Das Ballspiel in Hieroglyphentexten der klassischen Maya

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Das Ballspiel in Hieroglyphentexten der klassischen Maya Ulrich Wölfel 25. Juni 2006 1 Einleitung Die Texte, die in vorspanischer Zeit in der Hieroglyphenschrift der klassischen Maya verfaßt wurden, stellen eine wichtige Quelle für die Kulturgeschichte Mesoamerikas dar. Sie berichten über vielfältige historische Ereignisse, aber auch von Mythen und religiösen Vorstellungen. Im Rahmen dieser Seminararbeit soll untersucht werden, inwieweit sich im Korpus der Maya-Hieroglyphenschrift und der zugehörigen Ikonographie Aussagen über das Ballspiel finden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Aussagen, die den Ablauf und die Regeln des Spiels betreffen, die Teilnehmer und Veranstaltungsorte nennen und den Sinn und die Bedeutung des Ballspiels erklären helfen. 2 Themen der Ballspielinschriften In diesem Abschnitt werden die in den Inschriften belegten Themen besprochen und Beispieltexte vorgestellt. Die jeweils wichtigen Passagen in den Inschriften sind in Umschrift und deutscher Übersetzung präsentiert, auf eine normalisierte Form der Umschrift wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet. Zu jeder Übersetzung, die nicht vom Autor selbst erstellt wurde oder auf einer fremden Übersetzung basiert, wird die zugrundeliegende Übersetzung als Literaturhinweis zitiert. 2.1 Die Ballspieler Zunächst soll ein Blick auf die Ballspieler geworfen und dabei auf den Ballspiel-Ausdruck eingegangen werden, der am häufigsten in Inschriften zu finden ist. Es handelt sich um das Wort pitz – “Ballspiel” – und seine verschiedenen Formen und Ableitungen. Ein erstes Beispiel für diesen Ausdruck ist Tonina, Monument 172 (siehe Abb. 6, 7). Tonina, Monument 172 (Skidmore 2004) (A1–B1) u-BAH ti-pi-tzi sein Abbild beim Ballspiel (D2–C3) u-ba-hi ta-pi-tzi sein Abbild beim Ballspiel 1

<strong>Das</strong> <strong>Ballspiel</strong> <strong>in</strong> <strong>Hieroglyphentexten</strong> <strong>der</strong> <strong>klassischen</strong> <strong>Maya</strong><br />

Ulrich Wölfel<br />

25. Juni 2006<br />

1 E<strong>in</strong>leitung<br />

Die Texte, die <strong>in</strong> vorspanischer Zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hieroglyphenschrift <strong>der</strong> <strong>klassischen</strong> <strong>Maya</strong> verfaßt<br />

wurden, stellen e<strong>in</strong>e wichtige Quelle für die Kulturgeschichte Mesoamerikas dar. Sie<br />

berichten über vielfältige historische Ereignisse, aber auch von Mythen und religiösen Vorstellungen.<br />

Im Rahmen dieser Sem<strong>in</strong>ararbeit soll untersucht werden, <strong>in</strong>wieweit sich im<br />

Korpus <strong>der</strong> <strong>Maya</strong>-Hieroglyphenschrift und <strong>der</strong> zugehörigen Ikonographie Aussagen über<br />

das <strong>Ballspiel</strong> f<strong>in</strong>den. Dabei liegt <strong>der</strong> Schwerpunkt auf Aussagen, die den Ablauf und die<br />

Regeln des Spiels betreffen, die Teilnehmer und Veranstaltungsorte nennen und den S<strong>in</strong>n<br />

und die Bedeutung des <strong>Ballspiel</strong>s erklären helfen.<br />

2 Themen <strong>der</strong> <strong>Ballspiel</strong><strong>in</strong>schriften<br />

In diesem Abschnitt werden die <strong>in</strong> den Inschriften belegten Themen besprochen und Beispieltexte<br />

vorgestellt. Die jeweils wichtigen Passagen <strong>in</strong> den Inschriften s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Umschrift<br />

und deutscher Übersetzung präsentiert, auf e<strong>in</strong>e normalisierte Form <strong>der</strong> Umschrift wurde<br />

aus Gründen <strong>der</strong> Übersichtlichkeit verzichtet. Zu je<strong>der</strong> Übersetzung, die nicht vom Autor<br />

selbst erstellt wurde o<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>er fremden Übersetzung basiert, wird die zugrundeliegende<br />

Übersetzung als Literaturh<strong>in</strong>weis zitiert.<br />

2.1 Die <strong>Ballspiel</strong>er<br />

Zunächst soll e<strong>in</strong> Blick auf die <strong>Ballspiel</strong>er geworfen und dabei auf den <strong>Ballspiel</strong>-Ausdruck<br />

e<strong>in</strong>gegangen werden, <strong>der</strong> am häufigsten <strong>in</strong> Inschriften zu f<strong>in</strong>den ist. Es handelt sich um<br />

das Wort pitz – “<strong>Ballspiel</strong>” – und se<strong>in</strong>e verschiedenen Formen und Ableitungen. E<strong>in</strong> erstes<br />

Beispiel für diesen Ausdruck ist Ton<strong>in</strong>a, Monument 172 (siehe Abb. 6, 7).<br />

Ton<strong>in</strong>a, Monument 172 (Skidmore 2004)<br />

(A1–B1) u-BAH ti-pi-tzi<br />

se<strong>in</strong> Abbild beim <strong>Ballspiel</strong><br />

(D2–C3) u-ba-hi ta-pi-tzi<br />

se<strong>in</strong> Abbild beim <strong>Ballspiel</strong><br />

1


Der Ausdruck “se<strong>in</strong> Abbild beim <strong>Ballspiel</strong>” läßt sich als Kommentar zu <strong>der</strong> abgebildeten<br />

Szene verstehen. Der König K’<strong>in</strong>ich B’aaknal Chaak ist hier <strong>in</strong> <strong>Ballspiel</strong>er-Montur zu<br />

sehen. Am Boden kniend ist er gerade im Begriff, den Ball zu schlagen, <strong>der</strong> sich vor ihm<br />

bef<strong>in</strong>det. <strong>Das</strong> zeigt nicht nur, daß es bei den <strong>Maya</strong> Könige gab, die Ball spielten, son<strong>der</strong>n<br />

auch, daß diese Tatsache es Wert war, abgebildet zu werden, was das Prestige des <strong>Ballspiel</strong>s<br />

unterstreicht. E<strong>in</strong> weiteres Beispiel für e<strong>in</strong>en König, <strong>der</strong> <strong>Ballspiel</strong>er war, f<strong>in</strong>det sich auf <strong>der</strong><br />

96-Glyphen-Tafel von Palenque (siehe Abb. 8).<br />

Palenque, 96-Glyphen-Tafel<br />

(H3) a-pi-tzi-la-wa<br />

<strong>der</strong> <strong>Ballspiel</strong>er<br />

Der hier verwendete Ausdruck ah pitzlaw bedeutet soviel wie “<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Ball spielt” o<strong>der</strong><br />

kurz “<strong>der</strong> <strong>Ballspiel</strong>er”. Se<strong>in</strong>e Position vor dem Namen des Königs K’<strong>in</strong>ich Balam K’uk’<br />

macht ihn zum Bestandteil e<strong>in</strong>es Titels, was zeigt, daß <strong>der</strong> Stellenwert des <strong>Ballspiel</strong>s so<br />

hoch war, daß Könige sich damit schmückten. E<strong>in</strong> Beispiel für pitz-Ausdrücke, die weitere<br />

Aspekte des <strong>Ballspiel</strong>s beleuchten, ist die Vase K3296 (siehe Abb. 9).<br />

Vase K 3296 (Zen<strong>der</strong> 2004; Tokov<strong>in</strong><strong>in</strong>e 2002)<br />

(A3–B3) AK’-ta-hi-ya ti-pi-tzi-li<br />

er tanzte beim <strong>Ballspiel</strong><br />

(F1–F3) u-BAH-hi HUK-TE’-AHAW-wa ti-pi-tzi<br />

er ist das Bild von 7 Ahaw beim <strong>Ballspiel</strong><br />

Der erste Ausdruck enthält wie<strong>der</strong> die Formulierung ti pitzil – “beim <strong>Ballspiel</strong>” – diesmal<br />

jedoch <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>der</strong> Verbalform ak’tahiiy – “er tanzte” 1 . In den Glyphenblöcken<br />

C2–D1 wird <strong>der</strong> Name des Akteurs mit yax pasaj chan yopat angegeben, <strong>der</strong> 16. Herrscher<br />

von Copan. Der zweite Ausdruck enthält <strong>in</strong> F2 e<strong>in</strong>e Glyphe, die nicht mit Sicherheit gelesen<br />

werden kann, von Zen<strong>der</strong> (2004) aber mit huk(te’) ahaw transkribiert wird, wobei er te’<br />

als numeralen Klassifikator ansieht. E<strong>in</strong> weiteres Beispiel für diesen Ausdruck f<strong>in</strong>det sich<br />

auf e<strong>in</strong>em Block <strong>der</strong> Hieroglyphentreppe von El Perú, wo <strong>der</strong> Ausdruck pi-tzi-ja U-BAH-hi<br />

HUK-TE’-AHAW zu f<strong>in</strong>den ist – “es spielte Ball das Abbild von 7 Ahaw” (siehe Abb.<br />

1). Zen<strong>der</strong> <strong>in</strong>terpretiert diese Ausdrücke als Personifikationen von göttlichen Wesen, <strong>in</strong><br />

diesem Falle 7 ahaw, <strong>der</strong> möglicherweise mit vucub hunahpu <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung steht (Zen<strong>der</strong><br />

2004: 5). Unabhängig von <strong>der</strong> Frage, wer hier verkörpert wird, zeigt dieser Ausdruck,<br />

daß Herrscher beim <strong>Ballspiel</strong> <strong>in</strong> bestimmten Rollen auftraten und damit zum<strong>in</strong>dest diese<br />

Form des <strong>Ballspiel</strong>s e<strong>in</strong>en weniger sportlichen als mehr mythisch-religiösen Zweck gehabt zu<br />

haben sche<strong>in</strong>t. <strong>Das</strong> läßt sich auch an <strong>der</strong> Tatsache ablesen, daß <strong>der</strong> abgebildete Herrscher<br />

nicht <strong>in</strong> <strong>Ballspiel</strong>er-Montur, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Zeremonialbekleidung abgebildet ist.<br />

Es läßt sich also festhalten, daß <strong>in</strong> allen bisher vorgestellten Texten von Herrschern<br />

die Rede ist, die sich entwe<strong>der</strong> als <strong>Ballspiel</strong>er darstellen lassen, um sich mit dem Prestige<br />

dieses Spiels zu schmücken o<strong>der</strong> daß die Rolle des Herrschers als Mittler zwischen den<br />

Welten im mythischen <strong>Ballspiel</strong> betont wird. Diese Konzentration auf den Herrscher darf<br />

1 <strong>Das</strong> Wort ak’tah wird üblicherweise mit “tanzen” übersetzt, kann aber auch die Bedeutung “stehen”<br />

(Berthold Riese, persönliche Kommunikation, 2006) haben.<br />

2


Abbildung 1: El Perú, Hieroglyphentreppe (Detail), Zeichnung: Marc Zen<strong>der</strong> (Zen<strong>der</strong> 2004)<br />

nicht verwun<strong>der</strong>n, schließlich s<strong>in</strong>d die Akteure von Hieroglyphen<strong>in</strong>schriften im allgeme<strong>in</strong>en<br />

Angehörige <strong>der</strong> Elite o<strong>der</strong> göttliche Wesen. Über mögliche Formen des <strong>Ballspiel</strong>s zwischen<br />

Angehörigen des e<strong>in</strong>fachen Volkes läßt sich an dieser Stelle nichts aussagen.<br />

2.2 Ablauf und Regeln<br />

Nach diesem Blick auf die <strong>Ballspiel</strong>er soll nun untersucht werden, welche Aussagen die<br />

Glyphen<strong>in</strong>schriften über den Ablauf des Spiels und se<strong>in</strong>e Regeln machen.<br />

2.2.1 Handspanne als Maß<br />

Neben den Glyphen für pitz und abgeleitete Ausdrücke, ist die Glyphe für nahb – “Handspanne”<br />

– am häufigsten <strong>in</strong> Inschriften vertreten. Auch wenn die Lesung als nahb schon<br />

lange bekannt ist, wurde erst <strong>in</strong> den letzten Jahren die Übersetzung als “Handspanne”<br />

gefunden 2 (Macri und Looper 2000). Damit war aber immer noch offen, wie solch e<strong>in</strong>e Angabe<br />

zu <strong>in</strong>terpretieren ist. Fest stand lediglich, daß verschiedene Zahlkoeffizienten, meist<br />

9, aber auch 10, 12, 13 und 14, mit nahb assoziiert waren. Damit lag <strong>der</strong> Schluß nahe,<br />

daß hier möglicherweise e<strong>in</strong>e Punktezählung vorlag. An<strong>der</strong>e Interpretationen g<strong>in</strong>gen von<br />

<strong>der</strong> Distanz aus, von <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Ball geschlagen wurde (Macri und Looper 2000: 3). Erst<br />

e<strong>in</strong> Artikel von Zen<strong>der</strong> (2004) schlug die Deutung als Maß für die Größe e<strong>in</strong>es Balles vor.<br />

Diese Deutung erklärt auch die gelegentliche Substitution des Zeichens für na durch e<strong>in</strong>e<br />

Hand, die zwischen ausgestrecktem Zeigef<strong>in</strong>ger und Daumen das Zeichen für ba hält – als<br />

ob das runde ba e<strong>in</strong> Ball wäre, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Hand vermessen wird (siehe z.B. Yaxchilan,<br />

Hieroglyphentreppe 2, Tafel X; Abb. 10). Dieses Zeichen wird als Logogramm für NAB’<br />

gelesen (Boot 2003: 11–12).<br />

In se<strong>in</strong>er Betrachtung über die Größe von Bällen schlägt Zen<strong>der</strong> (2004: 3) vor, daß<br />

<strong>der</strong> Umfang des Balles gemessen wurde und daß e<strong>in</strong>e Handspanne 8 bis 9 <strong>in</strong>ch, also 21<br />

bis 23 Zentimeter lang ist. Daraus errechnet er e<strong>in</strong>en Durchmesser von 62 cm für den<br />

9-Handspannen-Ball bis 96 cm für den 14-Handspannen-Ball. Diese Größen stimmen mit<br />

dem Verhältnis von Ball zu Spieler <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ikonographie 3 übere<strong>in</strong> und lassen für die größeren<br />

Bälle auch zu, daß e<strong>in</strong> Gefangener als Ball benutzt wurde. Damit ist <strong>der</strong> Umfang die wahrsche<strong>in</strong>lichste<br />

Größe, die mit diesem Ausdruck gemessen wurde, auch wenn e<strong>in</strong> endgültiger<br />

2 Frühere Übersetzungen brachten den Ausdruck <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Wasser o<strong>der</strong> Seerosen, weiteren<br />

Bedeutungen von nahb <strong>in</strong> Yukatekisch, Itza und Sprachen <strong>der</strong> Ch’ol-Familie (Macri und Looper 2000).<br />

3 Beispiele für Ballgrößen: 12 Handspannen – Yaxchilan, Hieroglyphentreppe 2, Tafel X (siehe Abb. 10);<br />

14 Handspannen – Site Q (La Corona) <strong>Ballspiel</strong>er-Tafel 1 (siehe Abb. 12)<br />

3


would identify him, the count-keepe<br />

variations can be found on this ceram<br />

just below his left arm (note the shell). The game played here is the hip ballgame ‘por abajo’<br />

as described by Leyenaar (1978) (additionally note the clearly visible protective gloves on<br />

several of the players).<br />

rare hand sign can be found <strong>in</strong> the phrase written to the left of the possible referee or,<br />

ld identify him, the count-keeper (see below). Of this particular hieroglyphic phrase t<br />

ations can be found on this ceramic vessel:<br />

The rare hand sign can be found <strong>in</strong> the phrase written to the left of the possible referee or, as I<br />

would identify him, the count-keeper (see below). Of this particular hieroglyphic phrase three<br />

variations can be found on this ceramic vessel:<br />

The first sequence (written from right<br />

Abbildung<br />

to left) can<br />

2: Details<br />

be transcribed<br />

aus Abb.<br />

5-la?<br />

11<br />

K’IN-ni HAND (T533<br />

employed for la <strong>in</strong>stead of T534), the second sequence (top to bottom) 8-la ni-K’IN HAND?,<br />

and the third<br />

Beweis<br />

sequence<br />

hierfür<br />

(reversed,<br />

noch fehlt.<br />

top<br />

Aufto die<br />

bottom)<br />

enge Beziehung<br />

5-la HAND.<br />

des Handspannenmaßes<br />

All three phrases<br />

zumseem Ball wird<br />

to be<br />

variations of später a common noch <strong>in</strong>phrase Abschnitt NUMERAL-la 2.4.1 e<strong>in</strong>gegangen. (K’IN-ni) HAND; the third sequence seems to<br />

<strong>in</strong>dicate that K’IN-ni is an optional item.<br />

first sequence (written from right to left) can be transcribed 5-la? K’IN-ni HAND (T<br />

loyed for la <strong>in</strong>stead of T534), the second sequence (top to bottom) 8-la ni-K’IN HAN<br />

the third sequence (reversed, top to bottom)<br />

employed<br />

5-la HAND.<br />

for la<br />

All<br />

<strong>in</strong>stead<br />

three phrases<br />

of T534),<br />

seem<br />

tht<br />

ations of a common phrase NUMERAL-la and (K’IN-ni) the third HAND; sequence the third (reversed, sequence seem to<br />

2.2.2 E<strong>in</strong>e mögliche Punktezählung<br />

cate that K’IN-ni is an optional item.<br />

If correctly identified, what could these phrases stand for? A tentative transliteration of these<br />

Boot (2003: 19–21) berichtet über e<strong>in</strong>e seltene Glyphe, die auf <strong>der</strong> Vase K5435 (siehe Abb.<br />

three phrases might be formulated as follows:<br />

rrectly identified,<br />

Hand mit ausgestrecktem<br />

what could<br />

Zeigef<strong>in</strong>ger<br />

these phrases<br />

dar und wird<br />

stand<br />

von Boot<br />

for?<br />

spekulativ<br />

A tentative<br />

als k’ab’ –<br />

transliteration<br />

“Hand”<br />

of t<br />

e phrases might be formulated as follows:<br />

1. ho[b]’ la[h] k’<strong>in</strong> k’ab’(?) (la may thus be an un<strong>der</strong>spell<strong>in</strong>g or abbreviation of lah)<br />

gelesen. Die Phrasen, <strong>in</strong> denen die Glyphe auftaucht, lauten:<br />

2. waxak la[h] k’<strong>in</strong> k’ab’(?)<br />

3. ho[b]’ la[h] k’ab’(?)<br />

Vase K5435 (Boot 2003)<br />

ho[b]’ la[h] k’<strong>in</strong> k’ab’(?) 8 Hände (la may thus be an un<strong>der</strong>spell<strong>in</strong>g or abbreviation of lah)<br />

waxak la[h] k’<strong>in</strong> k’ab’(?)<br />

ho[b]’ la[h] k’ab’(?)<br />

In Colonial Yucatec<br />

(b)<br />

<strong>Maya</strong><br />

5 la<br />

lah<br />

k’ab’<br />

is def<strong>in</strong>ed as “palm to give by the hand, to touch or hit with the<br />

palm of the hand” while 5 Hande lah k’ab’ is def<strong>in</strong>ed as “palm to give by the hand” (Barrera Vásquez<br />

et al. 1980: 431). The (c) function 5 la K’IN-ni of the k’ab’ optional item k’<strong>in</strong> is unknown at the moment (it may be<br />

an optional adjective modify<strong>in</strong>g 5 Hände k’ab’ “hand”). It may be suggested that these three particular<br />

phrases provide two specific stations <strong>in</strong> a “count of palms given by the hand”. Possibly a<br />

Boots Übersetzung von lah (k’<strong>in</strong>) k’ab’ läßt sich mit dem Ausdruck lah k’ab’tah <strong>in</strong> den<br />

cognate item Wörterbüchern was available von to Motul the Ch’olan und Sanlanguage Francisco für group 3. Yukatekisches ho[b]’ at the time <strong>Maya</strong> la[h] of the nachvollziehen, Classic k’ab’(?) period bleibt(a<br />

possible present-day aber dennoch cognate aufgrund item <strong>der</strong> may unsicheren be the Ch’orti’ Lesung des item Handzeichens lahb’ “to applaude, und <strong>der</strong> unklaren to touch; Bedeu-<br />

palm<br />

of hand”, cf. Wisdom 1950: 511). Here follow my tentative translations:<br />

olonial Yucatec <strong>Maya</strong> lah is def<strong>in</strong>ed as “palm to give by the hand, to touch or hit with<br />

of the hand” while lah k’ab’ is def<strong>in</strong>ed as “palm to give by the hand” (Barrera Vásq<br />

l. 1980: 431). tung The des K’IN function -Zeichensof <strong>in</strong> the diesemoptional Zusammenhang item nur k’<strong>in</strong> e<strong>in</strong>eis erste unknown Vermutung. at E<strong>in</strong>e the an<strong>der</strong>e moment (it ma<br />

Übersetzung könnte lak’<strong>in</strong> lauten – wörtlich “östliche Hand”, hier vielleicht im Zusammenhang<br />

mit rechte/l<strong>in</strong>ke Hand o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Richtung, <strong>in</strong> die e<strong>in</strong>e Hand (z.B. die des<br />

ptional 1. “five adjective palms given modify<strong>in</strong>g by the hand” k’ab’ “hand”). In It Colonial may be suggested Yucatec that <strong>Maya</strong> these lah three is partic def<br />

ses 2. provide “eight palms Schiedsrichters) two given specific by the zeigt. hand” stations Unabhängig <strong>in</strong> davon a “count s<strong>in</strong>d palm die of Zahlkoeffizienten of palms the hand” given von Bedeutung by while the für hand”. lah k’ab’ Possib is<br />

nate 3. item “five was palms den Ausdruck,<br />

available given by the denn<br />

to hand” <strong>der</strong> höchste Koeffizient steht auch <strong>in</strong> größerer Schrift an prom<strong>in</strong>enter<br />

the Ch’olan language<br />

et al. 1980:<br />

group at<br />

431).<br />

the time<br />

The<br />

of<br />

function<br />

the Classic<br />

of<br />

perio<br />

Stelle <strong>in</strong> dem, was als Haupttext identifiziert werden kann und stellt möglicherweise den the<br />

ible present-day Endstand cognate des Spieles item dar. may Die an<strong>der</strong>en be the beiden Ch’orti’ Ausdrücke item s<strong>in</strong>dlahb’ kle<strong>in</strong>er“to geschrieben applaude, und to touch; p<br />

and”, cf. Wisdom<br />

können aufgrund<br />

1950:<br />

ihrer<br />

511).<br />

Position<br />

Here<br />

direkt<br />

follow<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> an<br />

my<br />

<strong>Ballspiel</strong>szene optional<br />

tentative<br />

alstranslations:<br />

Glossen adjective o<strong>der</strong> Verlaufsbe-<br />

modify<strong>in</strong>g k’ab<br />

“five palms given by the hand”<br />

“eight palms given by the hand”<br />

“five palms given by the hand”<br />

a b c<br />

The first sequence (written from righ<br />

variations of a common phrase NUM<br />

<strong>in</strong>dicate that K’IN-ni is an optional i<br />

2, 11) <strong>in</strong> Zusammenhang mit e<strong>in</strong>er <strong>Ballspiel</strong>szene auftaucht. Die Glyphe stellt e<strong>in</strong>e flache<br />

(a)<br />

8 la K’IN-ni k’ab’<br />

If correctly identified, what could th<br />

three phrases might be formulated as<br />

1. ho[b]’ la[h] k’<strong>in</strong> k’ab’(?) (la ma<br />

2. waxak la[h] k’<strong>in</strong> k’ab’(?)<br />

phrases provide two specific 20 station<br />

schreibungen angesehen werden, worauf auch die Sprechvoluten h<strong>in</strong>deuten. Dabei könnte<br />

es sich bei <strong>der</strong> Person rechts neben Aussage 3 mit ihrem ausgestreckten Arm um e<strong>in</strong>e Art<br />

Schiedsrichter handeln, <strong>der</strong> gerade e<strong>in</strong> Ereignis mit lauter Stimme anmerkt. Bei Aussage<br />

2 könnte es sich um den Kommentar e<strong>in</strong>es Spielers handeln. Es wird hier also möglicherweise<br />

über den Verlauf e<strong>in</strong>es <strong>Ballspiel</strong>s unter Nennung e<strong>in</strong>es entscheidenden “Treffers” (“5<br />

Hände” wird zweimal erwähnt) und des Endstandes (“8 Hände”) berichtet.<br />

cognate item was available to the Ch<br />

possible present-day cognate item m<br />

of hand”, cf. Wisdom 1950: 511). He<br />

4<br />

1. “five palms given by the hand”<br />

2. “eight palms given by the hand”<br />

3. “five palms given by the hand”


a b c<br />

Abbildung 3: (a) El Perú, Hieroglyphentreppe (Detail), Zeichnung: Marc Zen<strong>der</strong>; (b)<br />

Copan, Hieroglyphentreppe (Detail), Zeichnung: Barbara Fash; (c) Yaxchilan, Hieroglyphentreppe<br />

2, Tafel VII (Detail), Zeichnung: Marc Zen<strong>der</strong>, alle aus Zen<strong>der</strong> (2004)<br />

2.2.3 <strong>Das</strong> Schlagen des Balles<br />

Nachdem im vorigen Abschnitt schon die Rede von “Treffern” war, soll nun e<strong>in</strong>e Glyphe<br />

betrachtet werden, die lange Zeit nur als “Stone-<strong>in</strong>-Hand Glyph” bekannt war. Dieses<br />

Zeichen wird von Zen<strong>der</strong> (2004: 5) als Logogramm für JATZ’ – “schlagen” gelesen und<br />

taucht <strong>in</strong> unterschiedlichen Kontexten auf, darunter auch <strong>in</strong> solchen, die vom <strong>Ballspiel</strong><br />

handeln. An den drei hierfür bekannten Stellen taucht als Verb<strong>in</strong>dung zum <strong>Ballspiel</strong> die<br />

Glyphe für EHB – “Treppe” auf. Diese Glyphe zeigt e<strong>in</strong>e dreistufige Treppe, die e<strong>in</strong> Ball<br />

herunter rollt. <strong>Das</strong> erste Beispiel bef<strong>in</strong>det sich auf <strong>der</strong> Hieroglyphentreppe von El Perú<br />

(siehe Abb. 3a).<br />

El Perú, Hieroglyphentreppe (Zen<strong>der</strong> 2004)<br />

12-PAX JATZ’-na-ja EHB<br />

an 12 Pax wird die Treppe geschlagen<br />

Der Ausdruck, daß die Treppe geschlagen wird, deutet darauf h<strong>in</strong>, daß e<strong>in</strong> Ball gegen die<br />

Stufen <strong>der</strong> Treppe geschlagen wird. Ikonographische Darstellungen hierfür s<strong>in</strong>d vielfach<br />

belegt, beispielsweise auf <strong>der</strong> <strong>Ballspiel</strong>er-Tafel 1 von Site Q (La Corona) (siehe Abb. 12)<br />

o<strong>der</strong> den Tafeln <strong>der</strong> Hieroglyphentreppe 2 von Yaxchilan (siehe Abb. 18, 13, 19 und 10).<br />

<strong>Das</strong> zweite Beispiel für e<strong>in</strong>e solche Inschrift stammt von <strong>der</strong> Hieroglyphentreppe <strong>in</strong> Copan<br />

und zeigt die phonetische Schreibweise ja-tz’i-na für jatz’na(j) (siehe Abb. 3b).<br />

Copan, Hieroglyphentreppe (Zen<strong>der</strong> 2004)<br />

*ja-tz’i-na-ja EHB<br />

die Treppe wird geschlagen<br />

<strong>Das</strong> dritte Beispiel bef<strong>in</strong>det sich auf Tafel VII <strong>der</strong> Hieroglyphentreppe 2 <strong>in</strong> Yaxchilan<br />

(siehe Abb. 3c). Hier handelt es sich bei <strong>der</strong> Treppe, die geschlagen wird um e<strong>in</strong>e “Drei-<br />

Eroberungen-Treppe”. Was es damit auf sich hat, wird im nächsten Abschnitt erläutert.<br />

Yaxchilan Hieroglyphentreppe 2, Tafel VII (Zen<strong>der</strong> 2004)<br />

(Q1–Q2) JATZ’-na-ja 3-a-ha-li EHB<br />

die Drei-Eroberungen-Treppe wird geschlagen<br />

5


2.3 Der Ort des <strong>Ballspiel</strong>s<br />

In diesem Abschnitt werden zwei Arten von <strong>Ballspiel</strong>plätzen betrachtet, die <strong>in</strong> den Inschriften<br />

mit beson<strong>der</strong>en Namen und Bedeutungen verbunden s<strong>in</strong>d.<br />

2.3.1 “Drei-Eroberungen-Treppen”<br />

Bereits im vorigen Abschnitt wurde <strong>der</strong> Ausdruck “Drei-Eroberungen-Treppe” 4 erwähnt.<br />

Hier soll nun auf se<strong>in</strong>e Bedeutung näher e<strong>in</strong>gegangen werden. <strong>Das</strong> bekannteste Beispiel<br />

bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Yaxchilan auf Tafel VII von Hieroglyphentreppe 2 (siehe Abb. 13, 14). Der<br />

Text kann wie folgt übersetzt werden.<br />

Yaxchilan Hieroglyphentreppe 2, Tafel VII (Zen<strong>der</strong> 2004; Tokov<strong>in</strong><strong>in</strong>e<br />

2002)<br />

(A2–B3) CH’AK BAH-hi ?name? u-na-TAL-li a-ha-li<br />

es wird geköpft [name] es ist se<strong>in</strong>e erste Eroberung<br />

(C1–C3) CH’AK BAH-hi ?name? u-ka-TAL-la a-ha-li<br />

es wird geköpft [name] es ist se<strong>in</strong>e zweite Eroberung<br />

(E3–E5) CH’AK BAH-hi ? ? ox a-ha-li<br />

es wird geköpft ? ? drei Eroberungen<br />

(Q1–Q2) JATZ’-na-ja 3-a-ha-li EHB<br />

die Drei-Eroberungen-Treppe wird geschlagen<br />

Die Inschrift <strong>der</strong> Tafel ist <strong>in</strong> zwei Teile e<strong>in</strong>geteilt. Der zweite (rechte) Teil beg<strong>in</strong>nt mit<br />

e<strong>in</strong>er ungewöhnlichen Distanzzahl: 13.13.13.13.13.13.13.13.9.13.15.6.9. Die führenden acht<br />

Zeitperioden, die jeweils mit dem Koeffizienten 13 versehen s<strong>in</strong>d, ergeben für sich alle<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>e astronomische Zeitspanne von mehr als 1.4 · 10 14 Jahren (zum Vergleich: das Alter<br />

<strong>der</strong> Erde wird auf 4.6 · 10 9 Jahre geschätzt) und deuten damit an, daß im Gegensatz zu<br />

den Ereignissen, die auf dem zweiten Teil <strong>der</strong> Tafel beschrieben werden und <strong>in</strong> <strong>der</strong> (für<br />

die <strong>klassischen</strong> <strong>Maya</strong>) heutigen Welt stattf<strong>in</strong>den, die Ereignisse des ersten Teils <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

unvorstellbar weit zurückliegenden mythischen Zeit stattgefunden haben.<br />

Auf dem ersten Teil <strong>der</strong> Tafel werden drei Ereignisse genannt, die jeweils die Enthauptung<br />

e<strong>in</strong>er Person darstellen. Die Namen <strong>der</strong> Personen s<strong>in</strong>d aufgrund <strong>der</strong> Positionierung <strong>in</strong><br />

ferner Vorzeit wahrsche<strong>in</strong>lich mythische o<strong>der</strong> göttliche Wesen. Die erste Person wird von<br />

Freidel et al. (1993: 354–355) als Maisgott <strong>in</strong>terpretiert, da <strong>der</strong> erste Teil <strong>der</strong> Glyphe NAL<br />

unter an<strong>der</strong>em mit “Mais” übersetzt werden kann. <strong>Das</strong> folgende Zeichen wird als abgeschlagener<br />

Kopf dieses Gottes angesehen. Der zweite Name wird als tz’a CHAN gelesen,<br />

<strong>der</strong> dritte mit “First Maize Seed Earth Lord” übersetzt. Nach den Namen kommt jeweils<br />

e<strong>in</strong> Ausdruck, <strong>der</strong> die Zahl <strong>der</strong> Eroberungen angibt; <strong>in</strong>sgesamt s<strong>in</strong>d es drei Stück. Der<br />

zweite Teil <strong>der</strong> Tafel, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwart spielt, enthält die bereits im letzten Abschnitt<br />

besprochene Formulierung “die Drei-Eroberungen-Treppe wird geschlagen”.<br />

Die Phrase “Drei-Eroberungen-Treppe” weist damit auf e<strong>in</strong>e Geschichte von drei Enthauptungen<br />

<strong>in</strong> mythischer Zeit h<strong>in</strong>, die möglicherweise <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem Maisgott<br />

354).<br />

4 In <strong>der</strong> englischsprachigen Literatur bekannt als “three-conquest-stairway”, siehe z.B. Freidel et al. (1993:<br />

6


steht. Dabei ist die Treppe selbst allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>eswegs mythisch und stellt offenbar e<strong>in</strong>en<br />

beson<strong>der</strong>s geweihten <strong>Ballspiel</strong>platz dar, auf dem gegen e<strong>in</strong>e solche Treppe geschlagen werden<br />

konnte. E<strong>in</strong> weiterer Text, <strong>der</strong> dieses belegt, f<strong>in</strong>det sich auf Stufe VII <strong>der</strong> Hieroglyphentreppe<br />

von Naranjo (siehe Abb. 15).<br />

Naranjo, Hieroglyphentreppe, Stufe VII (Freidel et al. 1993)<br />

(O2–P2) pi-tzi-ja 3-a-ha-li e-bu<br />

es wurde Ball gespielt (auf) <strong>der</strong> Drei-Eroberungen-Treppe<br />

Hier ist nicht von “schlagen”, son<strong>der</strong>n von “Ball spielen” die Rede, es konnten offenbar<br />

beide Ausdrücke <strong>in</strong> diesem Kontext verwendet werden. Als e<strong>in</strong> letztes Beispiel soll Monument<br />

141 aus Ton<strong>in</strong>a dienen. Hier wird von <strong>der</strong> E<strong>in</strong>weihung e<strong>in</strong>es “Drei-Eroberungen-<br />

<strong>Ballspiel</strong>platzes” berichtet (siehe Abb. 16).<br />

Ton<strong>in</strong>a, Monument 141 (Tokov<strong>in</strong><strong>in</strong>e 2002)<br />

(D3) i-EL-NAH-ja 7-’ik-K’AN-NAL-la<br />

es wurde das Haus gebrannt, <strong>der</strong> 7-schwarze-K’an-Ort,<br />

(C4a) 3-a-ha-“<strong>Ballspiel</strong>platz”-na<br />

<strong>der</strong> Drei-Eroberungen-<strong>Ballspiel</strong>platz<br />

(C4b–D4) u-“<strong>Ballspiel</strong>platz”-na ya-AHAW-te pi-tzi-la<br />

<strong>der</strong> <strong>Ballspiel</strong>platz des Ahaw-te <strong>Ballspiel</strong>ers<br />

<strong>Das</strong> Brennen e<strong>in</strong>es Hauses stellt e<strong>in</strong> Brand- o<strong>der</strong> Räucheropfer für das neu errichtete<br />

Gebäude dar, kann also mit “e<strong>in</strong>weihen” übersetzt werden. Die Bedeutung des “7-schwarzen-<br />

K’an-Ortes” ist nicht geklärt, Freidel et al. (1993: 372) übersetzen k’an mit “gelb”, (Tokov<strong>in</strong><strong>in</strong>e<br />

2002: 3) gibt hierfür “Bank” an; beide Übersetzungen tragen lei<strong>der</strong> nicht allzu<br />

viel zum Verständnis <strong>der</strong> Passage bei. Dafür haben wir hier die Schreibung des “Drei-<br />

Eroberungen-<strong>Ballspiel</strong>platzes” mit <strong>der</strong> “<strong>Ballspiel</strong>platz”-Glyphe anstelle des Logogrammes<br />

für EHB. <strong>Das</strong> zeigt die enge Verb<strong>in</strong>dung zwischen <strong>Ballspiel</strong>plätzen und Treppen, die manchen<br />

Autor zu <strong>der</strong> Vermutung gebracht hat, beide Glyphen seien gleich zu lesen, so zum<br />

Beispiel Freidel et al. (1993). Interessant ist <strong>der</strong> zweite Teil <strong>der</strong> Beschreibung des <strong>Ballspiel</strong>platzes,<br />

er wird e<strong>in</strong>em “Ahaw-te <strong>Ballspiel</strong>er” zugeordnet. Der dabei verwendete Kopf<br />

ähnelt dem <strong>in</strong> Abschnitt 2.1 erwähnten Zeichen für “7 AHAW”, so daß hier e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf<br />

die Verkörperung dieses mythischen Wesens stecken könnte. Solche e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung würde<br />

auch die Verwendung von “Drei-Eroberungen-Treppen” für mythisch-religiöse Handlungen<br />

durch den Herrscher unterstreichen.<br />

2.3.2 6-stufige <strong>Ballspiel</strong>plätze<br />

E<strong>in</strong>e weitere spezifische Bezeichnung für <strong>Ballspiel</strong>plätze bezieht sich auf die Anzahl <strong>der</strong><br />

Stufen. Ausgehend von e<strong>in</strong>er Verb<strong>in</strong>dung zwischen <strong>der</strong> Ikonographie <strong>der</strong> Tafeln aus Yaxchilan<br />

(Hieroglyphentreppe 2), von denen e<strong>in</strong>ige 6-stufige Treppen zeigen, gegen die <strong>der</strong> Ball<br />

gespielt wird, und <strong>der</strong> Beobachtung, daß <strong>der</strong> sogenannte “Review<strong>in</strong>g Stand” (Tempel 12) <strong>in</strong><br />

Copan ebenfalls sechs Stufen besitzt und mit den vor ihm angeordneten drei Markierste<strong>in</strong>en<br />

möglicherweise e<strong>in</strong>em <strong>Ballspiel</strong>platz nachempfunden war, f<strong>in</strong>den Schele und Grube (1990)<br />

auch <strong>in</strong> den Glyphen-Inschriften H<strong>in</strong>weise auf 6-stufige <strong>Ballspiel</strong>plätze. Stele 7 aus Seibal<br />

7


a<br />

b<br />

Abbildung 4: (a) Yaxchilan, Hieroglyphentreppe 2, Tafel VI (Detail aus Abb. 18); (b)<br />

Caracol, Altar 21 (Detail), Zeichnung: Stephen Houston (Mart<strong>in</strong> 2005); (c) Cancuen, <strong>Ballspiel</strong>platzmarkierste<strong>in</strong><br />

1 (Detail), Zeichnung: L<strong>in</strong>da Schele (Schele nd)<br />

zeigt e<strong>in</strong>en Herrscher aus Dos Pilas <strong>in</strong> <strong>Ballspiel</strong>er-Montur, was auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> zugehörigen<br />

Inschrift erwähnt wird (siehe Abb. 17).<br />

Seibal, Stele 7 (Schele und Grube 1990)<br />

(B4–B5)<br />

u-BAH-hi ti-pi-tzi<br />

se<strong>in</strong> Bild beim <strong>Ballspiel</strong><br />

(unter Herrscher) 6-e-bu-NAL<br />

6-stufiger Ort<br />

E<strong>in</strong>e Beson<strong>der</strong>heit dieser Inschrift ist, daß unter dem Herrscher, an <strong>der</strong> Stelle, wo oftmals<br />

Gefangene auftauchen, e<strong>in</strong> Glyphenblock steht, <strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>en “6-stufigen Ort” h<strong>in</strong>weist.<br />

Schele und Grube (1990: 6) vermuten, daß es sich bei diesen 6-stufigen Orten um “heilige<br />

<strong>Ballspiel</strong>plätze, auf denen königliche Blutopfer stattfanden” handelt. Auch das <strong>Ballspiel</strong>opfer,<br />

bei dem zusammengebundene Gefangene (siehe auch Abschnitt 2.4.1 weiter unten)<br />

Treppen heruntergestoßen wurden, sche<strong>in</strong>t an den 6-stufigen Orten stattgefunden zu haben<br />

(Freidel et al. 1993: 352–353).<br />

E<strong>in</strong> weiteres Monument, die Inschrift von Tafel VI aus Yaxchilan (Hieroglyphentreppe<br />

2), enthält den folgenden Ausdruck (siehe Abb. 18). Dabei wird “<strong>Ballspiel</strong>platz” mit <strong>der</strong><br />

noch unentzifferten Glyphe, die eben e<strong>in</strong>en solchen abbildet, geschrieben.<br />

Yaxchilan Hieroglyphentreppe 2, Tafel VI (Zen<strong>der</strong> 2004)<br />

(E1–F1) pi-tzi ti 6-“<strong>Ballspiel</strong>platz”<br />

[er] spielte Ball beim 6-[stufigen?] <strong>Ballspiel</strong>platz<br />

Interessant ist, daß e<strong>in</strong> solcher <strong>Ballspiel</strong>platz, allerd<strong>in</strong>gs mit dem Koeffizienten “9” auch auf<br />

Altar 21 <strong>in</strong> Caracol auftaucht und auf <strong>Ballspiel</strong>platzmarkierste<strong>in</strong> 1 <strong>in</strong> Cancuen gar nur e<strong>in</strong>en<br />

Koeffizienten von 2 trägt (siehe Abb. 4). Es sche<strong>in</strong>t also durchaus e<strong>in</strong>e gewisse Variation<br />

bei dieser Zahl <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>Ballspiel</strong>plätzen zu geben. Vielleicht hat aber auch diese<br />

Schreibung mit <strong>der</strong> <strong>Ballspiel</strong>platz-Glyphe nichts mit den oben erwähnten 6-stufigen Plätzen<br />

zu tun und bezieht sich auf e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Eigenschaft o<strong>der</strong> Zählung, die uns bisher noch nicht<br />

bekannt ist.<br />

2.4 <strong>Das</strong> <strong>Ballspiel</strong>-Opfer<br />

E<strong>in</strong> Thema, das vielfach mit dem mesoamerikanischen <strong>Ballspiel</strong> assoziiert wird und zugleich<br />

abschreckt und fasz<strong>in</strong>iert, ist das Menschenopfer. In den Glyphen<strong>in</strong>schriften f<strong>in</strong>den sich<br />

8


verschiedene H<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong> solches Opfer, die <strong>in</strong> den folgenden Abschnitten beleuchtet<br />

werden sollen.<br />

2.4.1 Gefangene als Bälle<br />

In diesem Abschnitt soll e<strong>in</strong>e Inschrift vorgestellt werde, die das Opfer auf e<strong>in</strong>e sehr eigene<br />

Weise darstellt. <strong>Das</strong> Monument, das untersucht werden soll, ist Tafel 2 aus La Amelia<br />

(siehe Abb. 20). L<strong>in</strong>ks und rechts <strong>der</strong> Darstellung e<strong>in</strong>es tanzenden Herrschers f<strong>in</strong>det sich<br />

je e<strong>in</strong>e Spalte mit Glyphen. Für die vorliegende Betrachtung ist die rechte Spalte mit den<br />

Glyphenblöcken A3–A7 <strong>in</strong>teressant.<br />

La Amelia, Tafel 2 (Schele und Grube 1990; Zen<strong>der</strong> 2004)<br />

(A3–A4) ya-la-ja u-CHAN-na BALAM-NAL<br />

er wird geworfen, <strong>der</strong> Hüter von Balamnal,<br />

(A5–A7) u-K’ABA-a 9-na-ba *ye-te-k’a-ba-IL u-“ball”<br />

se<strong>in</strong> Name ist “9 Handspannen”, <strong>der</strong> Namensvetter se<strong>in</strong>es Balles (?)<br />

Es wird hier von e<strong>in</strong>em Gefangenen berichtet, <strong>der</strong> von se<strong>in</strong>em Fänger “geworfen” wird 5 .<br />

Solch e<strong>in</strong> Ausdruck ist selten, meist wird e<strong>in</strong>fach berichtet, daß e<strong>in</strong> Gefangener geköpft<br />

wurde. Hier aber wird <strong>der</strong> Name des Gefangenen mit “9 Handspannen” angegeben, e<strong>in</strong><br />

Ausdruck, <strong>der</strong> normalerweise nur im Kontext des <strong>Ballspiel</strong>s auftaucht und dort für die<br />

Bezeichnung von Bällen verwendet wird (siehe Abschnitt 2.2.1). E<strong>in</strong> Blick auf die Ikonographie<br />

<strong>der</strong> Tafel zeigt den König von La Amelia <strong>in</strong> <strong>Ballspiel</strong>er-Montur, e<strong>in</strong> Fuß ist leicht<br />

angew<strong>in</strong>kelt, womit angedeutet wird, daß er tanzt. Unter ihm <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em separaten Bild sieht<br />

man e<strong>in</strong>en Jaguar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Position liegen, die auf an<strong>der</strong>en Monumenten von Gefangenen<br />

e<strong>in</strong>genommen wird. Dabei sche<strong>in</strong>t es sich um e<strong>in</strong>e Anspielung auf den gefangenen Hüter<br />

von Balamnal zu handeln. Es läßt sich also dieser Teil des Textes so <strong>in</strong>terpretieren, daß<br />

<strong>der</strong> Hüter von Balamnal gefangen genommen wurde und als Ball zusammengebunden geworfen<br />

wurde, vielleicht von den Treppen e<strong>in</strong>es 6-stufigen <strong>Ballspiel</strong>platzes. Zur Feier dieses<br />

Ereignisses führt <strong>der</strong> König von La Amelia e<strong>in</strong>en Tanz auf, bei dem er möglicherweise den<br />

Gefangenen weiter demütigt.<br />

Diese Form <strong>der</strong> Behandlung von Gefangenen läßt sich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ikonographie weiterer<br />

<strong>Maya</strong>-Monumente wie<strong>der</strong>f<strong>in</strong>den. Als Beispiele seien hier die Hieroglyphentreppe 2 von Yaxchilan<br />

genannt, <strong>der</strong>en Tafeln VI, VII und VIII jeweils e<strong>in</strong>en Ball zeigen, <strong>der</strong> Treppenstufen<br />

herunterfällt (im Falle <strong>der</strong> beiden letzteren s<strong>in</strong>d es sechs Stufen) und <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Abbildung<br />

e<strong>in</strong>es zusammengebundenen Gefangenen enthält (siehe Abb. 18, 13 und 19). Unten wartet<br />

e<strong>in</strong> <strong>Ballspiel</strong>er, <strong>der</strong> den Ball wie<strong>der</strong> h<strong>in</strong>auf gegen die Stufen schlagen wird.<br />

Interessant ist die bisher noch nicht entzifferte Glyphe <strong>in</strong> A7, <strong>der</strong>en rechten Teil Zen<strong>der</strong><br />

(2004) als zweiteilig erkennt und mit “rubberball and rope” übersetzt. Diese Übersetzung<br />

basiert ausschließlich auf <strong>der</strong> Morphologie des Zeichens und darf daher bestenfalls als<br />

Lückenfüller angesehen werden. Es läßt sich sogar die Zweiteiligkeit <strong>der</strong> Glyphe <strong>in</strong> Frage<br />

stellen, denn Seile s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> mesoamerikanischen Ikonographie eng mit Bällen verbunden<br />

und oft sogar Teil <strong>der</strong>selben – mit ihnen werden die Bälle zusammengehalten. In e<strong>in</strong>em<br />

5 Da das Verb yalaj hier im Passiv steht, ist das Agens dieses Satzes u chan balamnal – “<strong>der</strong> Hüter von<br />

Balamnal”, wobei -nal auf e<strong>in</strong> Toponym h<strong>in</strong>weist und <strong>in</strong> etwa mit “Jaguar-Ort” zu übersetzen ist.<br />

9


a<br />

b<br />

Abbildung 5: (a) Codex Borgia, Seite 62 (Detail) (Nowotny 1976); (b) Codex Vaticanus B,<br />

Seite 67 (Detail) (An<strong>der</strong>s 1972); (c) Tikal, Altar 8, Zeichnung L<strong>in</strong>da Schele (Schele nd)<br />

c<br />

Artikel von Stone (2002) über Gummibälle <strong>in</strong> <strong>der</strong> mesoamerikanischen Kunst f<strong>in</strong>den sich<br />

hierfür viele Beispiele, unter an<strong>der</strong>em aus den mixtekischen Codices Borgia (Seite 62) und<br />

Vaticanus B (Seite 67) und Tikal Altar 8, e<strong>in</strong>e schöne Darstellung e<strong>in</strong>es als Ball zusammengebundenen<br />

Gefangenen, (siehe Abb. 5; Stone 2002: 31–33). In jenem Artikel wird<br />

auch auf die Darstellung von Gummibällen mittels Spiralen e<strong>in</strong>gegangen 6 , wodurch sich<br />

e<strong>in</strong>e neue mögliche Bedeutung für die gesuchte Glyphe ergibt. In e<strong>in</strong>em Artikel über way,<br />

Schicksalsdoppelgänger <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorstellung <strong>der</strong> <strong>Maya</strong>, beschreiben Grube und Nahm (1994)<br />

den way balan w<strong>in</strong>ik, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Vase K3924 als Mann dargestellt wird, <strong>der</strong> sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Bündel o<strong>der</strong> Ball bef<strong>in</strong>det, so daß nur se<strong>in</strong> Kopf und die Extremitäten herausgucken. Se<strong>in</strong><br />

Name wird mit e<strong>in</strong>er Spirale geschrieben. Damit ergibt sich e<strong>in</strong>e neue mögliche Erklärung<br />

für den Ausdruck auf <strong>der</strong> La Amelia Tafel. Der Gefangene, <strong>der</strong> als 9-Handspannen-Ball<br />

bezeichnet wird, ist nun nicht mehr <strong>der</strong> Namensvetter 7 “se<strong>in</strong>es Balles und Seiles”, son<strong>der</strong>n<br />

se<strong>in</strong>es Schicksalsdoppelgängers balan w<strong>in</strong>ik, mit dem er nun tatsächlich se<strong>in</strong> Schicksal teilt.<br />

Auch wenn diese Erklärung weitaus schlüssiger kl<strong>in</strong>gt, so ist sie bis zur Entzifferung <strong>der</strong><br />

Glyphe auch nur e<strong>in</strong>e von vielen Interpretationen, die ausschließlich auf <strong>der</strong> Morphologie<br />

des Zeichens basieren.<br />

2.4.2 Gladiatorenkämpfe<br />

Zum Schluß soll noch e<strong>in</strong>e außergewöhnliche Inschrift auf e<strong>in</strong>er Vase, K7749 (siehe Abb.<br />

21), betrachtet werden. Auf dieser Alabastervase ist e<strong>in</strong>e Szene mit zwei Gefangenen –<br />

zu erkennen am Opferpapier <strong>in</strong> ihren Ohren – zu sehen, die sich mit Knochendolchen<br />

6 Mit <strong>der</strong> Spirale werden die aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gelegten Lagen <strong>der</strong> Gummimasse dargestellt, aus denen <strong>der</strong> Ball<br />

hergestellt wird.<br />

7 Die Lesung von A6 als ye[h]t k’abail und die Übersetzung mit “Namensvetter” basieren auf e<strong>in</strong>em<br />

Vergleich mit <strong>der</strong> Inschrift auf <strong>der</strong> geschnitzten Holzkiste von Tortuguero. Die Bedeutung des Wortes et <strong>in</strong><br />

den <strong>Maya</strong>sprachen <strong>in</strong> diesem Zusammenhang wird von Gronemeyer (2004: 83–85) diskutiert.<br />

10


ekämpfen, wobei e<strong>in</strong>er bereits am Boden liegt und offenbar im Gesicht verwundet ist,<br />

während <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e <strong>in</strong> die Seite gestochen wird, aber dennoch die Oberhand zu haben<br />

sche<strong>in</strong>t. L<strong>in</strong>ks und rechts von dieser Szene stehen zwei reich geschmückte Personen, offenbar<br />

Angehörige <strong>der</strong> Elite, die weitere Knochendolche für die Kämpfer bereit halten. Über dieser<br />

Szene bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e Inschrift, die Zen<strong>der</strong> (2001) wie folgt liest.<br />

Vase K7749 (Zen<strong>der</strong> 2001)<br />

A1–C1 yu-k’i-b’i lu-mi-li pi-tzi-la<br />

Es ist das Tr<strong>in</strong>kgefäß des dreckigen <strong>Ballspiel</strong>ers,<br />

D1–G1 u-WI’ wi-WINIK-ki-li b’a-TE’ pi-tzi-la<br />

<strong>der</strong> letzte Mann des großen <strong>Ballspiel</strong>ers<br />

H1–J1 u-NICH-ki-li ka-b’a-la pi-tzi-la<br />

und Sohn des erdigen <strong>Ballspiel</strong>ers<br />

Die dreifache Verwendung des Ausdrucks pitzil – “<strong>Ballspiel</strong>er” – läßt zunächst e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit dem <strong>Ballspiel</strong> vermuten, die jedoch nicht zu <strong>der</strong> abgebildeten Szene passt. In<br />

e<strong>in</strong>em Kommentar zu Zen<strong>der</strong> (2001) (Dehmian Barrales Rodríguez, siehe Zen<strong>der</strong> (2001))<br />

wird auf den möglichen Zusammenhang des Ausdrucks “<strong>Ballspiel</strong>er” mit Gladiatorenkämpfen<br />

h<strong>in</strong>gewiesen, wobei die Glyphen b’a-TE’ als b’ate’l gelesen und mit “Kämpfer” übersetzt<br />

werden. Die Interpretation dieser Szene ist also noch offen, deutet aber wie<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>en<br />

kämpferischen Aspekt des <strong>Ballspiel</strong>s, an dessen Ende sich möglicherweise Gefangene als<br />

Gladiatoren e<strong>in</strong>en Kampf auf Leben und Tod liefern mußten – angefeuert und unterstützt<br />

von ihren Pe<strong>in</strong>igern.<br />

3 Zusammenfassende Interpretation<br />

Auch wenn, wie e<strong>in</strong>gangs bereits erwähnt, <strong>der</strong> Korpus von Hieroglyphen<strong>in</strong>schriften mit<br />

Bezug zum <strong>Ballspiel</strong> recht begrenzt ist, können doch e<strong>in</strong>ige Informationen zu e<strong>in</strong>er Reihe<br />

von Themen gewonnen werden. Daß die Inschriften sich hauptsächlich mit e<strong>in</strong>er von Angehörigen<br />

<strong>der</strong> Elite und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e von Herrschern durchgeführten Variante des <strong>Ballspiel</strong>s<br />

beschäftigen, entspricht dem generellen Fokus <strong>der</strong> erhaltenen Hieroglyphentexte. Im<br />

Rahmen dieser Form des <strong>Ballspiel</strong>s werden oftmals regelrechte Schauspiele aufgeführt, bei<br />

denen die Personifikation von mythischen Wesen und Gottheiten e<strong>in</strong>e wichtige Rolle spielt.<br />

Letztlich dient das <strong>Ballspiel</strong> dabei als e<strong>in</strong>e Form <strong>der</strong> Demonstration und Legitimierung <strong>der</strong><br />

Macht des Herrschers; er präsentiert se<strong>in</strong> enges Verhältnis zu göttlichen Wesen und wird<br />

somit selbst Teil des aufgeführten Mythos. So läßt sich auch erklären, daß Abbildungen<br />

von Herrschern <strong>in</strong> <strong>Ballspiel</strong>er-Montur verhältnismäßig häufig zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d.<br />

Daß im Rahmen dieser rituellen Form des <strong>Ballspiel</strong>s von Treppen als Ort des <strong>Ballspiel</strong>s<br />

die Rede ist, kann e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis darauf se<strong>in</strong>, daß sie sich eigenständig neben <strong>der</strong> bekannten<br />

“<strong>klassischen</strong>” Variante des <strong>Ballspiel</strong>s, die auf <strong>Ballspiel</strong>plätzen gespielt wurde, entwickelt<br />

hat. Der offenbar enge Zusammenhang mit <strong>der</strong> Opferung von Gefangenen wird durch zahlreiche<br />

Monumente wie<strong>der</strong>gespiegelt. Die Darstellungen zusammengebundener Gefangener<br />

auf <strong>Ballspiel</strong>ertafeln von Yaxchilan, die Position des Ausdrucks “6 ebnal” unter den Füßen<br />

des Herrschers auf Seibal Stele 7, die Bezeichnung des gefangenen Herrschers als Ball, <strong>der</strong><br />

11


geworfen wird auf La Amelia Tafel 2, deuten alle <strong>in</strong> die gleiche Richtung. Sicherlich s<strong>in</strong>d<br />

die Darstellungen übertrieben, auf denen <strong>der</strong> Herrscher von Yaxchilan bereit steht, den<br />

die Treppe herunterkommenden Gefangenen-Ball wie<strong>der</strong> h<strong>in</strong>aufzuschlagen – er wäre wohl<br />

eher von dem Gewicht und <strong>der</strong> Wucht des Gefangenen erdrückt worden. Es kann jedoch<br />

angenommen werden, daß zusammengebundene Gefangene tatsächlich auf diese Weise ihr<br />

Ende fanden, da durch sie möglicherweise auch die enormen Größenangaben von fast e<strong>in</strong>em<br />

Meter Umfang, wie <strong>in</strong> Abschnitt 2.2.1 diskutiert, zustandegekommen s<strong>in</strong>d. Selbst die<br />

kle<strong>in</strong>eren Varianten mit “nur” 60 cm Umfang s<strong>in</strong>d mit Sicherheit sehr schwer und gefährlich<br />

gewesen, vor allem, wenn sie <strong>in</strong> Bewegung waren und unkontrolliert von Wänden o<strong>der</strong><br />

Treppen abprallten.<br />

Die e<strong>in</strong>seitige Beschäftigung <strong>der</strong> Hieroglyphen<strong>in</strong>schriften mit dem rituellen <strong>Ballspiel</strong><br />

kann zu e<strong>in</strong>em verzerrten Bild von Teilnehmern, Ablauf und Bedeutung des <strong>Ballspiel</strong>s<br />

führen. Da sich die meisten Texte mit Angehörigen <strong>der</strong> Elite beschäftigen und <strong>der</strong>en Taten<br />

schil<strong>der</strong>n, erhält man nur sehr bed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> das <strong>Ballspiel</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>fachen Bevölkerung,<br />

das trotz se<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gen Präsenz <strong>in</strong> den Inschriften wohl die häufigste Form gewesen<br />

se<strong>in</strong> dürfte. Daher kommt Artefakten wie <strong>der</strong> <strong>in</strong> Abschnitt 2.2.2 vorgestellten Vase (siehe<br />

Abb. 11) mit ihrer offensichtlich aus dem Leben gegriffenen Szene e<strong>in</strong> hoher Stellenwert<br />

zu. Hier wird e<strong>in</strong> viel lebendigerer E<strong>in</strong>druck des <strong>Ballspiel</strong>s gegeben; im Gegensatz zu den<br />

Tafeln, auf denen meist nur e<strong>in</strong> König, e<strong>in</strong>e Treppe und e<strong>in</strong> Ball zu sehen s<strong>in</strong>d, lassen sich<br />

hier richtige Mannschaften erkennen, im H<strong>in</strong>tergrund stehen auf e<strong>in</strong>er Treppe Zuschauer<br />

o<strong>der</strong> Musiker und vielleicht auch e<strong>in</strong> Schiedsrichter.<br />

Die Tatsache, daß nur auf diesem Gefäß Inschriften gefunden werden konnten, die möglicherweise<br />

e<strong>in</strong>e Punktezählung wi<strong>der</strong>spiegeln, läßt sich vielleicht dadurch erklären, daß nur<br />

diese Form des <strong>Ballspiel</strong>s mit dem Zählen von Punkten verbunden war. Bei <strong>der</strong> Opferung<br />

e<strong>in</strong>es Gefangenen konnte <strong>der</strong> König gar nicht verlieren, so daß auch nur die Tatsache festgehalten<br />

werden mußte, daß e<strong>in</strong> <strong>Ballspiel</strong> stattfand, denn verloren hatte <strong>der</strong> Gefangene<br />

ohneh<strong>in</strong> bereits.<br />

Auch wenn <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>ige Glyphen, die mit dem <strong>Ballspiel</strong> assoziiert werden, gelesen<br />

werden können, bleiben noch e<strong>in</strong>ige Fragen offen. Nicht nur die Lesung von Glyphen wie<br />

“<strong>Ballspiel</strong>platz” o<strong>der</strong> “Gummiball” und ihre tatsächliche Bedeutung ist unklar, auch die<br />

weitere Interpretation von Mythen, z.B. die “3 Eroberungen”, steht noch aus – erst auf <strong>der</strong><br />

Grundlage weiterer epigraphischer Forschung und neuen Funden von Inschriften kann unser<br />

Wissen über das <strong>Ballspiel</strong> <strong>in</strong> <strong>Hieroglyphentexten</strong> <strong>der</strong> <strong>klassischen</strong> <strong>Maya</strong> erweitert werden.<br />

12


4 Abbildungen<br />

Abbildung 6: Ton<strong>in</strong>a, Monument 172, Foto: Joel Skidmore (Skidmore 2004)<br />

A B C D<br />

1<br />

1<br />

2<br />

2<br />

3<br />

3<br />

Abbildung 7: Details aus Abb. 6: Glyphenblöcke A1–B3, C1–D3<br />

13


A B C D E F G H I J K L<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

Abbildung 8: Palenque, 96-Glyphen-Tafel, Zeichnung: L<strong>in</strong>da Schele (Schele nd)<br />

A B C D E F<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Abbildung 9: Vase K3296, Foto: Just<strong>in</strong> Kerr (Kerr nd)<br />

14


Abbildung 10: Yaxchilan, Hieroglyphentreppe 2, Tafel X, Zeichnung: Marc Zen<strong>der</strong> (Zen<strong>der</strong><br />

2004)<br />

Abbildung 11: Vase K5435, Foto: Just<strong>in</strong> Kerr (Kerr nd)<br />

15


Abbildung 12: Site Q (La Corona) <strong>Ballspiel</strong>er-Tafel 1, Foto: Just<strong>in</strong> Kerr (Kerr nd)<br />

Abbildung 13: Yaxchilan, Hieroglyphentreppe 2, Tafel VII, Zeichnung: Ian Graham (Zen<strong>der</strong><br />

2004)<br />

16


I J K L M N O P Q R<br />

1<br />

2<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

A B C D E F G H<br />

Abbildung 14: Details aus Abb. 13: Glyphen<br />

O<br />

P<br />

1<br />

2<br />

Abbildung 15: Naranjo, Hieroglyphentreppe, Stufe VII, Zeichnung: Ian Graham (Graham<br />

1978)<br />

17


A B C D<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Abbildung 16: Ton<strong>in</strong>a, Monument 141, Zeichnung: Ian Graham (Graham und Mathews<br />

1999)<br />

18


B<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

A<br />

5<br />

1<br />

2<br />

6<br />

3<br />

7<br />

4<br />

8<br />

5<br />

9<br />

6<br />

Abbildung 17: Seibal, Stele 7, Zeichnung: James Porter (Graham 1990: 19)<br />

19


A B C D E F<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

1<br />

2<br />

6<br />

Abbildung 18: Yaxchilan, Hieroglyphentreppe 2, Tafel VI, Zeichnung: Ian Graham (Tate<br />

1992: 217)<br />

Abbildung 19: Yaxchilan, Hieroglyphentreppe 2, Tafel VIII, Zeichnung: Ian Graham (Tate<br />

1992: 218)<br />

20


A<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

B<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

Abbildung 20: La Amelia, Tafel 2, Zeichnung: Stephen Houston (Zen<strong>der</strong> 2004)<br />

21


A B C D E F G H I J<br />

1<br />

Abbildung 21: Vase K7749; Detailansicht <strong>der</strong> Glyphen, Foto: Just<strong>in</strong> Kerr (Kerr nd)<br />

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