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Wissenschaft Spezial<br />

Das Getriebe für Windenergieanlagen im<br />

Fokus der nationalen und internationalen Normung<br />

Dipl.-Ing. R. Grzybowski, Dr.-Ing. K. Steingröver, Germanischer Lloyd, Hamburg<br />

Zusammenfassung<br />

Zur Gewährleistung der Betriebssicherheit<br />

von Getrieben für Windenergieanlagen<br />

(WEA) sind in den letzten Jahren nationale<br />

und internationale Normen und Richtlinien<br />

entstanden. Diese Normen und<br />

Richtlinien sind aber nicht als Ersatz für anerkannte<br />

Normen wie die ISO 6336 (Tragfähigkeitsberechnung<br />

von Stirnrädern) oder<br />

die ISO 281 (Lebensdauerberechnung von<br />

Lagern) gedacht. Vielmehr enthalten sie<br />

feste Regeln (z. B. zur Bestimmung der<br />

Breitenlastverteilung bei Stirnrädern) und<br />

Vorgaben (z. B. Mindestsicherheiten) zur<br />

Anwendung dieser Normen, um diese an<br />

die Verhältnisse von Getrieben für WEA anzupassen.<br />

Für die Tragfähigkeitsnachweise<br />

von Bauteilen, für die keine genormten Regeln<br />

existieren (z.B. Strukturkomponenten),<br />

wird hingegen die Vorgehensweise<br />

(z. B. mittels der FEM) einschließlich der<br />

Randbedingungen (Lasten, Kerbwirkung,<br />

Werkstoffkennwerte, Vergleichsspannungshypothesen,<br />

partielle Sicherheitsfaktoren<br />

etc.) genau vorgegeben.<br />

Zukünftig wird das Getriebe nicht mehr<br />

isoliert, sondern als Teil des gesamten Antriebsstrangs<br />

betrachtet werden, dessen<br />

Betriebssicherheit nicht mehr nur allein<br />

mit den Tragfähigkeitsnachweisen der<br />

einzelnen Bauteile beschrieben werden<br />

kann. Die Betriebssicherheit wird deshalb<br />

verstärkt zusätzlich anhand der Ergebnisse<br />

der dynamischen Simulationen des gesamten<br />

Antriebsstrangs beurteilt werden.<br />

Die Vorgehensweise bei derartigen Simulationen<br />

ist somit ein wichtiger Punkt bei<br />

der Weiterentwicklung der Normen und<br />

Richtlinien im Bereich der Windenergieanlagen.<br />

1. Einleitung – Anforderungen an<br />

Getriebe für WEA<br />

Windenergieanlagen (WEA) sind Kraftwerke,<br />

die bestimmten Sicherheitsansprüchen<br />

genügen müssen. Die Hauptunterschiede<br />

von Getrieben für WEA im<br />

Vergleich zu Industriegetrieben sind die<br />

Übersetzung ins Schnelle sowie das Fehlen<br />

eines soliden Fundaments. Getriebe für<br />

WEA müssen dabei höchste Verfügbarkeit<br />

während des Betriebs (im Normalfall 20<br />

Jahre) gewährleisten. Dabei sind sie hohen<br />

dynamischen Beanspruchungen ausgesetzt.<br />

Kostengünstige und leichte Bauweise<br />

sind weitere Anforderungen an derartige<br />

Getriebe.<br />

Die Anforderungen an Getriebe für WEA<br />

sind durch ihre Randbedingungen gekennzeichnet.<br />

Sie lassen sich in äußere und innere<br />

Randbedingungen unterteilen.<br />

Die äußeren Randbedingungen sind:<br />

· unterschiedliche Klimabedingungen<br />

(Temperatur, Feuchtigkeit ...)<br />

· wechselnde Windgeschwindigkeiten und<br />

Windrichtungen<br />

· Windturbulenzen<br />

· häufiges Starten und Abschalten<br />

(Bremsen)<br />

· Stillstand<br />

Die inneren Randbedingungen sind:<br />

· hohes Übersetzungsverhältnis ins<br />

Schnelle<br />

· vorgegebener Bauraum<br />

· hohe Belastungen der einzelnen<br />

Komponenten<br />

· hohe Anforderungen an Konstruktion,<br />

Werkstoffe und Qualität<br />

· geringe Geräuschemissionen<br />

2. Bauteilanforderungen<br />

Die in der ISO/IEC81400-4 (AGMA 6006)<br />

beschriebenen Anforderungen basieren<br />

auf einem regen Erfahrungsaustausch<br />

zwischen allen Beteiligten. Schon im Vorwort<br />

zu dieser Norm heißt es, dass sich der<br />

Betrieb und die Beanspruchung des Getriebes<br />

für Windenergieanlagen nicht mit<br />

anderen industriellen Anwendungen vergleichen<br />

lassen. Der Zweck dieser Norm ist<br />

es, die Unterschiede zu beschreiben.<br />

In dieser Norm werden zum einen die<br />

Anforderungen an das Getriebe als Ganzes<br />

dargestellt, zum anderen die Anforderungen<br />

an die einzelnen Bestandteile<br />

wie z. B. Verzahnungen, Lager, Wellen, etc.<br />

beschrieben. Für die Festigkeits- und Lebensdauernachweise<br />

wird dabei, soweit<br />

möglich, auf bewährte internationale und<br />

nationale Normen (z. B. ISO 6336:2006 für<br />

Stirnräder, ISO 281:2007 für Lager und DIN<br />

743 für Wellen etc.) zurückgegriffen, wobei<br />

die jeweiligen Rechenverfahren durch feste<br />

Vorgabe der Randbedingungen auf die<br />

Verhältnisse von Getrieben für WEA angepasst<br />

wurden.<br />

2.1. Anforderungen an Stirnräder<br />

In Bild 1 sind die Tragfähigkeitsgrenzen<br />

für vergütete bzw. einsatzgehärtete Stirnräder<br />

dargestellt. Neben den klassischen<br />

Tragfähigkeitsgrenzen Grübchen und<br />

Zahnbruch, für die international genormte<br />

Berechnungsverfahren zur Verfügung stehen<br />

(siehe [8]), können andere Grenzen<br />

wie z. B. Graufleckigkeit, Fressen oder<br />

Verschleiß maßgebend sein, für die bisher<br />

jedoch keine international genormten Berechnungsverfahren<br />

existieren.<br />

Bild 1: Tragfähigkeitsgrenzen für Stirnräder aus Vergütungsstahl<br />

bzw. Einsatzstahl (nach [7])<br />

Die Tragfähigkeit von Stirnrädern wird<br />

allgemein anhand der ISO 6336 [8] nachgewiesen.<br />

Die insbesondere in der Anfangszeit<br />

der WEA vermehrt aufgetretenen<br />

Verzahnungsschäden haben jedoch gezeigt,<br />

dass bei der Anwendung der ISO<br />

6336 bzw. der Vorgängerversionen bei<br />

vielen Faktoren für Getriebe in WEA zu<br />

viel Interpretationsspielraum vorhanden<br />

ist. Aus diesem Grund wurden in die<br />

Windkraftnormen gezielt Vorschriften zur<br />

Anwendung der ISO 6336 aufgenommen,<br />

die diesen Interpretationsspielraum einengen.<br />

Die Ausfallrate von Verzahnungen,<br />

die die Randbedingungen z. B. der AGMA<br />

6006 erfüllen, ist deutlich niedriger als die<br />

von Getrieben, die gemäß ISO 6336 unter<br />

Ausnutzung des Interpretationsspielraums<br />

ausgelegt wurden. Das Zusammenwirken<br />

zwischen den Windkraftnormen und der<br />

Tragfähigkeitsnorm ISO 6336 ist in Bild 2<br />

dargestellt.<br />

Bild 2: Zusammenwirken der Windkraftnormen mit der ISO<br />

6336 (hier IEC 61400-4)<br />

beaufort 6 1/2008

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