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Wolfgang Timpel EIN MÜNZFUND VON KELLA, KREIS ...

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<strong>Wolfgang</strong><br />

<strong>Timpel</strong><br />

<strong>EIN</strong> <strong>MÜNZFUND</strong> <strong>VON</strong> <strong>KELLA</strong>, <strong>KREIS</strong> HEILIGENSTADT<br />

In Kella, Kr. Heiligenstadt, stießen am 19. 9. 1967 Bauarbeiter bei Ausschac<br />

im Keller der Konsumverkaufsstelle auf Tierknochen, Scherben<br />

und zwei Tongefässe mit Goldund<br />

Silbermünzen. Die Fundstücke<br />

wurden sichergestellt. Durch eine sofortige Meldung war die Untersuchu<br />

der Fundstelle möglich1. Diese liegt etwa in der Mitte des heutigen<br />

Ortes, der nach der Siedlungsform als Haufendorf anzusprechen ist.<br />

(Mbl. Grebendorf 4726 W: 22,1; S: 13,6) Bei der Nachuntersuchung<br />

konnte im Keller zwischen zwei alten Sandsteinmauern ein Erdprof II.,<br />

angelegt<br />

werden.<br />

Die Erforschung der Entwicklung dörflicher Siedlungen ist eine Forderung<br />

an die Archäologie und die Geschichtswissenschaft, deren Verwirklichung<br />

in Thüringen, bedingt durch umfangreiche Ausschachtungen in<br />

vielen Orten, einen immer größeren Raum einnehmen wird.<br />

Da mit dem Erdaufschluß und mit dem vorliegenden Scherbenmaterial<br />

ein Beitrag zur Kenntnis des mittelalterlichen2 Besiedlungsablaufes von<br />

Kella3 gegeben werden kann, soll eine kurze Auswertung des Profils der<br />

Beschreibung des Münzfundes vorangestellt werden.<br />

S c h j c h t 6. Aus dieser Schicht konnten grobe, z. T. auch feiner gemage<br />

Scherben geborgen werden, die teilweise mit Wellen verziert<br />

sind. Ein dickwandiges Randstück besitzt einen umgelegten, schräg abgestrich<br />

Rand. — Das Material ist in Stärke, Magerung und Färbung<br />

sowie in der Herstellungstechnik nicht ganz einheitlich. Es dürfte einem<br />

späteren Abschnitt der von REMPEL (1959, S. 101 if.; 1954, S. 132 if.)<br />

herausgestellten frühdeutschen Keramik Thüringens angehören.<br />

S c h j c h t 5. Hier fällt zuerst ein schwarzes, kugeliges Gefäf3oberteil,<br />

mit rechtwinklig zur Gefässwand abgeknicktem, abgedrehtem Rand<br />

1) Für die Meldung und Sicherstellungder Fundstückesowiefür die Unterstützung<br />

bei der nachfolgendenUntersuchungsei den Herren W. Töpfer, W. Jost und E. Biersche<br />

an dieser Stelle nochmalsgedankt.<br />

2) Siehe Festschrift.825 Jahre Kella, Heiligenstadt/Kella1966.<br />

3) Erste urkundliche Erwähnung von Kella 1141 im Urkundenbuchdes Eichsfeldes,<br />

Teil I, 1933, Nr. 70.


frühdeutscher Art auf. Die übrigen Scherben sind feingemagert und härter<br />

gebrannt. Sie besitzen eine rotbraune oder graue Oberfläche und<br />

schwarze Innenseite. Man kann sie dem 12. und 13. teilweise vielleicht<br />

Abb. 1: Kella, Profil<br />

1: Beton; —2: moderner Schutt<br />

3: sandiger Bodenmit Holzkohle<br />

3a: Kalkschicht<br />

4: braunroter steinigerSand<br />

5: braunroter Sand<br />

mit gebranntem Lehm<br />

und Holzkohle<br />

6: dunkeibrauner Boden<br />

mit gebranntem Lehm<br />

und Holzkohle<br />

7: anstehenderMergel<br />

Münzgefäße<br />

schon dem 11. Jh. zuordnen. Die in der vergleichsweise lockeren Schicht<br />

ebenfalls auftretenden jüngeren Scherben (Grapen und glasiertes Material)<br />

könnten für eine teilweise Umlagerung des Bodens in diesem Bereich<br />

sprechen.<br />

Schicht 4 und 3. Beide Schichten unterscheiden sich nur unwesent<br />

dadurch, das in der Schicht 3 etwas mehr Holzkohlepartikelchen<br />

angereichert sind. Das keramische Material ist einheitlich und gehört<br />

dem 14. bis 17. Jh. an (Grapen, glasierte Scherben, Kachelbruchstücke).


Die Scherben aus dem Profil gehören fast ausschlief3lich zu Kugel-töpfe<br />

oder Grapen. Unter dem Material befindet sich lediglich ein<br />

Bodenstück eines Standbodengefäf3es.<br />

Das vorliegende Scherbenmaterial und die Schichtenfolge geben somit<br />

Anhaltspunkte für eine Besiedlung vom 10./II. Jh. (frühdeutscher Horizont)<br />

bis zum 16.117. Jh. Unzweifelhaft liegt die Fundstelle im Bereich<br />

des alten Ortskernes, über dessen Ausdehnung wir bisher noch nichts<br />

aussagen können.<br />

In die frühdeutsche Schicht (6) waren die Münzgefäße eingetieft oder<br />

von einem Keller her seitlich eingegraben worden. Die beiden Gefälle<br />

lagen in gleicher Tiefe, etwa 40 cm auseinander. Laut Bericht der Finder<br />

waren beide mit dünnen Muschelkalkplatten abgedeckt.<br />

G e f a f3 1. Hessische Krause, sehr hart, fast steinzeugartig gebrannt, hellbraune<br />

Oberfläche, Rand abgebrochen, Halsansatz und Schulter werden durch<br />

enge Gurtfurchen betont. Das Gefäß war zerscherbt und ist jetzt z. T. ergänzt.<br />

H: 6,1; Dm: 6,8 cm. Auf der Innenwandung des Gefäßes haften Reste von<br />

Kupferoxid.<br />

Die hessische Krause ist unter der thüringischen mittelalterlichen Irdenware<br />

häufiger vertreten. Vergleichsstücke finden sich u. a. im Material<br />

von Stockhausen/Sondershausen, welches von STOLL (1961, S. 286 f.) in<br />

den Zeitraum vom 12. bis 14. Jh. datiert wird (s. a. SCHIRMER 1939,<br />

S. 36 f.).<br />

G e f a 13 2. Kleiner Henkelkrug mit zylindrischem Hals und gekehltem rand-ständ<br />

Henkel: H: 12,2; Mdm: 4,2; Dm: 8,7; Bdm: 5,0 cm. Hals und Bauch<br />

werden von Gurtfurchen bedeckt, die Schulter bleibt frei. Der Boden ist mit<br />

einer leicht angedeuteten Wellenfußplatte abgesetzt. Das Gefäß besteht aus feingeschl<br />

Ton und ist sehr hart gebrannt. Die gefleckte hellbis<br />

dunkelgraue<br />

Oberfläche ist unglasiert. Einige Stellen am Rand und auf der Gefäf3innenwand<br />

sind mit mehr oder weniger starken Rostspuren bedeckt.<br />

Das Gefalle gehört zu der von Schirmer herausgestellten Gruppe von<br />

Krügen mit walzenförmigem Hals, bei denen Hals und Bauch mit Furchen<br />

versehen sind, während die Schulter frei bleibt (SCHIRMER 1932,<br />

S. 39 f., 69). KNORR (1956, S. 42) stellt drei dieser Krüge vor, die durch<br />

Münzen in das späte 14. Jh. datiert werden. Er hebt für diese Gefäßgruppe<br />

den Einfluf3 des rheinischen Steinzeuges hervor, der in Brand und<br />

Form der Krüge zum Ausdruck kommt.<br />

Der chronologische Vergleich mit der genannten datierbaren Keramik<br />

zeigt, das3die beiden Gefäße von Kella mit ihrer zeitlichen Einordnung in


die erste Hälfte des 15. Jh. (s. Datierung der Münzen) verhaltnismaf3ig<br />

lange im Gebrauch blieben und so als relativ späte Vertreter ihrer<br />

Gruppe angesehen werden müssen.<br />

In beiden Gefäßen befanden sich 9 Goldund<br />

76 Silbermünzen (z. T.<br />

Bruchstücke). Eine exakte Aufteilung der Münzen auf beide Gefäße ist<br />

Abb.2:<br />

Kella, Scherben<br />

aus Schicht5 (c) und<br />

Schicht6 (a, b) 1,2<br />

heute nicht mehr möglich. Die Grünfärbung der Gefäßwandung des kleinen<br />

Gefälles zeigt, das', darin Silbermünzen lagen. Auf den Goldmünzen<br />

konnte ein Eisenniederschlag nachgewiesen werden, der mit den Rost-reste<br />

am Krug in Verbindung zu bringen ist4. Ob dieser Rostniederschlag<br />

möglicherweise durch eine eiserne Abdeckung im Krug verursacht<br />

4) Die Goldmünzen waren mit einer Schicht Eisenoxid überzogen, die sich von<br />

einem Eisengegenstandgelöst und auf den Münzen kathodisch niedergeschlagenhatte.<br />

Sie wurden in KomplexenIII gereinigt. — Die Silbermünzen waren fest zusammenkorrod<br />

Nach der Röntgenuntersuchungerfolgte eine Behandlung mit Chelaplex<br />

III. Für die Untersuchungund Konservierungdanke ich Herrn Oberpräparator<br />

Emmerling, Museum Weimar.


wurde, läßt sich nicht mehr beweisen. An einigen der stark oxidierten<br />

Silbermünzen waren Leinenreste eines Stoffbehälters erhalten geblieben5.<br />

Goldmünzen<br />

Johann II., Graf von Nassau, 1397-1419.<br />

Goldgulden o. J. von Bingen<br />

Av: Johannes der Täufer<br />

Rv.: Geteilter Schild von Mainz und Nassau<br />

2 Münzen<br />

Frankfurt: Goldgulden o. J. (1410-33)<br />

Av.: Johannes mit<br />

Rv.: Reichsapfel<br />

3 Münzen<br />

geschultertem Szepter<br />

Köln: Dietrich IL, Graf von Mörs, 1414-1463, Bonner Goldgulden<br />

o. J.<br />

Av.: Johannes der Täufer<br />

Rv.: Im Dreipaß das vierfeldige Wappen von Köln und Mörs. In den Winkeln<br />

zwei gekreuzte Schlüssel,Rose und Schild von Trier<br />

2 Münzen<br />

Trier: Werner von Falkenstein (1388-1418) Offenbacher Goldgulden<br />

o. J.<br />

Av.: Johannes der Taufer<br />

Rv.: Im Dreipaß der gespaltene Schild. In den Ecken Wappen von Köln und<br />

Mainz. Unten zwei Verzierungen<br />

I Münze<br />

Pfalz: Ludwig III. (1410-1436) Bacheracher Goldgulden<br />

o. J.<br />

Av.: St. Petrus über Weckenschild<br />

Rv.: Im Dreipaßgeviert Pfalz- Bayern. In den Ecken Wappen von Mainz, Köln,<br />

Trier.<br />

1 Münze<br />

5) VerschiedeneGeweberestewaren den Silbermünzen ankorrodiert. Durch Behandlung<br />

wurden sie durch diese Lösung von den eingelagerten Oxidresten gereinigt und gebleic<br />

derselbenmit ChelaplexIII konnten die Reste abgelöst werden, und gleichzeitig<br />

Der Stoff wurde in Leinwandbindung gewebt; Kette und Schuft gleiches<br />

Fadenmaterial,Z- Drahtgarn, 0 0,6 mm. Das Gewebebildist sehr gleichmLii;ig,ein<br />

Gewebefehler Kettfadenbruch.Rohstoff: Flachs,stark zerstört BindungL. Auszählprob<br />

I cm)< 1 cm = 12 Pd >(12 Fd. Gesamtgrößeder Textilreste: 2,5 cm X 15 cm;<br />

I cm X 0,5 an; 1 cm X 1 cm; 0,8 cm X 0,5 cm. - Die Untersuchungender Gewebe-rest<br />

wurden freundlicherweisevon Frau Oberpräparator Parke, Museum Weimar,<br />

übernommen.


Silbermünzen<br />

21 Fürstengroschenvon Friedrich Wilhelm Friedrich (1412-1425)<br />

(Friedrich I. Wilhelm II. Friedrich der Einfältige).<br />

4 Fürstengroschenvon Balthasar (geprägt ab 1394).<br />

2 Schockgroschenvon Friedrich dem Einfältigen (1406-1440).<br />

2 Horngroschen von Friedrich IV. (1381-1428).<br />

5 Kreuzgroschenvon Wilhelm I. (1382-1407).<br />

38 Prager Groschen. Entweder von Wenzel II. (1278-1305) oder von Wenzel III.<br />

(1378-1419).<br />

4 Fürstengroschenvon Friedrich IV. mit sechsblättriger Rose (geprägt in Freiberg<br />

bis 1411); mit funfblattriger Rose (geprägt in Freiberg ab 1412) und mit<br />

vierbiattriger Rose (geprägt in Gotha ab 1423)6.<br />

Nach der an letzter Stelle aufgeführten Münze müssen die Geldstücke<br />

später als 1423 in die Erde gekommen sein. — Da die folgende Prägung<br />

von 1428 noch nicht im Münzfund vertreten ist, könnte das Vergraben in<br />

diesem Zeitraum geschehen sein.<br />

Einer solchen Datierung des Fundes widerspricht auch ein Prager oder<br />

böhmischer Groschen mit Gegenstempelung nicht. Diese stark abgegriffene<br />

Münze ist mit zwei Schlüsselstempeln versehen. Es handelt sich um<br />

senkrecht stehende Schlüssel mit jeweils nach links gerichtetem Bart, in<br />

dem eine Kreuzdarstellung sichtbar ist.<br />

Durch die Gegenstempelung von Münzen mit bestimmten Symbolen<br />

gaben die einzelnen Städte diesen Münzen einen anderen Wert bzw. machten<br />

damit die Währung anderer Territorien für das eigene Gebiet gültig.<br />

Die Schlüsselstempel, die auf unserem Stück aufgebracht wurden, stammen<br />

von der Stadt Soest (PIEPER 1920, S. 57). Die erste urkundliche<br />

Nachricht über die Gegenstempelung ausländischer Münzen durch den<br />

Rat der Stadt Soest besitzen wir aus der 1. Hälfte des 15. Jh.: "1419, das<br />

Pagiment wurde von dem Münzmeister ponderiert und die Groschen, Burgunder<br />

und ander Geld mit dem Soester Schlüssel bezeichnet, weil es nach<br />

Soester Werth zu geringe" (PIEPER 1920, S. 59). Unterschiedliche Bewertungen<br />

wurden durch mehrere Stempelvarianten geschaffen. So tritt der<br />

Schlüssel einzeln, doppelt und in abgewandelter Form auf. Bei den wahrscheinlich<br />

ältesten Soester Schlüsselstempeln ist der Bart nach links gerichtet,<br />

6) Für die Bestimmung der Münzen bin ich Herrn Prof. Schönfelder,Friedrich- Schiller- Universität<br />

Jena und Herrn t,,,,,,, Jena, zu grobem Dank verpflichtet


später nach rechts. In der 2. Hälfte des 15. Jh. treten Doppelbärte<br />

auf.7<br />

Hinweise auf die Gegenstempelung Prager Groschen finden wir im<br />

Material von PIEPER (1920, S. 62) und in einem Münzfund von Göttingen<br />

(FAHLBUSCH 1953, S. 54), in dem die zweifache Stempelung auf drei<br />

Groschen vorkommt.8<br />

Die Münzen verkörpern einen für damalige Begriffe außerordentlich<br />

hohen Wert: Vielleicht läst sich die Anhäufung dieses Reichtums durch<br />

den sich immer stärker entwickelnden Handel in unmittelbarer Nähe der<br />

alten Nord- Süd- Verbindungsstrasse zwischen Duderstadt und Eschwege<br />

erklären.<br />

Literatur<br />

F a h 1b u sc h, 0.<br />

(Göttinger Jahrbuch) Göttingen.<br />

(1953): Ein Göttinger Münzfund aus der 1. Hälfte des 15. Jh.<br />

K n o r r, H. A. (1956): Einige Bemerkungen zu dem Münzgefäß von Molchow<br />

(Ausgr. u. Funde 1), Berlin.<br />

Pij e per, W. (1920): Soester Gegenstempelungen (Blätter für Münzfreunde 55),<br />

München.<br />

R e m p e 1, H. (1954): Zur frühdeutschen Keramik des Landes Thüringen (Frühe<br />

Burgen u. Städte, Schriften d. Akad. 2), Berlin.<br />

— (1959): Die frühdeutsche Keramik in Thüringen (Prah. Z. 37), Berlin.<br />

Schi r m er, E. (1939): Die deutsche Irdenware des 11.—15. Jh. im engeren<br />

Mitteldeutschland (Irmin 1), Jena.<br />

S t o 11, J. (1961): Die mittelalterlichen Töpfereifunde von Sondershausen/Stockhause<br />

und Weimar, Wagnergasse (Alt- Thüringen 5), Weimar.<br />

7) Freundliche Mitteilung H. Krusy, Witten.<br />

8) Für die Bemühungenbei der Bestimmungdes Gegenstempelsdanke ich Herrn<br />

Behr, Erfurt, sehr herzlich.

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