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Seltsames Loos des Menschen! Er lebt 70 Jahr und meint, etwas ...

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Jünger lachten zwar ob dieses Gere<strong>des</strong>; <strong>und</strong> einer von ihnen<br />

sagte sogar „eher glaube ich noch, dass Zarathustra sich den<br />

Teufel geholt hat.“ Aber im Gr<strong>und</strong>e der Seele waren sie Alle<br />

voll Besorgniss <strong>und</strong> Sehnsucht: so war ihre Freude gross, als am<br />

fünften Tage Zarathustra unter ihnen erschien.<br />

Und diess ist die <strong>Er</strong>zählung von Zarathustra's Gespräch mit<br />

dem Feuerh<strong>und</strong>e.<br />

Die <strong>Er</strong>de, sagte er, hat eine Haut; <strong>und</strong> diese Haut hat Krankheiten.<br />

Eine dieser Krankheiten heisst zum Beispiel „Mensch.“<br />

Und eine andere dieser Krankheiten heisst „Feuerh<strong>und</strong>“: über<br />

den haben sich die <strong>Menschen</strong> Viel vorgelogen <strong>und</strong> vorlügen<br />

lassen.<br />

Diess Geheimniss zu ergründen gieng ich über das Meer: <strong>und</strong><br />

ich habe die Wahrheit nackt gesehn, wahrlich! barfuss bis zum<br />

Halse.<br />

Was es mit dem Feuerh<strong>und</strong> auf sich hat, weiss ich nun; <strong>und</strong><br />

insgleichen mit all den Auswurf- <strong>und</strong> Umsturz-Teufeln, vor<br />

denen sich nicht nur alte Weibchen fürchten.<br />

Heraus mit dir, Feuerh<strong>und</strong>, aus deiner Tiefe! rief ich, <strong>und</strong><br />

bekenne, wie tief diese Tiefe ist! Woher ist das, was du da heraufschnaubst?<br />

Du trinkst reichlich am Meere: das verräth deine versalzte<br />

Beredsamkeit! Fürwahr, für einen H<strong>und</strong> der Tiefe nimmst du<br />

deine Nahrung zu sehr von der Oberfläche!<br />

Höchstens für den Bauchredner der <strong>Er</strong>de halt' ich dich: <strong>und</strong><br />

immer, wenn ich Umsturz- <strong>und</strong> Auswurf-Teufel reden hörte,<br />

fand ich sie gleich dir: gesalzen, lügnerisch <strong>und</strong> flach.<br />

Page Break id='ZaII' KGW='VI-1.165' KSA='4.169'<br />

Ihr versteht zu brüllen <strong>und</strong> mit Asche zu verdunkeln! Ihr seid<br />

die besten Grossmäuler <strong>und</strong> lerntet sattsam die Kunst, Schlamm<br />

heiss zu sieden.<br />

Wo ihr seid, da muss stets Schlamm in der Nähe sein, <strong>und</strong><br />

viel Schwammichtes, Höhlichtes, Eingezwängtes: das will in die<br />

Freiheit.<br />

„Freiheit“ brüllt ihr Alle am liebsten: aber ich verlernte den<br />

Glauben an „grosse <strong>Er</strong>eignisse,“ sobald viel Gebrüll <strong>und</strong> Rauch<br />

um sie herum ist.<br />

Und glaube mir nur, Fre<strong>und</strong> Höllenlärm! Die grössten <strong>Er</strong>eignisse<br />

— das sind nicht unsre lautesten, sondern unsre stillsten<br />

St<strong>und</strong>en.<br />

Nicht um die <strong>Er</strong>finder von neuem Lärme: um die <strong>Er</strong>finder von<br />

neuen Werthen dreht sich die Welt; unhörbar dreht sie sich.<br />

Und gesteh es nur! Wenig war immer nur geschehn, wenn dein<br />

Lärm <strong>und</strong> Rauch sich verzog. Was liegt daran, dass eine Stadt<br />

zur Mumie wurde, <strong>und</strong> eine Bildsäule im Schlamme liegt!<br />

Und diess Wort sage ich noch den Umstürzern von Bildsäulen.<br />

Das ist wohl die grösste Thorheit, Salz in's Meer <strong>und</strong><br />

Bildsäulen in den Schlamm zu werfen.<br />

Im Schlamme eurer Verachtung lag die Bildsäule: aber das ist

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