Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung
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52<br />
100%<br />
Frühling [N=31] Sommer [N=50] Herbst [N=39] Winter [N=18]<br />
Beobachtungshäufigkeit<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
0%<br />
1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6<br />
Anzahl Alttiere im Rudel<br />
Rudelgrößen weiblichen Rotwildes in Kranichstein.<br />
Wiese. 10 Minuten später schreitet der kleinere Verband<br />
in Waldrandnähe – bestehend aus Alttier <strong>und</strong> Kalb – in<br />
den Schutz des Waldes. Das auf der Wiesenmitte bis dahin<br />
äsende Alttier beginnt anhaltend zu sichern, der dritte<br />
Verband – bestehend aus Alttier, Kalb, Schmaltier, Schmalspießer<br />
– äst ruhig in Waldrandnähe weiter. Schließlich<br />
trabt das auf der Wiesenmitte stehende Alttier, von seinem<br />
Kalb gefolgt, auf den vierköpfigen Weibchenverband am<br />
Waldrand zu. Die dortigen Tiere folgen dem Alttier <strong>und</strong><br />
traben gemeinsam durch eine größere Schilfbrache auf<br />
der Wiese. Als die Gruppe einige Minuten später aus der<br />
Schilfbrache auf die offene Wiese austritt, fallen alle Tiere<br />
in einen spielerischen Galopp, geführt von den Alttieren.<br />
Erst beißen <strong>und</strong> treten sich die Alttiere im Galopp, dann<br />
plötzlich ändert sich das Spiel, <strong>und</strong> das Schmaltier wird<br />
in einem Verfolgungsgalopp über mehrere R<strong>und</strong>en mitten<br />
über die Wiese gejagt, gefolgt von Kälbern <strong>und</strong> Spießer.<br />
Schließlich ist der Schmalspießer der Gejagte. Nach etwa<br />
10 Minuten endet das Verfolgungsspiel am Waldrand, die<br />
Tiere stehen – sichtlich außer Atem – <strong>und</strong> verschnaufen,<br />
bis sich die Atemfrequenz normalisiert hat. Um 07:35 Uhr<br />
zieht die Gruppe in den Wald.<br />
Der Rudelbildung sind zumindest im Sommer eindeutige<br />
Grenzen gesetzt. Ein Weibchenverband ist keine wahllos<br />
zusammengesetzte Gruppe von Alttieren, Kälbern,<br />
Schmaltieren <strong>und</strong> Schmalspießern, sondern harmoniert<br />
entsprechend ihrem Verwandtschaftsgrad. Fremde<br />
Weibchen bzw. fremde Familienverbände werden in<br />
Gruppennähe nicht toleriert. So wurden die im Herbst<br />
1990 zugesetzten Schmaltiere nicht in die Weibchenverbände<br />
Kranichsteins integriert <strong>und</strong> lebten bis zur Geburt<br />
ihres Kalbes allein, danach ausschließlich mit ihrem Kalb<br />
zusammen. In den Folgejahren gründeten die zugesetzten<br />
Alttiere mit ihrem Nachwuchs eigene Familienverbände.<br />
Am 21. August 1991 – das Kalb des zugesetzten Alttieres<br />
„41“ war inzwischen gut zwei Monate alt – konnte<br />
erstmals eine aktive Begegnung mit einem autochtonen<br />
Weibchenverband be obachtet werden.<br />
Auszug aus dem Beobachtungsprotokoll vom<br />
21.08.1991:<br />
Um 20:05 Uhr tritt das Alttier „41“mit seinem Kalb auf<br />
den nordöstlichen Bereich der Kernwiese, der zu dieser<br />
Zeit bevorzugt von einem weiteren Weibchenverband<br />
beäst wird. Beide Tiere sind sichtlich nervös. Das Kalb<br />
bewegt sich sehr nah zu seiner Mutter, die Individualdistanz<br />
beträgt beim Äsen meist weniger als einen Meter.<br />
Die Rate spontanen Sicherns des Muttertieres während<br />
des Äsens beträgt 7,2% <strong>und</strong> ist als „mäßig beunruhigt“<br />
<strong>für</strong> den Lebensraum Kranichstein zu werten. Als sich<br />
das Kalb auf der Waldwiese niederlegt, entfernt sich das<br />
Muttertier erst nach weiteren 30 Minuten bis zu 20 m<br />
vom Kalb. 40 Minuten nach dem Austreten der beiden<br />
Tiere (20:45 Uhr) ist im Wald das Anwechseln von Rotwild<br />
zu hören. Alttier „41“ richtet sich nach dem näher<br />
ziehenden Rotwild aus, sichert steifbeinig mit starr nach<br />
der Geräuschquelle gerichteten Ohren <strong>und</strong> aufrecht erho-