Download - Institut für Tierökologie und Naturbildung
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Wildlebensraumtyp C: Schattiger, nahrungsloser Buchen-<br />
Baumbestand.<br />
Von geringer Bedeutung <strong>für</strong> die Nahrungsaufnahme<br />
sind alle schattigeren Waldbestände unabhängig von<br />
ihrer Bestockung, so vor allem Dickungen, Stangenhölzer<br />
<strong>und</strong> alle mittelalten Bestände, die aufgr<strong>und</strong><br />
starker Beschattung arm an Waldbodenpflanzen sind.<br />
Dieser Wildlebensraumtyp C zeichnet sich durch eine<br />
nur geringe bis fehlende Nahrungs- <strong>und</strong> Artenvielfalt,<br />
geringe bis fehlende Nahrungsmengen <strong>und</strong> vor allem<br />
durch eine hohe Schälschadensanfälligkeit im Bestandsalter<br />
bis ca. 50 Jahre aus. Die Deckungsstrukturen<br />
dagegen sind vor allem im jungen Bestandsalter gut bis<br />
hervorragend.<br />
Kronentriebäsung nach Sturm <strong>und</strong> forstlichen<br />
Hiebsmaßnahmen<br />
Der überwiegende Teil der jährlich durch Photosynthese<br />
neu gebildeten Biomasse in Wäldern fließt in Stammzuwächse<br />
sowie Kronenbildung <strong>und</strong> -belaubung <strong>und</strong> ist <strong>für</strong><br />
Huftiere nicht erreichbar. Insgesamt werden weniger als<br />
5% der Nettoprimärproduktion durch Pflanzenfresser<br />
von Springschwänzen über Borkenkäfer bis hin zum<br />
Rothirsch – genutzt (u.a. Ellenberg 1996; Remmert 1988).<br />
Und doch wird die im Kronenraum gebildete Biomasse<br />
in Teilen auch <strong>für</strong> bodenlebende Pflanzenfresser nutzbar.<br />
Kleinere Sturmereignisse im Sommer, vor allem aber<br />
orkanartige Stürme im Herbst <strong>und</strong> Winter, wie auch<br />
Schnee- <strong>und</strong> Eisbruch, liefern durch Ast- <strong>und</strong> Stammbruch<br />
große Mengen an frischen Blättern (im Sommer),<br />
vor allem aber an Trieben <strong>und</strong> an junger, unverborkter<br />
Rinde.<br />
Nach Sommerstürmen aus den Baumkronen abgerissene<br />
Blätter oder Äste werden selektiv von allen Hirscharten<br />
beäst. In den Folgetagen nach einem Sturm konnte<br />
im Wildschutzgebiet regelmäßig beobachtet werden, wie<br />
Rothirsche, Damhirsche <strong>und</strong> Rehe tagsüber gezielt in den<br />
Altholzbeständen einzelne frisch aus den Baumkronen<br />
abgerissene Blätter oder das Laub abgebrochener Äste<br />
vom Boden aufnahmen. Besonders beliebt waren die<br />
Blätter der Eiche. Noch im Herbst ließ sich beobachten,<br />
dass das inzwischen gewelkte Laub von im Sommer abgebrochenen<br />
Ästen gerne geäst wurde. Nach dem Entzug<br />
des Wassers hatten sich die Blätter zwar braun verfärbt,<br />
der Mineraliengehalt war jedoch ebenso hoch wie der des<br />
frischen Sommerlaubes <strong>und</strong> im Nährstoffgehalt nicht vergleichbar<br />
mit den abfallenden Blättern des Herbstlaubes,<br />
denen bereits die wesentlichen Mineralien <strong>und</strong> Nährstoffe<br />
entzogen waren (u.a. Larcher 1994; Straßburger 1983).<br />
Brachen im Herbst <strong>und</strong> Winter starke Äste oder ganze<br />
Stämme von Waldkiefer oder Fichte, so ließ sich beobachten,<br />
dass diese häufig schon in den Folgetagen vor allem<br />
durch Rotwild, aber auch durch Damwild geschält wurden.<br />
Im Kronenbereich ist die Rinde wesentlich weniger<br />
verborkt als im unteren Stammbereich, sodass auch die<br />
Rinde älterer Stämme im Kronenraum äsungsattraktiv<br />
<strong>und</strong> mechanisch einfach zu schälen ist. Die Triebe der<br />
Fichte, vor allem aber der Eiche, der Hainbuche, der<br />
Esche <strong>und</strong> des Bergahorns, in geringerem Umfang auch<br />
die Triebe der Rotbuche, wurden von allen Hirscharten<br />
beäst. Vor allem die Kronen der Stiel- <strong>und</strong> Traubeneichen<br />
zeigten schließlich im Frühjahr in Kranichstein erheblich<br />
verbissene Triebe von bis zu 20 cm fehlenden Triebspitzen.<br />
Der Holzeinschlag im Spätherbst <strong>und</strong> Winter kommt<br />
einem durch Sturm verursachten Nahrungszuwachs gleich.<br />
Ein entscheidender Unterschied gegenüber Sturmwürfen<br />
ist die Kontinuität in Menge <strong>und</strong> Zeit durch jährlich<br />
wiederkehrende forstliche Hiebsmaßnahmen, während<br />
orkanartige Stürme eher unregelmäßige Großereignisse<br />
mit einem Überangebot an zusätzlicher Winternahrung<br />
sind. Die durch den Holzeinschlag zur Verfügung gestellte<br />
Nahrung an Gehölztrieben ist sowohl mengen- als auch<br />
gehaltsmäßig als Äsung enorm. Im Wildschutzgebiet wurden<br />
jeden Winter durch die Fällung älterer Bäume in den<br />
Jahren 1995/96 bis 1999/00 bis zu 20.000 kg Frischgewicht<br />
Knospen- <strong>und</strong> Triebäsungsmenge geboten (Kap. 4.5).<br />
Im Durchschnitt lag die durch Baumfällung angebotene<br />
Äsung seit 1996 bei 13.000 kg Frischmasse! Vor allem<br />
in den Winterhalbjahren 1997/98, 1998/99 <strong>und</strong> 1999/00<br />
wurde durch hohe, blockartige Altholzeinschläge eine<br />
enorme <strong>und</strong> weit über das Gebiet verteilte zusätzliche<br />
Nahrung geboten. *<br />
* In den Jahren 19921995 wurde im Wildschutzgebiet deutlich weniger<br />
Holz eingeschlagen als in den Jahren ab 1997. Im Winter 1996/97<br />
wurde nur im Osten des Gebietes Holz eingeschlagen.