte des Zwanzigsten Jahrhunderts begannen immer mehr Individuen, die Grenzen dieser<br />
Klassen- und Schichtenstruktur als schwammig und diffus wahrzunehmen. Jedoch begann<br />
nicht ein Prozess der Homogenisierung, sondern entgegengesetzt dazu, eine weitere<br />
Differenzierung der Gruppen an Individuen, eine Individualisierung. Die gesellschaftliche<br />
Dreiteilung Ober-, Mittel- und Unterschicht reichte längst nicht mehr aus, um die Gesellschaft<br />
zu kategorisieren, was nebenbei auch überhaupt nicht mehr erwünscht war.<br />
Heutzutage lassen sich folgende Veränderungen innerhalb der Gesellschaftsstruktur feststellen.<br />
<br />
<br />
<br />
Klassen und Schichten verschwinden mehr und mehr aus dem Bewusstsein der<br />
Gesellschaft, Identifikation entsteht durch andere Prozesse<br />
Das Individuum entwickelt sich individuell, eine Zuordnung von Handlungen und<br />
Interessen durch einen Stand in der Gesellschaft entfällt<br />
Anstelle der horizontalen Differenzierung treten Prozesse der vertikalen Differenzierung<br />
in der Gesellschaft<br />
Als Ursachen, sind nach BECK, der zunehmende Zwang zur reflexiven Lebensführung zusammen<br />
mit einer Steigerung der Bildung. Also eine weitere Zunahme der Pluralisierung der Lebensstile.<br />
Mit einer Pluralisierung ist hier das friedliche Nebeneinander einer Vielzahl von Interessen,<br />
Lebensstilen und Ansichten gemeint. Konflikte innerhalb der Gesellschaft sind immer seltener<br />
Konflikte zwischen Ständen oder Klassen, sondern häufiger zwischen Gruppen, die sich<br />
themenspezifisch bilden, um ihre Interessen zu vertreten.<br />
Allgemein gibt es in der Gesellschaft kaum noch Differenzen zwischen verschiedenen Klassen,<br />
sondern vielmehr zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen wie beispielsweise<br />
Frauen und Männern, Jung und Alt sowie Einheimischen und Ausländern.<br />
Die Liste der Konfliktgruppen lässt sich nahezu beliebig erweitern, auch dies ist eine Folge<br />
der Individualisierung der Gesellschaft.<br />
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