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Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung

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174<br />

Wiesenumbruch durch Wildschweine<br />

Kontrovers diskutiert wird in Naturschutzverbänden<br />

<strong>und</strong> -behörden insbesondere das Bodenwühlen der<br />

Wildschweine. Häufig wird ungeachtet der tatsächlichen<br />

Wirkungen von einem „ökologischen Schaden“ <strong>für</strong> die<br />

Wiesengesellschaft gesprochen.<br />

Im Wildschutzgebiet Kranichstein zeigte der in saisonalen<br />

Zyklen wiederkehrende, sporadische bis mäßige<br />

Schwarzwildumbruch positive Effekte, die sich in der<br />

Schaffung von Pionierstandorten, verb<strong>und</strong>en mit einer<br />

Artenanreicherung, auswirkten. Durch das Bodenwühlen<br />

wurde die Grasnarbe geöffnet <strong>und</strong> konkurrenzschwächeren<br />

Arten damit ein Aufkeimen <strong>und</strong> Aufwachsen ermöglicht.<br />

Vor allem Arten der Pionierstandorte, darunter auch<br />

seltene Arten wie die Natternzunge, wurden gefördert, wie<br />

die Situation nach Umbruch auf den feuchten Pfeifengraswiesen<br />

(Rottwiese Wi 1, Kap. 4.4.2) eindrucksvoll zeigte.<br />

Werden jedoch große Flächen intensiv vom Schwarzwild<br />

umgebrochen, so wird die Grasnarbe bei wiederholten<br />

Umbrüchen zunehmend von futterwertmindernden<br />

Ruderalpflanzen (auf nährstoffreichen Böden z.B. Ackerkratzdistel)<br />

geprägt <strong>und</strong> die landwirtschaftliche Nutzung<br />

kann insgesamt gefährdet sein. Dies trifft im Wildschutzgebiet<br />

vor allem auf die nährstoffreicheren Wiesenflächen<br />

in Teilen der Rottwiese <strong>und</strong> der Hengstriedwiese zu. Dort<br />

suchen die Wildschweine insbesondere nach den im Oberboden<br />

in hoher Dichte vertretenen Regenwürmern.<br />

Zwölf Jahre nach Beginn der Untersuchungen spiegeln<br />

heute alle vier Wiesen-Weiserflächen auf der Rottwiese,<br />

unabhängig von Wildverbiss <strong>und</strong> Schwarzwildumbruch,<br />

sowohl in den gezäunten als auch in den ungezäunten<br />

Parzellen, ebenso wie auch im weiteren Umfeld auf der<br />

Rottwiese <strong>und</strong> den anderen Wiesen, die extensive Nutzung<br />

<strong>und</strong> Wiesenpflege, die damit verb<strong>und</strong>ene langsame<br />

Ausmagerung der Standorte <strong>und</strong> so die Stabilisierung <strong>und</strong><br />

Ausbreitung der ökologisch sehr bedeutsamen Pfeifengraswiesen<br />

<strong>und</strong> Borstgrasrasen wider.<br />

An keiner Stelle waren die Schutz- <strong>und</strong> Pflegeziele<br />

der Wiesen durch das Bodenwühlen der Wildschweine<br />

gefährdet. Die großen Orchideenbestände des Breitblättrigen<br />

Knabenkrautes auf den Waldwiesen Kranichsteins<br />

sind stabil bzw. konnten sich in den letzten Jahren sogar<br />

weiter ausbreiten.<br />

Synökologische Wechselwirkungen zwischen Schalenwild<br />

<strong>und</strong> Vegetation haben im Wildschutzgebiet Kranichstein<br />

mit dazu beigetragen, den Artenreichtum der<br />

Pflanzengesellschaften zu erhalten <strong>und</strong> positiv zu beeinflussen.<br />

Entscheidend hier<strong>für</strong> war ein an den Lebensraum<br />

angepasster Wildbestand.<br />

Auch Treiber (1997) bewertete in einer mehrjährigen<br />

Vegetationsstudie, die den Einfluss der Wildschweine<br />

berücksichtigte, den sporadischen bis mäßigen Schwarzwildumbruch<br />

auf bodensauren Trockenrasen im Elsass positiv.<br />

Goebel & Simon (1998a) beobachteten bei regelmäßigem<br />

Umbruch, Beäsung <strong>und</strong> Tritt durch Wildschweine <strong>und</strong><br />

Damhirsche eine Artenzunahme konkurrenzschwacher,<br />

gefährdeter Pflanzenarten auf Sandmagerrasen der Untermainebene.<br />

5.6 Wildschweine, Bodenbrüter<br />

<strong>und</strong> Amphibien –<br />

ein Artenschutzkonflikt?<br />

Aus naturschutzfachlicher Sicht positive Wechselwirkungen<br />

zwischen Wildschweinen, ihren Wühltätigkeiten <strong>und</strong><br />

der Artenzusammensetzung der Wiesenvegetation wurden<br />

am Beispiel der Rottwiese <strong>für</strong> das Wildschutzgebiet<br />

Kranichstein detailliert beschrieben.<br />

Verstärktes Auftreten der seltenen Natternzunge nach<br />

vorjährigem Wildschweinumbruch.<br />

Größerflächiger Schwarzwildumbruch auf der<br />

Hengstriedwiese (Aufnahme: Oktober 2007).

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