Auf höchstem Niveau - GL Group
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Im Test: der kleine Prototyp und das Errichterschiff im Wellenkanal.<br />
Angetrieben wird die „Wind Lift I“ durch<br />
vier schwenkbare Ruderpropeller, die über<br />
jeweils 1.520 kW Leistung verfügen. Ausgelegt<br />
ist das Schiff, so Baraev, für eine Wassertiefe<br />
von 45 Metern; außerdem verfügt es<br />
über vier Füße oder Hubbeine: Hat es seine<br />
exakte Position erreicht, werden diese vier<br />
Beine auf den Meeresboden abgesenkt.<br />
Dann ist die „Wind Lift I“ kein Schiff mehr,<br />
sondern eine gut verankerte Arbeitsplattform,<br />
unabhängig vom Wellengang. „Dies<br />
ist“, so der Ingenieur, „eine der wichtigsten<br />
Ideen bei der Konstruktion gewesen.“ Das<br />
Deck der Plattform befindet sich dann mehr<br />
als zehn Meter über dem Wasserspiegel.<br />
Ist die „Wind Lift I“ feststehend, kann mit<br />
der Arbeit sofort begonnen werden. Der<br />
Hauptkran der Plattform – bei einer Auslegung<br />
von 31 Metern – hebt maximal 500<br />
Tonnen auf eine Höhe von 125 Metern. Neben<br />
einem zweiten, kleineren Kran befindet<br />
sich auch eine schwere Ramme zum Setzen<br />
der Fundamentpfähle an Bord. Alles in<br />
allem soll die Plattform rund 102 Meter lang<br />
und 36 Meter breit sein. Sie verfügt über ein<br />
Helikopterdeck für den Personentransfer<br />
sowie Unterkünfte für bis zu 50 Personen.<br />
Ihr Gesamtgewicht beträgt ungefähr 8.000<br />
Tonnen.<br />
„Wind Lift I“ wird nach den Bauvorschriften<br />
und Richtlinien des Germanischen Lloyd<br />
klassifiziert. „Eine der besonderen Schwierigkeiten<br />
bei der Lastenberechnung betrifft“,<br />
so Jochen Künzel vom Germanischen<br />
Lloyd, „die Vorbelastung der Beine, auch<br />
preload genannt: Nehmen wir den Fall, der<br />
Kran hätte ein 500 Tonnen schweres Teil<br />
am Haken, gleichzeitig drücken Wind und<br />
Wellen von einer ungünstigen Seite auf die<br />
Anlage. Die Plattform bekäme ein Kippmoment,<br />
die Beine der einen Seite würden<br />
mehr belastet als die auf der anderen Seite.“<br />
Daher ist es entscheidend, die maximale<br />
Last, die ein einzelnes Bein möglicher-<br />
weise einmal aushalten<br />
muss, zu berechnen<br />
und zu kennen.<br />
Diese Vorbelastung<br />
der Beine spielt auch<br />
in der Praxis eine<br />
wichtige Rolle: Jedes<br />
Mal, wenn die „Wind Lift I“ an einem neuen<br />
Installationsplatz aufgestellt wird und noch<br />
bevor sie ihre endgültige Höhe erreicht hat,<br />
wird ein preload durchgeführt. Dabei wird<br />
mit Hilfe der Hydrauliksysteme ein Bein<br />
nach dem anderen so fest wie möglich in<br />
den Meeresboden gedrückt. So wird die<br />
maximale Last evaluiert. „Diese Berechnungen<br />
der Vorbelastung“, sagt Künzel,<br />
„sind erforderlich, da niemand die exakte<br />
Tragfähigkeit des Meeresbodens an dem<br />
jeweiligen <strong>Auf</strong>stellungsort kennt. Mit dem<br />
preload wird die erforderliche Tragfähigkeit<br />
quasi durch einen Test bestätigt.“<br />
Im Bau: die Wohneinheit der „Wind Lift I”<br />
Die Installation der Windenergieanlagen<br />
soll nach den Visionen der Bard-Ingenieure<br />
in zwei Phasen erfolgen: Da der <strong>Auf</strong>bau<br />
der Fundamente wenig anfällig für Sturm<br />
und Wellengang ist, ist er praktisch zu jeder<br />
Jahreszeit möglich. Ein Ponton bringt die<br />
drei Fundamentpfähle und das Stützkreuz<br />
an den <strong>Auf</strong>stellungsort und die Segmente<br />
werden mit Hilfe des Hauptkrans auf die<br />
Plattform gehievt. An dieser Stelle taucht<br />
eine weitere technische Herausforderung<br />
auf: Würde man die Pfähle kurzerhand in<br />
den Meeresboden rammen, träfe man wegen<br />
des Wellenschlags und der Strömungsbedingungen<br />
nie die vorgesehenen Installationspunkte.<br />
Daher ist auf dem Schiff ein<br />
Führungsrahmen mit so genannten Grippern,<br />
also Halterungen, angebracht: In Verbindung<br />
mit einem GPS-System ermöglicht<br />
dieser Rahmen eine exakte Positionierung<br />
der Gründungspfähle zueinander. Der Kran<br />
nimmt die Rohre auf und lässt sie langsam<br />
bis zum Grund der Nordsee hinab. Per Hydraulik<br />
werden die Pfähle durch die Gripper<br />
auf Position gehalten, etwaige Schrägstellungen<br />
werden so auf wenige, tolerable<br />
Zentimeter minimiert. Allein durch ihr<br />
Eigengewicht drücken sich die Pfähle zunächst<br />
mehr als zwei Meter tief in den Sand.<br />
Dann setzt der Kran die 275 Tonnen schwere<br />
Ramme auf und treibt die Pfähle bis etwa<br />
30 Meter tief in den Boden.<br />
„Sind die Pfähle installiert, wird das Stützkreuz<br />
angebracht“, erklärt Baraev. „Das<br />
Konzept ist sehr gut<br />
durchdacht und<br />
unsere Konstruktion<br />
ist sehr einfach.“<br />
Die Tür-me, Gondeln<br />
und Rotoren<br />
können jedoch nur<br />
in den windstillen<br />
Sommermonaten<br />
montiert werden.<br />
„Alles in allem“,<br />
sagt Baraev, „ist es<br />
ein entscheidender<br />
Vorteil der ‚Wind<br />
Lift I‘, dass sie auch bei ungünstigen Witterungsbedingungen<br />
einsetzbar ist.“ Selbst<br />
bei Wellen von fünf Metern Höhe und einer<br />
Windgeschwindigkeit von 14 Metern pro<br />
Sekunde stellt die Plattform eine sichere<br />
und effiziente Arbeitsbühne dar.<br />
Gebaut wird das Kranschiff derzeit auf der<br />
zur estnischen BLRT-Gruppe gehörenden<br />
Werft PC Western Shipbuilding Yard im litauischen<br />
Klaipeda. Zum Einsatz kommen<br />
soll es erstmals 2009, wenn mit den <strong>Auf</strong>bauarbeiten<br />
an „BARD Offshore 1“ begonnen<br />
wird. Aber auch nach der Inbetriebnahme<br />
des ersten Windparks übernimmt das Schiff<br />
wichtige Funktionen, da es wegen eines geringen<br />
Tiefgangs (maximal 3,6 Meter) bei<br />
der Schwerlastverladung im Hafen eingesetzt<br />
werden kann oder bei der Instandhaltung<br />
und auch bei Störfällen. Zukünftig<br />
wird BARD Engineering sein Know-how<br />
auch anderen, im Offshore-Bereich tätigenden<br />
Firmen anbieten: „Wir sind ein<br />
Windenergieanlagenhersteller mit einem<br />
eigenen Servicekonzept”, erklärt Baraev.<br />
Auch dieses Servicekonzept ist verblüffend<br />
simpel: Steht eine größere Instandhaltungsmaßnahme<br />
bei einer Windenergieanlage<br />
an, wird kurzerhand die komplette Gondel<br />
ausgewechselt. Dies spart die Kosten für<br />
teure Offshore-Reparaturarbeiten. ■<br />
Weitere Informationen<br />
Jochen Künzel<br />
Vertrieb und Projekte<br />
Telefon: +49 40 36149-7424<br />
jochen.kuenzel@gl-group.com<br />
Foto: © public emotions<br />
beaufort 6 1/2008