Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung
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– Forstökonomisch betrachtet gelingt die Naturverjüngung<br />
im Gebiet auf großer Fläche mit der Rotbuche<br />
als Hauptbaumart <strong>und</strong> den Nebenbaumarten<br />
Eiche (wenn auch meist gepflanzt), Hainbuche, Esche,<br />
Winterlinde, Flatterulme, Bergahorn <strong>und</strong> Schwarzerle<br />
in mehrschichtigen Beständen.<br />
– Waldökologisch betrachtet erscheinen die Bestände<br />
der genannten Baumarten in ihren standortspezifischen<br />
Lebensräumen zur Zeit gesichert <strong>und</strong> aktuell ist<br />
keine Pflanzenart im Waldverband durch Wildverbiss<br />
unmittelbar <strong>und</strong> nachhaltig bestandsbedroht.<br />
5.4 Waldbehandlung, Jagd <strong>und</strong><br />
Schälschäden<br />
Rindenschälschäden in Rotwildgebieten sind nicht selten<br />
ein besonders gravierendes Problem <strong>für</strong> den Forstbetrieb<br />
(u.a. Speidel 1975; Ueckermann 1960). Rindenschäle an den<br />
Wirtschaftsbaumarten führt vor allem zu ökonomischen<br />
Wertverlusten (Gerke 1980; Kato 1969; Richter 1976). In<br />
gleichaltrigen Beständen (Pflanzung oder gleichaltrige<br />
Naturverjüngung nach Großschirmschlag) führen hohe<br />
Schälereignisse mittelfristig zudem zu einer Instabilität der<br />
Bestände (Kato 1969; Prien 1997; Roeder 1970). Störungen<br />
durch Jagd <strong>und</strong> Erholungsverkehr in den Einstandsgebieten<br />
<strong>und</strong> hohe Wildbestände gelten als Ursachen hoher Schälereignisse<br />
(Prien 1997; Ueckermann 1981; Petrak 2001).<br />
Im Wildschutzgebiet Kranichstein boten sich aufgr<strong>und</strong><br />
der umfassenden Datengr<strong>und</strong>lagen im Wald-Wild-Monitoring<br />
geeignete Möglichkeiten, verschiedene Einflussfaktoren<br />
auf ihre Wirkung als schälfördernde oder schälmindernde<br />
Faktoren zu überprüfen.<br />
Entscheidend <strong>für</strong> das Ausmaß der Rindenschäle <strong>und</strong><br />
des Neuschälprozentes in dem zu betrachtenden Lebensraum<br />
ist die Schäldisposition des Waldes, d.h. der Umfang<br />
schälfähiger Waldbestände (Hofmann 2004; Führer &<br />
Nopp 2001; Reimoser & Gossow 1996; Simon 2003). So<br />
können z.B. geringe Neuschälprozente, die im Rahmen<br />
eines Forstlichen Gutachtens ermittelt werden, auf drei<br />
wesentliche Faktoren zurückgeführt werden:<br />
Das in diesem Raum lebende Rotwild schält nur<br />
sporadisch <strong>und</strong> selten;<br />
in diesem Raum gibt es zur Zeit keine Waldbestände<br />
im schälfähigen Alter oder sie sind durch Zäune<br />
geschützt;<br />
in diesem Raum ist Rotwild nur sporadisches<br />
Wechselwild <strong>und</strong> in den Monaten stärkerer<br />
Schälgefährdung nicht im Revier.<br />
Im Wildschutzgebiet sind drei Faktoren gegeben, die ein<br />
hohes Schälprozent erwarten lassen:<br />
1. Schälfähige Bestände sind verteilt auf großer Fläche<br />
im Raum vorhanden. R<strong>und</strong> 20% der Waldfläche<br />
(108 ha!) befanden sich während des Untersuchungszeitraumes<br />
19922004 im schälfähigen Alter.<br />
2. In einigen dieser Bestände wachsen besonders<br />
schälattraktive Baumarten wie Esche, Bergahorn<br />
<strong>und</strong> Linde. In vielen Beständen ist der Rotbuche<br />
zudem die Hainbuche beigemischt, die ebenfalls gerne<br />
geschält wird (vgl. Prien 1997; Ueckermann 1960).<br />
3. Der Wildbestand ist mit ca. vier Stück Rotwild bzw.<br />
acht Stück schälendes Schalenwild (Rothirsch <strong>und</strong><br />
Damhirsch) je 100 Hektar Wald relativ hoch.<br />
Entgegen dieser hohen Schäldisposition wird im Wildschutzgebiet<br />
Kranichstein seit 1990 keine der Laubbaumarten<br />
geschält, auch nicht die Edellaubhölzer (vgl. Kap.<br />
4.3.2). Auch die Fichte wird nicht geschält, lediglich von<br />
den Hirschen geschlitzt <strong>und</strong> geschlagen. Festgestellt wurden<br />
jedoch vor allem an Rotbuchen Altschälen aus der<br />
Zeit vor 1990. Diese Schälereignisse stammen im Schwerpunkt<br />
aus dem Zeitraum 19801985, als vor allem drei<br />
schälfördernde Faktoren aufeinander trafen: junge <strong>und</strong><br />
nahrungsfreie Rotbuchenbestände auf größeren Flächen,<br />
eine hohe Wegedichte <strong>und</strong> ein Rotwildbestand im Frühjahr<br />
von 1015 Stück je 100 Hektar Wald.<br />
Ende der 1980er-Jahre wurde den Schälereignissen an<br />
der Rotbuche mit einem umfangreichen Maßnahmen-<br />
Tabelle 76: Maßnahmenkatalog zur<br />
Reduktion der Schälschadenssituation im<br />
Wildschutzgebiet Kranichstein<br />
Maßnahme<br />
Reduktion des<br />
Wegenetzes<br />
Auflichten der<br />
Waldinnenränder<br />
Auflichten der<br />
Waldbestände<br />
Reduktion des<br />
Rotwildbestandes<br />
Einstellung der<br />
Winterfütterung<br />
Veränderung der<br />
Jagdstrategie<br />
Ziel<br />
Ausweitung der Wildruhezonen<br />
Vergrößerung des tatsächlich<br />
nutzbaren Lebensraumes<br />
Erhöhte Erreichbarkeit des<br />
Äsungsangebotes<br />
Geringere Durchsichtigkeit der<br />
Waldbestände<br />
Erhöhung des Sicherheitsgefühles des<br />
Schalenwildes<br />
Erhöhung des Äsungsangebotes<br />
Erhöhung des Äsungsangebotes<br />
Förderung von Struktur in<br />
Altholzbeständen<br />
Einstand <strong>und</strong> Äsung auf der selben<br />
Fläche<br />
Einstand in nicht schälfähigen<br />
Beständen<br />
Anpassung des Wildbestandes an die<br />
Kapazität des Lebensraumes<br />
Vermeidung künstlich provozierter<br />
Wildkonzentrationen<br />
Reduktion des Feindbildes Mensch<br />
Keine Nachtjagd<br />
Störgröße Mensch ist besser<br />
kalkulierbar<br />
Erhöhung der tagaktiven Nutzung<br />
größerer Waldflächen<br />
Erhöhung der tagaktiven Nutzung der<br />
Wiesen<br />
Verteilung des „Äsungsdruckes“