04.11.2013 Aufrufe

Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung

Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung

Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

64<br />

Säugende Bache.<br />

umbruch <strong>und</strong> damit auch die Wiesenschäden nahmen<br />

deutlich ab. Vor allem aber meiden die Rotten nach ersten<br />

Abschüssen die Wiesen <strong>und</strong> verlagern die Nahrungssuche<br />

in den Wald.<br />

Beobachtungen zur Populationsdynamik des<br />

Schwarzwildes<br />

Die räumliche Geschlossenheit des Wildschutzgebietes<br />

sowie die Tagaktivität des Schwarzwildes <strong>und</strong> die damit<br />

gegebene Beobachtbarkeit, erlauben detaillierte Studien<br />

zu Rottenstruktur <strong>und</strong> Fortpflanzungsdynamik.<br />

Nicht nur in Kranichstein, auch hessenweit sind die<br />

Schwarzwildbestände in den letzten 20 Jahren stark angewachsen:<br />

Wurden in den Jagdjahren 1980/811990/91 (elf<br />

Jahre) in Hessen im Jahresmittel 12.680 Sauen pro Jahr<br />

erlegt, stieg die Strecke in den Jahren 1991/922001/02 (elf<br />

Jahre) auf 34.898 erlegte Sauen pro Jahr. Gängige Jagdpraxis<br />

der Schwarz wild bejagung ist eine mit Futtermitteln<br />

kombinierte Jagdstrategie: Der Nachtansitz an Kirrungen.<br />

Diese Jagdpraxis gilt neben zunehmend milder werdenden<br />

Wintern <strong>und</strong> häufigeren Mastjahren – unabhängig<br />

von den <strong>für</strong> Wildschweine meist positiven Veränderungen<br />

in der Landwirtschaft als eine wesentliche Ursache der<br />

landesweit gestiegenen Schwarzwildbestände.<br />

In Kranichstein wird weder gekirrt noch gefüttert.<br />

Ursache der auch hier merklich angewachsenen Wildschweinpopulation<br />

sind vor allem die im letzten Jahrzehnt<br />

ungewöhnlich häufigen Mastjahre der Eiche <strong>und</strong> der<br />

Rotbuche. Verstärkt durch milde Winter gehen Bachen,<br />

auch Frischlingsbachen, mit einer guten Kondition in den<br />

Winter. Verluste unter den Frischlingen werden dadurch<br />

deutlich geschmälert. Bis zum Herbst haben die Rotten<br />

in Kranichstein erfahrungsgemäß weniger als 20% ihrer<br />

Frischlinge durch natürliche Abgänge verloren.<br />

Geringere Winterverluste, eine gute Kondition, frühere<br />

Fruchtbarkeit <strong>und</strong> hohe Reproduktionsleistungen sind<br />

b<strong>und</strong>esweit die Ursachen der in den vergangenen Jahren<br />

erheblich gewachsenen Schwarzwildbestände. Und dennoch<br />

wird die Reproduktionsdynamik des Schwarzwildes<br />

häufig noch unterschätzt. Hinweise auf eine zweite Frischlingsgeneration<br />

trotz intakter, stabiler Sozialverbände<br />

mehren sich.<br />

Das Wildschutzgebiet Kranichstein bietet hier vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> der hessenweit erheblich gestiegenen<br />

Schwarzwildstrecken optimale Voraussetzungen <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>lagen, die begonnenen Arbeiten fortzuführen<br />

<strong>und</strong> Dynamik <strong>und</strong> Wechselwirkungen der Wildbestände<br />

sowie Fertilität <strong>und</strong> Reproduktion durch Verhaltensbeobachtungen,<br />

Markierung <strong>und</strong> altersgenaue Jagdstreckenanalysen<br />

näher zu erforschen.<br />

Zur Biologie der Fortpflanzung beim Schwarzwild<br />

Der Beginn der Fortpflanzungs- oder Rauschzeit wird durch die Leitbache ausgelöst. Sie kommt als erstes Weibchen<br />

der Rotte in Paarungsstimmung. Mit Speichel <strong>und</strong> Sekreten aus der Voraugendrüse hinterlässt sie Duftmarken an<br />

Bäumen oder auffälligen Stellen im Gelände. Speichel, Drüsensekrete <strong>und</strong> auch ihr Urin enthalten Sexuallockstoffe,<br />

sogenannte Pheromone. Diese Sexuallockstoffe versetzen ihre Artgenossinnen in der Rotte gleichfalls in Paarungsstimmung.<br />

So sind alle fortpflanzungsfähigen weiblichen Rottenmitglieder ungefähr zum selben Zeitpunkt rauschig<br />

(Briedermann 1990; Happ 2002; Meynhardt 1989). Diese Fortpflanzungssynchronisation der Bachen hat einen großen<br />

Vorteil: Die Geburt der Frischlinge erfolgt beinahe zur selben Zeit. Die gleichaltrigen Frischlinge können so von den<br />

Bachen gemeinsam betreut werden <strong>und</strong> es kommt zu geringeren Jungtierverlusten. Höhepunkt der Rauschzeit sind<br />

die Monate November bis Januar. Nach einer Tragzeit von r<strong>und</strong> 115 Tagen werden in den Monaten Februar bis Mai<br />

die Frischlinge geboren. Bereits in den ersten Lebenstagen beginnen die Frischlinge eifrig im Boden zu wühlen; bis<br />

ins Alter von vier bis fünf Monaten bleibt die Muttermilch jedoch ihre Hauptnahrung (Briedermann 1990). Bei guter<br />

Kondition sind die Frischlinge mit acht bis zehn Monaten bereits selbst geschlechtsreif (Appelius 1995). Nicht wenige<br />

Frischlingsbachen werden in ihrem ersten Lebensjahr erfolgreich beschlagen <strong>und</strong> bringen im Mittel vier Junge zur Welt<br />

(Gethöffer 2005).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!