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Juristische Fakultät Universitätsrepetitorium - Sommersemester 2010 Bezüge zum Völker- und Europarecht Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbes. Verfassungsrecht, und Rechtsphilosophie Prof. Dr. Christoph Möllers, LL.M. Laserdrome Lösungsvorschlag [Nach BVerwGE 115, 189 ff. = NVwZ 2002, 598 ff.; EuGH, Urteil vom 14.10.2004, Rs. C-36/02 = EuZW 2004, 753 ff. = JuS 2005, 63 ff.; vgl. auch Degenhart, Klausurenkurs im Staatsrecht II, 5. Auflage 2009, S. 235 ff. für eine alternative Einkleidung des Falls.] Die Klage der Omega GmbH hat Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist. A Zulässigkeit der Klage I Verwaltungsrechtsweg: Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs richtet sich mangels aufdrängender Sonderzuweisungen nach der Generalnorm des § 40 I 1 VwGO. Streitentscheidend ist hier § 17 I ASOG Bln. Diese Vorschrift berechtigt und verpflichtet einseitig die Ordnungsbehörden des Landes Berlin. Als Sonderrecht des Staates ist sie öffentlichrechtlicher Natur; somit ist auch die Streitigkeit als ganze öffentlich-rechtlich. Die Streitigkeit ist zudem nichtverfassungsrechtlicher Art, da hier nicht zwei Verfassungsorgane über spezifisches Verfassungsrecht streiten. Auch abdrängende Sonderzuweisungen sind nicht ersichtlich, so dass der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 I 1 VwGO eröffnet ist. II Beteiligte: Beteiligte des Rechtsstreits sind die Omega GmbH als Klägerin und das Land Berlin als Beklagter, § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO. Sie sind nach Maßgabe des § 62 III VwGO prozessfähig. III Statthafte Klageart:

Juristische Fakultät<br />

Universitätsrepetitorium - Sommersemester 2010<br />

Bezüge zum Völker- und Europarecht<br />

Lehrstuhl für Öffentliches Recht,<br />

insbes. Verfassungsrecht, und<br />

Rechtsphilosophie<br />

Prof. Dr. <strong>Christoph</strong> <strong>Möllers</strong>, LL.M.<br />

Laserdrome<br />

Lösungsvorschlag<br />

[Nach BVerwGE 115, 189 ff. = NVwZ 2002, 598 ff.; EuGH, Urteil vom 14.10.2004, Rs. C-36/02 =<br />

EuZW 2004, 753 ff. = JuS 2005, 63 ff.; vgl. auch Degenhart, Klausurenkurs im Staatsrecht II, 5.<br />

Auflage 2009, S. 235 ff. für eine alternative Einkleidung des Falls.]<br />

Die Klage der Omega GmbH hat Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.<br />

A<br />

Zulässigkeit der Klage<br />

I Verwaltungsrechtsweg:<br />

Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs richtet sich mangels aufdrängender<br />

Sonderzuweisungen nach der Generalnorm des § 40 I 1 VwGO. Streitentschei<strong>den</strong>d<br />

ist hier § 17 I ASOG Bln. Diese Vorschrift berechtigt und verpflichtet einseitig die<br />

Ordnungsbehör<strong>den</strong> des Landes Berlin. Als Sonderrecht des Staates ist sie öffentlichrechtlicher<br />

Natur; somit ist auch die Streitigkeit als ganze öffentlich-rechtlich. Die<br />

Streitigkeit ist zudem nichtverfassungsrechtlicher Art, da hier nicht zwei<br />

Verfassungsorgane über spezifisches Verfassungsrecht streiten. Auch abdrängende<br />

Sonderzuweisungen sind nicht ersichtlich, so dass der Verwaltungsrechtsweg nach §<br />

40 I 1 VwGO eröffnet ist.<br />

II Beteiligte:<br />

Beteiligte des Rechtsstreits sind die Omega GmbH als Klägerin und das Land Berlin<br />

als Beklagter, § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO. <strong>Sie</strong> sind nach Maßgabe des § 62 III VwGO<br />

prozessfähig.<br />

III Statthafte Klageart:


Seite: 2<br />

Bei der Ordnungsverfügung handelt es sich um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 S. 1<br />

VwVfG (das VwVfG des Bundes ist über § 1 I VwVfGBln anwendbar). Die Klägerin<br />

begehrt die Aufhebung der Verfügung. Mithin ist die Anfechtungsklage nach § 42 I<br />

Alt. 1 VwGO statthafte Klageart.<br />

IV Besondere Sachurteilsvoraussetzungen der Anfechtungsklage:<br />

1) Die Klägerin ist Adressatin einer belasten<strong>den</strong> Verfügung, durch die sie<br />

möglicherweise in ihrem Recht aus Art. 12 I GG sowie ihren Grundfreiheiten aus<br />

Art. 34 und Art. 56 I AEU verletzt ist. Mithin ist die Omega GmbH klagebefugt, §<br />

42 II VwGO.<br />

2) Das erforderliche Vorverfahren wurde frist- und formgerecht durchlaufen, §§ 68<br />

ff. VwGO.<br />

3) Die Klage wurde frist- und formgerecht eingelegt, §§ 74 I, 81 f. VwGO.<br />

V Zwischenergebnis:<br />

Mithin ist die Klage zulässig.<br />

B<br />

Begründetheit der Klage<br />

Die Klage ist begründet, wenn sie gegen <strong>den</strong> richtigen Klagegegner gerichtet ist, wenn<br />

die Verfügung vom 30.04.2009 rechtswidrig und die Omega GmbH dadurch in ihren<br />

Rechten verletzt ist, §§ 78 I, 113 I 1 VwGO.<br />

I<br />

Das Land Berlin als Träger des Bezirksamts Marzahn-Hellersdorf ist der richtige<br />

Klagegegner, § 78 I Nr. 1 VwGO.<br />

II Fraglich ist, ob die Verfügung vom 30.04.2009 rechtmäßig ist.<br />

1) Da diese Untersagungsverfügung grundrechtsrelevantes, belastendes<br />

Verwaltungshandeln darstellt, bedarf sie einer gesetzlichen<br />

Ermächtigungsgrundlage.<br />

a. Hier kommen als spezielle bundesrechtliche Ermächtigungsgrundlage für die<br />

Untersagung des Laser-Gotcha zunächst die §§ 15 II, 33i I 1 GewO in<br />

Betracht. Dann müsste das Laser-Gotcha nach § 33i I 1 GewO<br />

genehmigungspflichtig sein. Das Laser-Gotcha ist jedoch kein Spiel mit<br />

Gewinnmöglichkeit i.S.d. §§ 33c I 1, 33d I 1 GewO, da es nicht zur<br />

Ausschüttung von Geld oder geldwerten Sachpreisen an <strong>den</strong> Gewinner<br />

kommt. Ebensowenig ist die Tatbestandsvariante des „Unterhaltungsspiels<br />

ohne Gewinnmöglichkeit“ erfüllt, da § 33i I 1 GewO das „Aufstellen“<br />

derartiger Unterhaltungsspiele und somit das Vorhan<strong>den</strong>sein stationärer<br />

Spielgeräte verlangt (VGH München, NVwZ-RR 1995, 32). Mithin können die


Seite: 3<br />

§§ 15 II, 33i I 1 GewO nicht zu einer Untersagung des Laser-Gotcha<br />

ermächtigen.<br />

b. Sodann ist an die §§ 58 I bzw. 79 S. 2 BauOBln als spezielle landesrechtliche<br />

Rechtsgrundlage zu <strong>den</strong>ken. Dann müsste eine Nutzung der Laserdrome-Halle<br />

entgegen öffentlich-rechtlicher Vorschriften vorliegen. Das Veranstalten des<br />

Laser-Gotcha steht indes nur Volljährigen offen, so dass<br />

Jugendschutzvorschriften nicht berührt sind. Auch ist der Straftatbestand des<br />

§ 131 StGB nicht erfüllt, da es sich bei dem Laserspiel nicht um Darstellungen<br />

in Schriften, Rundfunk, Medien- oder Telediensten handelt. Fraglich ist<br />

hingegen, ob hier ein Verstoß gegen § 3 I, IV BauOBln vorliegt, der wiederum<br />

auf die öffentliche Ordnung verweist. Hier ist allerdings schon fraglich, ob die<br />

Omega GmbH die Nutzung der Laserdrome-Halle i.S.d. § 3 IV BauO Bln<br />

„änderte“. Je<strong>den</strong>falls dürfte eine etwaige Gefahr für die öffentliche Ordnung<br />

schwerpunktmäßig nicht von der baulichen Anlage des Laserdromes als<br />

solcher ausgehen, so dass das allgemeine Ordnungsrecht und nicht das<br />

Bauordnungsrecht anzuwen<strong>den</strong> ist (a.A. gut vertretbar; offen gelassen vom<br />

BVerwG, NVwZ 2002, 598).<br />

c. Nach alledem könnte die Verfügung auf die ordnungsrechtliche Generalklausel<br />

des § 17 I ASOG gestützt wer<strong>den</strong>. Das ASOG ist zwar grundsätzlich neben der<br />

GewO anwendbar, da hier nicht ein Gewerbe als solches untersagt wer<strong>den</strong><br />

soll, sondern lediglich eine einzelne Spielvariante verboten wird. Fraglich ist<br />

jedoch, ob auch das Verbot einer einzelnen Spielvariante mit Blick auf das<br />

Grundrecht der Omega GmbH aus Art. 12 I GG einer Bewertung durch <strong>den</strong><br />

Gesetzgeber bedarf, so dass die ordnungsrechtliche Generalermächtigung<br />

hier unanwendbar wäre. Denn nach der sog. Wesentlichkeitstheorie obliegt es<br />

dem Gesetzgeber typisch wiederkehrende grundrechtliche Spannungslagen in<br />

besonderen Regelungen auszutarieren. Hier lässt das BVerwG jedoch <strong>den</strong><br />

Rückgriff auf die ordnungsrechtliche Generalklausel zu, da Laserspiele eine<br />

neue Erscheinung seien, auf die der Gesetzgeber bisher noch nicht adäquat<br />

habe reagieren können: „Die Generalermächtigung in [§ 17 I ASOG] scheidet<br />

als Befugnisnorm auch nicht deshalb aus, weil es sich bei der<br />

Ordnungsverfügung um einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung (Art.<br />

12 I GG) handelt, für <strong>den</strong> es einer besonderen gesetzlichen Regelung<br />

bedürfte. Das BVerwG hat bereits in seiner früheren Rechtsprechung die<br />

Grenze beschrieben, welche zulässige Eingriffe auf Grund der<br />

Generalermächtigung von solchen trennt, die nur auf Grund spezieller<br />

gesetzlicher Ermächtigungen ergehen können. Danach ist der<br />

Gesetzesvorbehalt in Art. 12 I 2 GG nach Möglichkeit entsprechend <strong>den</strong><br />

Belangen der jeweils berührten Lebensgebiete durch fachlich orientierte


Seite: 4<br />

Gesetze auszufüllen. Angesichts der unvorhersehbaren Vielgestaltigkeit aller<br />

Lebenserscheinungen kann und muss allerdings auch die polizeiliche<br />

gesetzliche Generalklausel Geltung als ein die Berufsausübung regelndes<br />

Gesetz beanspruchen. Dem Sinn des Gesetzesvorbehalts in Art. 12 I 2 GG<br />

widerstreitet es aber, eine so weit gespannte Generalklausel wie die<br />

polizeiliche schlechthin als stets ausreichende Grundlage des Eingriffs der<br />

Exekutive in die Berufsausübung zu verwen<strong>den</strong>. Nicht ausreichend ist diese<br />

Grundlage dann, wenn die Entscheidung darüber, ob durch diese<br />

Berufstätigkeit die öffentliche Ordnung verletzt würde, „von einer<br />

verwickelten, in das Gebiet der Weltanschauungen hineinreichen<strong>den</strong>,<br />

abwägen<strong>den</strong> Wertung einer Mehrzahl verschie<strong>den</strong>er Schutzinteressen”<br />

abhängt. In solchen Fällen darf die Generalklausel nicht auf Einzelfälle<br />

angewandt und dadurch der Sache nach das getan wer<strong>den</strong>, was die<br />

Gesetzgebung hätte tun müssen, nämlich eine verbreitete neue<br />

Erscheinungsform der Berufsausübung zu regeln.<br />

Die Voraussetzungen für eine zu treffende neue gesetzliche Regelung für die<br />

vorliegend streitigen Veranstaltungen in Laserdromes sind gegenwärtig noch<br />

nicht gegeben. Die Spiele haben keine solche Verbreitung, dass die<br />

Leistungsfähigkeit der Generalermächtigung zur Regelung von Einzelfällen<br />

überfordert wäre. Im Übrigen lässt eine Anzahl von Äußerungen im<br />

parlamentarischen Raum darauf schließen, dass der Bundesgesetzgeber sich<br />

der mit Laserdromes zusammenhängen<strong>den</strong> rechtlichen Problematik bewusst<br />

ist, eine Regelung über das landesrechtliche Polizei- und Ordnungsrecht<br />

hinaus aber noch nicht für notwendig erachtet hat (Antworten Nr. 14 und 15<br />

des Parlamentarischen Staatssekretärs Rainer Funke am 10. 3. 1994, BT-Dr<br />

12/7058; Anworten Nrn. 14, 15 und 16 des Parlamentarischen<br />

Staatssekretärs Rainer Funke vom 26. 4. 1994, BT-Dr 12/7462;<br />

Stellungnahme der BReg. zit. nach BT-Dr 12/8005; Entwurf eines Gesetzes<br />

zur Änderung der GewO vom 17. 2. 1995, BT-Dr 13/619). [...]<br />

Dem Gesetzgeber ist zuzubilligen, dass er vor der Verabschiedung einer<br />

gesetzlichen Regelung die Entwicklung derartiger Spielveranstaltungen erst<br />

eine Zeit lang beobachtet.“ (BVerwG, a.a.O.)<br />

§ 17 I ASOG kann jedoch nur dann wirksame Ermächtigungsgrundlage zum<br />

Erlass der Ordnungsverfügung vom 30.04.2009 sein, wenn die Vorschrift<br />

ihrerseits verfassungsgemäß ist.<br />

aa. An der formellen Rechtmäßigkeit der ordnungsrechtlichen Generalklausel<br />

besteht kein Zweifel. Insbesondere haben die Länder nach Art. 70 I GG<br />

die Gesetzgebungskompetenz für das Sicherheits- und Ordnungsrecht.<br />

Zwar steht es dem Bund zu, nach Art. 74 I Nr. 11 GG das Recht der


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Wirtschaft zu regeln und somit auch wirtschaftsspezifisches<br />

Ordnungsrecht zu erlassen, das dann vorrangig anzuwen<strong>den</strong> wäre. Dies<br />

beschneidet die Länder indes nicht in ihrer Kompetenz zur Regelung des<br />

allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsrechts, auch wenn im Einzelfall<br />

wirtschaftsrelevante Sachverhalte hierdurch berührt wer<strong>den</strong>.<br />

bb. Fraglich ist hingegen, ob die ordnungsrechtliche Generalklausel materiell<br />

<strong>den</strong> Anforderungen an die Verfassung genügt.<br />

(1) Die polizeiliche Generalermächtigung als solche steht nicht infolge<br />

ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung<br />

eines Berufes; sie lässt objektiv eine deutlich berufsregelnde Ten<strong>den</strong>z<br />

nicht erkennen und ist daher nicht an Art. 12 I GG zu messen. Ob<br />

gleichwohl die Anwendung des allgemeinen Sicherheits- und<br />

Ordnungsrechts im Einzelfall <strong>den</strong> Schutzbereich des allgemeinen<br />

Sicherheits- und Ordnungsrechts berührt, indem etwa die Wertigkeit<br />

des Grundrechts bei der Auslegung des generalklauselartigen<br />

Tatbestands oder bei der Ermessensausübung verkannt wird, wird<br />

später zu erörtern sein, ist jedoch kein Maßstab für die Rechtmäßigkeit<br />

der Vorschrift als solche.<br />

(2) Gleiches gilt im Hinblick auf Art. 14 GG. Die Generalermächtigung des<br />

§ 17 I ASOG weist keine besondere, gegen <strong>den</strong> Schutzbereich der<br />

Eigentumsgarantie gerichtete Ten<strong>den</strong>z auf. <strong>Sie</strong> ist vielmehr als<br />

allgemeine, für die Ausübung von Eigentumspositionen vorfindliche<br />

Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 I 2 GG zu verstehen.<br />

(3) Problematisch ist jedoch, ob § 17 I ASOG insbesondere mit dem Bezug<br />

auf die „öffentliche Ordnung“ <strong>den</strong> Anforderungen an das<br />

Bestimmtheitsgebot und der Wesentlichkeitstheorie des Art. 20 II, III<br />

GG genügt. Zwar ist der Begriff der „öffentlichen Ordnung“ als<br />

unbestimmter Rechtsbegriff in besonderem Maße auslegungs- und<br />

konkretisierungsbedürftig. Die ordnungsrechtliche<br />

Generalermächtigung ist jedoch in jahrzehntelanger Entwicklung durch<br />

Rechtsprechung und Lehre nach Inhalt, Zweck und Ausmaß<br />

hinreichend präzisiert, in ihrer Bedeutung geklärt und im juristischen<br />

Sprachgebrauch verfestigt (BVerwG, NVwZ 2002, 598 ff. m.w.N.).<br />

Mithin ist von der Verfassungsmäßigkeit des Art. 17 I ASOG auch im<br />

Hinblick auf Art. 20 II, III GG auszugehen.<br />

2) Dann müssten aber auch die Voraussetzungen des § 17 I ASOG vorliegen.


Seite: 6<br />

a. Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf war nach <strong>den</strong> §§ 1 I 1, 2 I und II ASOG<br />

i.V.m. Nr. 21 II lit. b, Nr. 37 II ZustKat Ord die zuständige Ordnungsbehörde<br />

für <strong>den</strong> Erlass der fraglichen Verfügung. Verfahrens- und Formmängel sind<br />

nicht ersichtlich.<br />

b. Es müsste der Tatbestand des § 17 I ASOG erfüllt sein und die Omega GmbH<br />

müsste auch ordnungspflichtig sein.<br />

aa. Zunächst könnte eine Gefahr für ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit<br />

vorliegen. Hierunter fallen der Bestand und die Funktionsfähigkeit des<br />

Staates und seiner Einrichtungen, die Unverletzlichkeit der Rechtsgüter<br />

einzelner sowie die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung. Es könnte die<br />

Menschenwürde als Individualrechtsgut der einzelnen Spieler verletzt sein.<br />

Art. 1 I GG ist zwar insoweit drittwirkend, als dass auch unter Privaten der<br />

Schutz der Menschenwürde zu beachten ist. Gleichwohl stellt sich die<br />

Frage, ob die Spieler, die freiwillig am Laser-Gotcha teilnehmen „vor sich<br />

selbst geschützt“ wer<strong>den</strong> müssen. Dann käme Art. 1 I GG im Ergebnis<br />

eine freiheitsbeschränkende und nicht nur eine freiheitsermöglichende<br />

Wirkung zu. Daher spricht vieles dafür, eine Einwilligung des<br />

Grundrechtsträgers allenfalls in besonderen Fällen für unbeachtlich zu<br />

erklären (z.B. unbedingtes Verbot der Selbstversklavung; so etwa Dreier,<br />

GG, Band I, 2. Auflage, Art. 1 I Rn. 151). Doch unabhängig von der Frage<br />

der Freiwilligkeit ist auch durch das konkrete Spielgeschehen noch nicht<br />

die Schwelle der Würdeverletzung einzelner Mitspieler überschritten:<br />

„Die Spieler tragen maschinenpistolenähnliche Schusswaffen<br />

(Laserzielgeräte) und Stoffwesten, an <strong>den</strong>en im Brust- und im<br />

Rückenbereich jeweils ein Sensorempfänger befestigt ist. Zusätzlich sind<br />

in der Halle zehn feste Sensorempfänger installiert, die von <strong>den</strong> Spielern<br />

gefun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> müssen. Ziel des Wettkampfes ist es, innerhalb einer<br />

Spielzeit von 15 Minuten eine möglichst hohe Punktzahl zu erreichen. Für<br />

je<strong>den</strong> Treffer auf einen fest installierten Empfänger erhalten die Spieler<br />

Punkte. Getroffene Gegner wer<strong>den</strong> mit Punktabzügen belastet. Ein<br />

Spieler, der fünf Treffer erhalten hat, wird „blockiert” und muss an einer<br />

Ladestation sein Zielgerät neu aufla<strong>den</strong>. Darin liegt keine entwürdigende<br />

Behandlung eines Mitspielers selbst. Die Treffer auf <strong>den</strong> Sensoren der<br />

Spielanzüge erinnern zwar an Verletzungen oder Tötungen von Menschen.<br />

Doch stehen sich die Spieler in diesem Kampfgeschehen prinzipiell<br />

„chancengleich” gegenüber. Dies legt es nicht nahe, in dem einen<br />

Mitspieler ein Objekt zu sehen, welches dem anderen hilflos ausgeliefert<br />

ist.“ (BVerwG a.a.O.)


Seite: 7<br />

bb. Es könnte jedoch eine Gefahr für die öffentliche Ordnung bestehen. Die<br />

öffentliche Ordnung wird als die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln,<br />

deren Beachtung nach <strong>den</strong> Wertvorstellungen der Mehrheit für ein<br />

geordnetes Zusammenleben unerlässlich ist, definiert. Diese<br />

Generalklausel ist jedoch verfassungskonform eng auszulegen; das<br />

BVerwG greift hierbei auf „grundrechtliche Maßstäbe“ zurück. Obwohl kein<br />

konkreter Eingriff in die Würde der einzelnen Spieler festzustellen sei<br />

(siehe oben), erzeuge das Laser-Gotcha in <strong>den</strong> Spielern jedoch eine<br />

Einstellung, die der Idee der Menschenwürde entgegenstehe und somit<br />

Art. 1 I GG verletze:<br />

„Das OVG hat hier zur Auslegung der Generalermächtigung auch<br />

unmittelbar Bundesrecht angewandt. Es hat nämlich einen Verstoß gegen<br />

die von der Generalermächtigung geschützte öffentliche Ordnung<br />

festgestellt und bei der Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs auf<br />

Normen der Bundesverfassung abgestellt. Unter ausdrücklicher<br />

Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerfG hat es die „öffentliche<br />

Ordnung” als eine wertausfüllungsbedürftige „Generalklausel” angesehen,<br />

deren rechtliche Bedeutung von grundrechtlichen Maßstäben beeinflusst<br />

werde. Dazu hat es insbesondere auf die Menschenwürde (Art. 1 I GG),<br />

das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 II 1 GG) sowie<br />

das staatliche Gewaltmonopol (Art. 20 GG) abgestellt. Im Ergebnis zu<br />

Recht hat es in der Veranstaltung eines so genannten spielerischen Tötens<br />

im Laserdrome der Kl. eine Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 I GG)<br />

gesehen.<br />

Das BVerfG versteht <strong>den</strong> Begriff der Menschenwürde in Art. 1 I GG als<br />

tragendes Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte. Mit ihm ist der<br />

soziale Wert- und Achtungsanspruch des Menschen verbun<strong>den</strong>, der es<br />

verbietet, <strong>den</strong> Menschen zum bloßen Objekt zu machen oder ihn einer<br />

Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell infrage stellt.<br />

Menschenwürde in diesem Sinne ist nicht nur die individuelle Würde der<br />

jeweiligen Person, sondern auch die Würde des Menschen als<br />

Gattungswesen.<br />

Da das Grundgesetz <strong>den</strong> Schutz der Menschenwürde unabhängig davon<br />

garantiert, ob der Eingriff vom Staat oder von privater Hand ausgeht,<br />

können auch gewerbliche Unterhaltungsspiele gegen Art. 1 I GG<br />

verstoßen. Ein solcher Verstoß ist in erster Linie dann anzunehmen, wenn<br />

durch die Spielhandlungen konkrete Personen in ihrer Menschenwürde<br />

verletzt wer<strong>den</strong>. Davon kann im vorliegen<strong>den</strong> Fall freilich nicht<br />

ausgegangen wer<strong>den</strong>. [...]


Seite: 8<br />

Unterhaltungsspiele können aber auch dadurch gegen die<br />

verfassungsrechtliche Garantie der Menschenwürde verstoßen, dass beim<br />

Spielteilnehmer eine Einstellung erzeugt oder verstärkt wird, die <strong>den</strong><br />

fundamentalen Wert- und Achtungsanspruch leugnet, der jedem Menschen<br />

zukommt. Das geschieht insbesondere dann, wenn Gewaltakte gegen<br />

Menschen in der Absicht dargestellt wer<strong>den</strong>, <strong>den</strong> Beteiligten ein<br />

sadistisches Vergnügen an dem Geschehen zu vermitteln. Denn eine<br />

solche Ten<strong>den</strong>z schließt die Vorstellung von der Verfügbarkeit des<br />

Menschen als bloßes Objekt ein, in dessen Leben und körperliche<br />

Integrität nach Belieben eingegriffen wer<strong>den</strong> kann. Darum kann neben der<br />

realen Gewaltausübung auch die Darstellung fiktiver Gewaltakte zu Spielund<br />

Unterhaltungszwecken das Gebot zur Achtung der Würde des<br />

Menschen verletzen. Demnach ist ein gewerbliches Unterhaltungsspiel, das<br />

auf die I<strong>den</strong>tifikation der Spielteilnehmer mit der Gewaltausübung gegen<br />

Menschen angelegt ist und ihnen die lustvolle Teilnahme an derartigen -<br />

wenn auch nur fiktiven - Handlungen ermöglichen soll, wegen der ihm<br />

innewohnen<strong>den</strong> Ten<strong>den</strong>z zur Bejahung oder zumindest Bagatellisierung<br />

der Gewalt und wegen der möglichen Auswirkungen einer solchen Ten<strong>den</strong>z<br />

auf die allgemeinen Wertvorstellungen und das Verhalten in der<br />

Gesellschaft mit der verfassungsrechtlichen Menschenwürdegarantie<br />

unvereinbar. So verhält es sich nach <strong>den</strong> im Revisionsverfahren<br />

maßgeblichen Tatsachenfeststellungen und deren Würdigung durch das<br />

BerGer. im vorliegen<strong>den</strong> Fall.<br />

Das OVG sieht <strong>den</strong> hauptsächlichen Reiz des untersagten Spiels im<br />

Laserdrome der Kl. in dem „Vergnügen an simulierten<br />

Tötungshandlungen”. Es spricht von einem „im Spiel erlebten Macht- und<br />

Lustgewinn” durch solche Handlungen und begründet dies im Einzelnen<br />

wie folgt: Das Spiel sei nach seinen Regeln darauf angelegt, dass nicht nur<br />

auf fest installierte Ziele, sondern auch und gerade auf Menschen<br />

„geschossen” werde und damit Tötungshandlungen simuliert wür<strong>den</strong>. Der<br />

Schütze müsse stets auf die Körpermitte des Gegners zielen, damit der<br />

Treffer zähle. Die Spieler wür<strong>den</strong> so zu kriegsähnlichen, nahkampfgleichen<br />

Verhaltensmustern gezwungen. Die durch das reale körperliche Gegenüber<br />

mehrerer Menschen gekennzeichnete Spielsituation werde durch die<br />

Ausstattung realitätsnah ergänzt. Die benutzten Laserwaffen wiesen große<br />

Ähnlichkeit mit einer Maschinenpistole auf. Die von <strong>den</strong> Spielern getragene<br />

Weste erwecke <strong>den</strong> Eindruck einer passiven Bewaffnung. Die in der Halle<br />

aufgebauten Hindernisse und Tarnmöglichkeiten erweiterten die<br />

Variationsmöglichkeiten des simulierten Nahkampfes. Der Einsatz von<br />

Tarnnetzen und Nebeleffekten verstärke die Kampfatmosphäre.[...]


Seite: 9<br />

Hiernach ist das OVG ohne Rechtsverstoß zu dem Ergebnis gelangt, dass<br />

das verbotene Spiel im Laserdrome der Kl. von der Bekl. in der<br />

angefochtenen Verfügung zutreffend mit dem Begriff des „spielerischen<br />

Tötens” umschrieben wor<strong>den</strong> ist und dass es gerade von daher seinen<br />

besonderen Reiz für die Spieler empfängt. Ein solches simuliertes Töten zu<br />

Unterhaltungszwecken wird nach dem Gesagten dem gebotenen Respekt<br />

vor der Individualität, I<strong>den</strong>tität und Integrität der menschlichen<br />

Persönlichkeit nicht gerecht. Es banalisiert und trivialisiert gerade<br />

diejenigen Rechtsgüter, an deren Schutz dem Grundgesetz in besonderem<br />

Maße gelegen ist. Zu <strong>den</strong> Höchstwerten der Verfassung ist nämlich neben<br />

der Menschenwürde insbesondere auch das menschliche Leben zu zählen;<br />

dieses hat der Verfassungsgeber des Jahres 1949 mit Blick auf die<br />

Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes als die vitale Basis der<br />

Menschenwürde und zugleich Voraussetzung für alle anderen Grundrechte<br />

in Art. 2 II 1 GG ausdrücklich unter gesonderten Grundrechtsschutz<br />

gestellt Zu dieser Grundaussage der Verfassung setzen sich Behör<strong>den</strong> und<br />

Gerichte der Bundesrepublik Deutschland in Widerspruch, wenn sie<br />

Unterhaltungsspiele der hier in Rede stehen<strong>den</strong> Art dul<strong>den</strong>. Die<br />

Freiwilligkeit der Teilnahme sowie das gegenseitige Einvernehmen der<br />

Spieler ist rechtlich unerheblich, weil die aus Art. 1 I und Art. 2 II 1 GG<br />

herzuleitende Wertordnung der Verfassung nicht im Rahmen eines<br />

Unterhaltungsspiels zur Disposition steht.<br />

Der Verstoß der Spielvariante gegen Art. 1 I GG führt zwingend zu ihrem<br />

Verbot. Verstöße gegen die Menschenwürde können vom Staat allenfalls<br />

unter besonderen Umstän<strong>den</strong> hingenommen wer<strong>den</strong>; im Regelfall - und so<br />

auch hier - sind sie zu unterbin<strong>den</strong>. Raum für eine Ermessensabwägung<br />

unter Berücksichtigung der Berufsfreiheit (Art. 12 I GG), des<br />

eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (Art. 14 I GG) sowie des<br />

Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 I GG) verbleibt nicht. Angesichts<br />

dessen kann es der Kl. nach dem Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht”<br />

nicht zum Vorteil gereichen, sollte die Bekl. in ihrem Zuständigkeitsbereich<br />

Unterhaltungsspiele vergleichbarer Art dul<strong>den</strong> oder in zurechenbarer Weise<br />

fördern.“ (BVerwG a.a.O.)<br />

cc. Die Omega GmbH müsste auch für die Gefahr verantwortlich i.S.d. ASOG<br />

sein. So könnte sich die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit der Omega<br />

GmbH aus § 13 I ASOG ergeben. Auch juristische Personen des<br />

Privatrechts können nach § 13 I ASOG verantwortlich sein (Pewestorf,<br />

Polizei- und Ordnungsrecht, Berliner Kommentar 2009, ASOG § 13 Rn.<br />

13). Problematisch ist hingegen, dass die Omega GmbH (bzw. ihre<br />

Vertreter) nicht selbst Tötungshandlungen simuliert, sondern lediglich die


Seite: 10<br />

technischen Voraussetzungen dafür schafft, dass diese Simulationen durch<br />

die Spieler durchgeführt wer<strong>den</strong> können. Es stellt sich also die Frage, ob<br />

hier noch von einer unmittelbaren Gefahrverursachung die Rede sein<br />

kann. Bei der Gefahrzurechnung ist jedoch nicht allein auf die zeitlich<br />

letzte Ursache abzustellen; neben der äquivalenten Verursachung sind<br />

auch wertende Gesichtspunkte zu berücksichtigen. So genügt es, dass<br />

zwischen der Veranlassung und dem letztlich die konkrete Gefahr<br />

herbeiführen<strong>den</strong> Verhalten ein so enger Zusammenhang besteht, dass<br />

sich der Veranlasser die Gefahr selbst zurechnen lassen muss (sog.<br />

„Zweckveranlasser“; vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5.<br />

Auflage, Rn. 244 ff.). Die Omega GmbH wollte subjektiv, dass es auch<br />

tatsächlich zu <strong>den</strong> Laserspielen und mithin zu der Gefahr kommt. Auch ist<br />

objektiv aus der Sicht eines unabhängigen Betrachters das tatsächliche<br />

Simulieren von Tötungshandlungen die typischerweise zu erwartende<br />

Folge des Bereitstellens eines Laser-Gotcha-Parcours mit entsprechender<br />

Spielausrüstung. Folglich ist die Omega GmbH auch nach § 13 I ASOG<br />

ordnungsrechtlich verantwortlich.<br />

3) Schließlich müsste die Ordnungsbehörde auch eine rechtmäßige Rechtsfolge<br />

gewählt haben. § 17 I ASOG räumt der Behörde Ermessen ein. Hier kommt dem<br />

Gericht nur eine eingeschränkte Kontrollbefugnis zu (§ 114 VwGO). In das<br />

Ermessen der Behörde war hier die Frage gestellt, ob sie überhaupt einschreiten<br />

will (Entschließungsermessen), und falls ja: mit welchen Mitteln sie handeln will<br />

(Auswahlermessen) und gegen wen sie die Maßnahme richten will<br />

(Verantwortlichenauswahlermessen).<br />

a. Insbesondere erstere Frage ist hier problematisch. Das Bezirksamt hat sich<br />

positiv zur Durchführung der fraglichen Maßnahme entschlossen. Hierbei<br />

könnte es die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten haben.<br />

aa. Der grundgesetzliche Auftrag zum Schutz der Menschenwürde legt<br />

vorliegend hinsichtlich des Entschließungsermessens eine<br />

Ermessensreduzierung auf Null dahingehend nahe, dass die Behörde zum<br />

Einschreiten verpflichtet war.<br />

bb. Das Entschließungsermessen könnte andererseits insofern auf Null<br />

reduziert sein, als dass die Behörde erst gar nicht hätte einschreiten<br />

dürfen. Dies könnte sich aus europarechtlichen Vorgaben ergeben, die<br />

sogar einen Anwendungsvorrang gegenüber der nationalen Verfassung<br />

und somit auch gegenüber <strong>den</strong> (nationalen) Grundrechten genießen. Die


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Ordnungsverfügung könnte nämlich <strong>den</strong> Grundfreiheiten des Vertrags<br />

über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU) zuwider laufen.<br />

(1) Die Omega GmbH hatte mit der britischen Pulsar Ltd. einen Franchise-<br />

Vertrag geschlossen. Im Rahmen dieses Vertrages bezog die Omega<br />

GmbH Ausrüstungsgegenstände für das Laser-Gotcha aus dem<br />

Vereinigten Königreich. Die Untersagung des Laserspiels könnte daher<br />

eine Einschränkung des freien Warenverkehrs in der Europäischen<br />

Union darstellen, der über Art. 34 AEU geschützt wird.<br />

(a) Die Ausrüstungsgegenstände für das Laser-Gotcha sind<br />

Erzeugnisse, die einen Geldwert haben und deswegen Gegenstand<br />

von Handelsgeschäften sein können. Folglich handelt es sich um<br />

Waren i.S.d. Art. 34 AEU.<br />

(b) Die Ordnungsverfügung ist zudem eine staatliche Maßnahme.<br />

(c) Da die Vertragspartner in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten<br />

niedergelassen sind, besteht hier auch der erforderliche<br />

grenzüberschreitende Bezug.<br />

(d) Folglich ist hier der Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit<br />

betroffen.<br />

(2) Es könnte aber auch der Anwendungsbereich der<br />

Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEU eröffnet sein.<br />

(a) Dienstleistungen i.S.d. AEU sind alle regelmäßig gegen Entgelt<br />

erbrachten Leistungen (vgl. Art. 57 I AEU). Als solche sind hier die<br />

rechtmäßige Vermarktung der Spielidee sowie der dazugehörigen<br />

Marketingkonzepte durch die Pulsar Ltd. anzusehen (siehe<br />

Regelbeispiel des Art. 57 II lit. a AEU).<br />

(b) Die Art. 62, 54 AEU stellen klar, dass der persönliche<br />

Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit auch juristische<br />

Personen umfasst.<br />

(c) Fraglich ist, ob auch hier ein grenzüberschreitender Bezug<br />

gegeben ist. Zwar liegt hier kein Fall einer aktiven oder passiven<br />

Dienstleistung vor, bei dem sich der Erbringer oder der Empfänger<br />

körperlich in einen anderen Mitgliedstaat begibt. Im Interesse der


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praktischen Wirksamkeit des Vertrags muss aber auch die sog.<br />

Korrespon<strong>den</strong>zdienstleistung, bei der Erbringer und Empfänger in<br />

ihren jeweiligen Mitgliedstaaten verbleiben, die Dienstleistung<br />

selbst jedoch (elektronisch oder postalisch) übermittelt wird, unter<br />

<strong>den</strong> Schutz der Grundfreiheit fallen.<br />

(d) Mithin ist auch der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit<br />

eröffnet.<br />

(3) Fraglich ist nun, an welchem rechtlichen Maßstab die<br />

Ordnungsverfügung des Landes Berlin zu messen ist. Der EuGH<br />

versteht die Subsidiaritätsklausel des Art. 57 I 2. HS AEU nicht als<br />

generelle Vorrangregelung zugunsten der Warenverkehrsfreiheit. Auch<br />

prüft er <strong>den</strong> Sachverhalt nicht anhand mehrerer Grundfreiheiten,<br />

sondern stellt auf <strong>den</strong> Schwerpunkt der Beeinträchtigung ab:<br />

„Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof eine nationale<br />

Maßnahme, wenn sie sowohl <strong>den</strong> freien Dienstleistungsverkehr als<br />

auch <strong>den</strong> freien Warenverkehr beeinträchtigt, grundsätzlich nur im<br />

Hinblick auf eine dieser bei<strong>den</strong> Grundfreiheiten prüft, wenn sich<br />

herausstellt, dass im konkreten Fall eine der bei<strong>den</strong> Freiheiten der<br />

anderen gegenüber völlig zweitrangig ist und ihr zugeordnet wer<strong>den</strong><br />

kann. Unter <strong>den</strong> Umstän<strong>den</strong> des Ausgangsverfahrens tritt der Aspekt<br />

der Warenverkehrsfreiheit hinter dem der Dienstleistungsfreiheit<br />

zurück. Die Beklagte und die Kommission der Europäischen [Union]<br />

haben nämlich zu Recht darauf hingewiesen, dass die streitige<br />

Verfügung die Einfuhr von Waren nur hinsichtlich der speziell für die<br />

untersagte Laserspielvariante entwickelten Ausrüstung beschränkt und<br />

dies eine zwangsläufige Folge der Beschränkung in Bezug auf die von<br />

Pulsar erbrachten Dienstleistungen ist. Somit erübrigt sich [...] eine<br />

eigenständige Untersuchung der Vereinbarkeit dieser Verfügung mit<br />

<strong>den</strong> Vertragsbestimmungen über <strong>den</strong> freien Warenverkehr.” (EuGH,<br />

JuS 2005, 63 ff.).<br />

(4) Fraglich ist, ob die Dienstleistungsfreiheit hier auch tatsächlich<br />

beeinträchtigt ist.<br />

(a) Die Untersagung des Laser-Gotcha erging ungeachtet der<br />

Nationalität des Dienstleisters. <strong>Sie</strong> ist daher nicht diskriminierend.<br />

Doch die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 I AEU ist schon vom<br />

Wortlaut der Norm her nicht als bloßes Diskriminierungsverbot,<br />

sondern als Beschränkungsverbot anzusehen. Beschränkungen


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sind hierbei grundsätzlich alle Maßnahmen, welche die Ausübung<br />

der Freiheit unterbin<strong>den</strong>, behindern oder weniger attraktiv<br />

machen. Durch die Ordnungsverfügung wird die weitere<br />

Vermarktung der Lizenzen der Pulsar Ltd. gegenüber der Omega<br />

GmbH beeinträchtigt, so dass nach dieser Definition von einer<br />

Beeinträchtigung des Dienstleistungsverkehrs ausgegangen wer<strong>den</strong><br />

muss.<br />

(b) Fraglich ist jedoch, ob dieser extrem weite Beschränkungsbegriff<br />

enger gefasst wer<strong>den</strong> muss. Im Bereich der Warenverkehrsfreiheit<br />

ist nämlich seit dem Urteil Keck & Mithouard anerkannt, dass<br />

unterschiedslos geltende Maßnahmen (d.h. solche, die nicht<br />

zwischen inländischen und ausländischen Produkten diskriminieren)<br />

dann nicht als Beeinträchtigungen des freien Warenverkehrs<br />

anzusehen sind, wenn sie lediglich vertriebsbezogen und nicht<br />

produktbezogen wirken (Beispiel: Verkaufsverbot an Sonntagen).<br />

Diesen Gedanken könnte man auf die Grundfreiheit des Art. 56 I<br />

AEU übertragen und hier – ähnlich der Dogmatik des Art. 12 I GG<br />

(dazu sogleich) – zwischen Marktzugangsregelungen und bloßen<br />

Berufsausübungsregelungen unterschei<strong>den</strong>. Letztere wären dann<br />

nicht als Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit anzusehen<br />

wären, sofern sie unterschiedslos gelten. Der EuGH hat eine solche<br />

Übertragung der Keck-Rechtsprechung indes nie vorgenommen;<br />

die Generalanwältin Stix-Hackl begründet dies mit der mangeln<strong>den</strong><br />

Vergleichbarkeit von (körperlichen) Waren und Dienstleistungen:<br />

„Nach Ansicht der Ordnungsbehörde liegt jedoch kein Verstoß<br />

gegen <strong>den</strong> freien Dienstleistungsverkehr vor. Die Rechtsprechung<br />

Keck & Mithouard könne nämlich auf <strong>den</strong> vorliegen<strong>den</strong> Fall in dem<br />

Sinne entsprechend angewandt wer<strong>den</strong>, dass weder der Betrieb<br />

eines Laserdromes an sich noch die Inanspruchnahme der<br />

Dienstleistungen von Pulsar insgesamt, sondern lediglich eine<br />

Nutzungsform in Gestalt einer Spielvariante, untersagt sei. Es sei<br />

also davon auszugehen, dass die fragliche Maßnahme eine<br />

Regelung der Erbringung einer Dienstleistung darstelle, die dem<br />

Schutzbereich des [Artikels 56 AEU] entzogen sei.<br />

[Dies] berücksichtigt jedoch nicht, dass eine Übertragung der<br />

Differenzierung entsprechend dem Keck-Urteil auf <strong>den</strong> freien<br />

Dienstleistungsverkehr bereits deswegen nicht überzeugen kann,<br />

weil bei hinreichendem Auslandsbezug die Regelung einer<br />

Erbringungsmodalität jeglicher Dienstleistung – unabhängig von<br />

ihrem Ort – gerade aufgrund der fehlen<strong>den</strong> Körperlichkeit von


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Dienstleistungen eine gemeinschaftsrechtlich relevante<br />

Einschränkung darstellen muss, ohne dass insoweit eine<br />

Unterscheidung zwischen Regelungen betreffend die<br />

Erbringungsmodalitäten und solchen, die unmittelbar die<br />

Dienstleistung betreffen, überhaupt möglich wäre.<br />

Eine analoge Anwendung der Keck-Rechtsprechung auf Regelungen<br />

des Empfängerstaats vermag auch angesichts des dem [Artikel 56<br />

AEU] innewohnen<strong>den</strong> Herkunftslandprinzips nicht zu überzeugen.<br />

Dies erklärt auch, weshalb der Gerichtshof in ständiger<br />

Rechtsprechung – ohne Differenzierung entsprechend dem Keck-<br />

Urteil – annimmt, dass [Artikel 56 AEU] auch solche Regelungen<br />

erfasst. Nach dieser Rechtsprechung verlangt nämlich „die<br />

Beachtung des [Artikel 56 AEU] aufgestellten Grundsatzes … nicht<br />

nur die Beseitigung jeder Diskriminierung aufgrund der<br />

Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller<br />

Beschränkungen, die geeignet sind, die Tätigkeiten von<br />

Dienstleisten<strong>den</strong>, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind<br />

und dort rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, zu<br />

unterbin<strong>den</strong> oder anderweitig zu behindern“.<br />

Festzuhalten ist somit, dass die in Rede stehende<br />

Ordnungsverfügung eine Beschränkung der durch [Artikel 56 AEU]<br />

gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit zur Folge hat.“<br />

(Schlussantrag der Generalanwältin, Rs. C-36/02)<br />

(5) Die festgestellte Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs<br />

könnte indes gerechtfertigt sein. Hier kann dahingestellt bleiben, ob<br />

eine Rechtfertigung bereits durch ungeschriebene<br />

Rechtfertigungsgründe (vgl. Rs. Gebhard) erfolgen kann, wenn die<br />

Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit nach <strong>den</strong> Art. 52 I, 62<br />

AEU gerechtfertigt ist.<br />

(a) Nach Art. 52 AEU können Sonderregelungen für Ausländer<br />

gerechtfertigt sein. Die Rechtfertigungsmöglichkeit muss dann erst<br />

recht nicht diskriminieren<strong>den</strong>, unterschiedslos anwendbaren<br />

Regelungen wie der hiesigen Ordnungsverfügung offen stehen.<br />

Mithin ist der Anwendungsbereich des Art. 52 I AEU eröffnet.<br />

(b) Fraglich ist, ob hier – wie von Art. 52 I AEU gefordert – die<br />

öffentliche Ordnung oder Sicherheit die Maßnahme gebieteten.


Seite: 15<br />

(aa) Setzte man hier <strong>den</strong> gleichen Maßstab an wie bei § 17 I<br />

ASOG (siehe oben), wäre diese Frage schnell zu bejahen. Dem<br />

steht aber das Erfordernis einer möglichst einheitlichen Geltung<br />

des Unionsrechts entgegen, wie schon der Blick auf das<br />

Tatbestandsmerkmal der „öffentlichen Sicherheit“ zeigt. Denn<br />

im Rahmen des § 17 I ASOG stellt bereits jeder drohende<br />

Normverstoß eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.<br />

Ließe man dies genügen, um zu einer Rechtfertigung nach Art.<br />

52 I AEU zu gelangen, wäre der Gewährleistungsgehalt der<br />

Dienstleistungsfreiheit empfindlich eingeschränkt. Folglich muss<br />

der Tatbestand des Art. 52 I AEU enger ausgelegt wer<strong>den</strong> als<br />

der des § 17 I ASOG. Eine Gefahr für die öffentliche Ordnung<br />

i.S.d. Art. 52 I AEU liegt mithin nur bei einer schweren<br />

Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft vor. Als ein<br />

solches erkennt der EuGH je<strong>den</strong>falls <strong>den</strong> Grundrechtsschutz an:<br />

„Da die Grundrechte sowohl von der [Union] als auch von ihren<br />

Mitgliedstaaten zu beachten sind, stellt der Schutz dieser<br />

Rechte ein berechtigtes Interesse dar, das grundsätzlich<br />

geeignet ist, eine Beschränkung von Verpflichtungen zu<br />

rechtfertigen, die nach dem [Unionsrecht], auch kraft einer<br />

durch <strong>den</strong> [AEU] gewährleisteten Grundfreiheit wie des freien<br />

Dienstleistungsverkehrs, bestehen.“ (EuGH, a.a.O.)<br />

(bb) Folglich könnte eine Rechtfertigung der<br />

Grundfreiheitsbeschränkung durch die Ordnungsverfügung über<br />

die staatliche Verpflichtung zum Schutz der Menschenwürde<br />

begründet wer<strong>den</strong>. Im Interesse einer einheitlichen Auslegung<br />

des europäischen Rechts ist hier jedoch zuvorderst auf die<br />

Wertungen der EU Grundrechte-Charta abzustellen, welche die<br />

Achtung der Menschenwürde in ihrem Art. 1 vorschreibt. Dann<br />

stellt sich jedoch die Frage, ob auch nach einer<br />

unionsrechtlichen Auslegung die Menschenwürde durch das<br />

Laser-Gotcha berührt ist. Dies erscheint nach <strong>den</strong><br />

Auslegungsgrundsätzen des Art. 52 III, IV GRCh zumindest<br />

zweifelhaft, da das Laser-Gotcha in <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> und im<br />

Vereinigten Königreich als unproblematisch gilt.<br />

Andererseits billigt der EuGH <strong>den</strong> Mitgliedstaaten einen<br />

gewissen Auslegungs- und Beurteilungsspielraum mit Blick auf<br />

das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Ordnung in Art. 52 I<br />

AEU zu. Somit können sich die Mitgliedstaaten auch von<br />

regionalen Wertungen leiten lassen. Der EuGH nimmt also eine


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gewisse Uneinheitlichkeit bei der Anwendung des Unionsrechts<br />

hin zugunsten des Schutzes der I<strong>den</strong>tität der Mitgliedstaaten<br />

mit ihren jeweiligen national geprägten Wertungen. Im<br />

Ergebnis können somit auch gewichtige nationale<br />

grundrechtliche Wertungen (trotz des Vorrangs des<br />

Unionsrechts vor dem Verfassungsrecht der Mitgliedstaaten)<br />

zur Rechtfertigung von Grundfreiheitsbeschränkungen<br />

herangezogen wer<strong>den</strong>:<br />

„[Eine] Berufung auf die öffentliche Ordnung [ist] nur möglich,<br />

wenn eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung<br />

vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.<br />

Allerdings können die konkreten Umstände, die möglicherweise<br />

die Berufung auf <strong>den</strong> Begriff der öffentlichen Ordnung<br />

rechtfertigen, von Land zu Land und im zeitlichen Wechsel<br />

verschie<strong>den</strong> sein. Insoweit ist <strong>den</strong> zuständigen innerstaatlichen<br />

Behör<strong>den</strong> daher ein Beurteilungsspielraum innerhalb der durch<br />

[das Unionsrecht] gesetzten Grenzen zuzubilligen.“ (EuGH,<br />

a.a.O.)<br />

(cc) Zu einer Rechtfertigung nach Art. 52 I AEU ist schließlich<br />

noch als „Schranken-Schranke“ die Verhältnismäßigkeit der<br />

Grundfreiheitsbeeinträchtigung zu prüfen:<br />

„Jedoch können Maßnahmen, durch die der freie<br />

Dienstleistungsverkehr eingeschränkt wird, nur dann durch<br />

Gründe der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt wer<strong>den</strong>, wenn<br />

sie zum Schutz der Belange, die sie gewährleisten sollen,<br />

erforderlich sind, und auch nur insoweit, als diese Ziele nicht<br />

mit Maßnahmen erreicht wer<strong>den</strong> können, die <strong>den</strong> freien<br />

Dienstleistungsverkehr weniger einschränken. [...] Im<br />

vorliegen<strong>den</strong> Fall ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die<br />

Untersagung der gewerblichen Veranstaltung von<br />

Unterhaltungsspielen, die simulierte Gewalthandlungen gegen<br />

Personen, insbesondere die Darstellung von<br />

Tötungshandlungen an Menschen, implizieren, dem<br />

vorlegen<strong>den</strong> Gericht zufolge dem Grad des Schutzes der<br />

Menschenwürde entspricht, der mit dem Grundgesetz im<br />

Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland sichergestellt<br />

wer<strong>den</strong> sollte. Zum anderen ist festzustellen, dass die streitige<br />

Verfügung, mit der nur die Variante des Laserspiels untersagt<br />

wird, bei der es darum geht, auf menschliche Ziele zu schießen<br />

und somit das Töten von Personen zu spielen, nicht über das


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hinausgeht, was zur Erreichung des von <strong>den</strong> zuständigen<br />

nationalen Behör<strong>den</strong> verfolgten Zieles erforderlich ist. Daher<br />

kann die Verfügung [...] nicht als eine Maßnahme angesehen<br />

wer<strong>den</strong>, die <strong>den</strong> freien Dienstleistungsverkehr ungerechtfertigt<br />

beeinträchtigt”. (EuGH, a.a.O.)<br />

bb. Nach alledem bleibt festzuhalten, dass die Behörde in ihrem<br />

Entschließungsermessen nicht dahingehend beschränkt war, dass sie mit<br />

Blick auf die Grundfreiheiten des AEU nicht hätte einschreiten dürfen. <strong>Sie</strong><br />

hat die gesetzlichen Grenzen hinsichtlich des Entschließungsermessens<br />

mithin nicht missachtet.<br />

b. Schließlich ist auch das Auswahlermessen nicht zu beanstan<strong>den</strong>. Die<br />

Maßnahme war insbesondere auch verhältnismäßig (§ 11 ASOG) im Hinblick<br />

auf das Grundrecht der Omega GmbH aus Art. 12 I GG: die Behörde verfolgt<br />

die Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Ordnung und somit<br />

ein legitimes Ziel. Die Ordnungsverfügung war ein geeignetes Mittel, um der<br />

Gefahr zu begegnen. <strong>Sie</strong> war auch erforderlich, da der Omega GmbH lediglich<br />

das Durchführen von Spielvarianten verboten wird, bei <strong>den</strong>en ein<br />

„spielerisches Töten“ stattfindet.<br />

Schließlich erscheint die Maßnahme auch angemessen: zwar dient der Betrieb<br />

des Laserdromes der Omega GmbH der Erzielung von Gewinnen, ist auf eine<br />

gewisse Dauer angelegt und muss daher als Beruf i.S.d. Art. 12 I GG, der<br />

wesensmäßig auf die Omega GmbH anwendbar ist (Art. 19 III GG),<br />

qualifiziert wer<strong>den</strong>. Die Tätigkeit fällt auch in <strong>den</strong> Schutzbereich der<br />

Berufsfreiheit, obwohl vertreten wird, dass Tätigkeiten, die schon ihrem<br />

Wesen nach als verboten anzusehen sind, weil sie aufgrund ihrer Sozial- und<br />

Gemeinschaftsschädlichkeit schlechthin nicht am Schutz durch Art. 12 I GG<br />

teilhaben können vom Schutzbereich der Berufsfreiheit ausgeschlossen sind.<br />

Denn an der hierfür erforderlichen Evi<strong>den</strong>z der Gemeinschafts- und<br />

Sozialschädlichkeit dürfte es vorliegend fehlen. Der hier vorliegende Eingriff in<br />

<strong>den</strong> einheitlichen Schutzbereich des Art. 12 I GG untersagt der Omega GmbH<br />

indes nicht schlechthin die Durchführung ihres Gewerbes. Das Verbot<br />

einzelner Spielvarianten ist daher lediglich als Berufsausübungsregelung<br />

einzustufen. Dem steht jedoch – folgt man dem BVerwG – ein Verstoß gegen<br />

<strong>den</strong> abwägungsfesten Art. 1 I GG und somit gegen das wichtigste<br />

Grundprinzip der Verfassung entgegen. Die Pflicht zum Schutz der<br />

Menschenwürde geht also einer Beeinträchtigung der Berufsfreiheit zwingend<br />

vor.


III<br />

Seite: 18<br />

Mithin ist die Ordnungsverfügung vom 30.04.2009 rechtmäßig und konnte die<br />

Omega GmbH somit nicht in ihren subjektiven Rechten verletzen.<br />

Ergebnis: Die Klage ist zulässig aber unbegründet. <strong>Sie</strong> hat keine Aussicht auf Erfolg.

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