Ausgabe 6 / 2012 - technik + EINKAUF

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EINKAUF PRAXIS Interview Preisdruck gewitzt ausbalancieren Zunehmender Kostendruck zwingt Automobilzulieferer zum Handeln, vor allem im Einkauf. Wie der Spagat zwischen steigenden Leistungsanforderungen und erhöhten Rohstoffpreisen gelingen kann, darüber sprachen wir mit Christoph Schürhoff, Einkaufsleiter des Fahrzeug-Interieur-Spezialisten Fehrer. „Bei uns geht es nicht um den Preiskampf, sondern wir müssen uns als Unternehmen Freiheitsparameter auf dem Markt erarbeiten.“ Wolf Matthias Mang, Christoph Schürhoff, Einkaufsleiter, F.S. Fehrer Automotive GmbH Herr Schürhoff, Sie stellen hochwertige Produkte für Fahrzeuginnenräume her. Was umfasst Ihr Spektrum? Schürhoff: Unser Produktionsspektrum umfasst Formpolster für Fahrzeugsitze, Sitzmodule wie beispielsweise Mittelarmlehnen, Kopfstützen oder Sitzverkleidungsteile sowie Composite Components für den Innenraum und die Fahrzeugkarosserie. Gegründet wurde Fehrer vor 137 Jahren als Dampfrosshaar-Spinnerei, heute verläuft unser Hauptprozess von der Idee bis zur Serie: die Entwicklung und Produktion von Formschaumpolstern sowie Innenraumkomponenten. Als Automobilzulieferer unterliegen Sie einem zunehmenden Preisdruck bei steigenden Leistungsanforderungen. Wie wirkt sich das auf den eigenen Einkauf aus? Schürhoff: Im Grunde genommen liegt die Herausforderung darin, den Preisdruck nicht eins zu eins an die Lieferanten weiter zu geben. Das würde manchen unserer Zulieferer in die Knie zwingen. Die eigentliche Spannung, die der Einkauf ausgleichen muss, ist es, den Preisdruck intelligent mit dem Leistungspotenzial der Zulieferer auszubalancieren. Unsere Lieferanten begleiten uns zwei Jahre durch die Entwicklungsphase, dann sieben Jahre in der Serienproduktion. Mit der Ersatzteilversorgung sind es schlussendlich insgesamt 15 Jahre. Vom Kunden bis zum Zulieferer sind wir alle in der Lieferkette darauf angewiesen, dass das Preisniveau und die Leistungsanforderungen auf einem Level sind, der es ermöglicht, kurzfristige Kostenziele zu erreichen aber gleichzeitig langfristige Entwicklungspotenziale zuzulassen. Sonst verliert die deutsche Automobilindustrie Ihre Zukunft. Wie wählen Sie Ihre Lieferanten aus? Schürhoff: Da muss zwischen dem Einkauf von Rohmaterialien und dem Einkauf von Zeichnungsteilen unterschieden werden. Gemeinsam haben beide Gruppen, dass die Anzahl der Anbieter und deren Kapazitäten begrenzt sind. Dementsprechend ist unsere Einkaufsabteilung nach Materialgruppen geclustert, damit sie die Marktbasis differenziert Bild: Kathrin Irmer 34 06 / 2012

angehen kann. Wir verfolgen die Strategie, mit Key-Lieferanten Partnerschaften zu entwickeln. Dazu gehört ein aktives Portfolio-Management pro Materialgruppe. Um uns abzusichern, können wir auf zusätzliche Lieferanten zurückgreifen, die die Lieferungen kurzfristig übernehmen könnten. Wie stark ist Ihre Verhandlungsposition? Schürhoff: Unsere Verhandlungsposition gegenüber den Lieferanten wird wesentlich von unseren internen Prozessen bestimmt. Wir müssen auf jeden Fall alle am gleichen Strang ziehen. Bei uns geht es nicht um den reinen Preiskampf, sondern wir müssen uns als Unternehmen Freiheitsparameter auf dem Markt erarbeiten. Dazu gehört, dass die Entwicklungsabteilung, die den Prozess sehr frühzeitig und sehr lange begleitet, auch hinter dem Einkauf steht. Dass sie sich dem Einkaufsgedanken in diesem Sinne anschließt. Und das gleiche gilt auch für die Produktion und den Vertrieb. Nur so können wir die Lieferkette so gestalten, dass sie uns allen zum Vorteil reicht. Also Einbindung anderer von Anfang an? Schürhoff: Wir arbeiten auf jeden Fall daran, aber den Idealfall haben wir auch bei Fehrer noch nicht vollkommen durchgesetzt. Ich investiere viel Zeit, um diese Zusammenarbeit nach vorne zu bringen, denn nur so können wir das Maximale für das Unternehmen erreichen. Aber auch bei uns kommt es vor, dass eine Abteilung schon mal vor der Abstimmung mit dem Einkauf ihren Lieferanten für einen bestimmten Bedarf vorsieht. Um dies zu vermeiden, wird der Einkauf nun sehr früh in die Bedarfsdefintion involviert. Ist Qualität wichtiger als der Preis? Schürhoff: Mein Idealverständnis geht noch einen Schritt weiter. Wer nur nach Schnäppchen schaut und dann feststellt, dass er das gar nicht verwenden kann, hat, statt Einsparungen zu erzielen, Geld verschwendet. Die wichtigste Frage ist: Brauche ich es überhaupt? Wenn ich die Frage in den Griff bekomme, kann ich die höchste Einsparung erzielen. Das heißt, die Grundüberlegung muss sein: Ist dieses Teil notwendig und – wenn ja –, in welcher Ausführung benötigen wir es. Haben wir die Anforderungen an das Produkt richtig definiert, dann finden wir auch den geeigneten Lieferanten dafür. Erst danach kommt die Frage nach dem Qualitätsniveau und wir können in die Wertanalyse einsteigen. Mit diesem Prozess sind die Einsparungsmöglichkeiten enorm. Sie begleiten auch Ihre Kunden in der Entwicklung. Wie wirkt sich das aus? Schürhoff: Ja, wir begleiten den sogenannten Simultaneous Developement Process und sind in diesem Entwicklungsprozess des Fahrzeugherstellers für unseren Lieferumfang mit einbezogen. Deshalb müssen wir sehr flexibel sein und beispielsweise Änderungen an Bezügen und Schaumteilen kurzfristig umsetzen. Deshalb binden wir unsere Key-Lieferanten auch frühzeitig in diese Prozesse mit ein. Auf welchen Märkten beziehen Sie Ihre Rohstoffe und Teile? Schürhoff: Es gibt viele Produkte, die sich auf wenige, große Chemie-Lieferanten verteilen, für die es keine Alternative gibt. Aber auch im Bereich Innenraum-Design werden oftmals Lieferanten seitens des Kunden vorgegeben, wenn wir beispielsweise nur ein bestimmtes Leder einsetzen dürfen. Daneben gibt es aber auch viele Bauteile, bei deren Beschaffung wir relativ frei sind und nach der besten Lösung suchen. In solchen Fällen schauen wir sowohl auf Bezugsquellen aus Low Cost Countries als auch auf deutsche Hersteller. Es gibt hierzulande Teile, bei denen die Qualität der Rohmaterialien in Verbindung mit dem Preis unschlagbar ist, da kommt kein Low-Cost-Country dagegen an. Jeder Bedarf wird bei uns global angefragt, wobei wir uns auf interessante Beschaffungsmärkte, wie Osteuropa, Südostasien und Mittelamerika als Low-Cost- Countries, beschränken. Wie bleiben Sie weiterhin so erfolgreich? Schürhoff Am wichtigsten ist, sich klar zu darüber zu sein, was man will, was die Herausforderungen sind und welche Trends sich an den Märkten herausbilden. Für mich kann dann die Strategie des Einkaufs nur mit einem effektiven, breit ausgerichteten und engagierten Team, also einer eingeschworenen Gemeinschaft, umgesetzt werden. Dabei vertraue ich auf junge Leute ebenso wie auf erfahrene Einkäufer. Ein Team, das im Umfeld von sich stets verändernden Marktbedingungen für Kontinuität und Erfolg sorgt. Autor Kathrin Irmer microsonic-App jetzt Version 1.2 herunterladen Die schnellste Verbindung zur microsonic-Ultraschall-Sensorik Ultra-informativ Detaillierte Sensor-Informationen, Bedienungsanleitungen, Produktkatalog inkl. Datenblätter Ultra-aktuell Aktuelle Produktneuheiten, Neues über Ultraschall-Sensorik Vertriebskontakt: +49 231 97 51 51-16 Bild: 01_gt_bu_qu Ultra-praktisch Abgesehen von Aktualisierungen ist für die Nutzung der App keine Internetverbindung nötig. Installieren Sie die neue App: Einfach mit Ihrem iPhone und einer QR-Code- Scanner-App einlesen. Erleben Sie unsere Neuheiten live auf der SPS/IPC/DRIVES vom 27. – 29.09.2012 in Nürnberg. Halle 7A, Stand 7A-400 microsonic GmbH, Hauert 16, D-44227 Dortmund, info@microsonic.de, www.microsonic.de

<strong>EINKAUF</strong> PRAXIS<br />

Interview<br />

Preisdruck gewitzt ausbalancieren<br />

Zunehmender Kostendruck zwingt Automobilzulieferer zum Handeln, vor allem im Einkauf. Wie der<br />

Spagat zwischen steigenden Leistungsanforderungen und erhöhten Rohstoffpreisen gelingen kann,<br />

darüber sprachen wir mit Christoph Schürhoff, Einkaufsleiter des Fahrzeug-Interieur-Spezialisten Fehrer.<br />

„Bei uns geht es<br />

nicht um den<br />

Preiskampf, sondern<br />

wir müssen uns als<br />

Unternehmen<br />

Freiheitsparameter<br />

auf dem Markt<br />

erarbeiten.“<br />

Wolf Matthias Mang,<br />

Christoph Schürhoff,<br />

Einkaufsleiter,<br />

F.S. Fehrer Automotive GmbH<br />

Herr Schürhoff, Sie stellen hochwertige<br />

Produkte für Fahrzeuginnenräume her. Was<br />

umfasst Ihr Spektrum?<br />

Schürhoff: Unser Produktionsspektrum umfasst<br />

Formpolster für Fahrzeugsitze, Sitzmodule wie<br />

beispielsweise Mittelarmlehnen, Kopfstützen<br />

oder Sitzverkleidungsteile sowie Composite<br />

Components für den Innenraum und die Fahrzeugkarosserie.<br />

Gegründet wurde Fehrer vor 137<br />

Jahren als Dampfrosshaar-Spinnerei, heute verläuft<br />

unser Hauptprozess von der Idee bis zur Serie:<br />

die Entwicklung und Produktion von Formschaumpolstern<br />

sowie Innenraumkomponenten.<br />

Als Automobilzulieferer unterliegen Sie einem<br />

zunehmenden Preisdruck bei steigenden<br />

Leistungsanforderungen. Wie wirkt sich das<br />

auf den eigenen Einkauf aus?<br />

Schürhoff: Im Grunde genommen liegt die Herausforderung<br />

darin, den Preisdruck nicht<br />

eins zu eins an die Lieferanten weiter<br />

zu geben. Das würde manchen unserer<br />

Zulieferer in die Knie zwingen.<br />

Die eigentliche Spannung,<br />

die der Einkauf ausgleichen muss, ist es, den<br />

Preisdruck intelligent mit dem Leistungspotenzial<br />

der Zulieferer auszubalancieren. Unsere Lieferanten<br />

begleiten uns zwei Jahre durch die Entwicklungsphase,<br />

dann sieben Jahre in der Serienproduktion.<br />

Mit der Ersatzteilversorgung sind es<br />

schlussendlich insgesamt 15 Jahre. Vom Kunden<br />

bis zum Zulieferer sind wir alle in der Lieferkette<br />

darauf angewiesen, dass das Preisniveau und die<br />

Leistungsanforderungen auf einem Level sind, der<br />

es ermöglicht, kurzfristige Kostenziele zu erreichen<br />

aber gleichzeitig langfristige Entwicklungspotenziale<br />

zuzulassen. Sonst verliert die deutsche<br />

Automobilindustrie Ihre Zukunft.<br />

Wie wählen Sie Ihre Lieferanten aus?<br />

Schürhoff: Da muss zwischen dem Einkauf von<br />

Rohmaterialien und dem Einkauf von Zeichnungsteilen<br />

unterschieden werden. Gemeinsam<br />

haben beide Gruppen, dass die Anzahl der Anbieter<br />

und deren Kapazitäten begrenzt sind.<br />

Dementsprechend ist unsere Einkaufsabteilung<br />

nach Materialgruppen geclustert,<br />

damit sie die Marktbasis differenziert<br />

Bild: Kathrin Irmer<br />

34 06 / <strong>2012</strong>

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