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§5 - II. Grundsätze in sozialen Angelegenheiten - Universität Tübingen

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§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

<strong>II</strong>. <strong>Grundsätze</strong> der Mitbestimmung <strong>in</strong> <strong>sozialen</strong><br />

<strong>Angelegenheiten</strong><br />

1. Verhältnis von § 77 Abs. 3 und § 87 Abs. 1 BetrVG<br />

2. Sicherung kollektiver Verteilungs- und<br />

Behandlungsgerechtigkeit<br />

3. Leistungs- bzw. Betriebsbeziehung<br />

Fall 12: Lohnerhöhung<br />

4. „Freiwillige“ Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />

Fall 13: Freibier für alle?!<br />

5. Grenzen der Mitbestimmung<br />

Fall 14: Sonntagsöffnung<br />

§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

<strong>II</strong>. <strong>Grundsätze</strong> <strong>in</strong> <strong>sozialen</strong> <strong>Angelegenheiten</strong><br />

24 | Prof. Dr. Hermann Reichold © 2012 <strong>Universität</strong> Tüb<strong>in</strong>gen


§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

<strong>II</strong>. <strong>Grundsätze</strong> <strong>in</strong> <strong>sozialen</strong> <strong>Angelegenheiten</strong><br />

1. Verhältnis von § 77 <strong>II</strong>I und § 87 I 1 BetrVG (1)<br />

§ 87 I 1 BetrVG<br />

Mitbestimmung des BR nach § 87 I 1 BetrVG:<br />

<br />

⇨<br />

„soweit e<strong>in</strong>e gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht“.<br />

Voraussetzungen <strong>in</strong> Bezug auf tarifliche Regelung:<br />

1. Vorliegen e<strong>in</strong>es räumlich und sachlich anwendbaren TV<br />

2. Tarifb<strong>in</strong>dung des Arbeitgebers<br />

3. TV muss abschließende und zw<strong>in</strong>gende Regelung enthalten<br />

⇨<br />

⇨<br />

d.h. ke<strong>in</strong> Raum für ergänzende Regelung<br />

d.h. Schutzzweck durch TV verwirklicht<br />

4. Deshalb: Ke<strong>in</strong> lediglich nachwirkender TV<br />

5. Ke<strong>in</strong>e Zuweisung von Regelungsbefugnissen durch TV-Parteien an<br />

Betriebsparteien<br />

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§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

<strong>II</strong>. <strong>Grundsätze</strong> <strong>in</strong> <strong>sozialen</strong> <strong>Angelegenheiten</strong><br />

1. Verhältnis von § 77 <strong>II</strong>I und § 87 I 1 BetrVG (2)<br />

§ 87 I 1 BetrVG<br />

<br />

Sofern Voraussetzungen 1 – 5 nicht erfüllt s<strong>in</strong>d:<br />

⇨<br />

⇨<br />

Erzw<strong>in</strong>gbare Mitbestimmung des BR gemäß Katalog des § 87 I BetrVG<br />

Ggfs. E<strong>in</strong>igungsstelle nach § 87 <strong>II</strong> BetrVG<br />

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§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

<strong>II</strong>. <strong>Grundsätze</strong> <strong>in</strong> <strong>sozialen</strong> <strong>Angelegenheiten</strong><br />

1. Verhältnis von § 77 <strong>II</strong>I und § 87 I 1 BetrVG (3)<br />

§ 77 <strong>II</strong>I BetrvG<br />

<br />

Voraussetzungen:<br />

1. Regelung von Arbeitsentgelten und sonstigen Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen durch<br />

TV<br />

2. schon die „üblicherweise“ bestehende Regelung sperrt BV<br />

⇨<br />

d.h. wenn überhaupt für den räumlichen, betrieblichen und<br />

fachlichen Geltungsbereich des Betriebes Tarifverträge über<br />

die jeweiligen Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen abgeschlossen wurden.<br />

27 | Prof. Dr. Hermann Reichold © 2012 <strong>Universität</strong> Tüb<strong>in</strong>gen


§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

<strong>II</strong>. <strong>Grundsätze</strong> <strong>in</strong> <strong>sozialen</strong> <strong>Angelegenheiten</strong><br />

1. Verhältnis von § 77 <strong>II</strong>I und § 87 I 1 BetrVG (4)<br />

§ 77 <strong>II</strong>I BetrvG<br />

<br />

Es sei denn:<br />

1. Mitbestimmungspflichtige Angelegenheit nach § 87 I 1 BetrVG<br />

Nach der neueren Rspr. des BAG gilt die Regelungssperre des § 77 <strong>II</strong>I<br />

BetrVG nicht für mitbestimmte, d.h. nach § 87 <strong>II</strong> BetrVG im Streitfall<br />

durch die E<strong>in</strong>igungsstelle erzw<strong>in</strong>gbare BV („Vorrangtheorie “ des<br />

BAG; ke<strong>in</strong>e „Zwei-Schranken-Lösung“)<br />

2. Ausdrückliche Zulassung des Abschlusses ergänzender<br />

Betriebsvere<strong>in</strong>barungen durch den TV<br />

⇨<br />

Sog. tarifliche Öffnungsklauseln<br />

28 | Prof. Dr. Hermann Reichold © 2012 <strong>Universität</strong> Tüb<strong>in</strong>gen


§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

I. Allgeme<strong>in</strong>e Grundlagen der betrieblichen Mitbestimmung<br />

2. Sicherung kollektiver Verteilungs- und<br />

Behandlungsgerechtigkeit (1)<br />

Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Grundsätze</strong> des § 87 BetrVG<br />

<br />

<br />

Kernstück der betrieblichen Mitbestimmung<br />

Echtes Mitbestimmungsrecht<br />

Betrifft grds. nur Maßnahmen mit kollektiver Wirkung<br />

(„Teilhabefunktion“ nur für Belegschaftsangelegenheiten)<br />

<br />

<br />

<br />

□<br />

Ausnahme: § 87 I Nr. 5 und 9 BetrVG („Ausgleichsfunktion“)<br />

Beachtlich auch <strong>in</strong> Eilfällen (anders allenfalls <strong>in</strong> Notfällen)<br />

Zw<strong>in</strong>gender Charakter des § 87 BetrVG<br />

Gesetzes- und Tarifvorbehalt (§ 87 I E<strong>in</strong>gangssatz BetrVG)<br />

29 | Prof. Dr. Hermann Reichold © 2012 <strong>Universität</strong> Tüb<strong>in</strong>gen


§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

I. Allgeme<strong>in</strong>e Grundlagen der betrieblichen Mitbestimmung<br />

2. Sicherung kollektiver Verteilungs- und<br />

Behandlungsgerechtigkeit (2)<br />

Ausübung des Mitbestimmungsrechts<br />

<br />

Vorherige Zustimmung des Betriebsrats notwendig<br />

⇨<br />

Betriebsvere<strong>in</strong>barung oder Regelungsabrede<br />

(vgl. <strong>in</strong>sb. § 77 BetrVG)<br />

<br />

Grds. Initiativrecht des Betriebsrats<br />

<br />

Grds. Vetorecht des Betriebsrats<br />

30 | Prof. Dr. Hermann Reichold © 2012 <strong>Universität</strong> Tüb<strong>in</strong>gen


§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

I. Allgeme<strong>in</strong>e Grundlagen der betrieblichen Mitbestimmung<br />

2. Sicherung kollektiver Verteilungs- und<br />

Behandlungsgerechtigkeit (3)<br />

Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung des Mitbestimmungsrechts<br />

<br />

Individualrechtliche Ebene:<br />

„Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung“<br />

■ E<strong>in</strong>seitige AG-Anordnung grds. unwirksam<br />

■ E<strong>in</strong>schränkungen im E<strong>in</strong>zelfall je nach der Art der Maßnahme nötig<br />

□ Bsp. Überstunden, Kurzarbeit, Auswirkungen auf Dritte<br />

□ Bsp. E<strong>in</strong>seitige Entgeltzahlung ohne MB<br />

31 | Prof. Dr. Hermann Reichold © 2012 <strong>Universität</strong> Tüb<strong>in</strong>gen


§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

I. Allgeme<strong>in</strong>e Grundlagen der betrieblichen Mitbestimmung<br />

2. Sicherung kollektiver Verteilungs- und<br />

Behandlungsgerechtigkeit (4)<br />

Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung des Mitbestimmungsrechts<br />

<br />

Kollektivrechtliche Ebene:<br />

■ Unterlassungsanspruch des BR aus<br />

§§ 1004 I, 823 <strong>II</strong> BGB i.V.m. § 87 I; § 23 <strong>II</strong>I steht nicht entgegen<br />

(h.M. seit BAG v. 3.5.1994 = AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 23)<br />

32 | Prof. Dr. Hermann Reichold © 2012 <strong>Universität</strong> Tüb<strong>in</strong>gen


Nr. 1<br />

Nr. 2<br />

Nr. 3<br />

Nr. 4<br />

Nr. 5<br />

Übersicht:<br />

Mitbestimmungspflichtige <strong>Angelegenheiten</strong> gem. § 87 I Nr. 1 - 7<br />

Mitbestimmungspflichtig: Ordnungsverhalten der AN<br />

Mitbestimmungsfrei: Arbeitsverhalten der AN<br />

Problematisch: Betriebsbußen!<br />

Lage, nicht Umfang der Arbeitszeit<br />

Vorübergehende Änderung der betriebsüblichen Arbeitszeit:<br />

⇨ Anordnung von Kurzarbeit / Mehrarbeit (Überstunden)<br />

Auszahlung aller geldwerten Leistungen des AG:<br />

z.B. Beteiligung an Kontoführungsgebühren<br />

Urlaubsregelungen<br />

⇨ auch E<strong>in</strong>zelregelungen<br />

Nr. 6 Entscheidend ist i.d.R. nur die objektive Eignung der E<strong>in</strong>richtungen zur<br />

Überwachung der AN<br />

Nr. 7<br />

§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

<strong>II</strong>. <strong>Grundsätze</strong> <strong>in</strong> <strong>sozialen</strong> <strong>Angelegenheiten</strong><br />

2. Sicherung kollektiver Verteilungs- und<br />

Behandlungsgerechtigkeit (5)<br />

Arbeitssicherheit (vgl. auch §§ 89 ff.): setzt Regelungsspielraum des ArbGeb.<br />

voraus<br />

33 | Prof. Dr. Hermann Reichold © 2012 <strong>Universität</strong> Tüb<strong>in</strong>gen


§ 5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats<br />

<strong>II</strong>. <strong>Grundsätze</strong> <strong>in</strong> <strong>sozialen</strong> <strong>Angelegenheiten</strong><br />

2. Sicherung kollektiver Verteilungs- und<br />

Behandlungscharakter (6)<br />

Übersicht:<br />

Mitbestimmungspflichtige <strong>Angelegenheiten</strong> gem. § 87 I Nr. 8 - 13<br />

Nr. 8 Soziale<strong>in</strong>richtungen: E<strong>in</strong>richtungen, die den AN zusätzliche Vorteile gewähren<br />

sollen<br />

⇨ MBR betrifft nicht „Ob“, sondern nur „Wie“<br />

Nr. 9<br />

Nr. 10<br />

Nr. 11<br />

Nr. 12<br />

Nr. 13<br />

Werkwohnungen; auch E<strong>in</strong>zelregelungen<br />

Innerbetriebliche Lohngerechtigkeit – „Topf“- Theorie<br />

⇨ Angemessenheit und Durchschaubarkeit („Strukturformen des Entgelts“)<br />

⇨ nicht aber Lohnhöhe als solche!<br />

■ Komplett-MB bei nicht tarifgebundenem ArbGeb.,<br />

dazu krit. Reichold, BB 2009, 1470<br />

■ Komplett-MB bei (auch tarifl.) „Vergütungsordnungen“,<br />

dazu krit. Reichold, FS Picker, 2010, S. 1079<br />

Bemessungsfaktoren leistungsbezogener Entgelte<br />

Generelle Regelung für betriebliches Vorschlagswesen<br />

<strong>Grundsätze</strong> über Durchführung von Gruppenarbeit<br />

34 | Prof. Dr. Hermann Reichold © 2012 <strong>Universität</strong> Tüb<strong>in</strong>gen

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