Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung
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Zum Geleit<br />
Das „Wildgatter Kranichstein“ existiert in seinen jetzigen<br />
Grenzen seit 1955 <strong>und</strong> wurde 1963 zum Wildschutzgebiet<br />
erklärt. Die Einflüsse des Menschen im Wildschutzgebiet<br />
haben vor dem Hintergr<strong>und</strong> der naturräumlichen Situation<br />
<strong>für</strong> Hessen <strong>und</strong> auch darüber hinaus eine Vielfalt<br />
sowohl an naturnahen als auch von Mensch <strong>und</strong> Tier<br />
geprägten Lebensräumen entstehen lassen, welche die<br />
besondere Schutzwürdigkeit des Gebietes begründen<br />
<strong>und</strong> vor Augen führen, dass eine nachhaltige Nutzung, die<br />
dieser Vielfalt Rechnung trägt, gleichzeitig die Erhaltung<br />
dieser einzigartigen Kultur- <strong>und</strong> Naturlandschaft gewährleistet.<br />
1991 wurde auf der Gr<strong>und</strong>lage entsprechender<br />
Detailuntersuchungen ein Gesamtgutachten Modellprojekt<br />
„Lebensraumgutachten Wildschutzgebiet Kranichstein“<br />
vorgeschlagen, das die spezifischen Möglichkeiten<br />
der Forschung im Wildschutzgebiet Kranichstein mit<br />
einem Entwicklungs-, Nutzungs- <strong>und</strong> Schutzkonzept verknüpft.<br />
Der historische Rahmen ist Gr<strong>und</strong>lage auch zum<br />
Verständnis der aktuellen Situation.<br />
Die Tradition des Wildschutzgebietes Kranichstein<br />
reicht in die höfische Zeit der Jagd zurück. Der erste Landgraf<br />
von Hessen-Darmstadt, Georg der I. (Regierungszeit<br />
1567 bis 1596) baute das Jagdschloss Kranichstein, legte<br />
mehrere Teiche an <strong>und</strong> richtete den ersten Wildpark ein<br />
– den „Alten Hegwald“, der knapp 100 ha umfasste. In<br />
dieses Gatter wurde Wild eingesetzt. Der Nachfolger von<br />
Georg I., Ludwig V., vergrößerte den Wildpark um das<br />
Mehrfache. Der ursprüngliche Zaun wurde an gefährdeten<br />
Stellen durch Mauern ersetzt, damit der rapide<br />
angestiegene Wildbestand die angrenzenden Fluren nicht<br />
verwüsten konnte. Es folgte der Dreißigjährige Krieg, in<br />
dem der Wildbestand <strong>für</strong> die Fleischversorgung genutzt<br />
wurde <strong>und</strong> der Zaun als Brennholz diente. Der Wildpark<br />
wurde zerstört. Doch bereits 1649 begann die Landgräfin<br />
Sophie Eleonore, Gemahlin des Landgrafen Georg II.,<br />
den dritten Wildpark aufzubauen, den Hainheim. Eleonore<br />
ließ nach Georgs Tod den gesamten Park mit einer<br />
Mauer umgeben.<br />
Gegen Ende des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts brachte Landgraf<br />
Ernst Ludwig die Parforcejagd nach Kranichstein. Der<br />
Darmstadt abgewandte Teil der Mauer wurde abgetragen<br />
<strong>und</strong> durch einen Zaun ersetzt. Nach französischem Vorbild<br />
wurde ein System von Schneisen angelegt, das zum<br />
Teil konzentrisch zusammenlief <strong>und</strong> heute noch den Wald<br />
um Kranichstein prägt. Ludwig IX. verkleinerte den Park<br />
stark <strong>und</strong> gab das außerhalb stehende Wild zum Abschuss<br />
frei. Dieser Park bestand bis 1848. Die Revolution brachte<br />
die Bindung des Jagdrechtes an Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden.<br />
Dadurch blieb nur der Teil nördlich der Straße von Darmstadt<br />
nach Dieburg herrschaftliche Jagd (Staatswald). Das<br />
Gebiet südlich der Straße fiel an die Stadt. Der verbliebene<br />
Messeler Park wurde 1855 durch die Bahnlinie Aschaffenburg<br />
– Darmstadt noch einmal geteilt. Der nördliche<br />
Teil, das Kleeneck, wurde als Hirschpark, der südliche als<br />
Saupark genutzt.<br />
Das Ende des Zweiten Weltkrieges war auch das Ende<br />
der alten Wildparktradition. Der aktuelle Wildpark wurde<br />
als Wildschutzgebiet Kranichstein im Jahr 1955 in seinen<br />
heutigen Grenzen rechtlich begründet. 1955 errichtete die<br />
hessische Forstverwaltung wieder ein Gatter von 513 ha,<br />
um die alte Wildparktradition wenigstens in einem Relikt<br />
zu erhalten. 1962 wurde dieses Wildgatter Kranichstein<br />
zum Wildschutzgebiet erklärt. Folgende Zielsetzungen<br />
werden im Wildschutzgebiet verfolgt:<br />
Wildhege <strong>und</strong> Wildforschung im Verdichtungsraum;<br />
Landschaft- <strong>und</strong> Biotopschutz durch Pflege der<br />
die Landschaft prägenden Wiesen, Alleen <strong>und</strong><br />
alten Baumsolitäre <strong>und</strong> Anbau alter Obstarten auf<br />
geeigneten Standorten;<br />
Forschungsgebiet <strong>für</strong> den allgemeinen Artenschutz;<br />
Fortentwicklung der historisch gewachsenen<br />
Laubwaldstrukturen <strong>und</strong> Pflege der Wald- <strong>und</strong><br />
Flurdenkmale;<br />
Erholungsraum <strong>für</strong> die Bevölkerung;<br />
Information der Bevölkerung unter Einbeziehung der<br />
jagdhistorischen Sammlungen <strong>und</strong><br />
Ausstellungen im Jagdschloss Kranichstein über<br />
Ziele, Besonderheiten <strong>und</strong> natürliche Gegebenheiten<br />
des Wildschutzgebietes.<br />
Die Notwendigkeit zur Entwicklung einer integrierten<br />
Konzeption <strong>für</strong> das Wildschutzgebiet, die sowohl <strong>für</strong><br />
die Planung als auch die Forschung Gesichtspunkte<br />
der Kulturgeschichte <strong>und</strong> Naturschutz-Begleitforschung<br />
von Vegetation, Flora <strong>und</strong> Fauna einschließlich des<br />
Wildes berücksichtigt, wurde in den 80er Jahren immer<br />
deutlicher. Jeder Planung muss eine wissenschaftliche<br />
Bestandsaufnahme vorausgehen. Damit werden die<br />
aktuellen Verhältnisse dokumentiert <strong>und</strong> Voraussetzungen<br />
<strong>für</strong> eine mittel- <strong>und</strong> langfristige Erfolgskontrolle<br />
geschaffen.<br />
Das Lebensraumgutachten umfasst langfristige<br />
Untersuchungen, die die Wechselbeziehungen zwischen<br />
Wild <strong>und</strong> Vegetation, Naturschutz-Begleitforschung,<br />
Vegetationsstudien, Erhebungen zu den Indikatorarten<br />
<strong>und</strong> gezielte Untersuchungen zur Wildbiologie einschließen.<br />
Die einzelnen Themen stehen in enger Beziehung<br />
zueinander. Wesentliche Elemente der Untersuchungen<br />
sowohl zur gr<strong>und</strong>legenden Analyse als auch der begleitenden<br />
Forschung zu den praktischen Maßnahmen sind<br />
die Vegetations untersuchungen, gezielte wildbiologische<br />
Studien <strong>und</strong> Erhebungen zu den Indikatorarten aus