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Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung

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Die Attraktivität der Wiesen erleichtert den Rotwildabschuss<br />

erheblich <strong>und</strong> erlaubt zeitlich eng komprimiert<br />

die Abschusserfüllung. Dem liegt ein optimal abgestimmtes<br />

Lebensraummanagement zugr<strong>und</strong>e: Die Mahdtermine<br />

der Wiesen sind so koordiniert, dass sie naturschutzfachlichen<br />

Anforderungen genügen <strong>und</strong> gleichermaßen<br />

im August äsungsattraktiven Aufwuchs bieten. Frühester<br />

Mahdzeitpunkt ist der 01.07. Spätestens ab einem Aufwuchs<br />

von ca. 20 cm sind die gemähten Wiesen erneut<br />

besonders äsungsattraktiv. Die hohe Anziehungskraft<br />

der Wiesen fällt gewollt mit dem Jagdbeginn im August<br />

zusammen. Der Abschuss erfolgt störungsarm <strong>und</strong> selektiv,<br />

sodass die Wiesen ihre hohe Attraktivität <strong>für</strong> Rotwild<br />

in der Regel beibehalten. Die Jagdruhe in den Wochen<br />

zuvor hat schließlich im August zu dem gewünschten<br />

Erfolg einer meist kalkulierbaren Raum-Zeit-Nutzung<br />

des Rotwildes geführt, sodass der Abschuss in wenigen<br />

Tagen vollzogen werden kann.<br />

Die Jagd an Wildwiesen kann sehr effektiv sein, wenn<br />

die noch hohe Äsungsattraktivität der Wiesenvegetation<br />

im August genutzt wird. Die Jagdausübung darf dabei das<br />

Ziel der weitgehend ungestörten Äsungsaufnahme auf<br />

Wildwiesen jedoch nicht in Frage stellen.<br />

Der Damwildabschuss dagegen gestaltet sich durch<br />

den späten Jagdbeginn auf Alttiere <strong>und</strong> Kälber ab 1. September<br />

meist sehr zeitaufwändig, da die Eichelmast in<br />

den Waldbeständen jetzt wesentlich attraktiver ist als die<br />

Wiesenvegetation.<br />

Zunehmend erschwerend kommt in den Waldbeständen<br />

der aufwachsende Dichtschluss der Naturverjüngung<br />

hinzu.<br />

Hohe Störwirkung durch Frühsommerbejagung<br />

Mit der Geburt ihrer Kälber werden die Alttiere sehr<br />

sensibel gegenüber Störungen.<br />

Die Jagd im frühen Sommer provoziert in den Rotwildeinständen<br />

erhebliche Störungen. Mit Blick auf die Jagdzeiten<br />

kollidiert die Rehbock- <strong>und</strong> Schmalrehbejagung im<br />

Mai mit den Kälbergeburten des Rotwildes. Gleichermaßen<br />

konfliktträchtig ist die ab Juni bzw. Juli mögliche<br />

Bejagung von Rotschmaltieren <strong>und</strong> -schmalspießern.<br />

In Kranichstein lässt sich beobachten, dass etwa bis<br />

Mitte Mai die inzwischen hochträchtigen Rot-Alttiere<br />

eher träge auf Störungen reagieren, die Störanfälligkeit<br />

insgesamt zu dieser Zeit überraschend gering ist. Ähnlich<br />

reagiert das Damwild. Dieses Verhalten ändert sich<br />

jedoch gr<strong>und</strong>legend, nachdem die Rot-Alttiere Mitte bis<br />

Ende Mai ihre Kälber gesetzt haben. Ab diesem Zeitpunkt<br />

reagieren die Muttertiere äußerst sensibel auf jede Form<br />

der Störung. Während dieser hochsensiblen Phase der<br />

Setzzeit <strong>und</strong> bis zu acht Wochen danach (!) unterbleibt in<br />

Kranichstein daher jede Form der Jagdausübung.<br />

Zwei Beobachtungen sollen die hohe Störanfälligkeit<br />

von führenden Rot-Alttieren deutlich machen:<br />

Ende Mai wurde an der Höllwiese eine Jagdkanzel<br />

besetzt. Trotz <strong>für</strong> den Jäger günstiger Windverhältnisse<br />

konnte beobachtet werden, wie ein Rot-Alttier mit tiefer<br />

Nase − wie ein nachsuchender H<strong>und</strong> − dem Pirschpfad,<br />

der vor mehr als zwei St<strong>und</strong>en begangen worden war, über<br />

20 Minuten bis fast zur Kanzel bewindend folgte. Plötzlich<br />

verließ das Tier den Pirschpfad, trat auf die Höllwiese<br />

aus, holte sehr rasch sein in der Wiese abgelegtes Kalb <strong>und</strong><br />

verschwand sofort wieder im Waldbestand.<br />

Rehbockjagd Anfang Juni. Bereits beim Angehen zum<br />

Ansitz wurde ein Rot-Alttier „übersehen“ <strong>und</strong> erheblich<br />

gestört. Das in der Nähe des Pirschpfades im dichten<br />

Waldbestand stehende Tier schreckte anhaltend über 25<br />

Minuten. Daraufhin reagierte ein zweites Alttier, das r<strong>und</strong><br />

250 m entfernt, nicht sichtbar im Waldbestand stand, mit<br />

länger andauerndem Schrecken. Dieses Tier hatte zuvor<br />

das Anfahren <strong>und</strong> Aussteigen aus dem Auto „ausgehalten“<br />

<strong>und</strong> schien anfangs wenig gestört. 40 Minuten nach dem<br />

Aufbaumen – beide Alttiere waren nun nicht mehr zu<br />

hören – wurde ein Rehbock erlegt. Sofort begann das eingangs<br />

gestörte Alttier wiederum anhaltend zu schrecken.<br />

Das Tier hatte die ursprüngliche Stelle in der Nähe des<br />

Pirschpfades bis dahin nicht verlassen.<br />

Die Verhaltensbeobachtungen zeigen sehr eindrücklich,<br />

wie intensiv in dieser Phase das Verhalten des Menschen<br />

wahrgenommen wird, auch wenn der Mensch glaubt,<br />

sich unbemerkt im Lebensraum des Rotwildes zu bewegen.<br />

Die Rehwildbejagung sollte deshalb in dieser Zeit<br />

unbedingt außerhalb der „Kälberstuben“ liegen. Auf die<br />

Bejagung einjährigen Rotwildes kann in dieser Phase<br />

gänzlich verzichtet werden. Erfahrungsgemäß wird in den<br />

Monaten Juni <strong>und</strong> Juli nur ein Bruchteil der Gesamtjahresstrecke<br />

an Rotwild erlegt. Der Abschuss steht dabei in<br />

keiner Relation zur Störwirkung! Alternativen im zeitlichen<br />

Abschussvollzug wurden bereits aufgezeigt.

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