Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung
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noch einmal verhoffen oder sogar versuchen, das Kalb<br />
wieder zum Aufstehen zu bewegen. In diesem Moment<br />
besteht die Möglichkeit, auch das Muttertier zu erlegen.<br />
Ältere Muttertiere, die bereits mehrfach ihr Kalb durch<br />
Abschuss verloren haben, reagieren meist völlig anders.<br />
Bricht ihr Kalb im Schuss zusammen, flüchten sie ohne<br />
zu zögern in Deckung. Die Erlebnisse der Vorjahre haben<br />
sie gelehrt, dass ihr Kalb nicht mehr aufsteht. Die Erfahrungen<br />
zeigen, dass ältere Alttiere noch bis zu 80 Minuten<br />
in Deckung nahe des Abschussortes verhoffen <strong>und</strong> einige<br />
dabei auch anhaltend schrecken. Der Abschuss älterer<br />
Alttiere in Verbindung mit dem Kalb gelingt so nicht.<br />
Der selektiv geführte Abschuss von Alttieren kann<br />
erheblich zu einer besseren „Vertrautheit“ (höhere<br />
Tagaktivität, tagaktives Beäsen offener Flächen, geringe<br />
Störanfälligkeit) des Rotwildes beitragen, gleichermaßen<br />
jedoch auch – falsch ausgeübt – das „Heimlicher werden“<br />
(hohe Nachtaktivität, Meiden offener Flächen, hohe<br />
Störanfälligkeit, Raumnutzung vor allem in sichtdichten<br />
Einständen) stark fördern. Hochgradig kontraproduktiv<br />
im Sinne dieser Zielsetzung ist z.B. der Abschuss jener<br />
Alttiere, die bereits sehr früh bereit sind, auf Äsungsflächen<br />
auszutreten. Über Jahre hinweg durchgeführt,<br />
„erzieht“ man sich „heimliches Wild“ (vgl. Drechsler<br />
1998). Vielmehr ist es sinnvoll, besonders störanfällige<br />
Tiere, die meist das gesamte Rudel beunruhigen, möglichst<br />
bald zu erlegen, wie das Beispiel eines durch eine<br />
besondere Fellzeichnung eindeutig erkennbaren Alttieres<br />
in Kranichstein zeigt:<br />
Im Verlauf des August schließen sich mit dem Kräftigerwerden<br />
der Kälber die einzelnen Mutterfamilien des<br />
Rotwildes häufiger zusammen, die Rotkahlwildrudel werden<br />
dadurch größer. Der Schuss ins große Rudel sollte<br />
jetzt – wie überhaupt die Ausnahme sein, um den Überlebenden<br />
im Rudel keine negativen Jagderfahrungen zu<br />
vermitteln.<br />
Richtet sich die gesamte Jagdausübung im Revier<br />
konsequent an den hier geforderten Verhaltensweisen<br />
des Jägers aus, ist es ausnahmsweise auch möglich, Ende<br />
August/Anfang September aus größeren Rudeln (drei<br />
bis vier Mutterfamilien) Kälber herauszuschießen. Die<br />
Erfahrungen in Kranichstein haben gezeigt, dass sich der<br />
Aktionsradius des verbliebenen Rudels nur unwesentlich<br />
ändert <strong>und</strong> die Tagaktivität nicht beeinflusst wird. In der<br />
Regel ist der Schuss ins große Rudel nicht notwendig,<br />
wenn frühzeitig mit dem Abschuss begonnen wird.<br />
Sauen, Rehe, Dam-Schmalspießer <strong>und</strong> Dam-Schmaltiere<br />
werden in diesem Jagdintervall bei sich bietender<br />
Gelegenheit ebenfalls erlegt.<br />
Ab September werden auch Damkälber, Dam-Alttiere<br />
<strong>und</strong> Damhirsche bejagt.<br />
Bis zur Rotwildbrunft ist in der Regel der Rotwildabschuss,<br />
in manchen Jahren auch der Damwildabschuss,<br />
erfüllt. Die Jagd kann sich jetzt auf den Abschuss reifer<br />
Hirsche konzentrieren, der in Kranichstein aus Gründen<br />
eines lebhaften Brunfterlebnisses <strong>für</strong> Besucher erst<br />
nach der Brunft stattfindet. Das Brunftgeschehen wird<br />
Bereits als Kalb <strong>und</strong> als Schmaltier<br />
machte ein junges weibliches Tier<br />
durch sehr nervöses, übervorsichtiges<br />
Verhalten auf sich aufmerksam. Beim<br />
Abschuss seines ersten Kalbes als<br />
zweijähriges Alttier sprang es sofort<br />
ab, suchte allerdings noch 24 St<strong>und</strong>en<br />
nach dem Abschuss des Kalbes im<br />
angrenzenden, sichtdichten Waldbestand<br />
nach seinem Kalb. Nach dem<br />
Tod des Kalbes wurde das Tier noch<br />
vorsichtiger. Mittlerweile achtjährig,<br />
trat das Alttier − wenn überhaupt −<br />
erst sehr viel später aus als das übrige<br />
Rudel, während sein Kalb beim übrigen<br />
Verband bereits längere Zeit auf<br />
der Waldwiese stand. Bei einer möglichen<br />
Gefahrenquelle flüchtete das<br />
Alttier sofort. Eine gezielte Erlegung<br />
dieses „nervösen“ Alttieres ist bisher<br />
trotz großer Anstrengungen nicht<br />
gelungen. Die Mutter dieses Alttieres<br />
ist noch am Leben <strong>und</strong> zeigt ein genau<br />
gegenteiliges Verhalten. Ihre Fluchtdistanz<br />
zum Beispiel ist sehr gering.<br />
Reife Hirsche werden in Kranichstein erst nach der Brunft bejagt, um den<br />
Waldbesuchern eine möglichst eindrucksvolle Beobachtung der Brunft zu<br />
ermöglichen.