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Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung

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ebene (Goebel 1995; Goebel & Simon 1998a; Goebel et al.<br />

2000; Goebel et al. 2002) zeigen konnten (im Detail siehe<br />

Kap. 5.6). Deshalb kann eine Extensivierung der Wiesennutzung<br />

auch in der ökonomischen Bilanz von Vorteil sein.<br />

Hohe Kosten <strong>für</strong> mehrfache Instandsetzung der Wiese, Wildschadens<br />

zahlungen oder sogar Zäunungen entfallen.<br />

Die Anlage von Wildäckern im Wiesengelände ist im<br />

Gebiet aus Sicht der Nahrungsvielfalt nicht nur überflüssig,<br />

sondern sogar wildökologisch nachteilig. Der im<br />

Südwestteil der Rottwiese in den 1980er-Jahren angelegte<br />

<strong>und</strong> damals gedüngte Wildacker hat die angrenzenden<br />

Wiesenlebensräume durch Nährstoffeinträge eher negativ<br />

beeinflusst <strong>und</strong> keineswegs zur Erhöhung der Nahrungsvielfalt<br />

beigetragen. Der Wildacker auf der Rottwiese<br />

wurde gegen Ende der 1980er-Jahre wieder aufgegeben<br />

<strong>und</strong> als Wiese neu eingesät, zeigt aber in der Bestandszusammensetzung<br />

bis heute als eutrophe, in der Tendenz<br />

ruderale Glatthaferwiese noch Spuren des ehemaligen<br />

maschinellen Umbruchs <strong>und</strong> der Neueinsaat.<br />

Der ehemalige Wildacker auf der Rotsuhlwiese im<br />

Südwestteil des Gebietes wurde ebenfalls Ende der<br />

1980er-Jahre aufgegeben, hat sich aber bis heute nicht<br />

wieder als typische Wiese entwickeln können. Die ehemalige<br />

Nährstoffzufuhr begünstigt auch heute noch den wiederholt<br />

starken Sauenumbruch auf dieser Waldlichtung,<br />

was die Entstehung einer geschlossenen Wiesengrasnarbe<br />

bis heute verhindert hat.<br />

Eine Düngung der Wiesen zum Zwecke der Äsungsverbesserung<br />

– wie in einigen Düngeversuchen gegen<br />

Ende der 1980er-Jahre probehalber im Wildschutzgebiet<br />

mit dem mineralischen Naturdünger „Eifelgold“ durchgeführt<br />

führte zu keiner erhöhten Äsungsattraktivität.<br />

Generell führt eine Aufdüngung mit verschiedenen<br />

„milden“ Mitteln wie Urgesteinsmehlen (v.a. Ca, Mg) <strong>und</strong><br />

Ca-Mg-K-Mischungen auf stark bodensauren Standorten<br />

zum Rückgang der dort kleinflächig vorkommenden <strong>und</strong><br />

geschützten Borstgrasrasen (FFH-Lebensraumtyp!), was<br />

aus ökologischer Sicht nicht gewünscht sein kann. Auf<br />

besser mit Mineralstoffen versorgten Böden hingegen hat<br />

eine solche Düngung keinen Effekt.<br />

Stärkere Düngeaktionen mit PK- oder gar NPK-Düngung<br />

(im Wildschutzgebiet seit langem nicht mehr durchgeführt)<br />

würden generell zu einer starken Verminderung<br />

des Artenreichtums <strong>und</strong> der Nahrungsvielfalt führen, was<br />

sowohl ökologisch als auch wildbiologisch nachteilig zu<br />

bewerten ist. Bestenfalls kann auf nährstoffreichen Kohldistelwiesen,<br />

Wassergreiskrautwiesen <strong>und</strong> Wiesenknopf-<br />

Silgenwiesen bei dringendem Bedarf von Seiten der Nutzer<br />

an eine gering fügige PK-Düngung zur mäßigen Erhöhung<br />

der Heuerträge gedacht werden. Eine PK-Düngung darf<br />

mit Rücksicht auf die umgebenden wertvollen Wiesengesellschaften<br />

keinesfalls flächig erfolgen. Für den Landwirt<br />

bedeutet dies eine erhebliche Herausforderung. Aus Sicht<br />

des Naturschutzes ist bei Einsatz einer PK-Düngung eine<br />

Kontrolle zur Einhaltung der Vereinbarung fachlich notwendig.<br />

Auf stark versauerten, nassen Waldbinsenwiesen <strong>und</strong><br />

auf trockenen, mageren Glatthaferwiesen kann zukünftig<br />

eine Kalkung (mit CaMg-Carbonat) durchgeführt werden,<br />

um der schleichenden Versauerungstendenz auf schwach<br />

gepufferten Böden zu begegnen. Durch die Versauerung<br />

findet hier vielfach eine fortschreitende Artenverarmung<br />

statt. Hinsichtlich einer möglichen Kalkdüngung muss hier<br />

allerdings sehr genau auf Vorkommen von Borstgrasrasen,<br />

sauren Kleinseggenriedern <strong>und</strong> ähnliche Vegetationstypen<br />

geachtet werden: In diesen Wiesengesellschaften soll jegliche<br />

künstliche Mineralstoffzufuhr unterbleiben (vgl. Auswertungen<br />

bei Goebel 2004).<br />

Besucherlenkung <strong>und</strong> Wildruhezonen<br />

Das Wildschutzgebiet Kranichstein liegt zehn Autominuten<br />

von der Innenstadt Darmstadts entfernt. Über öffentliche<br />

Verkehrsmittel ist das Waldgebiet zeitnah <strong>und</strong> verkehrsgünstig<br />

zu erreichen. Das naheliegende Jagdschloss<br />

Kranichstein ist ein beliebtes Ausflugsziel. Von dort führt<br />

ein Lehrpfad zur Jagdgeschichte in das Wildschutzgebiet.<br />

Zwei regionale <strong>und</strong> überregionale Wanderwege führen<br />

– quasi als „Transitstrecken“ – quer durch das Wildschutzgebiet.<br />

Im Sommer werden diese zwei Waldwege<br />

zahlreich von Radfahrern befahren, um vor allem einen<br />

nahegelegenen Waldbadesee zu erreichen.<br />

1991 erfolgten im Rahmen einer wildökologischen Studie<br />

Beobachtungen zu dem Besucheraufkommen (Simon<br />

1992):<br />

Bereits 1991 wurden im Wildschutzgebiet an Sonn- <strong>und</strong><br />

Feiertagen bis zu 50 Waldbesucher pro St<strong>und</strong>e auf den<br />

Hauptwegen im Spätsommer gezählt. An Wochentagen<br />

waren es im Sommer tagsüber dagegen selten mehr als<br />

zehn Waldbesucher pro St<strong>und</strong>e. Erst in den Nachmittags<strong>und</strong><br />

frühen Abendst<strong>und</strong>en unter der Woche stiegen die<br />

Zahlen bis auf 20 Besucher pro St<strong>und</strong>e an. Die besonders<br />

empfindlichen Störungen liegen jedoch jenseits der Tagesst<strong>und</strong>en.<br />

Durch Radfahrer in der Morgendämmerung auf<br />

dem Weg zur Arbeit <strong>und</strong> Badegäste des nahegelegenen<br />

Waldsees gab es in den Sommermonaten wenige, da<strong>für</strong><br />

aber umso empfindlicher störende Waldbesucher von<br />

Mitternacht bis Sonnenaufgang.<br />

Das Wildschutzgebiet wird als stadtnahes Waldgebiet<br />

aufgr<strong>und</strong> seiner Lage <strong>und</strong> der ästhetisch attraktiven alten<br />

Laubwaldbestände, Eichen- <strong>und</strong> Kastanienalleen von<br />

Waldbesuchern als Freizeit- <strong>und</strong> Naherholungsgebiet in<br />

hoher Zahl frequentiert. Es war deshalb vordringlich, größere,<br />

störungsarme Waldflächen mittels einer unauffälligen,<br />

aber wirksamen Besucherlenkung <strong>und</strong> Wegeberuhigung<br />

zu erhalten bzw. zu schaffen, um die Beunruhigung von<br />

Wildtieren zu reduzieren. Als Leitart <strong>für</strong> eine erfolgreiche<br />

Störungsreduzierung <strong>und</strong> Lebensraumberuhigung war der<br />

Rothirsch besonders gut geeignet, da die Wildart einerseits<br />

sehr sensibel auf Störungen reagiert, sich andererseits aber

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