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Akademische Vorlesungen über das Neue ... - Licht und Recht

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6 Vorwort.<br />

Martyriums, <strong>und</strong> davor sollten wir Weichlinge uns tief beugen. Wir weisen hier auch <strong>das</strong> Lob<br />

Zwinglis aus dem M<strong>und</strong>e der Liberalen zurück, die Bibel <strong>und</strong> Geschichte für ihre selbsterf<strong>und</strong>enen<br />

religiösen Systeme fälschen.<br />

Es ist doch gut, <strong>das</strong>s Treitschke bei seiner Lutherrede es ausgesprochen hat: Um die Mitte des<br />

sechzehnten Jahrh<strong>und</strong>erts kam <strong>über</strong> den lutherischen Zweig des deutschen Protestantismus eine lange<br />

Zeit unheilvoller Erstarrung – nur der Heldenmut seiner tatkräftigeren Schwesterkirche, nur der<br />

Kampf der Calvinisten gegen die spanische Krone bewahrte damals <strong>das</strong> verkommene Luthertum<br />

vor dem sicheren Untergange. Die reformierte Kirche war <strong>über</strong>all die Retterin des Protestantismus<br />

auch in Deutschland, wie die Brandenburger <strong>und</strong> andere Fürsten beweisen. (Vergl. <strong>das</strong> Gedächtnissbuch<br />

von Cuno).<br />

Unsere Zeit baut nicht auf, sondern zerstört. Dieser Gedanke bewegt uns Reformierte in<br />

Deutschland immer, wenn wir den ernstlichen Versuch von Dr. Kuyper in Holland beobachten, eine<br />

reformierte Universität auf calvinistischer Gr<strong>und</strong>lage hinzustellen. Die Verwirrung in Holland, die<br />

Maßlosigkeit der Kritik ist dort noch viel größerer als in Deutschland, je leidenschaftlicher <strong>und</strong> zäher<br />

man in Allem ist, je teilnehmender auch <strong>und</strong> erweckter für kirchliche Fragen. Möge dem begabten<br />

<strong>und</strong> eifrigen Führer nicht eine schwere Enttäuschung zuteil werden; möge er seine Wünsche <strong>und</strong><br />

Ziele so niedrig wie möglich stellen – denn wir stehen <strong>über</strong>all auf Triebsand – <strong>und</strong> da kann man<br />

nichts erzwingen. Die Verborgenheit Dr. Kohlbrügges in Deutschland, der dunkle Weg seiner Gemeine<br />

haben mir den Beweis geliefert, auf wie geringe Dinge in diesem Jahrh<strong>und</strong>ert die Absichten<br />

Gottes gerichtet sind. Beschränkung <strong>und</strong> Bescheidung im Kleinen ist heute unsere Pflicht.<br />

_______________<br />

Indem der Psalmist die Herrlichkeit des Herrn auf der ganzen Erde beschreiben will, sagt er, <strong>das</strong>s dieselbe so<br />

groß sei, <strong>das</strong>s auch der Himmel von derselben widerstrahle, denn gerade dort, wo der Mensch am nichtigsten erscheine<br />

als Säugling, gehe von ihm eine Verherrlichung Gottes aus. Wenn man freilich die Herrlichkeit der Himmel<br />

<strong>und</strong> der Gestirnwelt betrachte, erscheine vor unseren Augen der Mensch in seiner ganzen Nichtigkeit <strong>und</strong> Erbärmlichkeit.<br />

Der Psalmist denkt nicht an den Menschen, den Gott einst in seinem Bilde erschaffen hatte, <strong>und</strong> der als solcher<br />

alle Schöpfung Gottes an Herrlichkeit <strong>über</strong>traf, denn er war in dieser Stellung der Sohn Gottes, sondern er<br />

denkt an den Menschen, wie er jetzt in der Wirklichkeit ist; darum nennt er den Menschen Änosch, d. i. den leiblich<br />

<strong>und</strong> geistig schwerkranken (Rivetus: in statu priori homo non possit dici mortalis et miser, quod voce Aenosch notatur,<br />

neque tam abjecte debuerit in tanta gloria de eo loqui Propheta. Geyer: Voci huic respondet σάρξ.), den boshaften<br />

bei allem Elend (Ps. 9,20; 56,2), <strong>das</strong> verächtliche <strong>und</strong> gemeine Nichts; er nennt ihn Ben-Adam (Geier: Hominem<br />

hic vocat filium hominis per contemptum.), weil man von ihm als dem Sohn des Menschen von vornherein weiß,<br />

was er ist <strong>und</strong> was er treibt, wie denn der Name Sohn des Menschen nach Bengel male audit in Scriptura sacra. Dass<br />

in unseren Worten der Mensch in seiner sündhaften Erbärmlichkeit aufgefasst wird, beweist unbedingt die Parallelstelle<br />

144,3 <strong>und</strong> mit <strong>Recht</strong> führt Hupfeld auch in vollem Gegensatz gegen seine eigene falsche Erklärung Hiob 7,17<br />

an. In dem Mah liegt auch die staunende Geringschätzung des Menschen. Ja gegen<strong>über</strong> der Pracht der Gestirnwelt<br />

steht der ganz kranke Mensch in seiner tiefen Gesunkenheit da. Es hat darum der Hebräerbrief ein unumstößliches<br />

<strong>Recht</strong> c. 2,6, unsere Worte auf die Menschenart in einer vergänglichen alten Welt zu beziehen. Wenn nun auf diese<br />

völlige Entwertung <strong>und</strong> Erniedrigung des Menschen der Satz folgt: Du lässest ihn entbehren ein wenig Gottes, so<br />

kann man unmöglich dies so fassen, <strong>das</strong>s derselbe Änosch nun doch wieder nur ein wenig der Gottheit nachstehe! Er<br />

ist vielmehr toto coelo von Gott geschieden. Es ist nicht ein biblischer, sondern ein ganz heidnischer Satz, <strong>das</strong>s der<br />

tiefgesunkene Mensch doch bei nur kleiner Differenz Gott so ziemlich gleich sei! Wir fragen die Kommission in al -<br />

lem Ernste, ob sie solche unbiblischen <strong>und</strong> unchristlichen Gedanken im Volke verbreiten will? Ob es im Widerspruch<br />

mit allen Parallelen vom Volke in seiner Bibel gelesen werden soll, <strong>das</strong>s der Änosch dennoch nur wenig von<br />

Gott Abstand habe? Gott <strong>und</strong> Änosch <strong>und</strong> Menschenkind werden in der Schrift aufs tiefste geschieden <strong>und</strong> es muss<br />

zur heillosen Verwirrung gereichen, wenn <strong>das</strong> Volk solche Gedanken in der Bibel findet. Man könnte ja in bitterem<br />

Spotte fragen, wieviel ist es denn, was Gott noch Überschuss vor dem Änosch hat, wenn dieser nur ein wenig von<br />

demselben verschieden ist? Nein v. 6 heißt: Und Du wirst den Änosch eine kurze Zeit Gottes entbehren lassen, denn<br />

<strong>das</strong> ist ein Gedankenfortschritt <strong>und</strong> <strong>das</strong> ist <strong>das</strong> Gericht des Änosch, <strong>das</strong>s er eine Zeitlang Gottes entbehrt, <strong>und</strong> was<br />

sich weiter anschließt, ist gegensätzlich geredet: aber mit Herrlichkeit <strong>und</strong> Majestät wirst Du ihn krönen.

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