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Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung

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196<br />

7 Zusammenfassung<br />

Das Wildschutzgebiet Kranichstein ist heute eines von<br />

zwei in Hessen noch bestehenden Wildschutzgebieten.<br />

Es liegt am Rande des Rhein-Main-Tieflandes im<br />

Übergang zum Odenwald nordöstlich von Darmstadt.<br />

Bereits seit dem frühen Mittelalter als herrschaftliches<br />

Jagdgebiet genutzt, wurde das Gebiet 1955 im Zuge der<br />

Abgrenzung von definierten Rotwildgebieten in Hessen<br />

<strong>und</strong> zunehmender Verkehrsdichten in seiner heutigen<br />

Größe durch ein Außengatter gezäunt <strong>und</strong> zum Wildschutzgebiet<br />

gemäß §22 HJG erklärt. Im Jahr 1991 wurde<br />

durch die Oberste Jagdbehörde des Landes Hessen in<br />

Zusammenarbeit mit dem Forstamt Darmstadt <strong>und</strong> der<br />

Forschungsstelle <strong>für</strong> Jagdk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Wildschadenverhütung<br />

in Bonn ein langfristig angelegtes Forschungsprojekt<br />

zur Wechselwirkung Schalenwild <strong>und</strong> Vegetation in<br />

Auftrag gegeben.<br />

Die Schwerpunkte der Untersuchungen betreffen<br />

Bestand, Raumnutzung <strong>und</strong> Verhalten des Wildes, den<br />

Wildeinfluss auf die Wald- <strong>und</strong> Wiesenflächen hinsichtlich<br />

Verbiss <strong>und</strong> Schwarzwildumbruch, weitere Einflussfaktoren<br />

wie Witterung, Insektenkalamitäten, Boden,<br />

Lichtzufuhr, das Nahrungsangebot durch Knospentriebäsung<br />

nach forstlichen Hiebsmaßnahmen <strong>und</strong> nicht<br />

zuletzt Äsungsbeliebtheit <strong>und</strong> Verjüngung der verschiedenen<br />

Baumarten, insbesondere Eiche, Rotbuche <strong>und</strong><br />

Hainbuche. Im Ergebnisteil werden Bestandssituation<br />

<strong>und</strong> -entwicklung in den Wald- <strong>und</strong> Wiesengesellschaften<br />

im neunjährigen Untersuchungszeitraum beschrieben,<br />

wobei die Wirkungen verschiedenartiger Ökofaktoren<br />

beleuchtet werden. Die Schlussfolgerungen betreffen<br />

den Einfluss der Schalenwildarten auf die Wald- <strong>und</strong><br />

Wiesenvegetation, prognostizieren deren zukünftige<br />

Entwicklung <strong>und</strong> empfehlen Ziele <strong>für</strong> die Pflege <strong>und</strong><br />

Entwicklung der schutzwürdigen Flächen im Gebiet.<br />

Aus den Erfahrungen in Kranichstein werden Empfehlungen<br />

zur Wildbewirtschaftung in anderen Gebieten<br />

abgeleitet.<br />

Das Untersuchungsgebiet<br />

Das unweit der Stadt Darmstadt nordöstlich liegende<br />

Wildschutzgebiet Kranichstein befindet sich im südwestlichen<br />

Teil des Naturraumes „Messeler Hü gelland“, der<br />

naturräumlich schon zum Rhein-Main-Tiefland gehört<br />

<strong>und</strong> auch als hügelige nördliche Fortsetzung des Odenwaldes<br />

verstanden wird. Das Gebiet liegt in der kolli nen<br />

Höhenstufe bei etwa 150 bis 180 m ü. NN <strong>und</strong> hat eine<br />

Größe von 513,1 ha. Davon sind 86% als Waldflächen<br />

<strong>und</strong> 10% als Waldwiesen anzusprechen. Die Sturmwurfereignisse<br />

des Jahres 1990 haben zur starken Ausbreitung<br />

der vorher nur kleinflächig vorhandenen Waldverlichtungsgesellschaften<br />

geführt. Das Wildschutzgebiet<br />

ist Bestandteil des Fauna-Flora-Habitat-Gebietes „Kranichsteiner<br />

Wald mit Hegbachaue, Mörsbacher Gr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Silzwiesen“ (FFH-Gebiet 6018-305, Flächengröße<br />

2.130 ha) mit zahlreichen geschützten Lebensraumtypen<br />

<strong>und</strong> bestandsbedrohten Pflanzen- <strong>und</strong> Tierarten.<br />

Als Relikt der ehemaligen Rothirschpopulation der<br />

Rheinniederung beherbergt es heute das einzige noch<br />

existierende Tieflandvorkommen an Rotwild in Hessen.<br />

Neben Rotwild leben hier Rehwild <strong>und</strong> Schwarzwild.<br />

Damwild wurde 1981 als vierte Schalenwildart eingebürgert.<br />

Naturnahe Laubwälder, vornehmlich Eichen- <strong>und</strong><br />

Buchenwälder, <strong>und</strong> große artenreiche Wald wiesen kennzeichnen<br />

das Gebiet. Für die Forschung an Wildtieren in<br />

Beziehung zu ihrem Lebensraum, eine der wesentlichen<br />

Zielsetzungen von Wildschutzgebieten, bietet das Wildschutzgebiet<br />

Kranichstein ideale Voraussetzungen.<br />

Die forstliche Nutzung ist seit dem Mittelalter durch<br />

die Förderung der Eiche gekennzeichnet. Im spätmittelalterlichen<br />

Wildpark Kranichstein wirkte die phasenweise<br />

extrem überhöhte Wilddichte zeitweise wie eine intensive<br />

Waldweide, was unter weitgehendem Verzicht auf<br />

eine geregelte forstliche Nutzung zu hutewaldähnlichen<br />

Waldbildern mit alten Rotbuchen <strong>und</strong> Stiel- <strong>und</strong> Traubeneichen<br />

führte. Dies begünstigte vor allem auch die<br />

Hainbuche, während andere äsungsbeliebte Baumarten<br />

wie Esche, Flatterulme <strong>und</strong> Elsbeere im Gebiet relativ<br />

selten waren <strong>und</strong> sind. Nadelgehölze wurden – vorwiegend<br />

als Deckung <strong>für</strong> das Wild kleinflächig bis 1990<br />

gepflanzt, dabei vorwiegend Fichte <strong>und</strong> Waldkiefer, selten<br />

auch Lärche. Aus forstlich-ökologischer Sicht ist im Wildschutzgebiet<br />

heute infolge der konsequenten Anpassung<br />

der Wildbestände an die Tragfähigkeit des Lebensraumes<br />

die Mehrschichtigkeit zahlreicher Waldbestände<br />

hervorzuheben. Laut Gutachten der Forsteinrichtung<br />

liegt der Anteil der drei- <strong>und</strong> mehrschichtigen Bestände<br />

bei 63%, derjenige der einschichtigen Reinbestände nur<br />

bei 1%. Infolge langjähriger Förderung der Eiche <strong>und</strong><br />

Gewährleistung relativ lichter Bestandsverhältnisse ist<br />

die Baumartenvielfalt im Gebiet hoch: Mehr als 80%<br />

der Bestände weisen mindestens vier Baumarten auf. Von<br />

Natur aus würde schattiger Hainsimsen-Buchenwald <strong>und</strong><br />

die Rotbuche als Hauptbestandsbildner in weitgehend<br />

baumartenarmen Beständen den größten Teil des Gebietes<br />

beherrschen. Die Bestockungsverhältnisse zeigen vor<br />

allem im Altersklassenbild das Vorherrschen der Eiche<br />

(62% der Bestandsklassen) <strong>und</strong> den hohen Anteil von<br />

Altbeständen.

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