Ausgabe 6 / 2012 - technik + EINKAUF

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TECHNIK TREND Grüner Blick über den Tellerrand Logistik muss sich mit nachhaltigen Prozessen neu ausrichten Mensch, Technologie, Umwelt und Ressourcen sowie die Entwicklung zukünftiger Städte sind die maßgebenden Treiber für die zukünftige Logistik. Neue Herausforderungen müssen angenommen und gemeistert werden, um den Anforderungen gerecht zu werden. Zukunftstreiber und technologischer Fortschritt, neue Kooperationsformen sowie der interdisziplinäre Zusammenhang standen im Mittelpunkt des „Zukunftskongress Logistik – 30. Dortmunder Gespräche“. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, wird die Logistikbranche in allen Bereichen über den eigenen Tellerrand blicken müssen. Der Wunsch nach möglichst flexiblen Prozessen und nachhaltigen Produkten, eine alternde Bevölkerung, der Container-Boom in den Häfen oder die Versorgung immer größerer Städte werden dafür sorgen, dass die Logistik künftig eine noch wichtigere Rolle in der Wirtschaft spielen wird. „Mit dem Zukunftskongress Logistik zeigen wir, wie die Logistik in fünf bis zehn Jahren aussehen wird. Dafür haben wir die entscheidenden Zukunftsthemen der Logistikforschung in den Mittelpunkt gestellt und bieten zahlreiche Möglichkeiten, diese mit uns zu diskutieren. Es geht um die besten Lösungen für die Zukunft. Da sind alle Akteure der Branche gefragt“, erklärt Prof. Dr. Michael ten Hompel, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IML. Einen Blick in die Zukunft der Logistik zu wagen heißt: neuen Ideen Raum zu geben, Visionen und Gedankenspiele zuzulassen und ein Umfeld zu schaffen, das Innovationen beflügelt, denn das Innovationspotenzial von Unternehmen entscheidet heute über ihre Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit. Neue Technologien werden die Logistik verändern. Das Internet der Dinge und Dienste mit seiner Wandlungsfähigkeit, Robustheit und Nachhaltigkeit wird die prägende Infrastruktur für die logistischen Prozesse der nächsten Dekaden sein. Es wird die digitale Veredlung der bestehenden Strukturen leisten. Drahtlose Vernetzung auf Vormarsch Das Cyber Physical System (CPS) oder Internet der Dienste und Daten beinhaltet untereinander und über das Internet vernetzte Objekte, Systeme und Umgebungen. Eine Querschnitttechnologie ist dabei das Cloud Computing, das die PC-zentrierte Welt zu einer digital vernetzten übergreifenden Infrastruktur weiter entwickelt. Daraus ergeben sich neue Anforderungen an IT-Sicherheit, Betriebssicherheit und den Schutz der Privatsphäre sowie eine Abkopplung des Energieverbrauchs von der Nachfrage (Green IT). Semantische Technologie, die das Suchen, Speichern und Finden von Informationen durch neue Verknüpfungen erleichtern und die Handelbarkeit von Diensten werden die Logistik-IT prägen und Bereiche wie Produktion, Mobilität und Logistik zu einer prozessualen Einheit verbinden und die Kommunikation erleichtern. Um die Zukunft der Logistik zu gestalten, müssen sich die Akteure stärker drahtlos Vernetzen und ihre Ressourcen besser steuern. 20 06 / 2012

TECHNIK TREND Das Internet der Dinge kommt in die Fabriken. Die ‚smart factory‘ ist durch eine noch nie dagewesene drahtlose Vernetzung aller beteiligten Akteure und Ressourcen gekennzeichnet. Logistik wird geprägt von der Dezentralisierung der Intelligenz, Entscheidungsrelevanz vor Ort, Echtzeitspeicherung und der zeitnahen Übertragung der Daten. Logistik erbringt hybride Dienstleistungen. Sie verbindet Planung, Transport, Organisation und Steuerung mit Informationstechnologien und Wissensmanagement. Die klassische Teilung der verschiedenen Logistikebenen verschmilzt im Internetzeitalter zu einem ganzheitlichen Logistikkonzept. Logistik beinhaltet laut ten Hompel lebenslanges Lernen. Die Weiterbildung müsse so flexibel sein, wie die Logistik selbst. Logistik erfordert interdisziplinäre soziale und fachliche Kompetenzen in vielen Zukunftsdisziplinen. Das setzt auch eine leistungsfähige Forschungslandschaft in der Logistik voraus. Derzeit gibt es in Deutschland 59 Lehrstühle für Logistik gegenüber 961 Lehrstühlen der Informatik. Die Forderung der Logistikverbände ist, 1 % des Logistikumsatzes von aktuell etwa 220 Mrd Euro in Forschung und Entwicklung zu investieren. „Forschung ist die Umwandlung von Geld in Wissen. Innovation ist die Umwandlung von Wissen in Geld“, beschreibt ten Hompel den Kreislauf. Welche Rolle spielt der Mensch in der zukünftigen Logistik? Prof. Klaus Leggewie, Direktor des kulturwissenschaftlichen Instituts Essen überspitzte das aktuelle Konsumentenverhalten: „Es ist wie bei einem Kleinkind. Wir wollen alles haben aber immer sofort. Wenn die klassischen Kaufhäuser schließen kommt die Logistik in Schwung. Wer ernsthaft eine grüne Logistik will, kommt um die zentrale Rolle des Konsu- menten nicht herum. Die Verantwortung für Ziele und Veränderung des Konsums liegt bei Produzenten und Konsumenten. Ein weiter so wie bisher nur mit erneuerbaren Energien funktioniert nicht. Grüne Logistik, die allein auf Technik setzt, führt zu einer Entmündigung der Verbraucher.“ Ressourceneffizienz wird die Logistik von morgen prägen. „Wir brauchen mehr Bewegung mit weniger Ressourcen. Für die Logistik von morgen werden wir 75 % der Ressourcen von heute aufwenden. Dazu bedarf es einer systemischen Vernetzung. Es macht wenig Sinn eine einzelne Technologie zu entwickeln und dann eine Anwendung zu suchen“, so Professor ten Hompel. Die Logistik wird auch bestimmt vom Klimawandel und Ressourcenknappheit. Das Erdöl als wesentlicher Rohstoff der Logistik wird zwar nicht ausgehen, aber es wird knapper und teurer, weil leicht erreichbare Lagerstätten ihren Förderhöhepunkt überschritten haben und mittlerweile kostenintensive und mit erheblichen Umweltrisiken behaftete Lagerstätten wie die Tiefsee oder Ölsande exploriert werden. Das bedingt die Notwendigkeit Alternativen zu entwickeln wie Hybrid-LKW, City Logistik mit Elektrofahrzeugen, der Aufbau einer Infrastruktur für E-Mobilität, neue Anlieferkonzepte für die letzte Meile. Logistik ist eine treibende Kraft im Wirtschaftsleben. „Die Zukunft ist nicht bequem. Sie fordert uns und sie erfordert eine kreative Auseinandersetzung und vertiefende Diskussionen.“ So Dr. Christian Jacobi, Vorsitzender der Geschäftsführung der Effizienz- Cluster Management GmbH die Teilnehmer. Die Zukunft der Logistik ist geprägt von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Veränderungen. Die Tendenzen sind bekannt und es kommt darauf an, in einem gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischem Konsens zu agieren und die Zukunft zu gestalten. Dabei wird es viele Gewinner geben, sicherlich auch Verlierer. Alle Akteure müssen bereit sein, über den Tellerrand hinauszuschauen und interaktiv die Zukunft zu gestalten. ■ Autor Wilfried Kipp-Weike Fazit Alles ist Logistik oder Logistik ist in allem. Zukünftige gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung wird stärker durch logistische Techniken wie E-Mobile und Informationstechniken geprägt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass alle Akteure zu Tellerrand übergreifendem Denken und Handeln bereit sind und ökologische und gesellschaftliche Entwicklungen von allen Beteiligten akzeptiert und berücksichtigt werden. Ein Prozess, der viel Überzeugungsarbeit, übergreifendes Handeln und das Überwinden von Egoismen in allen Bereichen erfordert. Wo ist Conrad?

TECHNIK TREND<br />

Das Internet der Dinge kommt in die Fabriken.<br />

Die ‚smart factory‘ ist durch eine<br />

noch nie dagewesene drahtlose Vernetzung<br />

aller beteiligten Akteure und Ressourcen gekennzeichnet.<br />

Logistik wird geprägt von der<br />

Dezentralisierung der Intelligenz, Entscheidungsrelevanz<br />

vor Ort, Echtzeitspeicherung<br />

und der zeitnahen Übertragung der Daten.<br />

Logistik erbringt hybride Dienstleistungen.<br />

Sie verbindet Planung, Transport, Organisation<br />

und Steuerung mit Informationstechnologien<br />

und Wissensmanagement. Die<br />

klassische Teilung der verschiedenen Logistikebenen<br />

verschmilzt im Internetzeitalter<br />

zu einem ganzheitlichen Logistikkonzept.<br />

Logistik beinhaltet laut ten Hompel lebenslanges<br />

Lernen. Die Weiterbildung müsse so<br />

flexibel sein, wie die Logistik selbst. Logistik<br />

erfordert interdisziplinäre soziale und fachliche<br />

Kompetenzen in vielen Zukunftsdisziplinen.<br />

Das setzt auch eine leistungsfähige<br />

Forschungslandschaft in der Logistik voraus.<br />

Derzeit gibt es in Deutschland 59 Lehrstühle<br />

für Logistik gegenüber 961 Lehrstühlen der<br />

Informatik. Die Forderung der Logistikverbände<br />

ist, 1 % des Logistikumsatzes von aktuell<br />

etwa 220 Mrd Euro in Forschung und<br />

Entwicklung zu investieren. „Forschung ist<br />

die Umwandlung von Geld in Wissen. Innovation<br />

ist die Umwandlung von Wissen in<br />

Geld“, beschreibt ten Hompel den Kreislauf.<br />

Welche Rolle spielt der Mensch in der zukünftigen<br />

Logistik? Prof. Klaus Leggewie,<br />

Direktor des kulturwissenschaftlichen Instituts<br />

Essen überspitzte das aktuelle Konsumentenverhalten:<br />

„Es ist wie bei einem<br />

Kleinkind. Wir wollen alles haben aber immer<br />

sofort. Wenn die klassischen Kaufhäuser<br />

schließen kommt die Logistik in Schwung.<br />

Wer ernsthaft eine grüne Logistik will,<br />

kommt um die zentrale Rolle des Konsu-<br />

menten nicht herum. Die Verantwortung für<br />

Ziele und Veränderung des Konsums liegt<br />

bei Produzenten und Konsumenten. Ein weiter<br />

so wie bisher nur mit erneuerbaren Energien<br />

funktioniert nicht. Grüne Logistik, die<br />

allein auf Technik setzt, führt zu einer Entmündigung<br />

der Verbraucher.“<br />

Ressourceneffizienz wird die Logistik von<br />

morgen prägen. „Wir brauchen mehr Bewegung<br />

mit weniger Ressourcen. Für die Logistik<br />

von morgen werden wir 75 % der Ressourcen<br />

von heute aufwenden. Dazu bedarf<br />

es einer systemischen Vernetzung. Es macht<br />

wenig Sinn eine einzelne Technologie zu entwickeln<br />

und dann eine Anwendung zu suchen“,<br />

so Professor ten Hompel.<br />

Die Logistik wird auch bestimmt vom Klimawandel<br />

und Ressourcenknappheit. Das<br />

Erdöl als wesentlicher Rohstoff der Logistik<br />

wird zwar nicht ausgehen, aber es wird knapper<br />

und teurer, weil leicht erreichbare Lagerstätten<br />

ihren Förderhöhepunkt überschritten<br />

haben und mittlerweile kostenintensive und<br />

mit erheblichen Umweltrisiken behaftete Lagerstätten<br />

wie die Tiefsee oder Ölsande exploriert<br />

werden. Das bedingt die Notwendigkeit<br />

Alternativen zu entwickeln wie Hybrid-LKW,<br />

City Logistik mit Elektrofahrzeugen, der Aufbau<br />

einer Infrastruktur für E-Mobilität, neue<br />

Anlieferkonzepte für die letzte Meile.<br />

Logistik ist eine treibende Kraft im Wirtschaftsleben.<br />

„Die Zukunft ist nicht bequem.<br />

Sie fordert uns und sie erfordert eine kreative<br />

Auseinandersetzung und vertiefende Diskussionen.“<br />

So Dr. Christian Jacobi, Vorsitzender<br />

der Geschäftsführung der Effizienz-<br />

Cluster Management GmbH die Teilnehmer.<br />

Die Zukunft der Logistik ist geprägt von<br />

gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen<br />

Veränderungen. Die Tendenzen<br />

sind bekannt und es kommt darauf an, in einem<br />

gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und<br />

politischem Konsens zu agieren und die Zukunft<br />

zu gestalten. Dabei wird es viele Gewinner<br />

geben, sicherlich auch Verlierer. Alle<br />

Akteure müssen bereit sein, über den Tellerrand<br />

hinauszuschauen und interaktiv die Zukunft<br />

zu gestalten.<br />

■<br />

Autor<br />

Wilfried Kipp-Weike<br />

Fazit<br />

Alles ist Logistik oder Logistik ist in allem.<br />

Zukünftige gesellschaftliche und wirtschaftliche<br />

Entwicklung wird stärker durch<br />

logistische Techniken wie E-Mobile und Informations<strong>technik</strong>en<br />

geprägt werden. Dies<br />

setzt allerdings voraus, dass alle Akteure zu<br />

Tellerrand übergreifendem Denken und<br />

Handeln bereit sind und ökologische und<br />

gesellschaftliche Entwicklungen von allen<br />

Beteiligten akzeptiert und berücksichtigt<br />

werden. Ein Prozess, der viel Überzeugungsarbeit,<br />

übergreifendes Handeln und<br />

das Überwinden von Egoismen in allen Bereichen<br />

erfordert.<br />

Wo ist<br />

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