Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung
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57<br />
Tabelle 18: Vierfeldertafel mit<br />
Besetzungszahlen <strong>und</strong> Randsummen<br />
zur Ermittlung der Wechselwirkung<br />
zwischen Rotwild <strong>und</strong> Damwild auf der<br />
Hengstriedwiese<br />
Damwild<br />
Vorhanden Nicht<br />
vorhanden<br />
Rotwild Vorhanden 28 47<br />
Nicht<br />
vorhanden<br />
58 64<br />
Der Bewertung liegen insgesamt 169 Beobachtungen aus<br />
den Monaten Mai bis Oktober 1991 zugr<strong>und</strong>e. Das Ergebnis<br />
zeigt, dass in 28 Fällen Rotwild <strong>und</strong> Damwild gleichzeitig<br />
beim Äsen beobachtet wurde, in 47 Fällen Rotwild<br />
auf der Wiese äste, Damwild jedoch nicht anwesend war,<br />
<strong>und</strong> in 58 Fällen Damwild auf der Wiese äste, Rotwild<br />
jedoch nicht anwesend war. In 64 Fällen wurde keine der<br />
beiden Wildarten beobachtet.<br />
Da 28 x 64 < 47 x 58 <strong>und</strong> 28 < 64 ist, findet folgende<br />
Formel ihre Anwendung (vgl. Cole 1949):<br />
28 x 64 – 47 x 59 = –0,14<br />
(28+47) x (28+58)<br />
Würden beide Arten einander meiden <strong>und</strong> zu keiner Zeit<br />
gemeinsam auf der Hengstriedwiese äsen, wäre dies die<br />
stärkste Form negativer Assoziation. Die Vierfeldertafel<br />
hätte den Wert –1,0 zum Ergebnis. Liegt der Wert dagegen<br />
sehr nahe bei Null, zeigt sich, dass die An- oder Abwesenheit<br />
der einen Art keinen Einfluss auf die andere Art hat.<br />
Der ermittelte Assoziationskoeffizient von –0,14 bedeutet<br />
im Ergebnis, dass beide Hirscharten unbeeinflusst<br />
voneinander die Hengstriedwiese zur Äsungsaufnahme<br />
aufsuchen.<br />
Das Ergebnis ist <strong>für</strong> die Bewertung der Wechselwirkung<br />
zwischen Schalenwild <strong>und</strong> Waldvegetation von<br />
Bedeutung. Es zeigt, dass der Verbisseinfluss auf die<br />
Waldvegetation gr<strong>und</strong>sätzlich durch beide Hirscharten<br />
auf der selben Fläche erfolgen kann <strong>und</strong> damit auch jede<br />
Weiserfläche in ihrer Vegetationsentwicklung gleichermaßen<br />
durch Rotwild <strong>und</strong> Damwild beeinflusst werden kann<br />
(vgl. Kap. 4.3.1).<br />
Wie wenig beide Hirscharten aufeinander störend<br />
reagieren, zeigen auch die nachfolgenden Verhaltensprotokolle.<br />
Auszug aus dem Beobachtungsprotokoll vom<br />
27.08.1991:<br />
Es ist Ende August. Gegen 20:45 Uhr zieht ein Damtier<br />
mit seinem Kalb auf die Rottwiese zur Äsung. 10 Minuten<br />
später stößt auf gleichem Wechsel ein weiteres Damtier<br />
mit seinem Kalb zu der Mutterfamilie. Nahezu gleichzeitig<br />
wechselt ein zwölfköpfiger Mutterfamilenverband Rotwild<br />
auf benachbartem Wechsel auf die Rottwiese zur Äsung.<br />
Das Rotwildrudel zieht 100 Meter auf die Wiese hinaus<br />
<strong>und</strong> hält sich äsend auf einem eng begrenzten Areal auf.<br />
Die Entfernung zu der Damwildgruppe beträgt 70 Meter.<br />
Beide Weibchenverbände haben voneinander Kenntnis<br />
genommen, ohne weiter zu reagieren.<br />
Gegen 21:10 Uhr wechselt ein fünfköpfiger Trupp<br />
junger Rothirsche auf gleichem Wechsel auf die Rottwiese<br />
<strong>und</strong> zieht zwischen das Damwildrudel. Die jungen<br />
Hirsche beginnen mit Scherzkämpfen. Mit geb<strong>und</strong>enen<br />
Geweihen schieben <strong>und</strong> drehen sich die Kampfpartner.<br />
Permanent sind die <strong>für</strong> Scherzkämpfe typischen Laute der<br />
Hirsche zu hören. Immer wieder werden die Kampfpartner<br />
gewechselt. Die Hirsche treiben sich über kurze Strecken,<br />
forkeln mit dem Geweih den Boden <strong>und</strong> drohen sich<br />
mit gesenktem Haupt. Die Distanz zu den weiterhin ruhig<br />
äsenden Damtieren beträgt zwischen einem <strong>und</strong> 30 Meter.<br />
Selten heben die Dam-Alttiere beim Äsen den Kopf, um<br />
das Treiben der Hirsche zu betrachten, auch weichen die<br />
Damtiere den Hirschen nicht aus. Die beiden Damkälber<br />
beäugen die Szenerie der kämpfenden Hirsche mit Neugier<br />
aus wenigen Metern Entfernung.<br />
Auszug aus dem Beobachtungsprotokoll vom<br />
10.09.1991:<br />
Es ist Mitte September. Gegen 07:30 Uhr ziehen zwei<br />
junge Rothirsche in ruhigem Schritt entlang der Höllschneise<br />
<strong>und</strong> beäsen die Kräuter <strong>und</strong> Gräser entlang des<br />
Wegsaumes. Zwei Dam-Alttiere wechseln gemeinsam mit<br />
ihren beiden Kälbern auf die Höllschneise <strong>und</strong> ziehen<br />
parallel an den Hirschen vorüber. Die Individualdistanzen<br />
unterschreiten dabei kurzzeitig einen Meter. Die beiden<br />
Alttiere zeigen keine erkennbare Reaktion bei der Begegnung,<br />
die beiden Hirsche äugen dem Weibchenrudel noch<br />
20 Sek<strong>und</strong>en nach <strong>und</strong> setzen ihre Nahrungsaufnahme<br />
schließlich fort.<br />
Beobachtbarkeit von Rotwild <strong>und</strong> Damwild im<br />
Vergleich<br />
Damwild zeigt im Vergleich zum Rotwild eine geringere<br />
Störempfindlichkeit <strong>und</strong> daraus resultierend eine höhere<br />
Tagaktivität <strong>und</strong> bessere Beobachtbarkeit, so schreiben<br />
Ueckermann & Hansen (1984). Die bei Ueckermann &<br />
Hansen beschriebenen, <strong>für</strong> den Damhirsch typischen Verhaltensmuster<br />
basieren auf empirischen Beobachtungen.<br />
Nicht wenige Jagdpraktiker bestätigen die vergleichsweise<br />
gute Beobachtbarkeit des Damwildes. Die unterschiedliche<br />
Beobachtbarkeit von Rothirsch <strong>und</strong> Damhirsch<br />
begründet sich durch artspezifisch unterschiedliche