Auf gutem Grund gebaut - Lebendige Gemeinde
Auf gutem Grund gebaut - Lebendige Gemeinde
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Information und Orientierung<br />
<strong>Auf</strong> <strong>gutem</strong><br />
<strong>Grund</strong> <strong>gebaut</strong><br />
Verabschiedung von Volker Teich<br />
Ausblick Synode: Wo wollen wir hin?<br />
Gedenktag Michael Hahn<br />
1. Quartal märz 2008<br />
www.lebendige-gemeinde.de
Aus dem Inhalt<br />
Glauben auf <strong>gutem</strong> <strong>Grund</strong> 4<br />
Rainer Kiess<br />
Jesus war immer dabei 8<br />
Sybille Lehmann<br />
Stabwechsel bei der 10<br />
Ludwig-Hofacker-Vereinigung<br />
Bericht zur Lage am Hofacker-Jahres- 11<br />
fest am 2. Februar 2008 in Korntal<br />
Volker Teich<br />
Was ist in den nächsten Jahren dran? 14<br />
Volker Teich<br />
Christival 2008 17<br />
Ralf Albrecht<br />
Gedenktag Michael Hahn 19<br />
Theodor Fritz<br />
Orientierungswochen 23<br />
Ralf Albrecht<br />
Impressum<br />
Herausgeber und Bezugsadresse<br />
Ludwig-Hofacker-Vereinigung, Saalstr. 6<br />
70825 Korntal-Münchingen<br />
Telefon: 0711/83 46 99, Fax: 0711/8 38 80 86<br />
Weitere Exemplare können nachbestellt werden.<br />
Erscheinungsweise: vierteljährlich<br />
Bankverbindungen<br />
Ludwig-Hofacker-Vereinigung.<br />
Postbank Stuttgart 81149 706<br />
(BLZ 600 100 70) und<br />
LB-BW 2 356 075 (BLZ 600 501 01)<br />
Wir danken allen, die durch ihre Spende die kostenlose<br />
Verteilung dieses Blattes ermöglichen. Wir bitten um vollständige<br />
und deutliche Angabe der Anschrift auf den<br />
Überweisungsvordrucken, damit wir Spendenquittungen<br />
übersenden können. Wir sind ganz auf die Gaben der<br />
Freunde angewiesen.<br />
Redaktion<br />
Thomas Binder, Erwin Damson, Hans-Jörg Gabler,<br />
Traugott Messner, Volker Teich<br />
Gesamtgestaltung<br />
Krauss Werbeagentur, 71083 Herrenberg<br />
Druck und Postzeitungvertrieb<br />
St.-Johannis-Druckerei,<br />
Postfach 5, 77922 Lahr-Dinglingen<br />
Bildnachweis<br />
Titelbild istockphoto.com, LG, privat<br />
Internet www.<strong>Lebendige</strong>-<strong>Gemeinde</strong>.de<br />
eMail info@lebendige-gemeinde.de<br />
Termine<br />
Termine<br />
April<br />
04. – 05. April Israelkonferenz, Bad Liebenzell<br />
05. April Freundestag Weißes Kreuz, Ev. <strong>Gemeinde</strong>haus<br />
Ostfildern - Ruit<br />
18. – 20. April ÜMG Missionsfest, Forum Schönblick<br />
20. April Missionsfest Deutsche Missionsgemeinschaft<br />
17. – 19. April Seniorenkongress, Bad Liebenzell<br />
27. April Saronstag des Süddeutschen Gemeinschaftsverbandes<br />
in Wildberg<br />
26. April Landesjungschartag AGV, Forum Schönblick<br />
27. April Familien-und Freundestag, CVJM Walddorf<br />
27. April Kindermissionsfest 1 der Liebenzeller Mission<br />
mai<br />
01. Mai Kindermissionsfest 2 der Liebenzeller Mission<br />
1. – 4. Mai Christival in Bremen<br />
01. Mai Jahresfest Forum Schönblick, AGV<br />
01. Mai Stuttgarter Konferenz für Weltmission, Hilfe<br />
für Brüder/ Christliche Fachkräfte International/<br />
CoWorkers<br />
11. Mai Pfingstmissionsfest der Liebenzeller Mission<br />
12. Mai 75 jähriges Jubiläum LGV-Gemeinschaftsverband<br />
Liebenzell<br />
11. - 12. Mai Pfingstjugendtreffen in Aidlingen<br />
22. Mai Christustag der LHV und der Evangelischen<br />
Vereinigung für Bibel und Bekenntnis in Baden<br />
in 15 Städten<br />
juni<br />
01. Juni Stuttgarter Jugendgottesdienst, Stiftskirche<br />
01. Juni Jahresfest, Evangeliumsdienst für Israel, Leinfelden<br />
15. Juni Landesposaunentag Ulm<br />
15. Juni Jahresfest Vereinigte Kamerun-und Tschadmission,<br />
Nabern<br />
22. Juni Jahresfest Missionsschule Unterweissach<br />
21. Juni Jugendmissionstag der DMG, Buchenauerhof<br />
28. – 29. Juni JUFA-Landesverbandstreffen in Dobel,<br />
SWD/EC-Verband<br />
29. Juni Jahresfest Eusebia – Missionsdienste,<br />
CVJM Haus Stuttgart<br />
Deshalb ist die Sache dran...<br />
<strong>Auf</strong> <strong>gutem</strong> <strong>Grund</strong> <strong>gebaut</strong><br />
So lautete das Thema der diesjährigen Ludwig-Hofacker-Jahrestagung in Korntal diesen<br />
Jahres und deshalb auch der Titel dieses Heftes. Dieser Titel ist programmatisch für uns als<br />
Hofacker-Vereinigung:Jesus Christus ist unser <strong>Grund</strong>, dieser ist gelegt, wir brauchen und<br />
dürfen diesen nicht neu erfinden und nicht selbst bauen, sondern nur darauf aufbauen.<br />
Jesus Christus als Fundament ist eigentlich ein schönes und sehr tiefsinniges Bild, auch<br />
wenn in unserer Zeit das Wort »Fundament« durch die sogenannte »Fundamentalismusdeba<br />
tte«sehr negativ besetzt ist vor allem dadurch, dass jeder, der von seinem Glauben als dem<br />
wahren und richtigen überzeugt ist als intoleranter »Fundamentalist« abgestempelt wird<br />
und so hingestellt wird als wäre er allein schon dadurch eine potentielle Gefahr für unsere<br />
Welt. »<strong>Auf</strong> <strong>gutem</strong> <strong>Grund</strong> <strong>gebaut</strong>« – ist das Thema dieses Heftes gerade deshalb, weil wir in<br />
dieser Diskussion dazu stehen, dass wir in Jesus Christus unser Fundament haben und dabei<br />
auch bleiben wollen, weil kein anderes Fundament unser Leben wirklich hält und trägt. In<br />
der Bibelarbeit von Rainer Kiess finden Sie dazu wertvolle Impulse.<br />
Wie dieser <strong>Grund</strong> im Leben konkreten Leben tragen kann, erzählt uns Sybille Lehmann<br />
in ihrem Beitrag und will uns dazu ermutigen, in unserem eigenen Leben<br />
auf diesen <strong>Grund</strong> zu bauen, gerade dann, wenn das Leben uns über unsere<br />
Kräfte herauszufordern scheint und wir nicht mehr weiter wissen.<br />
Zu jedem Bauwerk gehört im Laufe der Jahre immer auch das Umbauen,<br />
nicht des Fundamentes, sondern dessen, was darauf steht. Das betrifft<br />
nicht nur die Häuser aus Stein, sondern auch das »Haus« Ludwig-<br />
Hofacker-Vereinigung.<br />
Dieses Umbauen war in diesem Frühjahr im Blick auf den Vorsitzenden<br />
und den Vorstand der Hofacker-Vereinigung dran. Deshalb blicken<br />
wir in diesem Heft als Hofacker-Vereinigung zurück auf wertvolle<br />
neun Jahre unter der Leitung des Vorsitzenden Volker Teich<br />
und danken ihm für seinen Einsatz und für sein Bauen auf diesem<br />
<strong>Grund</strong>. Er war ein guter »Bauarbeiter«. Wir freuen uns mit Ralf Albrecht<br />
einen neuen fähigen »Bauarbeiter« bekommen zu haben und<br />
wünschen ihm für sein Bauen eine gute Hand und Gottes Segen.<br />
Des Weiteren erfahren Sie in diesem Heft, was sich Volker Teich für<br />
die Landessynode in den nächsten Jahren wünscht. Ralf Albrecht<br />
bricht eine Lanze für freie Meinungsäußerung auch in der Diskussion<br />
um das in die Schlagzeilen geratene Christival 2008. Den 250.<br />
Geburtstag von Michael Hahn am 2.2.2008 und seine Bedeutung<br />
für den Pietismus in Württemberg in Geschichte und in Gegenwart<br />
bedenken wir auf den letzten Seiten dieses Heftes.<br />
Ihnen viel Freude und Gewinn beim Lesen dieses Heftes<br />
Ihr
Glauben auf <strong>gutem</strong> <strong>Grund</strong><br />
Bibelarbeit zu 1. Kor 3,11 bei der Jahrestagung der<br />
Ludwig-Hofacker-Vereinigung am 2.2.2008 in Korntal<br />
Liebe Brüder und Schwestern,<br />
ich möchte Sie heute Morgen mit auf die<br />
Baustelle nehmen. Es geht um die Baustelle<br />
<strong>Gemeinde</strong>. Sie liegt in Korinth. Paulus war<br />
grundlegend mit dieser <strong>Gemeinde</strong> verbunden,<br />
er hatte sie auf seiner zweiten Missionsreise<br />
gegründet, denn er sagt:<br />
Ich, nach Gottes Gnade, die mir gegeben<br />
ist, habe den <strong>Grund</strong> gelegt als ein weiser<br />
Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein<br />
jeder aber sehe zu, wie er darauf baut.<br />
Einen andern <strong>Grund</strong> kann niemand legen<br />
als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus<br />
Christus (1 Kor 3,10f).<br />
1. Glauben auf <strong>gutem</strong> <strong>Grund</strong><br />
– kritisch prüfen, was<br />
dahinter steht<br />
Eines ist klar: wer baut, darf sich nicht auf<br />
die Oberfläche verlassen – so schön die<br />
auch aussehen kann. Was darunter liegt, ist<br />
entscheidend. Das will Paulus den Christen<br />
in Korinth klar machen. Die haben sich sehr<br />
Dekan<br />
Rainer Kiess,<br />
Filderstadt-Bernhausen<br />
an der Oberfläche aufgehalten. Wichtig<br />
war für sie ein gutes Erscheinungsbild, eine<br />
schöne Sprache, rhetorische Brillanz. Die<br />
Griechen hatten großartige Philosophen<br />
und wunderbare Künstler hervorgebracht<br />
– ein ästhetischer Genuss, diesen Sinn<br />
für das Schöne heute noch in formvollendeten<br />
Figuren und Statuen bewundern<br />
zu können. Aber Schönheit ist nicht alles,<br />
auch nicht Weisheit und Erkenntnis. Paulus<br />
erwähnt in diesem Kapitel Apollos,<br />
der nach ihm die <strong>Gemeinde</strong> weitergeführt<br />
hatte. Er war wohl ein hervorragender<br />
Rhetoriker – manche nehmen an, er habe<br />
den Hebräerbrief verfasst, der in exzellentem<br />
Griechisch geschrieben ist. Apollos<br />
himmelten offenbar viele an, er hatte<br />
seinen Fan-Club. Aber Paulus hinterfragt<br />
kritisch dieses Verhalten. »Denn wenn<br />
der eine sagt: Ich gehöre zu Paulus, der<br />
andere aber: ich zu Apollos – , ist das nicht<br />
nach Menschenweise geredet?«(1 Kor 3,4)<br />
Menschenweise – das ist auf die Person<br />
setzen, am Menschen hängen bleiben, als<br />
wäre er der letzte <strong>Grund</strong>. Aber wer sind<br />
denn diese vermeintlichen Stars? Nur Mitarbeiter<br />
und Diener sind wir – nicht mehr,<br />
sagt Paulus. Kollegial ist das, wie er redet,<br />
er bezieht den Apollos mit ein. Also nicht<br />
Leute anhimmeln, sondern mal schön auf<br />
dem Boden bleiben, auf <strong>gutem</strong> <strong>Grund</strong>. Wo<br />
immer Menschen sich an Menschen hängen,<br />
bauen sie auf den falschen <strong>Grund</strong>.<br />
Der <strong>Grund</strong> muss geprüft werden. Ein Beispiel<br />
ist die Atheismus-Debatte, und einer<br />
der Wortführer ist der englische Evolutionsbiologe<br />
Richard Dawkins mit seinem<br />
Buch »Der Gotteswahn«. Was er schreibt,<br />
ist weder neu noch wahr. Er argumentiert<br />
sehr einseitig – nur von der Biogenetik her.<br />
Für ihn steht schon von vornherein fest,<br />
dass Religion gefährlich sein muss, dass<br />
sie eine psychiatrische Krankheit ist und<br />
Gott ein blutgieriges Monster. Das passt<br />
eigentlich nicht zu einem Wissenschaftler,<br />
dass das Ergebnis schon vor der Untersuchung<br />
feststeht. Im Nachwort gesteht<br />
er sogar selber ein, dass er es nicht für<br />
nötig gehalten habe, theologische Bücher<br />
zu lesen. Auch das kann man sich nicht<br />
leisten, wenn man sich ehrlich mit einer<br />
Sache auseinandersetzen will. Aber wen<br />
interessiert das? »Der Gotteswahn ist ein<br />
<strong>Auf</strong>schrei der Vernunft gegen das Wuchern<br />
der Unvernunft«, meinte der Rezensent der<br />
»Welt am Sonntag.« Aber offenbar verkauft<br />
sich das Buch gut, wie auch Romane,<br />
wo abenteuerliche Vermutungen über<br />
Geheimdokumente und Verschwörungen<br />
in der Kirche spannend erzählt werden<br />
– aber nichts dahinter ist. Wer macht sich<br />
die Mühe, kritisch zu hinterfragen, was<br />
in Magazinen und Zeitungen geschrieben<br />
wird? Ist es nicht erschütternd, mit wie viel<br />
Oberflächlichkeit man viel Geld verdienen<br />
kann?<br />
Nicht an der Oberfläche hängen bleiben,<br />
kritisch prüfen, was dahinter steht. Christen<br />
sind keine denkfaulen Allesschlucker.<br />
Glauben auf <strong>gutem</strong> <strong>Grund</strong> heißt sich die<br />
Mühe machen, auf den <strong>Grund</strong> zu gehen.<br />
Und der ist gelegt und gegeben.<br />
2. Glauben auf <strong>gutem</strong> <strong>Grund</strong><br />
– kräftig nützen, was uns<br />
gegeben ist<br />
Was ist der gute <strong>Grund</strong>? Paulus gibt den<br />
Korinthern Auskunft mit einem Bekenntnis<br />
der <strong>Gemeinde</strong>, das ihm weitergegeben<br />
wurde. Er sagt: »Denn als Erstes habe ich<br />
euch weitergegeben, was ich auch empfangen<br />
habe: Dass Christus gestorben ist<br />
für unsre Sünden nach der Schrift; und<br />
dass er begraben worden ist; und dass er<br />
auferstanden ist am dritten Tage nach der<br />
Schrift; und dass er gesehen worden ist<br />
von Kephas, danach von den Zwölfen« (1<br />
Kor 15,3ff). Bis auf die Zeitzeugen Kephas<br />
und die Zwölf ist das Teil des Glaubensbekenntnisses.<br />
Der gekreuzigte und auferstandene<br />
Jesus Christus als alleiniger<br />
<strong>Grund</strong> des Glaubens. Und mit dem Hinweis<br />
»nach der Schrift« untermauert Paulus<br />
diese <strong>Grund</strong>lagen nochmals und grenzt sie<br />
von bloßen Behauptungen ab. Damit hatte<br />
er in Korinth, ja in der griechischen Welt<br />
zu kämpfen, dass einige sagten: »<strong>Auf</strong>erstehung<br />
– so etwas gibt es nicht«(1 Kor 15,12<br />
u. Apg 17, 32). Da kann man nicht sagen:<br />
»Na, wenn Ihr meint, dann lassen wir das<br />
eben«. Paulus ringt um die <strong>Grund</strong>lage, das<br />
Fundament, die rechte Lehre, ohne welche<br />
die Verkündigung des Evangeliums in der<br />
Luft hängt.<br />
Wenn die Lehre nur halb richtig ist, kann<br />
nichts Ganzes draus werden. Wenn mit<br />
einem schadhaften Fundament <strong>gebaut</strong><br />
wird, kann es nur schief weiter gehen. Eine<br />
solide Theologie ist unverzichtbar. Darum<br />
wurde in den Anfängen der Kirche und<br />
in vergangenen Generationen gerungen,<br />
darum muss auch in Zukunft weiter gerungen<br />
werden. Wir werden aus dieser <strong>Auf</strong>gabe<br />
nicht entlassen werden.
Aber der gute <strong>Grund</strong> ist nicht nur ein theoretischer<br />
Unterbau, eine Formel, die feststeht,<br />
aber fürs tägliche Leben nicht viel<br />
austrägt. Der gute <strong>Grund</strong> ist ein lebendiger<br />
<strong>Grund</strong>. Diesen <strong>Grund</strong> kann man nützen.<br />
»Jesus Christus ist »uns von Gott gemacht<br />
zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur<br />
Heiligung und zur Erlösung.« (1 Kor 1,30).<br />
Viermal heißt es hier »zur«. Das Wörtchen<br />
»zur« deutet die Nutzung an. Jesus ist kein<br />
passiv schlummernder Untergrund oder<br />
dekorativer Hintergrund. Mit ihm kann man<br />
etwas anfangen, denn er fängt mit uns neu<br />
an. Das ist ja die große Entdeckung, die der<br />
Pietismus hervorgebracht hat: dass Jesus<br />
das ganze Leben durchdringt und nicht nur<br />
die Lehre bestimmt, wie das die Orthodoxie,<br />
also die vorausgehende Epoche fast ausschließlich<br />
trieb. Der lebendige Herr schafft<br />
Leben in seiner Kirche und in seinen Gliedern<br />
und verändert Menschen.<br />
Bei einer Betriebsbesichtigung in einer<br />
Firma im Schwarzwald sprachen wir mit<br />
dem Ausbildungsleiter und fragten ihn,<br />
wie er mit schwachen und schwierigen<br />
Azubis umgeht. Überzeugend zeigte er<br />
uns, wie wichtig es ist, die richtige Nähe zu<br />
den jungen Leuten zu gewinnen, auch mal<br />
am Schraubstock selber Hand anzulegen<br />
und jedem Einzelnen nachzugehen. Bei<br />
einer Nachfrage sagt er so bewegt, dass<br />
ihm fast die Stimme wegbleibt: »Ich habe<br />
vor fünf Jahren die Bibel gelesen, weil ich<br />
erkannt habe: so komme ich nicht in den<br />
Himmel. Und dann habe ich Jesus als meinen<br />
Herrn angenommen.« Das dringt durch.<br />
Man hat dem Mann gleich von Anfang an<br />
abgespürt, dass er es mit seinen Azubis<br />
kann. Aber dann hat er auch noch das Fundament<br />
freigelegt und uns einfach erzählt,<br />
was sein Lebensgrund ist.<br />
Der lebendige Herr dringt durch. Kräftig<br />
nützen, was uns gegeben ist – so kommt<br />
wieder Leben, sein Leben in unser Leben.<br />
3. Glauben auf <strong>gutem</strong> <strong>Grund</strong><br />
– konsequent suchen, was<br />
hält<br />
Das Fundament ist gelegt. Aber Fundamente<br />
sind kein Selbstzweck. Sie sind<br />
dazu da, dass auf ihnen weiter<strong>gebaut</strong> wird.<br />
Darum geht es Paulus gleich im Anschluss.<br />
Er sagt:<br />
Wenn aber jemand auf den <strong>Grund</strong> baut<br />
Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh,<br />
so wird das Werk eines jeden offenbar<br />
werden. Der Tag des Gerichts wird‘s klarmachen;<br />
denn mit Feuer wird er sich<br />
offenbaren. Und von welcher Art eines<br />
jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen.<br />
Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf<br />
<strong>gebaut</strong> hat, so wird er Lohn empfangen.<br />
Wird aber jemandes Werk verbrennen, so<br />
wird er Schaden leiden; er selbst aber wird<br />
gerettet werden, doch so wie durchs Feuer<br />
hindurch (1 Kor 3,12ff).<br />
Wie bauen wir weiter? Die Frage ist unser<br />
ständiger Begleiter. Was gehen wir an<br />
– was lassen wir bleiben? In den neuen Kirchengemeinderäten<br />
werden Pläne gemacht,<br />
was alles an <strong>Auf</strong>gaben für die neue Amtszeit<br />
ansteht. Was hat Vorrang? Es gibt viele<br />
gute Ideen – aber auch viele Möglichkeiten,<br />
sich zu verzetteln.« Gute Idee – machen<br />
wir auch nicht!«, empfiehlt Michael Herbst<br />
für solche Entscheidungsprozesse. Was<br />
ist wesentlich, nicht nur wichtig – das ist<br />
die Frage. Weiterbauen – das heißt: wofür<br />
kämpfen wir – und wo bewusst auch<br />
nicht? Wo sind die Nebenschauplätze, die<br />
viel Kraft binden, aber wenig austragen?<br />
Wie viele Leserbriefschlachten wurden<br />
schon geschlagen – und was ist davon<br />
übrig geblieben? Weiterbauen – wie dienen<br />
wir dem <strong>Auf</strong>bau der <strong>Gemeinde</strong> – das steckt<br />
auch das Bild vom Hausbau drin – wie<br />
bleibt uns das Ziel vor Augen? Oder bedienen<br />
wir nur Erwartungen nach dem Motto:<br />
»Da müssen wir doch auch mitmachen.«<br />
»Was sagen denn die andern?« »Da muss<br />
ich mich doch sehen lassen.« Wie sehr<br />
ermutigen wir uns, auch mal »nein« sagen<br />
zu dürfen? Weiterbauen – das heißt auch:<br />
wie feiern wir als <strong>Gemeinde</strong>? Geht es nur<br />
um eine fette Fete oder scheint in unseren<br />
Festen etwas durch vom großen Fest, auf<br />
das wir zugehen, ist beim fröhlichen und<br />
unverkrampften <strong>Gemeinde</strong> – oder Mitarbeiterfest<br />
etwas von der Freude und Freiheit<br />
der Kinder Gottes zu spüren?<br />
Paulus kennt nur einen Maßstab für das<br />
Weiterbauen, und das ist die Haltbarkeit.<br />
Was wird Gott einmal dazu sagen? Das<br />
war für ihn das Entscheidende. Zukunft<br />
bestimmt Gegenwart. Das hat ihn auch frei<br />
gemacht von den menschlichen Bewertungen<br />
und von den vielen Vorwürfen,<br />
die man ihm machte. »Mir aber ist‘s ein<br />
Geringes, dass ich von euch gerichtet<br />
werde oder von einem menschlichen<br />
Gericht; auch richte ich mich selbst nicht.<br />
…der Herr ist‘s aber, der mich richtet (1<br />
Kor 4,3f). Jesus Christus ist der ewig gültige<br />
<strong>Grund</strong>. Selbst wenn vom Werk eines<br />
<strong>Gemeinde</strong>leiters, Lehrers oder Missionars<br />
nichts bleiben sollte und er wie ein angekohltes<br />
Brandscheit aus dem Feuer gezogen<br />
wird, selbst wenn es so weit kommen<br />
sollte – und die <strong>Gemeinde</strong> in Korinth war<br />
auf dem besten Weg, dahin zu steuern,<br />
wenn sie sich nicht zur Umkehr rufen ließ<br />
– dann wird das dem <strong>Grund</strong> nichts anhaben.<br />
Der hält für immer und ewig. Wer auf<br />
ihn baut, der bleibt. Wir glauben auf <strong>gutem</strong><br />
<strong>Grund</strong>, auf allerbestem <strong>Grund</strong>, wenn wir<br />
uns Jesus anvertrauen. Dafür lasst uns<br />
danken, darauf lasst uns klug weiterbauen,<br />
dabei lasst uns bleiben!
Jesus war immer dabei<br />
Zeugnis von Sibylle Lehmann, Owen bei der Jahrestagung<br />
am 2. Februar 2008 in Korntal<br />
Vor vierundzwanzig Jahren bekamen wir<br />
zu unseren drei Töchtern noch einen Sohn<br />
dazu. Der Jubel und die Freude war groß.<br />
Wir baten Gott aus ihm einen Mann, nach<br />
seinem Herzen zu machen für seinen<br />
Dienst.<br />
Doch ein halbes Jahr später erlitt Frank<br />
einen mehrminütigen Atemstillstand.<br />
Aus unerklärlichem <strong>Grund</strong> produzierte er<br />
plötzlich zu viel Gehirnwasser und musste<br />
operiert werden. Es wurde ihm ein Shunt<br />
eingesetzt.<br />
Aber unser Sohn hatte Schaden<br />
genommen.<br />
Der Arzt brachte mir das mit den Worten<br />
bei: «Hat Ihnen eigentlich schon jemand<br />
gesagt, dass Ihr Sohn achtzig Prozent geistig<br />
und körperlich behindert ist? Haben Sie<br />
keine Hoffnung – das wird nicht mehr«.<br />
Geschockt antwortete ich: «Ich bin Christ.<br />
Wenn Sie ohne Hoffnung leben wollen,<br />
dann tun Sie das. Ich kann und will es<br />
nicht.<br />
Wir beteten um jeden kleinen Fortschritt<br />
und dankten und bejubelten alles, was er<br />
lernte.<br />
Nach sieben Monaten konnte der Shunt<br />
(elektrischer Widerstand)entfernt werden.<br />
Meinem Zeugnis möchte ich ein Wort Jesu<br />
voranstellen. Es ist der letzte Satz des<br />
Missionsbefehls.<br />
»Ich bin bei euch<br />
alle Tage bis an<br />
der Welt Ende.«<br />
Frank lernte laufen, sprechen, spielen und singen.<br />
Und weil wir ihn immer mit in den Gottesdienst<br />
mitnehmen mussten, konnte er mit drei<br />
Jahren das Vater Unser beten und bald auch<br />
das Glaubensbekenntnis sprechen.<br />
Schlimme Erfahrungen<br />
Aber dann erfuhren wir, was es heißt, den<br />
Stempel »behindert« zu tragen. Vor der Einschulung<br />
machten wir eine schlimme Erfahrung<br />
mit einem Sonderschullehrer. Ich war verzweifelt.<br />
<strong>Auf</strong> der Heimfahrt meldete sich unser<br />
Sohn vom Rücksitz: «Mama, verlass dich auf<br />
den Herrn von ganzem Herzen und verlass dich<br />
nicht auf deinen Verstand sondern gedenke an<br />
ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht<br />
führen. Sprüche 3, Vers 5 und 6«. Woher er das<br />
hatte – ich weiß es nicht.<br />
Frank wurde normal eingeschult, singend ging<br />
er hin und singend kam er wieder.<br />
Er hatte Freunde und lernte zu Hause willig mit<br />
mir. Dann kamen zwei neue Kinder in die Klasse<br />
und man legte uns nahe, ihn in die Förderschule<br />
zu tun.<br />
Man habe ja so viele Ausländerkinder um die<br />
man sich kümmern müsse. Er würde sonst<br />
Schaden erleiden.<br />
Man hatte ihn zuvor gebraucht um die Klasse<br />
teilen zu können.<br />
Sybille Lehmann,<br />
Owen/Teck<br />
Mitglied der Landessynode<br />
In der Förderschule wurde Frank sehr lieb<br />
betreut, aber leider nicht in seinen Gaben<br />
gefördert. Und er verlor nach und nach<br />
seine sozialen Kontakte, da er ja erst spät<br />
am Nachmittag heimkam.<br />
Kurzfristig neue Hoffnung<br />
Er ist nicht handwerklich begabt, zeigte<br />
aber Interesse am Computer. Das war aber<br />
zu der Zeit für einen Menschen mit geistiger<br />
Einschränkung nicht vorgesehen. Mein<br />
Mann brachte ihm aber einiges bei.<br />
Vier Monate arbeitete er als Ferienjobber<br />
in einem Betrieb regulär mit großem Engagement<br />
am Computer. Dann kamen zwei<br />
Entlassungswellen und er konnte dort nicht<br />
mehr arbeiten. Die zweite Welle kostete<br />
dann auch meinem Mann seinen Arbeitsplatz.<br />
Die Not geht weiter, mit Jesus<br />
im Boot<br />
Dann erlitt Frank drei epileptische Anfälle<br />
– ein weiterer Schock.<br />
Aber mir fällt immer wieder ein, was Frank<br />
antwortete als ich mit ihm darüber sprach,<br />
dass Jesus die Jünger beim Sturm auf dem<br />
See, als das Schiff am Sinken war, fragte:<br />
»Warum seid ihr so furchtsam?« Ich sagte,<br />
das sei doch wohl in dieser Situation etwas<br />
seltsam.<br />
Frank antwortete: »Jesus war doch im<br />
Boot«.<br />
Das durften wir in all den Stürmen, die hinter<br />
uns liegen, erfahren. Jesus war, ist und<br />
bleibt mit im Boot.
Lebe…<br />
zur Ehre deines Königs!<br />
Unter diesem Motto fand die<br />
Jugendkonferenz für Weltmission<br />
am 6. Januar 2008 erstmalig auf<br />
dem Gelände der Neuen Messe<br />
Stuttgart statt.<br />
An die 5.000 Jugendliche und junge<br />
Erwachsene besuchten die zahlreichen<br />
Vorträge und Bibelarbeiten<br />
sowie die Missionsaustellung.<br />
Redner wie Detlef Krause, Dr. Theo Lehmann,<br />
Ulrich Parzany, Hans-Peter Royer<br />
oder Peter Hahne motivierten die Besucher<br />
in den oft bis auf den letzen Platz belegten<br />
Sälen, ihr Leben ganz in den Dienst ihres<br />
»Königs« zu stellen und zu seiner Ehre zu<br />
leben.<br />
Dabei wurde deutlich, dass der Ausgangspunkt<br />
für missionarische Aktivitäten nicht<br />
Elke Lutz,<br />
CoWorkers<br />
International<br />
irgendwelche Strategien sind, sondern die<br />
Pflege einer Liebesbeziehung zu Christus.<br />
Es ehrt Gott, wenn wir Ihn immer besser<br />
kennen, Ihn anbeten und im Gebet seinen<br />
Willen suchen. Unser Tun wird nur dann<br />
Sinn und Ziel haben, wenn wir in Verbindung<br />
mit Jesus, dem Weinstock, bleiben.<br />
Wir dürfen ihm vertrauensvoll folgen, denn<br />
er ist ein guter und liebevoller Hirte. Ein<br />
missionarischer Lebensstil beginnt jedoch<br />
nicht erst im Ausland, sondern zu Hause<br />
in der Familie, in der Schule, am Arbeitsplatz<br />
oder in der Nachbarschaft. Die<br />
Nöte einer verlorenen Welt begegnen uns<br />
bereits vor der Haustüre.<br />
Junge Menschen wurden herausgefordert,<br />
ein kompromissloses Leben<br />
anzustreben und mutig die Wahrheit zu<br />
bekennen in einer Zeit, wo Leidensbereitschaft<br />
nicht mehr häufig anzutreffen ist,<br />
dafür jedoch die Vorliebe, Kompromisse<br />
aller Art einzugehen.<br />
Eingerahmt waren die Vorträge und<br />
Bibelarbeiten von herausfordernden<br />
Lebensberichten und –zeugnissen von<br />
Missionaren. Rolf Scheffbuch ließ in seinem<br />
Vortrag »Ein Friedhof voller Helden«<br />
zudem auch Erlebnisse und Wagnisse<br />
verstorbener Gottesmänner lebendig<br />
werden.<br />
In der großen Missionsausstellung hatten<br />
die Besucher darüber hinaus die Möglichkeit,<br />
sich über verschiedene evangelikale<br />
Missionswerke, Bibelschulen und Jugendverbände<br />
zu informieren. So konnten<br />
Kontakte geknüpft, Gespräche geführt und<br />
auch manche Lebensfrage im persönlichen<br />
Gespräch erörtert werden.<br />
Den Abschluss des Tages bildete die Aussendung<br />
von über 70 Missionaren verschiedener<br />
Werke.<br />
Die Ludwig-Hofacker-Vereinigung hat auch<br />
in diesem Jahr die Veranstaltung finanziell<br />
getragen und ermöglichte so diesen<br />
segensreichen Tag.<br />
10 11
Stabwechsel bei der<br />
Ludwig-Hofacker-Vereinigung<br />
Ralf Albrecht löst Volker Teich als Vorsitzenden ab<br />
Bericht zur Lage an der Hofacker-<br />
Jahrestagung am 2. Februar 2008 in Korntal<br />
Ralf Albrecht dankt<br />
den scheidenden<br />
Vorstandsmitgliedern<br />
»Stabwechsel« an der Spitze der Ludwig-<br />
Hofacker-Vereinigung: Dekan Ralf Albrecht,<br />
Nagold, war im Dezember zum Vorsitzenden<br />
gewählt worden. Bei der Jahrestagung<br />
in Korntal wurde der bisherige Vorsitzende,<br />
Dekan Volker Teich, feierlich verabschiedet.<br />
Volker Teich leitete die Hofacker-Vereinigung<br />
neun Jahre lang.<br />
In seiner Dankesrede hob Ralf Albrecht<br />
hervor, was in der »Ära Teich« bewegt<br />
werden konnte: etwa die Organisation der<br />
Kirchenwahlen 2001 und 2007 mit guten<br />
Ergebnissen; die Anstellung eines hauptamtlichen<br />
Geschäftsführers; Christustage,<br />
dezentral und zentral, von denen Signale<br />
für Glauben auf <strong>gutem</strong> <strong>Grund</strong> ausgehen;<br />
der Ausbau der Zeitschrift <strong>Lebendige</strong><br />
<strong>Gemeinde</strong> mit ihrer ständig steigende <strong>Auf</strong>lage<br />
und nicht zuletzt die Einführung der<br />
württembergischen Orientierungswochen,<br />
die zu aktuellen Themen biblische Einsichten<br />
vermitteln.<br />
Als Teichs »größtes geistliches Charisma«<br />
bezeichnete Albrecht dabei, »eine so<br />
vielfältige Bewegung mit mindestens so<br />
vielen Charakterköpfen und Meinungen<br />
wie Verbänden, Mitgliedern und Freunden<br />
zu einer geistlichen Blüte in dem Sinn zu<br />
führen, dass wir im gekreuzigten und auferstandenen<br />
Jesus zusammen gehören und<br />
in dem Ruf an alle Welt, sich ganz zu ihm<br />
hinzuwenden.«<br />
Mit dem Stabwechsel wird auch ein Generationenwechsel<br />
im Vorstand eingeleitet.<br />
Dass der neue Vorsitzende dabei für Kontinuität<br />
in der Ausrichtung steht, machte<br />
er in seiner Andacht zu Beginn deutlich.<br />
Programmatisch nannte er drei Punkte:<br />
die Bibel als zuverlässiges <strong>Grund</strong>-Buch<br />
des Glaubens und Lebens; das Ineinander<br />
von Wissen und persönlichem Erleben; die<br />
gleichzeitige Erneuerung und Vertiefung<br />
des Glaubens.<br />
Mit Volker Teich wurden zwei weitere Mitglieder<br />
aus dem Vorstand verabschiedet:<br />
Dr. Christel Hausding wurde am 23.2.08<br />
zur Präsidentin der Landessynode gewählt<br />
und legte aus diesem <strong>Grund</strong> ihre Mitgliedschaft<br />
im Vorstand nieder. Eckart Löffler,<br />
der Vertreter der Gemeinschaftsverbände,<br />
gibt sein Amt altershalber ab. Alle Ausgeschiedenen<br />
gehören aber weiterhin dem<br />
Leitungskreis der Vereinigung an.<br />
Ralf Albrecht und Hartmut Schmid sowie<br />
Erwin Damson in beratender Funktion<br />
gehören dem Vorstand weiter an.<br />
Dekan<br />
Volker Teich,<br />
Schorndorf<br />
Gesellschaftliche<br />
Herausforderungen<br />
In den letzten Monaten standen Kinder<br />
und Jugendliche im Blickpunkt der Öffentlichkeit:<br />
verwahrloste oder verhungerte<br />
Kinder und die Jugendkriminalität prägten<br />
viele Schlagzeilen. Und überall war die<br />
Forderung: der Staat soll es richten. Der<br />
Staat soll die Erziehung übernehmen, weil<br />
es junge Familien nicht mehr schaffen<br />
würden, der Staat soll junge Kriminelle<br />
in Erziehungscamps nehmen. Hat sich<br />
hier ein Paradigmenwechsel vollzogen?<br />
Weg von der Familie – hin zum Staat? Die<br />
Familie steht in einem schlechten Ansehen<br />
in der Öffentlichkeit. Man sieht dabei gar<br />
nicht, dass es in über 60% der Familien<br />
gut läuft, Kinder gut erzogen werden und<br />
große Zukunftschancen haben. Was Familien<br />
brauchen ist vor allem Anerkennung<br />
und Unterstützung wo es finanziell knapp<br />
geworden ist. Und wo es nicht gut läuft da<br />
braucht es Ganztageseinrichtungen und<br />
zwar gute, vom Evangelium geprägte Einrichtungen!<br />
Mir gibt es zu denken, was mir<br />
Sozialarbeiter der Diakonischen Bezirksstelle<br />
berichten. Sie stellen ein Auseinanderbrechen<br />
der Gesellschaft fest. Immer<br />
mehr bleiben auf der Strecke. Immer mehr<br />
verarmen. Hartz IV führt manche Familien<br />
in die Armut. Unsere Gesellschaft scheint<br />
sozial kälter zu werden.<br />
In diesem Jahr feiern wir den 200. Geburtstag<br />
von Johann Hinrich Wichern. Als junger<br />
Sonntagsschullehrer, der von der Erweckungsbewegung<br />
geprägt war, begegnete er<br />
in Hamburg unvorstellbarer Armut. Er ließ<br />
sich herausfordern, nahm diese jungen Menschen<br />
auf. Das Rauhe Haus war ein »Erziehungscamp<br />
der Liebe«. Hier bekamen diese<br />
kriminellen Jugendlichen eine neue Chance,<br />
weil Jesus uns vergibt. Wichern wurde der<br />
Vater der Diakonie, die er als »innere Mission«<br />
verstand.<br />
In den letzten neun Jahren hat mich ein Satz<br />
von Ludwig Hofacker zutiefst geprägt: »Ich<br />
will einen Schrei für Jesus tun«. Genau um<br />
das geht es. Einen Schrei für Jesus tun. Menschen<br />
zu Jesus einladen! Gerade auch Menschen<br />
in Not! Einladen, dass Menschen der<br />
Botschaft der Bibel vertrauen, das ist unsere<br />
<strong>Auf</strong>gabe. Neben dem neuen Vorsitzenden<br />
Ralf Albrecht und dessen Stellvertreter Hartmut<br />
Schmid gehören zum neu gewählten<br />
Vorstand: Steffen Kern, Walddorf-Häslach,<br />
Frieder Trommer, Bad-Cannstatt und Erwin<br />
Damson in beratender Funktion.<br />
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Unsere besondere Tradition<br />
Der württembergische Pietismus steht in<br />
der Tradition der Reformation. Die vier soli<br />
der Reformation sind für uns <strong>Grund</strong>lage.<br />
Allein die Schrift. Wir sind eine Bibelbewegung.<br />
An der Auslegung der Bibel, am<br />
Bibelverständnis hängt alles: Ist die Bibel<br />
Wort Gottes? Redet durch sie der lebendige<br />
Gott? Kann ich diesem Wort vertrauen?<br />
Ja, uneingeschränktes Ja! Das zeichnet uns<br />
aus. Und das tiefe <strong>Grund</strong>verständnis in<br />
der <strong>Lebendige</strong>n <strong>Gemeinde</strong>, um das uns die<br />
andern oft beneiden, kommt von diesem<br />
geistlichen <strong>Grund</strong>konsens wenn es um<br />
Gottes Wort geht.<br />
Allein durch Glauben werden wir gerettet,<br />
allein die Gnade schenkt uns Heil. Ich<br />
meine, in unserer Leistungszeit gilt es das<br />
wieder neu zu entdecken: die Rechtfertigung<br />
aus Glauben und nicht auf <strong>Grund</strong><br />
meiner Werke. In einer Gesellschaft, in der<br />
nur noch etwas gilt, wer für Geld arbeitet,<br />
in der die Würde des Menschen weitgehend<br />
durch die Arbeit bestimmt wird und<br />
nicht dadurch, dass ich einen gnädigen<br />
Gott habe, müssen wir die Rechtfertigung<br />
allein aus Gnade hochhalten.<br />
Allein Jesus Christus. Die Christologie ist<br />
die Mitte unseres theologischen Denkens.<br />
Natürlich denken wir trinitarisch. Der Vater,<br />
der Schöpfer und seine Schöpfung sind<br />
uns wichtig. Wir entdecken in den letzten<br />
Jahren die Ekklesiologie und damit auch<br />
das Denken vom Heiligen Geist her. Aber<br />
ich kann es nie an Jesus Christus vorbei.<br />
An ihm scheiden sich nun mal die Geister.<br />
Ob in der Diskussion um einen Dialog mit<br />
den Religionen, oder an anderer Stelle. Wir<br />
können nicht anders als sagen, dass nur in<br />
ihm das Heil ist.<br />
Unsere <strong>Auf</strong>gabe als Ludwig-<br />
Hofacker-Vereinigung<br />
Sind wir nur Mörtel, der einigermaßen<br />
zusammen hält, oder Dach? Für mich war<br />
und ist die Ludwig-Hofacker-Vereinigung<br />
ein Dach, unter dem auch Pfarrer wie<br />
ich einen Platz haben. Manchmal zieht<br />
es unter dem Dach, manchmal regnet es<br />
vielleicht hinein. Aber ich finde dieses Dach<br />
wunderbar. Unter ihm sammeln sich viele,<br />
die mit Ernst Christen sein wollen: Schwestern<br />
und Brüder aus den Gemeinschaftsverbänden,<br />
aus dem Jugendwerk und eben<br />
auch Pfarrer, die vom Bengel-Haus geprägt<br />
wurden und so den württembergischen<br />
Pietismus lieb gewonnen haben. Diese<br />
Gemeinschaft gilt es weiter zu pflegen.<br />
Dem dienen auch unsere Christustage. Was<br />
ist das für ein Geschenk, dass wir im Jahr<br />
2008 an 17 Orten Christustag feiern, allein<br />
an vier Orten in Baden. Werben Sie für<br />
diese Christustage! Es ist so wichtig, dass<br />
wir Christen uns treffen, Gemeinschaft<br />
haben, voneinander wissen, egal ob wir<br />
altpietistisch, neupietistisch oder lutherisch<br />
sind. Es ist so wichtig, dass sich alte und<br />
junge Menschen treffen und gemeinsam<br />
auf Gottes Wort hören und miteinander<br />
sich an der Gemeinschaft freuen und dann<br />
alte und neue Lieder miteinander singen.<br />
Mein Wunsch ist, dass von den Christustagen<br />
immer wieder Impulse in unsere<br />
<strong>Gemeinde</strong>n ausgehen, Impulse gerade auch<br />
für den Gottesdienst, für das Miteinander<br />
der Generationen. Damit dies gelingt,<br />
haben wir bewusst Angebote für die Familie<br />
gemacht. Wir versuchen an Orten wie<br />
Liebenzell oder auf dem Schönblick neue<br />
Wege zu gehen. Die biblische Botschaft ist<br />
uns wichtig. Sie bleibt zentral, aber in der<br />
Gestaltung können wir variieren.<br />
Mir ist es auch wichtig, dass immer wieder,<br />
in einem Rhythmus von vier Jahren<br />
eine zentrale gemeinsame Konferenz ist.<br />
Im Januar war die Jugendmissionskonferenz<br />
zum ersten Mal auf dem Gelände der<br />
neuen Messe. Die Erfahrungen waren gut.<br />
Das Finanzielle muss ausgewertet werden.<br />
Und dann wird der Hofacker-Kreis beraten,<br />
ob dies auch etwas für den großen<br />
Christustag ist. Wir brauchen diese großen<br />
Treffen!<br />
Persönliche Anmerkungen zur<br />
Kirchenwahl<br />
Die Wahlnacht war spannend, wie selten.<br />
Die unterschiedlichsten Nachrichten wechselten<br />
ab: Otto Schaude nicht gewählt,<br />
in Esslingen Totalausfall, das war schon<br />
schade, das tat weh. Aber dann: Stuttgart<br />
Stadtmitte: Franziska Stocker-Schwarz<br />
gewählt. Tübingen: Dr. Martin Brändl<br />
gewählt. Hohenlohe: durchweg gute<br />
Wahlergebnisse. Wer hätte 1983 gedacht,<br />
dass wir einmal im Hohenlohischen so<br />
gut abschneiden. Dann: zum ersten Mal<br />
kam mit Heiko Bräuning einer im Oberland<br />
durch. Also: Unter dem Strich dürfen wir<br />
dankbar sein. Die <strong>Lebendige</strong> <strong>Gemeinde</strong> hat<br />
40 Sitze und ist mit Abstand der größte<br />
Gesprächskreis.<br />
Nun hat sich der Gesprächskreis schon<br />
getroffen. Die Klausurtagung in Bad Boll<br />
liegt hinter uns. Es war ein großartiges<br />
Miteinander! Ich freue mich auf die kommenden<br />
6 Jahre. Ich möchte Sie bitten,<br />
beten Sie für uns. Wir brauchen Kraft und<br />
Weisheit von unserem Herrn!<br />
Eines aber möchte ich an dieser Stelle tun:<br />
Ich möchte Erwin ganz herzlich für sein<br />
Engagement danken. Sein Einsatz gerade<br />
bei der Kirchenwahl war vorbildlich!<br />
Nun zum Schluss: 9 Jahre im Amt des<br />
Vorsitzenden war eine schöne Zeit. Zu<br />
überlegen, wo Stellungnahmen notwendig<br />
waren, Themen setzen bis hinein in den<br />
Wahlkampf, dabei habe ich viel gelernt.<br />
Ich möchte mich ganz herzlich für die<br />
Unterstützung von allen bedanken. Sicher<br />
habe ich auch Fehler gemacht. Verzeiht<br />
es. Ich freue mich, dass es möglich ist, die<br />
Verantwortung in jüngere Hände zu legen,<br />
und ich habe zu Ralf Albrecht vollstes Vertrauen.<br />
Er wird es anders machen als ich:<br />
hoffentlich! Er hat noch andere Gaben als<br />
ich. Das ist gut so. Pietismus in Württemberg<br />
ist eine junge Bewegung. Was für ein<br />
Geschenk, dass wir eine junge Generation<br />
in Württemberg haben, die zunehmend<br />
Verantwortung übernimmt.<br />
Der Stabwechsel jetzt nach den Synodalwahlen<br />
ist genau richtig. Das nächste Mal<br />
ist ein anderer Stil dran. Zweimal Damson-<br />
Teich war schön – ein drittes Mal geht<br />
das nicht gut! Auch bei den Christustagen<br />
freue ich mich auf neue Ideen, auch bei<br />
unseren Publikationen.<br />
Dank<br />
Zum Schluss: Noch einmal ein Dankeschön<br />
an Erwin Damson. Wir beide haben uns<br />
prächtig ergänzt. Wo ich zu weich war, war<br />
er kräftiger. Wo er angeeckt ist, konnte<br />
ich ausgleichen. Jeder von uns beiden<br />
wusste, was und wie der andere denkt.<br />
Für mich war diese Zusammenarbeit ein<br />
unwahrscheinliches Geschenk unseres<br />
Herrn. Er spannt Menschen zusammen mit<br />
unterschiedlichen Charakteren. Wenn man<br />
sich aufeinander einlässt, dann wird es<br />
großartig.<br />
Aber ganz besonders danke ich Gott, der<br />
mir, auch meiner Frau, Kraft und Gesundheit<br />
gegeben hat für diesen Dienst.<br />
14 15
Was ist in den nächsten Jahren dran?<br />
Dekan<br />
Volker Teich,<br />
Schorndorf<br />
Am 11. November 2007 wurde die neue<br />
Synode gewählt. Die »<strong>Lebendige</strong> <strong>Gemeinde</strong>«<br />
ist mit 40 Sitzen mit Abstand die stärkste<br />
Gruppe. Die »Offene Kirche« hat 25 Sitze,<br />
»Evangelium und Kirche« 18, »Kirche für<br />
Morgen« 7 Sitze. Inzwischen fand auch die<br />
vorbereitende Klausurtagung in Bad Boll<br />
statt, auf der notwendige Abmachungen<br />
für die konstituierende Sitzung am 23. Februar<br />
getroffen wurden. Das Präsidium muss<br />
neu besetzt, die Ausschüsse mit den Vorsitzenden<br />
gebildet werden. Wer kommt in<br />
den Landeskirchenausschuss und wer geht<br />
in den »Geschäftsführenden Ausschuss«?<br />
Personell ist Klarheit geschaffen. Doch die<br />
entscheidende Frage ist noch offen: Was<br />
sind denn die inhaltlichen Punkte, die in<br />
den kommenden sechs Jahren angegangen<br />
werden sollen?<br />
Evangelistation und Mission<br />
müssen den Herzrhythmus der<br />
Kirche bestimmen<br />
Das Projekt »Wachsende Kirche« muss<br />
weiter geführt werden. Der Kongress<br />
am 11./ 12. April diesen Jahres darf kein<br />
Schlusspunkt sein, sondern soll ein Doppelpunkt<br />
werden: Wie nehmen wir den missionarischen<br />
<strong>Auf</strong>trag wahr? Das ist die entscheidende<br />
Frage für unsere Kirche. Eberhard<br />
Jüngel sagte auf der Synode der EKD<br />
1999 in Leipzig: »Wenn die Kirche ein<br />
Herz hätte, ein Herz, das noch schlägt,<br />
dann würden Evangelisation und Mission<br />
den Rhythmus des Herzens der<br />
Kirche in hohem Maße bestimmen. Und<br />
Defizite bei der missionarischen Tätigkeit<br />
der christlichen Kirche, Mängel bei<br />
ihrem euangelizzesthai würden sofort<br />
zu schweren Herzrhythmusstörungen<br />
führen. Der Kreislauf des kirchlichen<br />
Lebens würde hypotonisch werden. Wer<br />
an einem gesunden Kreislauf des kirchlichen<br />
Lebens interessiert ist, muss<br />
deshalb auch an Mission und Evangelisation<br />
interessiert sein«. Die EKD hat<br />
diesen Gedanken in dem Perspektivpapier<br />
»Kirche der Freiheit« aufgenommen, indem<br />
als ein Ausgangspunkt aller Überlegungen<br />
formuliert wurde: »Außenorientierung statt<br />
Selbstgenügsamkeit. Auch der Fremde soll<br />
Gottes Güte erfahren können, auch der<br />
Ferne gehört zu Christus«. Wenn wir also<br />
das Projekt »Wachsende Kirche« fortführen,<br />
nehmen wir an einem Prozess teil, in dem<br />
die ganze evangelische Kirche in Deutschland<br />
ist. Es wird gut und notwendig sein,<br />
bei den weiteren Überlegungen über unsere<br />
württembergischen Grenzen hinaus zu<br />
schauen. Andere Gliedkirchen der EKD können<br />
uns helfen.<br />
Welche <strong>Gemeinde</strong>strukturen<br />
sind zukunftsfähig?<br />
Die Frage nach der Struktur unserer<br />
<strong>Gemeinde</strong>n wird uns beschäftigen. Es<br />
besteht kein Zweifel an der Stärke parochialer<br />
Strukturen. Die <strong>Gemeinde</strong> vor Ort muss<br />
gestärkt und erhalten werden. Auch bei<br />
kommenden Pfarrplänen ist darauf zu achten,<br />
dass überschaubare <strong>Gemeinde</strong>größen<br />
bleiben, dass Pfarrer ihren Verkündigungsund<br />
Seelsorgeaufgaben gut nachkommen<br />
können. Doch neben der Ortsgemeinde<br />
wird es vermehrt überparochiale <strong>Gemeinde</strong>n<br />
geben. Ob es Jugendkirchen sind oder<br />
Gemeinschaftsgemeinden, wir brauchen<br />
eine gewisse Freiheit, damit Menschen in<br />
unserer Kirche eine Heimat finden können.<br />
In den vergangenen Jahren hat unsere<br />
württembergische Kirche einen guten Weg<br />
eingeschlagen, den es weiter zu gehen gilt.<br />
So ist z.B. der Frage der Finanzen nachzugehen.<br />
Warum bekommen überparochiale<br />
<strong>Gemeinde</strong>n keinen Teil der Kirchensteuern,<br />
obwohl ihre Mitglieder Kirchensteuerzahler<br />
sind? <strong>Auf</strong> der anderen Seite muss noch<br />
mehr der Frage nachgegangen werden, wie<br />
überparochiale <strong>Gemeinde</strong>n in das Ganze<br />
z.B. eines Kirchenbezirks eingebunden werden.<br />
Missionarischer und diakonischer<br />
<strong>Gemeinde</strong>aufbau<br />
– Hand in Hand<br />
Wenn wir für einen missionarischen<br />
<strong>Gemeinde</strong>aufbau eintreten, dann auch für<br />
einen diakonischen! Diakonie ist aus der<br />
<strong>Gemeinde</strong> ausgegliedert worden und in<br />
große Einrichtungen delegiert oder noch<br />
härter formuliert outgesourct worden.<br />
Doch die diakonischen Fragen holen uns<br />
ein. Wo wird das Thema Armut oder Altersarmut<br />
in unseren <strong>Gemeinde</strong>n bearbeitet?<br />
Wie sind die Verbindungen zwischen<br />
Kirchengemeinden und ihren Diakoniestationen?<br />
Sind Diakoniestationen nur noch<br />
wirtschaftliche Unternehmen in Konkurrenz<br />
zu freien Anbietern oder sind es<br />
Einrichtungen von Kirchengemeinden, wo<br />
Mitarbeitende im Gottesdienst eingesegnet<br />
werden und für ihren Dienst gebetet wird,<br />
wo Kirchengemeinderäte und Pfarrer über<br />
Krankheitsnöte im Ort informiert werden<br />
16 17
Von der Freiheit eines<br />
Christenmenschen. Aktuelle<br />
Anmerkungen rund um das<br />
und Seelsorge geschehen kann? Ist nicht<br />
auch die Ausrichtung unserer Kindergärten<br />
eine diakonische Frage? Wenn Bildung der<br />
Zugang zu unserer Gesellschaft ist und<br />
Spracherziehung vermehrt Bedeutung<br />
erhält, dann ist darauf zu achten, dass in<br />
unseren kirchlichen Kindergärten gerade<br />
Kinder mit Migrationshintergrund vermehrt<br />
Chancen bekommen.<br />
Jugendarbeit der Zukunft<br />
Unsere Gesellschaft verändert sich in<br />
kürzester Zeit. Die Ganztagesschule kommt<br />
flächendeckend. Unsere Jugendarbeit, die<br />
Jungscharen und Teeniekreise finden im<br />
Augenblick in den freien Zeiten, nachmittags<br />
oder abends statt. Diese Freiräume<br />
verändern sich. Nachmittags wird Schule<br />
sein. In den freien Abendstunden werden<br />
sich alle Freizeitangebote drängen. Welche<br />
Auswirkungen hat dies auf die Jugendarbeit?<br />
Wie können wir auf der anderen Seite<br />
die Chance dieser Veränderung nutzen,<br />
indem wir Schulangebote mitgestalten?<br />
Die Gaben des Alters entdecken<br />
In unserem Wahlprogramm haben wir<br />
einen Kongress angeregt, auf dem die<br />
Chancen des Älterwerdens und die diakonische<br />
Herausforderung bedacht werden.<br />
Das Zukunftspapier der EKD geht von der<br />
demographischen Veränderung unserer<br />
Gesellschaft aus. Auch wir sollten diese<br />
Veränderung in den Blick nehmen. Unser<br />
Ziel muss sein, dass Jung und Alt gemeinsam<br />
Kirche gestalten und nicht gegeneinander<br />
ausgespielt werden. Der Leib Jesu<br />
Christi hat viele Glieder. Sie sind alle aufeinander<br />
angewiesen.<br />
Dem Gottesdienst eine Chance<br />
geben<br />
Zum Schluss möchte ich noch einen Punkt<br />
nennen, der für mich ganz zentral ist. Wir<br />
sollten in diesen sechs Jahren die Frage<br />
des Gottesdienstes in den Mittelpunkt<br />
stellen. So könnte das Jahr 2012 ein Jahr<br />
des Gottesdienstes werden, in dem wir in<br />
der ganzen Landeskirche über unsere Gottesdienste<br />
nachdenken. Folgende Fragen<br />
sind da zu klären: Wie ist das Verhältnis<br />
zwischen traditionellen Gottesdiensten<br />
am Sonntagmorgen und den Zweitgottesdiensten<br />
am Samstag- oder Sonntagabend?<br />
Wie werden unsere Gottesdienste<br />
vermehrt wieder zur Heimat der <strong>Gemeinde</strong>glieder?<br />
Wie können Ehrenamtliche und<br />
Jugendliche stärker beteiligt werden, damit<br />
es »ihr« Gottesdienst wird? Was ist der<br />
ganz besondere <strong>Auf</strong>trag der Hauptamtlichen,<br />
der Theologinnen und Theologen?<br />
Mein Wunsch wäre, dass wir an der Predigt<br />
arbeiten, damit das Wort des Evangeliums,<br />
mit dem Kirche steht und fällt, »recht«<br />
(Augsburger Bekenntnis CA 7) aber auch<br />
so lebendig verkündigt wird, dass es Menschen<br />
neu anspricht und trifft.<br />
Dies sind für mich sechs wichtige Punkte.<br />
Sicher werden uns wieder stark die Fragen<br />
der Finanzen beschäftigen. Vielleicht<br />
gelingt es uns hier noch besser neben der<br />
Frage der gerechten Verteilung der Mittel<br />
die Frage der Ziele stärker ins Auge zu<br />
fassen.<br />
Um Eines bitte ich alle Leser: Die neue<br />
Synode braucht die Fürbitte der <strong>Gemeinde</strong>.<br />
Ohne diese Fürbitte sind wir arm, denn aus<br />
uns heraus können wir nichts tun. »Wir<br />
sind es nicht die Kirche bauen und erhalten…<br />
der ist’s der spricht: Siehe, ich bin bei<br />
euch alle Tage bis an der Welt Ende«.<br />
Zunächst aus aktuellem Anlass: die Ludwig-Hofacker-Vereinigung<br />
unterstützt<br />
das Christival voll und ganz! Wir stehen<br />
hinter dem Christival in seiner geistlichen<br />
<strong>Grund</strong>ausrichtung und in seinen einzelnen<br />
thematischen Zielsetzungen. Wir sind sehr<br />
froh über dieses jahrezehntelang bewährte<br />
Jugendfestival und sehen die segensreichen<br />
Auswirkungen dieser Bewegung<br />
an allen Ecken und Ende der Jugend- und<br />
Erwachsenenarbeit in unseren <strong>Gemeinde</strong>n<br />
und Gemeinschaften. Wir können auch<br />
im Blick auf das Christival 2008 nur allen<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
empfehlen: <strong>Auf</strong> nach Bremen vom 30.4.<br />
– 4.5.! Geht hin! Jesus bewegt! Nehmt die<br />
Impulse auf. Kehrt zurück, verändert in<br />
Eurem Leben und mit neuer Hoffnung auf<br />
Veränderung durch Christus im Leben der<br />
Menschen und unserer <strong>Gemeinde</strong>n.<br />
Und wir widersprechen ganz entschieden<br />
der inakzeptablen, diffamierenden Kritik an<br />
der beabsichtigten Ausrichtung des Christivals<br />
im Blick auf ein Einzelseminar zur<br />
Frage der Homophilie. Schon wissenschaftlich<br />
ist die Frage nach der immer schon<br />
gegebenen, unwiderruflichen sexuellen<br />
Orientierung keineswegs so unumstritten<br />
wie behauptet. Endgültig widerlich wird die<br />
Kritik aber dort, wo sie sich der Ausdrucksweise<br />
»fundamentalistische HeilungsScharlatane«<br />
bedient und dann »Deutsche Institut<br />
für Jugend und Gesellschaft« (Nähe zu<br />
OJC), Wüstenstrom e.V. und Lebensrechtsgruppen<br />
in die Ecke von Nationalsozialismus<br />
und Antisemitismus gedrückt werden.<br />
Es ist uns unbegreiflich, wie stark der<br />
offensichtliche Hass in solchen Worten und<br />
Vergleichen seinen Ausdruck finden kann.<br />
Hier haben wir es mit einer neuen Qualität<br />
der Auseinandersetzung zu tun. Das<br />
Christival ist nämlich nicht nur ein wenig in<br />
Verruf geraten. Sondern das Christival wird<br />
bekämpft und verunglimpft.<br />
Neben dieser notwendigen Solidaritätsbekundung<br />
mit in biblischer Linie und<br />
Tradition arbeitenden Gruppierungen geht<br />
es um mehr. Es geht um nicht mehr und<br />
nicht weniger als um die Freiheit der Christen.<br />
Und für uns darum, sie festzuhalten.<br />
Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller<br />
Dinge – und niemandem untertan. Daraus<br />
ergibt sich für Christen ein weites Feld der<br />
gelebten Freiheit:<br />
Christen sind frei in ihrer aktiven Glaubensäußerung.<br />
Wir leben in einem Staat,<br />
der von seinem <strong>Grund</strong>gesetz her nicht nur<br />
die passive Religionsfreiheit, sondern auch<br />
die aktive Religionsfreiheit garantiert – und<br />
damit das Recht der freien Glaubensäußerung,<br />
auch in ethischen Fragen.<br />
Christen sind frei in der Frage, woran sie<br />
sich in ihrem Leben ethisch orientieren. Sie<br />
sind frei von einem durch postmodernen<br />
Erkenntnisstand und zeitgeistliche Strömungen<br />
vorgegebenen Wertedruck. Sie<br />
sind frei davon, sich von Meinungsträgern<br />
in Staat und Politik sagen lassen zu müssen,<br />
was an Werten gilt und was nicht.<br />
Würde dies nicht gelten, dann wäre auf<br />
Dauer auch jede Form von Mission unmöglich.<br />
Und in letzter Konsequenz zielt der<br />
Widerstand gegen das Christival auch<br />
darauf ab. Dass es nicht mehr möglich sein<br />
soll, anderen Menschen aktiv eigene Glaubensüberzeugungen<br />
zu vermitteln – außer<br />
sie stehen im Einklang mit einem wie auch<br />
immer gearteten Anschauung des Staates<br />
oder mancher Parteien. Staatliche Verantwortungsträger<br />
würden dann überwachen,<br />
wozu sich Christen zu Wort melden dürfen<br />
– und wie. Und erst recht verboten wäre,<br />
dass man bei anderen Menschen versucht,<br />
18 19
Dekan<br />
Ralf Albrecht,<br />
Nagold<br />
Gedenktag<br />
250. Geburtstag von Michael Hahn<br />
mit dieser Wortmeldung deren Leben zu<br />
verändern. Wir halten stattdessen fest:<br />
wovon wir überzeugt sind, davon reden<br />
wir. Und das geben wir auch, gewinnend<br />
und herausfordernd, an andere weiter.<br />
Christen sind frei in der Seelsorge.<br />
Gerade weil Seelsorge nicht Zwangstherapie,<br />
nicht Druck und nicht unterschwellige<br />
Beeinflussung beinhaltet, sondern angebotene<br />
Lebenshilfe, orientiert am biblischen<br />
Denken, wehren wir uns entscheiden<br />
gegen jeden Generalverdacht, christliche<br />
Seelsorge sei unrechtmäßige Problemeinrederei.<br />
Was hier zunächst einem kleinen<br />
Teilbereich der Seelsorge unterstellt wird,<br />
bringt in letzter Konsequenz die gesamte<br />
christliche Seelsorge unter Generalverdacht.<br />
Es läuft darauf hinaus, in der<br />
Seelsorge nichts mehr Schuld, Vergebung<br />
und die Möglichkeit zur Umorientierung<br />
ansprechen zu dürfen. Das Thema Buße<br />
und Beichte, das Thema Lebensberatung in<br />
der Seelsorge grundsätzlich wird grundsätzlich<br />
verdächtigt als eine feinmaschige<br />
Form des Psychoterrors. Man überlege sich<br />
nur, zu welchem verheerenden Ergebnis ein<br />
solcher Generalverdacht auf Dauer für die<br />
seelsorgerliche Arbeit insgesamt führt. Hier<br />
gilt es immer neu entschieden für die Freiheit<br />
der Seelsorge einzutreten. Sie lebt ja<br />
von diesem freien Angebot zum Gespräch,<br />
zur Begleitung und zur Beratung. <strong>Auf</strong><br />
nichts anderes als auf Freiwilligkeit und<br />
Einverständnis ist sie angelegt.<br />
Christen sind frei von der Intoleranz<br />
der Toleranz. Warum haben bestimmte<br />
Ansichten von Christen gerade keinen Platz<br />
mehr in unserer so pluralistischen Gesellschaft?<br />
Christen fordern zum einen immer<br />
wieder neu das Recht, mit ihrer Minderheitenmeinung<br />
im staatlichen pluralistischen<br />
Meinungsgefüge nicht ausgegrenzt zu<br />
werden. Nicht bei der ethischen Einstellung<br />
der Christen ausgerechnet darf die Toleranz<br />
der sich tolerant nennenden Postmoderne<br />
enden. Wenn schon tolerant, dann auch so<br />
tolerant. Das schließt ein, dass Andersdenkende<br />
Respekt genießen und das Recht zur<br />
Selbstbestimmung und zu eigenverantworteten<br />
Lebenswegen eingeräumt bekommen.<br />
Sicher, Toleranz kann nie absolut grenzenlos<br />
sein. Aber wenn schon dem Ganzen<br />
eine Grenze gesetzt werden soll, dann an<br />
ganz anderer Stelle. Und wenn etwas an<br />
<strong>Grund</strong>werten in unserem Staat zu schützen<br />
ist, dann im Bereich der Sexualethik<br />
und der Lebensformen zum Beispiel der im<br />
<strong>Grund</strong>gesetz vorgesehene Vorrang von Ehe<br />
und Familie.<br />
Christen sind frei – zur Bindung an<br />
die Bibel. Soo frei können wir gar nicht<br />
sein, dass wir dabei nicht in unserem<br />
Herzen und Gewissen gebunden wären.<br />
Bindungslosigkeit ist keine Freiheit. Mit der<br />
Bindungslosigkeit würden wir letztlich alles<br />
verlieren, auch unsere Freiheit. Deshalb<br />
sind wir nicht nur »frei von …«, sondern<br />
auch »frei für …« – nämlich frei für Gott<br />
und sein Wort. Daran binden wir uns. Und<br />
auf diesen Gott und seine Lebensverheißung<br />
und Vorgabe gebunden zu sein, ist<br />
unsere höchste Freiheit. Christen sind<br />
frei in der Bindung an das biblische Wort.<br />
Staatliche Eingriffe in diese Form der<br />
Gewissensbindung und Meinungsfreiheit<br />
gab es immer – und sie mussten immer<br />
zurückgewiesen werden. Denn mit diesen<br />
Eingriffen stand immer das Ganze auf dem<br />
Spiel: »Man muss Gott mehr gehorchen als<br />
den Menschen« (Apg. 5,29).<br />
Zusammengefasst: Gott zu dienen ist die<br />
höchste Freiheit. Für diese Freiheit eines<br />
Christenmenschen stehen wir ein – im Blick<br />
auf das Christival und grundsätzlich. Und<br />
dafür stehen wir auch auf, wenn es nötig<br />
ist, so wie jetzt. Stehen Sie mit hin!<br />
1. Biographische Übersicht<br />
Am 2. Februar 1758 wurde Michael Hahn<br />
in Altdorf bei Böblingen geboren. Deshalb<br />
gedenken wir im Jahr 2008 an seinen 250.<br />
Geburtstag. Er starb am 20. Januar 1819<br />
in Sindlingen. Dazwischen liegen acht<br />
Lebensabschnitte, die man folgendermaßen<br />
zusammenfassen kann:<br />
1. Geburt, Kindheit und Jugend bis zu<br />
seiner Erweckung (1758-1774)<br />
Hahn verlor seine Mutter, als er vier Jahre<br />
alt war, und bekam dann eine Stiefmutter,<br />
die ihn nicht gut behandelte. Die biblischen<br />
Geschichten, die er in der Schule hörte,<br />
lösten lebhafte Vorstellungen in ihm aus.<br />
In der Gesellschaft der jungen Leute von<br />
Altdorf fühlte er sich nicht wohl und las,<br />
während er dort sein musste, in seinem<br />
Neuen Testament. Am Karfreitag 1774<br />
erlebte er beim Singen des Liedes »Der<br />
am Kreuz ist meine Liebe« eine besondere<br />
Erweckung.<br />
2. Innere Kämpfe bis zu seiner ersten<br />
Erleuchtung (1774-1777)<br />
In diesen Jahren bemühte sich der junge<br />
Hahn mit allen Kräften um ein heiliges<br />
Leben, hatte viele Fragen über das Wesen<br />
Gottes, die ihm niemand beantwortete,<br />
und empfand die Worte der Bibel meist<br />
als Bedrohung. Im Sommer 1777 erlebte<br />
er seine erste Zentralschau, in der ihm<br />
alle seine Fragen in einer dreistündigen<br />
Erleuchtung beantwortet wurden.<br />
3. Zeit der Zurückgezogenheit bis zu<br />
seiner zweiten Erleuchtung (1777-<br />
1783)<br />
Nach der ersten Erleuchtung schloss<br />
sich Hahn der Erbauungsstunde an,<br />
die es in Altdorf gab. Dadurch zog er<br />
sich den Unwillen seines Vaters zu. Um<br />
dessen Zorn auszuweichen, suchte sich<br />
Hahn eine Arbeitsstelle als Bauernknecht<br />
in Döffingen und danach eine zweite<br />
auf dem Ihinger Hof in der Nähe von<br />
Magstadt. Im Winter 1779/1780 kam es<br />
zur Aussöhnung mit seinen Eltern. Hahn<br />
kehrte nach Hause zurück. Er erhielt ein<br />
eigenes Zimmer, in dem er ganz nach<br />
seinen Vorstellungen leben durfte. Er<br />
half aber auch auf dem Bauernhof mit.<br />
Er lebte zurückgezogen in äußerster Einfachheit<br />
und vertiefte in eifrigem Bibelstudium<br />
und Gebet die Eindrücke, die er<br />
in seiner Zentralschau erhalten hatte. Am<br />
20 21
Ende dieser Zeit schenkte ihm Gott eine<br />
zweite Erleuchtung, die sieben Wochen<br />
lang andauerte.<br />
4. Erste Wirksamkeit (1783-1785)<br />
Nach der zweiten Erleuchtung fing Hahn<br />
an in den Erbauungsstunden selber zu<br />
sprechen. Schnell wurde seine besondere<br />
Gabe bekannt und Ortsfremde besuchten<br />
die Stunden in Altdorf. Auch wurde Hahn<br />
zu Privaterbauungsstunden in die umliegenden<br />
Orte eingeladen. In dieser Zeit<br />
schrieb er seine Jugendwerke, die heute in<br />
den Bänden 7 und 8 seiner gesammelten<br />
Schriften zu finden sind.<br />
5. Konflikt mit der Landeskirche<br />
(1785-1789)<br />
In den Jahren 1785 bis 1789 kam es zum<br />
Konflikt mit der Kirche, der dem empfindsamen<br />
jungen Mann viel ausmachte.<br />
Durch einen Schmähartikel des Pfarres von<br />
Hildrizhausen in der Schwäbischen Chronik<br />
wurde Hahn im ganzen Land bekannt.<br />
6. Hahn zieht sich zurück (1789-1794)<br />
Um den Anfeindungen zu entgehen, zog<br />
sich Hahn in den Jahren 1789 bis 1794, so<br />
gut er konnte, aus der Öffentlichkeit zurück<br />
und verlegte sein Wirken in einen engeren<br />
Kreis, aus dem dann später die Hahn`sche<br />
Gemeinschaft entstanden ist.<br />
7. Zuflucht in Sindlingen (1794-1804)<br />
1794 hörten die Verfolgungen auf. Hahn<br />
fand Zuflucht auf dem Witwengut der<br />
Herzogswitwe Franziska von Hohenheim<br />
in Sindlingen. Dieses Gut unterstand nicht<br />
der <strong>Auf</strong>sicht der Landeskirche. Hahn lebte<br />
dort als Gast bei wohlwollenden Menschen.<br />
Er arbeitete in der Landwirtschaft als Drittelversorger<br />
auf einem Drittelgut, d.h. er<br />
war verantwortlich für die Bewirtschaftung<br />
eines Teils der großen landwirtschaftlichen<br />
Fläche des Gesamtgutes, den man Drittelgut<br />
nannte. Seine Erbauungsstunden wurden<br />
von Menschen aus dem ganzen Land<br />
besucht.<br />
8. Im eigenen Haus in Sindlingen<br />
(1804-1819)<br />
In seinem letzten Lebensabschnitt lebte<br />
Hahn zusammen mit guten Freunden, die<br />
ihn unterstützten, im eigenen Haus in<br />
Sindlingen, das er für sich erbauen ließ. In<br />
diesen Jahren war er rastlos tätig. Er hielt<br />
regelmäßig stark besuchte Erbauungsstunden,<br />
wurde viel als Seelsorger aufgesucht,<br />
schrieb unaufhörlich Briefe und Lieder,<br />
beteiligte sich intensiv an den Vorbereitungen<br />
zur Gründung der <strong>Gemeinde</strong><br />
Korntal und starb kurz vor seinem 61.<br />
Geburtstag.<br />
2. Hahns »Verfolgung« durch<br />
die Landeskirche<br />
Warum machte die Kirche Hahn Schwierigkeiten?<br />
- Die Antwort auf diese Frage ist<br />
ganz einfach: Weil Hahns Wirksamkeit in<br />
den Privaterbauungsstunden den Rahmen<br />
der gesetzlichen Bestimmungen deutlich<br />
sprengte. Im Pietistenreskript von 1743 war<br />
für das Abhalten von Privaterbauungsstunden<br />
im Herzogtum Württemberg ein fester<br />
Rahmen gegeben.<br />
Es galten folgende Bestimmungen:<br />
1. Die Versammlungen durften nicht zur<br />
Gottesdienstzeit stattfinden.<br />
2. Es sollten nicht mehr als 15 Personen<br />
teilnehmen.<br />
3. Für Männer und Frauen sollten getrennte<br />
Stunden gehalten werden.<br />
4. Versammlungen bei Nacht waren<br />
verboten.<br />
5. Ortsfremde Personen sollten nicht<br />
teilnehmen.<br />
6. Laien durften keine selbstständigen<br />
Vorträge halten.<br />
7. In den Versammlungen sollten<br />
anerkannte Erbauungsschriften gelesen<br />
werden.<br />
8. Der Ortspfarrer sollte die Einhaltung<br />
dieser Vorschriften überwachen.<br />
Dem jungen Hahn strömten, seitdem er<br />
in den Stunden zu sprechen begann (seit<br />
1783), Scharen von jungen Leuten zu. Er<br />
wurde auch in andere Orte eingeladen, um<br />
dort in den Versammlungen zu sprechen.<br />
Dabei kamen Frauen und Männer gemischt<br />
zusammen. Die Zahl der Zuhörer lag oft<br />
über 40. Das Heranströmen ortsfremder<br />
Personen ließ sich nicht verheimlichen. Bei<br />
seinem Reden legte Hahn keine Erbauungsschriften<br />
zugrunde, sondern sprach direkt<br />
über einen Bibeltext. Das alles verstieß<br />
offensichlich gegen die geltenden Bestimmungen.<br />
Nach dem Gesetz musste der Ortspfarrer<br />
als Erster gegen Hahn einschreiten. In<br />
Altdorf war das damals Christian Philipp<br />
Kling. Er wurde seit 1784 bei den jährlich<br />
stattfindenden Visitationen durch den<br />
Dekan von Lustnau jedesmal ermahnt, das<br />
Treiben um Michael Hahn genau zu überwachen<br />
und gegen Gesetzesverstöße die<br />
Ortspolizei zu Hilfe zu rufen. So war Kling<br />
gezwungen, Hahn öfters zurechtzuweisen.<br />
Wegen dieser dauernden Ermahnungen<br />
seines Pfarrers gewann Hahn den Eindruck,<br />
sein Ortspfarrer sei gegen ihn eingestellt.<br />
Die vorhandenen Kirchenakten widerlegen<br />
diesen Eindruck: Pfarrer Kling meldete die<br />
offensichtlichen Verstöße bei den Versammlungen<br />
nie an die höhere Behörde,<br />
sondern schrieb in seinen Berichten, alles<br />
entspreche den geltenden Bestimmungen.<br />
Er betonte, dass Hahn einen ordentlichen<br />
Lebenswandel führe, und warnte davor,<br />
gegen Hahn Strenge zu gebrauchen, da<br />
dieser sonst ins Lager der Separatisten<br />
getrieben werde.<br />
In den vorhandenen Akten erkennt man<br />
nur zwei Geistliche, die entschieden gegen<br />
Hahn vorgingen. Der erste war Dekan<br />
Magnus Friedrich Roos, der bei seiner Visitation<br />
in Altdorf im Jahr 1784 Hahn öffentlich<br />
angriff, ohne ihn verhört zu haben.<br />
Roos wurde allerdings noch im selben<br />
Jahr Prälat in Anhausen und hatte damit<br />
in Altdorf keine Amtsbefugnis mehr. Der<br />
zweite scharfe Gegner war Johann Christoph<br />
Klemm, der Pfarrer von Hildrizhausen,<br />
der es nicht verkraftete, dass der junge<br />
Hahn aus seiner <strong>Gemeinde</strong> viele Anhängerinnen<br />
und Anhänger gewann. Deshalb<br />
unterzog er ihn im Januar 1786 einem<br />
scharfen Verhör vor dem Kirchenkonvent.<br />
Darin wurde klar, dass sich Hahn in vielen<br />
Punkten gegen das Pietistenreskript vergangen<br />
hatte. Klemm zeigte ihn nun mit<br />
diesem Protokoll beim weltlichen Oberamt<br />
in Herrenberg an. Als das Oberamt nicht in<br />
der gewünschten Weise reagierte, veröffentlichte<br />
Klemm im September 1787 in der<br />
Schwäbischen Chronik einen Artikel, der<br />
mehrere boshafte Unterstellungen enthielt<br />
und durch den Hahn schlagartig im<br />
ganzen Land bekannt wurde. Nun musste<br />
die oberste Kirchenbehörde in Stuttgart<br />
sich mit der Sache befassen. Dabei stellte<br />
sich schnell die Unhaltbarkeit der meisten<br />
22 23
Württembergische<br />
Orientierungswochen<br />
Anklagepunkte heraus. Klemm zog sich<br />
eine schwere Rüge seiner Vorgesetzten zu.<br />
Allerdings verstießen Hahns Stunden auch<br />
weiterhin oft gegen das Gesetz. Deshalb<br />
waren die Ortspfarrer und die örtlichen<br />
Polizeibehörden immer wieder gezwungen,<br />
gegen Hahn vorzugehen, und er<br />
musste sich mehrfach einem amtlichen<br />
Verhör stellen. Erst durch seine Umsiedlung<br />
nach Sindlingen im Jahr 1794 hörten<br />
diese Belästigungen auf, weil Hahn dort<br />
unter dem Schutz der Herzogswitwe<br />
Franziska von Hohenheim stand und Sindlingen<br />
nicht den kirchlichen Behörden<br />
unterstand.<br />
3. Hahns Bedeutung<br />
Mit seinem leidenschaftlichen Gottsuchen,<br />
mit seinem lebenslangen Forschen<br />
in der Heiligen Schrift, mit der Zentralstellung<br />
Christi in seiner Lehre kehrte Hahn<br />
in einer Zeit, in der die <strong>Auf</strong>klärung starken<br />
Einfluss in der Theologie gewonnen<br />
hatte, zu den Positionen der Reformation<br />
zurück.<br />
Indem Hahn die Notwendigkeit der Wiedergeburt<br />
betonte und neben der Rechtfertigung<br />
durch den Glauben auch die<br />
Heiligung des Lebens forderte, zeigte er<br />
seine Zugehörigkeit zum Pietismus.<br />
Mit seinem Verzicht auf die Ehe, um so<br />
Gott ganz ungehindert dienen zu können,<br />
setzte er im Raum der evangelischen Kirche,<br />
abweichend von Luther, ein Zeichen ,<br />
das im 19. Jahrhundert von vielen tausend<br />
Diakonissen aufgenommen wurde, die auf<br />
die Ehe verzichteten, um ungehindert vernachlässigten<br />
Kindern, Kranken, Armen und<br />
Gestrandeten und zu helfen.<br />
Was Hahn auch heute noch unverzichtbar<br />
macht, ist seine tiefe Gotteserkenntnis, die<br />
ihm durch seine Zentralschau geschenkt<br />
wurde. Wer über Gott mehr als das allgemein<br />
Gesagte wissen will, findet bei<br />
Michael Hahn reichlich Antworten auf<br />
sein Fragen. Ebenso kann Hahn wegweisend<br />
sein bei der Suche nach dem Sinn<br />
des Lebens, indem er die Berufung des<br />
Menschen zur Gottesebenbildlichkeit allen<br />
Widerständen zum Trotz festgehalten hat.<br />
Mit seiner Bescheidenheit, Demut, Weitherzigkeit<br />
und seiner Begabung als Seelsorger<br />
kann er auch heute noch die Herzen seiner<br />
Leser gewinnen.<br />
Theodor Fritz,<br />
Studiendirektor i.R.,<br />
Böblingen<br />
Für den Herbst 2008 und das Frühjahr<br />
2009 bieten wir nun zum vierten Mal Vorträge<br />
an. Nutzen Sie diese Chance, Abende<br />
über die Frage nach Gott in ihren Bezirken<br />
und <strong>Gemeinde</strong>n zu gestalten.<br />
Es ist eine uns bedrängende und bewegende<br />
Frage, wie ein Blick in die Bestsellerlisten<br />
in Deutschland zeigt. Und da stehen<br />
sie wenig einträchtig beieinander - das<br />
Buch von Manfred Lütz: »Gott - eine kleine<br />
Geschichte des Größten« und das andere:<br />
»Der Gotteswahn« von Richard Dawkins.<br />
Das Thema »Gott« ist wieder auf dem Tisch,<br />
wenn es um Buchverkaufserfolge geht.<br />
Eine ganze Zeit war es die Jesus-Gestalt.<br />
Dann wurde diese Welle der Jesusbücher<br />
abgelöst von der Frage nach Glück- und<br />
Lebenserfolg. Und dann kam die Wertediskussion<br />
auf, die auch stark religiös geführt<br />
wurde.<br />
Jetzt sind wir wieder bei diesen Sätzen<br />
angelangt, die gefasst in alte Bekenntnissätze<br />
so lauten: »Ich glaube an Gott, den<br />
Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des<br />
Himmels und der Erde.« Wie ist er, dieser<br />
Gott?<br />
Wir wollen als Hofacker-Vereinigung mit<br />
thematischen Vorträgen dazu Orientierung<br />
bieten. Deshalb die Orientierungswochen<br />
zum Thema: »Ich glaube Gott«. Vier verschiedene<br />
Themen werden angeboten. Wir<br />
gehen dabei verschiedenen Fragen nach.<br />
1. Wer steht am Anfang? Warum<br />
bekommen wir Menschen Gott nicht los?<br />
Warum bekennen wir Gott grundlegend<br />
und als Erstes als den Vater?<br />
2. Warum braucht dieses Universum<br />
einen Schöpfer? Was bedeutet es für<br />
uns Menschen und unsere Welt, dass Gott<br />
geschaffen hat und bis heute schafft und<br />
schafft und schafft?<br />
3. Wie mächtig ist Gott? Wie beeindruckt<br />
sind wir von der Macht der Liebe<br />
Gottes, der sich - allmächtig - ganz ohnmächtig<br />
sich in diese Welt und ans Kreuz<br />
begeben hat?<br />
4. Einer - und doch dreifaltig. Einer<br />
- und deshalb dreieinig. Was auf der einen<br />
Seite fast unaussprechlich klingt, ist doch<br />
auf der anderen Seite <strong>Grund</strong>lage unseres<br />
Glaubens. Warum glauben wir unverzichtbar<br />
(!) dem dreieinigen Gott?<br />
Das Gesamtthema<br />
Ich glaube Gott<br />
Die Einzelvorträge:<br />
Thema 1: Gott - wer bist Du?<br />
Der Vater<br />
Thema 2: Gott - was tust Du?<br />
Der Schöpfer<br />
Thema 3: Gott - was kannst Du?<br />
Der Allmächtige<br />
Thema 4: Gott - wie begegnest Du?<br />
Der Dreieinige Gott<br />
Was müssen Sie tun?<br />
Leider haben wir die Reihe unserer Referenten<br />
bei Drucklegung noch nicht komplett. Sie wird<br />
in der nächsten Ausgabe der »<strong>Lebendige</strong>n<br />
<strong>Gemeinde</strong>« veröffentlicht. Damit Sie Ihre Veranstaltungen<br />
planen können, setzen Sie sich<br />
bitte mit der Geschäftstelle in Verbindung.<br />
Sie erhalten dann umgehend eine Liste der<br />
Referenten mit deren jeweiligen Themen. Dann<br />
setzen Sie sich direkt mit den Referenten in<br />
Verbindung.<br />
Wir haben für diese Woche spezielle Plakate<br />
und Handzettel gestaltet, damit der aktuelle<br />
Text eingedruckt oder kopiert werden kann.<br />
Diese können bei uns abgerufen werden. Wir<br />
drucken Ihnen aber auch dieses Werbematerial<br />
im digitalen Verfahren relativ günstig.<br />
24 25
11. bis 12. April 2008<br />
Kultur- & Kongresszentrum<br />
Liederhalle Stuttgart<br />
Kongress Wachsende Kirche<br />
Kongress Wachsende<br />
Kirche – Jetzt anmelden<br />
Idealer Einstieg für neugewählte Kirchengemeinderäte und<br />
interessierte Christen<br />
Stuttgart. Rund 2.000 Kirchengemeinderäte<br />
und interessierte Christen<br />
erwartet die Evangelische Landeskirche<br />
beim Kongress »Wachsende Kirche« am<br />
11./12. April im Stuttgarter Kultur- &<br />
Kongresszentrum Liederhalle. Eine<br />
Anmeldung ist seit Anfang des Jahres<br />
online über die Homepage www.wachsendekirche.de<br />
möglich. Der ausführliche<br />
Kongress-Prospekt kann angefordert<br />
werden. E-Mail: info@wachsendekirche.de,<br />
Telefon (0711)2068-266.<br />
Neben Referenten wie Fulbert Steffensky,<br />
Michael Herbst, Lucie Panzer<br />
und Isolde Karle wird es 130 Seminare<br />
geben, bei denen erfolgreiche Initiativen<br />
vorgestellt werden, die zeigen, wie<br />
Kirche qualitiativ oder zahlenmäßig<br />
wachsen kann. Außerdem präsentieren<br />
sich rund 90 Aussteller auf einem<br />
»Markt der Möglichkeiten«. Den ersten<br />
Tag beschließt ein Kulturprogramm,<br />
das vom kirchlichen Kabarett über<br />
Jazz bis hin zu Orgelklängen reicht. Der<br />
Kongress endet mit einem Sendungsgottesdienst,<br />
bei dem Landesbischof<br />
Frank O. July die Predigt halten wird.<br />
In zwei Buchreihen sollen Beiträge<br />
vom Kongress sowie rund ums Thema<br />
»Wachsende Kirche« veröffentlicht<br />
werden. Zudem wurde eine wissenschaftliche<br />
Untersuchung in <strong>Auf</strong>trag<br />
gegeben, die heraufinden soll, welche<br />
Umstände dazu helfen, dass erwachsene<br />
Menschen zum Glauben kommen.<br />
Jetzt<br />
online anmelden:<br />
www.wachsendekirche.de<br />
27
Postvertriebsstück<br />
E 7094 DPAG<br />
<strong>Lebendige</strong> <strong>Gemeinde</strong><br />
Ludwig-Hofacker-Vereinigung<br />
Saalstr. 6<br />
70825 Korntal-Münchingen<br />
Entgelt bezahlt<br />
2008<br />
Mit den Flusskreuzfahrten auf der Oder und dem Rhein möchten wir zwei Reise-Highlights des<br />
Jahres 2008 anbieten. Vater Rhein und die Oder sind keine gewöhnlichen Wasserstraßen, sondern an<br />
beiden Flüssen wurde deutsche und europäische Geschichte geschrieben.<br />
Oder Kreuzfahrt<br />
Bei der Oder-Kreuzfahrt verbindet sich neben der<br />
neueren notvollen Geschichte auch die Eroberung<br />
des Landes durch Friedrich den Großen in den<br />
Schlesischen Kriegen. Hinzu kommen die vielen<br />
geistlichen Lieder, die uns durch schlesische Liederdichter<br />
geschenkt wurden. Berlin, Breslau und<br />
Krakau sind weitere Höhepunkte auf dieser sehr<br />
interessanten und bildenden Reise. Die Vorträge<br />
über Land, Leute und der Geschichte runden<br />
zusammen mit den Bibelzeiten von Winrich<br />
Scheffbuch und Erwin Damson diese Reise ab.<br />
Rhein Kreuzfahrt<br />
Der vielbesungene Rhein hat nicht nur die Loreley<br />
und seine grandiose Landschaft zu bieten.<br />
Dieser mächtige Strom mit seinem UNESCO-<br />
Weltkulturerbe »Mittelrhein« fordert heraus, ihn<br />
mit seinen Ländern und Landschaften, Städten<br />
und Domen auf ihre geschichtliche und kulturelle<br />
Vergangenheit zu befragen. Basel, mit<br />
der Basler Mission, St. Chrischona, Straßburg,<br />
Speyer, Mainz, Köln; dazu das reizvolle Ijsselmeer<br />
und Amsterdam laden ein, von Ihnen<br />
erkundet zu werden. Der ehemalige Direktor des<br />
ERF und IDEA-Vorsitzende, Pastor Horst Marquardt<br />
und Erwin Damson als erfahrener Reisebegleiter<br />
und der Traumschiff-Pianist Waldemar<br />
Grab werden mit an Bord sein.<br />
Weitere Infos und<br />
Buchungen unter:<br />
ODER-HAVEL<br />
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Oranienburg<br />
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Berlin-Spandau<br />
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Lichterfelde<br />
Niederfinow<br />
Eisenhüttenstadt<br />
Groß Neuendorf<br />
Frankfurt/O.<br />
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Krosno Odrzanskie<br />
Glogau<br />
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Steinau<br />
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Arnheim<br />
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Mosel<br />
F<br />
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